«Wenn ich sagen soll, was mir neben dem Frieden wichtiger sei als alles andere, dann lautet meine Antwort ohne Wenn und Aber: Freiheit. Die Freiheit für viele, nicht nur für die wenigen. Freiheit des Gewissens und der Meinung. Auch Freiheit von Not und von Furcht.» (– Willy Brandt, 14. Juni 1987).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Gutachten für EM-Rente: Fangfragen, Fallen und Beobachtungen
Wer eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) beantragt, befindet sich meist ohnehin schon in einer belastenden Lebenssituation: Die Gesundheit ist eingeschränkt, der Beruf kaum oder gar nicht mehr auszuüben, die finanzielle Zukunft unsicher. Wenn dann der Brief der Deutschen Rentenversicherung mit der Einladung zur medizinischen Begutachtung kommt, steigt die Anspannung noch einmal deutlich.
Viele Betroffene fragen sich: Was passiert in diesem Termin eigentlich genau? Welche Rolle spielt die Gutachterin oder der Gutachter? Und wie kann ich mich sinnvoll vorbereiten, ohne mich zu verstellen?
Worum es bei der Begutachtung tatsächlich gehtDie medizinische Begutachtung im Rahmen eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente verfolgt ein klares Ziel: Es soll festgestellt werden, ob die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente vorliegen. Im Mittelpunkt steht dabei nicht in erster Linie die Diagnose, sondern die Frage, wie leistungsfähig die betroffene Person im Erwerbsleben noch ist.
Entscheidend sind insbesondere drei Punkte: Es geht darum, wie viele Stunden am Tag Betroffene noch arbeiten können, welche Tätigkeiten ihnen noch möglich sind und unter welchen Rahmenbedingungen (zum Beispiel Pausenbedarf, körperliche Belastungen, psychische Anforderungen). Aus Sicht der Rentenversicherung soll das Gutachten ein möglichst realistisches Bild der tatsächlichen Belastbarkeit liefern.
Zugleich verfolgt die Begutachtung – unausgesprochen, aber sehr wirksam – ein zweites Ziel: Sie soll Anhaltspunkte dafür aufdecken, ob die Leistungsfähigkeit möglicherweise höher ist, als es die bereits vorliegenden Arztberichte und Befunde vermuten lassen. Genau deshalb wird eine eigene, unabhängige Begutachtung veranlasst, obwohl Betroffene oft seit Jahren in fachärztlicher Behandlung sind.
Misstrauen als Systemprinzip: Aggravation, Simulation und „Krankheitsgewinn“Im sozialrechtlichen Verfahren wird Betroffenen nicht automatisch geglaubt. Die Rentenversicherung geht strukturell davon aus, dass Missbrauch des Sozialstaates möglich ist – und dass ein Teil der Antragstellerinnen und Antragsteller ihre Beschwerden übertreiben oder gar vortäuschen könnte.
Im Gutachterjargon gibt es dafür klare Begriffe:
Wer Beschwerden überzeichnet, wird mit dem Fachwort „Aggravation“ beschrieben. Wer Symptome frei erfindet, dem wird „Simulation“ unterstellt. Besonders irritierend: Der Begriff „Aggravation“ bedeutet in der Medizin eigentlich auch „Verschlechterung“ von Symptomen.
Das kann dazu führen, dass derselbe Ausdruck im Gutachten einmal eine ehrliche Verschlimmerung beschreibt und an anderer Stelle den Verdacht der Übertreibung – für Laien kaum auseinanderzuhalten.
Misstrauen richtet sich dabei nicht nur gegen Betroffene, sondern auch gegen behandelnde Ärztinnen und Ärzte oder Therapeutinnen und Therapeuten.
Es wird unterstellt, dass diese aus Loyalität oder Mitgefühl Probleme eher zu großzügig darstellen. Daher versucht die Rentenversicherung, sich über eine neutrale Begutachtung ein eigenes Bild zu machen.
Ein weiterer zentraler Begriff im Gutachten ist der sogenannte „Krankheitsgewinn“. Damit sind Vorteile gemeint, die eine Erkrankung oder die mit ihr verbundenen Symptome im Einzelfall mit sich bringen können. Das kann irritierend und verletzend wirken, ist aber Teil der sozialmedizinischen Logik.
Im Fokus steht etwa, ob Angehörige Betroffene stärker entlasten, ob mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung erfolgt oder ob die Erwerbsminderungsrente finanziell günstiger wäre als zum Beispiel Bürgergeld oder eine niedrig entlohnte Tätigkeit. Der Verdacht lautet: Wer aus der Situation Vorteile zieht, könnte ein Interesse daran haben, Beschwerden zu verstärken oder aufrechtzuerhalten.
Diese Struktur des Misstrauens betrifft alle – auch diejenigen, die tatsächlich massiv eingeschränkt sind, ehrlich berichten und auf die Rente angewiesen sind. Genau deshalb ist es so wichtig, zu verstehen, wie das System funktioniert und wie man sich sachlich darauf vorbereiten kann.
Tipp 1: Die Logik des Gutachtens verstehen – und das eigene Verhalten daran ausrichtenWer die Perspektive der Rentenversicherung kennt, kann sich besser darauf einstellen. Es geht bei der Begutachtung nicht darum, Betroffenen zu helfen, die Rente zu erhalten. Auch wenn die Gutachterin freundlich und empathisch wirkt: Ihre Aufgabe ist nicht Unterstützung, sondern Prüfung.
Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die geschilderten Einschränkungen, die dokumentierten Diagnosen und das beobachtete Verhalten zu einem eingeschränkten Leistungsvermögen passen. Gutachterinnen und Gutachter achten dabei auf Widersprüche:
Wenn jemand im Alltag nachweislich vieles schafft oder sehr aktiv wirkt, im Gespräch aber betont, kaum noch arbeitsfähig zu sein, werden Rückfragen gestellt. Relevant sind deshalb nicht nur medizinische Unterlagen, sondern auch Angaben zum Leben außerhalb der Erwerbsarbeit – etwa zur Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, ehrenamtlichem Engagement oder Hobbys.
Das bedeutet nicht, dass Betroffene sich schämen oder Aktivitäten verheimlichen sollten. Es heißt aber: Es ist wichtig, klar zu benennen, was man nur unter größten Anstrengungen oder nur selten schafft und was im Alltag dauerhaft nicht mehr möglich ist.
Hilfreich ist, im Gespräch weniger über Mitleid und Belastung zu sprechen, sondern darüber, was man alles versucht hat, um weiter zu arbeiten – und warum das trotz Bemühungen nicht mehr gelingt.
Ebenso wichtig ist es, die Nachteile offen zu benennen, die die eingeschränkte Leistungsfähigkeit mit sich bringt: Verlust von Berufsperspektiven, finanzielle Sorgen, soziale Isolation. So wird sichtbar, dass es nicht um „Vorteile“ durch die Rente geht, sondern um die Bewältigung einer schwierigen Lebenslage.
Tipp 2: Unterlagen sorgfältig zusammentragen – der rote Faden in der AkteEine gute schriftliche Grundlage ist ein zentrales Element in jedem Begutachtungsverfahren. Die medizinische Beurteilung stützt sich nicht allein auf das Gespräch und die Untersuchung vor Ort, sondern maßgeblich auf die bereits vorhandenen Unterlagen.
Hilfreich ist, systematisch alle relevanten Dokumente zusammenzustellen. Dazu gehören fachärztliche Berichte, Befunde aus Diagnostik und Labor, Entlassungsberichte aus Kliniken und Reha-Einrichtungen sowie Einschätzungen aus psychotherapeutischer Behandlung. Wenn Arbeitsagentur oder Jobcenter bereits arbeitsmedizinische oder psychosoziale Gutachten erstellt haben, sollten Betroffene diese ebenfalls anfordern und sowohl der Rentenversicherung als auch der Gutachterin zugänglich machen.
Auch sozialrechtliche Unterlagen liefern wichtige Hinweise: Wer einen anerkannten Pflegegrad hat, sollte das Pflegegutachten bereithalten. Liegt ein Grad der Behinderung (GdB) vor, ist der entsprechende Bescheid relevant. Ein Schwerbehindertenausweis ist ebenfalls ein wichtiges Indiz für eine längerfristige gesundheitliche Beeinträchtigung.
Sinnvoll ist es, der Rentenversicherung die Unterlagen vorab zuzusenden und sie zusätzlich in Kopie mit zur Begutachtung zu bringen. So können eventuelle Lücken vor Ort geschlossen werden. Ein gut strukturierter Unterlagenstapel vermittelt zudem, dass die gesundheitliche Entwicklung bereits ausführlich dokumentiert ist – und erleichtert es der Gutachterin, ein stimmiges Gesamtbild zu erstellen.
Tipp 3: Eigene Notizen – das Gedächtnis für einen entscheidenden TerminGerade wer seit Jahren krank ist, hat oft Mühe, die Vielzahl von Diagnosen, Therapien, Klinikaufenthalten und Symptomverläufen aus dem Kopf chronologisch wiederzugeben. Nervosität und Stress verstärken dieses Problem.
Deshalb ist es sinnvoll, sich vor dem Termin in Ruhe Notizen zu machen.
Hilfreich ist eine grobe Zeitleiste: Wann traten erste Beschwerden auf? Welche Diagnosen wurden zu welchem Zeitpunkt gestellt? Seit wann ist die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, und in welchem Umfang? Wie hat sich die Situation im Laufe der Zeit verändert – gab es Phasen der Besserung, Rückfälle, Verschlechterungen?
Auch der Alltag sollte reflektiert werden: Welche Tätigkeiten fallen schwer oder sind gar nicht mehr möglich? Welche einfachen Dinge dauern unverhältnismäßig lange? Wie wirken sich Symptome auf Konzentration, Belastbarkeit, Schlaf und soziale Kontakte aus?
Wer wichtige Stichpunkte schriftlich festhält, kann im Gespräch gezielter und klarer antworten. Notizen sind ausdrücklich erlaubt und können dem Gutachten sogar beigefügt werden. Sie helfen, das subjektive Erleben strukturierter darzustellen – und verringern die Gefahr, dass zentrale Aspekte ausgerechnet im entscheidenden Moment vergessen werden.
Tipp 4: Fangfragen, Fallen und Beobachtungen – wie Gutachter Glaubwürdigkeit prüfenBesonders heikel empfinden viele Betroffene den Aspekt der sogenannten Fangfragen. Dabei handelt es sich um Fragen, die gezielt auf Widersprüche oder Plausibilitätsprobleme abzielen sollen.
Ein häufiges Muster sind inhaltlich gleiche, aber anders formulierte Fragen, die im Laufe des Gesprächs mehrfach gestellt werden. Wer aus Nervosität einmal „ja“ und einmal „nein“ sagt, kann rasch als widersprüchlich gelten. Das kann im Gutachten als Hinweis darauf interpretiert werden, dass Aussagen nicht zuverlässig sind.
Weitere Fangfragen betreffen Symptome, die aus medizinischer Sicht untypisch für eine bestimmte Diagnose sind, aber für Laien plausibel klingen. Wer diese bejaht, läuft Gefahr, als übertreibend oder simulierend eingestuft zu werden.
Ein klassisches Beispiel sind depressive Erkrankungen: Fachlich gilt ein vermindertes Hungergefühl als typisches Symptom schwerer Depressionen. Wer aber glaubt, „Frustessen“ sei typisch depressiv, könnte vorschnell zustimmend antworten, wenn gefragt wird, ob er bei stärkerer Niedergeschlagenheit deutlich mehr esse.
Besonders problematisch: In der Realität kommen Depressionen und Essstörungen durchaus gemeinsam vor. Es ist also gut möglich, dass jemand ehrlich angibt, bei schlechter Stimmung mehr zu essen – und dennoch im Gutachten als unglaubwürdig erscheint, weil die Antwort formal nicht zur „reinen“ Depression passt.
Hier kann Vorbereitung schützen. Es ist sinnvoll, mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt im Vorfeld zu besprechen, ob im eigenen Fall untypische Symptome auftreten. Wenn diese Besonderheiten in einem ausführlichen ärztlichen Bericht erklärt werden, können sie im Gutachten nicht so leicht als Hinweis auf Simulation oder Aggravation gewertet werden.
Neben den Fragen achten Gutachterinnen und Gutachter auch auf das Verhalten vor, während und nach dem Termin.
Wer im Wartebereich lange steht, obwohl später von starken Einschränkungen beim Stehen berichtet wird, könnte mit dem Vorwurf eines Widerspruchs konfrontiert sein. Umgekehrt kann ein Zusammenbruch unmittelbar vor Ort als „gespielt“ bewertet werden, wenn er im Gesamtbild nicht plausibel erscheint.
Dabei wird jedoch oft übersehen, dass Menschen in Ausnahmesituationen – etwa bei einem einmaligen, extrem wichtigen Termin – manchmal kurzfristig über sich hinauswachsen. Adrenalin und Anspannung können dazu führen, dass Betroffene Dinge schaffen, die im täglichen Alltag unvorstellbar wären. Ebenso kann Stress dazu führen, dass Symptome gerade in solchen Situationen besonders stark auftreten.
Auch hier helfen vorbereitende Gespräche mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt. Wenn in den Unterlagen bereits beschrieben ist, dass Leistungsfähigkeit in besonderen Situationen vorübergehend höher sein kann als im Alltag, oder umgekehrt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass abweichendes Verhalten bei der Begutachtung später als Widerspruch gedeutet wird.
Je differenzierter das ärztliche Bild, desto weniger Spielraum bleibt für pauschale Unterstellungen im Gutachten.
Tipp 5: Authentisch bleiben – warum Ehrlichkeit die beste „Strategie“ istBei aller strategischen Vorbereitung bleibt ein Grundsatz zentral: Authentizität. Wer versucht, besonders krank zu wirken, läuft Gefahr, sich zu verstricken. Wer aus Scham Beschwerden herunterspielt, gefährdet seine eigenen Ansprüche.
Es ist daher ratsam, im Gespräch weder zu dramatisieren noch zu beschönigen. Beschwerden sollten so beschrieben werden, wie sie erlebt werden – mit ihren Schwankungen, ihren guten und schlechten Tagen und mit allen Widersprüchen, die das reale Leben nun einmal mit sich bringt.
Versuche, Symptome „lehrbuchhaft“ zu präsentieren, indem man sich vorher Listen typischer Anzeichen anliest und diese auswendig lernt, können sich sogar nachteilig auswirken. Wenn ein Beschwerdebild zu glatt, zu perfekt zu einer Diagnose passt, kann das bei erfahrenen Gutachterinnen und Gutachtern ebenfalls Misstrauen auslösen.
Wer authentisch bleibt, sich aber gut vorbereitet – etwa mit Unterlagen, Notizen und ärztlichen Stellungnahmen – schafft die besten Voraussetzungen dafür, dass das Gutachten die tatsächliche Situation möglichst realistisch abbildet. Eine Garantie für eine positive Entscheidung ist das nicht. Es reduziert aber die Gefahr, dass Fehlinterpretationen oder Missverständnisse das Ergebnis verzerren.
Patientenvorsorge als ergänzender BausteinIm Umfeld schwerwiegender Erkrankungen stellt sich nicht nur die Frage der Erwerbsfähigkeit, sondern auch die Frage, wie für den Fall vorgesorgt ist, dass man wichtige Entscheidungen irgendwann nicht mehr selbst treffen kann.
Instrumente wie Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht spielen hier eine wichtige Rolle. In einer Patientenverfügung kann festgelegt werden, welche medizinischen Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden, falls man sich nicht mehr äußern kann.
Eine Vorsorgevollmacht regelt, wer rechtlich befugt ist, in bestimmten Bereichen Entscheidungen zu treffen – etwa in Gesundheitsfragen oder bei finanziellen Angelegenheiten.
Solche Dokumente haben keinen direkten Einfluss darauf, ob eine Erwerbsminderungsrente bewilligt wird. Sie können aber Teil einer umfassenden persönlichen Absicherung sein, die Betroffenen und Angehörigen in Krisensituationen Orientierung gibt und Streitigkeiten vorbeugt. Informationsmaterial dazu bieten unter anderem Patientenberatungsstellen, Sozialverbände, Wohlfahrtsverbände und seriöse Online-Ratgeber.
Ein Verfahren unter Generalverdacht – und was Betroffene dennoch tun könnenDas Verfahren zur Erwerbsminderungsrente ist für viele Menschen eine bittere Erfahrung. Wer ohnehin gesundheitlich schwer belastet ist, erlebt zusätzlich, dass seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird. Misstrauen, Begriffe wie Aggravation, Simulation oder Krankheitsgewinn und der strukturelle Verdacht des Sozialmissbrauchs prägen das System.
