«Mit Brigitte Bardot verschied eine starke und unabhängige Frau, die es nicht nötig hatte, sich dem Zeitgeist unterzuordnen oder sich gar – wie leider viele deutsche Prominente – zur Systemnutte machen zu lassen, und die solches auch in der Not nicht getan hätte. Die einfach zu sich stand und standhaft war. Ein schönes Zitat von ihr als Abschluss: ‹Früher habe ich mit meinem Hintern schockiert, jetzt schockiere ich mit meinen Büchern (Meinungen). Das ist das Gleiche!›» (– Nachruf der Seite https://publikum.net/).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Schwerbehinderung: Das macht das Merkzeichen G so wertvoll
Das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis steht für eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. Gemeint sind Menschen, die übliche Wegstrecken im Nahbereich – etwa bis zu zwei Kilometern – nicht mehr in ungefähr einer halben Stunde zu Fuß bewältigen können, ohne dass dabei erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren für sie selbst oder andere entstehen.
Wichtig ist: Es muss sich nicht zwingend um eine reine Gehbehinderung handeln. Auch Erkrankungen des Herzens oder der Lunge, neurologische Leiden, innere Krankheiten oder eine stark eingeschränkte Belastbarkeit können dazu führen, dass die Bewegungsfähigkeit so eingeschränkt ist, dass das Merkzeichen G zuerkannt wird.
Voraussetzungen: Wer das Merkzeichen G bekommen kannRechtliche Grundlage sind das Sozialgesetzbuch IX und die Versorgungsmedizin-Verordnung. In der Praxis gilt: In der Regel muss ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegen, damit überhaupt ein Schwerbehindertenausweis und damit auch ein Merkzeichen vergeben werden kann.
Für das Merkzeichen G selbst kommt es darauf an, dass die Fortbewegung im Straßenverkehr deutlich eingeschränkt ist.
Behörden und Gerichte orientieren sich an typischen Kriterien: Wer eine Wegstrecke von rund zwei Kilometern nur unter großen Mühen, mit häufigen Pausen, unter Schmerzen oder nur mit Hilfsmitteln (Rollator, Gehhilfen) bewältigen kann, erfüllt oft die Anforderungen. Auch häufige Anfälle oder eine massive Störung der Orientierungsfähigkeit können berücksichtigt werden.
Gerade in den letzten Jahren haben Gerichte immer wieder entschieden, dass auch weniger „typische“ oder seltene Erkrankungen zum Merkzeichen G führen können, wenn sie in der Summe eine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit bewirken.
Tabelle: Alle Ausgleiche mit dem Merkzeichen G Vorteil Beschreibung 2026 Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV (Freifahrt) mit Wertmarke Mit Merkzeichen G besteht Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr und Schienenpersonennahverkehr (Bus, Straßenbahn, U-Bahn, S-Bahn, RB, RE, IRE), wenn zum Schwerbehindertenausweis ein Beiblatt mit Wertmarke gelöst wird. Die Eigenbeteiligung liegt seit 1. Januar 2025 bei 104 € pro Jahr bzw. 53 € für ein halbes Jahr; diese Regelung soll 2026 unverändert fortgelten. Die Wertmarke wird beim Versorgungsamt bzw. der zuständigen Kommunalverwaltung beantragt und der Ausweis ist bei der Fahrt mitzuführen. Kostenlose Wertmarke bei Bezug bestimmter Sozialleistungen Personen mit Merkzeichen G, die Bürgergeld, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt oder vergleichbare Sozialleistungen beziehen, erhalten die Wertmarke kostenfrei. In diesen Fällen fallen für den Nahverkehr keine Ticketkosten an, solange der Schwerbehindertenausweis mit gültiger Wertmarke vorliegt. Wahlrecht: Freifahrt oder Kfz-Steuerermäßigung Schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen G oder Gl und orangefarbenem Flächenaufdruck im Ausweis können wählen, ob sie die unentgeltliche Beförderung im ÖPNV mit Wertmarke nutzen oder stattdessen eine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer beanspruchen. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme von Freifahrt und Kfz-Steuerermäßigung ist auch 2026 ausgeschlossen; ein Wechsel für die Zukunft ist jedoch möglich. Kfz-Steuerermäßigung um 50 % Wer sich gegen die ÖPNV-Freifahrt entscheidet, kann mit Merkzeichen G eine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer um 50 % für ein auf die schwerbehinderte Person zugelassenes Fahrzeug erhalten. Das Fahrzeug muss überwiegend für den Transport der berechtigten Person genutzt werden. Der Antrag erfolgt beim zuständigen Hauptzollamt. Die Steuervergünstigung gilt grundsätzlich dauerhaft, solange die Voraussetzungen (u. a. Merkzeichen G, Schwerbehinderung, Fahrzeugzuordnung) erfüllt sind. Mehrbedarf von 17 % im Bürgergeld bei nicht erwerbsfähigen Personen Nicht erwerbsfähige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft (z. B. Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente), die Bürgergeld erhalten und das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis nachweisen, haben Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von 17 % des maßgeblichen Regelbedarfs, sofern kein anderer Mehrbedarf vorrangig gewährt wird. Dieser Nachteilsausgleich ist in den Mehrbedarfsregelungen des SGB II verankert und wird nach derzeitigem Stand auch 2026 weitergeführt. Mehrbedarf von 17 % in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) Altersrentnerinnen und Altersrentner sowie Beziehende von Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung können bei Merkzeichen G einen Mehrbedarf von 17 % des maßgeblichen Regelbedarfs erhalten. Voraussetzung ist, dass das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis eingetragen ist und nicht bereits ein anderer behinderungsbedingter Mehrbedarf für denselben Zweck berücksichtigt wird. Der Mehrbedarf wird beim zuständigen Sozialamt beantragt und gilt auch 2026, solange die gesetzlichen Grundlagen unverändert bleiben. Anerkennung eines erhöhten Wohnraumbedarfs im Bürgergeld Für schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen G oder aG kann beim Bürgergeld ein erhöhter Wohnraumbedarf berücksichtigt werden. In der sozialrechtlichen Praxis werden bei Vorliegen einer erheblichen Gehbehinderung häufig bis zu 15 m² zusätzliche Wohnfläche als angemessen anerkannt, etwa weil mehr Platz für Hilfsmittel, Bewegungsflächen oder Pflegepersonen benötigt wird. Die konkrete Umsetzung ist kommunal unterschiedlich, orientiert sich aber auch 2026 an der besonderen Mobilitätseinschränkung, die durch Merkzeichen G dokumentiert ist. Behinderten-Pauschbetrag in der Einkommensteuer (typisch bei Merkzeichen G mit GdB ≥ 50) Das Merkzeichen G ist regelmäßig mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 verbunden. Ab GdB 50 steht ein jährlicher Behinderten-Pauschbetrag von mindestens 1.140 € zu; bei höherem GdB steigt er stufenweise bis 2.840 € bei GdB 100. Die Pauschbeträge nach § 33b EStG gelten unverändert auch für den Veranlagungszeitraum 2026; ab 2026 erfolgt die Übermittlung der relevanten Daten aus der Versorgungsverwaltung elektronisch an das Finanzamt. Der Pauschbetrag ersetzt in vielen Fällen den Einzelnachweis behinderungsbedingter Kosten. Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale von 900 € pro Jahr Menschen mit einem GdB von mindestens 80 oder mit einem GdB von mindestens 70 und Merkzeichen G können eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale von 900 € jährlich geltend machen. Diese Pauschale umfasst private Fahrten, die durch die Behinderung veranlasst sind (z. B. Arzt-, Therapie- oder Rehafahrten) und wird als zusätzlicher Pauschbetrag nach § 33 Abs. 2a EStG berücksichtigt. Sie gilt seit 2021 und ist nach aktueller Rechtslage auch 2026 weiter vorgesehen. Begünstigte steuerliche Behandlung von Fahrten zur Arbeit Schwerbehinderte Beschäftigte mit Merkzeichen G und einem GdB von mindestens 50 können anstelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Fahrtkosten für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach Reisekostengrundsätzen ansetzen. Für die Entfernungspauschale gilt in den Jahren 2021 bis 2026 zudem ein erhöhter Satz ab dem 21. Kilometer; ab 2026 ist eine Vereinheitlichung auf 0,38 € pro Kilometer vorgesehen. Durch das Wahlrecht zwischen Pauschale und tatsächlichen Kosten können Berufstätige mit Merkzeichen G ihre Fahrtkosten steuerlich günstiger abbilden, insbesondere bei hohen Aufwendungen (z. B. wegen behinderungsgerechter Fahrzeuganpassungen). Parkerleichterungen mit orangem Parkausweis Menschen mit Schwerbehinderung und Merkzeichen G können bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen (insbesondere hoher Einzel-GdB für Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen oder der Lendenwirbelsäule, ggf. zusätzliche Herz-/Lungenerkrankungen) einen bundesweit gültigen orangenen Parkausweis erhalten. Dieser ermöglicht zum Beispiel längeres Parken im eingeschränkten Halteverbot, auf Bewohnerparkplätzen, in Zonen mit Parkzeitbegrenzung sowie kostenloses und zeitlich unbegrenztes Parken an Parkuhren und Parkscheinautomaten, sofern keine andere zumutbare Parkmöglichkeit besteht. Zum Parken auf Behindertenparkplätzen mit Rollstuhlsymbol berechtigt weiterhin nur der blaue EU-Parkausweis. Weitere kommunale und vertragliche Vergünstigungen Viele Städte, Landkreise, Verkehrsverbünde und Anbieter (z. B. Kultur- und Freizeiteinrichtungen) knüpfen zusätzliche Vergünstigungen ausdrücklich an Merkzeichen G, etwa besondere ÖPNV-Tarife, Ermäßigungen bei kommunalen Gebühren oder erleichterte Anerkennung von Fahrdiensten. Art und Höhe dieser Nachteilsausgleiche sind regional sehr unterschiedlich, werden aber auch 2026 auf Basis lokaler Satzungen und Verträge an das Merkzeichen G und den Schwerbehindertenstatus gekoppelt. Merkzeichen G: Antrag, Gutachten, WiderspruchDas Merkzeichen G wird nicht gesondert beantragt, sondern im Rahmen des Verfahrens auf Feststellung des Grades der Behinderung beim Versorgungsamt beziehungsweise der zuständigen Landesbehörde. Im Antragsformular sollten alle gesundheitlichen Einschränkungen detailliert dargestellt und mit aktuellen ärztlichen Unterlagen belegt werden.
Die Behörde holt in der Regel Befundberichte der behandelnden Ärztinnen und Ärzte ein oder wertet vorhandene Gutachten, Krankenhaus- und Reha-Berichte aus. Auf dieser Basis wird der GdB festgelegt und entschieden, welche Merkzeichen im Ausweis eingetragen werden.
Wer mit der Entscheidung nicht einverstanden ist – etwa, weil das Merkzeichen G abgelehnt wurde –, kann innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Eine sorgfältige Begründung mit zusätzlichen medizinischen Unterlagen erhöht die Erfolgsaussichten; bleibt der Widerspruch erfolglos, ist eine Klage vor dem Sozialgericht möglich.
Mobil mit Bus und Bahn: Unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr
Einer der wichtigsten praktischen Vorteile des Merkzeichens G ist die Möglichkeit, den öffentlichen Personennahverkehr (Busse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen, Regionalbahnen im Nahverkehr) unentgeltlich zu nutzen. Rechtsgrundlage ist die unentgeltliche Beförderung nach §§ 228 ff. SGB IX.
Um diese Vergünstigung zu nutzen, reicht der Schwerbehindertenausweis allein nicht aus. Benötigt wird ein Beiblatt zum Ausweis mit einer sogenannten Wertmarke. Ab dem 1. Januar 2025 kostet diese Wertmarke bundesweit 104 Euro pro Jahr oder 53 Euro für ein halbes Jahr.
Die Wertmarke berechtigt in Verbindung mit dem Ausweis zur unentgeltlichen Beförderung im gesamten Nahverkehrsnetz in Deutschland, soweit Verkehrsverbünde und Verkehrsbetriebe an der Regelung teilnehmen.
Für Menschen mit den Merkzeichen H (hilflos) oder Bl (blind) sowie für Personen, die bestimmte Sozialleistungen beziehen – etwa Bürgergeld, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung –, ist die Wertmarke kostenlos. Das gilt ausdrücklich auch für Leistungsberechtigte mit Merkzeichen G, wenn die genannten Sozialleistungen bezogen werden.
Für viele Betroffene ist die Wertmarke dadurch oft deutlich günstiger als etwa ein Deutschlandticket im Standardtarif.
Kfz-Steuerermäßigung: Entlastung für Menschen, die auf das Auto angewiesen sindWer das Merkzeichen G hat und auf ein eigenes Auto angewiesen ist, kann anstelle der unentgeltlichen Beförderung im Nahverkehr eine Ermäßigung der Kraftfahrzeugsteuer beantragen. Menschen mit Merkzeichen G oder Gl haben die Möglichkeit, beim Hauptzollamt eine Reduzierung der Kfz-Steuer um 50 Prozent zu erhalten, sofern ein entsprechender Schwerbehindertenausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck vorliegt.
Zwischen unentgeltlicher Beförderung und Kfz-Steuerermäßigung muss allerdings gewählt werden: Wer die Steuervergünstigung für ein Fahrzeug nutzt, verzichtet auf die Freifahrt im Nahverkehr mit Wertmarke. Ein Wechsel ist möglich, aber jeweils nur mit Wirkung für die Zukunft; nicht verbrauchte Zeiträume einer Wertmarke können anteilig erstattet werden.
Die Steuerermäßigung gilt üblicherweise für ein auf den schwerbehinderten Menschen zugelassenes Fahrzeug, in Ausnahmefällen auch für das Fahrzeug einer Person, die ihn regelmäßig fährt. Im Zweifel entscheidet das zuständige Hauptzollamt auf Grundlage der individuellen Situation.
Parkerleichterungen: Was mit Merkzeichen G möglich ist – und was nichtEin verbreitetes Missverständnis betrifft das Parken. Das Merkzeichen G berechtigt allein nicht dazu, auf Behindertenparkplätzen mit blauem Rollstuhlsymbol zu parken. Für diese besonders reservierten Stellplätze ist in der Regel das Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) oder Bl erforderlich, verbunden mit einem blauen EU-Parkausweis.
Trotzdem kann das Merkzeichen G im Zusammenspiel mit weiteren Voraussetzungen zu Parkerleichterungen führen. Viele Bundesländer kennen einen sogenannten orangenen Parkausweis („besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen“).
Diesen erhalten unter anderem Personen mit Merkzeichen G, wenn zusätzlich ein hoher GdB für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen und häufig auch für Erkrankungen von Herz oder Lunge vorliegt.
Der orangene Ausweis erlaubt in bestimmten Bereichen längeres Parken, das Parken im eingeschränkten Halteverbot oder das Nutzen bestimmter Bewohnerparkzonen, aber eben nicht das Parken auf den ausdrücklich gekennzeichneten Behindertenparkplätzen.
Die genauen Regelungen sind landesrechtlich und kommunal unterschiedlich. Es lohnt sich daher, bei Stadt oder Landkreis, Versorgungsamt oder Straßenverkehrsbehörde nachzufragen, welche Parkerleichterungen vor Ort mit Merkzeichen G und gegebenenfalls orangem Parkausweis möglich sind.
Mehrbedarf bei Bürgergeld und SozialhilfeFür voll erwerbsgeminderte Leistungsberechtigte mit Merkzeichen G sieht das Sozialrecht eine zusätzliche Unterstützung vor. Wer Bürgergeld oder Sozialhilfe erhält, voll erwerbsgemindert ist oder die Altersgrenze erreicht hat und das Merkzeichen G besitzt, kann einen Mehrbedarfszuschlag in Höhe von 17 Prozent der maßgeblichen Regelbedarfsstufe erhalten.
Dieser Zuschlag soll die höheren Lebenshaltungskosten ausgleichen, die durch die Mobilitätseinschränkung entstehen, etwa für Begleitpersonen, Hilfen im Alltag oder zusätzliche Fahrten. Der Mehrbedarf muss beim zuständigen Jobcenter oder Sozialamt geltend gemacht werden. Grundlage sind § 23 Abs. 1 Nr. 4 SGB II (Bürgergeld) und § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (Sozialhilfe).
Steuerliche Entlastungen: Pauschbeträge und FahrtkostenSteuerliche Vorteile knüpfen in erster Linie an den Grad der Behinderung an, nicht an das Merkzeichen allein. Menschen mit einem GdB ab 20 können einen Behinderten-Pauschbetrag bei der Einkommensteuer geltend machen, der mit höherem GdB steigt.
Für Betroffene mit Merkzeichen G gibt es zusätzlich eine besondere Fahrtkostenpauschale. Seit 2021 sieht § 33 Abs. 2a Einkommensteuergesetz eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale vor. Menschen mit einem GdB von mindestens 70 und Merkzeichen G können einen zusätzlichen Pauschbetrag von 900 Euro jährlich beanspruchen, der unabhängig von tatsächlichen Einzelfahrten gewährt wird.
Hinzu kommt, dass die Kfz-Steuerermäßigung für Menschen mit Merkzeichen G als finanzieller Vorteil zu berücksichtigen ist und mit der unentgeltlichen Beförderung im Nahverkehr abgewogen werden sollte. Wer überwiegend auf das Auto angewiesen ist und nur selten mit Bus und Bahn fährt, profitiert häufig stärker von der Steuerermäßigung; wer regelmäßig den Nahverkehr nutzt, eher von der Wertmarke.
Da die steuerliche Situation jeweils individuell ist, empfiehlt sich bei komplexeren Fällen die Beratung durch eine Lohnsteuerhilfe oder Steuerberatung.
Weitere Vorteile: Arbeit, Rente und Alltag – was mit dem Ausweis zusammenhängtViele Vergünstigungen, die Menschen mit Merkzeichen G in Anspruch nehmen können, hängen nicht direkt am Merkzeichen, sondern daran, dass sie einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von mindestens 50 besitzen.
Dazu zählen insbesondere der besondere Kündigungsschutz, ein Anspruch auf zusätzlichen Urlaub für Beschäftigte im Umfang von in der Regel fünf Arbeitstagen pro Jahr, Fördermöglichkeiten zur beruflichen Teilhabe, Hilfen durch Integrationsämter sowie die Möglichkeit, früher eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beziehen.
Viele Kultur- und Freizeiteinrichtungen – etwa Museen, Theater, Schwimmbäder oder Zoos – gewähren außerdem Rabatte auf Eintrittspreise für Schwerbehinderte, teilweise mit zusätzlicher kostenfreier Mitnahme einer Begleitperson, wenn das Merkzeichen B (Begleitperson erforderlich) vorliegt. Diese Ermäßigungen sind meist freiwillige Angebote der Betreiber und unterscheiden sich regional deutlich.
Das Merkzeichen G wirkt hier eher „im Hintergrund“: Es ist häufig Ausdruck einer schwereren Einschränkung, die die Behörde bereits festgestellt hat, und kann somit in der Praxis helfen, den eigenen Bedarf gegenüber Ämtern, Arbeitgebern oder Dienstleistern nachvollziehbar zu machen.
Was das Merkzeichen G nicht bewirkt: Wichtige AbgrenzungenSo wichtig die Vorteile sind: Das Merkzeichen G ersetzt andere Merkzeichen nicht. Es begründet keinen Anspruch auf das Parken auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen; hierfür ist üblicherweise das Merkzeichen aG oder Bl nötig.
Auch eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag hängt nicht am Merkzeichen G. Diese Befreiung ist entweder an bestimmte soziale Leistungen (etwa Bürgergeld, Grundsicherung) oder an andere Merkzeichen wie RF gebunden.
Schließlich bewirkt das Merkzeichen G für sich genommen keine automatische Höherstufung des GdB. Umgekehrt setzt die Vergabe des Merkzeichens in aller Regel voraus, dass bereits ein GdB von 50 oder mehr festgestellt worden ist.
Praktische Tipps: So nutzen Sie Ihre Rechte mit Merkzeichen GWer das Merkzeichen G im Schwerbehindertenausweis eingetragen hat, sollte zunächst entscheiden, ob die Freifahrt im Nahverkehr oder die Kfz-Steuerermäßigung besser zur eigenen Lebenssituation passt. Menschen, die überwiegend in der Stadt leben, regelmäßig Bus und Bahn nutzen und kein eigenes Fahrzeug besitzen, profitieren meist besonders stark von der Wertmarke.
Wer im ländlichen Raum wohnt oder aus gesundheitlichen Gründen fast ausschließlich per Auto unterwegs ist, wird oft eher die Steuerermäßigung wählen.
Hilfreich ist es außerdem, beim Jobcenter oder Sozialamt ausdrücklich nach dem Mehrbedarfszuschlag zu fragen, wenn Bürgergeld oder Sozialhilfe bezogen wird und sowohl volle Erwerbsminderung als auch Merkzeichen G vorliegen. Der Zuschlag wird nicht immer automatisch gewährt.
Bei der Kommune oder beim Straßenverkehrsamt sollte nachgefragt werden, ob mit Merkzeichen G und einem bestimmten GdB ein orangener Parkausweis möglich ist. Die Voraussetzungen sind je nach Bundesland unterschiedlich, bieten aber häufig spürbare Entlastungen beim Parken.
Wer den Eindruck hat, dass sein aktueller Bescheid die tatsächlichen Einschränkungen nicht abbildet – etwa, weil der GdB zu niedrig oder das Merkzeichen G nicht anerkannt wurde –, sollte die Widerspruchsfrist genau im Blick behalten und frühzeitig fachkundige Beratung in Anspruch nehmen, etwa bei Sozialverbänden wie VdK oder SoVD oder bei spezialisierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten.
Fazit:Das Merkzeichen G eröffnet eine ganze Reihe von Nachteilsausgleichen – von der unentgeltlichen Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs über die Kfz-Steuerermäßigung und Steuerpauschbeträge bis hin zu Mehrbedarfszuschlägen bei Bürgergeld und Sozialhilfe. Zugleich ist es eng mit dem Schwerbehindertenausweis und dem festgestellten GdB verknüpft. Wer seine Rechte kennt, sie gezielt nutzt und bei Bedarf nicht vor Widerspruch oder Beratung zurückschreckt, kann die vorhandenen Möglichkeiten deutlich besser ausschöpfen.
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Bürgergeld: So muss das Jobcenter die Rentenbeiträge zahlen
Für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld ist ein Minijob oft die einzige Möglichkeit, eigenes Einkommen zu erzielen. Gleichzeitig bleibt die Frage, was in dieser Zeit aus der Altersvorsorge wird. Denn das Jobcenter zahlt im Bürgergeld-Bezug keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Zeiten des Leistungsbezugs allein erhöhen die spätere Rente daher nicht.
Umso wichtiger ist die Konstellation, in der Bürgergeld-Berechtigte einen Minijob ausüben. Wer einen 556-Euro-Job im Jahr 2025 (ab 2026: 603 Euro) hat und auf Bürgergeld angewiesen ist, kann mit Hilfe des Jobcenters dennoch Rentenansprüche aufbauen – wenn er oder sie sich im Minijob nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lässt.
Der Effekt ist überraschend: Unterm Strich steht Monat für Monat genauso viel Geld zur Verfügung. Aber im Hintergrund fließen zusätzlich Beiträge in die Rentenkasse, die praktisch über das Bürgergeld-System mitfinanziert werden.
