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Aktualisiert: vor 7 Minuten 44 Sekunden

Rente: Viele Rentner sind von der Aktivrente ausgeschlossen

9. November 2025 - 9:08
Lesedauer 4 Minuten

Zum 1. Januar 2026 soll eine neue Regelung in Kraft treten, die als „Aktivrente“ diskutiert wird. Sie verspricht älteren Erwerbstätigen, die bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben und weiter in einem sozialversicherungspflichtigen Angestelltenverhältnis arbeiten, bis zu 2.000 Euro pro Monat steuerfrei hinzuverdienen zu können. Auf das Jahr gerechnet entspricht das 24.000 Euro, die zusätzlich zum regulären Grundfreibetrag in der Einkommensteuer unversteuert bleiben sollen.

Nach derzeitigem Stand kann die steuerfreie Hinzuverdienstgrenze damit den steuerlichen Spielraum auf rund 36.000 Euro im Jahr ausweiten. Politisch verfolgt die Reform mehrere Ziele: Sie soll Anreize schaffen, länger im Beruf zu bleiben, dem Fachkräftemangel entgegenwirken und die Rentenversicherung entlasten, weil weiter Beiträge fließen statt allein Rentenleistungen zu beziehen.

Dr. Utz Anhalt: Wer bei der Aktivrente außen vor bleibt Wer außen vor bleibt

Die Aktivrente ist ausdrücklich auf abhängig Beschäftigte zugeschnitten, deren Tätigkeit der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Wer in dieser Konstellation nach Erreichen der Regelaltersgrenze freiwillig weiterarbeitet, kann die Steuerbefreiung nutzen. Ausgeschlossen sind jedoch alle, die nicht in einem solchen Beschäftigungsverhältnis stehen.

Dazu zählen Selbstständige und Freiberufler ebenso wie Beschäftigte in Minijobs. Ebenfalls keinen Anspruch haben Personen, die bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente gegangen sind, etwa im Rahmen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen, als langjährig oder besonders langjährig Versicherte.

Diese Abgrenzung führt dazu, dass der Kreis der Begünstigten verhältnismäßig klein bleibt. Schätzungen zufolge könnten lediglich einige Hunderttausend Menschen – im Verhältnis zu den vielen Millionen Rentenberechtigten – die Voraussetzungen tatsächlich erfüllen. Die Reform ist damit kein universelles Instrument, sondern ein gezielter Anreiz für eine eng umrissene Gruppe.

Brutto ist nicht Netto: Abgaben bleiben fällig

Die Steuerfreiheit des Hinzuverdienstes ändert nichts daran, dass auf das entsprechende Einkommen weiterhin Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung anfallen. In der Praxis bedeutet dies: Der steuerliche Vorteil verbessert zwar die Ausgangslage, er verwandelt aber nicht jeden Euro brutto in einen Euro netto.

Wer die Aktivrente in Anspruch nehmen möchte, sollte deshalb genau prüfen, welche Abzüge im Einzelfall anfallen und wie sich das auf das verfügbare Einkommen auswirkt. Eine seriöse Kalkulation ist unerlässlich, um Enttäuschungen zu vermeiden und realistische Erwartungen zu formen.

Soziale Schieflagen und strukturelle Hürden

Die Anreizwirkung der Aktivrente dürfte vor allem dort greifen, wo Arbeitsbedingungen auch jenseits der Regelaltersgrenze als machbar empfunden werden. Besserverdienende in weniger körperlich belastenden Tätigkeiten werden eher die Möglichkeit haben, das Angebot zu nutzen. Wer hingegen jahrzehntelang körperlich hart gearbeitet hat, erreicht mitunter die Altersgrenze bereits erschöpft – und kann die steuerliche Begünstigung gar nicht mehr in Erwerbsarbeit übersetzen.

Hinzu kommen Lebenslagen, die typischerweise mit geringeren Einkommen einhergehen: Eigenes Gebrechen, Pflegebedürftigkeit oder die Verantwortung für pflegebedürftige Angehörige erschweren oder verhindern die Weiterarbeit. Gerade jenen, die von einer steuerfreien Hinzuverdienstmöglichkeit am stärksten profitieren würden, fehlt in der Praxis oft die Chance, sie zu nutzen. Die Folge ist eine Verzerrung zugunsten derjenigen, die ohnehin in vergleichsweise privilegierten Erwerbssituationen verbleiben können.

Geschlechterperspektive: Verstärkung bestehender Ungleichheiten

Frauen weisen im Durchschnitt niedrigere Rentenansprüche auf – ein Ergebnis unterschiedlicher Erwerbsbiografien, Teilzeitphasen und care-bedingter Erwerbsunterbrechungen.

Gleichzeitig arbeiten Männer statistisch häufiger über die Regelaltersgrenze hinaus. Vor diesem Hintergrund droht die Aktivrente bestehende Ungleichheiten zu verfestigen oder sogar zu vertiefen: Eine Förderung, die vor allem diejenigen erreicht, die ohnehin länger erwerbstätig bleiben, könnte die Rentenlücke zwischen den Geschlechtern tendenziell vergrößern.

Steuerausfälle mit offenem Nutzen

Mit der vorgesehenen Steuerfreiheit sind spürbare Mindereinnahmen für den Staatshaushalt verbunden. Schätzungen veranschlagen die Steuerausfälle im dreistelligen Millionenbereich.

Ob diese Mittel volkswirtschaftlich effizient eingesetzt sind, hängt entscheidend von der tatsächlichen Inanspruchnahme ab. Bleibt die Aktivrente ein Instrument für eine relativ kleine, ohnehin privilegierte Gruppe, steht der fiskalische Aufwand in einem fragwürdigen Verhältnis zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen.

Kritiker verweisen zudem darauf, dass dieselben Mittel in den Ausbau von Pflege, Gesundheit und Prävention fließen könnten – Bereiche, die unmittelbar darüber entscheiden, ob ältere Menschen gesundheitlich überhaupt in der Lage sind, länger zu arbeiten.

Freiwilligkeit und Debatte um das Rentenalter

Die Bundesregierung betont, die Aktivrente sei strikt freiwillig und kein Instrument, um das generelle Rentenalter anzuheben. In der politischen Debatte stehen dem jedoch Stimmen gegenüber, die perspektivisch eine weitere Anhebung des Rentenalters fordern.

Die Aktivrente bewegt sich somit in einem Spannungsfeld: Sie soll kurzfristig Anreize setzen, ohne die langfristige Alterssicherungsarchitektur festzulegen. Für die Betroffenen bleibt entscheidend, die individuelle Perspektive im Blick zu behalten und politische Signale nüchtern von der realen eigenen Situation zu trennen.

Was Betroffene jetzt konkret tun sollten

Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat oder sie bald erreicht und weiterarbeiten möchte oder muss, sollte zunächst den eigenen Status klären. Entscheidend ist, ob ein sozialversicherungspflichtiges, abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Im nächsten Schritt empfiehlt sich eine nüchterne Finanzrechnung: Wie hoch fällt der steuerfreie Hinzuverdienst aus, welche Sozialabgaben werden fällig, und wie verändert sich das monatliche Netto? Sinnvoll ist es, hierzu die Personalabteilung einzubinden oder fachkundigen Rat bei Lohnsteuerhilfe, Steuerberatung oder Rentenberatung einzuholen.

Wer die Voraussetzungen nicht erfüllt – etwa als Selbstständiger, Minijobber, pflegender Angehöriger oder vorgezogener Rentenbezieher – sollte alternative Wege prüfen, um Einkünfte zu sichern und Vorsorge anzupassen. Dazu gehören etwa die Umstrukturierung der Erwerbstätigkeit, der Wechsel in SV-pflichtige Beschäftigung, oder spezifische Förder- und Beratungsangebote auf kommunaler und Landesebene.

Altersteilzeit als Alternative: Entlastung mit sozialer Absicherung

Für Personen, die die Aktivrente nicht nutzen können oder wollen, kann Altersteilzeit ab dem 55. Lebensjahr eine Option sein. Das Modell reduziert die Arbeitszeit in der Regel auf fünfzig Prozent.

Der Lohn sinkt entsprechend, wird aber durch einen gesetzlichen Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers typischerweise um zwanzig Prozent ergänzt; dieser Zuschlag ist steuer- und sozialabgabenfrei.

Zusätzlich leistet der Arbeitgeber weiter Beiträge zur Rentenversicherung, sodass die späteren Rentenansprüche weitgehend an das frühere Vollzeitniveau heranreichen. Altersteilzeit ist kein Allheilmittel, kann aber gesundheitliche Entlastung, planbare Übergänge und rentenrechtliche Kontinuität verbinden – besonders dort, wo eine volle Weiterarbeit über die Regelaltersgrenze hinaus nicht realistisch erscheint.

Vorbereitung und Beratung: Weichen richtig stellen

Unabhängig davon, ob die Aktivrente in Frage kommt, lohnt eine systematische Bestandsaufnahme. Dazu gehören die Prüfung des Arbeitsvertrags und eventueller Befristungen, die Klärung von Teilzeit- oder Verlängerungsoptionen, die Bewertung gesundheitlicher Belastungen sowie die erschöpfende Information über renten- und steuerrechtliche Folgen.

Wer pflegt oder selbst gesundheitlich eingeschränkt ist, sollte frühzeitig Kontakt zu Pflegeberatung, Sozialdiensten und der Rentenversicherung aufnehmen, um Leistungen, Entlastungsangebote und mögliche Anrechnungen realistisch zu planen. Eine individuelle Beratung kann hier den entscheidenden Unterschied machen, weil sie nicht nur Gesetzestexte, sondern die tatsächliche Lebenslage berücksichtigt.

Fazit: Ein Instrument mit Nutzen – und mit Lücken

Die Aktivrente setzt einen klaren Anreiz für eine bestimmte Gruppe älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, länger zu arbeiten, und kann im Einzelfall spürbare finanzielle Entlastung bringen. Gleichzeitig bleibt sie selektiv, sozial ungleich wirksam und fiskalisch relevant. Wer die Voraussetzungen erfüllt, sollte den Vorteil präzise durchrechnen.

Wer ausgeschlossen ist, braucht Alternativen und verlässliche Beratung – nicht nur, um kurzfristig Einkommen zu sichern, sondern um im Alter planbar und würdevoll leben zu können. Der eigentliche Prüfstein der Reform wird sein, ob sie über Einzelfälle hinaus einen fairen, gesundheitsverträglichen und gesellschaftlich ausgewogenen Beitrag zur Alterssicherung leistet.

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Berufsfreiheit endlich für Menschen mit Schwerbehinderung gestärkt

9. November 2025 - 8:34
Lesedauer 2 Minuten

Berufsrechtliche Vorgaben dürfen nur aus zwingenden Gemeinwohlgründen in die Berufsfreiheit von Menschen mit Behinderung eingreifen. Nach einem am Donnerstag, 6. November 2025, verkündeten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig soll daher das Land Hamburg einem Arzt mit Sehbeeinträchtigung eine Approbation mit Auflagen erteilen, sofern die anderen Voraussetzungen erfüllt sind (Az.: 3 C 17.23).

Behörde lehnte eine Approbation ab

Der Kläger hatte bereits sein Medizinstudium begonnen, als bei ihm eine Makuladegeneration diagnostiziert, eine Erkrankung der Netzhaut des Auges, die hier unter anderem zu einer Verringerung der zentralen Sehschärfe und Ausfällen im Gesichtsfeld führte. Nach Abschluss des Studiums bestand der Kläger die ärztliche Prüfung und beantragte die Erteilung der Approbation, also die allgemeine Zulassung zum Arztberuf.

Das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe Hamburg lehnte dies ab. Der Kläger sei gesundheitlich ungeeignet. Ihm fehlten die für den Arztberuf unerlässlichen visuellen Fähigkeiten. Er könne eine Berufserlaubnis erhalten, die – anders als eine Approbation – mit Einschränkungen und Nebenbestimmungen versehen werden könne.

Allerdings erlaubt die Berufserlaubnis die Ausübung des Arztberufs nur unter Aufsicht eines approbierten Kollegen. Zudem ist sie zeitlich und auf ein Bundesland begrenzt.

Bundesverwaltungsgericht hilft sehbeeinträchtigtem Arzt

Der Arzt beharrte daher auf der Approbation und klagte. Das Verwaltungsgericht Hamburg gab ihm recht. Der Arzt wolle im Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie tätig werden, für das er ausweislich mehrerer Sachverständigengutachten geeignet sei.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) dagegen wies die Klage ab. Die Eignung für nur ein Fachgebiet reiche nicht aus. Denn die Approbation berechtige zur umfassenden Ausübung des ärztlichen Berufs. Sie setze daher grundsätzlich voraus, dass ein Antragsteller gesundheitlich geeignet sei, ärztliche Tätigkeiten in allen Fachgebieten auszuüben.

Eingriff in die Berufsfreiheit

In oberster Instanz schloss sich das Bundesverwaltungsgericht nun dem Verwaltungsgericht an und hob das OVG-Urteil auf. Zur Begründung verwiesen die Leipziger Richter auf das im Grundgesetz verankerte Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung.

Ein Eingriff in die Berufsfreiheit dieser Menschen sei daher nur aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls zulässig. Es seien aber keine Gemeinwohlgründe ersichtlich, warum nicht auch eine Approbation mit Auflagen und Einschränkungen versehen werden könne.

Den Streit verwies das Bundesverwaltungsgericht an das OVG zurück. Grund ist, dass die Hamburger Richter wegen ihrer gegenteiligen Meinung keine abschließenden Feststellungen zur Eignung für das Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie treffen mussten. Dies sollen sie nun nachholen. mwo

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Reha blieb erfolglos – Rentenkasse muss dann Umschulung zahlen

9. November 2025 - 8:12
Lesedauer 2 Minuten

Wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen einen beruflichen Neubeginn startet und die Reha ohne Erfolg bleibt, muss die Rentenversicherung eine Umschulung bezahlen. Dies entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen und wies eine Beschwerde der Rentenversicherung zurück. (L 3 R 167/23 B ER)

Vom Bankkaufmann zum Erzieher

Der Betroffene hatte viele Jahre in einer Bank gearbeitet. Diese Tätigkeit führte bei ihm zu psychischen Belastungen, die ihn zwangen, diese Beschäftigung zu beenden. Er erhielt Krankengeld, begab sich in psychiatrische Behandlung und nahem an zwei Reha-Maßnahmen teil.
Die Reha blieb erfolglos, und er kam mit seinem Psychiater zusammen zu der Entscheidung, mit Kindern zu arbeiten und sich zum Erzieher umschulen zu lassen.

Praktikum als Erzieher und Zustimmung der Sozialmedizin

Die Agentur für Arbeit bewilligte dem ehemaligen Bankkaufmann ein Praktikum in einer Kindertageseinrichtung.
Dort sollte sich zeigen, ob er als Erzieher geeignet ist. Ein sozialmedizinisches Gutachten bestätigte, dass ihn zwar die Arbeit in der Bank psychisch belaste, dass jedoch mittelschwere Aufgaben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich seien, und dass er für den Beruf des Erziehers geeignet sei.

Antrag auf Leistungen zur Teilhabe

Der Mann beantragte bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, in diesem Fall eine Umschulung zum Erzieher. Die Agentur für Arbeit leitete den Antrag an die Rentenversicherung weiter, denn diese wäre als Träger der beruflichen Rehabilitation zuständig.

Die Rentenversicherung bestätigte auch, zuständig zu sein, behielt sich aber vor, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen.
Betroffene müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um konkrete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beanspruchen zu können.

Ist die Rentenversicherung zuständig, dann prüft sie, ob eine Umschulung geeignet ist, um Sie wieder ins Berufsleben zu integrieren. Wenn das zutrifft, übernimmt die Rentenkasse die vollständigen Kosten der Maßnahme werden, sodass für Sie keine finanziellen Belastungen entstehen.

Betroffener stellt Eilantrag

Zeit verstrich, der Beginn des Schuljahres rückte immer näher, und damit der Beginn der Umschulung. Doch der Betroffene bekam keine Nachricht von der Rentenkasse. Deshalb musste er einen Eilantrag bei Sozialgericht Detmold stellen.
Diesen begründete er damit, dass die gesetzliche Frist zur Entscheidung verstrichen sei. Damit liege eine sogenannte Genehmigungsfiktion vor. Darüber hinaus betonte er die Dringlichkeit seines Anliegens.

Sozialgericht bestätigt den Anspruch

Das Sozialgericht gab dem Eilantrag statt und verpflichtete die Rentenkasse, umgehend die Kosten der Umschulung zu übernehmen. Die Rentenversicherung legte Beschwerde beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein.

Sie begründete diese damit, dass die Zuständigkeit ebensowenig abschließend geklärt sei wie Verpflichtung, die Kosten zu tragen.

Landessozialgericht sieht Dringlichkeit und Berechtigung gegeben

Das Landessozialgericht wies die Beschwerde der Rentenkasse ab und blieb bei der Entscheidung des Sozialgerichts. Die Angelegenheit sei dringlich, da die Umschulung bald beginne. Ohne Eilentscheidung entstehe für den Betroffenen ein erheblicher Nachteil.

Es sei zudem glaubhaft, dass der Mann seinen bisherigen Beruf gesundheitlich nicht mehr ausüben könne und eine Umschulung zum Erzieher als Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben geeignet sei.