Gerade deswegen ist es wichtig, sich nicht in diese Logik hineindrängen zu lassen. Betroffene können, bei aller Härte des Systems, dennoch einiges tun: Sie können sich informieren, die Perspektive der Rentenversicherung verstehen, Unterlagen konsequent sammeln, sich mit Ärztinnen und Ärzten abstimmen, eigene Notizen vorbereiten und sich innerlich auf Fangfragen und Beobachtungssituationen einstellen.
Am Ende bleibt ein nüchterner Befund: Die Begutachtung ist kein freundlicher Service, sondern ein Kontrollinstrument. Wer das weiß, kann ihr mit realistischer Erwartung begegnen – und gleichzeitig das tun, was in der eigenen Macht steht: ehrlich, gut vorbereitet und selbstbewusst die eigene Situation schildern.
Trotz aller strukturellen Härten gilt: Die meisten Menschen, die eine Erwerbsminderungsrente beantragen, wollen niemanden „ausbeuten“. Sie kämpfen darum, mit einer eingeschränkten Gesundheit ein würdiges Leben zu führen. Ein faires, sorgfältiges Gutachten ist dafür keine Gefälligkeit – sondern ein Recht, auf das Betroffene Anspruch haben.
Der Beitrag Gutachten für EM-Rente: Fangfragen, Fallen und Beobachtungen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: Steuerbefreiung – Diese Rentner müssen keine Steuererklärung abgeben
Viele Rentner fragen sich, ob sie 2025 eine Steuererklärung abgeben müssen. Die Antwort hängt vor allem am Grundfreibetrag und am steuerpflichtigen Rentenanteil. Beides hat sich 2025 geändert.
Grundfreibetrag 2025: maßgeblicher SchwellenwertDer Staat stellt ein Existenzminimum steuerfrei. Dieser Grundfreibetrag liegt 2025 bei 12.096 Euro für Alleinstehende. Für gemeinsam veranlagte Paare beträgt er 24.192 Euro. Erst wenn Ihre zu versteuernden Einkünfte diesen Betrag überschreiten, entsteht Einkommensteuer.
Das Bundesfinanzministerium hat die Anhebung bestätigt und zugleich die Tarifwerte gegen „kalte Progression“ verschoben. Dadurch rutschen Sie 2025 etwas später in höhere Stufen.
Rentenbesteuerung: Jahr des Rentenbeginns entscheidetWie viel Ihrer Rente steuerpflichtig ist, hängt vom Jahr ab, in dem Sie erstmals Rente beziehen. Wer 2025 in den Ruhestand geht, versteuert 83,5 Prozent seiner Jahresrente. 16,5 Prozent bleiben dauerhaft steuerfrei. Der steuerpflichtige Anteil steigt seit 2023 nur noch um 0,5 Prozentpunkte pro Jahr.
Die volle nachgelagerte Besteuerung greift damit erst ab 2058. Grundlage sind das Jahressteuergesetz 2022 und das Wachstumschancengesetz. Diese Anpassung soll das Risiko einer Doppelbesteuerung mindern.
Was sich durch die Rentenerhöhung 2025 ergibtZum 1. Juli 2025 sind die Renten gestiegen. Das erhöht den Bruttobetrag, der in die Steuerprüfung einfließt. Parallel stieg der Grundfreibetrag um 312 Euro. Im Endeffekt bleiben viele Klein- und Durchschnittsrenten weiterhin unter der Schwelle. Prüfen sollten Sie es dennoch, wenn Zusatzeinkünfte hinzukommen oder wenn Ihre Rente bereits nahe an der Grenze lag.
Zusatzeinkünfte: Alles wird zusammengerechnetNeben der gesetzlichen Rente können weitere Einnahmen vorliegen. Dazu zählen etwa Betriebsrenten, Vermietung, Kapitalerträge oder ein Nebenjob. Diese Beträge werden mit dem steuerpflichtigen Rentenanteil zusammengezählt.
Erst das Ergebnis zählt gegen den Grundfreibetrag 2025. Bleiben Sie darunter, fällt keine Einkommensteuer an. Überschreiten Sie ihn, entsteht grundsätzlich eine Abgabepflicht.
Wann trotz geringer Einkünfte eine Erklärung fällig istAuch wer unter der Schwelle liegt, kann zur Abgabe verpflichtet sein. Das gilt, wenn das Finanzamt Sie zur Erklärung auffordert. Das gilt auch, wenn eine Veranlagung aus Vorjahren fortgeführt wird, bestimmte Arten von Einkünften vorliegen oder wenn Sie im Ausland wohnen und deutsches Steuerrecht greift. Doppelbesteuerungsabkommen können den Umfang der Steuerpflicht beschränken. Hier zählt der Einzelfall.
Praxisbeispiel: schnelle Grobprüfung ohne AbzügeAngenommen, Sie sind alleinstehend und haben 2025 erstmals Rente bezogen. Der steuerpflichtige Anteil beträgt 83,5 Prozent. Der Grundfreibetrag liegt bei 12.096 Euro. Teilt man den Freibetrag durch 0,835, ergibt sich eine grobe Brutto-Rente von rund 14.490 Euro pro Jahr.
Das entspricht etwa 1.207 Euro pro Monat. Liegt Ihre Jahresbruttorente darunter und haben Sie keine weiteren Einkünfte, bleibt es in der Regel bei Steuerfreiheit. Diese Rechnung ist eine Faustformel. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Pauschalen und Sonderausgaben können die Steuerlast zusätzlich reduzieren.
Die Veranlagung kann daher selbst bei etwas höheren Bruttorenten zu „null Steuer“ führen.
Hintergrund: Entlastungen bei VorsorgeaufwendungenSeit 2023 sind Beiträge zur Basis-Altersvorsorge zu 100 Prozent als Sonderausgaben abziehbar. Das senkt die Steuer im Erwerbsleben. Im Gegenzug wird die spätere Rente schrittweise höher besteuert.
Die Politik hat den Anstieg verlangsamt, um Doppelbesteuerungsrisiken zu verringern. Fachpapiere des Bundesfinanzministeriums sehen derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf, beobachten die Entwicklung aber weiter.
So prüfen Sie Ihren Status für 2025Sichten Sie Ihre Rentenbezugsmitteilung und addieren Sie eventuelle Zusatzeinkünfte. Stellen Sie dem die maßgebliche Steuerquote Ihrer Rente gegenüber. Vergleichen Sie das Ergebnis mit 12.096 Euro oder 24.192 Euro bei Zusammenveranlagung.
Berücksichtigen Sie anschließend Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Pauschalen. Liegt das zu versteuernde Ergebnis weiter unter dem Freibetrag, ist keine Steuer fällig. Fordert das Finanzamt Sie jedoch zur Abgabe auf, müssen Sie erklären.
Die Deutsche Rentenversicherung und Lohnsteuerhilfevereine bieten hier praktische Unterstützung.
Fazit: Viele Renten bleiben 2025 steuerfreiDie meisten Ruheständler mit alleiniger gesetzlicher Rente bleiben 2025 unter dem Grundfreibetrag. Wer Zusatzeinkünfte erzielt oder bereits nahe an der Grenze liegt, sollte nachrechnen. Der steuerpflichtige Rentenanteil beträgt für Neurentner 83,5 Prozent.
Der Grundfreibetrag beträgt 12.096 Euro. Wenn Sie unsicher sind, hilft eine kurze Gegenrechnung mit Ihren Belegen. Das spart Zeit und verhindert unnötige Erklärungen.
Der Beitrag Rente: Steuerbefreiung – Diese Rentner müssen keine Steuererklärung abgeben erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: Rentenabschlag auch bei abschlagsfreier Rente mit 45 Jahren
Auch ein Jahrzehnt nach ihrer Einführung führt die umgangssprachliche „Rente mit 63“ noch immer in die Irre. Die berühmte Zahl gilt längst nur noch für Versicherte der Jahrgänge 1952 und älter.
Wer – Olaf im Praxisfall– 1962 geboren wurde, braucht für eine abschlagsfreie Altersrente zwar weiterhin 45 Beitragsjahre, muss aber zugleich das gesetzlich festgelegte Mindestalter von 64 Jahren und 8 Monaten erreichen.
Erst dann greift die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ – frühestens am 1. März 2027. Ein vorgezogener Ruhestand vor dieser Altersgrenze bleibt auch 2025 grundsätzlich ausgeschlossen – selbst gegen Abschläge.
Vorsicht vor dieser Falle Warum genügen 45 Beitragsjahre allein nicht?Für jede Rentenart definiert § 236b SGB VI neben der Wartezeit ein Mindestalter. Diese Altersgrenze steigt seit 2016 alle zwölf Monate um zwei Monate an und erreicht für alle Geburtsjahrgänge ab 1964 glatte 65 Jahre.
Jahrgang 1962 liegt im Übergang: Auch mit 45 Beitragsjahren darf Olaf nicht eher als mit 64 Jahren + 8 Monaten in die abschlagsfreie Rente wechseln. Das verwechselt noch immer ein Großteil der Versicherten – ein klassischer Rentenmythos.
Der Fall Olaf: Was kostet ein Ruhestand zwei Monate zu früh?Olaf liebäugelt mit einem Rentenstart am 1. Januar 2027 – zwei Monate vor seiner abschlagsfreien Option. Dafür müsste er auf die „Altersrente für langjährig Versicherte“ ausweichen. Diese orientiert sich bei der Abschlagsberechnung aber stets an der persönlichen Regelaltersgrenze (für Jahrgang 1962: 66 Jahre + 8 Monate).
Zwei Jahre und zwei Monate vor diesem Datum bedeuten 26 Vormonate × 0,3 Prozent = 7,8 Prozent lebenslangen Abzug. Bei einer Standardrente von 1.769 Euro (brutto) im Jahr 2025 entspräche das rund 138 Euro monatlich, Jahr für Jahr.
Lassen sich Abschläge einfach mit Sonderzahlungen ausgleichen?Seit 2017 erlaubt § 187a SGB VI ab dem 50. Lebensjahr Sonderzahlungen, um künftige Abschläge teilweise oder vollständig zu kompensieren. Doch der Gesetzgeber koppelt den Ausgleich strikt an den jeweils konkreten Abzug. Wer – wie Olaf – erst durch einen Wechsel der Rentenart überhaupt Abschläge verursacht, zahlt mit seiner Einmalzahlung also lediglich ein privates „Bußgeld“, ohne die Hürde des Mindestalters für die abschlagsfreie Variante abzuräumen.
Arbeitslosengeld I als Brücke: Chance oder Risiko?Eine verbreitete Strategie lautet, den Job gut zwei Jahre vor Rentenbeginn zu kündigen, Arbeitslosengeld I (ALG I) zu beziehen und anschließend direkt in die abschlagsfreie Rente zu wechseln.
Tatsächlich zählen ALG-I-Zeiten grundsätzlich zu den 45 Wartejahren – mit einer heiklen Ausnahme: Liegt die Arbeitslosigkeit vollständig in den letzten 24 Monaten vor Rentenbeginn, entfällt die Anrechnung, es sei denn, sie beruht auf Insolvenz oder Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers.
Wer also vorzeitig kündigt, kann seine 45-Jahres-Bilanz ungewollt wieder zerstören. Ein geringfügiger versicherungspflichtiger Minijob kann die Lücke zwar schließen, muss aber rechtzeitig beginnen und bis zum Rentenstart dauern.
Wie sicher sind Rentenhöhe und Finanzierung im Jahr 2025?Zum 1. Juli 2024 ist der aktuelle Rentenwert erstmals bundesweit einheitlich auf 39,32 Euro gestiegen; die Standardrente liegt damit bei 1.769 Euro brutto nach 45 Durchschnittsverdienst-Jahren.
Das Rentenniveau beträgt 48 Prozent des Durchschnittslohns (2025: 50.493 Euro). Die Bundesregierung will dieses Niveau bis mindestens 2039 gesetzlich garantieren und dafür einen Kapitalstock von 200 Milliarden Euro („Generationenkapital“) aufbauen.
Kritiker wie der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt warnen vor steigenden Beitragssätzen – laut Kabinettsbeschluss bis zu 22,3 Prozent im Jahr 2035 – und vor einem finanziellen Risiko für kommende Generationen.
Ob das sogenannte Rentenpaket II den Bundestag noch 2025 passiert, ist wegen Koalitionsstreit jedoch offen.
Welche Schritte sollten Versicherte des Jahrgangs 1962 jetzt prüfen?Erstens lohnt sich ein genauer Blick in das eigene Versicherungskonto: Stimmen die Beitragszeiten, Kindererziehungs- und Pflegezeiten?
Zweitens sollten alle, die 2025 die 63-Jahres-Marke erreichen, klären, ob durch verbleibende Lohnphasen oder ein Minijob bis 2027 die 45-Jahre-Wartezeit gesichert bleibt.
Drittens ist eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung unverzichtbar, weil sie den persönlichen Rentenbeginn, die prognostizierte Höhe und die Kosten eines vorzeitigen Ausgleichs offenlegt.
Und schließlich gilt für Olaf und alle Jahrgangskolleginnen und -kollegen: Zwei Monate Geduld sparen ein Leben lang 7,8 Prozent Rente – ein Rechenexempel, das sich fast immer zugunsten des späteren, dafür abschlagsfreien Starts entscheidet.
Der Beitrag Rente: Rentenabschlag auch bei abschlagsfreier Rente mit 45 Jahren erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Sozialamt darf KFZ-Beihilfe bei Schwerbehinderung nicht willkürlich versagen – Wegweisendes Urteil
Das Gericht rügt willkürliche Versagung der KFZ-Beihilfe des Sozialamtes für eine Schwerstbehinderte, denn grundsätzlich gilt: Maßstab der Entscheidung sind allein die vom Gesetzgeber vorgesehenen Voraussetzungen für den Anspruch auf Gewährung einer Kfz-Beihilfe.
Für das Studium kann vom Sozialamt eine Kraftfahrzeugbeihilfe in Form der Kostenübernahme für ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug gewährt werden. Die schwerbehinderte Klägerin hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für den Kauf eines behindertengerecht umgebauten Fahrzeugs, um ihr Studium antreten zu können (so aktuell das Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 29.09.2025 – S 38 SO 34/25 ER – §§ 114 i.V.m. § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX).
Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Sozialamtes offenbaren nach Auffassung des Gerichts willkürliches VerwaltungshandelnDazu das Gericht: “Die Bedingungen im Hamburger Straßenverkehr sind schon für Verkehrsteilnehmer ohne Behinderungen sehr anspruchsvoll und benötigen viel Kraft und Aufmerksamkeit des Fahrers.”
Und weiter: “Besonders nach einem anstrengenden Vorlesungstag sollte es Ihrer Mandantin erspart bleiben, sich durch den Hamburger Feierabendverkehr befördern zu müssen. (…) Falls die Beförderung mit einem Fahrdienst zu höheren Kosten führen sollte, als dies bei der Finanzierung der Fahrerlaubnis und dem Erwerb des behinderungsgerecht umgebauten Fahrzeugs der Fall wäre, führen die Bedenken in Bezug auf die Sicherheit Ihrer Mandantin und der der anderen Verkehrsteilnehmenden hier besonders dazu, dem Antrag weiterhin nicht zu entsprechen”, eine Stütze im Gesetz.
Maßstab der Entscheidung sind allein die vom Gesetzgeber vorgesehenen Voraussetzungen für den Anspruch auf Gewährung einer Kfz-BeihilfeAusgangspunkt ist § 114 SGB IX in Verbindung mit § 83 Abs. 1 Nummer 2 SGB IX, wobei sich die zu gewährende Leistung gemäß § 83 Abs. 3 Satz 2 SGG IX an der Kraftfahrzeughilfeverordnung bemisst. Die Antragstellerin muss zum leistungsberechtigten Personenkreis gehören, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel darf aufgrund der Art und Schwere der Behinderung nicht zumutbar und sie muss zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sein.
Die Leistungen werden nur erbracht, wenn die Leistungsberechtigten das Kraftfahrzeug entweder selbst führen können oder gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug für sie führt.
Diese Voraussetzungen liegen vor – Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs unzumutbar – und auch subjektiv unmöglichDie schwerstbehinderte Antragstellerin erfüllt die Voraussetzung des § 83 Abs. 2 SGB IX, weil ihr die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs nicht nur nicht zumutbar, sondern unmöglich ist. Angesichts des Umstandes, dass bereits sechsrädrige und über 300 kg wiegende Rollstühle im öffentlichen Nahverkehr im Wohnbereich der Antragstellerin nicht transportiert werden können, liegt objektiv die Unmöglichkeit der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs vor.