Viele Bürgergeld-Beziehende arbeiten ausschließlich im Minijob
Aktuelle Statistiken der Jobcenter zeigen, wie bedeutend Minijobs für Menschen im Bürgergeld-Bezug sind: Rund 813.800 Leistungsberechtigte gelten als erwerbstätig. Von ihnen arbeiten etwa 273.800 ausschließlich in einer geringfügigen Beschäftigung. Das entspricht einer Quote von 33,6 Prozent.
Damit ist der Minijob längst kein Randphänomen, sondern ein fester Bestandteil der Erwerbsrealität im Bürgergeld-System. Besonders problematisch ist dabei, dass diese Beschäftigungsform ohne bewusst getroffene Entscheidungen kaum zur Altersvorsorge beiträgt.
Minijob: Brutto ist fast gleich Netto – aber ohne eigene AnsprücheDer Minijob gilt als klassisches „Brutto-für-Netto“-Modell. Beschäftigte erhalten im Regelfall ihr Gehalt ohne eigene Abzüge ausgezahlt. Bei der aktuell maßgeblichen Minijobgrenze von 556 Euro im Jahr 2025 landen damit auf den ersten Blick die vollen 556 Euro auf dem Konto.
Sozialabgaben in Höhe von 13 Prozent für die Krankenversicherung und 15 Prozent für die Rentenversicherung werden zwar abgeführt, allerdings ausschließlich durch den Arbeitgeber.
Das summiert sich auf etwa 175 Euro monatlich. Für Minijobberinnen und Minijobber bedeutet das: Die pauschalen Arbeitgeberbeiträge führen weder zu einer eigenständigen Krankenversicherung noch zu vollwertigen Rentenansprüchen aus dem Minijob. Ohne zusätzliche eigene Beiträge bleibt die spätere Rente dadurch spürbar niedriger, als sie sein könnte.
Rentenversicherungspflicht im Minijob: Befreiung ist möglich, aber riskantRechtlich sind Minijobs grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Das heißt: Der volle Rentenbeitrag von 18,6 Prozent des Bruttoverdienstes wird fiktiv angesetzt. Der Arbeitgeber zahlt davon pauschal 15 Prozent, die fehlenden 3,6 Prozent trägt regulär die beschäftigte Person.
Die meisten Minijobber können sich auf Antrag von dieser Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Das geschieht über ein Formular der Minijob-Zentrale, das vom Arbeitgeber weitergeleitet wird. Dieser Schritt will gut überlegt sein, denn die Befreiung gilt unwiderruflich, solange das konkrete Beschäftigungsverhältnis besteht.
Bereits 2021 hatte die Deutsche Rentenversicherung ermittelt, dass sich rund 80 Prozent der Minijobber von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
Damals zeigte eine Beispielrechnung: Schon ein monatlicher Pflichtbeitrag von 16,20 Euro konnte langfristig ein Rentenplus von 6,67 Euro im Monat bewirken, also gut 80 Euro im Jahr. Nach heutigem Stand, mit höheren Verdienstgrenzen und Beiträgen, fällt der Effekt eher günstiger aus.
Wie sich der eigene Beitrag berechnet: 3,6 Prozent vom Minijob-Lohn
Wer sich nicht befreien lässt, zahlt die fehlenden 3,6 Prozent selbst. Diese werden direkt vom Lohn einbehalten und zusammen mit den 15 Prozent des Arbeitgebers an die Minijob-Zentrale überwiesen.
Bei einem Verdienst von 556 Euro im Monat ergibt sich folgende Rechnung:
18,6 Prozent Rentenbeitrag auf 556 Euro entsprechen rund 103,42 Euro. Der Arbeitgeber übernimmt 15 Prozent, also etwa 83,40 Euro. Die Differenz von 3,6 Prozent, rund 20,02 Euro, trägt die Minijobberin oder der Minijobber.
Die Nettoauszahlung reduziert sich in diesem Beispiel von 556 Euro auf 535,98 Euro. Auf den ersten Blick wirkt das wie ein Verlust. Für Bürgergeld-Beziehende ist genau dieser Punkt jedoch entscheidend – denn hier greift der Freibetragsmechanismus des SGB II.
Bürgergeld und Hinzuverdienst: Wie Freibeträge wirkenWer Bürgergeld erhält und nebenher arbeitet, darf einen Teil des Erwerbseinkommens behalten, ohne dass dieses auf die Leistung angerechnet wird. Diese Freibeträge sollen Arbeit lohnend machen und einen Anreiz zur Aufnahme oder Ausweitung von Beschäftigung bieten.
Bei einem Minijob mit 556 Euro Verdienst ergibt sich im Zusammenspiel mit dem Bürgergeld-Regelwerk ein maximaler Freibetrag von 194,80 Euro. Nur der darüber liegende Anteil des Einkommens mindert die Bürgergeld-Zahlung.
Genau hier setzt der Rentenversicherungsbeitrag von 3,6 Prozent an. Er reduziert das anrechenbare Einkommen und sorgt dafür, dass das Jobcenter mehr Bürgergeld auszahlen muss. So fängt das System den Rentenbeitrag faktisch wieder auf.
Bürgergeld-Rechner – Leistungen direkt online berechnenUm die individuelle Situation besser einschätzen zu können, lohnt sich eine konkrete Berechnung. Online verfügbare Bürgergeld-Rechner helfen dabei, Bedarf, Freibeträge und anrechenbares Einkommen zu ermitteln.
Wer plant, im Minijob auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu verzichten, kann dort durchspielen, wie sich der Rentenbeitrag auf die Höhe des Bürgergeldes und auf das verfügbare Monatseinkommen auswirkt. Das schafft Transparenz und zeigt, ob und in welcher Höhe sich zusätzliche Rentenbeiträge langfristig lohnen.
Beispiel Julia: Gleicher Geldbetrag im Monat, zusätzliche RentenpunkteWie das Zusammenspiel aus Minijob, Rentenversicherungspflicht und Bürgergeld konkret aussieht, zeigt eine Beispielrechnung.
Julia ist 29 Jahre alt, lebt allein in Hamburg und ist auf Bürgergeld angewiesen. Ihr monatlicher Bedarf setzt sich zusammen aus dem Regelsatz von 563 Euro sowie 690 Euro für Miete und Heizung. Insgesamt ergibt sich ein Bedarf von 1.253 Euro.
Julia arbeitet in der Gastronomie in einem Minijob und verdient 556 Euro im Monat. Aufgrund der geltenden Freibeträge bleiben 194,80 Euro ihres Einkommens anrechnungsfrei – das ist der höchstmögliche Freibetrag bei einem Minijob in Verbindung mit Bürgergeld.
Im Folgenden werden die beiden Varianten gegenübergestellt: einmal mit Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, einmal mit aktiver Rentenversicherungspflicht und einem Beitrag von 20,02 Euro im Monat.
Vergleichstabelle zur Beispielrechnung Aspekt Ergebnis ohne bzw. mit Rentenversicherungspflicht Bruttoeinkommen aus dem Minijob Ohne RV-Pflicht: 556,00 EURMit RV-Pflicht: 556,00 EUR Rentenversicherungsbeitrag aus dem Minijob Ohne RV-Pflicht: 0,00 EUR
Mit RV-Pflicht: -20,02 EUR Nettoauszahlung aus dem Minijob Ohne RV-Pflicht: 556,00 EUR
Mit RV-Pflicht: 535,98 EUR Freibeträge auf das Einkommen In beiden Fällen: 194,80 EUR anrechnungsfrei Anrechnung auf das Bürgergeld Ohne RV-Pflicht: 361,20 EUR
Mit RV-Pflicht: 341,18 EUR Gesamtbedarf (Regelsatz + Wohnkosten) In beiden Fällen: 1.253,00 EUR Auszahlung Bürgergeld Ohne RV-Pflicht: 891,80 EUR
Mit RV-Pflicht: 911,82 EUR Verfügbares Geld im Monat (Bürgergeld + Minijob) In beiden Fällen: 1.447,80 EUR
Die Tabelle zeigt: Julias Netto aus dem Minijob ist mit Rentenversicherungspflicht um 20,02 Euro niedriger. Gleichzeitig steigt ihre Bürgergeld-Zahlung um genau diesen Betrag.
Am Ende hat Julia in beiden Varianten monatlich dieselben 1.447,80 Euro zur Verfügung. Der Unterschied besteht darin, dass mit Rentenversicherungspflicht jeden Monat 20,02 Euro in die Rentenversicherung fließen – faktisch finanziert über das Bürgergeld-System, weil das Jobcenter die Lücke beim Bedarf durch höhere Leistungen schließt.
Langfristige Wirkung: Kleine Beiträge, greifbare RentenansprücheAuf das Jahr gerechnet ergeben die 20,02 Euro Rentenbeitrag rund 240 Euro. Über mehrere Jahre hinweg summiert sich so ein relevanter Betrag an Pflichtbeiträgen, aus denen später Rentenansprüche entstehen.
Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung haben bereits 2021 gezeigt, dass schon vergleichsweise geringe Pflichtbeiträge im Minijob einen merklichen Effekt auf die spätere Rente haben können. Mit den heutigen Verdienstgrenzen und Rentenwerten fällt dieser Effekt eher stärker aus.
Gerade für Menschen, die längere Zeit Bürgergeld beziehen und nur in geringfügigem Umfang arbeiten können, ist dies eine der wenigen realistischen Möglichkeiten, eigene Rentenansprüche aufzubauen und Altersarmut etwas abzumildern.
Rechtslage: Jobcenter dürfen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht verlangenIn der Praxis berichten Leistungsberechtigte immer wieder, dass Jobcenter sie auffordern, sich mittels Formular der Minijob-Zentrale von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Eine solche Aufforderung ist rechtlich problematisch.
Denn beim Minijob handelt es sich nicht um eine freiwillige Rentenzahlung, sondern um eine gesetzlich festgelegte Versicherungspflicht. Die Befreiung ist eine Option, die die beschäftigte Person freiwillig wählen kann – sie darf nicht durch Druck der Behörde erzwungen werden.
Interne Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit, auf die sich Berichte von Beratungsstellen und Medien stützen, halten fest, dass Pflichtbeiträge aus dem Minijob zur Rentenkasse als Absetzbeträge nach § 11b Abs. 1 Nr. 2 SGB II zu berücksichtigen sind. Das bedeutet: Diese Beiträge mindern das anrechenbare Einkommen und müssen bei der Berechnung des Bürgergeldes zugunsten der Leistungsberechtigten angesetzt werden.
Eine behördliche Praxis, die darauf zielt, Personen zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht zu drängen, steht im Widerspruch zu diesen Vorgaben. Betroffene sollten wissen, dass sie sich nicht befreien lassen müssen und dass eine einmal ausgesprochene Befreiung während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses nicht rückgängig gemacht werden kann. Bei Unsicherheiten kann unabhängige Beratung – etwa bei Sozialberatungsstellen – sinnvoll sein.
Was darf ich beim Bürgergeld anrechnungsfrei hinzuverdienen?Die Frage nach der zulässigen Höhe des Hinzuverdienstes im Bürgergeld ist für viele Betroffene entscheidend. Die Freibeträge sind gestaffelt und hängen von der Höhe des Einkommens ab. Im unteren Einkommensbereich bleiben Anteile des Erwerbslohns vollständig anrechnungsfrei; weitere Teile werden nur mit einem bestimmten Prozentsatz auf das Bürgergeld angerechnet.
Im Beispiel eines Minijobs mit 556 Euro führt diese Staffelung dazu, dass 194,80 Euro nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden. Genau dieser anrechnungsfreie Betrag sorgt dafür, dass das Gesamtbudget aus Lohn und Bürgergeld höher ist als der eigentliche monatliche Bedarf.
Wer konkrete Zahlen für seine eigene Situation benötigt, kann einen Bürgergeld-Rechner nutzen oder sich an eine Beratungsstelle wenden. Dort lassen sich Freibeträge, Anrechnung und die Wirkung eines Rentenversicherungsbeitrags im Einzelfall nachvollziehen.
Hinweis für Wohngeld-Empfängerinnen und -EmpfängerNicht nur Bürgergeld-Beziehende profitieren potenziell von der Rentenversicherungspflicht im Minijob. Auch für Wohngeld-Haushalte kann es vorteilhaft sein, sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen.
Wer Wohngeld erhält und im Minijob 556 Euro verdient, zahlt bei aktiver Rentenversicherungspflicht ebenfalls 20,02 Euro Beitrag. Dieser Beitrag kann dazu führen, dass beim Einkommen Abzugsbeträge von zehn Prozent des Einkommens, also 55,60 Euro, berücksichtigt werden. Die konkrete Wirkung hängt jedoch stark vom individuellen Fall ab.
Wohngeld-Empfängerinnen und -Empfänger sollten daher nachrechnen, ob sich der Rentenversicherungsbeitrag bei ihnen lohnt. Online-Rechner zum Wohngeld sowie Beratungsangebote der Kommunen oder Mietervereine können helfen, die Auswirkungen auf das Wohngeld präzise zu ermitteln.
Rentenerhöhung 2026: Warum zusätzliche Rentenpunkte noch wichtiger werdenFür das Jahr 2026 ist eine erneute Rentenanpassung vorgesehen. Zwar unterscheiden sich die Prognosen je nach wirtschaftlicher Entwicklung, doch langfristig zeigen die vergangenen Jahre, dass Renten regelmäßig steigen.
Zusätzliche Rentenpunkte aus Pflichtbeiträgen im Minijob gewinnen dadurch an Bedeutung. Wer heute über mehrere Jahre im Rahmen eines Minijobs Beiträge zahlt, profitiert später nicht nur von der bloßen Existenz dieser Punkte, sondern auch von jeder künftigen Rentenerhöhung, die auf diese Ansprüche angewandt wird.
Gerade Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien, Phasen von Arbeitslosigkeit oder längeren Zeiten im Bürgergeld-Bezug können mit gezielten Pflichtbeiträgen im Minijob ihre Altersrente ein Stück weit stabilisieren.
Fazit: Nicht vorschnell von der Rentenversicherungspflicht befreien lassenFür Bürgergeld-Beziehende mit Minijob ist die Entscheidung über die Rentenversicherungspflicht von erheblicher Tragweite. Wer sich befreien lässt, hat kurzfristig ein etwas höheres Netto, verzichtet aber auf zusätzliche Rentenansprüche.
Das Beispiel von Julia zeigt, dass im Bürgergeld-Bezug die tatsächliche monatliche Verfügbarkeit von Geld gleich bleibt – unabhängig davon, ob Rentenbeiträge gezahlt werden oder nicht. Mit Rentenversicherungspflicht wandern allerdings jeden Monat 20,02 Euro in die eigene Altersvorsorge, ohne dass das verfügbare Einkommen sinkt. Die Differenz wird über höhere Leistungen des Jobcenters ausgeglichen.
Vor diesem Hintergrund ist es für viele Leistungsberechtigte sinnvoll, sich gerade nicht von der Rentenversicherungspflicht im Minijob befreien zu lassen.
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Rente: 2026: Rentenbeiträge können von der Steuer abgesetzt werden
Wer in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann seine Beiträge in der Einkommensteuererklärung steuerlich geltend machen. Für viele Beschäftigte ist das ein wichtiger Hebel, um die Steuerlast spürbar zu senken. Allerdings lässt der Gesetzgeber diesen Abzug nicht in unbegrenzter Höhe zu.
Entscheidend ist ein jährlich neu festgelegter Höchstbetrag für sogenannte Altersvorsorgeaufwendungen. Ab dem Steuerjahr 2026 steigen diese Grenzen noch einmal deutlich – und eröffnen vor allem Personen mit hohen zusätzlichen Einzahlungen in die Altersvorsorge neue Gestaltungsmöglichkeiten.
Was sind Altersvorsorgeaufwendungen im steuerlichen Sinn?Altersvorsorgeaufwendungen sind die Beiträge zur sogenannten Basisversorgung im Alter. Dazu gehören insbesondere die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken (zum Beispiel für Ärztinnen, Rechtsanwälte oder Architektinnen) sowie Beiträge zu einer Basis- beziehungsweise Rürup-Rente.
Diese Aufwendungen werden in der Einkommensteuer als Sonderausgaben berücksichtigt. Rechtsgrundlage ist § 10 Einkommensteuergesetz (EStG), der regelt, welche Beträge in welcher Höhe abziehbar sind.
Seit 2023 können Altersvorsorgeaufwendungen bis zum jeweils geltenden Höchstbetrag zu 100 Prozent steuermindernd angesetzt werden. Zuvor galt eine über Jahre ansteigende Quote, die nur einen bestimmten Prozentsatz der Beiträge zuließ. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde dieser Prozess vorgezogen, sodass bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2023 der volle Abzug möglich ist.
Der Höchstbetrag 2026: 30.826 Euro für Alleinstehende, 61.652 Euro für EhepaareFür das Jahr 2026 gilt: Alleinstehende können bis zu 30.826 Euro an Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben absetzen. Für Ehepaare, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppelt sich dieser Betrag auf 61.652 Euro. Ob beide Ehegatten eigene Beiträge leisten, spielt für diese Grenze keine Rolle – entscheidend ist allein die gemeinsame Veranlagung.
Die Höchstbeträge steigen von Jahr zu Jahr. 2023 lag der Betrag für Ledige noch bei 26.528 Euro, 2024 bei 27.566 Euro, 2025 bereits bei 29.344 Euro. Für Ehepaare galten jeweils die doppelten Werte.
Damit setzt sich eine Entwicklung fort, die sich an den Rechengrößen der Rentenversicherung orientiert und die steuerliche Förderung der Basisversorgung stetig ausweitet.
Steuerpflichtige Personengruppe Maximal absetzbarer Betrag 2026 (Altersvorsorgeaufwendungen) Alleinstehende 30.826 € Verheiratete / eingetragene Lebenspartner mit gemeinsamer Veranlagung 61.652 € Wie sich der Höchstbetrag herleitetDer Höchstbetrag für Altersvorsorgeaufwendungen orientiert sich an der knappschaftlichen Rentenversicherung. Vereinfacht gesagt wird eine fiktive maximale Beitragsbelastung zur Altersversorgung zugrunde gelegt, die sich aus einer Beitragsbemessungsgrenze und dem Beitragssatz ergibt. Diese Systematik erklärt, warum die Höchstbeträge mit den Sozialversicherungsrechengrößen mitwachsen.
Parallel dazu steigen die Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung. Für 2026 liegt die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung bei 101.400 Euro im Jahr. Bis zu diesem Einkommen werden Rentenversicherungsbeiträge erhoben, darüber hinaus bleibt das Einkommen beitragsfrei.
Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung reichen alleine nicht aus
Auf den ersten Blick wirken 30.826 Euro als Höchstbetrag sehr hoch.
Für Beschäftigte, die lediglich ihre regulären Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen, ist diese Grenze in der Praxis kaum erreichbar.
Der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung beträgt 2026 weiterhin 18,6 Prozent.
Bezogen auf die Beitragsbemessungsgrenze von 101.400 Euro ergibt sich damit ein maximaler Jahresbeitrag von 18.860,40 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus dem Arbeitnehmer- und dem Arbeitgeberanteil zusammen.
Selbst Personen mit einem Einkommen exakt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze bleiben also deutlich unter dem steuerlich relevanten Höchstbetrag von 30.826 Euro. Im Ergebnis nutzt allein die Pflichtversicherung den verfügbaren Spielraum steuerlich nicht aus.
Warum auch Arbeitgeberbeiträge mitzählenFür die Beurteilung, ob der Höchstbetrag ausgeschöpft wird, kommt es nicht nur auf den Arbeitnehmeranteil an. Auch die vom Arbeitgeber getragenen Rentenversicherungsbeiträge gelten steuerlich als Altersvorsorgeaufwendungen und werden bei der Berechnung des Höchstbetrags mit einbezogen.
Das hat zwei Konsequenzen: Zum einen ist der steuerlich berücksichtigungsfähige Betrag deutlich höher als der in der Gehaltsabrechnung ausgewiesene Arbeitnehmeranteil. Zum anderen müssen Personen, die zusätzliche Beiträge leisten möchten, ihren gesamten Vorsorgeaufwand im Blick behalten, damit sie die Höchstgrenze nicht überschreiten.
Für wen der Höchstbetrag 2026 tatsächlich wichtig wirdRelevanz gewinnt der Höchstbetrag vor allem für Personen, die über die regulären Pflichtbeiträge hinaus weitere Beträge in die Basisversorgung einzahlen. Das betrifft insbesondere Beschäftigte, die freiwillige Zusatzzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung leisten, etwa um Rentenabschläge bei einem vorgezogenen Rentenbeginn auszugleichen. Für diese Ausgleichszahlungen können schnell fünfstellige Summen im Jahr erreicht werden.
Auch Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler, die in einem berufsständischen Versorgungswerk pflichtversichert sind und zusätzlich eine Basis- beziehungsweise Rürup-Rente besparen, kommen eher in die Nähe des Höchstbetrags. Gleiches gilt für gutverdienende Angestellte, die neben der gesetzlichen Rentenversicherung hohe Beiträge in eine Basisrente zahlen.
Wer hingegen ausschließlich Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet – selbst bei sehr hohem Einkommen – bleibt regelmäßig komfortabel unter der Grenze von 30.826 Euro. In solchen Fällen spielt der Höchstbetrag praktisch keine Rolle.
Zusätzliche Einzahlungen in die gesetzliche RentenversicherungEin wichtiges Feld sind freiwillige Sonderzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung. Viele Versicherte nutzen die Möglichkeit, durch Einmalzahlungen zusätzliche Entgeltpunkte zu erwerben, um geplante Rentenabschläge auszugleichen oder die spätere Rente gezielt zu erhöhen. Diese Zahlungen zählen vollständig zu den Altersvorsorgeaufwendungen der Basisversorgung.
Gerade bei Personen ab Mitte fünfzig, die den Übergang in den Ruhestand aktiv gestalten wollen, können solche Einzahlungen erheblich sein. Wird parallel weiterhin das reguläre Arbeitseinkommen erzielt, kommen zu den Sonderzahlungen noch die laufenden Pflichtbeiträge aus Beschäftigung hinzu. Erst in dieser Kombination besteht eine realistische Chance, den steuerlichen Höchstbetrag auszuschöpfen.
Berufsständische Versorgungswerke und Basis- / Rürup-RenteFür Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke – etwa Ärztinnen, Apotheker, Rechtsanwälte oder Architektinnen – gelten die Beiträge zu ihrem Versorgungswerk ebenfalls als Altersvorsorgeaufwendungen der Basisversorgung. Sie teilen sich den Höchstbetrag mit eventuellen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Basis- beziehungsweise Rürup-Rente.
Die Basis- oder Rürup-Rente ist als private, aber staatlich geförderte Altersvorsorge genau auf diesen steuerlichen Rahmen zugeschnitten. Beiträge können 2026 bis zum gleichen Höchstbetrag von 30.826 Euro beziehungsweise 61.652 Euro steuerlich geltend gemacht werden.
Wer bereits hohe Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlt, muss bei der Planung einer Rürup-Rente daher genau prüfen, wie viel steuerlicher Spielraum im Höchstbetrag tatsächlich noch zur Verfügung steht.
Betriebliche Altersversorgung und Riester-Rente: eigene steuerliche RegelnAnders verhält es sich bei der betrieblichen Altersversorgung. Beiträge, die über eine Entgeltumwandlung in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds fließen, fallen in der Regel unter die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 63 EStG. Dort gelten eigene Höchstgrenzen, die sich zum Beispiel an einem Prozentsatz der Beitragsbemessungsgrenze orientieren. Diese Beiträge werden nicht auf den Höchstbetrag für Altersvorsorgeaufwendungen angerechnet.