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Bürgergeld: Wegen falscher Wohnangaben darf das Jobcenter 4000 Euro zurückfordern

9. November 2025 - 8:04
Lesedauer 3 Minuten

Sehr geringe Verbrauchswerte für Wasser, Heizung und Strom können darauf hindeuten, dass der Bürgergeld Empfänger seine Wohnung nicht tatsächlich genutzt hat und es somit zu hohen Rückzahlungen der Unterkunftskosten an das Jobcenter kommen kann.

Ein Unterkunftskosten anzuerkennender Bedarf besteht nur dann, wenn die Wohnung benötigt wird, weil keine anderweitige kostenfreie Unterkunft zur Verfügung steht.

Spricht ein extrem geringer ausgewiesener Energieverbrauch gegen eine tatsächliche Nutzung der Wohnung durch den Hilfebedürftigen, so liegt die Beweislast für eine tatsächliche Nutzung der maßgeblichen Wohnung allein bei diesem (LSG Thüringen 9. Senat).

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Hilfebedürftige beim Jobcenter eine nicht aktuelle Wohnanschrift angibt und eine Mietbescheinigung einreicht, obwohl ein entsprechender Wohnbedarf nicht besteht, so das Gericht.

Das Antragsformular verpflichtet den Leistungsbewerber ausdrücklich zur Mitteilung wahrer Angaben und von Änderungen. Dazu gibt der 9. Senat des LSG Thüringen folgendes bekannt:

Aufhebung eines Bewilligungsbescheides über Leistungen des Bürgergeldes wegen falscher Wohnangaben

Ein nach § 22 SGB II anzuerkennender Bedarf besteht nur dann, wenn die Unterkunft benötigt wird, weil keine anderweitige kostenfreie Unterkunft zur Verfügung steht. Hier ist aber auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhalts davon auszugehen, dass die Klägerin ihren Unterkunftsbedarf anderweitig gedeckt hat.

In diesem Fall können keine Kosten nach § 22 SGB II anerkannt werden.

Gründe der Leistungsempfängerin für ihren geringen Stromverbrauch – sind nicht plausibel

Soweit sie als Grund angibt, sie sei ein sparsamer Mensch und „heruntergeregelt“, hält der Senat das nicht für überzeugend, weil ein derart geringer Verbrauchswert wie z. B. für 2007/2008 mit 22 kwh selbst bei einem extrem sparsamen Menschen nicht plausibel ist.

Auch das Verhalten der Klägerin zu den SGB II – Leistungen ab Oktober 2010 spricht dafür, dass sie tatsächlich eine anderweitige Unterkunft hatte:

1. Sie erklärte zunächst, keinen neuen Leistungsantrag zu stellen, und diese Erklärung nach Einschaltung ihrer Rechtsanwältin widerrief sie, indem sie mitteilte, doch keine SGB II – Leistungen zu beantragen. Dieses Verhalten rechtfertigt die Annahme, dass ihr Unterkunftsbedarf anderweitig gedeckt war, und lässt unter den gegebenen Umständen die Schlussfolgerung zu, dass dies auch in den hier betroffenen Zeiträumen der Fall war.

Gericht setzt Kenntnis der Leistungsempfängerin voraus hinsichtlich der Anerkennung bei gedecktem Wohnraum-Bedarf

Kosten der Unterkunft nach dem SGB II können – bei anderweitiger Bedarfsdeckung – nicht anerkannt werden können. Denn es stellt eine Selbstverständlichkeit dar, dass Bedarfe nach dem SGB II nur dann übernommen werden können, wenn sie nicht anderweitig gedeckt sind.

Ohne Bedeutung dafür ist, dass die Klägerin tatsächlich den mit dem Mietvertrag eingegangenen Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt war. Denn wenn sie die erforderliche Hilfe bereits anderweitig erhielt, bedurfte es der SGB II – Leistungen nicht (vgl. § 9 Abs. 1 SGB II). Auf dieser Grundlage ist es jedenfalls grob fahrlässig, wenn die Klägerin bei der Antragstellung auf SGB II – Leistungen ihre bisherige Adresse angibt und eine Mietbescheinigung einreicht, obwohl ein entsprechender Wohnbedarf gar nicht bestand.

Gegen die vom Jobcenter daraus gezogene Schlussfolgerung, dass die Klägerin Angaben grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, ist rechtlich nichts zu erinnern, zumal in den Antragsformularen ausdrücklich auf die Verpflichtung zur Mitteilung wahrer Angaben sowie von Änderungen hingewiesen wurde.

Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung ist § 40 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Hier musste die Leistungsempfängerin knapp 4000, 00 Euro an das Jobcenter zurück zahlen.

Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock

1. Sehr geringe Verbrauchswerte für Wasser, Heizung und Strom können darauf hindeuten, dass der Bürgergeld Empfänger seine Wohnung nicht tatsächlich genutzt hat und somit kann bei Vorliegen der groben Fahrlässigkeit das Jobcenter die gewährten Mietkosten zurück fordern.

2. Antragsteller sind verpflichtet beim Antrag wahre Angaben zu machen. Veränderungen sollten unverzüglich dem Jobcenter mitgeteilt werden, wie Zuwachs der Bedarfsgemeinschaft, Rentenantrag oder zum Beispiel Eingang einer Heizkostennachzahlung vom Vermieter.

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Bürgergeld-Bezieherin pflegt Mutter mit Pflegegrad 3: Jobcenter droht dafür jetzt mit Sanktionen

9. November 2025 - 8:02
Lesedauer 3 Minuten

K. betreut ihre hochbetagte Mutter seit sechs Jahren in der gemeinsamen Wohnung. Die Pflegeversicherung hat Pflegegrad 3 festgestellt; die AOK bescheinigt einen „Rund-um-die-Uhr-Betreuungsbedarf“.

Dennoch verlangt das zuständige Jobcenter neuerdings, K. solle sich für täglich sechs Stunden Erwerbsarbeit bereithalten und dafür pauschal ihre Schweigepflicht gegenüber mehreren behandelnden Ärzten aufheben.

K. fürchtet Bürgergeld-Leistungen zu verlieren, obwohl sie die Pflege ihrer Mutter allein stemmt und selbst an einer Autoimmunerkrankung leidet. Der Berliner Verein Sanktionsfrei e. V. hat den Fall publik gemacht und spricht von einem „Kollisionskurs zwischen Pflegewirklichkeit und Behördendogma“.

Immer mehr Menschen werden gepflegt

Rund vier von fünf Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause versorgt, zumeist durch Angehörige; nur rund ein Fünftel lebt in Heimen.

Dass private Sorgearbeit ganze Pflegesysteme entlastet, zeigen auch Zahlen des AOK-WIdO-Monitors: Hauptpflegepersonen wenden durchschnittlich 49 Stunden pro Woche auf; fast jede vierte Person zwischen 18 und 65 Jahren hat dafür die Erwerbsarbeit reduziert oder ganz aufgegeben.

Was bedeutet Pflegegrad 3 konkret – und warum genügt Ersatzpflege nicht?

Pflegegrad 3 steht für eine „schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“.

Anspruch besteht zwar auf Verhinderungspflege, doch die Pflegekasse finanziert eine Ersatzkraft höchstens sechs Wochen pro Jahr – aktuell 1 685 Euro, erweiterbar auf 2 528 Euro, wenn ungenutzte Kurzzeitpflege-Mittel umgewidmet werden.

Rechnet man das auf einen Ganzjahresbedarf hoch, klafft eine Finanzierungslücke, die weder das Pflegegeld von 545 Euro monatlich noch der Entlastungsbetrag von 131 Euro schließen. Für K. würde eine dauerhaft angestellte Fachkraft deutlich teurer als ein Mindestlohnjob sein, sodass Erwerbsarbeit die Pflege nicht ersetzt, sondern verunmöglicht.

Warum fordert das Jobcenter trotzdem sechs Stunden Arbeitsverfügbarkeit?

Für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Bürgergeldsystem gilt der Grundsatz, dass jede Arbeit zumutbar ist, sofern kein „wichtiger Grund“ entgegensteht. Pflege gilt zwar als wichtiger Grund, aber nur, wenn die Betreuungsaufgaben weniger als drei Stunden täglicher Arbeitsaufnahme erlauben.

Seit der jüngsten Regierungsinitiative zur „Aktivierung der Arbeitslosenreserve“ gilt zusätzlich: Wer eine zumutbare Beschäftigung ablehnt, muss ab 1. Januar 2025 mit einer pauschalen Kürzung von 30 Prozent für drei Monate rechnen; schon ein versäumter Meldetermin kann ein solches Minus auslösen.

K. befürchtet deshalb eine Sanktion, obwohl ihr Pflegeeinsatz objektiv Vollzeit entspricht.

Lesen Sie auch:

– Bürgergeld: Bumerang droht, wenn man bei den Heizkosten spart

Sind Schweigepflichtentbindungen zulässig – oder eine Grenzüberschreitung?

Jobcenter dürfen Atteste anfordern, um die Erwerbsfähigkeit einzuschätzen. Dass Leistungsberechtigte pauschal sämtliche Arzt- und Therapiedaten freigeben müssen, ist jedoch juristisch umstritten; Datenschützer sehen darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

In der Praxis wird häufig versucht, über weit gefasste Entbindungen psychische Belastungen, Diagnosen und Therapien abzufragen – ein Vorgehen, das Fachanwältinnen für Sozialrecht immer wieder vor Sozialgerichte tragen.

Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt kommentiert, dass Fälle wie der von K. derzeit zunehmen, weil Jobcenter ihre Kontrollen verschärfen, um das neue Sanktionsregime vorzubereiten. “Um in Eilverfahren die Pflege von Angehörigen gegen Kürzungen zu verteidigen, seien schnelle Liquidität und Rechtsbeistand entscheidend”, so Anhalt.

Pflege- und Sozialverbände verlangen seit Langem eine bessere Verzahnung von Bürgergeld- und Pflegegesetzen. Eine Forderung lautet, pflegende Hauptangehörige automatisch als „nicht voll erwerbsfähig“ einzustufen, solange sie mehr als 30 Stunden wöchentlich pflegen. Parallel wird diskutiert, die Verhinderungspflege ab Juli 2025 flexibler zu gestalten – dann sollen bis zu 3 539 Euro pro Jahr für Kurz- und Verhinderungspflege zusammengelegt werden.

Ob das genügt, bleibt offen: Eine Ersatzpflege für nur acht Wochen löst keine 52-Wochen-Aufgabe.

Und K.?

Noch hat das Jobcenter keine Kürzung ausgesprochen. Doch der Druck ist real, sagt K., die „kurz vorm Burn-out“ steht. Ihr Fall zeigt exemplarisch, wie zwei Sozialsysteme – Grundsicherung und Pflegeversicherung – an ihren Schnittstellen scheitern.

Was bleibt, ist eine pflegende Angehörige, der man gleichzeitig bescheinigt, Unersetzbares zu leisten, und zugleich vorwirft, „dem Arbeitsmarkt nicht ausreichend zur Verfügung zu stehen“. Dass dieser Widerspruch aufgelöst wird, ist nicht nur im Interesse von K. und ihrer Mutter, sondern auch im Interesse eines Staates, der ohne die Milliardenstunden unbezahlter Sorgearbeit längst kollabieren würde.

Solange Pflege in den eigenen vier Wänden als private Familienangelegenheit gilt, aber Jobcenter Leistungsberechtigte wie Arbeitsuchende behandeln, stehen Betroffene zwischen Fürsorgepflicht und Sanktionendrohung.

Der Fall K. macht deutlich: Wer den Fachkräftemangel in der Pflege beklagt und gleichzeitig pflegende Angehörige mit Kürzungen bedroht, riskiert, die stillen Stützen des Systems zu verlieren. Ein sozialpolitischer Spagat, der sich mit Verweis auf formale Zuständigkeiten nicht länger rechtfertigen lässt.

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Schwerbehinderung: Blauer oder oranger Parkausweis – Welcher ist der richtige?

8. November 2025 - 17:09
Lesedauer 3 Minuten

Wer auf Rollstuhl, Rollator oder weitere Hilfsmittel angewiesen ist, erlebt es täglich: Schon wenige Meter mehr oder ein zu enger Ausstieg können darüber entscheiden, ob ein Termin überhaupt erreichbar ist.

Parkerleichterungen sind deshalb kein „Bonus“, sondern ein zentraler Nachteilsausgleich. Trotzdem herrscht selbst unter Betroffenen Unsicherheit: Reicht der Schwerbehindertenausweis? Welche Rolle spielen Merkzeichen wie „aG“, „Bl“ oder „G“? Wofür braucht man den blauen EU-Parkausweis, wofür den orangen? Und bei welcher Stelle wird was konkret beantragt?

Behindertenparkplätze: Ohne blauen Parkausweis kein Anspruch

Behindertenparkplätze mit Rollstuhlsymbol im öffentlichen Verkehrsraum sind an klare Voraussetzungen gebunden. Nutzungsberechtigt sind nur Personen, für die ein blauer EU-Behindertenparkausweis ausgestellt wurde und die diesen gut sichtbar im Fahrzeug platzieren.

Der Schwerbehindertenausweis allein genügt nicht, auch dann nicht, wenn relevante Merkzeichen vorhanden sind. Für gegen-hartz.de bietet sich hier eine interne Verlinkung zu Hintergrundseiten zu Merkzeichen, GdB-Bewertung und Nachteilsausgleichen an.

Der Ausweis ist personengebunden. Er darf verwendet werden, wenn die berechtigte Person selbst fährt oder befördert wird. Fahrten ohne die berechtigte Person, ausgeliehene Ausweise oder Kopien sind unzulässig und können Bußgelder, Abschleppmaßnahmen und im Einzelfall den Entzug der Berechtigung nach sich ziehen.

Blauer EU-Parkausweis: Zentrale Grundlage für Parkerleichterungen

Der blaue EU-Behindertenparkausweis ist der maßgebliche Nachweis, um Behindertenparkplätze zu nutzen und weitere Parkerleichterungen in Anspruch zu nehmen. Er knüpft an die besonders schweren Beeinträchtigungen an, die im Schwerbehindertenausweis dokumentiert werden.

Typischerweise kommen Personen mit Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung), „Bl“ (blind) oder vergleichbar schweren körperlichen Einschränkungen in Betracht.

Mit dem blauen Ausweis können gekennzeichnete Behindertenparkplätze genutzt werden; zusätzlich sind – je nach örtlicher Ausgestaltung – Erleichterungen wie längeres Parken, Ausnahmen von Parkgebühren oder die Nutzung bestimmter Halteverbotsbereiche möglich, sofern keine Gefährdung oder Behinderung anderer vorliegt.

Der Ausweis wird in allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt, was besonders für grenznahe Regionen und Urlaubsreisen eine praktische Rolle spielt.

Oranger Parkausweis: Erleichterungen für bestimmte Gruppen ohne Stellplatzrecht

Der orangefarbene Parkausweis richtet sich an eine eng umrissene Gruppe schwerbehinderter Menschen, die erheblich in der Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, die Voraussetzungen für den blauen EU-Ausweis aber nicht vollständig erfüllen.

Er gilt ausschließlich in Deutschland und berechtigt nicht zum Parken auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen.

Sein Schwerpunkt liegt auf Parkerleichterungen in Alltagssituationen: verlängerte Parkzeiten im eingeschränkten Halteverbot, Erleichterungen an Parkscheinautomaten, die Möglichkeit zum Parken in bestimmten Bereichen, wenn dies ausdrücklich zugelassen wurde, und eine flexiblere Nutzung verkehrsberuhigter Zonen, solange Rettungswege und der übrige Verkehr nicht eingeschränkt werden.

Rechtlich sensibel ist hier die Abgrenzung zu kommunalen Einzelfallregelungen.

Antragstellung: Wege zur Parkerleichterung über Straßenverkehrs- und Ordnungsämter

Die Beantragung von blauem oder orangem Parkausweis erfolgt in der Regel bei der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde, häufig beim Ordnungsamt, der Kreisverwaltung oder über Bürgerämter. Viele Kommunen stellen Antragsformulare online zur Verfügung.

Voraussetzung ist ein festgestellter Grad der Behinderung mit den relevanten Merkzeichen sowie die belegbare erhebliche Mobilitätseinschränkung.

Im Antrag werden üblicherweise ein ausgefülltes Formular, ein aktuelles Passfoto, ein Ausweisdokument und der Schwerbehindertenausweis verlangt; teils wird zusätzlich der Feststellungsbescheid angefordert, um die medizinische Begründung nachvollziehen zu können.

In vielen Fällen werden keine Gebühren erhoben; wo Kosten entstehen, bewegen sie sich im niedrigen Rahmen.

Die Ausweise werden meist befristet, typischerweise für bis zu fünf Jahre, erteilt. Vor Ablauf sollte rechtzeitig eine Verlängerung beantragt werden. Dafür ist der alte Ausweis vorzulegen.

Persönlicher Behindertenparkplatz: Stellplatz vor der Haustür oder am Arbeitsplatz

Neben den allgemeinen Behindertenparkplätzen kann ein individueller Stellplatz in unmittelbarer Nähe zur Wohnung oder Arbeitsstätte eine entscheidende Entlastung bringen.

Die Einrichtung eines personalisierten Behindertenparkplatzes setzt in der Regel einen blauen EU-Parkausweis, eine deutlich eingeschränkte Gehfähigkeit und das Fehlen zumutbarer alternativer Parkmöglichkeiten voraus.