Darüber ist der Antragstellerin die Nutzung auch subjektiv unmöglich, da ein Transport im öffentlichen Nahverkehr ein lebensbedrohliches Risiko für sie bedeutete, was sich aus der Bescheinigung des Uniklinikums Eppendorf ergibt. Bei objektiv und subjektiv bestehender Unmöglichkeit ist das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit erst recht erfüllt.
Angewiesensein auf ein Auto im Sinne der RechtsprechungSchon das Studium an sich bereits erzeugt ein ständiges Angewiesensein auf ein Kraftfahrzeug, so verfestigt sich dies umso mehr angesichts des politischen, sportlichen und sozialen Engagements der Antragstellerin. Sie ist im Jugendparlament aktiv, spielt einmal die Woche Wheel-Soccer beim HSV, trifft sich regelmäßig mit Freunden, besucht die Buchhandlung vor Ort, besucht einmal die Woche ihre Großmutter und benötigt darüber hinaus ein Kraftfahrzeug für Fahrten zum Thermalbad in Bad Bevensen und für andere Freizeitaktivitäten.
FazitFür das Studium einer Schwerstbehinderten kann eine Kraftfahrzeugbeihilfe in Form der Kostenübernahme für ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug vom Sozialamt gewährt werden.
Praxistipp von gegen-hartz für Bezieher von Bürgergeld:Auch Bürgergeld-Empfänger können für behinderungsbedingte Kfz-Umbauten finanzielle Unterstützung erhalten, insbesondere über die Kraftfahrzeughilfe des zuständigen Trägers wie der Deutschen Rentenversicherung oder Unfallversicherung.
Für Umbaukosten, die zur Teilhabe am sozialen und beruflichen Leben notwendig sind, gibt es oft einen Rechtsanspruch, der einkommensunabhängig ist.
Das Sozialamt kann in Ausnahmefällen ebenfalls unterstützen, wenn die wirtschaftliche Situation dies erfordert.
Der Beitrag Sozialamt darf KFZ-Beihilfe bei Schwerbehinderung nicht willkürlich versagen – Wegweisendes Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Sozialhilfe aus Deutschland im Ausland beziehen?
Wenn in Deutschland von „Sozialhilfe“ die Rede ist, meint das in aller Regel die Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Dazu gehören insbesondere die Hilfe zum Lebensunterhalt sowie die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Beide Leistungsarten dienen der Existenzsicherung, sind steuerfinanziert und unterscheiden sich damit grundlegend von beitragsfinanzierten Versicherungsleistungen wie Renten.
Der Gesetzgeber knüpft die Gewährung von Sozialhilfe grundsätzlich an einen Aufenthalt in Deutschland. Das spiegelt sich im Territorialitätsprinzip des SGB XII wider.
Der Grundsatz: Keine Sozialhilfe bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland
Die zentrale Norm ist § 24 SGB XII. Sie regelt ausdrücklich, dass Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Diese strikte Nicht-Exportierbarkeit ist der rechtliche Ausgangspunkt.
Vom Grundsatz kann nur in sehr engen Ausnahmefällen abgewichen werden. § 24 Absatz 1 SGB XII lässt Leistungen im Ausland zu, wenn eine außergewöhnliche Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist.
Als Gründe nennt das Gesetz ausschließlich die Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, eine längerfristige stationäre Betreuung oder schwere Pflegebedürftigkeit, oder eine Behinderung der Rückkehr durch hoheitliche Gewalt.
Selbst dann gilt der Vorrang des Aufenthaltsstaats: Leistungen werden nicht erbracht, wenn der Staat des aktuellen Aufenthalts oder Dritte leisten oder voraussichtlich leisten werden. Außerdem richtet sich Art und Maß der Hilfe ausdrücklich nach den Verhältnissen im Aufenthaltsland.
Zuständigkeit und Verfahren – Antrag über die AuslandsvertretungKommt ausnahmsweise eine Hilfe in Betracht, ist nicht das örtliche Sozialamt am früheren Wohnort zuständig, sondern der überörtliche Träger der Sozialhilfe am Geburtsort in Deutschland.
Die Praxis sieht vor, dass Anträge regelmäßig über die deutsche Auslandsvertretung gestellt und von dort an den zuständigen Träger weitergeleitet werden. Die Auslandsvertretungen wirken mit, entscheiden aber nicht selbst über die Leistung.
Vorübergehende Auslandsaufenthalte mit laufender GrundsicherungWer in Deutschland bereits Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung bezieht, darf sich vorübergehend im Ausland aufhalten, ohne den Anspruch sofort zu verlieren.
Gesetzlich festgelegt ist aber eine klare Grenze: Dauert der Auslandsaufenthalt länger als vier Wochen ununterbrochen, enden die Leistungen nach Ablauf der vierten Woche und ruhen bis zur nachgewiesenen Rückkehr. Für die Berechnung zählen nur volle Auslandstage; Reise- und Rückreisetag werden – je nach landesrechtlicher Auslegung – häufig nicht als volle Auslandstage gewertet.
Was bei längeren Abwesenheiten gilt – das Territorialitätsprinzip in der Praxis
Dauert der Auslandsaufenthalt länger an oder wird der gewöhnliche Aufenthalt ins Ausland verlegt, folgt aus dem Territorialitätsprinzip, dass der deutsche Sozialhilfeträger den Lebensunterhalt im Ausland nicht sicherstellt. Das hat die Rechtsprechung mehrfach bestätigt.
Sozialhilfe nach dem SGB XII ist keine ins Ausland transferierbare Leistung; ein Leistungsanspruch entsteht grundsätzlich erst wieder mit der Rückkehr nach Deutschland.
Einordnung im EU-Recht – keine „exportfähige“ LeistungAuch das Unionsrecht stützt die Nicht-Exportierbarkeit. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gilt als „besondere beitragsunabhängige Geldleistung“ im Sinne von Artikel 70 der Verordnung (EG) 883/2004.
Solche Leistungen werden ausschließlich im Mitgliedstaat des gewöhnlichen Wohnsitzes gewährt und sind nicht exportierbar. Deutschland hat die Grundsicherung ausdrücklich in Anhang X der Verordnung gelistet. Wer seinen Wohnsitz in einen anderen EU-Staat verlegt, kann diese deutsche Leistung dort daher nicht mitnehmen.
Hilfe in Notlagen durch Auslandsvertretungen – kein Ersatz für SozialhilfeWer im Ausland unverschuldet in Not gerät, kann sich an die deutsche Auslandsvertretung wenden. Konsularische Hilfe umfasst jedoch vor allem Dokumente zur Rückkehr, Unterstützung bei Kontaktaufnahme zu Angehörigen oder – in engen Grenzen – Darlehen zur Rückreise. Eine fortlaufende Finanzierung des Lebensunterhalts im Ausland gehört nicht dazu und ersetzt keine Sozialhilfe.
Unterschiede zu anderen Leistungen – häufige MissverständnisseNicht zu verwechseln ist die Sozialhilfe mit beitragsfinanzierten Sozialversicherungsleistungen wie Renten, die grundsätzlich auch ins Ausland gezahlt werden können.
Umgekehrt gilt: Sozialhilfe ist eine nachrangige, steuerfinanzierte Fürsorgeleistung und an den Aufenthalts- beziehungsweise Wohnsitz in Deutschland gebunden. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um Hilfe zum Lebensunterhalt oder um Grundsicherung handelt.
FazitDeutsche Sozialhilfe „aus Deutschland heraus“ im Ausland zu beziehen, ist die seltene Ausnahme, nicht die Regel. Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt, hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Nur bei außergewöhnlichen Notlagen und objektiv unmöglicher Rückkehr kann im Einzelfall eine zeitlich und inhaltlich begrenzte Hilfe nach den Bedingungen des Aufenthaltslandes gewährt werden.
Für vorübergehende Auslandsaufenthalte gilt bei der laufenden Grundsicherung eine starre Vier-Wochen-Grenze; danach ruhen die Leistungen bis zur nachgewiesenen Rückkehr.
Wer im Ausland Hilfe braucht, sollte frühzeitig die zuständige Auslandsvertretung kontaktieren und parallel klären, welche Unterstützungsangebote im Aufenthaltsstaat existieren
Der Beitrag Sozialhilfe aus Deutschland im Ausland beziehen? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Pflegegeld-Reform 2026: Diese Beträge gelten jetzt
Das Pflegegeld steigt 2026 nicht. Die zum 1. Januar 2025 erhöhten Beträge gelten unverändert weiter. Sie erfahren hier die aktuellen Summen, was 2026 zusätzlich gilt und welche Reformen diskutiert werden. So planen Sie Leistungen verlässlich und vermeiden Lücken.
Aktuelle Beträge: So viel Pflegegeld gibt es 2026Für häuslich Gepflegte bleibt die Staffel gleich. Pflegegrad 2 bringt 347 Euro pro Monat. Pflegegrad 3 bringt 599 Euro. Pflegegrad 4 bringt 800 Euro. Pflegegrad 5 bringt 990 Euro. Mit Pflegegrad 1 gibt es weiterhin kein Pflegegeld. Diese Sätze wurden 2025 angehoben und ändern sich 2026 nicht. Die Auszahlung erfolgt wie bisher direkt durch die Pflegekassen.
Entlastungsbetrag und Entlastungsbudget: Was 2026 giltDer Entlastungsbetrag liegt 2026 bei 131 Euro pro Monat. Er gilt für alle Pflegegrade, also auch für Pflegegrad 1. Das Geld wird nicht automatisch überwiesen.
Sie reichen Rechnungen anerkannter Dienste ein und bekommen die Kosten erstattet. Nicht genutzte Beträge aus 2025 können Sie bis zum 30. Juni 2026 verbrauchen. Danach verfällt der Rest.
Seit Juli 2025 gibt es das Entlastungsbudget. Es bündelt Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. 2026 steht es erstmals für ein ganzes Kalenderjahr bereit. Maximal sind 3.539 Euro pro Jahr nutzbar.
Sie setzen es flexibel für beide Leistungsarten ein. Bereits verbrauchte Beträge werden im selben Jahr angerechnet. So planen Sie Vertretungspflege einfacher.
Pflegegrad 1: Prüfung, aber keine EntscheidungIn Berlin wird über den Pflegegrad 1 gestritten. Zur Debatte steht, die Stufe zu streichen, um Kassen kurzfristig zu entlasten. Betroffen wären Hunderttausende, die heute primär den Entlastungsbetrag nutzen.
Fachleute nennen ein mögliches Einsparvolumen im Milliardenbereich. Sozialverbände warnen vor einer Schieflage. Das Bundesressort betont: Es gibt derzeit keine verbindliche Entscheidung. Für 2026 bleibt der Status quo bestehen.
Familienpflegegeld: Lohnersatz für Angehörige in ArbeitParallel steht ein „Familienpflegegeld“ zur Diskussion. Idee: Wer wegen Pflege weniger arbeitet, bekommt einen befristeten Lohnersatz, ähnlich dem Elterngeld. Als Orientierung kursiert ein Satz von etwa 65 Prozent des Nettoeinkommens, mit Mindest- und Höchstbeträgen.
Ein Starttermin ist offen. Ein Gesetzesentwurf fehlt. Für Ihre Planung heißt das: Rechnen Sie 2026 nicht damit, bis es konkrete Eckpunkte gibt.
Finanzlage der Pflegeversicherung: Druck bleibt hochDie soziale Pflegeversicherung startet mit einem Defizitdruck in das Jahr 2026. Politik und Kassen streiten über Gegenmittel: Darlehen, Steuerzuschüsse, Einsparungen oder Strukturreformen. Ziel der Bundesregierung bleibt, die Beiträge stabil zu halten.
Ob das ohne Kürzungen gelingt, ist ungeklärt. Für Leistungsbeziehende zählen daher eine saubere Antragstellung und die vollständige Nutzung der bestehenden Budgets.
Praxisbeispiel: So nutzt eine Tochter 2026 alle TöpfeFrau K., 54, pflegt ihren Vater (Pflegegrad 3) zu Hause. 2026 erhält ihr Vater weiter 599 Euro Pflegegeld monatlich. Zusätzlich setzt Frau K. den Entlastungsbetrag von 131 Euro ein, um stundenweise Betreuung zu finanzieren.
Im März plant sie eine Erholungspause. Sie beantragt Verhinderungspflege und nutzt dafür das Entlastungsbudget. Insgesamt stehen ihr 2026 bis zu 3.539 Euro für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zusammen zur Verfügung.
Nicht verbrauchte Entlastungsbeträge aus 2025 löst sie bis spätestens 30. Juni 2026 ein. So kombiniert sie Pflegegeld, Entlastungsbetrag und Budget, ohne Eigenanteile zu verschenken.
Was Sie jetzt konkret tun solltenPrüfen Sie Ihren Pflegegrad-Bescheid. Beantragen Sie die jährliche Beratung nach § 37 Abs. 3 SGB XI, damit das Pflegegeld weiterläuft. Planen Sie Entlastung frühzeitig. Buchen Sie Angebote im Alltag und reichen Sie die Belege ein. Prüfen Sie das Entlastungsbudget für 2026 und reservieren Sie Vertretungszeiten.
Achten Sie auf die Frist zum 30. Juni 2026 für Restguthaben aus 2025. Lassen Sie sich im Pflegestützpunkt beraten. Dort klären Sie die Kombinationsleistung, wenn Sie Pflegegeld und Pflegesachleistung mischen möchten.
Ausblick 2028: Nächste gesetzliche DynamisierungDie nächste reguläre Anpassung ist für 2028 geplant. Die Erhöhung soll sich an der Kerninflation der Vorjahre orientieren und alle Leistungsarten betreffen.
Bis dahin bleiben die Pflegegeldsätze stabil. Reformideen wie Familienpflegegeld oder Änderungen am Pflegegrad 1 können das System verschieben. Maßgeblich ist aber erst das Gesetzgebungsverfahren. Halten Sie sich daher mit belastbaren Bescheiden und termingerechten Anträgen auf Kurs.
Der Beitrag Pflegegeld-Reform 2026: Diese Beträge gelten jetzt erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Schwerbehinderung ermöglicht Wechsel von der PKV in die GKV
Der Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung ist in Deutschland ohnehin an enge rechtliche Voraussetzungen geknüpft. Eine anerkannte Schwerbehinderung – rechtlich in der Regel ab einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 – eröffnet zwar ein besonderes Beitrittsrecht, ersetzt aber nicht die übrigen Rahmenbedingungen des Sozialgesetzbuches.
Entscheidend ist aber, welche Eintrittstatbestände der Versicherungspflicht oder -berechtigung Sie konkret erfüllen – und in welcher Frist Sie handeln.
Das Sonder-Beitrittsrecht für SchwerbehinderteKern der „Schwerbehinderten-Tür“ in die GKV ist § 9 SGB V: Schwerbehinderte Menschen dürfen der GKV als freiwillige Mitglieder beitreten, wenn sie selbst, ein Elternteil, der Ehe- oder Lebenspartner innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Beitritt mindestens drei Jahre gesetzlich krankenversichert waren.
Wer diese Vorversicherungszeit wegen der Behinderung nicht erfüllen konnte, wird von dieser Hürde ausgenommen.
Der Beitritt muss innerhalb von drei Monaten nach Feststellung der Behinderung – also nach dem Bescheid nach § 151 SGB IX – gegenüber der gewählten Krankenkasse angezeigt werden. Wichtig: Satzungsrechtlich dürfen Krankenkassen Altersgrenzen für dieses Beitrittsrecht vorsehen.
Realitätscheck: Altersgrenzen der Kassen und PraxisproblemeIn der Praxis scheitern Anträge nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V häufig an satzungsmäßigen Altersgrenzen. Viele Kassen setzen diese Grenze – Stand derzeit – etwa bei 45 Jahren an.
Das ist rechtlich zulässig, weil § 9 SGB V den Kassen diese Öffnungsklausel ausdrücklich erlaubt. Wer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt und rechtzeitig beitritt, hat aber grundsätzlich einen Anspruch; bei Ablehnung gelten Widerspruch und notfalls die Klage vor dem Sozialgericht.
Nicht jede „Gleichstellung“ genügtAnerkannt schwerbehindert ist, wer einen GdB von mindestens 50 hat; eine bloße Gleichstellung (meist ab GdB 30) eröffnet das Sonder-Beitrittsrecht nicht. Maßgeblich ist die formale Feststellung der Schwerbehinderung; die Frist zum Beitritt beginnt mit diesem Feststellungsakt.
Das Schwerbehinderten-Beitrittsrecht ist nicht der einzige Weg. Oft führt der „normale“ Eintritt der Versicherungspflicht in die GKV ans Ziel – etwa bei Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder beim Bezug von Arbeitslosengeld I. In beiden Fällen entsteht GKV-Pflichtmitgliedschaft kraft Gesetzes.