Die Riester-Rente wiederum unterliegt einem gesonderten System aus Zulagen und einem eigenen Sonderausgabenabzug. Der steuerlich berücksichtigungsfähige Höchstbetrag beträgt hier 2.100 Euro pro Jahr. Dieser Betrag steht zusätzlich zum Höchstbetrag für Altersvorsorgeaufwendungen nach § 10 EStG zur Verfügung und wird nicht mit ihm verrechnet.
Für Sparerinnen und Sparer bedeutet das: Die Entscheidung für betriebliche Altersversorgung oder Riester-Rente wirkt sich nicht darauf aus, ob der Höchstbetrag der Basisversorgung erreicht wird. Die steuerlichen Förderungen existieren nebeneinander.
Praktische Konsequenzen für die Steuererklärung 2026In der Praxis werden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitgehend automatisch in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen und später bei der Einkommensteuererklärung in die Anlage „Vorsorgeaufwand“ übernommen. Dort werden auch Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken und zur Basis- beziehungsweise Rürup-Rente erfasst.
Wer freiwillige Sonderzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung leistet oder einen Basisrentenvertrag mit hohen Jahresbeiträgen bedient, sollte seine Steuererklärung besonders sorgfältig prüfen. Entscheidend ist, dass alle relevanten Beiträge vollständig erfasst sind und gleichzeitig der Höchstbetrag nicht überschritten wird.
Der steuerliche Effekt ist nur bis zur Grenze von 30.826 beziehungsweise 61.652 Euro voll nutzbar; darüber hinausgehende Beiträge mindern die Steuerlast nicht weiter, erhöhen aber selbstverständlich weiterhin die spätere Altersversorgung.
Auch der Zeitpunkt der Zahlungen kann eine Rolle spielen. Größere Einmalzahlungen sollten so geplant werden, dass sie in einem Jahr anfallen, in dem genügend steuerlicher Spielraum im Höchstbetrag vorhanden ist und gleichzeitig eine entsprechend hohe Steuerbelastung besteht, damit der Sonderausgabenabzug größtmögliche Wirkung entfalten kann.
Einordnung: Für wen sich ein genauer Blick besonders lohntEin genauer Blick auf den Höchstbetrag 2026 lohnt sich insbesondere für gutverdienende Erwerbstätige, die zusätzliche Altersvorsorge betreiben, sowie für Selbstständige mit hohen Beiträgen zur Basisversorgung. In diesen Gruppen lässt sich die steuerliche Förderung der Altersvorsorge gezielt optimieren – etwa durch abgestimmte Kombinationen aus Pflichtversicherung, freiwilligen Sonderzahlungen und Basisrente.
Für die breite Mehrheit der abhängig Beschäftigten bleibt der Höchstbetrag dagegen eher ein theoretischer Wert. Ihre Rentenversicherungsbeiträge – einschließlich des Arbeitgeberanteils – liegen auch 2026 deutlich unter der steuerlichen Obergrenze. Hier ist die wichtigste Botschaft, dass die laufenden Beiträge vollständig als Sonderausgaben anerkannt werden und damit automatisch eine spürbare Entlastung bei der Einkommensteuer bewirken.
Fazit: Höhere Grenzen, mehr Gestaltungsspielraum – aber nur für bestimmte GruppenDer Höchstbetrag für Altersvorsorgeaufwendungen steigt 2026 auf 30.826 Euro für Alleinstehende und 61.652 Euro für zusammen veranlagte Ehepaare. Damit setzt der Gesetzgeber die Linie der vergangenen Jahre fort, die steuerliche Förderung der Basisversorgung im Alter auszubauen.
Für die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben diese Grenzen weit entfernt, da ihre Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung selbst bei sehr hohem Einkommen deutlich darunter liegen.
Bedeutung erlangt der Höchstbetrag vor allem für Personen, die neben ihren Pflichtbeiträgen weitere erhebliche Summen in die Basisversorgung investieren – etwa durch Ausgleichszahlungen in die Rentenversicherung, hohe Beiträge zur Basis-/Rürup-Rente oder umfangreiche Einzahlungen in ein berufsständisches Versorgungswerk.
Wer in diese Gruppe fällt, sollte seine Vorsorgestrategie und die steuerliche Ausnutzung des Höchstbetrags 2026 sorgfältig planen. Für alle anderen bleibt die wesentliche Botschaft: Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind auch weiter voll als Sonderausgaben abziehbar – und damit ein wichtiger Baustein, um die persönliche Steuerlast zu senken und gleichzeitig für das Alter vorzusorgen.
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Harte Linie beim Bürgergeld: Kein Anspruch auf SGB II-Leistungen trotz Erkrankung
Wer Bürgergeld bezieht, lebt oft mit der Sorge, dass schon ein kleiner Fehler gravierende Folgen haben kann. Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hamburg vom 21. Mai 2025 (Az.: L 4 AS 56/24) zeigt, wie hart diese Folgen tatsächlich ausfallen können – selbst dann, wenn eine Betroffene schwer psychisch erkrankt ist.
Das Gericht stellte klar: Ohne rechtzeitigen Weiterbewilligungsantrag gibt es keine lückenlose Zahlung von Bürgergeld. Weder die Erkrankung noch die spätere Bestellung einer gesetzlichen Betreuerin verpflichten das Jobcenter dazu, von sich aus nachzuforschen oder Hausbesuche zu machen.
Vier Monate ohne Leistungen, keine Krankenversicherung, MietschuldenIm Mittelpunkt des Verfahrens stand eine 1978 geborene Frau, die Bürgergeldleistungen (damals bereits unter neuer Bezeichnung) nach dem SGB II bezogen hatte. Bewilligt waren Zahlungen für den Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 31. Oktober 2021.
Schon am 6. September 2021 informierte das Jobcenter die Frau schriftlich darüber, dass der Bewilligungszeitraum zum 31. Oktober 2021 endet und für eine Fortzahlung ein Weiterbewilligungsantrag erforderlich ist. Genau an diesem Punkt setzt die spätere Auseinandersetzung an: Ein neuer Antrag ging erst am 3. März 2022 beim Jobcenter ein.
Damit entstand eine Lücke von vier Monaten – vom 1. November 2021 bis zum 28. Februar 2022. In dieser Zeit erhielt die Frau weder Bürgergeld noch war sie gesetzlich krankenversichert.
Es sammelten sich Mietrückstände in Höhe von 2.800,50 Euro an, die Wohnung war bereits zum 1. Mai 2022 gekündigt worden. Das Jobcenter übernahm die Mietschulden später als Darlehen, eine laufende Leistungsbewilligung für den betreffenden Zeitraum blieb aber aus.
Erkrankung und Bestellung einer BetreuerinAm 3. März 2022, dem Tag, an dem der verspätete Weiterbewilligungsantrag im Jobcenter einging, bestellte das Amtsgericht die Tochter der Frau zur ehrenamtlichen Betreuerin. Die Betreuerin trug vor, die Mutter sei bereits seit Anfang 2021 schwer psychisch erkrankt und aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen, Anträge zu stellen oder ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln.
Sie stützte sich dabei auf ärztliche Unterlagen, die erhebliche psychische Beeinträchtigungen belegen sollten.
Ab dem 7. März 2022 kam es wiederholt zu stationären Behandlungen aufgrund der Erkrankung. Die Betreuerin argumentierte, dass die Frau im gesamten streitigen Zeitraum tatsächlich nicht in der Lage gewesen sei, eigenverantwortlich einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen.
Das Jobcenter bewilligte dennoch erst ab dem 1. März 2022 wieder Leistungen. Am 17. März 2022 beantragte die Betreuerin sodann eine rückwirkende Bewilligung ab November 2021 und verwies unter anderem darauf, das Jobcenter hätte aufgrund der bekannten Situation nachfassen müssen.
Bürgergeld gibt es nur auf AntragRechtlich war der Fall an einem bekannten Grundsatz aufgehängt: Leistungen nach dem SGB II werden ausschließlich auf Antrag erbracht (§ 37 Abs. 1 SGB II). Das gilt sowohl für den ersten Antrag als auch für die Weiterbewilligung nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts. Eine rückwirkende Bewilligung ist grundsätzlich nur ab Beginn des Antragsmonats möglich.
Der am 3. März 2022 gestellte Antrag wirkte deshalb nach § 37 SGB II lediglich bis zum 1. März 2022 zurück, nicht aber in den davorliegenden Zeitraum. Für die Monate November 2021 bis Februar 2022 fehlte ein wirksamer, rechtzeitiger Antrag.
Im Hintergrund steht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), nach der der Antrag im SGB-II-System eine Art „Türöffnerfunktion“ hat: Er eröffnet einen befristeten Bewilligungszeitraum, in dem die Bedürftigkeit geprüft und die Leistungen festgesetzt werden. Ohne Antrag kann dieses Verfahren nicht starten, und eine rückwirkende „Reparatur“ ist nur in eng begrenzten Konstellationen möglich.
Vorwurf an das Jobcenter: Hätte die Behörde nachfassen müssen?Die Klägerin stützte sich im Verfahren nicht nur auf den allgemeinen Hinweis auf ihre Erkrankung. Sie machte insbesondere geltend, das Jobcenter habe seine Pflichten verletzt und müsse deshalb im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als sei der Antrag rechtzeitig gestellt worden.
Nach dieser Rechtsfigur – vom BSG entwickelt und inzwischen gefestigt – kann ein Sozialleistungsträger verpflichtet sein, Nachteile auszugleichen, die durch eine fehlerhafte oder unterlassene Beratung entstanden sind. Voraussetzung ist, dass die Behörde eine ihr obliegende Pflicht verletzt und gerade dadurch der spätere Nachteil (hier: fehlende Leistungen) ausgelöst wurde.
Die Betreuerin argumentierte, das Jobcenter hätte angesichts der bekannten psychischen Erkrankung der Klägerin von sich aus nachfragen, Hausbesuche vornehmen oder zumindest versuchen müssen, die Betroffene zu erreichen. Gerade weil klar gewesen sei, dass die Frau gesundheitlich stark eingeschränkt sei, habe die Behörde strengere Maßstäbe an ihre eigenen Mitwirkungspflichten anlegen müssen.
Entscheidung des Sozialgerichts und Berufung zum LSGDas Sozialgericht Hamburg wies die Klage zunächst ab. Es sah keinen Rechtsfehler des Jobcenters, der einen Herstellungsanspruch oder andere Ausnahmen vom Antragserfordernis tragen könnte.
Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung zum LSG Hamburg ein. Sie hielt daran fest, dass die Behörde angesichts der Krankheitslage ihrer Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei und sich nicht auf das bloße Auslaufen des Bewilligungszeitraums zurückziehen dürfe.
Das LSG Hamburg bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz. Für den Zeitraum vom 1. November 2021 bis zum 28. Februar 2022 bestehe kein Anspruch auf Bürgergeld, weil kein rechtzeitiger Weiterbewilligungsantrag vorlag. Das Antragserfordernis sei auch durch die schwere psychische Erkrankung nicht aufgehoben.
Das Gericht betonte, dass das Jobcenter die Klägerin bereits am 6. September 2021 ausdrücklich auf das Ende des Bewilligungszeitraums zum 31. Oktober 2021 hingewiesen und über die Notwendigkeit der Weiterbewilligung informiert habe. Damit sei die gesetzliche Beratungspflicht erfüllt gewesen. Eine Pflicht, ohne neuen Antrag „ins Blaue hinein“ Ermittlungen anzustellen, gebe es nicht.
Das LSG stützte sich dabei ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das in einem Urteil vom 16. Mai 2012 (Az.: B 4 AS 166/11 R) klargestellt hatte: Auch bei längeren Ortsabwesenheiten oder bekannten Problemlagen bleibt es beim Erfordernis eines Fortzahlungsantrags; die Behörde muss nicht automatisch tätig werden, wenn ein Bewilligungszeitraum ausläuft.
Kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch mangels Pflichtverletzung
Den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lehnte das LSG ab. Dieser Anspruch setzt eine Pflichtverletzung des Leistungsträgers voraus – etwa eine unterlassene oder falsche Beratung –, die unmittelbar ursächlich für den Nachteil des Betroffenen geworden ist.
Eine solche Pflichtverletzung konnte das Gericht nicht erkennen. Das Jobcenter hatte rechtzeitig über das Ende des Bewilligungszeitraums und die Notwendigkeit eines Weiterbewilligungsantrags informiert. Mehr sei – so das LSG – ohne konkrete neue Anhaltspunkte nicht geschuldet gewesen.
Insbesondere musste die Behörde weder Hausbesuche durchführen noch von sich aus Nachforschungen anstellen, weil kein neuer Antrag vorlag. Der Gesetzgeber habe die Verantwortung für die Veranlassung eines neuen Bewilligungsabschnitts bewusst bei den Leistungsberechtigten belassen.
Keine Wiedereinsetzung, kein HärtefallanspruchAuch andere rechtliche „Rettungsanker“ griffen nicht. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X lehnte das Gericht mit der Begründung ab, dass es an einer gesetzlichen Frist im Sinne dieser Vorschrift fehle. Die Pflicht zur Antragstellung nach § 37 SGB II sei keine solche Frist, sondern Ausdruck des grundsätzlichen Antragsprinzips im SGB II.
Ebenso wenig kam eine Nachsichtsgewährung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in Betracht. Das Gericht stellte klar, dass es nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn sich das Jobcenter auf den fehlenden Antrag berufe. Im Gegenteil entspreche dies dem Konzept des Gesetzes: Ab Antragseingang werde geprüft und bewilligt, für Zeiten davor bestehe nur in eng begrenzten Ausnahmefällen eine Nachzahlungspflicht.
Hinzu kommt: Im streitigen Zeitraum stand die Klägerin nach Auffassung des Gerichts der Arbeitsvermittlung ohnehin nicht zur Verfügung, weil sie gesundheitlich stark eingeschränkt war. Auch aus diesem Blickwinkel sei eine rückwirkende Leistungsgewährung nicht geboten.
Konsequenzen für Betroffene: Antragspflicht bleibt auch bei Krankheit bestehenDie Entscheidung des LSG Hamburg ist für Bürgergeldbeziehende von großer praktischer Bedeutung. Sie macht deutlich, dass die Pflicht zur rechtzeitigen Antragstellung auch bei schweren Erkrankungen im Regelfall bestehen bleibt.
Wer Bürgergeld erhält, muss deshalb darauf achten, den Weiterbewilligungsantrag frühzeitig zu stellen – idealerweise, sobald das Jobcenter auf das Auslaufen des Bewilligungszeitraums hinweist. Geht der Antrag zu spät ein, kann dies zu monatelangen Zahlungslücken, Verlust der Krankenversicherung und Mietschulden führen. Eine nachträgliche Korrektur ist rechtlich nur unter engen Voraussetzungen möglich.
Krankheit oder Überforderung entschuldigen die Versäumung nicht automatisch. Die Gerichte prüfen sehr genau, ob die Behörde ihre Pflichten zur Information und Beratung erfüllt hat. Ist dies der Fall, bleibt es in aller Regel bei der Verantwortung der Leistungsberechtigten oder ihrer Vertreter.
Vorsorge durch Vollmacht oder BetreuungDas Urteil zeigt eindrücklich, wie wichtig Vorsorge ist. Gerade bei länger andauernden psychischen oder körperlichen Erkrankungen sollten Betroffene frühzeitig überlegen, wer im Notfall Anträge stellen, Fristen im Blick behalten und mit Behörden kommunizieren kann.
Eine schriftliche Vollmacht kann nahen Angehörigen oder Vertrauenspersonen ermöglichen, im Namen der erkrankten Person tätig zu werden. Ist die Selbstständigkeit bereits erheblich eingeschränkt, kann eine rechtliche Betreuung in Betracht kommen. Entscheidend ist, dass diese Vertretungsstrukturen rechtzeitig eingerichtet werden – nicht erst dann, wenn bereits Zahlungslücken, Mietrückstände oder der Verlust des Versicherungsschutzes drohen.
Fazit: Harte Linie beim AntragserfordernisDas LSG Hamburg folgt mit seiner Entscheidung der Linie des Bundessozialgerichts und stellt das Antragserfordernis im Bürgergeldrecht noch einmal unmissverständlich heraus. Selbst gravierende gesundheitliche Probleme entbinden nicht davon, für die eigenen Leistungsansprüche Vorsorge zu treffen oder Dritte zu bevollmächtigen.
Für Betroffene bedeutet das: Wer auf Bürgergeld angewiesen ist, muss die Fristen zur Weiterbewilligung im Blick behalten. Wer dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, sollte frühzeitig Unterstützung organisieren. Andernfalls drohen – wie im vorliegenden Fall – existenzielle Folgen, die sich im Nachhinein oft nicht mehr rückgängig machen lassen.
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Bürgergeld: Diese Unterlagen dürfen Jobcenter nicht verlangen – Tun es trotzdem immer wieder
Die Frage, welche Daten das Jobcenter von Antragstellern einfordern darf, sorgt immer wieder für Unsicherheit. In der Praxis zeigt sich, dass viele Sachbearbeiter (SB) entweder unzureichende Kenntnisse über die datenschutzrechtlichen Vorschriften haben oder diese ignorieren.
Das führt dazu, dass Leistungsbezieher mit der Aufforderung konfrontiert werden, Dokumente vorzulegen, die sie rechtlich gesehen gar nicht einreichen müssen.
Warum sind Arbeitsverträge für das JobCenter irrelevant?Der Arbeitsvertrag ist ein Dokument, das eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber darstellt und daher unter besonderen Schutz fällt. Die Vorlage des Arbeitsvertrages kann zu erheblichen Datenschutzproblemen führen, da hierin sensible Informationen enthalten sein können.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat klargestellt, dass die Vorlage des Arbeitsvertrages in der Regel nicht erforderlich ist, solange andere Nachweise über das Arbeitsverhältnis vorgelegt werden können, wie z.B. eine Einkommensbescheinigung. Diese Nachweise reichen aus, um den Leistungsanspruch nach § 57 und § 58 SGB II zu ermitteln.
Zusammenfassung: Das JobCenter darf keine vollständigen Arbeitsverträge anfordern, es sei denn, der Antragsteller stimmt ausdrücklich zu.
Sind Arbeitszeugnisse erforderlich für die Vermittlung?Nein, Arbeitszeugnisse enthalten keine Informationen, die für eine Vermittlung relevant sind. Der BfDI betont, dass die Vermittlung in Arbeit ohne die Kenntnis von Arbeitszeugnissen erfolgen kann. In der Praxis bedeutet das, dass die Anforderung von Arbeitszeugnissen durch das JobCenter unzulässig ist.
Wichtiger Hinweis: Antragsteller können ein offizielles Schreiben des BfDI nutzen, um diese Position zu untermauern.
Gibt es eine Pflicht zur Vorlage von Schulzeugnissen?Im Gesetz gibt es keine Vorgabe, die eine Vorlage oder Einsichtnahme von Schulzeugnissen vorschreibt. Schulzeugnisse dürfen auch nicht als verpflichtender Bestandteil einer Eingliederungsvereinbarung deklariert werden. Lediglich eine aktuelle Schulbescheinigung kann in bestimmten Fällen verlangt werden.
Merke: Die Vorlage von Schulzeugnissen darf nicht erzwungen werden.
Was ist bei Kfz-Dokumenten zu beachten?Das JobCenter kann in bestimmten Fällen Dokumente zu Fahrzeugen verlangen, insbesondere zur Ermittlung des aktuellen Verkehrswertes im Rahmen einer Vermögensprüfung. Die Vorlage von Kfz-Briefen, Zulassungspapieren oder Kaufverträgen kann jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen gefordert werden. Wichtig ist, dass der Datenschutz gewahrt bleibt und keine überflüssigen Daten gespeichert werden.
Erlaubt: Vorlage zur Einsichtnahme. Nicht erlaubt: Speicherung sensibler Daten, die nicht relevant sind.
Sind Sozialversicherungsausweise relevant?Sozialversicherungsausweise enthalten keine relevanten Informationen, die zur Berechnung des ALG-II-Anspruchs notwendig sind, und sind daher für das JobCenter irrelevant. Auch in diesem Punkt gibt es klare Aussagen seitens der Datenschutzbehörden, dass eine Anforderung nicht gerechtfertigt ist.
Dürfen Versicherungsunterlagen verlangt werden?Unterlagen zu Versicherungen, wie beispielsweise Lebensversicherungen oder Hausratversicherungen, dürfen nur in speziellen Fällen angefordert werden. Wenn es um die Prüfung von Vermögen geht, kann ein Nachweis über den Rückkaufswert einer Lebensversicherung verlangt werden. Kopien der gesamten Police oder anderer Vertragsdetails dürfen jedoch nicht routinemäßig angefordert werden.
Ausnahme: Rückkaufswertnachweise bei Lebensversicherungen.
Wie sieht es mit der Einsicht in Grundbücher aus?Die Einsichtnahme in Grundbücher und Grundbuchauszüge kann dann gefordert werden, wenn es um die Vermögensprüfung geht. Auch hier gilt jedoch, dass das JobCenter den Datenschutz und die Verhältnismäßigkeit wahren muss.
Welche Regeln gelten für Personalausweise?Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 ist das Kopieren von Personalausweisen unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Grundsätzlich sollte jedoch gelten: Nur anschauen, nicht kopieren. Eine Kopie ist nur in Ausnahmefällen erforderlich und die Einsichtnahme reicht in den meisten Fällen aus.
Fazit: Der Personalausweis sollte nicht ohne triftigen Grund kopiert werden.
Was gilt für Verdienstnachweise?Für Erstanträge auf Bürgergeld ist es unzulässig, Verdienstnachweise zu fordern, die Einkommen vor dem Antragszeitpunkt betreffen. Diese Einkünfte zählen als Vermögen, nicht als Einkommen, und sind daher für die Antragstellung irrelevant. Bei Weiterbewilligungsanträgen (WBA) gelten jedoch andere Regelungen.
Müssen Einkommensteuerbescheide vorgelegt werden?Einkommensteuerbescheide müssen nur dann vorgelegt werden, wenn sie während des ALG-II-Bezugs ausgestellt wurden. Die Vorlage kann also nicht für Einkünfte verlangt werden, die vor Beginn des Bezugs lagen.
Wichtig: Das JobCenter kann eine Steuererklärung verlangen, aber nicht deren Vorlage.
Welche Unterlagen sind bei Kindern relevant?Die Vorlage von Geburtsurkunden kann nur dann gefordert werden, wenn ein Nachweis des Kindschaftsverhältnisses erforderlich ist. Eine allgemeine Pflicht zur Vorlage besteht nicht.
Fazit: Was bedeutet das für die Praxis?Zusammengefasst ist es entscheidend, dass Leistungsbezieher ihre Rechte kennen und sich bewusst sind, welche Unterlagen sie vorlegen müssen und welche Forderungen des JobCenters unzulässig sind.
Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind dazu da, die Privatsphäre zu schützen und sollten ernst genommen werden. Ein übermäßiges Einfordern und Speichern von Daten verstößt nicht nur gegen den Datenschutz, sondern kann im schlimmsten Fall auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
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Pflegegeld: Anspruch auf eine Haushaltshilfe ab Pflegegrad 2
Wer Pflegegrad 2 hat, kann sich in vielen Fällen nicht mehr alleine um Wohnung, Einkäufe und Wäsche kümmern. Angehörige springen oftmals ein, doch auf Dauer geraten viele Familien dabei an ihre Grenzen.
Genau hier wird es interessant: Mit Pflegegrad 2 besteht ein Anspruch auf verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung, mit denen eine Haushaltshilfe zumindest teilweise finanziert werden kann. Es geht nicht darum, dass „die Kasse eine Haushälterin komplett bezahlt“, sondern darum, dass bestimmte Budgets gezielt für hauswirtschaftliche Unterstützung eingesetzt werden dürfen.