Die Entscheidung trifft die Straßenverkehrsbehörde nach Prüfung der örtlichen Situation. Wird ein solcher Platz genehmigt, kennzeichnet die Behörde ihn mit Zusatzschild und individueller Ausweisnummer. Unberechtigtes Parken kann dann konsequent geahndet werden.

Richtige Nutzung: Formale Fehler vermeiden

Viele Konflikte entstehen dadurch, dass die formalen Vorgaben nicht eingehalten werden, obwohl ein Anspruch besteht. Der Parkausweis muss stets gut sichtbar mit der Vorderseite nach oben im Fahrzeug ausgelegt werden.

Wird er verdeckt, abgelegt oder im Fahrzeug „mitgeführt“, gilt er rechtlich als nicht ausgelegt. Kopien, Handyfotos oder laminierte Eigenkreationen sind nicht zulässig.

Kritisch ist auch die Zweckbindung. Der Ausweis darf nur verwendet werden, wenn die berechtigte Person von der jeweiligen Fahrt profitiert.

Europäische Entwicklung: Einheitlicher Nachweis in Planung

Die geplante Einführung eines einheitlichen Europäischen Behindertenausweises und eines überarbeiteten EU-Behindertenparkausweises soll langfristig zu mehr Rechtssicherheit und besserer Anerkennung von Nachteilsausgleichen in allen Mitgliedstaaten führen.

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Schwerbehinderung: Diese neuen Vorteile gibt es im Jahr 2025 bei einem GdB von 30

8. November 2025 - 17:06
Lesedauer 3 Minuten

Als Behinderung gilt eine Funktionsbeeinträchtigung (seelisch, geistig oder körperlich), die länger als sechs Monate andauert und die Betrofffenen in ihrem Alltag einschränkt.

Die Schwere einer Behinderung wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgelegt. Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 handelt es sich um eine Schwerbehinderung. Ab wann kann man jedoch Nachteilsausgleiche (sog. Vorteile) in Anspruch nehmen?

Der Nachteilsausgleich

Behinderte und schwerbehinderte Menschen erhalten Ausgleich für die Nachteile, die sich aus ihrer Behinderung ergeben. Dazu gehören Vorteile bei der Steuer, erhöhter Kündigungsschutz, zusätzlicher Urlaub und frühere Rente. Nachteilsausgleich richtet sich nach Schwere der Behinderung und Merkzeichen.

Alle Nachteilsausgleiche bei einem GdB 30 Vorteil Erläuterung / Voraussetzung Behinderten-Pauschbetrag (Steuerfreibetrag) Pauschaler Abzug von 620 € pro Jahr vom zu versteuernden Einkommen (§ 33 b EStG) – automatisch möglich ab GdB 30, unabhängig von Gleichstellung. Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs. 3 SGB IX) Auf Antrag bei der Agentur für Arbeit kann eine Arbeitnehmerin mit GdB 30 (oder 40) den Status „gleichgestellt“ erhalten, wenn ohne diese Gleichstellung der Arbeitsplatz gefährdet ist oder kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden wird. Besonderer Kündigungsschutz Nach erfolgter Gleichstellung darf eine Kündigung nur mit Zustimmung des Integrationsamts ausgesprochen werden; dies erschwert betriebliche oder personenbedingte Entlassungen. Begleitende Hilfen im Arbeitsleben Integrationsamt/Agentur für Arbeit können – nach Gleichstellung – Kosten für Arbeitsplatz­anpassungen, technische Hilfsmittel, Arbeits­assistenz oder Qualifizierungen übernehmen (§ 185 SGB IX). Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber Arbeitgeber können einen befristeten Zuschuss zu den Lohnkosten erhalten, wenn sie eine gleichgestellte Person einstellen oder weiterbeschäftigen; senkt die Hürde bei Einstellung und sichert Beschäftigung. Bevorzugte Berücksichtigung im öffentlichen Dienst Bei gleicher Eignung müssen öffentliche Arbeitgeber Bewerber*innen mit Gleichstellung vorrangig einstellen („Nachteilsausgleich bei Stellenbesetzung“).

Gut zu wissen

  • Ein GdB 30 allein verleiht keinen Schwerbehindertenausweis, keinen Zusatzurlaub, keine unentgeltliche ÖPNV-Beförderung und keine Kfz-Steuerermäßigung; dafür ist mindestens GdB 50 oder ein spezielles Merkzeichen nötig.
  • Die Gleichstellung erschließt viele arbeitsbezogene Rechte, ändert aber nichts an steuerlichen oder sonstigen Vergünstigungen jenseits des Arbeitsplatzes.
  • Der Antrag auf Gleichstellung kann formlos gestellt werden; legen Sie aussagekräftige ärztliche Unterlagen und eine kurze Begründung (Gefährdung des Arbeitsplatzes / Schwierigkeiten bei Stellensuche) bei. Entscheidet die Agentur für Arbeit positiv, gilt die Gleichstellung ab Bescheiddatum.
Ab wann gelten Nachteilsausgleiche?

Bestimmte Nachteilsausgleiche gelten ab einem Grad der Behinderung von 30. Dazu gehören die Möglichkeit, eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten zu bekommen und ein möglicher Steuerfreibetrag. Schwerbehindertenausgleich kann man ab einem Grad der Behinderung von 50 erhalten.

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Was bringt der Schwerbehindertenausweis?

Kommunen, Privatunternehmen und viele Institutionen bieten Ermäßigungen für Schwerbehinderte an (wobei der Ausweis vor Ort die Schwerbehinderung nachweist).

Dazu gehören Schwimmbäder, die vergünstigten Zugang für Schwerbehinderte anbieten; Theater, Museen und Sportveranstalter, die nicht nur billigere Tickets, sondern oft auch einen Extraservice und spezielle Plätze ür Menschen mit Behinderungen im Angebot haben.

Verkehrsunternehmen ermöglichen Schwerbehinderten oft ermäßigte oder sogar freie Fahrten mit Bus, Bahn und Zug.

Welche besonderen Rechte haben Schwerbehinderte?

Hinzu kommen die rechtlich festgeschriebenen Nachteilsausgleiche bei einem Schwerbehindertenausweis.

Diese sind erstens fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr bei einer Fünf-Tage-Woche, zweitens ein pauschaler Freibetrag bei der Einkommenssteuer (der bei den Merkzeichen Hilflos / H, Blind / bl oder Taubblind / Tbl sogar 7.400 Euro beträgt).

Drittens können Schwerbehinderte zwei Jahre vorher ohne Abschläge in Rente gehen, und viertens genießen sie erhöhten Kündigungsschutz.

Schwerbehinderung im Arbeitsrecht

Bei der Kündigung von Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber vom Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung bekommen. Zudem dürfen Schwerbehinderte nicht gegen ihren Willen mit Mehrarbeit belastet werden.

Der Gleichstellungsantrag

Bei einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 kann ein Antrag bei der Agentur für Arbeit gestellt werden, der die Betroffenen mit Schwerbehinderten gleich stellt.

Diese Gleichstellung kann anerkannt werden, wenn die Behinderung am konkreten Arbeitsplatz ebenso einschränkt wie eine Schwerbehinderung. Dann besteht zusätzlicher Schutz bei der Gefahr, den Job zu verlieren.

Ermäßigung für Rundfunkgebühren

Blinde und Sehbehinderte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 60 und Hörgeschädigten von mindestens 50 können Rundfunkgebühren erlassen / ermäßigt werden. Dies gilt mit einem Grad der Behinderung von 80 und mehr, wenn die Einschränukungen die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen unmöglich machen.

Die Merkzeichen

Im Schwerbehindertenausweis sind Merkzeichen notiert. So bedeutet G “erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr”. Merkzeichen können zu weiteren Nachteilsausgleichen führen. G bietet zum Beispiel eine reduzierte KFZ-Steuer.

Schwerbehinderung bei der Bewerbung?

„Bei gleicher Eignung werden Schwerbehinderte bevorzugt eingestellt“, ist eine gängige Formulierung in Stellenausschreibungen. Eine Garantie, den Job zu bekommen, ist das nicht, denn “gleiche Eignung” liegt im Ermessen des Stellenanbieters.

Allerdings werden nach einschlägigen Gerichtsurteilen, Arbeitgeber Schwerbehinderte zumindest zum Vorstellungsgespräch laden, um nicht juristisch wegen Diskriminierung belangt zu werden.

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Abfindung vor der Rente: Diese versteckte Klausel kostet richtig Geld – Urteil

8. November 2025 - 16:52
Lesedauer 4 Minuten

Wer kurz vor der Rente steht und mit einer hohen Abfindung rechnet, muss umplanen. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. April 2025 (Az. 6 SLa 505/24) zeigt: Arbeitgeber dürfen Abfindungen aus Sozialplänen deutlich begrenzen, wenn Beschäftigte bald eine abschlagsfreie Altersrente erreichen können.

Für viele langjährig Versicherte bedeutet das: Trotz jahrzehntelanger Arbeit fällt die Abfindung spürbar niedriger aus, ohne dass dies als rechtswidrig gilt.

LAG Köln bestätigt Kürzung: Fall eines schwerbehinderten Langzeitbeschäftigten

Im entschiedenen Fall arbeitete der Kläger seit 1987 bei einem Automobilzulieferer. Der Standort wurde geschlossen, das Arbeitsverhältnis endete über einen dreiseitigen Vertrag mit Wechsel in eine Transfergesellschaft.

Für den Kläger galt ein Sozialplan, der die Abfindung aus mehreren Bausteinen berechnete. Entscheidender Punkt war ein Steigerungsbetrag, der sich an Betriebszugehörigkeit und Einkommen orientierte.

Für rentennahe Beschäftigte enthielt der Sozialplan jedoch eine klare Begrenzung. Wer während oder unmittelbar nach Transfergesellschaft und Arbeitslosengeld I eine abschlagsfreie Altersrente erreichen konnte, erhielt nur einen gekürzten oder keinen Steigerungsbetrag.

Der Kläger verlangte die ungekürzte Summe und berief sich auf seine Schwerbehinderung, seine Unterhaltspflichten und den langen Versicherungsverlauf. Arbeitsgericht Bonn und später das LAG Köln wiesen seine Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Abschlagsfreie Rente: Gericht weitet den Begriff klar aus

Kern des Streits war die Frage, was „abschlagsfreie Rente“ bedeutet. Der Kläger meinte, nur die Regelaltersrente falle darunter. Das Gericht stellte klar: Auch die Altersrente für besonders langjährig Versicherte gilt als abschlagsfreie Rente. Entscheidend ist, dass sie ohne Rentenabschläge gezahlt wird. Genau darauf durfte der Sozialplan abstellen.

Für Betroffene heißt das: Wenn Sie die Voraussetzungen für eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte oder eine andere abschlagsfreie Altersrente bald erfüllen, kann Ihr Arbeitgeber Ihre Abfindung im Sozialplan rechtmäßig begrenzen.

Die Rechtsprechung knüpft daran an, dass Differenzierungen nach Rentennähe zulässig sind, wenn sie an die künftige wirtschaftliche Absicherung anknüpfen und das Sozialplanbudget schützen.

Warum Sozialpläne rentennahe Beschäftigte schlechterstellen dürfen

Sozialpläne sollen Einkommensverluste ausgleichen, die durch eine Betriebsänderung oder Stilllegung zukünftig entstehen. Sie dienen nicht dazu, bereits gesicherte Versorgung zusätzlich zu „belohnen“. Das LAG Köln betont:

Wer zeitnah eine ungekürzte Altersrente erreichen kann, hat geringere finanzielle Risiken als Kolleginnen und Kollegen, die noch viele Jahre ohne Rentenanspruch überbrücken müssen.

Die Begrenzung der Abfindung für rentennahe Jahrgänge bewertet das Gericht daher als sachlich gerechtfertigt. Die Betriebsparteien dürfen die knappen Sozialplanmittel stärker denjenigen zuweisen, die keine unmittelbare Rentenoption haben.

Dieses Konzept entspricht den gesetzlichen Vorgaben, nach denen rentennahe Beschäftigte bei Sozialplanleistungen anders behandelt werden dürfen, wenn dies der gerechten Verteilung begrenzter Mittel dient und den Zweck des Sozialplans unterstützt.

Keine unzulässige Benachteiligung wegen Alter oder Schwerbehinderung

Der Kläger argumentierte, er werde wegen seines Alters und seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Das Gericht folgte dem nicht. Die unterschiedliche Behandlung knüpft nach seiner Bewertung nicht an die Behinderung an, sondern an die objektive Rentennähe und damit an die bereits vorhandene soziale Absicherung.

Die Absenkung der Abfindung stellt zwar eine Ungleichbehandlung nach dem Alter dar. Sie bleibt jedoch innerhalb des Rahmens, den das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für Sozialpläne zulässt. #

Der Gesetzgeber erlaubt ausdrücklich, rentennahe Beschäftigte bei Sozialplanleistungen schlechterzustellen oder sogar auszuschließen, wenn dies der gerechten Verteilung begrenzter Mittel dient und den Ausgleich zukünftiger Nachteile steuert.

Die Schwerbehinderung des Klägers ändert daran nichts, weil ihm gerade wegen seines Versicherungsverlaufs zusätzliche Rentenoptionen offenstehen.

Wer ist betroffen? Typische Risikogruppen im Überblick

Besonders aufmerksam sollten Beschäftigte sein, die kurz vor einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte stehen, eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bald erreichen können oder innerhalb des Bezugs von Arbeitslosengeld I in eine ungekürzte Altersrente wechseln können.

In diesen Konstellationen sehen viele Sozialpläne Deckelungen oder Ausschlüsse einzelner Abfindungsbestandteile vor. Das Urteil aus Köln stärkt solche Regelungen.

Es signalisiert Betriebsräten und Arbeitgebern: Differenzierungen nach Rentennähe bleiben zulässig, solange sie klar geregelt, nachvollziehbar begründet und auf den Ausgleich zukünftiger Nachteile ausgerichtet sind.

Was Sie jetzt konkret tun sollten, wenn eine Betriebsänderung droht

Wenn Sie zu den älteren Beschäftigten gehören, reicht ein Blick auf die Abfindungsformel nicht mehr aus. Entscheidend ist Ihre individuelle Rentenperspektive. Prüfen Sie frühzeitig, ab wann Sie eine abschlagsfreie Altersrente erreichen können.

Nutzen Sie aktuelle Rentenauskünfte und lassen Sie klären, ob Sie die Voraussetzungen für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllen.

Lesen Sie die Sozialplanregelungen sehr genau. Achten Sie auf Sonderbestimmungen für rentennahe Jahrgänge, auf Höchstbeträge, Begrenzungen des Steigerungsbetrags oder vollständige Ausschlüsse.

Stimmen Sie keinem Aufhebungsvertrag oder Wechsel in eine Transfergesellschaft zu, ohne diese Punkte verstanden zu haben. Lassen Sie Zweifelsfälle von einer fachkundigen Stelle prüfen, etwa von Gewerkschaften, spezialisierten Beratungsstellen oder Fachanwältinnen und Fachanwälten für Arbeitsrecht.

Wenn Sie schwerbehindert sind oder Unterhaltspflichten haben, sollten Sie besonders sorgfältig prüfen, ob der Sozialplan diese Faktoren bei Sockelbeträgen oder Zuschlägen berücksichtigt. #

Das Urteil zeigt aber zugleich: Eine Schwerbehinderung schützt nicht automatisch vor Kürzungen, wenn Sie rentennah sind und schnell abgesichert sein können.

Bedeutung für Beschäftigte mit langer Betriebszugehörigkeit

Für viele langjährig Versicherte wirkt dieses Ergebnis hart. Gerade diejenigen, die früh ins Erwerbsleben eingestiegen sind und lange Beiträge gezahlt haben, sehen ihre Abfindung gekürzt.

Das LAG Köln stellt jedoch klar: Der Sozialplan darf an der künftigen Schutzbedürftigkeit anknüpfen. Wer bald eine ungekürzte Rente erreicht, gilt weniger schutzbedürftig als Kolleginnen und Kollegen ohne Rentenanspruch.

Für Betroffene bleibt darum entscheidend: Transparenz vor der Entscheidung. Sie sollten kennen, welche Abfindung sie ohne Begrenzung erhalten würden, welche Kürzungen greifen und wie sich der Übergang aus Transfergesellschaft, Arbeitslosengeld und möglicher Rente konkret darstellt. Nur so vermeiden Sie, dass aus einer vermeintlich sicheren Abfindung eine böse Überraschung wird.

Urteil mit Signalwirkung für alle rentennahen Beschäftigten

Das Urteil des LAG Köln bestätigt eine klare Linie: Sozialpläne dürfen rentennahe Beschäftigte bei der Abfindung schlechter stellen, wenn diese zeitnah eine abschlagsfreie Rente erreichen können und dadurch ausreichend abgesichert sind.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kurz vor dem Ruhestand bedeutet das: Die erhoffte „goldene Brücke“ fällt häufig kleiner aus als gedacht.

Wenn Sie betroffen sind oder betriebliche Veränderungen absehbar sind, sollten Sie Ihre Rentenansprüche prüfen, den Sozialplan vollständig lesen und rechtliche Beratung einholen, bevor Sie unterschreiben.

So sichern Sie sich die Ansprüche, die Ihnen noch zustehen – und vermeiden den Verlust von mehreren tausend Euro, den Sie mit rechtzeitiger Prüfung verhindern könnten.