Behinderten Menschen eröffnet zudem eine Tätigkeit in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen automatisch GKV-Schutz. Achtung beim Bürgergeld: Wer zuletzt privat krankenversichert war, wird durch Bürgergeldbezug regelmäßig nicht versicherungspflichtig in der GKV.
Die 55-Jahre-Schranke: Warum sie so oft den Rückweg verbautWer nach Vollendung des 55. Lebensjahres erstmals wieder versicherungspflichtig würde, bleibt unter bestimmten Voraussetzungen versicherungsfrei – und damit üblicherweise in der PKV.
Diese „55er-Regel“ greift, wenn innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Versicherungspflicht keine GKV-Mitgliedschaft bestand und in mindestens der Hälfte dieses Zeitraums Versicherungsfreiheit, Befreiung oder Nicht-Versicherungspflicht vorlag. Damit will der Gesetzgeber gezielten Systemwechseln im Alter vorbeugen.
Familienversicherung: Sonderfall bei Kindern mit Behinderung und bei EhegattenFür Kinder gilt: Besteht eine Behinderung schon während einer Familienversicherung in den Altersgrenzen, kann die beitragsfreie Familienversicherung ohne Alterslimit fortdauern. Das kann auch dann eine Rückkehrbrücke sein, wenn früher familienversicherte, inzwischen privat versicherte Erwachsene erneut dem Tatbestand der Familienversicherung unterfallen.
Für Ehegatten gilt die Familienversicherung – unabhängig von einer Behinderung – bei geringem Gesamteinkommen und fehlender hauptberuflicher Selbstständigkeit.
Freiwillige Mitgliedschaft und Beitragshöhe: „Gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“Wer als Schwerbehinderter per § 9 SGB V freiwillig beitritt, zahlt Beiträge nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Maßgeblich sind nicht nur Erwerbseinkünfte, sondern grundsätzlich alle regelmäßigen Einnahmen; Details regeln § 240 SGB V und die einheitlichen Grundsätze des GKV-Spitzenverbands. Das kann – je nach Einkommensmix – zu höheren Beiträgen führen als in einer Pflichtversicherung.
Rentenbezug und KVdR: Ein eigener ZugangWer die Vorversicherungszeiten der Krankenversicherung der Rentner erfüllt, wird mit Rentenbeginn pflichtversichert. Das ist ein eigenständiger Zugangstatbestand, der von der Schwerbehinderung unabhängig ist – in der Praxis aber oft zusammenfällt, wenn etwa eine Erwerbsminderungsrente gezahlt wird.
Formales Vorgehen: Von der Antragstellung bis zur PKV-KündigungDer erste Schritt ist die saubere Dokumentation: Feststellungsbescheid der Schwerbehinderung, Nachweise über Vorversicherungszeiten bei GKV-Kassen von Ihnen, dem Elternteil oder Ehe-/Lebenspartner sowie ein knapper, fristwahrender Beitrittsantrag an die gewünschte Krankenkasse.
Wird stattdessen über einen Pflicht-Tatbestand gewechselt (z. B. neue Beschäftigung unter JAEG oder ALG I), entsteht Mitgliedschaft kraft Gesetzes; in der Folge greift das Sonderkündigungsrecht in der PKV.
Die private Vollversicherung kann bei Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht binnen drei Monaten – rückwirkend auf den Eintritt der Pflicht – gekündigt werden; der Nachweis der Pflicht ist dem Versicherer fristgerecht vorzulegen.
Typische Stolpersteine – und wie man ihnen begegnetIn der Beratungspraxis zeigen sich drei neuralgische Punkte: Erstens wird die Drei-Monats-Frist nach Feststellung der Schwerbehinderung oft übersehen.
Zweitens scheitert der Beitritt an satzungsbedingten Altersgrenzen, die man erst im Kleingedruckten bemerkt.
Drittens wird die Beitragslogik der freiwilligen Mitgliedschaft unterschätzt. Wer eine Ablehnung erhält, sollte die Begründung prüfen, fristgerecht Widerspruch einlegen und – falls nötig – sozialgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Seriöse Verbraucherquellen warnen zudem vor Scheinlösungen und zweifelhaften Agenturmodellen.
Ein Fazit in zwei SätzenEine anerkannte Schwerbehinderung kann den Weg aus der PKV in die GKV erheblich erleichtern – vor allem über das besondere Beitrittsrecht des § 9 SGB V –, ist aber kein „Freifahrtschein“. Wer Fristen einhält, die passende Eintrittsbasis wählt und die Beitragsfolgen realistisch kalkuliert, maximiert die Erfolgschancen und vermeidet teure Umwege.
Quellenhinweise: Gesetzesgrundlagen zu § 5, § 6, § 9 und § 10 SGB V sowie § 151 SGB IX; Hinweise zur Praxis, Fristen und Altersgrenzen
Der Beitrag Schwerbehinderung ermöglicht Wechsel von der PKV in die GKV erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Keine Anrechnung der Rente auf die Witwenrente – Wegweisendes Urteil
Eine Witwe, die seit 1992 eine Hinterbliebenenrente bezog und ab Oktober 1993 zusätzlich Altersrente erhielt, sollte Jahrzehnte später knapp 19.600 Euro zurückzahlen.
Die Deutsche Rentenversicherung berief sich darauf, die Altersrente hätte rückwirkend auf die Witwenrente angerechnet werden müssen. Das Sozialgericht Stuttgart gab der Klägerin im Dezember 2022 Recht; das Landessozialgericht Baden-Württemberg bestätigte diese Entscheidung mit Urteil (Az.: L 11 R 103/23).
Die Rückforderung scheiterte, weil der Versicherte keine grob fahrlässige Pflichtverletzung begangen hatte und die gesetzlichen Grenzen für nachträgliche Aufhebungen erreicht waren.
Der lange Weg von der Bewilligung zur RückforderungDie Rentnerin hatte bereits bei Antragstellung auf Altersrente auf den laufenden Bezug der Witwenrente hingewiesen. Beide Leistungen liefen über denselben Träger und wurden auf dasselbe Konto überwiesen. Über Jahre erhielt sie Rentenanpassungsmitteilungen, die die Zahlungen zusammenführten.
Für die Klägerin ergab sich daraus der nachvollziehbare Eindruck, dass die Berechnungen korrekt seien. Erst 2021 bemerkte die Rentenversicherung, dass die Altersrente teilweise auf die Witwenrente hätte angerechnet werden müssen, und verlangte die Erstattung. Die Gerichte sahen hierin jedoch keinen Grund, die jahrzehntelang bestandskräftige Leistungsgewährung zu revidieren.
Bestandskraft, Mitteilungspflichten und die Zehn-Jahres-GrenzeWichtig hierfür sind §§ 45 und 48 SGB X. § 45. Diese betreffen die Rücknahme rechtswidriger, begünstigender Verwaltungsakte – hier: eine zu hohe Witwenrente von Anfang an. § 48 regelt die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung bei späteren Änderungen – hier: der Hinzutritt der Altersrente. In beiden Konstellationen schützt das Gesetz Vertrauen und setzt enge Schranken für Rücknahmen.
Besonders bedeutsam ist die Zehn-Jahres-Frist des § 45 Abs. 3 SGB X, nach deren Ablauf eine Rücknahme grundsätzlich ausscheidet, es sei denn, es liegen Gründe wie Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vor oder der Anspruch ist weggefallen und der Betroffene wusste dies oder hätte es grob fahrlässig wissen müssen. Das LSG fand keinen dieser Ausnahmetatbestände erfüllt.
Keine grobe Fahrlässigkeit: Warum die Klägerin schutzwürdig bliebDas Gericht würdigte die Umstände aus Sicht einer rechtsunkundigen Versicherten. Die Bewilligungs- und Anpassungsschreiben waren nicht hinreichend klar, um zwingend die Pflicht zu einer gesonderten Mitteilung an das „Witwenrenten-Dezernat“ zu erkennen.
Dass beide Renten aus einer Hand kamen, dieselbe Kontoverbindung genutzt wurde und die jährlichen Anpassungen miteinander kommuniziert wurden, durfte die Klägerin als Indiz für eine behördlich richtige Verrechnung verstehen. Unter diesen Bedingungen konnte das Gericht grobe Fahrlässigkeit verneinen.
Ausdrücklich stellte die Entscheidung klar: Wer beim Altersrentenantrag den Bezug der Witwenrente gegenüber demselben Träger offenlegt, handelt nicht grob fahrlässig, wenn er die Information nicht zusätzlich an eine andere interne Stelle meldet.
Geringe rechnerische Auswirkung als weiteres IndizDie Altersrente führte im konkreten Fall nur zu geringfügigen monatlichen Kürzungen im Bereich weniger Dutzend Euro. Beträge in dieser Größenordnung mussten einer durchschnittlichen Versicherten nicht zwingend als Fehler auffallen. Für die Annahme grober Fahrlässigkeit fehlte damit auch aus wirtschaftlicher Sicht ein belastbares Fundament.
Die Rolle der Mitteilungspflicht – und ihre GrenzenVersicherte sind verpflichtet, änderungsrelevante Tatsachen mitzuteilen. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob die Behörde theoretisch ohnehin Kenntnis erlangen könnte. Gleichwohl ist zwischen einfacher Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit zu unterscheiden.
Das LSG betonte, dass unklare Belehrungen, die scheinbare behördliche „Gesamtabwicklung“ beider Renten und die langjährige widerspruchsfreie Zahlung das Vertrauen der Klägerin stützten.
In dieser Konstellation blieb ihr Verhalten unterhalb der Schwelle grober Sorgfaltspflichtverletzungen, die ein rückwirkendes Eingreifen nach Ablauf langer Zeiträume rechtfertigen würden.
Was das Urteil für Rentnerinnen und Rentner bedeutetDie Entscheidung stärkt den Vertrauensschutz bei langjährig gezahlten Leistungen und konkretisiert, wann Rückforderungen trotz Anrechnungsvorschriften unterbleiben müssen. Wer einen zweiten Rentenbezug aufnimmt und dies im Rahmen des Antragsverfahrens gegenüber demselben Träger offenlegt, darf grundsätzlich erwarten, dass die Verrechnung korrekt erfolgt.
Kommt es später zu Beanstandungen, sind Rücknahmen nach vielen Jahren nur in den gesetzlich eng definierten Ausnahmefällen möglich.
Zugleich bleibt richtig: Änderungen mitteilungsbedürftiger Umstände sollten weiterhin zeitnah angezeigt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
Blick über den Einzelfall: Wo die Grenze verläuftDie Linie der Rechtsprechung zeigt, dass Gerichte streng prüfen, ob Mitteilungspflichten verletzt wurden und ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt. In anderen Verfahren ist eine Rückforderung bestätigt worden, wenn Versicherte den Hinzutritt eigener Renten oder Einkommen verschwiegen oder Hinweise eindeutig waren.
Das unterstreicht: Schutzwürdiges Vertrauen entsteht aus transparentem Verhalten der Versicherten und klaren, verständlichen Belehrungen der Verwaltung – und nicht automatisch aus bloßem Zeitablauf.
Beispiel aus dem AlltagWer – wie im häufigen Musterfall – zuerst eine Witwenrente bezieht und später eine Altersrente erhält, kann die wesentlichen Informationen bereits im Altersrentenantrag geben und sollte die bisherige Rente dort offen nennen. Gehen anschließend beide Leistungen auf demselben Konto ein und bestätigen jährliche Bescheide das Zusammenspiel, dürfen Laien grundsätzlich auf die Richtigkeit der behördlichen Berechnung vertrauen.
Kommt nach vielen Jahren ein Rückforderungsbescheid, wird entscheidend sein, ob die Behörde nachvollziehbar darlegt, warum ausnahmsweise doch grobe Fahrlässigkeit vorlag oder ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand greift. Ohne solche Anhaltspunkte überwiegt regelmäßig der Vertrauensschutz.
Fazit: Vertrauensschutz vor Jahrzehnte späterer KorrekturDas Urteil des LSG Baden-Württemberg setzt ein deutliches Zeichen zugunsten der Bestandskraft und gegen pauschale Rückforderungen nach Jahrzehnten. Keine grobe Fahrlässigkeit, unklare Belehrungen, behördliche Gesamtkommunikation und nur geringe Anrechnungsbeträge sprachen für die Rentnerin. Damit blieb die Rückforderung über 19.600 Euro ohne Erfolg.
Für Versicherte heißt das: Sorgfältig informieren, Angaben im Antragsverfahren dokumentieren – und im Zweifel nachfragen. Für die Verwaltung heißt es: Belehrungen klar fassen, interne Prozesse verlässlich verzahnen und die engen gesetzlichen Voraussetzungen für Rücknahmen beachten.
Quellenhinweise: LSG Baden-Württemberg, Urteil – L 11 R 103/23; Bestimmungen der §§ 45, 48 SGB X.
Der Beitrag Keine Anrechnung der Rente auf die Witwenrente – Wegweisendes Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Schwerbehinderung: Angehörige haben Vorrang als Betreuer bestellt zu werden
Ein Amtsgericht darf den Wunsch eines behinderten Kindes auf Betreuung durch seine Mutter nicht ohne konkrete Prüfung über ihre Eignung als Betreuerin übergehen.
Bestehen Zweifel, ob die Mutter als Verhinderungsbetreuerin, also als Vertreterin des zum Betreuer bestellten Vaters geeignet ist, muss das Gericht dem auf dem Grund gehen und die Frau hierzu persönlich anhören, forderte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch, 12. November 2025, veröffentlichten Beschluss (Az.: XII ZB 513/24).
Andernfalls ist die Bestellung eines Berufsbetreuers für die Verhinderungsbetreuung nicht zulässig, so die Karlsruher Richter.
Enge Angehörige haben Vorrang bei Bestellung als BetreuerKonkret ging es um eine geistig behinderte Frau mit einer leichten Intelligenzminderung, die auf eine Betreuung angewiesen ist. Ihr Vater wurde wunschgemäß als Betreuer bestellt. Ihre Mutter sollte nach den Vorstellungen der Betroffenen als Verhinderungsbetreuerin bestellt werden.
Dem kamen sowohl das Amtsgericht Viechtach im Bayerischen Wald als auch das Landgericht Deggendorf nicht nach. Zwar müsse dem Betreuungswunsch des Betroffenen „möglichst entsprochen“ werden, so das Landgericht. Die Mutter sei jedoch zur Führung der Betreuung ungeeignet.
Nach Mitteilung anderer Personen verfüge sie nicht über die „notwendigen sozialen Fähigkeiten“. Sie sei unfähig zur sachlichen Kommunikation und übe eine eigennützige Einflussnahme auf das Leben ihrer Tochter aus. Daher sei die Bestellung eines Berufsbetreuers für die Verhinderungsbetreuung gerechtfertigt.
BGH: Gericht muss bei Zweifeln an Geeignetheit Angehörige anhörenDer BGH hob mit Beschluss vom 24. September 2025 diese Entscheidung auf und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück. Sei eine Betreuung notwendig, hätten bei der Auswahl des Betreuers die familiären Beziehungen des Volljährigen, insbesondere zum Ehegatten, zu Eltern und zu Kindern Vorrang. Dies diene dem Schutz von Ehe und Familie. Wünsche sich eine Betroffene einen bestimmten Betreuer, reiche dies als Grund aus. Weder müsse die Betroffene hierfür geschäftsfähig noch einsichtsfähig sein.
Bestehe die konkrete Gefahr, dass ein Angehöriger mit der Betreuung nur seinen eigenen Interessen folgt, oder wenn ein Missbrauch der betroffenen Person zu befürchten ist, könne die Bestellung als Betreuer aber versagt werden.
Im konkreten Fall habe es zwar Zweifel an der Eignung der Mutter als Verhinderungsbetreuerin gegeben. Diese basierten aber nur auf Mitteilungen dritter Personen. Indem das Landgericht die Mutter hierzu nicht persönlich angehört hat, habe es seine Amtsermittlungspflicht verletzt. Die Bestellung eines Berufsbetreuers zur Verhinderungsbetreuung sei damit rechtswidrig erfolgt. fle
Der Beitrag Schwerbehinderung: Angehörige haben Vorrang als Betreuer bestellt zu werden erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Schulden: Nur so lange darf die SCHUFA Daten zu Zahlungsproblemen speichern
Wer heute eine Wohnung mieten, einen Kredit aufnehmen oder schlicht einen Onlinekauf auf Rechnung tätigen möchte, stolpert oft über eine Zahl: den sogenannten „Score“. Maßgeblich dafür ist die Bonitätsauskunft der Schufa, der größten Wirtschaftsauskunftei Deutschlands.