Gleich zu Beginn ist wichtig zu verstehen: Haushaltshilfe ist im Pflege- und Krankenversicherungsrecht kein einheitlicher Begriff. Mal ist damit eine über die Pflegeversicherung finanzierte Alltagshilfe gemeint, mal eine zeitlich begrenzte Unterstützung der Krankenkasse nach einem Krankenhausaufenthalt oder bei akuter Krankheit. Für Menschen mit Pflegegrad 2 ist vor allem die dauerhafte, planbare Unterstützung über die Pflegeversicherung bedeutsam.
Was bedeutet Pflegegrad 2 rechtlich?Pflegegrad 2 wird vergeben, wenn der Medizinische Dienst (bei gesetzlich Versicherten) oder Medicproof (bei privat Versicherten) eine „erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ feststellt. Die Begutachtung bewertet unter anderem Mobilität, kognitive Fähigkeiten, Selbstversorgung und den Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen.
Mit Pflegegrad 2 entsteht ein Anspruch auf mehrere Leistungen der Pflegeversicherung, vor allem auf Pflegegeld, Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst, Entlastungsbetrag sowie weitere Unterstützungsformen wie Verhinderungs- und Kurzzeitpflege.
Für den Anspruch auf Haushaltshilfe sind vor allem der Entlastungsbetrag und die Umwandlung von Pflegesachleistungen entscheidend.
Zwei Möglichkeiten: Entweder Pflegeversicherung oder KrankenkasseHaushaltshilfe kann aus zwei unterschiedlichen „Töpfen“ finanziert werden:
Aus der Pflegeversicherung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), wenn eine anerkannte Pflegebedürftigkeit ab Pflegegrad 1 vorliegt und zu Hause gepflegt wird.
Aus der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wenn wegen Krankheit, Klinikaufenthalt oder bestimmter familiärer Situationen der Haushalt vorübergehend nicht geführt werden kann – unabhängig vom Pflegegrad.
Für Menschen mit Pflegegrad 2 spielt die Pflegeversicherung in der Praxis die größere Rolle, weil sie eine dauerhafte, planbare Unterstützung im Haushalt ermöglicht. Die Haushaltshilfe der Krankenkasse ist meist zeitlich begrenzt und an strengere medizinische Voraussetzungen geknüpft.
Der Entlastungsbetrag: Einstieg in die finanzierte HaushaltshilfeAlle Pflegebedürftigen, die zu Hause oder in einer häuslichen Umgebung (zum Beispiel in einer Wohngemeinschaft) leben und einen Pflegegrad haben, erhalten einen monatlichen Entlastungsbetrag. Seit 2025 liegt er bei 131 Euro im Monat.
Dieses Geld ist zweckgebunden. Es darf nur für sogenannte „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ eingesetzt werden, die nach Landesrecht anerkannt sind. Dazu gehören ausdrücklich auch Leistungen im Haushalt: Unterstützung beim Reinigen der Wohnung, beim Wäschewaschen, beim Kochen oder beim Einkaufen, ebenso Begleitung zu Ärzten und Behörden oder Hilfen bei der Tagesstruktur.
Der Entlastungsbetrag funktioniert in der Praxis so:
Pflegebedürftige oder Angehörige wählen einen anerkannten Anbieter aus (zum Beispiel einen Alltagsbegleitdienst, einen hauswirtschaftlichen Dienst oder einen darauf spezialisierten Pflegedienst). In Niedersachsen und anderen Bundesländern führen die Länder Listen anerkannter Angebote.
Die Leistungen werden entweder direkt mit der Pflegekasse abgerechnet (Abtretungserklärung) oder die Familie bezahlt zunächst selbst und reicht die Rechnungen ein.
Nicht verbrauchte Beträge werden innerhalb des Jahres weitergeschoben und können bis zum 30. Juni des Folgejahres nachträglich genutzt werden. Danach verfällt das Restguthaben.
Für viele Familien ist der Entlastungsbetrag der erste Schritt: Schon wenige Stunden Haushaltshilfe im Monat können die Situation spürbar entspannen.
Bis zu 40 Prozent der Pflegesachleistungen für Haushaltshilfe nutzen
Mit Pflegegrad 2 besteht zusätzlich ein Anspruch auf Pflegesachleistungen in Höhe von monatlich bis zu 796 Euro (Stand 2025).
Dieses Budget ist eigentlich für pflegerische Leistungen durch einen ambulanten Pflegedienst gedacht: Hilfe beim Waschen, Duschen, An- und Auskleiden, bei der Medikamentengabe und ähnlichen Tätigkeiten.
Wird dieses Pflegesachleistungs-Budget nicht vollständig für reine Pflege ausgeschöpft, lässt sich ein Teil davon in weitere Unterstützung im Alltag umwandeln. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 dürfen bis zu 40 Prozent des Sachleistungsbudgets für anerkannte Alltags- und Haushaltshilfen einsetzen.
Für Pflegegrad 2 bedeutet das konkret:
- Pflegesachleistungen: 796 Euro
- 40 Prozent davon: 318,40 Euro
Diese 318,40 Euro können zusätzlich zu den 131 Euro Entlastungsbetrag für Alltagshilfen genutzt werden, also insgesamt bis zu 449,40 Euro monatlich allein für anerkannte Angebote im Haushalt und in der Alltagsbegleitung.
Seit einer Gesetzesänderung ist hierfür kein gesonderter Antrag mehr nötig: Wenn die Leistungen bei einem anerkannten Anbieter abgerufen und entsprechend abgerechnet werden, rechnet die Pflegekasse die Umwandlung automatisch innerhalb der 40-Prozent-Grenze.
Pflegegeld, Kombinationsleistungen und privat organisierte Haushaltshilfen
Menschen mit Pflegegrad 2 können sich entscheiden, ob sie ausschließlich Pflegegeld, ausschließlich Pflegesachleistungen oder eine Kombination aus beidem nutzen. Das Pflegegeld ist ab 2025 auf 347 Euro im Monat gestiegen.
Pflegegeld fließt direkt an die pflegebedürftige Person. Es ist nicht zweckgebunden und kann etwa:
- an pflegende Angehörige weitergegeben werden,
- für eine privat angestellte Haushaltshilfe verwendet werden,
- oder zur Deckung sonstiger pflegebedingter Kosten dienen.
Wird eine private Haushaltshilfe beschäftigt, die nicht als offizielles Unterstützungsangebot nach Landesrecht anerkannt ist, kann deren Vergütung in der Regel nicht über den Entlastungsbetrag oder die umgewandelten Pflegesachleistungen abgerechnet werden.
Hier kommen dann vor allem Pflegegeld und eigenes Einkommen zum Einsatz. Viele Bundesländer lassen allerdings auch nachbarschaftliche Hilfen und Einzelpersonen anerkennen – etwa in Form von „Angeboten zur Unterstützung im Alltag“ oder ehrenamtlichen Helferkreisen.
Wer Sachleistungen und Pflegegeld kombiniert, erhält anteilig beides: Wird zum Beispiel nur ein Teil des Sachleistungsbudgets durch den Pflegedienst verbraucht, bleibt ein prozentualer Anteil als Pflegegeld erhalten.
Dieses kombinierte Modell kann sinnvoll sein, wenn sowohl pflegerische Hilfe durch Profis als auch eine zusätzlich privat organisierte Haushaltshilfe finanziert werden soll.
Haushaltshilfe über die Krankenkasse – der Sonderfall SGB VNeben der Pflegeversicherung gibt es die Möglichkeit einer Haushaltshilfe nach § 38 SGB V über die Krankenkasse. Sie richtet sich vor allem an Versicherte, die aufgrund einer akuten Krankheit, nach einem Krankenhausaufenthalt oder während einer Behandlung ihren Haushalt vorübergehend nicht führen können – zum Beispiel nach einer Operation.
Typisch ist dieser Weg, wenn im Haushalt Kinder unter 12 Jahren leben oder besondere familiäre Umstände vorliegen.
Die Krankenkasse kann dann eine Haushaltshilfe stellen oder deren Kosten übernehmen, oft mit klarer Stundenbegrenzung und Eigenanteilen. Einige Kassen nennen als Richtwert bis zu acht Stunden täglich mit einem festgelegten Erstattungssatz pro Stunde, ein Eigenanteil von etwa zehn Prozent der Kosten ist üblich.
Pflegegrad 2 ist für diese Leistung kein Muss, kann aber die Begründung erleichtern. Es handelt sich dennoch um eine zeitlich begrenzte Hilfe, nicht um eine Dauerlösung für den pflegerischen Alltag. Für eine langfristige Unterstützung im Haushalt bleibt die Pflegeversicherung das wichtigere Instrument.
Was eine bezahlte Haushaltshilfe konkret leisten darfHaushaltshilfen, die über Entlastungsbetrag oder umgewandelte Pflegesachleistungen abgerechnet werden, konzentrieren sich auf hauswirtschaftliche und alltagsnahe Tätigkeiten. Dazu gehören zum Beispiel:
- Reinigung und Ordnung in der Wohnung, etwa Staubsaugen, Wischen, Bad und Küche sauber halten.
- Wäschepflege, also Waschen, Aufhängen, Bügeln und Schrankorganisation.
- Unterstützung beim Einkauf und beim Tragen schwerer Tüten, gelegentlich auch beim Kochen oder bei der Vorbereitung von Mahlzeiten.
- Begleitung zu Arztterminen, zur Apotheke, zu Behörden oder zu sozialen Aktivitäten.
Nicht vorgesehen ist die Übernahme von medizinischen oder pflegerisch anspruchsvollen Aufgaben, etwa Wundversorgung, Injektionen oder komplexes Medikamentenmanagement – dafür sind ambulante Pflegedienste zuständig, die über Pflegesachleistungen finanziert werden. In der Praxis kombinieren viele Familien beides: Morgens kommt der Pflegedienst für die Körperpflege, später am Tag unterstützt eine Haushaltshilfe.
Voraussetzungen gegenüber der PflegekasseDamit die Pflegekasse die Haushaltshilfe tatsächlich bezahlt oder erstattet, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:
Die pflegebedürftige Person muss mindestens Pflegegrad 1 haben und zu Hause beziehungsweise in einer häuslichen Umgebung versorgt werden. Es muss ein anerkannter Anbieter für Unterstützungsangebote im Alltag beauftragt werden, wenn Entlastungsbetrag oder umgewandelte Pflegesachleistungen genutzt werden sollen.
Die Anerkennung erfolgt durch die Bundesländer; viele stellen Listen oder Suchportale bereit, auf denen gezielt nach Angeboten mit Schwerpunkt Haushaltshilfe gesucht werden kann.
Die Leistungen müssen dokumentiert werden, meist durch Stunden- oder Leistungsnachweise. Bei Direktabrechnung bestätigt der Pflegebedürftige regelmäßig die erbrachten Stunden, die Pflegekasse prüft anschließend. Bei Kostenerstattung müssen Rechnungen und Quittungen eingereicht werden. Wichtig ist außerdem, dass die Kostenarten klar erkennbar sind, damit die Kasse zwischen haushaltsnahen und pflegerischen Leistungen unterscheiden kann.
Wie man praktisch vorgeht: Vom Bedarf zur passenden HaushaltshilfeIn der Praxis hat es sich bewährt, zunächst eine Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen – entweder über die Pflegekasse, über einen kommunalen Pflegestützpunkt oder über Wohlfahrtsverbände. Dort wird gemeinsam ermittelt, wie viel Hilfe im Haushalt nötig ist, welche Budgets bereits genutzt werden und welche Reserven noch bestehen.
Anschließend folgt die Suche nach einem geeigneten Anbieter. Gerade in Ballungsräumen gibt es eine Vielzahl von Diensten, die Hauswirtschaft, Alltagsbegleitung und niedrigschwellige Betreuung anbieten. Auf dem Land kann die Suche schwieriger sein, hier spielen nachbarschaftliche Hilfen und kleinere regionale Anbieter eine größere Rolle. Wichtig ist vor Vertragsabschluss die Klärung, ob der Anbieter für den Entlastungsbetrag und für die Umwandlung von Pflegesachleistungen anerkannt ist und wie die Abrechnung erfolgt.
Nach einigen Wochen lohnt sich ein Blick auf die Abrechnungen der Pflegekasse. So lässt sich feststellen, ob der Entlastungsbetrag vollständig genutzt wird, ob noch Spielraum für zusätzliche Stunden besteht oder ob die Pflegesachleistungen sinnvoller in Pflege statt in Haushaltshilfe fließen sollten.
Kosten, Eigenanteile und steuerliche EntlastungStundenlöhne für Haushaltshilfen variieren stark. Vermittler einfacher Haushaltshilfen nennen teilweise Einstiege um die 15 Euro pro Stunde, während über einen Pflegedienst organisierte Hauswirtschaft je nach Region deutlich über 30 Euro liegen kann.
Gerade wenn der Entlastungsbetrag ausgeschöpft und zusätzlich umgewandelte Pflegesachleistungen genutzt werden, bleibt oft ein Eigenanteil.
Dieser Eigenanteil lässt sich steuerlich teilweise abfedern. Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen können nach § 35a Einkommensteuergesetz mit 20 Prozent der Arbeitskosten, maximal bis zu 4.000 Euro im Jahr, direkt von der Einkommensteuerschuld abgezogen werden.
Voraussetzung ist, dass die Leistung legal abgerechnet und nicht bar „unter der Hand“ bezahlt wird: Eine Rechnung und eine unbare Zahlung sind notwendig.
Unterschiede zwischen den Bundesländern
Die Grundregeln für Pflegeleistungen gelten bundesweit. Unterschiede bestehen jedoch bei der Anerkennung von Unterstützungsangeboten im Alltag. Die Länder legen fest, welche Träger haushaltsnahe Dienstleistungen mit Entlastungsbetrag und umgewandelten Pflegesachleistungen abrechnen dürfen, welche Qualifikationen verlangt werden und in welcher Form Nachbarschaftshilfe eingebunden werden kann.
In Niedersachsen zum Beispiel führt das Sozialministerium Listen mit anerkannten Angeboten, darunter ausdrücklich auch haushaltsnahe Dienstleistungen. Ähnliche Übersichten existieren in anderen Bundesländern über Pflegewegweiser, kommunale Pflegestützpunkte oder Portale der Pflegekassen.
Für Betroffene lohnt sich daher ein kurzer Blick in die landesspezifischen Informationen oder ein Anruf bei der eigenen Pflegekasse: So lässt sich vermeiden, dass man eine Haushaltshilfe engagiert, die später nicht abgerechnet werden kann.
Typische Stolperfallen – und wie man sie vermeidetImmer wieder kommt es zu Problemen, weil Rechnungen zu spät eingereicht werden oder weil der Entlastungsbetrag über Jahre ungenutzt bleibt und schließlich verfällt. Da nicht verbrauchte Beträge jeweils nur bis zum 30. Juni des Folgejahres genutzt werden können, ist es sinnvoll, mindestens einmal im Jahr eine Übersicht bei der Pflegekasse anzufordern.
Ein weiterer häufiger Punkt ist die Verwechslung von haushaltsnahen und pflegerischen Leistungen. Wird zum Beispiel ein Pflegedienst beauftragt, der sowohl bei der Körperpflege hilft als auch die Wohnung reinigt, sollten diese Leistungen getrennt dokumentiert sein. Nur so lässt sich später nachvollziehen, welcher Teil als Pflegesachleistung und welcher Teil über Entlastungsbetrag oder umgewandelte Sachleistungen finanziert wurde.
Schließlich ist auch das Thema Schwarzarbeit ein Risiko: Wer eine Haushaltshilfe bar und ohne Anmeldung beschäftigt, gefährdet nicht nur den Versicherungsschutz der Hilfe selbst, sondern verliert auch die Möglichkeit, Entlastungsbetrag oder Steuervergünstigungen zu nutzen.
Fazit: Mit Pflegegrad 2 gibt es echte Spielräume für HaushaltshilfePflegegrad 2 bedeutet für Betroffene und Angehörige einen spürbaren Mehrbedarf an Unterstützung im Alltag – zugleich eröffnet er einen rechtlich abgesicherten Zugang zu finanzierten Haushaltshilfen. Der monatliche Entlastungsbetrag von 131 Euro, die Möglichkeit, bis zu 40 Prozent der Pflegesachleistungen für anerkannte Alltags- und Haushaltshilfen zu nutzen, sowie das Pflegegeld als frei verfügbares Budget bilden zusammen eine solide Grundlage, um Hilfe im Haushalt zu organisieren.
Wer die verschiedenen Bausteine kennt, die Regeln seines Bundeslands beachtet und frühzeitig Beratung nutzt, kann mit Pflegegrad 2 nicht nur die Pflege, sondern auch die haushaltsnahe Unterstützung so gestalten, dass Selbstständigkeit, Lebensqualität und Entlastung der Angehörigen möglichst gut im Gleichgewicht bleiben.
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Weniger Abschläge auf die EM-Rente bei anerkannter Schwerbehinderung?
Wer eine anerkannte Schwerbehinderung hat, bezieht häufig auch eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente). Oft führt diese zu Abschlägen bei der Altersrente. Sorgt eine Schwerbehinderung jetzt dafür, dass diese Abzüge entfallen? Darüber wollen wir aufklären.
Altersrente mit SchwerbehinderungRentenversicherte mit Schwerbehinderung können generell zwei Jahre früher in Rente gehen als Rentenversicherte ohne Schwerbehinderung. Wenn sie Abschläge in Kauf nehmen sogar noch eher.
Für wen gilt die Altersrente für Schwerbehinderte?Mit einer Schwerbehinderung können Sie in die dafür vorgesehene Altersrente gehen, wenn Sie erstens die Regelalterszeit bei Schwerbehinderung erreicht haben, zweitens einen Grad der Behinderung von 50 oder mehr vorweisen und drittens 35 Versicherungsjahre gesammelt haben.
Abschläge bei ErwerbsminderungsrenteWer eine Erwerbsminderungsrente bezieht, muss höchstwahrscheinlich später Abschläge bei der Altersrente in Kauf nehmen, auch wenn er sich die Erwerbsminderung “nicht ausgesucht” hat.
Erwerbsgeminderte können bis zu 10,8 Prozent ihrer Bruttoaltersrente wegen ihrer Erwerbsminderung verlieren. Wer vor dem 65. Geburtstag eine Erwerbsminderungsrente bezieht, muss pro Jahr 3,6 Prozent Minus im Ruhestand hinnehmen, allerdings ist bei 10,8 Prozent die Grenze gezogen, auch wenn sie schon mit Ende 20 erwerbsgemindert werden.
Der Paragraph 77 SGB 6 besagt, dass der bisherige Abschlag aus der Erwerbsminderungsrente in die Altersrente übernommen wird. Das gilt allerdings mit Einschränkungen.
Ein Sonderfall ist es, wenn sich sich bei der Altersrente mehr Entgeltpunkte als bei der Erwerbsminderungsrente ergeben.
Dann werden die neuen zusätzlichen Entgeltpunkte mit einem Abschlag von 2,7 Prozent (Januar 2024) oder ohne Abschlag (Oktober 2024) berücksichtigt.
Was gilt bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente?Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente wird nur für die Hälfte der Entgeltpunkte ein Abschlag in der Altersrente vorgenommen. Neue oder bisher nicht berücksichtigte Entgeltpunkte werden wiederum mit 2,7 Prozent (Januar 2024) oder gar keinem Abschlag (Oktober 2024) berechnet.
Der Bestandsschutz ist wichtigDie persönlichen Entgeltpunkte aus der Erwersbminderungsrente werden mit denen aus der neu brechneten Altersrente verglichen. Sind nämlich die Punkte aus der Erwerbsminderungsrente höher, dann bleibt die Altersrente auf diesem Niveau.
40jährige WartezeitWer mit einer vollen Erwerbsminderungsrente eine 40jährige Wartezeit erfüllt, kann bereits mit 63 in eine Altersrente ohne Abschlag gehen. Für jeden Monat davor sind nach wie vor 0.3 Prozent Abschlag fällig.
Schwerbehinderung und ErwerbsminderungWer 35 Jahre in der Deutschen Rentenversicherung anerkannt hat und eine Schwerbehinderung, der oder die muss tatsächlich weniger oder keine Abschläge zahlen im Vergleich zur Altersrente für Menschen ohne Schwerbehinderungen.
Das hat allerdings nichts mit der Erwerbsminderungsrente zu tun. Weder bedeutet Schwerbehinderung automatisch Erwerbsminderung oder Erwerbsminderung Schwerbehinderung, noch hilft Ihnen der Status als schwerbehindert bei den Abschlägen einer Erwerbsminderungsrente.
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Rente 2025: Neuer Zuschlag ab Dezember – so ändern sich die Renten für Betroffene
Ab dem 1. Dezember 2025 greift für viele Rentnerinnen und Rentner eine neue Berechnungsweise des Rentenzuschlags. Besonders betroffen sind Menschen mit Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten sowie Altersrenten, die auf einer früheren Erwerbsminderungsrente aufbauen.
Der Zuschlag, den zahlreiche Betroffene seit Juli 2024 erhalten, wird ab Dezember 2025 auf eine neue Grundlage gestellt. Statt wie bisher den ausgezahlten Rentenbetrag heranzuziehen, knüpft die Berechnung künftig an den persönlichen Entgeltpunkten an – mit teils spürbaren Folgen für die Höhe der monatlichen Rente.
Übergangsregelung läuft zum 30. November 2025 ausAusgangspunkt der aktuellen Diskussion ist eine Übergangsregelung im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch, geregelt in § 307j SGB VI. Diese Regelung wurde nötig, weil die Rentenversicherung die ursprünglich geplante Berechnung nach § 307i SGB VI zum 1. Juli 2024 technisch nicht rechtzeitig umsetzen konnte.
Statt der ursprünglich vorgesehenen Regelung wurde deshalb vorübergehend eine Hilfslösung eingeführt: Der Rentenzuschlag wird seit Juli 2024 als zusätzliche Monatszahlung gewährt und orientiert sich am Zahlbetrag der Rente. Gemeint ist damit nicht die Bruttorente, sondern der monatlich tatsächlich überwiesene Betrag nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Stichtag für diese Übergangslösung ist der 30. Juni 2024. Auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rente – zuzüglich der darauffolgenden Rentenerhöhung zum 1. Juli – wird der Zuschlag von bis zu 7,5 Prozent berechnet. Diese Übergangsphase endet zum 30. November 2025. Ab dem 1. Dezember 2025 gelten neue Regeln.
Ab Dezember 2025: Berechnung über Entgeltpunkte statt über den ZahlbetragMit dem Auslaufen der Übergangsregelung wird der Zuschlag nicht mehr nach dem monatlichen Auszahlungsbetrag berechnet, sondern anhand der persönlichen Entgeltpunkte. Grundlage ist der Rentenbestand zum Stichtag 30. November 2025.
Jede gesetzliche Rente setzt sich aus drei Größen zusammen: den persönlichen Entgeltpunkten, dem aktuellen Rentenwert und dem Rentenartfaktor. Die Entgeltpunkte spiegeln das versicherte Arbeitsleben wider, der aktuelle Rentenwert gibt an, wie viel ein Entgeltpunkt in Euro wert ist, und der Rentenartfaktor hängt davon ab, um welche Rentenart es sich handelt, etwa Alters- oder Erwerbsminderungsrente.
Der neue Zuschlag wird nun nicht mehr als Prozentsatz auf den Zahlbetrag berechnet, sondern als Zuschlag in Form zusätzlicher Entgeltpunkte. Dazu werden die vorhandenen persönlichen Entgeltpunkte mit einem Faktor von 0,075 multipliziert, was einem Zuschlag von 7,5 Prozent entspricht. Dieser Wert wird anschließend den bisherigen Entgeltpunkten zugeschlagen. Auf diese Weise erhöht sich die Rentenbasis selbst – und damit dauerhaft die Monatsrente.