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Rente: 17 Monate Nachzahlungen für viele Millionen Rentner ab 1. Dezember

8. November 2025 - 16:48
Lesedauer 2 Minuten

Zum 1. Dezember 2025 tritt § 307i SGB VI in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt verschwindet der seit Juli 2024 separat überwiesene Rentenzuschlag aus den Kontoauszügen und geht in die reguläre Monatsrente auf. Damit ersetzt er die Übergangsvorschrift des § 307j, die zum 30. November 2025 ausläuft.

Für rund drei Millionen Rentnerinnen und Rentner bedeutet das: Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) verschickt erneut eine Welle von Bescheiden und vergleicht zwei Stichtagswerte – den Zahlbetrag inklusive Zuschlag im November 2025 und den neu berechneten Betrag im Dezember 2025.

Zwei Stufen, ein Ziel: gerechte Einbeziehung der Entgeltpunkte

Der Zuschlag war ursprünglich als pauschale Aufwertung für Bestandsrentner konzipiert, deren Erwerbsminderungs-, Erziehungs- oder Witwenrenten zwischen 2001 und 2018 begonnen haben.

Weil die technische Umsetzung stockte, wurde die Auszahlung in zwei Stufen verankert. Seit Juli 2024 erhalten Berechtigte einen prozentualen Aufschlag von 7,5 oder 4,5 Prozent, abhängig vom Rentenbeginn.

Erst die Reform 2025 rechnet diesen Zuschlag in zusätzliche Entgeltpunkte um. Dadurch steigt die Bruttorente dauerhaft, der Zuschlag erscheint jedoch nicht mehr als eigene Position.

Nachzahlung für 17 Monate – wer profitiert?

Bleibt nach der Umrechnung Ende 2025 ein höherer Zahlbetrag, erstattet die Rentenversicherung die Differenz rückwirkend für den gesamten Übergangszeitraum Juli 2024 bis November 2025.

Das Gesetz multipliziert die positive Differenz pauschal mit 17 – der Zahl der betroffenen Kalendermonate. Entfällt etwa durch die Umstellung ein Mehrbetrag von zehn Euro im Monat, fließen einmalig 170 Euro zusätzlich auf das Konto.

Keine Rückforderung bei geringerer Rente

Fällt das Dezember-Ergebnis niedriger aus als der Zahlbetrag im November 2025, müssen Betroffene den bis dahin erhaltenen Zuschlag nicht erstatten. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass niemand durch das mehrstufige Verfahren schlechter gestellt werden darf.

Auch die parlamentarische Begründung spricht ausdrücklich davon, Nachteile zu vermeiden.

Neue Bescheide – worauf Rentner achten sollten

Die DRV rechnet damit, ab Dezember 2025 mehrere Millionen Änderungsbescheide zu verschicken – ein Massenverfahren, bei dem Fehler nicht ausgeschlossen sind.

Wer einen Bescheid erhält, sollte prüfen, ob der neue Rentenbetrag den Zuschlag tatsächlich enthält, ob die Nachzahlung korrekt berechnet wurde und ob die Entgeltpunkte richtig ausgewiesen sind. Bei Unstimmigkeiten bleibt ein Monat Zeit, Widerspruch einzulegen.

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Risiken beim Übergang von der Erwerbsminderungs- zur Altersrente

Besonders wachsam müssen Versicherte sein, die in den kommenden Jahren aus der Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente wechseln. Nur wenn der Wechsel nahtlos erfolgt, geht der Zuschlag ohne Kürzung in die neue Rentenart über. Entsteht eine zeitliche Lücke, kann er ganz oder teilweise entfallen, weil das Gesetz ausdrücklich eine „unmittelbar anschließende“ Altersrente verlangt.

Wechselwirkungen mit Hinterbliebenen- und Steuerrecht

Die Integration des Zuschlags in die Monatsrente macht ihn künftig voll sichtbar in der Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI. Hinterbliebenenrenten können sich deshalb verringern, wenn der erhöhte Brutto-Betrag den Freibetrag überschreitet.

Zugleich steigen durch das höhere Rentenbrutto auch die steuerpflichtigen Einkünfte – ein Punkt, den Betroffene in ihrer Jahressteuererklärung berücksichtigen sollten

Ausblick: Vorbereitung ist die beste Strategie

Wer bereits den Zuschlag bezieht oder bald in die Altersrente wechselt, sollte jetzt handeln: Den Altersrentenantrag frühzeitig stellen, damit kein nahtloser Übergang verpasst wird; die eigenen Rentenunterlagen ordnen, um die Dezember-Bescheide zügig kontrollieren zu können; und bei Bedarf fachlichen Rat einholen.

Die Reform ist kompliziert, eröffnet aber auch Chancen: Statt eines befristeten Aufschlags erhalten viele Rentnerinnen und Rentner künftig eine dauerhaft höhere Monatsrente – inklusive einer attraktiven Einmalzahlung für 17 Monate.

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Bürgergeld: Warmwasser-Trick – So verhindert man Kürzungen durch das Jobcenter

8. November 2025 - 16:47
Lesedauer 4 Minuten

Wer sein Warmwasser über Boiler, Durchlauferhitzer oder eine Gastherme direkt in der Wohnung erzeugt, steht 2026 schnell im Fokus des Jobcenters. Entscheidend ist die Abgrenzung: Gehört der Aufwand zu den Heizkosten, die das Jobcenter übernehmen muss, oder zur Haushaltsenergie, die aus dem Regelsatz zu zahlen ist?

Von dieser Einstufung hängt ab, ob ein Warmwasser-Mehrbedarf zusteht oder Betroffene auf steigenden Strom- oder Gasanteilen sitzen bleiben.

Was bedeutet dezentrale Warmwassererzeugung beim Bürgergeld 2026?

Als zentral gilt Warmwasser, wenn es über die Heizungsanlage des Hauses bereitgestellt und über die Nebenkosten- bzw. Heizkostenabrechnung abgerechnet wird. Diese Kosten zählen zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und sind im Rahmen der Angemessenheit vom Jobcenter zu übernehmen. In diesen Fällen gibt es keinen zusätzlichen Mehrbedarf für Warmwasser.

Dezentral ist die Warmwassererzeugung, wenn sie direkt in der Wohnung erfolgt, etwa über einen elektrischen Durchlauferhitzer, Untertischboiler, eine Gastherme oder ähnliche Vorrichtungen, die über Haushaltsstrom oder eigene Gaszufuhr laufen.

Liegt eine solche Konstellation vor und werden Warmwasserkosten nicht bereits über die Unterkunftskosten abgedeckt, besteht ein Anspruch auf den Warmwasser-Mehrbedarf.

Rechtliche Grundlage und Pauschalen beim Warmwasser-Mehrbedarf

Rechtsgrundlage ist § 21 Absatz 7 SGB II. Dort ist geregelt, dass ein Mehrbedarf anerkannt wird, wenn Warmwasser dezentral erzeugt und nicht als Bestandteil der Heizkosten übernommen wird. Die Pauschalen werden prozentual aus dem maßgeblichen Regelbedarf berechnet.

Da die Regelbedarfe 2026 nach derzeitigem Stand unverändert bleiben, bleiben auch die Mehrbedarfs-Pauschalen für Warmwasser voraussichtlich auf dem Niveau von 2025. Für erwachsene Leistungsberechtigte ergibt sich ein prozentualer Zuschlag von 2,3 Prozent, für Jugendliche ein geringerer Prozentsatz, für Kinder nochmals abgestuft.

Die Pauschale steht jeder leistungsberechtigten Person im Haushalt zu, sofern sie von dezentral erzeugtem Warmwasser betroffen ist.

Für dezentrale Warmwassererzeugung ergeben sich damit (jeweils pro Person):

Volljährige (RBS 1, 2, 3): 2,3 %
→ 12,95 € bei 563 €, 11,64 € bei 506 €, 10,37 € bei 451 €

Jugendliche 14–17 Jahre: 1,4 %
→ 6,59 € bei 471 €

Kinder 7–13 Jahre: 1,2 %
→ 4,68 € bei 390 €

Kinder 0–6 Jahre: 0,8 %
→ 2,86 € bei 357 €

Die Jobcenter haben diesen Mehrbedarf grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. In der Praxis ist es dennoch sinnvoll, die dezentrale Warmwassererzeugung ausdrücklich anzugeben und Belege einzureichen, um fehlerhafte Berechnungen zu vermeiden.

Wer hat Anspruch auf den Mehrbedarf im Jahr 2026?

Anspruchsberechtigt sind Bürgergeld-Beziehende, bei denen

  • kein zentrales Warmwasser über die Nebenkosten abgerechnet wird,
  • Warmwasser nachweislich über dezentrale Geräte erzeugt wird und
  • die laufenden Kosten dafür aus dem Haushaltsstrom oder einer separaten Gasversorgung bestritten werden.

Wird Warmwasser bereits über die Betriebskosten als Teil der Heizkosten anerkannt, entfällt der zusätzliche Mehrbedarf. Eine doppelte Berücksichtigung – einmal über die KdU und zusätzlich als Mehrbedarf – ist ausgeschlossen.

Umgekehrt darf das Jobcenter nicht einfach davon ausgehen, Warmwasser sei im Regelsatz abgegolten, wenn eine dezentrale Versorgung vorliegt.

Mietvertrag & Nebenkosten: So prüfen Betroffene ihre Unterlagen

Wer den Warmwasser-Mehrbedarf durchsetzen will, sollte zuerst einen genauen Blick in Mietvertrag und Nebenkosten werfen. Formulierungen wie „Heiz- und Warmwasserkosten werden über die Nebenkosten abgerechnet“ deuten auf eine zentrale Versorgung hin.

Wird Warmwasser dort nicht erwähnt und finden sich in der Wohnung Geräte wie Durchlauferhitzer oder Boiler, spricht dies klar für eine dezentrale Erzeugung.

Sinnvoll ist eine schriftliche Bestätigung des Vermieters, ob Warmwasser zentral bereitgestellt oder von den Mietparteien selbst erzeugt wird. Diese Klarstellung nimmt Jobcentern den Spielraum für pauschale Ablehnungen und sorgt für eine transparente Grundlage bei der Berechnung.

Zähler-/Beleg-Praxis: Welche Nachweise Jobcenter akzeptieren

In der Praxis geht es darum, die dezentrale Erzeugung plausibel und nachvollziehbar darzustellen. Hilfreich sind Fotos der Geräte im Bad oder in der Küche, technische Angaben im Miet- oder Übergabeprotokoll, Vermieterbescheinigungen und aktuelle Strom- oder Gasabrechnungen.

Sind für bestimmte Geräte separate Stromzähler oder Gaszähler vorhanden, lassen sich die anteiligen Warmwasserkosten noch genauer beziffern. In solchen Fällen kann auch eine Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen in Betracht kommen.

Ohne gesonderte Messeinrichtung bleiben in der Regel die gesetzlichen Pauschalen maßgeblich. Wichtig ist: Je klarer dokumentiert ist, dass kein über die KdU abgerechnetes Warmwasser existiert, desto eher muss das Jobcenter den Mehrbedarf anerkennen.

Typische Fehler der Jobcenter bei Warmwasser und Heizkosten

Häufig streichen Jobcenter den Mehrbedarf mit der Begründung, Stromkosten seien bereits im Regelsatz enthalten, ohne zu prüfen, ob die Voraussetzungen der dezentralen Warmwassererzeugung vorliegen.

Ebenso verbreitet ist die umgekehrte Konstellation: Es wird pauschal ein Warmwasseranteil aus den Heizkosten herausgerechnet, obwohl Warmwasser tatsächlich zentral bereitgestellt wird.

Betroffene sollten Bescheide daraufhin prüfen, ob falsche Annahmen über die Art der Warmwasserversorgung getroffen wurden, ob ein Mehrbedarf zu Unrecht fehlt oder ob unzulässige Pauschalkürzungen vorgenommen wurden. Jede Abweichung von der klaren gesetzlichen Systematik kann finanziell spürbare Nachteile auslösen.

Widerspruch bei Ablehnung: So argumentieren Betroffene richtig

Wird der Warmwasser-Mehrbedarf abgelehnt oder erkennbar falsch berechnet, sollte innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch eingelegt werden. In der Begründung sollte erläutert werden, dass Warmwasser über dezentrale Geräte erzeugt wird, hierfür keine zentralen Warmwasserkosten übernommen werden und daher ein Mehrbedarf nach § 21 Absatz 7 SGB II zusteht.

Der Widerspruch sollte sich konkret auf die tatsächlichen Verhältnisse in der Wohnung beziehen und Mietvertrag, Vermieterbestätigung, Fotos der Geräte sowie aktuelle Abrechnungen beifügen. Je sachlicher und beleggestützter die Darstellung, desto größer die Chancen, dass das Jobcenter seine Entscheidung korrigiert.

Überprüfungsantrag: Rückwirkend Geld nachfordern

Sind fehlerhafte Bescheide bereits bestandskräftig, kommt ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X in Betracht. Damit kann geprüft werden, ob in der Vergangenheit zu wenig Warmwasser-Mehrbedarf anerkannt wurde. Wird ein Fehler festgestellt, können Nachzahlungen für einen begrenzten Zeitraum rückwirkend durchgesetzt werden. Gerade bei mehrköpfigen Haushalten summieren sich diese Beträge schnell.

Unterstützung holen: Beratung nutzen und Ansprüche sichern

Wer bei der Abrechnung von Warmwasser, Heizkosten und Mehrbedarfen auf Widerstand stößt, sollte sich frühzeitig Unterstützung holen.

Unabhängige Sozialberatungen, Erwerbsloseninitiativen, Sozialverbände oder Fachanwältinnen und Fachanwälte für Sozialrecht können Bescheide prüfen, Argumentationshilfen liefern und Widersprüche rechtssicher formulieren.

Dezentrale Warmwassererzeugung ist kein Detail, sondern bares Geld. Wer seine Unterlagen kennt, die Versorgung korrekt einordnet und den Mehrbedarf konsequent geltend macht, verhindert, dass das Jobcenter Energie- und Lebenshaltungskosten zulasten der Betroffenen verschiebt.

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Bürgergeld: Das Bundessozialgericht hebt 100 Prozent Sanktionen wieder auf

8. November 2025 - 16:43
Lesedauer 3 Minuten

“Weigern” bedeutet die regelmäßig vorsätzliche ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Jobcenter oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten.

Die Aufnahme einer Tätigkeit kann mithin durch ausdrückliche Erklärung oder durch konkludentes Verhalten (BSG, Urteil Az.: B 14 AS 92/09 R) verweigert werden. Bei Verweigerung durch schlüssiges Verhalten muss das dem leistungsberechtigten zurechenbare Handeln oder Unterlassen den hinreichend sicheren Schluss erlauben, dass er eine bestimmte Arbeit nicht ausüben will.

Auch eine Bewerbung innerhalb von zwei Wochen kann aber noch umgehend sein

Zu dieser Entscheidung kommt das Sozialgericht Karlsruhe Az. S 12 AS 3946/16 und stellt dabei fest, dass die Voraussetzungen für die Minderung der Regelleistung – nicht vorlagen, denn die einzig in Betracht kommende Alternative des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II, die Weigerung eine zumutbare Arbeit aufzunehmen oder deren Anbahnung durch sein Verhalten zu verhindern, ist nicht gegeben. Bei dem Begriff umgehend handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung zugänglich ist.

Das Jobcenter hält es für nicht nachgewiesen, dass sich der Leistungsempfänger bei der Firma beworben hat

Dieser Rechtsauffassung folgte das Gericht aber nicht, weil eine – Zeugin – bestätigte, sich der Kläger tatsächlich beworben hat. Diese hat bestätigt, dass die Bewerbung in ihrer Wohnung an ihrem Laptop geschrieben und ausgedruckt wurde und anschließend zur nächsten Postfiliale gebracht wurde. Für die entscheidende Kammer ergeben sich keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage.

Vermittlungsvorschlag enthielt lediglich den Hinweis – sich umgehend zu bewerben

Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem Begriff “umgehend” um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung zugänglich ist.

Umgehend bedeutet “so schnell wie möglich”. Aus der Sicht eines nichtjuristischen Laien, kann dieser Begriff aber durchaus auch weiter auszulegen sein, sodass auch eine Bewerbung innerhalb von zwei Wochen noch umgehend sein kann.

Möchte das Jobcenter solche Diskussionen in Zukunft umgehen, obliegt es ihm, den Leistungsberechtigten für ihre Bewerbungsbemühungen eine Frist vorzugeben und sie gar zu verpflichten, die Bewerbung mittels Einschreiben zu versenden. Damit ließe sich der Zeitpunkt der Bewerbung konkret bestimmen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Anmerkung von Detlef Brock

1. Die objektive Beweislast für das Vorliegen eines Pflichtverstoßes liegt beim Jobcenter, in diesem Fall konnte der Sanktionsbescheid keinen Bestand haben.

2. Weigern bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – ). Eine fahrlässige Pflichtverletzung reicht nicht aus.

3. Eine Weigerung und damit eine Pflichtverletzung nach § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 liegt auch dann vor, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person durch ihr – negatives – Verhalten
eine Einstellung vereitelt.