Doch wie lange dürfen negative Einträge — insbesondere erledigte Zahlungsstörungen — dort überhaupt stehen? Und entspricht das dem Datenschutz?
Status quo: Drei Jahre – mit AusnahmenFormal ist die Lage nicht klar gesetzlich geregelt. Es existiert keine eindeutige bundeseinheitliche gesetzliche Frist, die genau vorgibt, wie lange die Schufa Einträge zu erledigten Forderungen speichern darf. Stattdessen gilt folgendes System:
Art des Eintrags Regelfrist nach dem „Code of Conduct“ Erledigte Zahlungsstörung grundsätzlich 3 Jahre nach Ausgleich. Einmalige Störung, schnell beglichen Möglichkeit der Verkürzung auf 18 Monate, wenn Bedingungen erfüllt sind.Der „Code of Conduct“ ist eine Vereinbarung zwischen Auskunfteien und Datenschützern („Verhaltensregel für Prüf‑ und Löschfristen“) vom Mai 2024.
Das heißt im Klartext: Wer eine Forderung beglichen hat, sieht sich grundsätzlich mit drei Jahren Speicherfrist bei der Schufa konfrontiert – es sei denn, er erfüllt bestimmte Sonderbedingungen für eine Verkürzung.
Die Frist von drei Jahren ist kein harmloser Zeitraum: In dieser Zeit kann ein negativer Eintrag bei der Schufa erhebliche Auswirkungen haben — etwa bei der Wohnungssuche, beim Autokredit oder beim Handyvertrag.
Wenn eine Forderung längst beglichen ist, erscheint es vielen Betroffenen als unverhältnismäßig, dass trotzdem jahrelang negative Daten vorgehalten werden.
Ein konkretes Beispiel: In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Köln hatte die Schufa Daten mehrere Jahre nach Begleichung gespeichert – das Gericht sah dies als Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) an und sprach Schadenersatz zu.
Zudem steht im Raum: Wenn Privatunternehmen dieselben Daten erheblich länger speichern als öffentliche Verzeichnisse (z. B. Schuldnerverzeichnisse), dann könnte die private Speicherung sachlich nicht mehr gerechtfertigt sein.
In § 882e ZPO heißt es etwa, dass Einträge im öffentlichen Schuldnerverzeichnis gelöscht werden müssen, sobald die Forderung befriedigt wurde.
Damit stellt sich die Frage: Bleibt die Speicherung über drei Jahre angesichts des Datenschutzes und der Informationspflichten noch verhältnismäßig?
Was sagt die Schufa & Wirtschaft?Die Schufa verteidigt die dreijährige Frist aus ihrer Sicht mit Blick auf das Risikobewertungsverfahren: Menschen, die bereits eine Zahlungsstörung beglichen haben, hätten nach eigenen Angaben statistisch ein erhöhtes Risiko, erneut in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten – etwa das zehnfache Risiko im Vergleich zu zuverlässig Zahlenden.
Banken und Händler argumentieren ähnlich: Ohne diese Daten könnten Auskunfteien und Kreditgeber das Risiko von Zahlungsausfällen nicht mehr so präzise einschätzen. Für sie stünde damit eine elementare Datenbasis auf dem Spiel.
Rechtslage: Entscheidung des Bundesgerichtshof offenDer Fall hat inzwischen den Bundesgerichtshof (BGH) erreicht: Unter dem Aktenzeichen I ZR 97/25 verhandelte der Erste Zivilsenat über die Klage eines Mannes gegen die Schufa. Er verlangte Schadenersatz, weil Einträge nach bereits bezahlten Forderungen weiter gespeichert wurden.
Gegenstand der Verhandlung: Muss eine Forderung nach vollständiger Begleichung sofort gelöscht werden — oder darf der dreijährige Zeitraum gelten?
Wenn der BGH sich gegen die gängige Praxis entscheidet, könnte das massive Auswirkungen haben: Nach Schätzungen der Schufa wären etwa 564.000 Personen von einer vorzeitigen Löschung betroffen.
Bewertung: Interessenkonflikt zwischen Datenschutz und KreditwirtschaftDas Thema lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Datenschutzperspektive: Wenn eine Forderung beglichen ist, verliert der ursprüngliche Negativeintrag viel von seiner sachlichen Relevanz. Die Speicherung über drei Jahre mag im Einzelfall unverhältnismäßig sein – insbesondere dann, wenn keine weiteren Zahlungsstörungen vorliegen.
Dass eine Privatfirma Daten länger vorhält als das öffentliche Register erscheint fragwürdig.
Wirtschaftliche Perspektive: Die Schufa und ihre Vertragspartner argumentieren, dass gerade auch erledigte negative Einträge wichtige Signale für zukünftige Risiken liefern. Dass das Instrumentarium der Kreditvergabe auf dieser Risikoeinschätzung basiert, ist nachvollziehbar.
Spannung: Hier prallen zwei legitime Interessen aufeinander – das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einerseits, das wirtschaftliche Interesse an Risikovorsorge andererseits. Entscheidend wird sein, wie der BGH das „berechtigte Interesse“ im Sinne von Art. 6 DSGVO im Verhältnis zur Verhältnismäßigkeit bewertet.
Ausblick: Kommt der BGH zu dem Schluss, dass Einträge nach vollständiger Begleichung sofort gelöscht werden müssen, könnten sich die Geschäftsmodelle von Auskunfteien und Kreditgebern ändern – etwa höhere Risikoprämien oder verschärfte Bedingungen. Gleichwohl wäre dies ein starker Fortschritt im Verbraucherschutz.
FazitJa – die Schufa darf Daten über erledigte Zahlungsstörungen derzeit grundsätzlich bis zu drei Jahre speichern (in Sonderfällen auf 18 Monate). Der Beleg dieser Praxis: Der Code of Conduct der Wirtschaftsauskunfteien. Aber:
Ob diese Frist im Einklang mit der DSGVO steht, wird aktuell vom BGH geprüft. Für Betroffene kann dieses Verfahren entscheidend sein – wer eine Forderung beglichen hat, sollte prüfen, ob nicht eine vorzeitige Löschung möglich ist.
Die Entscheidung könnte nicht nur Einzelne betreffen, sondern das gesamte Bonitätswesen in Deutschland nachhaltig verändern.
Der Beitrag Schulden: Nur so lange darf die SCHUFA Daten zu Zahlungsproblemen speichern erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: Digitaler Rentenausweis kommt: Bald Zwang für alle Rentner?
Die Bundesregierung treibt die Digitalisierung staatlicher Nachweise voran – dazu gehört auch der Rentenausweis. Bislang erhalten Rentnerinnen und Rentner eine Ausweiskarte im Scheckkartenformat per Post.
Künftig soll der Nachweis vor allem digital bereitgestellt werden, abrufbar per App oder als Datei für die Smartphone-Wallet. Was nach modernem Komfort klingt, wirft grundlegende Fragen auf: Wie verbindlich ist die Umstellung, wie weit sind die Pläne, und was bedeutet das für Menschen ohne Smartphone oder stabile Internetverbindung?
Was der Rentenausweis heute leistetDer Rentenausweis bestätigt den Status als Rentenbezieherin oder Rentenbezieher. Er dient gegenüber Behörden als Nachweis, wird aber auch im Alltag eingesetzt – etwa für Vergünstigungen bei Bahn, Kultur- und Bildungseinrichtungen.
Aufgeführt sind personenbezogene Angaben wie Name, Geburtsdatum und die Rentenversicherungsnummer. Die Ausgabe erfolgt bislang unkompliziert per Post zu Beginn des Rentenbezugs. Gerade diese Niedrigschwelligkeit macht den Ausweis zu einem wichtigen Dokument im täglichen Leben vieler älterer Menschen.
Die PläneIm Koalitionsvertrag findet sich der Auftrag, Ausweise wie den Schwerbehindertenausweis und den Rentenausweis „digital und sicher“ mitführen zu können. Die Stoßrichtung ist klar: Weg vom physischen Kärtchen hin zum digitalen Nachweis, der jederzeit auf dem Smartphone verfügbar ist.
Das Versprechen lautet Effizienz und Tempo – weniger Papier, schnellere Aktualisierungen, geringere Verwaltungswege. Die Vision ist ein Ökosystem staatlicher Nachweise, die Bürgerinnen und Bürger im Alltag ähnlich selbstverständlich wie eine Bezahlkarte in der Wallet bereithalten.
Der Praxischeck: Voraussetzungen und HürdenDie Digitalisierung eines Pflicht-Dokuments funktioniert nur, wenn die technischen und sozialen Voraussetzungen mitgedacht werden. Ein digitaler Rentenausweis setzt ein geeignetes Endgerät voraus, in der Regel ein Smartphone.
Er verlangt darüber hinaus den souveränen Umgang mit App-Stores, Downloads und Wallet-Funktionen sowie den Zugriff auf das Internet – entweder dauerhaft oder zumindest punktuell für Einrichtung und Aktualisierung.
Für Menschen mit geringer Technikaffinität, mit motorischen oder visuellen Einschränkungen oder in Regionen mit schlechter Netzabdeckung bedeutet das zusätzliche Hürden. Wer sein Telefon verliert, wer sich sperrt oder wer schlicht den Akku schont, steht im entscheidenden Moment ohne Nachweis da.
Die vergessenen OfflinerDeutschland ist weiter als oft angenommen, aber nicht flächendeckend digital. Ein relevanter Teil der Bevölkerung nutzt das Internet gar nicht – aus Überzeugung, aus Unsicherheit oder mangels Zugang. Besonders betroffen ist die Altersgruppe der Seniorinnen und Senioren.
Rechnet man konservativ mit mehreren Hunderttausend älteren Offlinerinnen und Offlinern, wird deutlich: Eine rein digitale Lösung würde genau jene Menschen ausschließen, für die der Rentenausweis im Alltag besonders wichtig ist. Wer keinen Zugang zur Technik hat, darf nicht auf komplizierte Ersatzverfahren verwiesen werden, sondern braucht einen gleichermaßen wirksamen, gleichwertigen Nachweis.
Datenschutz und Vertrauen als SchlüsselDigitale Ausweise müssen nicht nur funktionieren, sie müssen Vertrauen schaffen. Das beginnt bei Datensparsamkeit und Ende-zu-Ende-Sicherheit und reicht bis zur transparenten Aufklärung: Welche Daten sind gespeichert? Wer hat wann Zugriff? Wie wird Missbrauch verhindert?
Erfahrungen aus anderen Digitalvorhaben zeigen, dass Akzeptanz bröckelt, wenn Betroffene das Gefühl haben, in Systeme hineingezogen zu werden, ohne die Kontrolle zu behalten.
Ein Opt-out-Modell, das Menschen automatisch einbezieht und den Widerspruch ihnen überlässt, wäre beim Rentenausweis besonders heikel. Der Rentennachweis ist ein Basisschlüssel gesellschaftlicher Teilhabe; hier braucht es Entscheidungshoheit statt Automatismen.
Barrierefreiheit heißt WahlfreiheitDigitale Angebote entfalten ihren Nutzen, wenn sie zusätzliche Wege eröffnen – nicht, wenn sie bestehende Lebensrealitäten verdrängen. Ein inklusiver Ansatz würde den digitalen Rentenausweis als komfortable Option einführen, ohne den analogen Ausweis abzuschaffen.
So könnten Technikaffine ihren Nachweis sicher in der Wallet mitführen, während andere weiterhin auf eine robuste Karte zurückgreifen. Parallel sollte es niederschwellige Unterstützung geben: persönliche Einrichtungshilfen, Hotline-Begleitung, leicht verständliche Anleitungen in großer Schrift und mehrsprachig. Nur wenn die Nutzung freiwillig ist und Alternativen verlässlich bleiben, wird aus einem Digitalprojekt ein gesellschaftlicher Fortschritt.
Umsetzung mit AugenmaßEine tragfähige Einführung fußt auf klaren Eckpfeilern. Die digitale Variante braucht einheitliche Standards, damit sie bei Bahn, Behörden und Kulturinstitutionen zuverlässig anerkannt wird. Sie benötigt Offline-Fähigkeit, etwa durch einen lokal gespeicherten, fälschungssicheren Nachweis, der auch ohne Netzverbindung vorgezeigt werden kann.
Sie sollte mit bewährten Identitätsverfahren zusammenspielen, ohne neue Hürden aufzubauen. Und sie muss rechtlich wie organisatorisch so abgesichert sein, dass ein Verlust des Endgeräts nicht zum Verlust des Nachweises führt, sondern über klar geregelte Sperr- und Wiederherstellungswege aufgefangen wird. Der analoge Ausweis bleibt dabei die stabile Rückfallebene, die niemandem verwehrt werden darf.
Fazit: Modernisieren – ohne zu marginalisierenDer digitale Rentenausweis kann Verwaltung vereinfachen und den Alltag vieler Menschen erleichtern. Er wird aber nur dann zum Erfolg, wenn er nicht als Zwang daherkommt, sondern als Angebot, das Sicherheit, Datenschutz und Barrierefreiheit ernst nimmt.
Eine Doppelstrategie aus digitalem und analogem Nachweis schützt vor Ausgrenzung und respektiert unterschiedliche Lebenswirklichkeiten. Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie ist dann gut, wenn sie niemanden zurücklässt – und genau daran muss sich die Einführung des digitalen Rentenausweises messen lassen.
Der Beitrag Rente: Digitaler Rentenausweis kommt: Bald Zwang für alle Rentner? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: Weniger Rentenanspruch durch Entgeltumwandlung
Der Bundestag berät derzeit das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II). Ziel ist es, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) – besonders auch in kleineren, nicht tarifgebundenen Unternehmen – spürbar zu erhöhen und Sozialpartnermodelle zu öffnen und zu vereinfachen.
Am 10. November 2025 fand hierzu eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales statt. Parallel verhandelt die Koalition das „Rentenpaket 2025“ zur Stabilisierung des Rentenniveaus.
Die Warnung der RentenversicherungIn ihrer schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung unterstützt die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) zwar das Ziel stärkerer bAV-Verbreitung, kritisiert aber die finanzielle Konstruktion vieler Sozialpartnermodelle, die „zu einem wesentlichen Teil“ auf Entgeltumwandlung beruhe. Nach DRV-Zahlen nutzen bereits rund 20 % der Beschäftigten in der Privatwirtschaft Entgeltumwandlung.
Würde die beitragspflichtige Lohnsumme infolge erweiterter Opt-out-Modelle nur um 1 % sinken, fehlten der gesetzlichen Rentenversicherung rund 3 Mrd. € an Pflichtbeiträgen (Wertbasis 2025). Das dämpfe nicht nur individuelle Rentenanwartschaften, sondern verlangsamt auch den Anstieg des aktuellen Rentenwerts – mit Folgen für alle Versicherten und Rentner, auch jene ohne Entgeltumwandlung.
Außerdem fallen aus geringeren beitragspflichtigen Einkommen niedrigere Leistungen bei Kranken-, Arbeitslosen- und Übergangsgeld an. Die DRV rät daher davon ab, bAV-Wachstum „zu Lasten der Versichertengemeinschaft“ über mehr Entgeltumwandlung zu organisieren.
Was der Gesetzentwurf ändertDer Regierungsentwurf öffnet Sozialpartnermodelle breiter – auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber – und erleichtert Opt-out-Lösungen (automatische Entgeltumwandlung), sofern sich Arbeitgeber finanziell „besonders“ beteiligen.
Außerdem werden Abfindungsregeln für Kleinstanwartschaften flexibilisiert und die bAV-Förderung für Geringverdienende dynamisiert. Damit soll die zweite Alterssicherungssäule gestärkt und die Teilnahmequote erhöht werden.
Befürworter sehen Chancen – aber Detailkritik bleibtArbeitgeber- und Branchenverbände begrüßen BRSG II grundsätzlich als Schritt zu mehr Verbreitung und Effizienz der bAV, verweisen aber auf offenen Nachsteuerungsbedarf (u. a. bei Anschlussmöglichkeiten, Abfindungsgrenzen, Bürokratie).
Fachportale und Beratungshäuser heben die neuen Wege in § 24 BetrAVG-E hervor, die einen leichteren Anschluss an bestehende Modelle erlauben.
Entgeltumwandlung: Was Beschäftigte wissen solltenBei der Entgeltumwandlung wandeln Arbeitnehmer Teile ihres Bruttolohns in bAV-Beiträge um. Bis zu 4 % der jährlichen BBG in der Rentenversicherung sind sozialversicherungsfrei; bis zu 8 % sind steuerfrei (die zweite Hälfte nicht SV-frei). Für 2025 entspricht das 3.864 € jährlich (monatlich 322 €) SV-frei; weitere 3.864 € sind zusätzlich steuerfrei.