Wer von der Neuberechnung erfasst wirdInsgesamt geht es um einen sehr großen Personenkreis. Die Neuberechnung betrifft rund drei Millionen Bestandsrentnerinnen und -rentner. Dazu zählen Rentnerinnen und Rentner mit Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten sowie Altersrentner, deren Altersrente nahtlos an eine frühere Erwerbsminderungsrente anschließt.
Wichtig hierbei ist der Beginn der ursprünglichen Rente. Maßgeblich sind Erwerbsminderungsrenten, die zwischen 2001 und einschließlich 2018 begonnen haben. In demselben Zeitraum liegende Hinterbliebenenrenten können ebenfalls in den Anwendungsbereich fallen.
Auch diejenigen, deren Altersrente eine nahtlose Folgerente auf eine solche Erwerbsminderungsrente ist, werden in vielen Fällen berücksichtigt. Voraussetzung ist, dass die zugrunde liegende Erwerbsminderungsrente im genannten Zeitraum – also von 2001 bis einschließlich 2018 – begonnen hat.
Ob im Einzelfall tatsächlich ein Anspruch auf den Zuschlag besteht, lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten. Die Deutsche Rentenversicherung prüft jeden Fall anhand des neuen § 307i SGB VI erneut. Der Hinweis Knöppels ist eindeutig: Die Rentenversicherung wird sehr genau hinsehen, da es um erhebliche Beträge geht.
Ein Beispiel aus der Praxis: Wie aus 1.858,71 Euro knapp 1.998,11 Euro werdenUm es greifbar zu machen, zeigen wir ein konkretes Rechenbeispiel. Modellhaft betrachtet er einen Erwerbsminderungsrentner, dessen Rente am 1. Mai 2014 begonnen hat. Dieser Rentner erhält aktuell bereits einen Zuschlag von 7,5 Prozent.
Die persönlichen Entgeltpunkte dieses Rentners liegen – unter Einschluss eines bereits berücksichtigten Abschlags von 10,8 Prozent – bei 45,5678 Entgeltpunkten. Auf Basis des aktuellen Rentenwerts führt dies zu einer Monatsrente von 1.858,71 Euro.
Nach der neuen Berechnung ab dem 1. Dezember 2025 werden die 45,5678 Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,075 multipliziert. Daraus ergeben sich zusätzliche 3,4176 Entgeltpunkte. Diese neuen Entgeltpunkte sind echte Pluspunkte: Sie tragen ohne Abschlag zur Rente bei.
Im nächsten Schritt werden die bisherigen 45,5678 Entgeltpunkte mit den zusätzlichen 3,4176 Entgeltpunkten addiert. Es entstehen so insgesamt 48,9854 Entgeltpunkte. Mit dem aktuellen Rentenwert ergibt sich daraus eine neue Monatsrente von 1.998,11 Euro.
Im Vergleich zur Rente am Stichtag 30. November 2025 ergibt sich damit ein Plus von 139,40 Euro monatlich. Das Beispiel zeigt anschaulich, dass die Neuberechnung für viele Betroffene spürbare Verbesserungen bringen kann.
Zusätzliche Entgeltpunkte ohne neue AbschlägeBesonders wichtig ist dies: Auf die zusätzlichen Entgeltpunkte wird kein Abschlag angewendet. Viele Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner haben bei Rentenbeginn Abschläge hinnehmen müssen, wenn die Rente vor Erreichen einer bestimmten Altersgrenze begonnen hat. Diese Abschläge wirken sich dauerhaft auf die Rentenhöhe aus.
Die neuen Entgeltpunkte, die durch den Zuschlag ab Dezember 2025 hinzukommen, sind hiervon nicht betroffen. Sie werden so behandelt, als seien sie ohne vorzeitigen Rentenbeginn erworben worden. Das bedeutet, dass die Rente über diese Schiene aufgewertet wird, ohne dass die früheren Abschläge auf den zusätzlichen Anteil durchschlagen.
Auch bei der Mütterrente wurde bei der nachträglichen Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Bestandsrentnerinnen ein Weg gewählt, der die Berechnung in der Praxis stark vereinfacht: Statt die Abschläge kompliziert neu zu berechnen, werden zusätzliche Entgeltpunkte gutgeschrieben, die ungekürzt in die Rente einfließen.
Hinter diesem Vorgehen steht nicht nur der Wunsch, Betroffene besserzustellen, sondern auch der Gedanke der Verwaltungsvereinfachung. Eine erneute, vollumfängliche Abschlagsberechnung in Millionen Fällen wäre technisch wie organisatorisch ausgesprochen aufwendig. Die Lösung über zusätzliche, ungeminderte Entgeltpunkte erschien daher als praktikabler Weg.
Individuelle Prüfung durch die RentenversicherungTrotz der zum Teil deutlichen Verbesserungen mahnt Knöppel zur Sachlichkeit. Nicht jede und jeder, der bisher einen Zuschlag erhält, wird auch nach der Neuberechnung automatisch im gleichen Umfang oder überhaupt weiter profitieren.
Die Deutsche Rentenversicherung ist verpflichtet, alle betroffenen Renten zum Stichtag nach Maßgabe des neuen Rechts erneut zu prüfen.
Ob die Voraussetzungen für den Zuschlag nach § 307i SGB VI erfüllt sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa vom Zeitpunkt des Rentenbeginns, der Rentenart und der bisherigen Versicherungsbiografie.
Für die Betroffenen bedeutet das: Es gibt keine Garantie, dass der bisherige Zuschlag unverändert bestehen bleibt. Zugleich macht der Blick auf das Beispiel deutlich, dass die Neuberechnung für viele Menschen durchaus vorteilhaft sein kann. Wer in den relevanten Zeitraum fällt und bereits heute einen Zuschlag erhält, hat zumindest gute Chancen, auch weiterhin begünstigt zu werden – und im Einzelfall sogar etwas mehr.
Was Betroffene jetzt beachten solltenFür Rentnerinnen und Rentner, die möglicherweise in den Anwendungsbereich der Neuregelung fallen, ist zunächst wichtig, die genannten Eckdaten im Blick zu behalten. Entscheidend sind der Beginn der ursprünglichen Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente sowie die Frage, ob eine spätere Altersrente auf dieser Rentenart aufbaut.
Wer zwischen 2001 und 2018 in eine Erwerbsminderungsrente eingetreten ist oder eine Hinterbliebenenrente aus diesem Zeitraum bezieht, hat gute Gründe, die weiteren Entwicklungen genau zu verfolgen.
Da die erneute Prüfung automatisch durch die Deutsche Rentenversicherung erfolgt, müssen die meisten Betroffenen zunächst nichts unternehmen.
Es ist allerdings sinnvoll, spätere Rentenmitteilungen und Bescheide sorgfältig zu prüfen. Sollte der ausgewiesene Zuschlag unklar erscheinen oder deutlich niedriger ausfallen als erwartet, kann eine fachkundige Beratung helfen, die Berechnung nachzuvollziehen und gegebenenfalls Widerspruchsmöglichkeiten zu prüfen.
Fazit: Spürbare Verbesserungen möglich – aber keine pauschalen ZusagenDer neue Rentenzuschlag ab Dezember 2025 ist mehr als eine bloße technische Umstellung. Für viele Menschen mit Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten sowie entsprechende Altersrentnerinnen und -rentner kann er zu einem spürbaren Plus in der Geldbörse führen. Das Beispiel zeigt, wie sich eine Rente von 1.858,71 Euro auf knapp 1.998,11 Euro erhöhen kann – ein monatlicher Zuwachs von fast 140 Euro.
Gleichzeitig bleibt die Lage vielschichtig. Ob ein Anspruch besteht und in welcher Höhe der Zuschlag gewährt wird, hängt von individuellen Voraussetzungen ab und wird durch die Rentenversicherung im Einzelfall geprüft. Klar ist jedoch: Die Neuberechnung nach Entgeltpunkten und die Gutschrift zusätzlicher, nicht geminderter Punkte bietet vielen Betroffenen eine reale Chance auf eine bessere Absicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung.
Wer in die genannten Jahrgänge fällt, sollte die Veränderungen aufmerksam verfolgen, Bescheide genau lesen und bei Unklarheiten nicht zögern, fachlichen Rat in Anspruch zu nehmen.
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So viele Entgeltpunkte benötigt man für die Rente mit 63
Seit 2024 wird die Altersgrenze beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1959 in 2-Monats-Schritten angehoben. Für Versicherte ab Jahrgang 1964 gilt dann die Regelaltersgrenze von 67 Jahren.
Trotz der damit verbundenen Abzüge entscheiden sich immer mehr Menschen dafür, bereits ab 63 Jahren in den Ruhestand zu gehen. In diesem Artikel erklären wir, welche Abzüge bei einer vorgezogenen Rente anfallen, wie sie berechnet werden und welche Möglichkeiten es gibt, diese zu minimieren.
Wie berechnet die Rentenversicherung die Abzüge?Je früher man in den Ruhestand geht, desto geringer fällt die Rente aus. Dies liegt daran, dass die Rentenversicherung für jeden Monat, den man vor dem regulären Renteneintrittsalter in Rente geht, 0,3 Prozent von der monatlichen Rente abzieht.
Diese Abzüge können sich auf maximal 14,4 Prozent summieren, wenn man nach 35 Beitragsjahren mit 63 statt mit 67 Jahren in Rente geht.
- Beispiel: Geht man 24 Monate früher in Rente, beträgt der Abschlag 7,2 Prozent (24 x 0,3%).
Das reguläre Renteneintrittsalter hängt vom Geburtsjahr ab. Wer vor 1947 geboren wurde, konnte mit 65 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen.
Für ab 1964 Geborene liegt das Eintrittsalter bei 67 Jahren. Dazwischen erfolgt eine schrittweise Anhebung. Für jeden Monat, den man früher in Rente geht, erhöht sich der Abschlag um 0,3 Prozent.
Wann kann man vorzeitig in Rente gehen?Alle Versicherten, die vorzeitig in Altersrente gehen möchten, beispielsweise mit 63 Jahren, müssen 35 Versicherungsjahre angesammelt haben.
So können Beitragsjahre gesammelt werdenNeben den Arbeitsjahren zählen auch Zeiten der Ausbildung und Kindererziehung als Beitragsjahre. Hat man 45 Beitragsjahre angesammelt, kann man ohne Abzüge früher in Rente gehen. Bei 35 Beitragsjahren sind Abzüge unvermeidlich.
Wie Beitragsjahre gesammelt werden
- Arbeitsjahre: Jedes Jahr sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zählt.
- Ausbildung: Auch Ausbildungszeiten können angerechnet werden.
- Kindererziehung: Zeiten der Kindererziehung zählen ebenfalls als Beitragsjahre.
- Pflegezeiten: Pflege von Angehörigen kann angerechnet werden.
- Freiwillige Beiträge: Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung erhöhen die Beitragsjahre.
Der folgende Überblick zeigt die Abzüge bei einer Rente ab 63 Jahren abhängig vom Geburtsjahr:
Geburtsjahrgang reguläresRenteneintrittsalter vorgezogener
Rentenbeginn Abzüge in Prozent 1947 65 Jahre, 1 Monat 25 Monate 7,5 1948 65 Jahre, 2 Monate 26 Monate 7,8 1949 65 Jahre, 3 Monate 27 Monate 8,1 1950 65 Jahre, 4 Monate 28 Monate 8,4 1951 65 Jahre, 5 Monate 29 Monate 8,7 1952 65 Jahre, 6 Monate 30 Monate 9 1953 65 Jahre, 7 Monate 31 Monate 9,3 1954 65 Jahre, 8 Monate 32 Monate 9,6 1955 65 Jahre, 9 Monate 33 Monate 9,9 1956 65 Jahre, 10 Monate 34 Monate 10,2 1957 65 Jahre, 11 Monate 35 Monate 10,5 1958 66 Jahre 36 Monate 10,8 1959 66 Jahre, 2 Monate 38 Monate 11,4 1960 66 Jahre, 4 Monate 40 Monate 12 1961 66 Jahre, 6 Monate 42 Monate 12,6 1962 66 Jahre, 8 Monate 44 Monate 13,2 1963 66 Jahre, 10 Monate 46 Monate 13,8 1964 67 Jahre 48 Monate 14,4
Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund
Beispielrechnung für Abzüge bei der Rente mit 63Fallbeispiel: Peter und Ralf
Die Zwillinge Peter und Ralf wurden am 1. Juli 1961 geboren und könnten regulär zum 1. Januar 2028 in Rente gehen. Beide haben 40 Jahre gearbeitet und 40 Entgeltpunkte gesammelt.
Peter möchte jedoch bereits am 1. Juli 2024 in Rente gehen, was zu Abzügen von 12,6 Prozent führt. Statt 1.573 EUR erhält er 1.375 EUR monatlich.
Verpasste Erhöhung durch Rente ab 63Früher in Rente zu gehen bedeutet nicht nur Abzüge, sondern auch eine niedrigere Rente aufgrund verpasster Rentenerhöhungen. Ralf, der regulär in Rente geht, würde durch zusätzliche Einzahlungen und Rentenerhöhungen eine deutlich höhere Rente erhalten.
Im Vergleich bekommt Peter im Alter von 75 Jahren 1.375 EUR monatlich, während Ralf 1.710 EUR erhält. Der Unterschied der monatlichen Auszahlung beträgt somit 335 EUR.
Langfristige Auswirkungen der RenteDer Unterschied bei den Rentenauszahlungen von Peter und Ralf wird im Laufe der Jahre immer größer. Peter hat bei Rentenbeginn einen Vorsprung in der Auszahlung, bis Ralf in Rente geht, hat er bereits ca. 57.000 EUR an Rente ausgezahlt bekommen.
Sollte Peter vor seinem 79. Geburtstag versterben, hätte er insgesamt mehr Geld aus der Rentenkasse erhalten als Ralf, und das bei dreieinhalb Jahren weniger Arbeit. Das klingt zunächst vorteilhaft. Allerdings funktioniert dieses Konzept nur, wenn die niedrigere monatliche Rentenzahlung für Peter kein Problem darstellt.
Dies könnte der Fall sein, wenn er zusätzlich privat vorgesorgt hat oder sehr geringe Ausgaben im Ruhestand hat, zum Beispiel durch eine eigene Immobilie. Laut dem interaktiven Konsumvergleich des Statistischen Bundesamts betragen die durchschnittlichen Ausgaben im Ruhestand für einen Alleinstehenden 1.735 EUR pro Monat (Stand: 2023).
Diese Summe könnte Peter allein aus seiner Rente nicht decken. Sollte Peter älter als 79 Jahre werden, wäre der finanzielle Vorteil gegenüber Ralf ohnehin hinfällig.
Aktueller Wert eines RentenpunktsIm Jahr 2025 liegt der Rentenwert bundesweit bei 39,32 Euro. Dieser Betrag dient als Grundlage, um die monatliche Rentenhöhe zu ermitteln. Die Höhe der eigenen Rentenpunkte wird anhand des jeweiligen Bruttoeinkommens pro Jahr bestimmt. Zusätzlich besteht die Option, freiwillig Beiträge zu leisten, um den eigenen Rentenpunktestand zu erhöhen.
Berechnung von RentenpunktenDie Anzahl der in einem Kalenderjahr gesammelten Rentenpunkte ergibt sich, indem das eigene beitragspflichtige Einkommen ins Verhältnis zum durchschnittlichen Einkommen aller Versicherten desselben Jahres gesetzt wird. Entscheidend ist also vor allem das relative Einkommen im Vergleich zur Versichertengemeinschaft – der konkrete Zeitpunkt der Beitragszahlung ist dagegen zweitrangig.
Formel zur Ermittlung der Rentenpunkte
(Eigenes beitragspflichtiges Einkommen) ÷ (Durchschnittsentgelt nach Anlage 1) = Zahl der Rentenpunkte
Nach der Anlage 1 zum SGB VI wird das voraussichtliche Durchschnittseinkommen für 2025 mit 50.493 Euro angesetzt. Seit dem 1. Januar 2025 entfällt ein zusätzlicher Hochwertungsfaktor, sodass die Beitragsbemessungsgrenze pro Monat bei 8.050 Euro und auf das Jahr gerechnet bei 96.600 Euro liegt. Auf dieser Grundlage lässt sich individuell berechnen, wie viele Rentenpunkte ein Versicherter im jeweiligen Beitragsjahr erwerben kann.
Die folgende Tabelle zeigt die (vorläufigen) Entgeltpunkte für verschiedene Jahresgehälter 2025:
Versichertes Einkommen pro Jahr Monatliches Gehalt Rentenpunkte 2025 10.000,00€ 833,34€ 10.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,1980 15.000,00€ 1.250,00€ 15.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,2971 20.000,00€ 1.666,67€ 20.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,3961 25.000,00€ 2.083,33€ 25.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,4951 30.000,00€ 2.500,00€ 30.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,5941 32.040,00€ 1.920,00€ 32.040,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,6345 34.513,60€ 2.876,13€ 34.513,60 € ÷ 50.493,00 € = 0,6835 38.827,80€ 3.235,65€ 38.827,80 € ÷ 50.493,00 € = 0,7690 40.000,00€ 3.333,33€ 40.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,7922 40.822,20€ 3.497,25€ 40.822,20 € ÷ 50.493,00 € = 0,8085 43.142,00€ 3.595,17€ 43.142,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,8544 45.000,00€ 3.750,00€ 45.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,8912 45.358,00€ 3.779,83€ 45.358,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,8983 50.000,00€ 4.166,67€ 50.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 0,9902 50.493,00€ 4.207,75€ 50.493,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,0000 55.000,00€ 4.583,33€ 55.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,0893 60.000,00€ 5.000,00€ 60.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,1883 65.000,00€ 5.416,67€ 65.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,2873 70.000,00€ 5.833,33€ 70.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,3863 75.000,00€ 6.250,00€ 75.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,4854 80.000,00€ 6.666,67€ 80.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,5844 85.000,00€ 7.083,33€ 85.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,6834 89.400,00€ 7.450,00€ 89.400,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,7705 90.000,00€ 7.500,00€ 90.000,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,7824 90.600,00€ 7.550,00€ 90.600,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,7943 96.600,00€ 8.050,00€ 96.600,00 € ÷ 50.493,00 € = 1,9131 Hilft der Kauf von Rentenpunkten?Durch freiwillige Sonderzahlungen kann man Abzüge vermeiden. Diese Beiträge kann man von der Steuer absetzen. Ein Rentenpunkt kostet aktuell 8.436,59 EUR.
Der Kauf von Rentenpunkten bietet den Vorteil, dass Familienangehörige über die Hinterbliebenenrente abgesichert sind, was bei vielen privaten Altersvorsorgemodellen nicht der Fall ist. Zudem wird die Inflation durch jährliche Rentenerhöhungen berücksichtigt.
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Erwerbsminderungsrente: Anspruch auf Mehrbedarf bei der EM-Rente mit Merkzeichen
Schwerbehinderte Menschen, denen das Merkzeichen “G” zugesprochen wurde und eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) beziehen, haben unter bestimmten Vorraussetzungen einen Anspruch auf einen Mehrbedarf. Aber: Es ist kompliziert und nicht jeder, der eine EM-Rente bezieht, hat einen Anspruch.
Wie hoch ist der Mehrbedarf?Berechtigte erhalten einen Mehrbedarf in Höhe von 95.71 Euro (2024). Das entspricht 17 Prozent des Regelbedarfs für alleinstehende Erwachsene. Doch wer hat nun einen Anspruch?
Wann habe ich Anspruch auf den Mehrbedarf?Der Mehrbedarf wird nur dann gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Eine der Bedingungen ist, dass die Person, die den Mehrbedarf in Anspruch nehmen möchte, Grundsicherung erhält.
Diese Grundsicherung kommt jedoch nicht in allen Fällen zum Tragen, was zu Verwirrungen führen kann. Insbesondere Menschen mit einer Erwerbsminderungsrente sind oft unsicher, ob sie diesen Mehrbedarf erhalten können.
Wer hat nun Anspruch auf den Mehrbedarf?Der Mehrbedarf steht nur denjenigen zu, die tatsächlich Grundsicherung beziehen. Nicht jeder mit einer Erwerbsminderungsrente und dem Merkzeichen “G” erhält automatisch diesen Mehrbedarf. Entscheidend sind die Art der Rente und der Bezug von Leistungen.
Wieso bekomme ich keinen Mehrbedarf bei Erwerbsminderungsrente?In der Praxis gibt es viele Missverständnisse darüber, wann der Mehrbedarf gezahlt wird.
Einige Empfänger von Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) haben möglicherweise den Eindruck, dass sie trotz des Merkzeichens „G“ unberechtigt keinen Mehrbedarf erhalten, obwohl sie Unterstützung vom Sozialamt bekommen.
Das liegt daran, dass der Mehrbedarf nur gezahlt wird, wenn die Erwerbsminderungsrente unbefristet und in voller Höhe bewilligt wurde.
Erwerbsminderungsrente und Grundsicherung: Was ist der Unterschied?Bei der Erwerbsminderungsrente gibt es zwei Arten: die unbefristete und die befristete Rente. Eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente berechtigt den Empfänger, Grundsicherung zu erhalten. In diesem Fall gibt es auch den Anspruch auf den Mehrbedarf in Höhe von 17 Prozent der Regelleistung.
Anders verhält es sich jedoch, wenn die Erwerbsminderungsrente befristet ist. In diesem Fall gibt es keine Grundsicherung, sondern eine sogenannte „Hilfe zum Lebensunterhalt“.
Diese Art der Sozialleistung entspricht im Wesentlichen der Grundsicherung, wird jedoch anders klassifiziert. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass bei der Hilfe zum Lebensunterhalt kein Mehrbedarf gezahlt wird.
Bei welcher Erwerbsminderungsrente besteht ein Anspruch auf einen Mehrbedarf?Wie bereits erwähnt, spielt es eine wesentliche Rolle, ob die Erwerbsminderungsrente unbefristet oder befristet ist. Auch die Höhe der Erwerbsminderungsrente ist von Bedeutung.
Wer nur eine teilweise Erwerbsminderungsrente erhält, muss sich an das Jobcenter wenden. In diesem Fall steht dem Empfänger keine Grundsicherung zu, da er theoretisch in der Lage ist, zwischen drei und sechs Stunden täglich zu arbeiten. Dies führt dazu, dass auch hier kein Anspruch auf den Mehrbedarf besteht.
Um des zu vereinfachen, haben wir noch einmal eine kleine Übersicht erstellt:
Volle, unbefristete Erwerbsminderungsrente:- Anspruch auf Grundsicherung: Ja
- Anspruch auf Mehrbedarf mit Merkzeichen “G”: Ja
Personen mit einer vollen, unbefristeten Erwerbsminderungsrente können Grundsicherung beantragen und haben Anspruch auf den Mehrbedarf.
Volle, befristete Erwerbsminderungsrente:- Anspruch auf Grundsicherung: Nein
- Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt: Ja
- Anspruch auf Mehrbedarf mit Merkzeichen “G”: Nein
Bei einer befristeten Erwerbsminderungsrente erhält man statt Grundsicherung die Hilfe zum Lebensunterhalt. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf den Mehrbedarf.
Was gilt für Personen mit teilweiser Erwerbsminderungsrente?Teilweise Erwerbsminderungsrente:
- Anspruch auf Leistungen vom Jobcenter: Ja
- Anspruch auf Mehrbedarf mit Merkzeichen “G”: Nein
Personen mit einer teilweisen Erwerbsminderungsrente können theoretisch noch 3 bis 6 Stunden täglich arbeiten und müssen sich daher an das Jobcenter wenden. Auch hier besteht kein Anspruch auf den Mehrbedarf.