4. Ein vorwerfbares Verhalten kann dabei auch im Verhalten bei einem Vorstellungsgespräch gegeben sein.

5. Verhaltensweisen, die als Pflichtverletzung gelten können:
• Die Weigerung, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen.
• Die Weigerung, eine zumutbare Ausbildung aufzunehmen.
• Das Verhindern der Anbahnung eines nach § 16e SGB II geförderten Arbeitsverhältnisses durch das Verhalten.
• Das Nicht-Antreten, Abbrechen oder Veranlassen des Abbrechens einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit.
• Wichtiger Grund als Ausnahme:

Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn die leistungsberechtigte Person einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen kann.

6. Ein negativer Wille zur Arbeitsaufnahme oder zum Ergreifen anderer Eingliederungsmaßnahmen, der als Ablehnung oder Vereitelung durch die Person selbst wahrgenommen wird, ist eine Pflichtverletzung, sofern kein wichtiger Grund vorliegt und die Person die Rechtsfolgen kannte.

Was bringt die Zukunft für Bürgergeld Bezieher hinsichtlich von Sanktionen?

Ein sogenanntes Verfassungsbruchanordnungsgesetz wird kommen. Es beinhaltet 100 % Sanktionen für arbeitsfähige Leistungsbeziehende bei wiederholter Jobablehnung und Sofortige 30 % Sanktionen bei Terminversäumnissen. Dieser Aussage von Harald Thome schließe ich mich an.

Man wird den § 32 SGB 2 umschreiben, ganz sicher.

Das diese Veränderungen verfassungswidrig sein könnten, wissen selbst die Macher von solchen Gesetzen, doch sie riskieren es. Das Recht von Armen und Kranken wird hier mal wieder mit Füßen getreten.

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EM-Rente bei Rückenschmerzen: Diese versteckten Hürden kennt kaum jemand

8. November 2025 - 14:16
Lesedauer 4 Minuten

Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen für Arbeitsausfälle. Viele Betroffene fragen sich, ob ihre Beschwerden allein für eine Erwerbsminderungsrente ausreichen.

Nur Rückenschmerzen ohne weitere Einschränkungen führen fast nie zur gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. Entscheidend ist nicht die Diagnose, sondern ob Sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch arbeiten können und wie viele Stunden täglich realistisch möglich sind.

Rückenschmerzen als Risiko – aber selten allein ein Rentengrund

Chronische Rückenprobleme können massiv belasten. Viele Betroffene sind in ihrem bisherigen Beruf nicht mehr einsetzbar. Das reicht rechtlich nicht aus. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente knüpft nicht an den erlernten Beruf an, sondern an die verbleibende Leistungsfähigkeit in allen zumutbaren Tätigkeiten.

Maßgeblich ist, ob Ihre gesundheitlichen Einschränkungen dauerhaft so gravierend sind, dass Sie unter üblichen Arbeitsbedingungen nur noch eingeschränkt leistungsfähig sind.

Die Rentenversicherung prüft daher, ob trotz der Beschwerden andere Tätigkeiten möglich sind. Schweres Heben, Arbeiten in Zwangshaltungen oder unter Dauerdruck scheiden häufig aus.

Können jedoch leichtere, überwiegend sitzende oder wechselbelastende Tätigkeiten medizinisch noch ausgeübt werden, wird ein Rentenanspruch meist verneint. Für viele Betroffene ist das enttäuschend, folgt aber den gesetzlichen Vorgaben.

Volle und teilweise Erwerbsminderung: Die Stunden entscheiden

Für die Rente wegen Erwerbsminderung sind zwei Schwellenwerte entscheidend. Können Sie auf Dauer nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich unter üblichen Arbeitsbedingungen arbeiten, kommt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Betracht. Liegt Ihre Leistungsfähigkeit unter drei Stunden täglich, kann eine volle Erwerbsminderungsrente bewilligt werden.

Wichtig ist, dass diese Einschränkung voraussichtlich länger anhält. Kurzfristige Schmerzphasen oder instabile Verläufe reichen nicht. Zusätzlich müssen versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, etwa eine ausreichende Versicherungszeit und Pflichtbeiträge in den Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Diese Punkte werden im Verwaltungsverfahren sorgfältig geprüft.

Der allgemeine Arbeitsmarkt als Prüfmaßstab

Rückenschmerzen führen erst dann zur Erwerbsminderungsrente, wenn sie Ihre Einsatzfähigkeit in jeder zumutbaren Tätigkeit einschränken. Orientiert wird sich am allgemeinen Arbeitsmarkt.

Dazu gehören typische Rahmenbedingungen wie Pausen, normale Arbeitszeiten, ein übliches Anforderungsprofil, aber auch grundsätzliche Fähigkeiten wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und das Bewältigen einfacher Veränderungen.

Die Rentenversicherung darf auf in der Realität vorkommende Tätigkeiten verweisen, muss diese aber konkret benennen. Wird etwa angenommen, Sie könnten noch sechs Stunden täglich eine leichte Bürotätigkeit mit Haltungswechsel ausüben, spricht dies gegen eine Erwerbsminderungsrente. Nur wenn sich keine realistisch ausübbaren Tätigkeiten mehr finden lassen, kommt ein Rentenanspruch in Betracht.

Sonderregel für vor 1961 Geborene: Berufsschutz als Chance

Für Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, gilt eine Vertrauensschutzregel. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten. Hier spielt der erlernte oder ausgeübte Beruf eine Rolle.

Wer seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und nur noch auf deutlich geringer qualifizierte Tätigkeiten verwiesen werden könnte, kann bessere Chancen haben. Für jüngere Jahrgänge gilt diese Berufsschutzregel nicht. Sie werden ausschließlich nach den allgemeinen Regeln der Erwerbsminderung beurteilt.

Wenn mehrere Erkrankungen zusammenkommen: Summierung der Einschränkungen

In vielen Fällen entsteht ein Rentenanspruch nicht durch ein einzelnes Leiden, sondern durch die Summe mehrerer gesundheitlicher Probleme. Rückenschmerzen können mit psychischen Erkrankungen, Erschöpfung, neurologischen Störungen oder internistischen Leiden zusammentreffen.

Wenn körperlich belastende Tätigkeiten wegen der Schmerzen ausscheiden und gleichzeitig geistig oder sozial anspruchsvolle Tätigkeiten durch andere Erkrankungen nicht mehr möglich sind, kann der Arbeitsmarkt faktisch wegfallen.

Diese Summierung von Einschränkungen ist häufig entscheidend. Die Rentenversicherung muss dann darlegen, welche konkrete Tätigkeit noch in Betracht kommt. Gelingt dies nicht überzeugend, kann dies für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente sprechen.

Allerdings führt nicht jede Diagnosekombination automatisch zur Rente. Maßgeblich ist, wie die Einschränkungen im Alltag zusammenwirken und welche Tätigkeiten objektiv noch leistbar sind.

Medizinische Prüfung: Warum Dokumentation so wichtig ist

Die Entscheidung über eine Erwerbsminderungsrente basiert auf medizinischen Unterlagen. Dazu gehören Berichte der behandelnden Ärzte, Reha-Entlassungsberichte und Gutachten. Bewertet werden Beweglichkeit, Belastbarkeit, Schmerzverlauf, Therapieausschöpfung und funktionelle Einschränkungen.

Für Sie bedeutet das: Eine lückenlose, stimmige Dokumentation ist zentral. Langfristige Befunde, konsistente Angaben, nachvollziehbare Therapieversuche und klare Beschreibungen des Alltags sind deutlich überzeugender als pauschale Hinweise auf Schmerzen. Wer nur sporadische Krankschreibungen und ungenaue Atteste vorlegt, hat es im Verfahren schwer.

Was tun bei abgelehnter Erwerbsminderungsrente?

Wird Ihr Antrag abgelehnt, müssen Sie die Entscheidung nicht hinnehmen. Sie können innerhalb der Frist Widerspruch einlegen und später Klage beim Sozialgericht erheben. In diesen Schritten können weitere Atteste, Gutachten und Stellungnahmen eingebracht werden.

Auch eine kritische Prüfung der Begründung lohnt sich, insbesondere wenn mehrere Einschränkungen nicht berücksichtigt wurden.

Parallel stellt sich die Frage der Existenzsicherung. Fällt keine oder nur eine sehr geringe Erwerbsminderungsrente an, kommen Bürgergeld, Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht. Warten Sie nicht, bis finanzielle Lücken entstehen. Stellen Sie rechtzeitig Anträge, damit Ihr Lebensunterhalt gesichert bleibt.

Rückenschmerzen als Behinderung: GdB und Nachteilsausgleiche nutzen

Auch ohne Erwerbsminderungsrente können Rückenschmerzen als Behinderung anerkannt werden, wenn sie dauerhaft und erheblich einschränken. Über das Feststellungsverfahren kann ein Grad der Behinderung (GdB) geprüft werden.

Ab einem GdB von 50 gelten Sie als schwerbehindert und haben Anspruch auf Nachteilsausgleiche, etwa besonderen Kündigungsschutz, Zusatzurlaub, steuerliche Entlastungen oder Hilfen zur Arbeitsplatzgestaltung.

Wer zusätzlich andere gesundheitliche Beeinträchtigungen hat, sollte darauf achten, dass alle Einschränkungen in die Bewertung einfließen. So kann sich die Gesamtsituation verbessern, auch wenn die Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente ablehnt.

Konkrete Handlungsschritte für Betroffene

Wenn chronische Rückenschmerzen Ihre Arbeit gefährden, sollten Sie früh handeln. Sprechen Sie mit Ihren Ärztinnen und Ärzten offen über Ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit. Nutzen Sie Reha-Angebote und dokumentieren Sie, welche Tätigkeiten noch möglich sind und welche nicht.

Halten Sie fest, wie lange Sie sitzen, stehen oder gehen können und wie stark Schmerzen Konzentration, Schlaf und Zuverlässigkeit beeinflussen.

Lassen Sie sich bei Unsicherheit beraten. Sozialverbände, unabhängige Beratungsstellen und Fachanwälte für Sozialrecht können Akten prüfen, Gutachten einordnen und Sie durch Antrag, Widerspruch und Klage begleiten. Akzeptieren Sie eine Ablehnung nicht vorschnell, wenn Ihre Einschränkungen erheblich sind und im Bescheid unvollständig dargestellt werden.

Rückenschmerzen allein führen selten zur Erwerbsminderungsrente. In Verbindung mit weiteren Erkrankungen, einer deutlich reduzierten Belastbarkeit und sauber belegten Einschränkungen kann sich die Rechtslage jedoch zu Ihren Gunsten ändern.

Wer informiert, gut vorbereitet und konsequent vorgeht, erhöht die Chance, die Leistungen zu erhalten, die ihm rechtlich zustehen.

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Gericht lehnt EM-Rente ab: Darum können Bürgergeld-Bezieher selten hoffen

8. November 2025 - 14:12
Lesedauer 3 Minuten

Auch eine diagnostizierte psychische Störung rechtfertigt nicht unbedingt eine Erwerbsminderung. Entscheidend ist vielmehr, ob der Betroffene zumindest sechs Stunden pro Tag in der Lage ist, eine Erwerbsarbeit zu verrichten. So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem konkreten Fall. (L 13 R 276/22).

Panikstörungen und Depression

Der Betroffene war zuletzt als Textilarbeiter beschäftigt und erhält Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Bürgergeld, demnächst Neue Grundsicherung). Er hatte bereits 2011 und 2014 Anträge auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gestellt und blieb beide Male erfolglos. 2018 beantragte er wieder eine solche Rente. Er begründete dies damit, dass er an einer Panikstörung und an Depressionen leide.

Rentenversicherung sieht keine Voraussetzungen für eine Erwerbsminderung

Die gesetzliche Rentenversicherung lehnte den Antrag ab. Sie begründete dies damit, dass er mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könnte. Seine Einschränkungen reichten für eine Erwerbsminderung nicht aus.

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Angststörung und Narzissmus

Er legte Widerspruch ein. Die Rentenversicherung ließ den Betroffenen deshalb medizinisch untersuchen. Das Ergebnis ergab die Diagnose einer generalisierten Angststörung. Hinzu kam eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionen Anteilen. Körperliche Einschränkungen umfassten Bluthochdruck sowie wiederkehrende Rückenschmerzen ohne neurologisches Funktionsdefizit und ohne Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule.

Der Gutachter schloss, dass der Betroffene mit Rücksicht auf seine Einschränkungen in der Lage sei, mittelschwere Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Auch eine teilweise Erwerbsminderung war laut Gutachten also nicht vorhanden. Deshalb wies die Rentenversicherung den Widerspruchsbescheid zurück.

Klage vor dem Sozialgericht

Der Mann klagte gegen die Entscheidung vor dem Sozialgericht. Er verwies auf seine bestehenden Erkrankungen und ergänzte, dass er an Hypoglykämie leide. Dies habe der Gutachter nicht berücksichtigt, es führe aber zu starken Einschränkungen im Alltag. Vor Gericht legte er weitere medizinische Unterlagen vor. Die Rentenversicherung konterte mit einer sozialmedizinischen Stellungnahme, die keine Erwerbsminderung erkannte.

Behandelnde Psychiaterin hält den Betroffenen für erwerbsgemindert

Das Sozialgericht vernahm die behandelnden Ärzte des Betroffenen als sachverständige Zeugen. Der Hausarzt sagte aus, dass der Betroffene an einer rezidivierenden depressiven Störung in mittelgradiger Episode, einer Panikstörung, einer generalisierten Angststörung, einem zervikalem Schwindel, einer Osteochondrose und einer Spondylarthrose an der Halswirbelsäule sowie an Lumboischialgien leide. Allerdings müsse hier ein Psychiater entscheiden, ob zumindest eine leichte Tätigkeit sechs Stunden am Tag möglich sei.

Die behandelnde Psychiaterin führte aus, dass der Betroffene an generalisierten Ängsten sowie an einer Panikstörung leide, verbunden mit einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und ängstlich vermeidenden Anteilen. Hinzu kämen depressive Einbrüche. Er sei aufgrund seines psychischen Zustands nicht fähig, leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden pro Tag zu verrichten. Er sei also erwerbsgemindert.

Das Gericht beauftragt ein nervenärztliches Gutachten

Das Sozialgericht zog eine weitere Gutachterin heran, die die neurologischen Störungen bewertete. Sie sah eine mögliche generalisierte Angststörung sowie mögliche chronische Schmerzen im unteren Rücken. Sie erklärte jedoch, es bestehe für den Kläger ein erheblicher sekundärer Krankheitsgewinn, weil sich wegen der Erkrankung seine Tochter um ihn kümmern würde. Sie habe den Eindruck gewonnen, dass er die Darstellung seiner Symptome übertreibe.

Sie könne keine Diagnose mit ausreichender Sicherheit stellen, da die Glaubwürdigkeit der Angaben des Betroffenen fraglich sei. Eine Einschränkung, die die Dauer der täglichen Erwerbstätigkeit betreffe, sei nicht anzunehmen.

Ein weiteres Gutachten, dieses Mal ein internistisches, kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Betroffene sechs Stunden pro Tag arbeiten könne.

Das Sozialgericht wies die Klage ab. Es gebe keinen Nachweis für eine Erwerbsminderung, die zu einer Rente berechtigt. Maßgeblich sei das psychiatrische Gutachten. Laut diesem bestehe lediglich die Möglichkeit einer generalisierten Angststörung. Der Betroffene ging vor dem Landessozialgericht in Berufung.

Landessozialgericht erklärt Grundlagen einer Erwerbsminderung

Das Landessozialgericht wies die Berufungsklage ab und stimmte dem Sozialgericht zu. Dabei erläuterten die Richter ausführlich, was zu einer Erwerbsminderungsrente berechtigt: ”
Maßgebend (…) ist (…), ob das in Ansehung der funktionellen Auswirkungen der psychischen Erkrankung verbleibende Fähigkeitsprofil des Versicherten (…) eine Teilnahme am Erwerbsleben zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erlaubt. (…) Funktionsbeeinträchtigungen, in gegebenem Kontext insb. die geistig-psychische Belastbarkeit, sind im Recht der Erwerbsminderungsrenten nur dann relevant, wenn sie sich auf die Fähigkeit zur Teilhabe unter besonderer Berücksichtigung des Erwerbslebens quantitativ (im Gegensatz zur bloß qualitativen Einschränkungen) auswirken.”

Die psychopathologischen Befunde würden eine derart schwerwiegende Einschränkung nicht belegen. Wörtlich sagten die Richter: “Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers durch die bestehenden Gesundheitsstörungen in quantitativer Hinsicht eingeschränkt ist. Der Kläger ist daher weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. (…) Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf die Gewährung einer vollen oder einer teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung.”

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Schwerbehinderung: Ab 2026 erhöhen sich die Bußgelder deutlich

8. November 2025 - 13:43
Lesedauer 3 Minuten

Ab dem Pflichtjahr 2025 wird es teuer: Arbeitgeber, die keine oder zu wenige schwerbehinderte Menschen beschäftigen, müssen erstmals zum 31. März 2026 deutlich höhere Ausgleichsabgaben zahlen.

Für Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 eröffnet das eine neue Verhandlungschance und ein scharfes Argument gegenüber zögerlichen Arbeitgebern.

Höhere Ausgleichsabgabe ab 2025: Was sich konkret ändert

Die Ausgleichsabgabe ist die gesetzlich vorgesehene Zahlung für Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht nach § 154 SGB IX nicht erfüllen. Ab 20 Arbeitsplätzen gilt grundsätzlich eine Pflichtquote von 5 Prozent für schwerbehinderte Menschen oder Gleichgestellte. Wird diese Quote verfehlt, entsteht für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine monatliche Abgabe.