Das reduziert heute Nettoabgaben, senkt aber die beitragspflichtige Bemessungsgrundlage – mit spürbaren Effekten auf spätere Rentenpunkte und die Höhe anderer Lohnersatzleistungen.
Einordnung: Drei-Säulen-Logik, echte Trade-offsPolitisch soll BRSG II die Zweite Säule stärken, während das Rentenpaket 2025 die Erste Säule stabilisiert. Aus Versichertensicht bleibt es ein Abwägungsgeschäft: bAV per Entgeltumwandlung kann sich netto kurzfristig lohnen, kostet aber gesetzliche Rentenanwartschaften und kann soziale Sicherungen (z. B. Krankengeldhöhen) mindern.
Der konkrete Effekt hängt von Einkommen, Arbeitgeberzuschüssen, Förderberechtigung (z. B. § 100 EStG) und dem Produkt ab. Die DRV mahnt deshalb: bAV-Ausbau ja, aber nicht primär über SV-freie Entgeltumwandlung.
AusblickDer Ausschuss wertet die Anhörung aus; Änderungen am Entwurf sind möglich. Tritt BRSG II in überarbeiteter Form in Kraft, dürfte es ab 2026 wirken. Bis dahin bleibt entscheidend, wie Opt-out-Modelle, Arbeitgeberzuschüsse und Förderlogik austariert werden – damit bAV-Zuwächse nicht durch Lücken in der gesetzlichen Rente erkauft werden.
Quellenhinweise: Offizielle Gesetzes- und Anhörungsunterlagen, Stellungnahmen und Fachinformationen wurden für diesen Beitrag ausgewertet, u. a. DRV-Stellungnahme (Ausschussdrucksache 21(11)46), Bundestag/Ausschuss-Bericht, BMAS/BMF-Seiten sowie Fachzusammenfassungen zu BRSG II und Rechengrößen 2025.
Der Beitrag Rente: Weniger Rentenanspruch durch Entgeltumwandlung erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: 62 Jahre alt, 45 Jahre gearbeitet und trotzdem keine Rente
Vier Jahrzehnte und mehr im Berufsleben zu stehen, erscheint vielen gesetzlich Rentenversicherte als hinreichende Bedingung für einen wohlverdienten Ruhestand.
Doch wer 45 Versicherungsjahre angesammelt hat, muss – je nach Geburtsjahr – bis zu seinem 65. Geburtstag warten, um ohne Abschläge die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ zu beziehen.
Die Altersgrenze ist Teil einer im Jahr 2014 begonnenen Übergangsregel, die pro Jahrgang um zwei Monate ansteigt und 2025 mit dem Jahrgang 1964 bei einheitlich 65 Jahren ankommt.
Die unterschiedlichen Rententypen und ihre VoraussetzungenHinter der nüchternen Zahl von 45 Jahren verbergen sich mehrere Rentenarten mit eigenen Regeln. Entscheidend sind die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ (mindestens 45 Versicherungsjahre) und die „Altersrente für langjährig Versicherte“ (mindestens 35 Versicherungsjahre).
Während erstere ab 2025 nur noch abschlagsfrei ab 65 Jahren startet, erlaubt letztere weiterhin einen früheren Ausstieg, allerdings nur mit dauerhaften Abschlägen. Für Versicherte der Jahrgänge ab 1964, die „nur“ 35 Versicherungsjahre vorweisen, bleibt das reguläre Rentenalter unverändert bei 67 Jahren.
Lesen Sie auch:
– Stille Rentenkürzung im Juli: Ungerechte Pauschalkürzung der Rente
Was früher Aussteigen kostetWer keine Schwerbehinderung nachweist und dennoch vor 65 in Rente gehen möchte, greift zwangsläufig zur Altersrente für langjährig Versicherte. Jeder vorgezogene Monat schlägt mit einem lebenslangen Abschlag von 0,3 Prozent zu Buche.
Maximal möglich sind vier Jahre vor dem jeweiligen Regelalter – das entspricht 48 Monaten und damit 14,4 Prozent weniger Rente. Diese Kürzung bleibt auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze dauerhaft bestehen.
Jahrgang 1964: Ein Rechenbeispiel ohne SchwerbehinderungEin Versicherter, der 1964 geboren wurde, erfüllt seine 45 Beitragsjahre bereits mit 62. Dennoch kann er die abschlagsfreie Rente erst ab 65 beanspruchen.
Möchte er bereits mit 63 in Ruhestand gehen, bleibt nur die Altersrente für langjährig Versicherte – in seinem Fall wären das 48 Monate vor der Regelaltersgrenze, also 14,4 Prozent weniger Monatsrente. Eine Entscheidung, die gut bedacht sein will, denn der Abzug wirkt sich auch auf Hinterbliebenenrenten aus.
Schwerbehinderung: Türöffner mit milderen KonsequenzenFür Versicherte mit einem anerkannten Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent gelten bessere Bedingungen. Sie dürfen die „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ grundsätzlich zwei Jahre vor der abschlagsfreien Altersgrenze in Anspruch nehmen und damit 35 Versicherungsjahre genügen.
Bei Jahrgang 1964 liegt die abschlagsfreie Grenze bei 65 Jahren; ein Rentenbeginn mit 63 bringt deshalb nur 24 vorgezogene Monate mit sich, was 7,2 Prozent Abschlag entspricht. Frühestmöglich, das heißt ab 62, wären es 10,8 Prozent.
Zwischen Frühverrentung und NachhaltigkeitObwohl die Abschläge empfindlich sind, entscheiden sich immer mehr Versicherte für einen vorzeitigen Ausstieg. 2024 nutzten laut jüngsten Zahlen fast 270 000 Menschen die Möglichkeit, ohne Abschläge früher in Rente zu gehen – ein neuer Rekord.
Insgesamt traten rund 937 000 Versicherte neu in den Ruhestand ein; gut 28 Prozent nahmen Abschläge in Kauf. Fachleute sehen darin ein wachsendes Risiko für die Finanzierbarkeit der Rentenkasse, deren Beitragssatz bis 2038 auf mehr als 21 Prozent steigen könnte.
Strategien zur SchadensbegrenzungAngesichts dieser Fakten bleibt eine sorgfältige Planung unverzichtbar. Wer den Rentenbeginn vorziehen möchte, sollte prüfen, ob Teilzeitmodelle oder die Flexirente die finanziellen Einbußen abfedern können.
Zusätzliche private oder betriebliche Vorsorge gewinnt an Gewicht, ebenso eine genaue Analyse der persönlichen Renteninformation, um Überraschungen bei der Höhe möglicher Abschläge zu vermeiden.
Fazit45 Versicherungsjahre sind in Deutschland nach wie vor eine beeindruckende Lebensleistung – sie garantieren aber nicht automatisch den sofortigen Ruhestand.
Ob man mit oder ohne Schwerbehinderung früher aussteigen will, entscheidet sich letztlich an Altersgrenzen, Abschlagsregeln und der eigenen finanziellen Belastbarkeit.
Ein genauer Blick auf die individuelle Renteninformation, auf Beratungsangebote etwa von Sozialverbänden wie dem SoVD sowie auf politische Reformen ist daher unverzichtbar, um den Weg in den Ruhestand möglichst planvoll und abgesichert zu gestalten.
Der Beitrag Rente: 62 Jahre alt, 45 Jahre gearbeitet und trotzdem keine Rente erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Schwerbehinderung: Weniger zahlen fürs Telefonieren – so geht das
Die Telekom bietet für Menschen mit einer Schwerbehinderung einen Sozialtarif an, mit dem Sie günstiger telefonieren können. Wir klären Sie auf, ob Sie darauf einen Anspruch haben, was Sie beachten müssen, und ob sich diese Ermäßigung überhaupt für Sie lohnt.
Wann haben Sie Anspruch auf den Sozialtarif?Der Sozialtarif bei der Telekom kommt für Sie in Frage, wenn Sie von der Rundfunkpflicht befreit sind, derzeit eine Ausbildung absolvieren oder BAföG beziehen oder eine anerkannte Schwerbehinderung haben.
Bieten auch andere Telefonanbieter einen Sozialtarif?Nein, die Telekom ist in Deutschland der einzige Anbieter, der einen Sozialtarif im Programm hat. Dieser Service ist freiwillig, Anbieter von Telekommunikation sind nicht gesetzlich zu solchen Vergünstigungen verpflichtet.
Was müssen Sie für den Sozialtarif nachweisen?Für den Sozialtarif müssen Sie die Unterlagen vorlegen, die Ihre jeweilige Berechtigung nachweisen, also BAföG-Bezug, Befreiung von der Rundfunkgebühr oder Schwerbehinderung.
Zweierlei TarifeDie Telekom unterscheidet zwei verschiedene Sozialtarife. Für den Sozialtarif 1 benötigen Sie: Einen aktuellen Bescheid über die Rundfunkbeitragsbefreiung, oder einen Schwerbehindertenausweis mit Angabe des Grades der Behinderung sowie des Merkzeichens RF, oder den entsprechenden Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes, oder
einen gültigen BAföG-Bescheid.
Beim Sozialtarif 2 der Telekom müssen Sie noch weniger zahlen. Dieser gilt bei einer Schwerbehinderung von mindestens einem Grad 90 sowie dem Merkzeichen BI (blind) oder GI (gehörlos), nachgewiesen durch Schwerbehindertenausweis beziehungsweise Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes.
Wie beantragen Sie den Sozialtarif?Sie reichen den Antrag auf den Sozialtarif bei der Telekom online ein. Um ihn zu verlängern, reichen die gültigen Nachweise, die Sie ebenfalls online einschicken können.
Vorteile des SozialtarifsDie Grundgebühr sinkt zwar nicht beim Sozialtarif der Telekom. Ermäßigungen bekommen Sie aber bei den Anrufen zur nationalen Vorwahl 032 und bei Verbindungen ins ausländische Festnetz. Die Vergünstigungen betragen momentan 6,94 Euro netto beim Sozialtarif 1 und 8,72 netto beim Sozialtarif 2.
Wie lange gilt der Sozialtarif?Der Sozialtarif gilt grundsätzlich drei Jahre, außer für diejenigen, die BAföG empfangen. In diesem Fall müssen Sie den Sozialtarif jedes Jahr neu beantragen.
Lohnt sich der Sozialtarif?Sie sollten auf jeden Fall die Angebote der Telekom mit anderen Dienstleistern vergleichen. Trotz des Sozialtarifs können andere Anbieter günstiger sein. Vor allem, wenn Sie viel telefonieren, kommen Sie wahrscheinlich besser weg, wenn Sie bei einem anderen Dienst eine Flatrate buchen oder möglicherweise auch bei der Telekom selbst.
Wie berechnen Sie das günstigste Angebot?Um die Kosten zu berechnen, die auf Sie zukommen, berechnen Sie die Grundgebühr und den Minutenpreis der Telekom.
Davon ziehen Sie die Summe ab, die Ihnen wegen des Sozialtarifs zusteht, also 6,94 Euro bei Sozialtarif 1 und 8,72 Euro bei Sozialtarif 2. Das Ergebnis können Sie den entsprechenden Kosten für monatliche Flatrates vergleichen. Liegen diese niedriger, dann sollten Sie die Flatrate vorziehen.
Worauf müssen Sie achten?Wenn die Bedingungen für den Sozialtarif entfallen, weil Sie nicht mehr schwerbehindert sind, nicht mehr vom Rundfunkbeitrag befreit und auch kein BAföG mehr bekommen, dann müssen Sie dies der Telekom umgehend mitteilen.
Der Beitrag Schwerbehinderung: Weniger zahlen fürs Telefonieren – so geht das erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Wichtige Änderungen bei der Rente für Schwerbehinderte ab 2026
Ab dem 1. Januar 2026 greift für neue Rentenzugänge mit Schwerbehindertenausweis (GdB mindestens 50) ein einheitliches Altersmodell: Jahrgänge ab 1964 erreichen die abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen erst mit 65 Jahren.
Eine vorgezogene Inanspruchnahme ist weiterhin möglich, jedoch frühestens mit 62 Jahren und mit dauerhaften Abschlägen. Damit endet für diese Jahrgänge die bisherige Übergangs- bzw. Vertrauensschutzregelung; maßgeblich ist nun die allgemeine Norm des § 37 SGB VI, während § 236a SGB VI nur noch für ältere Jahrgänge (bis 1963) gilt.
Wann kann man mit einer Schwerbehinderung in Rente gehen?Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) und das Gesetz selbst definieren die Voraussetzungen eindeutig: Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht bei Vollendung des 65. Lebensjahres, bei anerkannter Schwerbehinderung zum Rentenbeginn und nach Erfüllung der Wartezeit von 35 Versicherungsjahren.
Eine vorzeitige Inanspruchnahme ist „nach Vollendung des 62. Lebensjahres“ möglich. Für vor 1964 Geborene galten und gelten gestaffelte Altersgrenzen aus dem Übergangsrecht (§ 236a SGB VI); für 1964 + gilt ausschließlich § 37 SGB VI.
Was genau 2026 praktisch bedeutetMit dem Jahr 2026 erreicht erstmals ein kompletter Geburtsjahrgang (1964) die neue frühe Altersgrenze von 62 Jahren. Betroffene können dann – bei erfüllter Wartezeit – vorzeitig in Rente gehen, müssen aber mit dauerhaft bis zu 10,8 Prozent Abschlag rechnen (0,3 Prozent je vorgezogenem Monat, maximal 36 Monate). Abschlagsfrei wird es für diesen Jahrgang erst 2029 im Alter von 65 Jahren.
Anerkennung der Schwerbehinderung: Zeitpunkt entscheidetWichtig ist nicht nur der Grad der Behinderung, sondern der Zeitpunkt: Die Schwerbehinderteneigenschaft (mindestens GdB 50) muss zum Rentenbeginn vorliegen. Wird der GdB später herabgesetzt, bleibt der einmal bewilligte Anspruch bestehen.
Die DRV weist diesen Grundsatz ausdrücklich aus; er sorgt für Planungssicherheit – gerade rund um Antrags- und Widerspruchsfristen in der Feststellung nach SGB IX.
Hinzuverdienst: Auch bei vorgezogener Rente unbegrenztEin zentraler Punkt für 2026 – besonders für alle, die vorzeitig gehen: Die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten sind bereits seit 1. Januar 2023 vollständig weggefallen.
Wer also die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (auch vorzeitig) bezieht, kann grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Das ist durch DRV-Leitfäden und Pressemitteilungen bestätigt.
Abschläge ausgleichen: Sonderzahlungen bleiben möglichWer früher gehen möchte, kann die daraus entstehenden Abschläge ganz oder teilweise durch Ausgleichszahlungen nach § 187a SGB VI kompensieren. Ab dem 50. Lebensjahr ist eine entsprechende DRV-Auskunft und darauf basierend die Einzahlung möglich. Die DRV stellt dafür u. a. das Formular V0210 bereit und erläutert Voraussetzungen und Grenzen.
Anforderungen ab 2026Unabhängig vom Stichtag 2026 bleiben die Voraussetzungen erhalten: anerkannte Schwerbehinderung (GdB ≥ 50) zum Rentenstart sowie 35 Jahre Wartezeit, die sich aus Beitrags-, Kindererziehungs-, Pflege- und weiteren rentenrechtlichen Zeiten zusammensetzen können. Diese Standards bestätigt die DRV auf ihren Informationsseiten.
Tabelle: Alle relevanten Änderungen ab 2026 Änderung ab 2026 Konkrete Auswirkung Abschlagsfreie Altersgrenze vereinheitlicht Jahrgänge ab 1964: abschlagsfrei erst mit 65 Jahren in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Vorzeitige Inanspruchnahme Frühestens ab 62 Jahren; bei vorgezogener Rente dauerhaft verminderte Leistung. Ende der Vertrauensschutz-/Übergangsregeln Für ab 1964 Geborene entfällt der Vertrauensschutz nach § 236a SGB VI; maßgeblich ist § 37 SGB VI. Höhe der Abschläge 0,3 % je Monat Vorziehung, maximal 10,8 % bei 36 Monaten. Hinzuverdienst Keine Hinzuverdienstgrenzen mehr bei vorgezogenen Altersrenten; unbegrenzt hinzuverdienen möglich. Voraussetzungen GdB ≥ 50 zum Rentenbeginn und 35 Jahre Wartezeit bleiben Pflicht. Bestand des Anspruchs Fällt der GdB nach Rentenbeginn weg, bleibt der Rentenanspruch bestehen. Ausgleichszahlungen Ab 50 Jahren können Sonderzahlungen nach § 187a SGB VI Abschläge ausgleichen; DRV-Formular V0210. Beispiel Jahrgang 1964 Frühester Rentenstart 2026 mit 62 Jahren (mit Abschlägen); abschlagsfrei ab 2029 mit 65 Jahren. Für wen sich frühes Gehen noch lohnt – und wann Warten besser istDer Wegfall des Vertrauensschutzes verschiebt die Eindeutigkeit zugunsten eines klaren, aber strengeren Systems: Wer gesundheitlich nicht bis 65 durchhalten kann oder will, behält die Option auf den früheren Ruhestand – nun allerdings mit vollen Abschlägen. Diese können, je nach Erwerbsbiografie, durch Sonderzahlungen teilweise oder ganz kompensiert werden.