Wie lässt sich der Anspruch auf Mehrbedarf zusammenfassen?- Volle, unbefristete Erwerbsminderungsrente + Merkzeichen “G”: Anspruch auf Grundsicherung und Mehrbedarf.
- Volle, befristete Erwerbsminderungsrente + Merkzeichen “G”: Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, aber kein Mehrbedarf.
- Teilweise Erwerbsminderungsrente + Merkzeichen “G”: Leistungen vom Jobcenter, kein Mehrbedarf.
Rechtsgrundlage: § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII
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Witwenrente: Witwe muss nach Heirat 150.000 Euro Rente zurückzahlen
Eine Heirat nach dem Ableben des Ehepartners kann Auswirkungen auf den Anspruch auf Witwenrente haben. In Deutschland ist der Bezug einer Witwenrente an die Voraussetzung geknüpft, dass der Hinterbliebene unverheiratet bleibt.
In einem vor Gericht verhandeltem Fall hat eine Witwe dies ignoriert und ihre Eheschließung nicht der Rentenversicherung gemeldet. Dies führte dazu, dass sie über Jahre hinweg unrechtmäßig Witwenrente bezog und letztlich zur Rückzahlung einer hohen Summe von 150.000 Euro verurteilt wurde.
Warum musste die Witwe 150.000 Euro zurückzahlen?Die Witwe im geschilderten Fall zog nach dem Tod ihres Mannes 1993 in die USA und heiratete 1998 in Kalifornien erneut.
Laut deutschem Recht endet der Anspruch auf Witwenrente automatisch mit der Wiederverheiratung.
Trotzdem versäumte es die Witwe, diese Eheschließung der Deutschen Rentenversicherung zu melden, obwohl sie ausdrücklich im Rentenbescheid dazu aufgefordert worden war.
Erst 2012 wurde die Rentenversicherung von einer dritten Person auf den Betrug aufmerksam gemacht.
Daraufhin stellte die Rentenversicherung die Zahlungen ein und verlangte die Rückzahlung der unrechtmäßig erhaltenen Rentenzahlungen – in diesem Fall 150.000 Euro.
Wie verteidigte sich die Witwe vor Gericht?Im anschließenden Widerspruchsverfahren argumentierte die Witwe, dass ihre kalifornische Ehe ungültig sei, da bei der Eheschließung nur ein Zeuge anwesend gewesen sei, während zwei Zeugen erforderlich seien. Diese Argumentation stützte sie auf vermeintliche Besonderheiten des kalifornischen Rechts.
Das Berliner Sozialgericht wies diesen Einwand jedoch zurück. Nach kalifornischem Recht ist eine Eheschließung auch mit nur einem Zeugen gültig, und somit war die Ehe rechtlich anerkannt.
Das Gericht entschied daher, dass die Witwe die Witwenrente zu Unrecht erhalten hatte und den Betrag zurückzahlen muss.
Welche Konsequenzen hatte das Urteil?Die Witwe war zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung 84 Jahre alt und in der Lage, einen Teil der Rückzahlung zu leisten, da sie Ersparnisse von 90.000 Euro besaß und eine Eigentumswohnung ihr gehörte.
Dennoch musste sie diese Wohnung verkaufen, um die vollständige Rückzahlung zu ermöglichen.
Trotz der großen finanziellen Belastung hatte der Fall für die Witwe auch eine positive Wendung: Nach ihrer Scheidung von ihrem zweiten Ehemann stand ihr laut deutschem Recht wieder ein Anspruch auf Witwenrente von ihrem ersten verstorbenen Ehemann zu. Dies ist möglich nach § 46 Abs. 3 Sozialgesetzbuch VI, der eine Witwenrente nach dem “vorletzten Ehegatten” regelt.
Welche Lehren lassen sich aus diesem Fall ziehen?Der Fall zeigt also, wie wichtig es ist, der Rentenversicherung alle relevanten Änderungen im persönlichen Status – insbesondere eine Heirat – unverzüglich zu melden.
Werden diese Meldepflichten nicht eingehalten, drohen erhebliche finanzielle Konsequenzen. In vielen Fällen könnte eine Nachzahlung, wie die hier geforderte Summe von 150.000 Euro, viele Menschen in den finanziellen Ruin treiben.
Für die Witwe in diesem Fall war es wohl ein Glück, dass sie über Ersparnisse und Immobilienvermögen verfügte.
Welche Empfehlungen ergeben sich für Rentenempfänger?Für Empfänger von Witwenrenten ist es entscheidend, alle Änderungen, die Einfluss auf den Rentenanspruch haben, sofort der Rentenversicherung mitzuteilen.
Insbesondere bei einer Wiederheirat erlischt der Anspruch auf Witwenrente. In solchen Fällen bietet die Rentenversicherung jedoch eine Abfindung, die bis zu 24 Monatsbeträge der Witwenrente betragen kann.
Diese Regelung kann eine erhebliche Entlastung darstellen, wenn die Wiederheirat gemeldet wird.
Was bedeutet das Urteil für zukünftige Witwen und Witwer?Dieses Urteil zeigt, dass die deutschen Sozialgerichte sehr streng mit Verstößen gegen Meldepflichten umgehen. Selbst im fortgeschrittenen Alter oder bei unklaren rechtlichen Argumenten (wie der Hinweis auf die Anzahl der Zeugen bei der Eheschließung) sind Rentenempfänger nicht vor Rückzahlungsforderungen geschützt. (Az: S 105, R 6718/14)
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Mit diesem Trick die MiniJob-Grenze legal überschreiten – 1.112 Euro steuerfrei
„1.112 € steuerfrei“ klingt nach einem raffinierten Trick – tatsächlich steckt dahinter eine ganz offizielle Sonderregel für Minijobs, die viele Beschäftigte und sogar manche Arbeitgeber nicht kennen. Wer sie richtig nutzt, kann seinen steuer- und sozialversicherungsbegünstigten Hinzuverdienst deutlich erhöhen, ohne den Minijob-Status zu verlieren.
Im Folgenden erfahren Sie, wie es funktioniert, wer davon profitiert, welche Bedingungen zwingend einzuhalten sind – und wo die Risiken liegen, wenn man es übertreibt.
Was hinter den 1.112 Euro stecktSeit 1. Januar 2025 liegt diese Grenze bei 556 Euro im Monat. Daraus ergibt sich eine reguläre Jahresverdienstgrenze von 6.672 Euro (556 Euro mal zwölf Monate).
Das Gesetz und die Geringfügigkeits-Richtlinien sehen jedoch einen Sonderfall vor: Wenn der Verdienst in einzelnen Monaten gelegentlich und unvorhersehbar steigt, darf er in höchstens zwei Monaten pro Zwölf-Monats-Zeitraum auf das Doppelte der Grenze anwachsen – also auf bis zu 1.112 Euro monatlich.
Die Beschäftigung bleibt trotz dieses Spitzenverdienstes weiterhin ein Minijob, mit allen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Begünstigungen. Genau daraus speist sich die Formulierung „1.112 € steuerfrei“.
Was ist ein Minijob 2025?Ein Minijob ist eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, bei der der regelmäßige Verdienst im Jahresdurchschnitt die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreitet. Diese Grenze beträgt 2025 im Schnitt 556 Euro pro Monat, orientiert am gesetzlichen Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde.
Typisch für Minijobs ist folgendes Muster:
Der Arbeitgeber meldet die Beschäftigung bei der Minijob-Zentrale an und zahlt Pauschalabgaben zur Sozialversicherung sowie in vielen Fällen eine pauschale Lohnsteuer von 2 Prozent. Für die meisten Minijobber ist der Lohn damit aus ihrer Sicht faktisch „steuerfrei“, da sie keine eigene Einkommensteuer entrichten müssen.
In der Rentenversicherung sind Minijobber grundsätzlich versicherungspflichtig und zahlen einen Eigenanteil von 3,6 Prozent, während der Arbeitgeber 15 Prozent übernimmt. Wer möchte, kann sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen; dann entfällt der Arbeitnehmeranteil und der Lohn kommt brutto wie netto an.
Verdienstgrenze im Jahresdurchschnitt statt starres MonatslimitWichtig für das Verständnis des 1.112-Euro-Spielraums ist, dass die Minijob-Regelungen nicht nur auf einzelne Monate schauen, sondern auf einen Zwölf-Monats-Zeitraum. Entscheidend ist das regelmäßige Arbeitsentgelt pro Monat im Durchschnitt.
Ein Beschäftigter darf daher in manchen Monaten etwas mehr und in anderen etwas weniger verdienen, solange der Durchschnitt innerhalb des maßgeblichen Zwölf-Monats-Zeitraums bei höchstens 556 Euro liegt und die Jahresverdienstgrenze von 6.672 Euro nicht überschritten wird.
Diese Jahresbetrachtung erklärt, warum auch schwankende Verdienste – etwa wegen wechselnder Einsatzzeiten in der Gastronomie – nicht sofort zur Umwandlung des Minijobs in eine voll sozialversicherungspflichtige Stelle führen.
Der Sonderfall: Zweimal bis 1.112 Euro verdienenÜber die bloße Schwankung hinaus gibt es die vielzitierte Ausnahmeregelung: das „gelegentliche und unvorhersehbare Überschreiten“ der Verdienstgrenze.
Sie erlaubt, dass Minijobber in höchstens zwei Monaten innerhalb eines Zeitjahres bis zu 1.112 Euro verdienen, ohne den Minijob-Status zu verlieren. Voraussetzung ist, dass der höhere Verdienst nicht von vornherein geplant war, sondern sich aus unvorhersehbaren Umständen ergeben hat – etwa, weil jemand kurzfristig für einen erkrankten Kollegen einspringt oder ein unerwartet hoher Arbeitsanfall zu Extra-Schichten zwingt.
In diesen „Ausnahme-Monaten“ darf das Entgelt maximal das Doppelte der normalen Monatsgrenze erreichen, also 2 × 556 Euro = 1.112 Euro. Wird diese Schwelle überschritten oder kommt es öfter als zweimal im Zwölf-Monats-Zeitraum dazu, liegt kein unschädliches Überschreiten mehr vor – dann droht rückwirkend eine Einstufung als reguläres Beschäftigungsverhältnis mit voller Beitrags- und Steuerpflicht.
Warum es „steuerfrei“ bleibtIn vielen Fällen wird der Minijob vom Arbeitgeber pauschal mit 2 Prozent besteuert. Diese Pauschsteuer trägt in der Regel der Arbeitgeber; sie deckt Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag ab. Für den Arbeitnehmer fällt dann keine individuelle Einkommensteuer an, der Lohn fließt in voller Höhe aufs Konto.
Selbst wenn der Minijob nicht pauschal, sondern nach individuellen Steuermerkmalen abgerechnet wird, bleiben die Einkünfte oft effektiv steuerfrei, sofern das gesamte zu versteuernde Einkommen im Jahr unter dem Grundfreibetrag von 12.096 Euro (2025) liegt.
Hinzu kommt: Sozialversicherungsbeiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung trägt in Minijobs ausschließlich der Arbeitgeber (über Pauschabgaben beziehungsweise Umlagen). Nur die Rentenversicherung ist – sofern keine Befreiung beantragt wurde – mit einem moderaten Eigenanteil von 3,6 Prozent belastet.
Kombiniert man diese Faktoren, wird klar, warum der Gesetzgeber mit der 1.112-Euro-Ausnahmeregelung tatsächlich zusätzlichen, aus Sicht des Arbeitnehmers nahezu „steuerfreien“ Spielraum eröffnet.
Wer besonders profitiert: Rentner, Studierende, TeilzeitkräfteDie Regelung gilt grundsätzlich für alle Minijobber – unabhängig vom Alter. Einige Gruppen profitieren jedoch in der Praxis besonders.
Für viele Rentner ist der Minijob eine beliebte Möglichkeit, die Rente aufzubessern.
Seit der Abschaffung fester Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten können sie neben der Rente grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdienen, ohne Rentenkürzungen befürchten zu müssen. Die Kombination aus Minijob und der 1.112-Euro-Ausnahmeregel wird daher häufig genutzt, um etwa ein zusätzliches „Weihnachtsgeld“ oder „Urlaubsgeld“ steuer- und abgabenbegünstigt auszahlen zu lassen.
Studierende und Schüler können von der Flexibilität profitieren, weil sich Arbeitsspitzen in den Semesterferien oder zur Hauptsaison (Gastronomie, Handel, Tourismus) leichter abbilden lassen, ohne dass gleich ein sozialversicherungspflichtiger Job daraus wird.
Auch Beschäftigte mit Hauptjob in Voll- oder Teilzeit, die nebenher einen Minijob ausüben, haben einen Vorteil: Der Minijob wird von der Steuer grundsätzlich getrennt betrachtet. Wird er pauschal versteuert, berührt der zusätzliche Verdienst weder die Steuerklasse noch die Progression des Haupteinkommens.
Die drei wichtigsten BedingungenDamit aus dem „Trick“ keine böse Überraschung wird, müssen drei Bedingungen zwingend zusammenkommen. Sie ergeben sich aus den Geringfügigkeits-Richtlinien und der Praxis von Minijob-Zentrale, Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern.
Erstens muss das Überschreiten unvorhersehbar sein. Das heißt: Es darf nicht von vornherein arbeitsvertraglich eingeplant oder regelmäßig vereinbart sein. Wenn jedes Jahr im Dezember vertraglich ein doppeltes Monatsgehalt zugesichert wird, wird man schwer argumentieren können, dass es sich um einen unvorhersehbaren Ausnahmefall handelt.
Zweitens muss das Überschreiten gelegentlich bleiben. Die Grenze liegt bei maximal zwei Monaten innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums. Maßgeblich ist dabei ein sogenanntes Zeitjahr, nicht zwingend das Kalenderjahr.
Drittens darf der Verdienst in den Ausnahme-Monaten das Doppelte der Monatsgrenze von 556 Euro nicht überschreiten – also maximal 1.112 Euro betragen.
Jeder Euro darüber kann dazu führen, dass der gesamte Beschäftigungszeitraum rückwirkend nicht mehr als Minijob gilt.
Wer diese Bedingungen respektiert, bewegt sich innerhalb dessen, was die Behörden ausdrücklich zulassen – und nutzt lediglich den vorhandenen gesetzlichen Spielraum aus.
Der 1.112-Euro-Spielraum ist nur im Kontext der Abgrenzung zu Midijob und regulärer Beschäftigung verständlich.
Minijobs gelten bis einschließlich 556 Euro monatlich. Oberhalb dieser Grenze beginnt der sogenannte Übergangsbereich (Midijob) bis 2.000 Euro im Monat. In diesem Bereich sind Beschäftigte regulär sozialversicherungspflichtig, profitieren aber von reduzierten Arbeitnehmerbeiträgen, die erst mit steigendem Einkommen an den vollen Beitragssatz herangeführt werden.
Wird nun die Grenze im Minijob dauerhaft überschritten, rutscht die Beschäftigung in diesen Übergangsbereich oder in die normale Vollversicherung – mit erheblichen Mehrkosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Genau das will die Ausnahmeregel beim gelegentlichen, unvorhersehbaren Überschreiten verhindern: Kurzfristige Mehrarbeit soll nicht automatisch zur „Strafversetzung“ in ein anderes Beschäftigungsregime führen.
Wichtig ist allerdings: Wer regelmäßig mehr als 556 Euro verdient, kann sich nicht auf die 1.112-Euro-Ausnahme berufen. Dann liegt schlicht kein Minijob mehr vor, sondern ein Midijob oder regulärer Teilzeitjob – mit entsprechenden Beiträgen und möglichen steuerlichen Folgen.
Ein Praxisbeispiel: So funktioniert der „Trick“ über ein JahrEine Rentnerin arbeitet 2025 in einem Minijob im Einzelhandel. Vereinbart sind 556 Euro im Monat. Das ergibt einen regulären Jahresverdienst von 6.672 Euro.
Im November wird im Laden überraschend eine Kollegin länger krank, im Dezember sorgt das Weihnachtsgeschäft für zusätzliche Schichten. Die Rentnerin springt ein und verdient sowohl im November als auch im Dezember jeweils 1.112 Euro. Der Arbeitgeber dokumentiert, dass diese Mehrstunden kurzfristig veranlasst wurden.
Auf das Zeitjahr bezogen verdient sie nun insgesamt 7.784 Euro: zehn Monate zu 556 Euro und zwei Monate zu je 1.112 Euro. Die Jahresverdienstgrenze von 6.672 Euro wird also rein rechnerisch übertroffen – trotzdem bleibt die Beschäftigung ein Minijob, weil es sich um maximal zweimalige, unvorhersehbare und bis zur doppelten Monatsgrenze reichende Überschreitungen handelt.
Für die Rentnerin bedeutet das: Sie erhält in den beiden Ausnahme-Monaten jeweils 556 Euro zusätzlich, ohne dass der Job als solcher teurer wird – weder hinsichtlich Einkommensteuer noch hinsichtlich regulärer Sozialversicherungsbeiträge.
Was Arbeitgeber beachten solltenFür Arbeitgeber ist der legale Minijob-Spielraum Chance und Risiko zugleich. Er ermöglicht flexible Reaktionen auf Auftragsspitzen, ohne sofort einen vollversicherungspflichtigen Arbeitsplatz einrichten zu müssen.
Allerdings trägt der Arbeitgeber die Verantwortung dafür, dass die Grenzen eingehalten und die Voraussetzungen dokumentiert werden. Dazu gehören genaue Aufzeichnungen über Arbeitszeiten, Anlass der Mehrarbeit und die Höhe des gezahlten Entgelts. Die Dokumentationspflicht besteht ohnehin, insbesondere in Branchen, in denen der Zoll regelmäßig Mindestlohn und Sozialversicherung kontrolliert.
Kritisch wird es, wenn aus gelegentlichen Ausnahmen ein quasi festes System wird – etwa, wenn jedes Jahr dieselben Monate verlässlich mit doppeltem Gehalt gefahren werden oder wenn mehr als zweimal innerhalb eines Zeitjahres die 556-Euro-Grenze überschritten wird. In solchen Fällen droht bei einer Prüfung die rückwirkende Umqualifizierung des Minijobs, inklusive Nachzahlungen von Beiträgen und eventuellen Säumniszuschlägen.
Weitere Gestaltungsspielräume: Ehrenamt und ÜbungsleiterpauschaleWer sich fragt, ob der Minijob-Bonus alles ist, sollte einen Blick auf andere steuerliche Vergünstigungen werfen.
Neben dem Minijob können bestimmte nebenberufliche Tätigkeiten – etwa im Sportverein, in der Bildung oder im gemeinnützigen Bereich – unter die Übungsleiterpauschale von bis zu 3.000 Euro jährlich oder die Ehrenamtspauschale von 840 Euro im Jahr fallen. Diese Einnahmen sind zusätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Unter Umständen lassen sich also ein Minijob mit dem 1.112-Euro-Sonderspielraum und steuerfreie Ehrenamts- oder Übungsleitervergütungen kombinieren – was den gesamten legal steuerfreien oder pauschal besteuerten Hinzuverdienst weiter erhöht.
Hier ist allerdings besondere Sorgfalt geboten, weil schnell komplexe Abgrenzungsfragen entstehen; eine individuelle steuerliche Beratung ist in solchen Fällen sinnvoll.
Fazit: Kein dubioser Trick, sondern clever genutzter RechtsrahmenDer „1.112 € steuerfrei“-Minijob-Trick ist kein Schlupfloch, sondern eine bewusst vom Gesetzgeber vorgesehene Erleichterung: Minijobber sollen für unvorhergesehene Mehrarbeit nicht mit dem Verlust ihres begünstigten Status bestraft werden.
Wer die drei zentralen Bedingungen – unvorhersehbar, gelegentlich, maximal zweimal und höchstens doppelte Monatsgrenze – einhält, kann in zwei Monaten pro Zeitjahr auf bis zu 1.112 Euro aufstocken und so im Ergebnis bis zu 7.784 Euro im Jahr im Rahmen eines Minijobs erzielen.
Für Beschäftigte bedeutet das: etwas mehr finanzieller Spielraum, häufig faktisch ohne eigene Steuerbelastung und mit überschaubaren Sozialabgaben.
Für Arbeitgeber ist es ein Instrument, Auftragsspitzen abzufedern, ohne sofort neue Voll- oder Teilzeitstellen schaffen zu müssen – allerdings mit der Pflicht, Grenzen und Dokumentation sehr genau im Blick zu behalten.
Wichtig bleibt: Der Überblick über alle Einkünfte, Verträge und Zeiträume ist entscheidend. Wer den Spielraum maximal ausreizen möchte oder mehrere Minijobs, Ehrenamtsvergütungen und andere Nebentätigkeiten kombiniert, sollte im Zweifel eine Steuerberaterin, einen Steuerberater oder die Minijob-Zentrale um individuelle Auskunft bitten. So bleibt der „1.112-Euro-Trick“ das, was er sein soll: ein legaler, sinnvoll genutzter Baustein zur Verbesserung des eigenen Einkommens – ganz ohne böse Überraschungen.
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Jobcenter rechnet gepfändetes Einkommen an und kürzte Bürgergeld
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München hat mit Urteil vom 27. November 2024 (Az. L 11 AS 232/22) eine wichtige Leitentscheidung zur Behandlung gepfändeter Lohnanteile bei der Berechnung von Bürgergeld getroffen.
Nach Auffassung des Gerichts dürfen pfändbare Beträge, die im Rahmen einer Privatinsolvenz direkt an den Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter abgeführt werden, nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II berücksichtigt werden. Denn sie stehen der Bedarfsgemeinschaft zu keinem Zeitpunkt tatsächlich zur Verfügung und stellen damit keine sogenannten „bereiten Mittel“ dar.
Für Menschen, die trotz Erwerbstätigkeit in einer Restschuldbefreiungs- bzw. Wohlverhaltensphase leben und zugleich auf Bürgergeld angewiesen sind, setzt das Urteil eine klare Linie:
Nur Geld, das tatsächlich im Haushalt ankommt und frei verwendet werden kann, darf anspruchsmindernd angerechnet werden. Das korrigiert eine Praxis, die in der Vergangenheit immer wieder dazu geführt hat, dass Jobcenter Leistungen auf der Grundlage rein fiktiver Einkommensbeträge ablehnten.
Der AusgangsfallEine alleinerziehende Mutter lebte mit ihren drei minderjährigen Kindern und ihrem Partner in einem gemeinsamen Haushalt. Der Partner war nicht Vater der Kinder, aber Teil der Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II.
Er war erwerbstätig und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen, das – isoliert betrachtet – oberhalb des Bürgergeld-Bedarfs lag. Zugleich befand er sich jedoch in der Wohlverhaltensphase eines laufenden Privatinsolvenzverfahrens. Gemäß § 287 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) hatte er seine pfändbaren Lohnanteile an den Treuhänder abgetreten.
Der über den Pfändungsfreigrenzen liegende Teil seines Nettoeinkommens wurde daher vom Arbeitgeber einbehalten und unmittelbar an den Treuhänder überwiesen, ohne jemals das Konto der Familie zu erreichen.
Dennoch legte das Jobcenter bei der Berechnung des SGB-II-Anspruchs das volle Nettoeinkommen zugrunde – also inklusive jener gepfändeten Beträge, die wegen der Abtretung zwingend an den Treuhänder flossen. Den pfändbaren Anteil behandelte die Behörde so, als stünde er der Familie tatsächlich zur Verfügung.