Neue Staffelbeträge: Deutlich höhere Kosten für unbesetzte Pflichtplätze

Zum 1. Januar 2025 werden die Sätze für das Erhebungsjahr 2025 erhöht und erstmals zum 31. März 2026 fällig. Für Arbeitgeber mit mindestens 60 Arbeitsplätzen gilt: Wer seine Pflichtquote nur zu 3 bis unter 5 Prozent erfüllt, zahlt 155 Euro je unbesetztem Pflichtplatz.

Sinkt die Erfüllungsquote auf 2 bis unter 3 Prozent, werden 275 Euro pro Monat fällig. Bei 0 bis unter 2 Prozent steigen die Beträge auf 405 Euro. Besonders hoch ist die Belastung für Unternehmen, die keinen einzigen Pflichtplatz besetzen: Hier sind 815 Euro je unbesetztem Pflichtplatz zu zahlen. Kleinere Betriebe unterliegen weiterhin abgestuften Regelungen, bleiben aber nicht vollständig ausgenommen.

Arbeitgeber mit weniger als 20 Arbeitsplätzen sind weiterhin nicht beschäftigungspflichtig.

Finanzdruck statt Symbolik: Fünfstellige Summen für Verweigerer

Die Konsequenz ist klar: Wer dauerhaft keine schwerbehinderten Menschen beschäftigt, muss je nach Größe und Struktur mit Zahlungen in fünfstelliger Höhe pro Jahr rechnen.

Damit wird die Ausgleichsabgabe von einer eher hingenommenen Pflichtabgabe zu einem spürbaren wirtschaftlichen Faktor, der Personalentscheidungen beeinflussen soll.

Wer ist betroffen? Arbeitgeber ab 20 Arbeitsplätzen im Fokus

Betroffen sind alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen, die ihre 5-Prozent-Quote nicht erreichen. Sie müssen die Ausgleichsabgabe im Selbstveranlagungsverfahren selbst berechnen und bis zum 31. März für das Vorjahr an die zuständigen Integrationsämter abführen.

Keine Ausreden mehr: „Wir finden niemanden“ zählt nicht

Unterbleibt die fristgerechte Zahlung, drohen Säumniszuschläge. Der pauschale Hinweis, man habe „niemanden gefunden“, wird sozialrechtlich nicht als Entlastung akzeptiert.

Mit den erhöhten Sätzen steigt der Druck auf Betriebe, die ihre Personalpolitik bewusst ohne schwerbehinderte Beschäftigte organisieren. Unternehmen, die ihre Quote erfüllen und Förderangebote nutzen, sind künftig klar im Vorteil.

Neue Verhandlungsmacht für Menschen mit Schwerbehinderung

Für Bewerberinnen und Bewerber mit einem GdB von mindestens 50 sowie Gleichgestellte entsteht eine konkrete Verhandlungschance. Ein unbesetzter Pflichtplatz verursacht für den Arbeitgeber erhebliche Mehrkosten, während die Einstellung eines schwerbehinderten Menschen die Abgabe reduziert und gleichzeitig den Zugang zu Unterstützungsleistungen eröffnet.

Fördermöglichkeiten als Argument im Bewerbungsgespräch

Aus Mitteln der Ausgleichsabgabe werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben finanziert. Dazu gehören unter anderem Lohnkostenzuschüsse, technische Hilfen, Schulungen, Anpassungen von Arbeitsplätzen und Arbeitsassistenz.

Wer eine schwerbehinderte Person einstellt, kann damit eigene Kosten senken und geförderte Unterstützung erhalten. Für Betroffene bedeutet das: Im Bewerbungsprozess lässt sich selbstbewusst darauf hinweisen, dass ihre Einstellung hilft, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, finanzielle Belastungen zu reduzieren und Fördermittel sinnvoll zu nutzen.

Rechte sichern statt Bittstellerrolle: Nachteilsausgleiche einfordern

Diese Förderinstrumente sind nicht als freiwillige Nettigkeit des Arbeitgebers gedacht, sondern als rechtlich verankerte Unterstützungsangebote. Beschäftigte mit Schwerbehinderung können deutlich einfordern, dass technische Ausstattung, barrierefreie Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeiten oder Assistenz geprüft und genutzt werden, damit die Tätigkeit dauerhaft gesichert ist.

Innerbetrieblicher Hebel: Quote, Zahlen und Transparenz nutzen

Beschäftigte können gemeinsam mit Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat oder Personalrat prüfen, ob der Arbeitgeber seine Pflichtquote erfüllt oder hohe Ausgleichsabgaben zahlt.

Fallen über Jahre hohe Beträge an, ohne dass Einstellungen erfolgen, ergibt sich daraus ein starkes Argument für zusätzliche Stellen, Entfristungen und bessere Einsatzbedingungen für schwerbehinderte Menschen.

Kritischer Blick: Freikaufen statt Inklusion?

Mit der Erhöhung der Ausgleichsabgabe stellt sich die Frage, ob sich finanzstarke Unternehmen faktisch „freikaufen“, statt Barrieren abzubauen. Rein rechtlich ersetzt die Zahlung die Beschäftigungspflicht jedoch nicht.

Die Daten der Integrationsämter machen sichtbar, welche Arbeitgeber dauerhaft unbesetzte Pflichtplätze haben. Genau hier entsteht Raum für gezielte Beratung, öffentlichen Druck und politische Nachsteuerung.

Fazit: Erhöhte Abgabe als Chance für echte Teilhabe nutzen

Für schwerbehinderte Menschen und Gleichgestellte lohnt es sich mehr denn je, die neuen Regelungen zu kennen und aktiv einzusetzen. Wer informiert auftritt, kann die erhöhte Ausgleichsabgabe als strategischen Hebel nutzen, um bessere Beschäftigungschancen, angepasste Arbeitsbedingungen und konkrete Unterstützungsleistungen durchzusetzen, statt tatenlos zuzusehen, wie Arbeitgeber hohe Beträge zahlen, ohne ihre Personalpraxis inklusiv zu verändern.

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Bürgergeld: 4 Jahre Mietkürzung nach Umzug – Gerichtsurteil verschärft Druck

8. November 2025 - 12:48
Lesedauer 3 Minuten

Im Mittelpunkt steht die Frage, ob eine zeitlich unbegrenzte Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug verfassungswidrig ist und ob eine solche dauerhafte Kürzung einer Dauersanktion gleichkommt.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hat hierzu entschieden, dass die fortgesetzte Begrenzung der anerkannten Unterkunftskosten auf die bisherigen Aufwendungen auch noch 4 bis 4 ½ Jahre nach dem Umzug rechtmäßig ist und nicht gegen das Grundgesetz verstößt (§ 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II).

Der Fall: Alleinerziehende Mutter mit zwei minderjährigen Kindern

Im entschiedenen Fall bezog eine alleinstehende Bürgergeldempfängerin mit zwei minderjährigen Kindern Leistungen. Das Jobcenter kürzte über einen Zeitraum von 4 bis 4 ½ Jahren die Unterkunftskosten monatlich um mehr als 20 Prozent der Regelleistung, weil es den von ihr vollzogenen Umzug als nicht erforderlich einstufte.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem LSG NRW ohne Erfolg (LSG NRW, Urt. v. 09.10.2025 – L 19 AS 854/24).

Wann ist ein Umzug erforderlich nach § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II?

Nach Auffassung des Gerichts war der Umzug der Bedarfsgemeinschaft aus Mutter und zwei minderjährigen Kindern nicht erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Die Erforderlichkeit eines Umzugs ist daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig ist oder aus anderen Gründen als zwingend anzusehen wäre.

Eine Beschränkung auf die bisherigen Kosten der Unterkunft und Heizung scheidet dann aus, wenn der Umzug notwendig ist, weil die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) deckt. Dazu zählen insbesondere gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung unzumutbar machen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat dies bereits mit Urteil vom 24.11.2011 (B 14 AS 107/10 R) klargestellt. Solche Gründe lagen im vorliegenden Fall nach Auffassung des LSG NRW nicht vor.

Plausible Gründe: Wann ein Wohnungswechsel anerkannt wird

Ein Umzug kann auch dann als erforderlich gelten, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, dem auch eine nicht hilfebedürftige Person gefolgt wäre. Die Klägerinnen beriefen sich unter anderem auf Konflikte mit Nachbarn, Polizeieinsätze und ein aus ihrer Sicht ungeeignetes Wohnumfeld für die Kinder.

Das Gericht sah es jedoch nach Auswertung der Auskünfte der Polizei, der Angaben des ehemaligen Vermieters, der schriftlichen und mündlichen Schilderungen der Klägerin sowie der Zeugenaussagen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als erwiesen an, dass diese Gründe den Umzug zwingend erforderlich machten.

Kostenexplosion nach dem Umzug: Deutliche Erhöhung von Miete und Heizkosten

Hinzu kam, dass der Umzug die Kosten deutlich erhöhte: Die Kosten der Unterkunft stiegen unmittelbar um 18 Prozent, die Heizkosten sogar um 81 Prozent. Nach Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stellte das LSG NRW klar, dass ein derartiges Missverhältnis nicht mehr als angemessen anzusehen sei (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 107/10 R).

Keine verfassungswidrige Dauersanktion: Rechtliche Einordnung der Mietdeckelung

Die Frage, ob die langfristige Deckelung der Unterkunftskosten nach einem nicht notwendigen Umzug eine unzulässige „Dauersanktionierung“ darstellt, hat der 19. Senat des LSG NRW ausdrücklich verneint.

Die fortgesetzte Begrenzung der Kosten der Unterkunft und Heizung auf die früheren Aufwendungen, auch über einen Zeitraum von 4 bis 4 ½ Jahren nach dem Umzug, sei nicht verfassungswidrig.

Das Bundessozialgericht habe bereits entschieden, dass eine pauschale zeitliche Grenze für das Ende der Deckelung im Gesetz keine Grundlage finde und dass ein Rückgriff auf den maximalen Bewilligungszeitraum von einem Jahr nach § 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Deckelung und ihrem Zweck stehe (BSG, Urteil vom 17.02.2016 – B 4 AS 12/15 R).

Kritik aus Sicht Betroffener

Anmerkung des Verfassers: Diese Entscheidung ist kritisch zu sehen. Für eine alleinerziehende Mutter bedeutet eine monatlich rund 100 Euro geringere Übernahme der Miete eine erhebliche Belastung. Genau diese Härte zeichnet die neue Grundsicherung nach dem SGB II ab.

Verschärfungen bei Wohnkosten treffen auch Sozialhilfe und Grundsicherung

Verschärfungen bei den Wohnkosten und Nachweispflichten sind nicht nur im SGB II geplant. Die vorgesehenen Regelungen betreffen ebenso das SGB XII und damit Beziehende von Sozialhilfe sowie Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung – häufig Menschen, die alt, krank oder behindert sind.

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Bürgergeld: Jobcenter muss nicht mit sehbehindertem Leistungsempfänger über das Justizpostfach kommunizieren

8. November 2025 - 12:44
Lesedauer 2 Minuten

Ein Bürgergeld Bezieher mit bestehender Sehschwäche hat keinen Anspruch darauf, dass ausnahmslos jede schriftliche Kommunikation mit ihm unter Verwendung seines Justizpostfachs erfolgen muss. Das gibt das Sozialgericht Nordhausen mit Urteil vom 19.08.2025 – S 13 AS 1489/24 – bekannt.

Verwaltungsverfahren ist nicht an bestimmte Formen gebunden

Nach § 9 Satz 1 SGB X ist das Verwaltungsverfahren an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen.

Nach Satz 2 ist das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen. Aus diesen Maßgaben ist abzuleiten, dass kein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Verfahrensgestaltung besteht und der Behörde ein Verfahrensermessen eingeräumt wird. Ein Beteiligter kann damit grundsätzlich keinen Anspruch auf Kommunikation in einer bestimmten Form herleiten.

Hier hat das Jobcenter im Rahmen seines Ermessens bei der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens davon abgesehen, mit dem Kläger über dessen Justizpostfach zu kommunizieren, und wählt stattdessen den Weg über die Briefpost. Dies begegnet nach Auffassung des Gerichts keinen Bedenken.

Kein Anspruch auf optimale Zugangsbedingungen aus Verfassungsgründen

Denn der Antragsteller ist – sehr wohl in der Lage, kleingedruckte juristische Kommentare zu lesen, sodass die Wahrnehmbarkeit der Briefpost trotz einer möglicherweise weiterhin bestehenden Sehschwäche gegeben ist. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist mithin nicht gegeben, zumal aus der Verfassung kein Anspruch auf optimale Zugangsbedingungen erwächst (vgl. Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 27. November 2018, 1 BvR 957/18 – ).

Die Behörde bietet eine Jobcenter-App als Option an

Der Grundsicherungsträger bietet mit seiner Jobcenter-App eine niedrigschwellige Option an, mit der der Kläger elektronische Dokumente erhalten kann. Damit ist das Jobcenter im Zuge einer Ermessensreduzierung auf null auch nicht gehalten, das Justizpostfach des Klägers zu nutzen.

Nachdem auf seiner Seite nicht sämtliche mit den Leistungsangelegenheiten des Klägers betrauten Personen über einen entsprechenden Zugang verfügen, würde die Befolgung des Begehrens des Klägers einer einfachen und zügigen Gestaltung des Verfahrens entgegenstehen, ohne dass dem ein adäquater Mehrwert beim Kläger bei der Wahrnehmung seiner sozialen Rechte gegenüberstünde.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist dabei nicht ersichtlich
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Wie das Jobcenter mit anderen Behörden kommuniziert, ist mithin entgegen der Auffassung des Klägers nicht von Bedeutung, da im Verhältnis zu ihm die durch andere rechtliche und tatsächliche Umstände geprägte Kommunikation mit den Kunden zu beurteilen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, wie andere Behörden mit dem Kläger kommunizieren.

Anmerkung vom Bürgergeld Experten Detlef Brock: Anspruch auf barrierefreies Verwaltungsverfahren

Barrierefreie Zugänglichmachung von Bescheiden für Blinde und Sehbehinerte Bürgergeld-Empfänger, denn die barrierefreie Kommunikation innerhalb des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Jobcenter steht mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB II in einem engen Zusammenhang ( vgl. SG Hamburg, Urt. v. 30.06.2023 – S 39 AS 517/23 – ; ebenso Sächsisches LSG, Urteil vom 16. März 2016, L 8 SO 10/14, das auch ohne eine einfachgesetzliche (Landes-)Regelung einen Anspruch direkt aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) bejaht ).

Zur Bestimmung der geeigneten und angemessenen Maßnahmen ist die Verhältnismäßigkeit zwischen folgenden Aspekten herzustellen:

dem Stand der Technik (also das technisch Mögliche und Erprobte), den Kosten, der Art und Weise der Verarbeitung sowie den Risiken für die Rechte und Freiheiten der natürlichen Person, also dem möglichen Schaden (vorliegend zum einen die Verletzung des Grundrechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung nach Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG und zum anderen die Verletzung seines subjektiven Abwehrrechts aus dem Benachteiligungsverbot nach Art 3 Abs 3 S 2 GG).

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Kurz vor der Rente krank und arbeitslos: So vermeiden Sie den Absturz ins Bürgergeld

8. November 2025 - 12:07
Lesedauer 4 Minuten

Wer schwer krank ist, kurz vor der Altersrente steht und Angst vor dem Absturz ins Bürgergeld hat, braucht Klarheit. Die sogenannte Arbeitsmarktrente kann in genau diesen Fällen eine volle Erwerbsminderungsrente sichern, obwohl ärztlich nur eine teilweise Erwerbsminderung festgestellt wurde.

 Was die „Arbeitsmarktrente“ wirklich ist

„Arbeitsmarktrente“ ist kein offizieller Gesetzesbegriff. Gemeint ist eine volle Rente wegen Erwerbsminderung, die ausnahmsweise gezahlt wird, obwohl medizinisch nur eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Grundlage ist die Rechtsprechung und die Auslegung von § 43 SGB VI durch die Rentenversicherung und die Sozialgerichte.

Wer nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten kann, aber keinen passenden Teilzeitjob findet, kann so gestellt werden, als wäre er voll erwerbsgemindert.

Diese Konstruktion soll eine Lücke schließen. Sie schützt Menschen, deren gesundheitlich eingeschränkte Arbeitskraft auf dem realen Arbeitsmarkt nicht mehr nachgefragt wird und die sonst zwischen halber Erwerbsminderungsrente, auslaufendem Arbeitslosengeld und Bürgergeld zerrieben würden.

Medizinische Voraussetzungen: Wann gelten Sie als teilweise erwerbsgemindert?

Entscheidend ist zuerst nicht der Arbeitsmarkt, sondern Ihr Gesundheitszustand. Die Rentenversicherung prüft, wie viele Stunden Sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch arbeiten können.

Können Sie auf nicht absehbare Zeit weniger als drei Stunden täglich arbeiten, liegt in der Regel volle Erwerbsminderung vor. Können Sie noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten, gilt das als teilweise Erwerbsminderung.

Die Einschränkung muss voraussichtlich länger als sechs Monate bestehen. Diese Grenzen und Zeiträume ergeben sich direkt aus den gesetzlichen Regelungen zur Erwerbsminderungsrente und den fachlichen Hinweisen der Deutschen Rentenversicherung.