Umgekehrt eröffnet der unbegrenzte Hinzuverdienst die Möglichkeit, den Übergang gleitend zu gestalten und Teilrenten mit Arbeit zu kombinieren, ohne eine Kürzung befürchten zu müssen.
Bei knapper Wartezeit oder schwankendem GdB empfiehlt sich eine rechtzeitige Absprache mit der DRV und – falls nötig – eine Prüfung der Anrechnungszeiten bzw. des Anerkennungsstatus vor dem gewünschten Rentenmonat.
FazitAb 2026 gilt: abschlagsfrei erst mit 65, vorzeitig ab 62 mit Abschlägen – und kein Vertrauensschutz mehr für 1964 +. Wer betroffen ist, sollte die eigene Versicherungsbiografie prüfen, den Zeitpunkt der Schwerbehinderten-Feststellung im Blick behalten, Hinzuverdienst- und Teilrentenoptionen abwägen und gegebenenfalls Ausgleichszahlungen kalkulieren. So wird aus der formalen Neuregelung ein planbarer Übergang in den Ruhestand.
Quellen: Gesetzestexte (§ 37, § 236a, § 187a SGB VI) und Informationsangebote der Deutschen Rentenversicherung, ergänzt um Verbands- und Pressedarstellungen zu den konkreten Änderungen ab 2026.
Der Beitrag Wichtige Änderungen bei der Rente für Schwerbehinderte ab 2026 erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Halbe Erwerbsminderungsrente: So wird das Krankengeld 2026 angerechnet
Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung ersetzt das Einkommen, wenn eine ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit länger andauert. Es wird grundsätzlich nach Ablauf der Entgeltfortzahlung gezahlt und ist wegen derselben Krankheit auf maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren begrenzt. Diese Höchstdauer bildet in der Praxis die „Blockfrist“ und bestimmt, wie lange Anspruch besteht.
Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung – im Alltag oft als „halbe Erwerbsminderungsrente“ bezeichnet – dient dem Ausgleich eines dauerhaft geminderten Leistungsvermögens am Arbeitsmarkt. Sie ist keine volle Existenzsicherung, sondern ergänzt verbleibende Erwerbseinkünfte. Beim Zusammentreffen von Krankengeld und teilweiser Erwerbsminderungsrente stellt sich Betroffenen die Frage, ob und in welchem Umfang eine Anrechnung erfolgt.
Volle Rente beendet, halbe Rente mindertDer Gesetzgeber zieht eine klare Linie zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderungsrente. Beginnt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, endet der Anspruch auf Krankengeld mit dem Rentenbeginn; ein neuer Anspruch entsteht während des Rentenbezugs nicht. Damit soll vermieden werden, dass zwei vollwertige Entgeltersatzleistungen nebeneinander stehen.
Anders ist jedoch die Lage bei der halben Erwerbsminderungsrente: Hier ist das Krankengeld nicht ausgeschlossen, sondern zu kürzen. Maßgeblich ist § 50 Absatz 2 SGB V. Danach wird das Krankengeld „um den Zahlbetrag“ der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gekürzt – allerdings nur, wenn die Rente „von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ zuerkannt wird. Der Gesetzeswortlaut stellt also ausdrücklich auf die zeitliche Reihenfolge ab.
Die zeitliche Reihenfolge entscheidet über die KürzungEntscheidend ist, ob der Rentenbeginn vor oder nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit liegt, die das Krankengeld auslöst. Wird die teilweise Erwerbsminderungsrente erst ab einem Zeitpunkt nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bewilligt – häufig sogar rückwirkend –, muss die Krankenkasse das Krankengeld um den Zahlbetrag der Rente mindern.
Wird die Rente hingegen bereits vor der Arbeitsunfähigkeit bezogen, greift der Kürzungstatbestand nicht; in dieser Konstellation kann Krankengeld neben der bereits laufenden Teilrente gezahlt werden. Diese enge Auslegung des § 50 Absatz 2 SGB V entspricht der Rechtsprechung der Landessozialgerichte in Anschluss an das Bundessozialgericht.
Zahlbetrag“: Netto statt BruttoFür die Kürzung kommt es auf den „Zahlbetrag“ der Rente an. Damit ist der Betrag gemeint, der den Versicherten tatsächlich erreicht. Der Begriff „Zahlbetrag“ im Gesetz wird in Praxis und Kommentierung als Nettorente verstanden, also nach Abzug der in der Rente einbehaltenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Auch sozialgerichtliche Entscheidungen haben eine Anrechnung nach dem Zahl-, nicht nach dem Bruttobetrag bestätigt, um Doppelminderungen zu vermeiden. In der Praxis lohnt es sich, Krankenkassen-Bescheide darauf zu prüfen, ob tatsächlich der Zahlbetrag zugrunde gelegt wurde.
Verhältnis zu den Ruhens- und Höchstdauerregeln des KrankengeldesDie allgemeinen Ruhensvorschriften des § 49 SGB V bleiben unberührt. Zeiten, in denen der Anspruch ruht – etwa während der Entgeltfortzahlung oder beim Bezug anderer vorrangiger Entgeltersatzleistungen –, zählen nicht auf die 78-Wochen-Grenze.
Für das Zusammenwirken mit Rentenbezügen ist jedoch primär § 50 SGB V maßgeblich, der die Beendigung beim Bezug voller Erwerbsminderungsrente sowie die Kürzung beim Bezug teilweiser Erwerbsminderungsrente regelt. Die 78-Wochen-Grenze bleibt der Rahmen, innerhalb dessen Krankengeld trotz Kürzung weitergezahlt werden kann.
Rückwirkende Bewilligung und ErstattungsansprücheWird eine teilweise oder volle Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt, trifft das in der Praxis häufig auf bereits gezahltes Krankengeld. In solchen Konstellationen bestehen zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern abgestimmte Erstattungsverfahren nach dem Zehnten Buch Sozialgesetzbuch.
Die Krankenkasse kann sich aus Rentennachzahlungen bedienen, soweit gesetzlich ein Vorrang oder eine Kürzung vorgesehen ist. Für die Betroffenen hat das in der Regel zur Folge, dass Rentennachzahlungen ganz oder teilweise an die Krankenkasse abfließen.
Krankengeld als Hinzuverdienst bei der halben EM-RenteParallel zur Anrechnung auf das Krankengeld spielt die umgekehrte Richtung eine Rolle: Bei Renten wegen Erwerbsminderung gelten bestimmte Einkommen als Hinzuverdienst. Nach der Rentenversicherungspraxis gehört dazu ausdrücklich auch Krankengeld.
Überschreitet der Hinzuverdienst die individuelle Hinzuverdienstgrenze, wird die Erwerbsminderungsrente nach § 96a SGB VI entsprechend gekürzt. Wer also Krankengeld bezieht und zugleich eine halbe Erwerbsminderungsrente erhält, sollte die Hinzuverdienstgrenzen im Blick behalten; die Rentenversicherung berücksichtigt in diesen Fällen das Krankengeld bei der Prüfung.
Rechenbeispiel in der PraxisIn der typischen Fallgestaltung beginnt nach sechs Wochen Entgeltfortzahlung der Krankengeldbezug. Wird eine teilweise Erwerbsminderungsrente erst später – und zwar ab einem Zeitpunkt nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit – bewilligt, mindert die Krankenkasse das laufende Krankengeld monatlich um den Zahlbetrag der Rente.
Der verbleibende Auszahlungsbetrag an Krankengeld läuft innerhalb der Blockfrist weiter. Wird die Rente nachträglich rückwirkend festgesetzt, verrechnen die Träger die bis dahin gezahlten Beträge im Erstattungsverfahren, was die Betroffenen regelmäßig in Form einer gekürzten oder ausbleibenden Rentennachzahlung spüren.
Eine Arbeitnehmerin verdient 3.000 € brutto und rund 2.100 € netto im Monat. Sie ist ab dem 01.03.2025 arbeitsunfähig. Nach sechs Wochen endet die Entgeltfortzahlung; ab dem 12.04.2025 besteht Anspruch auf Krankengeld. Das Krankengeld beträgt 70 % des Bruttos (2.100 €) höchstens jedoch 90 % des Nettos (90 % von 2.100 € = 1.890 €). Maßgeblich ist der niedrigere Wert, daher ergeben sich 1.890 € Krankengeld pro Monat (hier vereinfacht ohne Abzug der Sozialbeiträge).
Zum 01.07.2025 wird eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt; der monatliche Zahlbetrag beträgt 450 €. Weil der Rentenbeginn nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit liegt, kürzt die Krankenkasse das Krankengeld um den Zahlbetrag der Rente. Der Auszahlungsbetrag des Krankengeldes sinkt damit von 1.890 € auf 1.440 € pro Monat (ebenfalls vereinfacht ohne Sozialabgaben). Würde die Teilrente bereits vor dem 01.03.2025 gezahlt, käme es in dieser Konstellation nicht zur Kürzung des Krankengeldes.
Besonderheiten bei bereits laufender TeilrenteLiegt der Beginn der teilweisen Erwerbsminderungsrente vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, die das Krankengeld auslöst, fehlt es am Tatbestandsmerkmal des § 50 Absatz 2 SGB V. Dann darf das Krankengeld nicht wegen der bereits laufenden Teilrente gekürzt werden. Diese Konstellation ist selten, aber rechtlich bedeutsam, weil sie zeigt, dass nicht jeder gleichzeitige Bezug automatisch zur Minderung führt; ausschlaggebend ist die Reihenfolge der Leistungsfälle.
Praktische Hinweise für BetroffeneIn der Beratungspraxis empfiehlt es sich, Renten- und Krankengeldbewilligungen zeitnah gegenseitig zu melden, damit keine ungewollten Überzahlungen oder Fehlabzüge entstehen. Bei Kürzungen sollte geprüft werden, ob tatsächlich der Zahlbetrag der Teilrente, also der Nettobetrag, zugrunde gelegt wurde und ob der Rentenbeginn rechtlich in die Zeit „nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ fällt. Bei rückwirkenden Bewilligungen ist mit Verrechnungen zu rechnen; hier können Zahlungspläne oder Stundungen mit den Trägern besprochen werden. Schließlich lohnt der Blick auf die rentenrechtlichen Hinzuverdienstgrenzen, weil Krankengeld dort als Hinzuverdienst zählt und die Teilrente mindern kann.
FazitDie halbe Erwerbsminderungsrente führt beim Krankengeld nicht zum Leistungsausschluss, sondern – abhängig von der zeitlichen Reihenfolge – zur Kürzung um den Zahlbetrag der Rente. Bei laufender Teilrente vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bleibt eine Kürzung des Krankengeldes regelmäßig außen vor. Wer in beiden Systemen Leistungen erhält, sollte neben den Höchstdauern und Ruhensregeln des Krankengeldes vor allem den Gesetzeswortlaut des § 50 SGB V und die Hinzuverdienstvorschriften des § 96a SGB VI im Blick behalten, um unliebsame Überraschungen bei der Auszahlung zu vermeiden.
Der Beitrag Halbe Erwerbsminderungsrente: So wird das Krankengeld 2026 angerechnet erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bürgergeld: 600 Euro Stromguthaben gelten nicht mehr als Einkommen
Bürgergeld-Bezieher müssen ihre Stromkosten aus dem Regelsatz bezahlen. Sozialverbände kritisieren diese Praxis, weil sie den Betroffenen oft unzumutbare Kosten aufdrückt. In einer bestimmten Situation hat es jedoch einen Vorteil für die Leistungsberechtigten, dass das Jobcenter die Stromkosten nicht separat übernimmt.
Wenn nämlich ein Bürgergeld-Bezieher gezielt Strom spart und so auf seiner Stromrechnung ein Guthaben erhält, dann behält er dieses, und das Jobcenter darf es nicht mit einer Nachzahlung der Heizkosten verrechnen.
Das gilt auch dann, wenn derselbe Anbieter Strom und Gas liefert.
Jobcenter verrechnete Gaskosten mit StromkostenEine Familie in Bürgergeldbezug hatte auf der Stromrechnung der Stadtwerke ein Guthaben von 611,79 Euro erhalten. Allerdings sollten die Betroffenen 649,24 Euro Gaskosten nachzahlen. Verrechnet ergaben sich 37,45 Euro, die das Jobcenter an die Stadtwerke überwies.
Die Familie legte Widerspruch ein und forderte vom Jobcenter, die gesamten Gaskosten zu übernehmen, denn schließlich stünde den Leistungsbeziehern das Stromguthaben zu. Das Jobcenter wies den Widerspruch zurück, und es ging vor das Sozialgericht.
Das Stromguthaben muss ausgezahlt werdenDie Richter erklärten, dass es für das Jobcenter keine Rolle spielen dürfe, wie der Energieversorger intern Guthaben und Nachzahlung verrechnet. Es dürfe den Betroffenen „durch den Bezug von Strom und Gas aus einer Hand kein Nachteil entstehen“ (S 35 AS 635/18).
Ein Nachteil entstünde aber bei einer solchen Verrechnung, weil die Leistungsbezieher bei einer getrennten Abrechnung von Strom und Gas das Stromguthaben anrechnungsfrei behalten hätten. Das Sozialgericht zitierte dazu ein Urteil des Bundessozialgerichts (B 14 AS 185/10 R).
Außerdem dürften Einnahmen, die daher kommen, dass die Betroffenen bei den Regelbedarfen sparen, nicht als Einkommen bewertet werden. Damit bezog sich das Sozialgericht darauf, dass das Stromguthaben durch den reduzierten Verbrauch der Familie zustande gekommen war.
Das Sozialgericht erklärte, das Jobcenter muss die Nachzahlung für Gas über die Kosten der Unterkunft erstatten und den Bürgergeld-Beziehern das gesamte Stromguthaben überlassen.
Es geht vor das BundessozialgerichtDer für das Jobcenter zuständige Kreis Schleswig-Flensburg ging bis zur Revision vor dem Bundessozialgericht (B 7 AS 21/22 R). Dieses bestätigte jedoch das vorhergehende Urteil und sagte klar, dass Jobcenter Heizkosten ausschließlich mit den Kosten der Unterkunft verrechnen dürften.
Jobcenter muss Heizkosten ungekürzt übernehmenHeizkosten zählten zu den Kosten der Unterkunft und dürften nicht mit Haushaltsstrom, der aus dem Regelsatz bezahlt würde, verrechnet werden.
Dies würde sich auch nicht ändern, wenn Strom und Gas über denselben Anbieter liefen und dieser intern verrechnet. Das Jobcenter müsse vielmehr die Nachzahlung der Heizkosten in ungekürzter Höhe im Monat der Fälligkeit tragen.
Stromkosten seien nicht als Einnahme zu berücksichtigen.
Was bedeutet das Urteil für Bürgergeld-Bezieher?Das Jobcenter hätte mehr als 600 Euro verrechnet, die als Guthaben der Familie gehörten. Das ist mehr als der monatliche Regelsatz eines alleinstehenden Bürgergeld-Beziehers, und dieses Geld hatten die Betroffenen durch ihre eigene Sparsamkeit erwirtschaftet.
Prüfen Sie als Leistungsberechtigte darum genau, ob das Jobcenter rechtswidrig ihr Stromguthaben verrechnet, wenn es um Heizkosten oder allgemein um Kosten der Unterkunft geht.
Der Beitrag Bürgergeld: 600 Euro Stromguthaben gelten nicht mehr als Einkommen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Kündigung: Arbeitgeber fürchten diese Strategien für hohe Abfindungen
Nicht nur das richtige Vorgehen des Anwalts ist wichtig, um eine möglichst hohe Abfindung zu erwirken, sondern auch die Einstellung und Mitarbeit des Gekündigten. Nur so kann ein Optimum in den Verhandlungen erreicht werden. Es berichtet Rechtsanwalt Christian Lange.
Einige Fehler seitens des Gekündigten können dazu führen, dass die Abfindungssumme deutlich geschmälert wird. “Deshalb ist nicht nur die Suche nach einem versierten Anwalt wichtig, sondern auch die Mitarbeit des Mandanten”, berichtet Rechtsanwalt Christian Lange aus Hannover. Eine gemeinsame Strategie kann die Abfindungssumme deutlich nach oben treiben.