Die Folge war die vollständige Ablehnung des Leistungsantrags: Nach Ansicht des Jobcenters überstieg das unterstellte Einkommen den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, Hilfebedürftigkeit liege deshalb nicht vor.
Erst das Sozialgericht Bayreuth und in der Berufung das LSG München korrigierten diese Sichtweise und bestätigten, dass der Familie im überwiegenden Teil des streitigen Zeitraums Leistungen zustanden.
Bürgergeld, Insolvenz und PfändungsfreigrenzenUm die Brisanz der Entscheidung zu verstehen, lohnt ein Blick auf den rechtlichen Rahmen. Im Bürgergeld-System nach dem SGB II gilt: Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat nur, wer hilfebedürftig ist, seine Bedarfe also nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken kann. Einkommen ist nach § 11 SGB II alles, was jemand in Geld erhält, abzüglich bestimmter Absetzbeträge. Gleichzeitig schreibt das Gesetz vor, dass bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen von Partnerinnen und Partnern zu berücksichtigen ist.
Parallel dazu steht das Insolvenzrecht: Wer ein Restschuldbefreiungsverfahren durchläuft, ist in der Wohlverhaltensphase verpflichtet, sämtliche pfändbaren Bestandteile seines Arbeitseinkommens an den Treuhänder abzutreten.
Grundlage sind § 287 Abs. 2 InsO und die Pfändungsvorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere §§ 850 ff. ZPO. Die Pfändungsfreigrenzen legen fest, welcher Mindestbetrag dem Schuldner zur Sicherung seines Lebensunterhalts verbleiben muss; alles darüber hinaus kann – innerhalb festgelegter Grenzen – an Gläubiger abgeführt werden.
In der Praxis läuft dies häufig über ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto). Bis zu einem bestimmten Freibetrag – zum Zeitpunkt der Berichterstattung liegt er bei rund 1.560 Euro, zuzüglich möglicher Erhöhungen für Unterhaltsverpflichtungen – ist das Guthaben des Kontos vor Zugriffen geschützt. Einkommen, das darüber hinausgeht, ist pfändbar und kann direkt an den Treuhänder abgeführt werden.
Genau diese Konstellation lag im entschiedenen Fall vor: Der Partner der Mutter erzielte zwar einen Lohn, der rechnerisch über dem Regelbedarf lag, der pfändbare Anteil gelangte aber – kraft gesetzlicher Abtretung – nie in die Hand der Bedarfsgemeinschaft.
Der Grundsatz der „bereiten Mittel“Im Zentrum der Entscheidung steht der sozialrechtliche Grundsatz der „bereiten Mittel“. Dahinter steht die einfache, aber folgenreiche Überlegung: Als Einkommen im Sinne des SGB II kann nur das berücksichtigt werden, was den Leistungsberechtigten tatsächlich zur Deckung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung steht.
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) betont seit Jahren, dass nur ein „wertmäßiger Zuwachs“, der tatsächlich für die laufenden Bedarfe eingesetzt werden kann, Hilfebedürftigkeit mindert.
Das LSG übernimmt diese Linie konsequent. Es stellt ausdrücklich fest, dass die an den Treuhänder abgeführten pfändbaren Lohnanteile kein Einkommen darstellen, weil sie zu keinem Zeitpunkt im Verfügungsbereich der Bedarfsgemeinschaft ankommen.
Der pfändbare Betrag wird bereits vor der Auszahlung vom Arbeitgeber einbehalten. Auf dem Konto des Schuldners erscheint lediglich der nach Abzug der Pfändung verbleibende Nettolohn.
Damit fehlt es sowohl an einem tatsächlichen Zufluss als auch an der freien Verfügbarkeit. Das Gericht betont, dass es gerade nicht darauf ankommt, wem das Geld rechtlich im abstrakten Sinne zugeordnet wird, sondern ob es im Alltag genutzt werden kann, um Miete, Strom, Lebensmittel und andere existenzsichernde Ausgaben zu finanzieren.
In der Konsequenz verwirft das LSG die vom Jobcenter praktizierte Konstruktion eines fiktiven Einkommens: Beträge, die der Schuldner kraft zwingender Abtretungserklärung nie erhält, dürfen nicht so behandelt werden, als könnte er damit Hilfebedürftigkeit vermeiden.
Bürgergeld und Kredite: Was als Einkommen zähltIn der Beratungspraxis hat sich eine einprägsame Formel eingebürgert: „Kredit ist kein Einkommen.“ Gemeint ist damit, dass echte Darlehen, die ernsthaft zurückzuzahlen sind, die wirtschaftliche Lage langfristig nicht verbessern und daher grundsätzlich nicht wie Einkommen zu behandeln sind.
Das LSG verweist in seiner Entscheidung auf ein Urteil des Bundessozialgerichts, das ein Arbeitgeberdarlehen zum Gegenstand hatte, und macht deutlich, dass diese Konstellation von einer Lohnpfändung im Insolvenzverfahren zu unterscheiden ist.
In beiden Fällen geht es aber um die Frage, ob ein realer Zuwachs zur Verfügung steht oder ob lediglich rechnerisch ein Betrag existiert, der durch Rückzahlungsverpflichtungen oder gesetzliche Abtretungen sofort wieder gebunden ist.
Die Entscheidung aus München schärft damit den Blick für das materielle Kriterium der tatsächlichen Verfügbarkeit: Nur was im Haushalt ankommt und nicht bereits rechtlich verplant ist, darf bei der Bürgergeld-Berechnung anspruchsmindernd berücksichtigt werden.
Keine Pflicht zur „Selbstbefreiung“ aus der PfändungBesonders deutlich setzt sich das Gericht mit dem Argument des Jobcenters auseinander, der Kläger habe im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten mehr tun müssen, um den gepfändeten Lohnanteil für die Familie „freizubekommen“.
Die Behörde hatte sinngemäß vorgetragen, der Schuldner hätte gegen die Pfändung vorgehen oder bei Gericht eine Erhöhung des pfändungsfreien Betrags beantragen müssen. Andernfalls verletze er seine Selbsthilfeobliegenheit, die im Sozialrecht verlangt, dass Leistungsberechtigte in zumutbarem Umfang alles ihnen Mögliche tun, um Hilfebedürftigkeit zu vermeiden.
Das LSG weist diese Argumentation aus mehreren Gründen zurück:
Erstens macht es deutlich, dass die Abtretung der pfändbaren Forderungen nach § 287 Abs. 2 InsO eine zwingende Voraussetzung für die Restschuldbefreiung ist.
Wer die pfändbaren Teile seines Arbeitseinkommens nicht an den Treuhänder abtritt, gefährdet das gesamte Insolvenzverfahren. Eine „Rücknahme“ dieser Abtretung ist rechtlich nicht vorgesehen. Dem Schuldner war es also objektiv unmöglich, die Pfändung schlicht zu beseitigen.
Zweitens verweist das Gericht auf § 850f Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Diese Vorschrift erlaubt zwar grundsätzlich eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags, wenn der notwendige Lebensunterhalt des Schuldners oder von Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, sonst nicht gedeckt wäre. Im entschiedenen Fall bestand jedoch – zum maßgeblichen Zeitpunkt – keine zivilrechtliche Unterhaltspflicht gegenüber der Partnerin und ihren Kindern, weil das Paar noch nicht verheiratet war. Erst später kam es zur Eheschließung.
Drittens arbeitet das LSG heraus, dass vertragliche oder faktische Unterhaltsleistungen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft nach SGB II für die pfändungsrechtliche Prüfung gerade nicht zählen.
Der Gesetzgeber knüpft im Zwangsvollstreckungsrecht an andere Anknüpfungspunkte an als im Sozialrecht. Das bedeutet: Selbst wenn der Partner de facto für den Lebensunterhalt der Familie mit aufkommt, erhöht dies nicht automatisch seinen Pfändungsfreibetrag.
Vor diesem Hintergrund kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keine realistische rechtliche Möglichkeit hatte, den gepfändeten Lohnanteil zugunsten der Bedarfsgemeinschaft freizusetzen. Ihm einen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten vorzuwerfen, sei daher unzulässig.
Widerspruch zur eigenen Verwaltungspraxis der JobcenterBemerkenswert ist eine weitere Aussage des Urteils: Das LSG weist darauf hin, dass die vom Jobcenter vertretene Rechtsauffassung nicht nur mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung unvereinbar ist, sondern auch den eigenen Verwaltungsvorschriften widerspricht.
In den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit finden sich Berechnungsbeispiele, die ausdrücklich davon ausgehen, dass bei einer Tilgung von Schulden durch Pfändung von Arbeitseinkommen nur die tatsächlich ausgezahlten Beträge als Einkommen zu berücksichtigen sind. Das Gericht verweist auf eine entsprechende Beispielrechnung in der Wissensdatenbank der Bundesagentur.
Mit anderen Worten: Das Jobcenter wich von der Linie ab, die seine eigene übergeordnete Behörde für verbindlich erklärt hatte. Das LSG stellt klar, dass eine derartige Abweichung nicht zulasten der Leistungsberechtigten gehen darf.
Konsequenzen für Bürgergeld-Beziehende und JobcenterDie Entscheidung hat über den Einzelfall hinaus praktische Wirkung. Für Betroffene mit laufender Lohnpfändung oder Privatinsolvenz bedeutet sie:
Jobcenter dürfen nur jene Beträge als Einkommen anrechnen, die tatsächlich auf dem Konto der Bedarfsgemeinschaft eingehen und zur freien Verfügung stehen. Pfändbare Lohnanteile, die aufgrund einer Abtretung an den Treuhänder direkt vom Arbeitgeber abgeführt werden, sind bei der Einkommensanrechnung außen vor.
In der Folge können sich in der Vergangenheit erlassene Bescheide als rechtswidrig erweisen, wenn Jobcenter die gepfändeten Teile des Einkommens dennoch berücksichtigt haben.
Für Betroffene kann es sich lohnen, frühere Bescheide prüfen zu lassen und gegebenenfalls Widerspruch oder einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen. Fachportale und Beratungsstellen weisen bereits darauf hin, dass das Urteil als Orientierung für ähnliche Fälle dienen kann.
Auch für die Verwaltungspraxis der Jobcenter ergibt sich Handlungsbedarf. In jedem Fall, in dem eine Lohnpfändung oder ein Restschuldbefreiungsverfahren eine Rolle spielt, müssen die Mitarbeitenden künftig genau prüfen, welche Beträge tatsächlich fließen. Maßgeblich sind Lohnabrechnungen, Kontoauszüge und Bescheide des Insolvenzgerichts beziehungsweise des Treuhänders.
EinordnungDas Urteil des LSG Bayern fügt sich in eine Linie sozialgerichtlicher Rechtsprechung ein, die den Schutz des Existenzminimums ernst nimmt und fiktiven Anrechnungen eine Absage erteilt.
Die Entscheidung zeigt, dass das Sozialrecht nicht losgelöst vom Insolvenzrecht betrachtet werden kann: Wer seine Restschuldbefreiung anstrebt und deshalb pfändbare Einkommensteile an den Treuhänder abtreten muss, darf sozialrechtlich nicht so behandelt werden, als könne er über dieses Geld frei verfügen.
Was in internen Handreichungen der Verwaltung steht, gilt nicht nur „auf dem Papier“, sondern kann im Zweifel auch vor Gericht eingefordert werden.
Auch wenn sich die Rahmenbedingungen des Bürgergelds in den kommenden Jahren verändern mögen, bleibt eine Erfahrung aus diesem Verfahren besonders wichtig:
Bei der Frage, ob jemand hilfebedürftig ist, darf nur das berücksichtigt werden, was im wirklichen Leben verfügbar ist. Schulden, Pfändungen und rechtlich gebundene Beträge dürfen nicht dazu führen, dass Menschen formell als „nicht hilfebedürftig“ gelten, obwohl ihnen das für ein menschenwürdiges Existenzminimum notwendige Geld tatsächlich fehlt.
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Rente: Ab 65 steigt die Auto-Versicherung für Rentner rasant – legaler Trick senkt die Kosten
Viele Menschen erleben es rund um den 65. Geburtstag: Die Kfz-Haftpflicht wird ohne eigenen Unfall plötzlich spürbar teurer. Ein Schreiben des Versicherers, neue Jahresprämie, oft ein Plus von vielen Dutzend oder sogar einigen Hundert Euro – obwohl das Auto vielleicht seltener genutzt wird als früher.
Was dahintersteckt, ist kein individueller Fehler, sondern System: Versicherer kalkulieren seit einigen Jahren deutlich stärker nach Alter. Für Senioren bedeutet das: Ein verpflichtender Alterszuschlag kommt zu den allgemeinen Preissteigerungen in der Kfz-Versicherung oben drauf.
Gleichzeitig gibt es einen legalen Gestaltungstrick, mit dem sich dieser Aufschlag in manchen Konstellationen abmildern lässt – über Kinder oder Enkel. Doch der Weg dorthin ist alles andere als trivial und keineswegs immer sinnvoll.
Wie die Kfz-Haftpflicht kalkuliert wirdDie Kfz-Haftpflicht ist in Deutschland Pflicht. Sie übernimmt Schäden, die Sie anderen zufügen – an Fahrzeugen, Gebäuden oder Personen.
Wie hoch der Beitrag ausfällt, hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab: vom Modell des Autos und seiner Typklasse, vom Wohnort und der Regionalklasse, von der jährlichen Fahrleistung, davon, ob das Auto beruflich oder privat genutzt wird, von der Schadenfreiheitsklasse – und immer häufiger sehr deutlich vom Alter der versicherten Person.
Lange Zeit hat vor allem die Schadenfreiheitsklasse (SF-Klasse) den Preis geprägt: Wer viele Jahre unfallfrei fährt, rutscht in höhere SF-Klassen und erhält hohe Rabatte. Genau davon profitieren eigentlich viele Rentnerinnen und Rentner: Sie sind oft Jahrzehnte ohne Schaden gefahren, haben entsprechend hohe SF-Klassen und zahlen deshalb schon per se weniger als viele Jüngere.
Dieses kippt jedoch in dem Moment, in dem Versicherer das Alter als zusätzliches starkes Tarifmerkmal einblenden und einen Alterszuschlag auf den Beitrag rechnen.
Ab 65 kippt die Kurve: Alterszuschläge für SeniorenDer Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empfiehlt den Versicherern, ab 68 Jahren altersabhängige Zuschläge zu erheben. Viele Gesellschaften setzen das so oder ähnlich um, einige beginnen aber bereits ab 65 Jahren, das Alter deutlich stärker zu bepreisen.
Eine aktuelle Auswertung von Finanztip zeigt: Schon 65-Jährige zahlen im Schnitt rund acht bis dreizehn Prozent mehr Beitrag als 55-jährige Fahrer, obwohl die übrigen Eckdaten identisch sind. Mit 75 Jahren steigt der Aufschlag im Durchschnitt auf etwa 48 bis über 70 Prozent, mit 85 Jahren können die Beiträge sogar knapp 140 Prozent höher liegen als bei 55-Jährigen.
Damit ist klar: Der Alterszuschlag wirkt oft stärker als der Rabatt aus zusätzlichen unfallfreien Jahren. Ein Senior mit sehr hoher SF-Klasse zahlt zwar weniger als ein gleich alter Fahranfänger, aber deutlich mehr als ein guter Fahrer mittleren Alters mit identischer SF-Klasse.
Warum die Versicherung teurer wird, obwohl Sie unfallfrei fahren
Für viele Ruheständler wirkt die Entwicklung paradox: Sie fahren seltener, haben keinen Arbeitsweg mehr, meiden Stoßzeiten – und trotzdem steigen die Prämien. Dahinter stehen mehrere Effekte.
Zum einen der reine Alterszuschlag. Versicherer argumentieren mit Unfallstatistiken: Analysen von GDV und Statistischem Bundesamt zeigen, dass Fahrerinnen und Fahrer ab etwa 75 Jahren deutlich häufiger Hauptverursacher schwerer Unfälle sind als mittlere Jahrgänge.
In Unfällen mit Personenschaden tragen über 65-Jährige in rund zwei Dritteln der Fälle, über 75-Jährige sogar in knapp 77 Prozent die Hauptschuld.
Zum anderen wirken weitere Faktoren auf den Beitrag: Regionalklassen werden regelmäßig angepasst, wenn in einer Stadt oder einem Landkreis überdurchschnittlich viele oder teure Schäden auftreten.
Typklassen ändern sich, wenn ein bestimmtes Automodell in der Statistik auffällig wird. Und generell stehen Kfz-Versicherer durch deutlich gestiegene Werkstatt- und Ersatzteilpreise unter Preisdruck, was sich in höheren Prämien für alle Versicherten niederschlägt – unabhängig vom Alter.
Kombiniert bedeutet das: Selbst wenn Ihre persönliche Schadenbilanz makellos ist, kann Ihr Beitrag steigen, weil Sie in eine Altersgruppe mit höherem statistischem Gesamtrisiko fallen und sich parallel Tarifparameter wie Region oder Typklasse verändern.
Ist das Alterszuschlag – oder Altersdiskriminierung?Viele Ältere empfinden die Alterszuschläge als ungerecht. Juristisch ist das Thema geprüft: Die Finanzaufsicht BaFin hat bereits 2020 festgestellt, dass eine risikobasierte Bepreisung nach Alter in der Kfz-Versicherung zulässig ist, solange sie sich auf belastbare Statistiken stützt und nicht willkürlich erfolgt.
Versicherer verweisen darauf, dass sowohl junge als auch ältere Fahrer überdurchschnittlich oft an Unfällen beteiligt sind, während die mittleren Jahrgänge – grob zwischen 30 und 60 – die besten Schadenbilanzen aufweisen.
Für die Kalkulation ist entscheidend, wie viele Schäden eine Gruppe verursacht und wie teuer diese im Schnitt sind.
Gleichzeitig zeigen Unfallforschung und Statistik auch, dass die Zahl älterer Menschen mit Führerschein stark gestiegen ist. Zwischen 2015 und 2024 hat sich die Zahl der 75-plus-Fahrer mit Fahrerlaubnis in Deutschland mehr als verdoppelt. Die Zahl der Unfälle mit Verletzten oder Toten, an denen Fahrerinnen und Fahrer 75+ beteiligt waren, ist von 2013 bis 2023 um etwa 26 Prozent gestiegen, während sie insgesamt um rund zwölf Prozent gesunken ist.
Aus Sicht der Versicherer ist es daher folgerichtig, dass Senioren mehr zahlen. Für die Betroffenen bleibt jedoch das Gefühl, trotz verantwortungsbewusster Fahrweise für die Fehler anderer mitzuradieren.
Warum ein „Senioren-Trick“ oft nach hinten losgehtIn Ratgeberartikeln und auf Vergleichsportalen taucht seit einiger Zeit ein immer gleicher Spartipp auf: Rentner sollen ihr Auto einfach über das Kind als Zweitwagen versichern lassen. Die Idee: Das jüngere Alter des Kindes senkt den Beitrag, das Senior-Alter taucht im Tarif nicht mehr als Haupttreiber auf.
Tatsächlich kann dieser Trick im Einzelfall Beiträge für Rentner deutlich senken – vor allem dann, wenn das Kind bereits selbst gute Schadenfreiheitsklassen aufgebaut hat und als tatsächlicher Hauptnutzer des Fahrzeugs fungiert. Doch eine aktuelle Auswertung von Verivox zeigt, wie riskant dieser Tipp sein kann, wenn man ihn unkritisch übernimmt.
Versichert ein 65-, 75- oder 85-jähriger Senior seinen Wagen schlicht als Zweitwagen über ein 30 Jahre jüngeres Kind in der niedrigen SF-Klasse ½, kann der Beitrag statt zu sinken drastisch steigen: Für einen 65-Jährigen wurde im Modellfall der Vertrag über das Kind mehr als doppelt so teuer wie eine Versicherung auf den Senior selbst, bei 75-Jährigen lag der Aufschlag immer noch bei mehr als 60 Prozent.
Der Grund: Die Schadenfreiheitsklasse ist einer der stärksten Hebel im Preis. Wer als Zweitwagen mit SF ½ einsteigt, verschenkt viele Jahrzehnte unfallfreier Fahrleistung – und damit massive Rabatte. Der vermeintliche „Trick“ wird so zur Kostenfalle.
Der eigentliche Trick: Familienvertrag mit SF-Übertragung – und seine FallstrickeWenn überhaupt von einem „Trick“ gesprochen werden kann, dann von einer deutlich komplexeren, aber legalen Gestaltung, wie sie unter anderem Tarifcheck und Verivox analysiert haben: Die Kombination aus Übertragung der Schadenfreiheitsklasse und Versicherung des Autos über ein jüngeres Familienmitglied.
In der Praxis sieht das vereinfacht so aus:Das Auto wird auf ein Kind oder Enkelkind zugelassen und über dieses versichert. Der Senior überträgt einen Teil seiner Schadenfreiheitsklasse auf diese Person – allerdings nur in dem Umfang, in dem das Kind auch tatsächlich schon so lange einen Führerschein besitzt.
Der jüngere Angehörige wird als Hauptfahrer eingetragen, der Senior als weiterer, mitversicherter Fahrer.
Rechenbeispiele zeigen, dass sich die Prämie in dieser Konstellation vor allem bei sehr alten Fahrern deutlich reduzieren kann.
“Tarifcheck” kommt etwa zu dem Ergebnis, dass ein 85-jähriger Versicherungsnehmer nach Übertragung seiner SF-Klasse auf den Sohn und Versicherung über diesen mehrere Hundert Euro im Jahr sparen kann; bei 75-Jährigen sind immerhin zweistellige prozentuale Einsparungen möglich.
Doch selbst hier gilt: Für jüngere Senioren funktioniert der Trick nicht immer. Verivox zeigt, dass ein 65-jähriger Golf-Fahrer sogar nach Übertragung seiner SF-Klassen über das Kind teilweise mehr bezahlt als bei einem Vertrag auf den eigenen Namen.
Ein Beispiel aus der Praxisin 78-jähriger Rentner fährt seit Jahrzehnten unfallfrei und hat eine sehr gute Schadenfreiheitsklasse (z. B. SF 30). Sein aktueller Vertrag läuft auf seinen Namen, der Versicherer rechnet aber einen Alterszuschlag.
Vertrag auf den Rentner selbst:
Jahresbeitrag Kfz-Haftpflicht + Teilkasko: 600 €
Jetzt meldet die 45-jährige Tochter das Auto auf sich an.
Die SF-Klasse des Vaters wird teilweise auf sie übertragen (z. B. SF 20, weil sie noch nicht so lange den Führerschein hat). Die Tochter wird als Hauptfahrerin eingetragen, der Vater als weiterer Fahrer.
Neuer Vertrag auf die Tochter mit übertragener SF-Klasse:
Jahresbeitrag Kfz-Haftpflicht + Teilkasko: 380 €
Der Haushalt spart damit 220 € pro Jahr, also rund 37 % – bei gleichem Auto und ähnlichem Leistungsumfang, nur mit anderer Vertragskonstruktion (jüngere Versicherungsnehmerin + Nutzung der guten SF-Klasse des Rentners).
Wichtig: Das ist nur ein Beispiel – ob es sich wirklich lohnt, hängt immer von den konkreten Tarifen, Alter, SF-Klassen und der tatsächlichen Nutzung des Autos ab.
Hinzu kommen wichtige Nebenwirkungen:Erstens ist die Übertragung von Schadenfreiheitsklassen grundsätzlich endgültig. Wer seine SF-Klasse an Kinder oder Enkel abgibt, kann sich diese später nicht zurückholen. Für den Senior ist das vor allem dann heikel, wenn er irgendwann doch noch einmal selbst einen eigenen Vertrag braucht – etwa nach einem Fahrzeugwechsel oder einem zeitweiligen Verzicht aufs Auto.