Es geht nicht um Ihren bisherigen Beruf. Entscheidend ist, was Sie insgesamt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leisten könnten. Qualifikation, bisherige Tätigkeit oder Betriebszugehörigkeit spielen für die Einstufung nur eine untergeordnete Rolle.

Versicherungsrechtliche Voraussetzungen: Ohne Beiträge keine Arbeitsmarktrente

Die Arbeitsmarktrente ist immer an die allgemeinen Regeln der Erwerbsminderungsrente gebunden. Sie müssen im Regelfall

ausreichend lange versichert gewesen sein und in den letzten Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung Pflichtbeiträge gezahlt haben.

Konkret bedeutet das in der typischen Konstellation: Fünf Jahre Mindestversicherungszeit (Wartezeit) und mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Zeiten mit Arbeitslosengeld oder Krankengeld können dabei unter bestimmten Voraussetzungen mitzählen, wenn sie beitragspflichtig waren.

Es gibt Sonderregelungen, etwa für ältere Versicherte mit lange erfüllter Wartezeit oder für bestimmte Konstellationen vor 1984. Wer betroffen ist, sollte das individuell prüfen lassen; pauschale Aussagen wären hier unzuverlässig.

Kern der Arbeitsmarktrente: Wenn der Teilzeitmarkt faktisch dicht ist

Die Arbeitsmarktrente setzt an einer klar umrissenen Situation an:

Medizinisch sind Sie nur teilweise erwerbsgemindert. Sie könnten also theoretisch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. Normalerweise gäbe es dafür nur eine halbe Erwerbsminderungsrente.

Diese halbe Rente reicht häufig nicht zum Leben. Deshalb greift das Institut der arbeitsmarktbedingten vollen Erwerbsminderungsrente. Diese wird gezahlt, wenn Ihr verbliebenes Leistungsvermögen praktisch nicht mehr genutzt werden kann, weil kein geeigneter Teilzeit-Arbeitsplatz verfügbar ist.

Nach aktueller Verwaltungspraxis und Rechtsprechung gilt besonders:

Sind Sie teilweise erwerbsgemindert, arbeitslos gemeldet und findet sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums – in der Praxis regelmäßig innerhalb eines Jahres – kein leidensgerechter Teilzeitjob, kann der Teilzeitarbeitsmarkt als „verschlossen“ gewertet werden. Dann wird aus der halben eine volle Erwerbsminderungsrente. ([Deutsche Rentenversicherung][1])

Wichtig ist: Die Prüfung orientiert sich nicht an der bloßen Behauptung „es gibt nichts“, sondern an Ihrer konkreten Lage, Ihrem Restleistungsvermögen und den arbeitsmarktbezogenen Informationen der Agentur für Arbeit bzw. der Jobcenter.

Alter, Vorurteile, Realität: Warum „Mit 63 stellt Sie keiner ein“ nicht reicht

Viele Betroffene hören von Vermittlerinnen oder Bekannten Sätze wie „In Ihrem Alter nimmt Sie niemand mehr“. Das klingt realistisch, ist rechtlich aber unbrauchbar.

Allein das Alter oder eine schlechte Arbeitsmarktlage begründen keine Rente wegen Erwerbsminderung. Das stellen Rechtsprechung und Rentenversicherung immer wieder klar. Entscheidend bleibt die Kombination aus gesundheitlich eingeschränkter Leistungsfähigkeit und fehlender Möglichkeit, diese Restleistung in einem zumutbaren Teilzeitjob einzusetzen.

Ohne medizinisch festgestellte teilweise Erwerbsminderung gibt es keine Arbeitsmarktrente. Ohne versicherungsrechtliche Voraussetzungen ebenfalls nicht. Und ohne ernsthafte Prüfung, ob ein Teilzeitjob möglich wäre, fehlt die Grundlage für die volle arbeitsmarktbedingte Rente.

Typische Fallkonstellation: Krank, ausgesteuert, Arbeitslosengeld – und dann?

Besonders relevant ist die Arbeitsmarktrente für Menschen Ende 50 oder Anfang 60, die lange gearbeitet haben, schwer erkrankt sind und nach Aussteuerung durch die Krankenkasse Arbeitslosengeld I beziehen.

Ein typischer Weg sieht so aus: Nach langer Krankheit läuft das Krankengeld aus. Sie melden sich arbeitslos, obwohl klar ist, dass Sie nur noch eingeschränkt arbeiten können. Die Agentur für Arbeit verlangt, dass Sie dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird deutlich, dass ein leidensgerechter Teilzeitjob realistisch kaum zu finden ist.

In dieser Situation kann ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente sinnvoll sein. Stellt die Rentenversicherung eine teilweise Erwerbsminderung fest und bestätigt die Arbeitsverwaltung faktisch fehlende Vermittlungschancen in passende Teilzeitstellen, kommt eine Arbeitsmarktrente in Betracht.

So lässt sich das Abrutschen ins Bürgergeld oft vermeiden und die Zeit bis zur regulären Altersrente finanziell stabil überbrücken.

Befristung und Übergang in die Altersrente

Arbeitsmarktrenten werden in der Regel befristet bewilligt. Meist für bis zu drei Jahre, mit der Möglichkeit der Verlängerung, solange die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Bei absehbar dauerhafter Erwerbsminderung sind auch unbefristete Renten möglich.

Spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet die Rente wegen Erwerbsminderung. Sie geht in die Altersrente über. Für Ihre finanzielle Planung ist wichtig: Die Höhe der späteren Altersrente hängt davon ab, welche Zeiten und Entgeltpunkte bis dahin berücksichtigt wurden.

Eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen sollte deshalb immer gegen die Option Erwerbsminderungsrente und Arbeitsmarktrente abgewogen werden.

Hinzuverdienst: Wie viel Arbeit ist noch erlaubt?

Wer eine volle Erwerbsminderungsrente als Arbeitsmarktrente erhält, darf grundsätzlich hinzuverdienen, muss aber die geltenden Hinzuverdienstgrenzen beachten. Diese Grenzen wurden in den vergangenen Jahren gelockert und orientieren sich an individuellen Vergleichswerten aus dem bisherigen Einkommen. Überschreitungen können dazu führen, dass die Rente nur noch teilweise gezahlt wird.

Wer nur eine halbe Erwerbsminderungsrente erhält, hat entsprechend höhere Spielräume, muss aber genau prüfen, ob der tatsächliche Arbeitsumfang nicht der getroffenen Feststellung widerspricht. Auch hier gilt: Ohne belastbare, aktuelle Beratung sollten Sie keine riskanten Annahmen treffen.

Was Sie konkret tun sollten, wenn Sie betroffen sind

Wenn Sie gesundheitlich stark eingeschränkt sind, Arbeitslosengeld beziehen oder bald beziehen werden und das Risiko sehen, in das Bürgergeld zu rutschen, sollten Sie aktiv werden.

Lassen Sie Ihren Gesundheitszustand gründlich dokumentieren. Reha-Berichte, Facharztbefunde, Krankenhausunterlagen, Berichte über längere Krankschreibungen und bereits gestellte Anträge (zum Beispiel auf Schwerbehinderung) sind entscheidend. Eine saubere medizinische Aktenlage erhöht die Chance auf eine korrekte Beurteilung.

Prüfen Sie gemeinsam mit einer Beratungsstelle, einem Sozialverband oder einer spezialisierten Anwaltskanzlei, ob die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente vorliegen. Wenn die Rentenversicherung nur eine teilweise Erwerbsminderung feststellt, muss geprüft werden, ob Ihre reale Arbeitsmarktsituation eine Arbeitsmarktrente rechtfertigt.

Wird der Antrag abgelehnt, können Sie innerhalb der gesetzlichen Frist Widerspruch einlegen und anschließend Klage erheben. Viele Entscheidungen werden erst in diesen Verfahren korrigiert. Geben Sie deshalb nicht vorschnell auf, wenn Ihre gesundheitlichen Einschränkungen deutlich stärker sind, als es der Bescheid widerspiegelt.

Jede Entscheidung in dieser Phase beeinflusst, ob Sie Ihre letzten Berufsjahre und den Übergang in die Altersrente abgesichert gestalten oder ob Sie in eine Versorgungslücke geraten. Holen Sie sich Unterstützung, bevor Fristen verstreichen oder Sie übereilt eine vorgezogene Altersrente mit hohen Abschlägen wählen.

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Diese Jahrgänge können in 2026 in Rente gehen – aktuelle Tabelle

8. November 2025 - 12:03
Lesedauer 5 Minuten

Die gestaffelte Anhebung der Altersgrenzen bei der Rente wirkt sich 2026 besonders deutlich aus. In diesem Jahr erreichen Teile des Jahrgangs 1960 ihre Regelaltersgrenze. Gleichzeitig öffnen sich je nach Versicherungsverlauf weitere Türen: Abschlagsfreie Früh­rente für besonders langjährig Versicherte mit 45 Beitragsjahren, vorgezogene Altersrenten mit Abschlägen ab 63 nach 35 Jahren sowie Altersrenten für schwerbehinderte Menschen.

Wer 2026 „erstmals“ in Rente gehen kann, hängt deshalb nicht nur am Geburtsjahr, sondern ebenso an Rentenart, Geburtsmonat und erfüllten Wartezeiten.

Tabelle: Wer darf 2026 in Rente gehen? Wer kann 2026 in Rente gehen? Wie ist der Renteneintritt möglich? Geburtsjahrgang 1960, frühe Geburtsmonate Regelaltersrente: Mit 66 Jahren und 4 Monaten; erste Rentenzahlungen ab Juni 2026 möglich (je nach Geburtsmonat) Geburtsjahrgang 1959, späte Geburtsmonate (z. B. Dezember 1959) Regelaltersrente: Altersgrenze schon 2025 erreicht, erste Rentenzahlung aber bis März 2026 verschoben (wegen Folgemonatsregel) Geburtsjahrgang 1961 (bei erfüllten 45 Versicherungsjahren) Abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte: Altersgrenze 64 Jahre und 6 Monate; früheste Rentenzahlungen ab 2026 Geburtsjahrgang 1962, frühe Monate (bei erfüllten 45 Versicherungsjahren) Abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte: Altersgrenze 64 Jahre und 8 Monate; erste Rentenzugänge ab Herbst 2026 Geburtsjahrgang 1963 (bei 35 Versicherungsjahren) Vorgezogene Altersrente ab 63 mit Abschlägen: Erstmals ab 2026 möglich; Abschlag dauerhaft ca. 13,8 % Geburtsjahrgänge 1961 und 1962 (mit anerkannter Schwerbehinderung, Grad ≥ 50) Altersrente für schwerbehinderte Menschen: je nach Geburtsmonat zwischen 64 und 65 Jahren; teils erstmals 2026 abschlagsfrei möglich

Regelaltersrente: Jahrgang 1960 kann in die Rente

Für die reguläre Altersrente gilt im Übergang: Der Jahrgang 1960 erreicht die Regelaltersgrenze mit 66 Jahren und 4 Monaten. Entscheidend ist dabei der individuelle Geburtsmonat, denn der Anspruch auf die erste Zahlung entsteht jeweils zum Beginn des Folgemonats, nachdem die Altersgrenze erreicht wurde.

Damit kann ein Teil der 1960 Geborenen bereits 2026 regulär in Rente gehen, der spätere Teil erst 2027. Die DRV weist die gestaffelten Altersgrenzen nach Jahrgang und Monat aus; Beispielrechnungen zeigen: Wer im Januar 1960 geboren ist, erreicht die Altersgrenze im Mai 2026 und bekommt die erste reguläre Monatsrente ab dem 1. Juni 2026.

Wer hingegen im August 1960 geboren ist, erreicht die Altersgrenze im Dezember 2026 und startet regulär erst am 1. Januar 2027.

Dass die Rentenzahlung grundsätzlich am ersten Tag des Folgemonats beginnt, ist keine Kleinigkeit: Sie erklärt, warum die ersten 1960er-Geburtsmonate schon 2026 Geld bekommen, während spätere 1960er-Monate trotz identischer Regelaltersgrenze erst 2027 dran sind. Die Logik ist in amtlichen Beispielen und Ratgebertexten erläutert.

Ein Blick zurück zeigt den Übergang: Der Jahrgang 1959 (Regelalter 66 Jahre und 2 Monate) trat überwiegend schon 2025 in die Regelaltersrente ein; die allerletzten 1959er – etwa Geborene im Dezember – starteten wegen des Folgemonatsprinzips erst im März 2026. „Erstmals“ möglich war die Regelaltersrente für diesen Jahrgang aber bereits 2025.

Abschlagsfreie Frührente mit 45 Versicherungsjahren: Wer 2026 die Tür erreicht

Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist die prominente abschlagsfreie Früh­rente – im Sprachgebrauch oft „Rente mit 63“ genannt, auch wenn die Altersgrenze seit Jahren ansteigt.

Für die Jahrgänge rund um 1960 gilt: 1961er erreichen diese Grenze mit 64 Jahren und 6 Monaten, 1962er mit 64 Jahren und 8 Monaten, 1963er mit 64 Jahren und 10 Monaten; ab Jahrgang 1964 liegt sie bei 65 Jahren. Vorbezug mit Abschlägen ist bei dieser Rentenart nicht zulässig.

Auf das Kalenderjahr 2026 übertragen heißt das: Ein Teil des Jahrgangs 1961 erreicht die 45-Jahre-Grenze altersseitig im Laufe des Jahres und kann – bei erfüllter Wartezeit – ab Beginn des Folgemonats 2026 abschlagsfrei in Rente gehen.

Ebenso stoßen die ersten 1962er (frühe Geburtsmonate) ab Herbst 2026 in dieses Fenster vor. Für 1963 Geborene fällt der Erreichenszeitpunkt erst in das Jahr 2027. Die brancheneinheitlichen Tabellen bestätigen diese Stufen.

Wichtig ist dabei die Marke „45 Jahre“: Es zählen nicht nur Pflichtbeiträge aus Beschäftigung, sondern auch bestimmte Zeiten der Kindererziehung, Pflege oder Krankheit; Details und Einzelfälle klärt die DRV in ihren Übersichten.

Achtung: Erst wenn die 45 Jahre tatsächlich zusammenkommen und die Altersgrenze erreicht ist, ist der abschlagsfreie Ausstieg 2026 möglich.

Vorgezogene Altersrente ab 63 mit Abschlägen: Jahrgang 1963 ist 2026 erstmals am Start

Die Altersrente für langjährig Versicherte (35 Jahre Wartezeit) kann vorzeitig ab 63 bezogen werden – allerdings immer mit Abschlägen von 0,3 Prozent pro Monat, dauerhaft und auch bei späteren Hinterbliebenenrenten spürbar. Für alle ab 1964 Geborenen ist die reguläre Altersgrenze 67, sodass der maximale Abschlag bei 14,4 Prozent liegt.

Für den Jahrgang 1963 – regulär 66 Jahre und 10 Monate – bedeutet der frühestmögliche vorgezogene Start mit 63 eine Minderung von 13,8 Prozent. 2026 wird dieser Jahrgang 63 und kann damit erstmals diese vorgezogene Rente beanspruchen, sofern die 35 Jahre erfüllt sind.

Wer 1962 geboren wurde, hat die 63 bereits 2025 erreicht und konnte damit ein Jahr früher in die vorgezogene Rente starten; 1961er sogar schon 2024. 2026 ist also in dieser Rentenart vor allem das „Premierenjahr“ für 1963 Geborene.

Altersrente für schwerbehinderte Menschen: Stufen zur 65

Für Versicherte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 gibt es eine eigene Altersrente. Deren abschlagsfreie Altersgrenze wird stufenweise von 63 auf 65 angehoben.

In der Übergangsphase liegen die Grenzen – je nach Jahrgang – zwischen 64 und 65 Jahren; parallel existiert ein vorgezogener, abschlagsbehafteter Zugang. 2026 erreichen Teile der Jahrgänge 1961 und 1962 die jeweiligen altersmäßigen Schwellen und können – bei erfüllter Wartezeit – in diese Rentenart wechseln. Ab Jahrgang 1964 liegt die abschlagsfreie Altersgrenze bei 65. Die DRV stellt die Stufen im Detail dar.

Stichtage, Folgemonat – und der Sonderfall „am 1. geboren“

Für alle Altersrenten gilt: Die Rente beginnt mit dem ersten Tag des Folgemonats, nachdem sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Wer seinen maßgeblichen Geburtstag etwa Mitte des Monats erreicht, erhält die erste Zahlung ab dem Monatsersten darauf.

Ein Sonderfall betrifft Rentenversicherte, die am ersten Kalendertag eines Monats geboren sind: Sie gelten rechtlich bereits am letzten Tag des Vormonats als „alterfüllt“, womit der Rentenbeginn um einen Monat nach vorn rücken kann. Solche Details können für Grenzfälle im Jahr 2026 das Zünglein an der Waage sein.

Damit der Übergang finanziell nahtlos gelingt, empfiehlt die DRV, den Rentenantrag etwa drei Monate vor dem geplanten Rentenbeginn zu stellen.

Wer später beantragt, riskiert eine Verschiebung des Zahlungsstarts; maßgeblich ist zudem, dass alle Voraussetzungen spätestens im Vormonat erfüllt sind. Die amtlichen Hinweise nennen hierfür klare Fristen.

Was das für 2026 konkret bedeutet

Unter dem Strich ist 2026 das Jahr, in dem sich für verschiedene Gruppen erstmals die Rententür öffnet – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Regulär betrifft dies die frühen Geburtsmonate des Jahrgangs 1960; sie erreichen 66 Jahre und 4 Monate und erhalten ihre erste reguläre Zahlung im Laufe des Jahres 2026.