Keine Höchstleistungen abliefernEin Unternehmen gerät ins Straucheln. Viele Arbeitnehmer neigen dann dazu, absolute Höchstleistungen abzuliefern. Gerade auch dann, wenn abzusehen ist, dass Kündigungen anstehen. Selbst wenn man so in die zweite Reihe gelangt und erst später eine Kündigung erfolgt, geht diese Stratgie meistens nicht auf.
Denn warum sollte der Arbeitgeber ausgrechnet demjenigen eine hohe Abfindung zahlen, wenn er weiß, dass der Mitarbeiter auch auf Kosten der eigenen Gesundheit sich für den Betrieb aufopfert. Eine Kündigungsschutzklage würde dann höchstens eine Weiterbeschäftigung bewirken.
Lesen Sie auch:
– Kündigung: So Steuern sparen bei Abfindung
– Privatinsolvenz: Kann die Abfindung nach Kündigung gepfändet werden?
Daher sollte sich Betroffene fragen: “Will ich eine Abfindung oder weiterhin über alle Maßen hinaus aufopferungsvoll arbeiten, um später eventuell doch noch gekündigt zu werden, wenn das Unternehmen später insolvent ist.” Diese Frage sollte unbedingt zuvor beantwortet sein!
Stattdessen lieber “Mittelmaß” arbeiten, so dass die vertraglich vereinbarte Arbeit abgeliefert wird. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte ein Anwalt involviert sein, um die Stratgie schon jetzt abzustimmen. Eine Abfindung wird nämlich immer nur dann gezahlt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch loswerden will.
Geduldig sein, treibt Abfindungssumme nach obenDie allererste Regel lautet Geduld! Die Verhandlungen sollten durchgehalten werden. Der ehemalige Arbeitgeber sollte davon ausgehen, dass man auch nach einer gescheiterten Verhandlung wieder in den Betrieb zurückkehrt und ohne weitere Probleme weiter in dem Betrieb arbeitet.
Erfährt der Arbeitgeber, dass ein neuer Job gefunden wurde oder der Arbeitnehmer aus anderen Gründen nicht mehr zurück möchte, sinken die Chancen auf eine Abfindung enorm.
Daher: Der Arbeitgeber wird auf Schnelligkeit setzen, Betroffene sollten sich von Drohungen und Angeboten nicht beeindrucken lassen.
Keine Angriffsfläche bietenDer Arbeitgeber wird versuchen, alles genau zu dokumentieren, um den Arbeitnehmer arbeitsrechtlich in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Selbst Detektive werden nicht selten beauftragt, um mögliches Fehlverhalten aufzudecken. Auch Kollegen, die dem Chef wohlgesonnen sind, werden nicht selten dazu angehalten, mögliches Fehlverhalten aufzudecken und zu dokumentieren.
Daher ist auf folgendes zu achten:
- Immer pünktlich sein
- Zeiterfassung korrekt ausführen
- Fahrtkosten genau abrechnen
- keine groben Fehler bei der Verrichtung der Arbeit
- keine Beschädigungen am Eigentum des Arbeitgebers vornehmen
- nicht schlecht über den Arbeitgeber reden
- Streitigkeiten aus dem Weg gehen
Kurz gesagt: Alles was einen Kündigungsgrund rechtfertigen könnte, unbedingt vermeiden! Denn das “Fehlverhalten” kann bei Verhandlungen die Höhe der Abfindungssumme empfindlich reduzieren!
Nicht krank arbeitenWer krank wird, sollte am besten zuhause bleiben und einen Arzt aufsuchen. Dieser sollte ein Attest zur Arbeitsunfähigkeit (AU Bescheinigung) ausstellen. Auf keinen Fall ohne Attest “krank feiern”.
Wer krank ist, sollte zudem seine Gesundheit schonen und nicht seine Kollegen anstecken, weil er oder sie dennoch zur Arbeit geht. Wer sich krank fühlt, begeht auch Fehler, die dann in den Abfindungsverhandlungen gegen einen verwendet werden können.
Keine falschen VerpflichtungsgefühleDie meisten Angstellten fühlen sich ihrem Arbeitgeber moralisch verpflichtet. Doch die meisten Arbeitgeber haben nur ihre Wirtschaftlichkeit vor Augen. Das Wohl des Arbeitgebers liegt allein in seiner eigenen Verantwortung.
Der Gesetzgeber gibt vor, in welcher Art und Weise ein Mitarbeiter seine Arbeitsleistung abliefern soll – nämlich in “mittlerer Art und Güte”.
Das bedeutet, eine durchschnittliche Arbeitsleistung ist vollkommen ausreichend! Diese sollte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeliefert werden.
Wer keine Pflichtverletzungen begeht, treibt die Abfindungssumme nach oben. Arbeitgeber haben es dann schwer, eine arbeitsrechtlich wirksame Kündigung auszusprechen. Das treibt die Abfindung nach oben.
Keine Informationen preisgebenDer Arbeitgeber und dessen Anwalt werden versuchen, das weitere Vorgehen berechenbar zu machen. “Um so weniger Informationen preisgegeben werden, um schwerer hat es auch die Gegenseite”, so Lange. Das bedeutet auch, dass man auf keinen Fall auf Emails, Briefe oder SMS antworten sollte, bevor das weitere Vorgehen nicht mit dem eigenen Anwalt abgesprochen wurde.
Selbst wenn die Fragen nett geschrieben sind, könnten hier Fallen gelegt sein. Das beste Vorgehen ist: Jegliche Verhandlungen laufen über den eigenen Anwalt oder Anwältin, der oder die alle Tricks kennt.
Den richtigen Anwalt beauftragenAnwälte spezialisieren sich im Laufe des Zeit. Es ist nicht immer das richtige Vorgehen, den Anwalt um die Ecke zu beauftragen oder einen ehemaligen Schulfreund, der zufällig Anwalt ist, aber vor allem im Bereich Strafrecht tätig ist.
So wie man bei Hörproblemen zu einem Hals-Nasen-Ohren Arzt geht, so ist es auch besser einen Anwalt zu suchen, der auf Arbeitsrecht spezialisiert ist.
Der Beitrag Kündigung: Arbeitgeber fürchten diese Strategien für hohe Abfindungen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bürgergeld: Mehrbedarf für Warmwasser in 2026
Im Bürgergeld werden die allgemeinen Haushaltsstromkosten grundsätzlich nicht als Kosten der Unterkunft (KdU) übernommen; sie sind aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Eine wichtige Ausnahme gilt jedoch für Haushalte, die ihr Warmwasser dezentral erzeugen – etwa mit einem elektrischen Durchlauferhitzer, Untertischboiler oder einer Gastherme in der Wohnung.
In diesen Fällen sieht § 21 Abs. 7 SGB II einen Mehrbedarf vor. Die Pauschale wird pro Person in der Bedarfsgemeinschaft aus dem maßgeblichen Regelbedarf berechnet; für Erwachsene liegt sie bei 2,3 %, für Jugendliche und Kinder abgestuft darunter.
Damit sollen Leistungsempfängerinnen und -empfänger, deren Warmwasser nicht zentral über die Heizkosten läuft, keinen Nachteil haben.
Antragstellung: Das entscheidende Kreuz in der Anlage KDUDer Zuschlag wird nicht automatisch „erraten“. Entscheidend ist, dass Sie im Bürgergeld-Antrag in der Anlage KDU die Warmwassererzeugung korrekt angeben. Auf Seite 3, Punkt 28 („Wie erzeugen Sie Ihr Warmwasser?“) muss bei dezentraler Versorgung „dezentral“ angekreuzt werden; bei Punkt 29 wird der verwendete Energieträger (z. B. Strom) genannt.
Fehlt diese Angabe, wird der Mehrbedarf in der Praxis häufig nicht berücksichtigt – selbst wenn dem Jobcenter grundsätzlich alle Leistungen kraft Antrags von Amts wegen zu prüfen sind.
Wie hoch die Pauschale ist – und warum sie 2026 gleich bleibtDie Warmwasser-Pauschalen folgen den Regelbedarfsstufen (RBS). Bei Alleinstehenden (RBS 1) beträgt der Zuschuss 12,95 € monatlich; Partner in einer Bedarfsgemeinschaft (RBS 2) erhalten 11,64 €, volljährige U25 im Haushalt der Eltern (RBS 3) 10,37 €. Jugendliche 14–17 Jahre (RBS 4) kommen auf 6,59 €, Kinder 6–13 (RBS 5) auf 4,68 €, Kinder bis 5 (RBS 6) auf 2,86 €.
Grundlage sind die gesetzlich festgelegten Prozentsätze und die seit 2025 geltenden Regelbedarfe.
Da die Regelbedarfe zum 1. Januar 2026 unverändert bleiben, bleiben auch die Warmwasser-Pauschalen voraussichtlich auf demselben Niveau.
Regelbedarfsstufe Monatliche Pauschale RBS 1 (Alleinstehende) 12,95 € RBS 2 (Partner) 11,64 € RBS 3 (Volljährige u25) 10,37 € RBS 4 (Jugendliche 14–17) 6,59 € RBS 5 (Kinder 6–13) 4,68 € RBS 6 (Kinder 0–5) 2,86 € Was das in der Praxis bedeutetIn einem Ein-Personen-Haushalt führt die Pauschale zu 12,95 € monatlich. Ein Paar in einer Bedarfsgemeinschaft erhält zusammen 23,28 €. Eine alleinerziehende Person mit einem 7-jährigen Kind kommt auf 17,63 € (12,95 € + 4,68 €). Leben zwei Erwachsene mit Kindern im Alter von 5 und 8 Jahren zusammen, summiert sich der Zuschuss auf 30,82 € im Monat (11,64 € + 11,64 € + 4,68 € + 2,86 €). Diese Beträge werden zusätzlich zum Regelbedarf gezahlt und laufen monatlich, solange die Voraussetzungen vorliegen.
Tatsächliche Kosten statt Pauschale? Nur mit separatem Zähler – und auf eigene KostenDie Pauschale deckt die realen Stromverbräuche nicht immer vollständig. Tatsächliche (höhere) Kosten lassen sich gegenüber dem Jobcenter nur dann belastbar nachweisen, wenn sie über eine gesonderte Messeinrichtung (z. B. separater Strom- oder Gaszähler für das Warmwassergerät) erfasst werden.
Wichtig ist dabei zweierlei: Erstens kann das erst den Weg zur Berücksichtigung konkreter Aufwendungen eröffnen; zweitens müssen die Einbaukosten für einen separaten Zähler nicht vom Jobcenter übernommen werden – dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen ausdrücklich klargestellt.
Zwei typische Fehler – und wie Sie reagierenHäufig wird der Mehrbedarf gar nicht beantragt, weil Betroffene die Relevanz der KDU-Angabe unterschätzen. Ebenso kommt es vor, dass der Mehrbedarf trotz dezentraler Versorgung fehlt oder falsch berechnet wurde. In beiden Fällen lohnt ein genauer Blick in den Bescheid.
Wird der Zuschlag zu Unrecht nicht berücksichtigt, können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch einlegen. Ist diese Frist verstrichen, bleibt der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X i. V. m. § 40 SGB II: Für Bürgergeld-Leistungen wirkt er auf den Beginn des Vorjahres zurück.
Geht der Antrag beispielsweise am 13. 11. 2025 beim Jobcenter ein, beginnt die Rückwirkung ab 01. 01. 2025; damit sind Nachzahlungen bis zum 01. 01. 2024 noch möglich. Entscheidend ist stets der fristgerechte Zugang beim Jobcenter.
So gehen Sie Schritt für Schritt vorPrüfen Sie Ihre Warmwasserversorgung: Steht in Mietvertrag oder Nebenkostenabrechnung, dass Warmwasser zentral über die Heizung bereitgestellt wird, läuft die Abrechnung über die KdU – ein zusätzlicher Mehrbedarf entfällt.
Finden sich in Ihrer Wohnung dagegen Durchlauferhitzer, Boiler oder eine Gastherme ohne zentrale Warmwasserabrechnung, handelt es sich um dezentrale Erzeugung; in diesem Fall setzen Sie im Antrag das Kreuz an der genannten Stelle und fügen – soweit möglich – einfache Nachweise bei (z. B. Fotos der Geräte, Vermieterbestätigung, Stromabrechnung). So vermeiden Sie Missverständnisse und reduzieren das Risiko einer fehlerhaften Berechnung.
FazitDer Warmwasser-Mehrbedarf ist eine gesetzlich gesicherte Entlastung für all jene, die Warmwasser dezentral erzeugen. Er wird pro Person der Bedarfsgemeinschaft gezahlt und lässt sich mit einem korrekten Eintrag in der Anlage KDU unkompliziert sichern.
Wer nach Erhalt des Bescheids feststellt, dass der Zuschlag fehlt oder zu niedrig ausfällt, sollte zeitnah Widerspruch einlegen – und bei Bestandsbescheiden den Überprüfungsantrag nutzen, um Ansprüche rückwirkend zu sichern.
Die Pauschalen bleiben nach derzeitigem Stand auch 2026 stabil; wer höhere tatsächliche Kosten nachweisen will, braucht dafür einen separaten Zähler, dessen Einbaukosten jedoch nicht vom Jobcenter übernommen werden.
Der Beitrag Bürgergeld: Mehrbedarf für Warmwasser in 2026 erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bundessozialgericht entscheidet jetzt ob Bürgergeld-Regelsätze hoch genug sind
Voraussichtlich am 2. Dezember 2025 wird der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel über den Regelbedarf für Bürgergeld-Beziehende entscheiden. Es geht um die Frage: Waren die nach § 20 SGB II bestimmten Regelbedarfe der Regelbedarfsstufe 1 im Jahr 2022 verfassungskonform?
Was wird verhandelt?Kernfrage ist, ob die Ermittlung und Anpassung der Regelbedarfe 2022 den verfassungsrechtlichen Anforderungen (insb. Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums) genügte.
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat zum Beispiel mit Urteil vom 13.12.2023 – L 12 AS 1814/22 – (anhängig beim BSG – B 7 AS 30/24 R) entschieden, dass kein zusätzlicher Inflationsausgleich für das Jahr 2022 für Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nach dem SGB II besteht.
Mit der Einmalzahlung und der deutlichen Steigerung des Regelsatzes ab dem 01.01.2023 hat der Gesetzgeber die durch die Pandemie und die Inflation entstandenen zusätzlichen Kosten angemessen schnell berücksichtigt.
Zu berücksichtigen ist, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Bürgergeldes zum 01.01.2023 einen neuen Anpassungsmechanismus gewählt hat, der die Lohn- und Preisentwicklung deutlich zeitnäher widerspiegelt.
Dies führte zum 01.01.2023 zu einer Erhöhung des Regelsatzes um 11,8 % (502 € monatlich für Alleinstehende) und zum 01.01.2024 zu einer weiteren Erhöhung um 12,2 % (563 € monatlich für Alleinstehende).
Damit hat der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums in einem zumutbaren Zeitraum ein inflationsgeschütztes Grundsicherungsniveau geschaffen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.10.2023 – L 18 AS 279/23 – anhängig beim BSG – B 7 AS 20/24 R).
Anmerkung des Sozialrechtsexperten Detlef BrockDer 7. Senat des BSG muss klären, ob die nach § 20 SGB II bestimmten Regelbedarfe der Regelbedarfsstufe 1 im Jahr 2022 verfassungskonform waren.
Wir dürfen gespannt sein, wie das Bundessozialgericht in Kassel am 2.12.2025 entscheiden wird. Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Erstaunlich ist, dass bereits nach so kurzer Zeit die Regelsatzklage zum Bürgergeld vor dem Bundessozialgericht verhandelt wird, meint der Sozialrechtsexperte Detlef Brock. Dieser Meinung schließen sich verschiedene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Sozialrecht an.
Mögliche Entscheidungsszenarien, Anmerlung von Sebastian BertramBestätigung der Verfassungsmäßigkeit:
Keine Nachzahlungen für 2022; der neue Anpassungsmechanismus ab 2023 bleibt maßgeblich.
Teilweise Beanstandung:
Der Gesetzgeber müsste ggf. nachbessern (z. B. methodisch), denkbar mit Übergangsregelungen.
Beanstandung mit Rückwirkung:
Eher selten; könnte Nachzahlungsansprüche für Betroffene 2022 eröffnen – Details wären vom BSG und anschließend vom Gesetzgeber zu konkretisieren.-
Der Beitrag Bundessozialgericht entscheidet jetzt ob Bürgergeld-Regelsätze hoch genug sind erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.