Späte 1960er folgen ab Januar 2027. Bei der abschlagsfreien Früh­rente nach 45 Jahren stoßen Teile der Jahrgänge 1961 und – gegen Jahresende – 1962 in den Anspruch hinein.

Und bei der vorgezogenen Altersrente ab 63 mit Abschlägen tritt 2026 vor allem der Jahrgang 1963 erstmals auf den Plan.

Die jeweils letzten 1959er tauchen zwar noch im März 2026 in der Statistik der Regelaltersrenten auf, „erstmals“ möglich war ihr Eintritt indes bereits 2025. Diese Verteilung folgt exakt den von der DRV veröffentlichten Stufungen.

So prüfen Sie Ihren individuellen Termin – und was noch zu beachten ist

Die Aussage „kann 2026 in Rente gehen“ ist stets ein Zusammenspiel aus Alter, Rentenart und erfüllten Versicherungszeiten. Wer Klarheit für den eigenen Fall möchte, sollte zuerst die persönliche Altersgrenze aus Geburtsdatum und Rentenart bestimmen und anschließend die Wartezeiten prüfen.

Hilfreich sind der „Rentenbeginn- und Rentenhöhenrechner“ der DRV sowie ein Abgleich der hinterlegten Versicherungszeiten im Rentenkonto. Bei knapp erfüllten Bedingungen – etwa bei den 45-Jahres-Zeiten – lohnt sich die Klärung einzelner Zeitarten, da Kindererziehungs-, Pflege- oder bestimmte Anrechnungszeiten den Ausschlag geben können.

Ein Beratungstermin bei der DRV schafft zudem Sicherheit, zumal sich über den exakten Beginn Monat für Monat spürbare finanzielle Unterschiede ergeben können.

Abschläge sind dauerhaft – Planung schützt vor Überraschungen

Wer 2026 die vorgezogene Altersrente ab 63 nutzt, muss die Minderung von 0,3 Prozent je Vorbezugsmonat dauerhaft einkalkulieren; die Kürzung endet nicht, wenn die reguläre Altersgrenze später erreicht wird. Gerade beim Jahrgang 1963 summiert sich das auf 13,8 Prozent.

Umgekehrt ist der Weg über die 45-Jahres-Rente abschlagsfrei, setzt aber die volle Wartezeit voraus und lässt keinen Vorbezug zu. Auch die Rente für schwerbehinderte Menschen ist an feste Altersstufen gebunden, die 2026 weiter auf dem Weg zur einheitlichen 65 liegen.

Wer seinen Ruhestand um das Kalenderjahr 2026 herum plant, sollte daher frühzeitig rechnen, Unterlagen sichten und den Antrag rechtzeitig stellen – idealerweise mit einigen Monaten Vorlauf.

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Reha statt Rente: Gericht lehnt Erwerbsminderungsrente wegen diesem Fehler ab

8. November 2025 - 11:33
Lesedauer 4 Minuten

Dieses Urteil zeigt, wie hoch die Hürden für eine Erwerbsminderungsrente sind – selbst bei langjährigen Rückenleiden, Dauerbeschwerden, gescheiterten Arbeitsverhältnissen und wiederholten Anträgen. (Az: L 14 R 1079/20)

Für Betroffene ist der Fall ein Lehrstück: Entscheidend sind nicht Leidensdruck und Lebensgeschichte, sondern die juristische Lesart von Leistungsfähigkeit, Berufsschutz, Gutachtenlage und Reha-Dokumentation.

Ausgangslage: Schwer krank, aber rechtlich „arbeitsfähig“

Der Kläger, Jahrgang 1966, ist ausgebildeter Verkäufer und Einzelhandelskaufmann. Nach seiner Ausbildung wechselt er in körperlich belastende Tätigkeiten, unter anderem als Produktions- und Imprägnierungsarbeiter. Seit dem Jahr 2000 leidet er unter erheblichen Rückenproblemen, Bandscheibenvorfällen, orthopädischen Beschwerden und später auch Schulterproblemen.

Es folgen Reha-Maßnahmen, langjährige Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung. Mehrfach stellt er Anträge auf Rente wegen Erwerbsminderung und versucht zudem, frühere Entscheidungen über Überprüfungsanträge zu kippen. Seine Argumentation:

Die Gutachten zeigten nur noch „zeitweise“ mögliche Haltungen, seine Leistungsfähigkeit sei deutlich eingeschränkt, seine frühere Tätigkeit entspreche einem höherwertigen Fachberuf, und der Reha-Antrag aus dem Jahr 2000 hätte als Rentenantrag gelten müssen.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen bestätigt die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf und weist die Berufung ab. Es sieht weder einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente noch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit noch einen Erfolg der Überprüfungsanträge. Die Revision wird nicht zugelassen.

Zentrale Prüfgröße: Die 6-Stunden-Grenze bei der Erwerbsminderungsrente

Im Mittelpunkt steht § 43 SGB VI. Für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung genügt es nicht, den bisherigen Beruf nicht mehr ausüben zu können. Entscheidend ist, ob der oder die Betroffene auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einsetzbar ist und wie viele Stunden täglich noch zumutbar sind.

Nach Auswertung zahlreicher Gutachten über viele Jahre kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger trotz seiner orthopädischen Leiden und einer somatoformen Schmerzstörung leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Er sei nicht zu schwerem Heben, nicht zu Überkopfarbeiten, nicht zu Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, nicht zu dauerndem Stehen oder langem starren Sitzen geeignet.

Gleichwohl seien ausreichend Tätigkeiten denkbar, bei denen Haltungswechsel möglich sind und die körperliche Belastung gering bleibt.

Dieser Befund führt rechtlich dazu, dass keine rentenrechtlich relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit angenommen wird. Für Betroffene bedeutet das: Schwere Beschwerden und die Unfähigkeit, den bisherigen Beruf fortzuführen, reichen nicht aus, solange Gutachten eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für andere leichte Tätigkeiten bestätigen.

Allgemeiner Arbeitsmarkt statt letzter Beruf: Die Zumutbarkeit spielt gegen Betroffene

Das Gericht stellt klar, dass der rechtliche Maßstab nicht an der letzten konkreten Tätigkeit ansetzt, sondern an allen Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten der versicherten Person entsprechen und unter üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes vorkommen.

Die Tatsache, dass der Kläger seine frühere Tätigkeit als Imprägnierungsarbeiter nicht mehr ausüben kann, führt deshalb nicht automatisch zu einem Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Solange leichtere, weniger belastende Tätigkeiten mit Bewegungsmöglichkeiten, angepassten Anforderungen und ohne extreme körperliche Belastung theoretisch möglich sind, gilt er als erwerbsfähig.

Berufsschutz verloren: Warum der Kläger nicht als Facharbeiter zählt

Ein Streitpunkt betrifft den Berufsschutz. Der Kläger verweist auf seinen ursprünglich erlernten kaufmännischen Beruf und auf seine Tätigkeit bei der P. GmbH, die er als faktisch facharbeitergleich einstuft. Das Gericht folgt dem nicht. Es ordnet die Tätigkeit als Imprägnierungsarbeiter anhand der Arbeitgeberauskunft als angelernte Tätigkeit ein.

Eine sechsmonatige Einarbeitungszeit, Entlohnung unter Facharbeiterniveau und das Fehlen einer nachweislich facharbeitergleichen Qualifikation über längere Zeit reichen nicht, um Facharbeiterstatus zu begründen.

Zugleich stellt das Gericht fest, dass sich der Kläger von seinem Ausbildungsberuf als Einzelhandelskaufmann gelöst hat, indem er ihn nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgab, sondern dauerhaft andere Tätigkeiten auf Helfer- beziehungsweise Angelerntenniveau ausübte.

Damit entfällt der Berufsschutz aus dem Ausbildungsberuf. Ohne Berufsschutz kann der Kläger auf nahezu jede leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden.

Für Betroffene ist das eine wesentliche Botschaft: Wer seinen erlernten Beruf dauerhaft verlässt und in niedrigeren Tätigkeitsbereichen arbeitet, schwächt seine Position im Rentenrecht erheblich. Berufsschutz lässt sich nicht nachträglich durch die eigene Bewertung der Tätigkeit „aufwerten“, sondern muss objektiv belegbar sein.

Reha-Antrag und Rentenantragsfiktion: Kein rückwirkender Anspruch

Der Kläger versucht, aus seinem im Jahr 2000 gestellten Reha-Antrag einen rückwirkenden Rentenbeginn herzuleiten. Nach der damals geltenden Fassung des § 116 SGB VI kann ein Reha-Antrag als Rentenantrag gelten, wenn bei Beendigung der Reha bereits Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit vorliegt und die Reha die Einschränkungen nicht behebt.

Das Gericht wertet den Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2001 als eindeutig: Zwar wird der Kläger als für die frühere schwere Tätigkeit nicht mehr geeignet beschrieben, zugleich aber als vollschichtig arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts.

Damit sind die Voraussetzungen für eine Rentenantragsfiktion nicht erfüllt. Der Reha-Antrag wandelt sich nicht automatisch in einen Rentenantrag, und ein rückwirkender Anspruch ab 2000 scheidet aus.

Für Betroffene ist das von großer praktischer Bedeutung. Reha-Berichte sind Schlüsselunterlagen. Wer eine Erwerbsminderungsrente anstrebt, muss den Inhalt des Entlassungsberichts sehr genau prüfen.

Wird dort eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten attestiert, erschwert das spätere Ansprüche erheblich. Korrekturen und Einwände sollten zeitnah erfolgen, nicht viele Jahre später.

Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X: Grenzen der Korrektur alter Bescheide

Der Kläger versucht außerdem, frühere Ablehnungsbescheide über einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X aufzuheben. Diese Norm ermöglicht die Rücknahme bestandskräftiger Bescheide, wenn bei Erlass Rechtsfehler oder falsche Tatsachengrundlagen vorlagen.

Das Gericht sieht jedoch keine Anhaltspunkte für eine falsche Rechtsanwendung oder einen unzutreffenden Sachverhalt. Die damaligen Entscheidungen stützten sich auf mehrere Gutachten und eine umfangreiche Sachverhaltsaufklärung. Dass der Kläger die Bewertung nachträglich anders sieht oder Gutachter kritisiert, reicht nicht aus.

Betroffene sollten daraus ableiten, dass Überprüfungsanträge dann sinnvoll sein können, wenn konkrete objektive Fehler vorliegen, etwa übersehene Beitragszeiten, unzutreffende Rechtsnormen oder gravierende Widersprüche in den medizinischen Feststellungen.

Als Mittel, um abgeschlossene Verfahren ohne neue belastbare Argumente „neu aufzurollen“, eignen sie sich nicht.

Mitwirkungspflicht im Verfahren: Verweigerte Begutachtung schwächt Ansprüche

Ein weiterer Aspekt betrifft die Mitwirkung. In einem der Verfahren erscheint der Kläger nicht zur angeordneten ärztlichen Untersuchung und beruft sich nur auf bereits vorliegende Gutachten. Die Rentenversicherung lehnt den Antrag wegen fehlender Mitwirkung ab, das Gericht bestätigt dies.

Wer Begutachtungen oder medizinische Untersuchungen unbegründet verweigert, riskiert damit die Ablehnung der Leistung.

Für Betroffene bedeutet das: Zweifel an der Neutralität eines Gutachters oder Kritik an einzelnen Stellen im Verfahren müssen rechtzeitig und formal korrekt geltend gemacht werden. Wer schlicht nicht erscheint, ohne alternative Lösungen zu beantragen, verschlechtert seine eigene Rechtsposition.

Kernaussagen für Betroffene: Was dieses Urteil praktisch bedeutet

Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Schwelle zur Erwerbsminderungsrente hoch ist und streng nach gesetzlichen Kriterien geprüft wird. Arbeitsunfähigkeit, subjektive Erschöpfung oder der Verlust des letzten Arbeitsplatzes sind nicht entscheidend.

Faktoren sind ein unter sechs Stunden tägliches Leistungsvermögen für alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, ein klar begründeter Berufsschutz und stimmige medizinische Nachweise. Reha-Berichte und Gutachten haben ein enormes Gewicht und müssen früh kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden.

Wer seine Erwerbsminderungsrente durchsetzen will, braucht eine saubere Dokumentation, konsequente Mitwirkung, eine realistische Einschätzung der beruflichen Einordnung und – idealerweise frühzeitig – fachkundige Unterstützung im Sozialrecht, bevor sich das Verfahren so verfestigt wie im hier entschiedenen Fall.

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Urteil mit Folgen: Droht jetzt Ende der EM-Rente für Millionen mit Erwerbsminderung?

8. November 2025 - 11:29
Lesedauer 2 Minuten

Am 18. März 2025 hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit dem Aktenzeichen L 13 R 276/22 eine Entscheidung gefällt, die den bisher geltenden Maßstab für den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM-Rente) bei psychischen Leiden grundlegend verschiebt.

Künftig, so das Gericht, genüge es nicht mehr, “eine krankheitsbedingte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit nachzuweisen; vielmehr müsse die psychische Erkrankung das gesamte private, soziale und alltägliche Leben „übernommen“ haben, um als rentenrechtlich relevant zu gelten”.

Der konkrete Fall

Geklagt hatte ein 1966 geborener Mann, der seit 2001 arbeitslos ist und wiederholt eine EM-Rente beantragt hatte. Trotz ärztlich attestierter Panik- und Angststörungen sowie Persönlichkeitsauffälligkeiten verneinten sowohl die Rentenversicherung als auch das Sozial- und schließlich das Berufungsgericht eine quantitative Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit.

Das LSG stützte sich im Berufungsurteil maßgeblich auf ein Sachverständigengutachten, das unter anderem einen „sekundären Krankheitsgewinn“ durch familiäre Fürsorge und fehlende Medikamentenspiegel festhielt.

Die neue Prüfgröße „gesamte Lebensführung“

In den Entscheidungsgründen formuliert der Senat wörtlich, eine quantitative Leistungsminderung liege erst dann vor, „wenn die psychische Störung die gesamte Lebensführung übernommen hat“.

Damit verknüpfen die Richter den arbeitsrechtlichen Leistungsbegriff des § 43 SGB VI mit einer sozial- und höchstpersönlichen Bewertung aller Lebensbereiche – ein Schritt, den es in dieser Deutlichkeit bislang nicht gab.

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– Höhere EM-Rente sticht Altersrente aus

Widerspruch zum Gesetzeswortlaut

§ 43 SGB VI stellt ausdrücklich auf die Fähigkeit ab, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei oder sechs Stunden täglich zu arbeiten.

Ob und wie stark Betroffene ihre Freizeit, Familie oder sozialen Kontakte noch bewältigen, spielt im Gesetzestext keine Rolle.

Das LSG schreibt die Norm damit faktisch fort, ohne dass der Gesetzgeber – dem allein diese Kompetenz zusteht – eine entsprechende Änderung beschlossen hätte.

Psychische Erkrankungen als häufigste Rentenursache

Die Tragweite des Urteils zeigt sich, wenn man die Zahlen betrachtet: Seit 2011 sind psychische Störungen der häufigste Grund für neu bewilligte EM-Renten; ihr Anteil liegt stabil bei über 40 Prozent.

Insgesamt bezogen Ende 2024 rund 1,26 Millionen Menschen in Deutschland Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Eine restriktivere Auslegung könnte daher potenziell Hunderttausende Betroffene treffen.

Kritik aus Fachwelt und Verbänden

Arbeits- und Sozialrechtlerinnen wie Henri Hofene sowie Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt sprechen von einer „Ungleichbehandlung psychisch Erkrankter“ und einer “unzulässigen Ausweitung richterlicher Kompetenzen”.

Die Entscheidung verlagere “die Beweislast auf eine kaum erfüllbare Ebene, weil Betroffene nun auch ihre intimsten Lebensbereiche offenlegen müssen, um eine Rente zu erhalten”, so Anhalt.

Mögliche Folgen für Antragsverfahren

Sollte sich der neue Maßstab bei anderen Landessozialgerichten durchsetzen, droht eine systematische Verschärfung der Begutachtungspraxis.

Schon jetzt lehnt die Deutsche Rentenversicherung etwa die Hälfte aller Erstanträge ab; künftig könnten Ablehnungsquoten bei psychischen Diagnosen weiter steigen, sofern Betroffene nicht alltagsbezogene Funktions- und Teilhabeeinschränkungen umfassend dokumentieren und – gegebenenfalls mit Gegengutachten – belegen.

Ausblick: Revision oder Gesetzgeber?

Ob das Bundessozialgericht (BSG) die Sache zur Klärung annimmt, hängt von einer möglichen Nichtzulassungsbeschwerde ab. Fachkreise halten es für wahrscheinlich, dass das BSG die neue Hürde überprüft, weil sie vom Wortlaut des Sozialgesetzbuchs abzuweichen scheint.

Unabhängig davon wächst der Druck auf den Gesetzgeber, den Schutz psychisch Erkrankter klarzustellen, um ein Auseinanderdriften von Rechtsprechung und Gesetzeszweck zu verhindern. Bis dahin bleibt das Urteil ein Menetekel: Wer psychisch erkrankt ist, muss künftig nicht nur seine Erwerbsfähigkeit, sondern sein ganzes Leben unter Beweis stellen.

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