Zweitens muss der Vertrag die Realität korrekt abbilden. Versicherer fragen explizit danach, wer das Auto überwiegend fährt. Wird ein Kind als Hauptfahrer eingetragen, tatsächlich sitzt aber weiterhin vor allem der 80-jährige Vater hinter dem Steuer, handelt es sich um falsche Angaben. Im schlimmsten Fall kann der Versicherer bei grob falschen Informationen Leistungen kürzen oder Regress fordern.
Wer den Trick nutzen will, muss also sicherstellen, dass der jüngere Angehörige tatsächlich regelmäßig fährt und der Senior nur gelegentlich ans Steuer geht.
Drittens kann ein zweiter Wagen im Haushalt, der als Zweitwagen mit niedriger SF-Klasse läuft, die Gesamtkosten der Familie sogar erhöhen. Das gilt insbesondere dann, wenn zuvor kein Zweitwagen versichert war oder der bestehende Zweitwagenvertrag keine guten SF-Klassen aufgebaut hat.
Wann sich der Familien-Trick lohnen kann – und wann nichtAus den aktuellen Analysen lassen sich einige Grundlinien erkennen.
Die Konstruktion mit jüngeren Angehörigen und SF-Übertragung hat tendenziell dann Potenzial, wenn es um sehr alte Fahrer geht – etwa ab Mitte/Ende 70 – und wenn das Kind oder Enkelkind ohnehin viel fährt und faktisch Hauptnutzer des Fahrzeugs ist.
Der Senior profitiert, weil sein hohes Altersrisiko durch die statistisch günstigere Altersgruppe des jüngeren Fahrers überlagert wird. Gleichzeitig bleiben die mühsam erarbeiteten Schadenfreiheitsrabatte in der Familie und gehen nicht verloren.
Für jüngere Rentner, etwa zwischen 65 und 70, ist das Bild deutlich gemischter. In vielen Konstellationen zahlen sie trotz Alterszuschlag immer noch weniger, wenn sie das Fahrzeug weiterhin selbst versichern – vor allem dann, wenn sie sehr hohe SF-Klassen besitzen und das Kind noch nicht so lange unfallfrei fährt.
Sicher ist: Eine pauschale Empfehlung gibt es nicht. Ohne konkrete Berechnung mehrerer Varianten – Senior als Versicherungsnehmer, Kind als Versicherungsnehmer mit und ohne SF-Übertragung, unterschiedliche Fahrerkreise – lässt sich nicht seriös sagen, ob der Trick spart oder nicht.
Weitere Stellschrauben, die Senioren kennen solltenNeben der Familienlösung gibt es zahlreiche Stellschrauben, die weniger tief in die Vertragsstruktur eingreifen, aber in Summe spürbare Effekte haben können.
Regelmäßige Tarifvergleiche sind für ältere Fahrer besonders wichtig. Analysen von Finanztip und Vergleichsportalen zeigen, dass die Höhe der Alterszuschläge von Versicherer zu Versicherer erheblich variiert. Manche verlangen schon ab 65 deutliche Aufschläge, andere sind bis weit ins Rentenalter moderater.
Ein jährlicher Preis- und Leistungsvergleich, idealerweise bereits ab 60, kann deshalb mehrere Hundert Euro pro Jahr sparen.
Wer mit einer Beitragserhöhung konfrontiert ist, hat außerdem in vielen Fällen ein Sonderkündigungsrecht: Erhöht der Versicherer den Beitrag, ohne den Leistungsumfang zu verbessern, können Versicherte in der Regel binnen eines Monats ab Zugang der Mitteilung kündigen und wechseln.
Darüber hinaus lohnt der Blick in die Tarifdetails. Viele Senioren fahren weniger Kilometer als früher – eine niedrigere jährliche Fahrleistung senkt den Beitrag.
Wird der Fahrerkreis auf wenige Personen beschränkt, kann das zusätzlich sparsam wirken, während eine offene Nutzung („jeder darf fahren“) eher verteuert. Auch eine Werkstattbindung, eine maßvolle Erhöhung der Selbstbeteiligung in der Kasko oder der Wechsel von Voll- auf Teilkasko bei älteren Fahrzeugen können Kosten reduzieren, ohne den Schutz unvernünftig zu beschneiden.
Auch moderne Telematik-Tarife sind für manche Senioren interessant. Einige Versicherer koppeln Rabatte an das nachweislich vorsichtige Fahrverhalten – gemessen über eine App oder einen Stecker im Auto. Gerade vorsichtige Rentner, die überwiegend tagsüber und auf bekannten Strecken unterwegs sind, können damit einen Teil des Alterszuschlags wieder ausgleichen.
Was Rentner jetzt konkret tun solltenWer um oder über 65 ist und eine deutliche Beitragserhöhung in der Kfz-Haftpflicht erlebt, sollte nicht einfach zahlen, sondern aktiv werden. Der erste Schritt ist eine nüchterne Bestandsaufnahme: Welche SF-Klasse liegt vor? Wie hoch ist die jährliche Fahrleistung? Wer fährt tatsächlich regelmäßig mit dem Auto? Wie alt ist das Fahrzeug, welche Kaskoabsicherung ist wirklich noch nötig?
Auf dieser Basis lohnt ein umfassender Vergleich verschiedener Tarife. Dabei sollte nicht nur auf den Preis, sondern auch auf wesentliche Leistungsmerkmale wie Deckungssumme, Mitversicherung grober Fahrlässigkeit oder Neuwert-/Kaufpreiserstattung geachtet werden. Anschließend kann geprüft werden, ob ein Wechsel des Versicherers, eine Anpassung von Fahrleistung und Fahrerkreis oder ein Wechsel des Kasko-Umfangs sinnvoll ist.
Erst im zweiten Schritt stellt sich die Frage, ob die komplexere Familienlösung mit einem jüngeren Kind oder Enkel infrage kommt. Dann sollten mehrere Varianten durchgerechnet werden: Vertrag auf den Senior, Vertrag auf das Kind mit und ohne SF-Übertragung, unterschiedliche Einstufungen als Haupt- und Zweitfahrer. Wichtig ist, dass die am Ende gewählte Konstellation die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse ehrlich widerspiegelt.
Der viel zitierte „Trick“, beim Kfz-Beitrag im Alter zu sparen, ist also kein geheimnisvoller Schlupfwinkel, sondern eine legale Gestaltungsoption innerhalb des bestehenden Systems – mit klaren Vor- und Nachteilen.
Wer sie sorgfältig durchdenkt, kann gerade im sehr hohen Alter seine Prämien zum Teil deutlich senken. Wer sie hingegen unbedacht nutzt, läuft Gefahr, am Ende mehr zu zahlen – oder im schlimmsten Fall in Konflikt mit seinem Versicherer zu geraten.
Sicher ist nur eines: Passiv bleiben ist die schlechteste Option. Wer seine Kfz-Haftpflicht im Rentenalter regelmäßig prüft, Tarife vergleicht und die Stellschrauben kennt, hat trotz Alterszuschlag gute Chancen, die Kosten im Griff zu behalten.
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Rente: Beitragssätze sollen deutlich steigen
Die gesetzliche Rente steht vor zwei gegenläufigen Entwicklungen: Einerseits zeichnet sich für das kommende Jahr eine spürbare Rentenerhöhung ab. Andererseits steigen nach aktueller Planung die Beitragssätze in den nächsten Jahren deutlich an. Entscheidend für die private Haushaltsplanung ist vor allem die Frage, wie stark die Beiträge zur Rentenversicherung anziehen – und warum.
Rentenerhöhung als Ausgangspunkt, aber nicht als Treiber der BeiträgeFür 2025 wird auf Grundlage des noch unveröffentlichten Entwurfs des Rentenversicherungsberichts eine Erhöhung von rund 3,7 Prozent erwartet. Der aktuelle Rentenwert soll demnach von heute 40,79 Euro je Entgeltpunkt auf etwa 42,31 Euro steigen.
In der Praxis bedeutet dies, dass eine Rente mit 40 Entgeltpunkten von brutto 1.632 Euro auf etwa 1.692 Euro anwächst. Diese Anpassung folgt der Lohnentwicklung und tritt – wie üblich – zur Jahresmitte in Kraft. Sie ist die unmittelbare Folge der Kopplung von Renten an die Einkommen der Erwerbstätigen, nicht aber der entscheidende Faktor für künftige Beitragserhöhungen.
Der Kern der Debatte: Beitragssätze steigen ab 2028 spürbarIm Zentrum der aktuellen Diskussion steht der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung. Nach derzeitigen Planungsdaten wird der Satz, der seit 2018 bei 18,6 Prozent liegt, erstmals seit 2007 wieder ansteigen. Für 2028 wird ein Sprung um 1,2 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent erwartet.
In den anschließenden Jahren soll sich der Beitragssatz weiter nach oben bewegen und bis 2037 voraussichtlich ein Niveau von 21,2 Prozent erreichen. Arbeitgeber und Beschäftigte tragen diese Last weiterhin paritätisch – jede Anhebung wirkt daher doppelt:
Sie erhöht die Lohnnebenkosten für Unternehmen und mindert das Nettogehalt der Beschäftigten.
Warum die Beiträge steigen: Demografie, Konjunktur und RücklagenDie Gründe für die anziehenden Beitragssätze liegen primär in der demografischen Entwicklung. Mit dem Eintritt starker Jahrgänge in den Ruhestand wächst die Zahl der Rentenbeziehenden, während die Zahl der Beitragszahlenden weniger dynamisch zunimmt. Hinzu kommen konjunkturelle Faktoren, die die Einnahmen- und Ausgabenseite beeinflussen.
Ein weiterer, technischer Treiber ist die geplante Stärkung der Rücklagen der Rentenversicherung. Höhere Nachhaltigkeitsreserven sollen die Kasse widerstandsfähiger machen, führen in der Aufbauphase jedoch zu zusätzlichem Finanzierungsbedarf.
Entscheidend ist: Die anstehenden Beitragssprünge werden nicht durch die Rentenanpassung an sich ausgelöst, sondern durch die langfristige Finanzierung des Systems unter veränderten Alters- und Erwerbsstrukturen.
Obergrenzen, Haltelinien und ihre Folgen für die FinanzierungDer Blick auf die Systemmechanik zeigt, wie politische Leitplanken die Beitragshöhe indirekt steuern. Bislang existierte eine Obergrenze für den Beitragssatz von 22 Prozent, die jedoch nach aktueller Rechtslage 2031 ausläuft.
Parallel dazu wird das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent stabilisiert. Diese Haltelinie verhindert ein schnelleres Absinken der Renten im Verhältnis zu den Löhnen und wird überwiegend aus Steuermitteln gestützt. Für die Zeit nach 2031 ist vorgesehen, dass das Rentenniveau nicht abrupt auf das nach geltendem Recht erwartete Niveau zurückfällt, sondern nur schrittweise sinkt.
Diese Entzerrung stabilisiert die Leistungsseite, kann aber je nach Ausgestaltung mittel- bis langfristig die Finanzierungsseite zusätzlich beanspruchen – über Steuern und, bei veränderten Rahmenbedingungen, auch über Beiträge.
Was Beschäftigte und Unternehmen konkret erwartetFür beide Seiten bedeutet der Anstieg des Beitragssatzes eine kalkulierbare, aber deutliche Mehrbelastung. Jede Erhöhung um einen Prozentpunkt entspricht in der Summe einem spürbaren Aufschlag auf die Lohnsumme, der hälftig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird.
Für Beschäftigte reduziert sich das verfügbare Nettoeinkommen entsprechend; Unternehmen sehen steigende Arbeitskosten, die in Personalbudgets und Preisstrategien berücksichtigt werden müssen. Besonders betroffen sind Branchen mit hoher Lohnsumme und geringeren Spielräumen bei der Weitergabe von Kosten.
Stabilität der Leistungen versus KostenbremseDie politische Auseinandersetzung spiegelt die Grundfrage wider, wie die Balance zwischen Leistungsstabilität und Beitragsdämpfung zu halten ist. Befürworter einer dauerhaften Stabilisierung des Rentenniveaus argumentieren mit Planbarkeit und Generationengerechtigkeit, da abrupte Einschnitte in der Leistungsseite vermieden werden.
Kritiker verlangen, die Gesamtbelastung der Beitragszahlenden stärker zu begrenzen, etwa durch eine feste Obergrenze oder durch das konsequentere Wirken des Nachhaltigkeitsfaktors. Im Raum stehen damit drei Stellschrauben: das Rentenniveau, der Beitragssatz und der Steuerzuschuss.
Einordnung für die Praxis: Was jetzt zu beachten istFür Beschäftigte empfiehlt sich eine nüchterne Bestandsaufnahme der eigenen Vorsorge. Steigende Beitragssätze sichern die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente, reduzieren jedoch kurzfristig das Nettoeinkommen. Wer zusätzliche Vorsorgebausteine plant, sollte deren Kosten und Nutzen vor dem Hintergrund höherer Pflichtbeiträge neu bewerten.
Unternehmen wiederum sind gut beraten, die Personalkostenentwicklung in mehrjährigen Szenarien abzubilden. Tarif- und Budgetverhandlungen, aber auch Investitionsentscheidungen profitieren von realistischen Annahmen über die Sozialabgabenlast bis Mitte der 2030er Jahre.
Ausblick: Planbarkeit schaffen, Lasten fair verteilenAus heutiger Sicht ist die Richtung vorgezeichnet: Die Beiträge steigen, um die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente in einer alternden Gesellschaft zu sichern. Politisch bleibt die Frage offen, ob eine neue, verbindliche Obergrenze für Beitragssätze gesetzt wird, wie der Steuerzuschuss sich entwickelt und in welchem Tempo das Rentenniveau nach 2031 angepasst wird.
Für Betroffene kommt es darauf an, die anstehenden Veränderungen nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenspiel von Bruttoeinkommen, Abgabenlast und späterer Rente. Klar ist: Der Schwerpunkt der nächsten Jahre liegt auf der Finanzierungsseite – mit messbaren Beitragssteigerungen, die private Haushalte und Unternehmen gleichermaßen spüren werden.
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Schwerbehinderten Pauschbetrag: Viele gehen unerwartet leer aus
Der Behindertenpauschbetrag soll Menschen mit Behinderung steuerlich entlasten, indem er die typischen Mehrkosten pauschal abdeckt. In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder: Viele Berechtigte schöpfen die Möglichkeiten nicht aus, andere gehen trotz anerkannter Behinderung komplett leer aus.
Das liegt weniger an bösem Willen des Finanzamts, sondern an komplizierten Regeln, knappen Einkommen, technischen Hürden – und daran, dass zentrale Feinheiten kaum bekannt sind.
Behindertenpauschbetrag einfach erklärt: So funktioniert die SteuerentlastungDer Behindertenpauschbetrag ist kein Zuschuss, der ausgezahlt wird, sondern ein Abzugsbetrag in der Einkommensteuer. Er mindert das zu versteuernde Einkommen, ähnlich wie Werbungskosten oder Sonderausgaben. Je höher der anerkannte Grad der Behinderung ist, desto größer fällt die Pauschale aus.
Sie reicht von einigen Hundert Euro im Jahr bei einem GdB von 20 bis zu knapp 3.000 Euro bei einem GdB von 100. Wer als hilflos gilt, blind oder taubblind ist oder einen hohen Pflegegrad hat, kann einen deutlich höheren Pauschbetrag geltend machen, der sich im mittleren vierstelligen Bereich bewegt.
Jahresprinzip: Warum ein später Bescheid trotzdem für das ganze Jahr giltWichtig ist das Jahresprinzip: Der Pauschbetrag gilt immer für das gesamte Kalenderjahr, sobald die Behinderung für dieses Jahr festgestellt ist. Wird der Grad der Behinderung im Laufe des Jahres angehoben, gilt für das ganze Jahr der höhere Wert.
Das bedeutet: Selbst wenn der Feststellungsbescheid erst im November oder Dezember eintrifft, kann für alle zwölf Monate des Jahres der volle Betrag angesetzt werden – sofern Betroffene aktiv werden und den Pauschbetrag in ihrer Steuererklärung eintragen oder als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte hinterlegen lassen.
Anspruchsvoraussetzungen: Wann ein GdB wirklich steuerlich zähltWichtig für den Behindertenpauschbetrag ist der anerkannte Grad der Behinderung. Steuerlich relevant wird dieser erst ab einem GdB von 20. Die früheren Sonderbedingungen für niedrige Werte – etwa die „dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit“ – wurden abgeschafft. Heute genügt der im Bescheid des Versorgungsamtes oder der Unfallversicherung ausgewiesene GdB ab 20.
Merkzeichen und Pflegegrade: Höhere Beträge für besonders schwere FälleAnspruch besteht außerdem für Menschen, die als hilflos gelten, etwa mit Merkzeichen „H“ oder mit einem hohen Pflegegrad, ebenso für blinde oder taubblinde Menschen mit entsprechenden Merkzeichen. In diesen Fällen kommen besonders hohe Pauschbeträge in Betracht, die viele alltägliche Mehrkosten abdecken sollen, ohne dass jede einzelne Ausgabe nachgewiesen werden muss.
Behindertenpauschbetrag für Kinder: So profitieren Eltern steuerlichFür Kinder mit Behinderung gilt der gleiche Maßstab wie für Erwachsene. Der Pauschbetrag steht zunächst dem Kind zu, kann aber auf die Eltern übertragen werden, wenn für das Kind Kindergeld oder Kinderfreibeträge gewährt werden.
Im Normalfall wird der Betrag zur Hälfte auf beide Eltern verteilt; auf gemeinsamen Antrag kann er aber in voller Höhe einem Elternteil zugeordnet werden – etwa demjenigen, der steuerlich mehr davon hat.
Gerade bei getrennt lebenden Eltern wird die automatische 50:50-Aufteilung schnell zur Falle: Hat ein Elternteil kaum oder keine steuerpflichtigen Einkünfte, vergeht ein Teil der Entlastung wirkungslos. Nur eine aktive Entscheidung der Eltern stellt sicher, dass der Pauschbetrag dort landet, wo er die Steuerlast tatsächlich senkt.
Pflegepauschbetrag und Behindertenpauschbetrag: Zwei Instrumente, die oft verwechselt werdenEigenständig neben dem Behindertenpauschbetrag steht der Pflegepauschbetrag für Angehörige, die eine nahestehende Person unentgeltlich pflegen. Er setzt unter anderem einen anerkannten Pflegegrad voraus und bezieht sich auf die pflegende Person, nicht auf die behinderte oder pflegebedürftige Person.
In der Praxis werden Pflege- und Behindertenpauschbetrag häufig durcheinandergebracht. Das ist gefährlich, weil unterschiedliche Bedingungen gelten und Fehler dazu führen können, dass am Ende gar kein Pauschbetrag gewährt wird.
Antrag stellen: So kommt der Pauschbetrag in den SteuerbescheidDer Behindertenpauschbetrag wird nicht von selbst berücksichtigt. Wer ihn nutzen möchte, muss aktiv werden – entweder über die jährliche Steuererklärung oder über einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung. In der Steuererklärung wird der Pauschbetrag im Abschnitt zu außergewöhnlichen Belastungen eingetragen.
Beim ersten Antrag verlangt das Finanzamt in der Regel einen Nachweis: entweder eine Kopie des Schwerbehindertenausweises oder des Feststellungsbescheids zum GdB.
In den Folgejahren genügt meist der Verweis auf den einmal vorgelegten Bescheid, solange sich daran nichts ändert oder der Bescheid nicht befristet war. Trotzdem lohnt sich ein Blick in die Unterlagen: Viele Betroffene gehen davon aus, dass der Pauschbetrag automatisch fortgeführt wird, obwohl der Bescheid zwischenzeitlich ausgelaufen ist oder die Befristung übersehen wurde.
Lohnsteuerermäßigung: Monatlich mehr Netto durch Freibetrag in den ELStAMArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich den Pauschbetrag auch als Freibetrag in den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen eintragen lassen. Dann wirkt er sich bereits während des Jahres auf die monatliche Lohnsteuer aus und nicht erst über die Steuererstattung im Folgejahr.
Dafür ist ein gesonderter Antrag beim Finanzamt nötig, der rechtzeitig gestellt werden muss, damit der Freibetrag noch im laufenden Jahr berücksichtigt werden kann.
Elektronischer Datenaustausch ab 2026: Entlastung mit neuem FehlerpotenzialAb 2026 ändert sich die Praxis beim Nachweis: Die Versorgungsämter sollen die Daten zum GdB elektronisch an die Finanzverwaltung übermitteln. Papiernachweise werden dann in vielen Fällen überflüssig, neue Bescheide sollen automatisiert beim Finanzamt ankommen. Auf den ersten Blick klingt das nach einer spürbaren Entlastung für Betroffene.
Gleichzeitig eröffnet die Automatisierung aber neue Fehlerquellen. Entscheidend ist, dass die steuerliche Identifikationsnummer korrekt beim Versorgungsamt hinterlegt ist. Stimmt sie nicht oder wird sie gar nicht gemeldet, kann die Finanzverwaltung die Daten nicht korrekt zuordnen.
Dann erscheint der Behindertenpauschbetrag schlicht nicht im Steuerbescheid oder in den ELStAM – und wer seine Unterlagen nicht kontrolliert, merkt es oft erst nach Jahren.
Typische Verlierergruppen: Wer beim Behindertenpauschbetrag leer ausgehtViele Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen gehen beim Behindertenpauschbetrag ungewollt leer aus, obwohl die formalen Voraussetzungen teilweise erfüllt wären.
Eine erste Gruppe sind Betroffene ohne festgestellten oder zu niedrig festgestelltem GdB. Chronische Erkrankungen, dauerhafte Schmerzen, psychische Leiden oder funktionelle Einschränkungen führen nicht automatisch zu einem Feststellungsbescheid.
Wer nie einen Antrag beim Versorgungsamt stellt, hat steuerlich keinen Anspruch – selbst dann, wenn die Belastung im Alltag erheblich ist. Ein weiterer Knackpunkt sind GdB-Bescheide mit einem Wert von 10; dieser spielt im Steuerrecht keine Rolle und bringt keinen Pauschbetrag.
Geringe Einkommen: Wenn die Steuerlast schon auf null stehtDie zweite Gruppe sind Menschen mit sehr niedrigen oder steuerfrei gestellten Einkommen. Der Behindertenpauschbetrag mindert zwar das zu versteuernde Einkommen, er bringt aber nur dann einen finanziellen Effekt, wenn überhaupt Einkommensteuer anfällt.
Liegt das Gesamteinkommen schon unterhalb des Grundfreibetrags, ist die Steuerlast ohnehin null – durch den Pauschbetrag kann sie nicht weiter sinken.
Besonders betroffen sind Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Renten, Minijobber und Beschäftigte in sehr geringem Teilzeitumfang. Formal sind sie berechtigt, praktisch wird die steuerliche Entlastung jedoch nicht spürbar. Der Pauschbetrag bleibt damit ein „Papierrecht“, das die Lebensrealität vieler Betroffener kaum erreicht.
Getrennte Eltern mit behindertem Kind: Pauschbetrag falsch verteiltEine dritte Problemgruppe findet sich bei getrennt lebenden Eltern mit einem behinderten Kind. Ohne ausdrücklichen gemeinsamen Antrag wird der Behindertenpauschbetrag automatisch hälftig auf beide Elternteile verteilt. Hat ein Elternteil kaum oder gar keine steuerpflichtigen Einkünfte, verpufft sein Anteil wirkungslos.
Nur wenn beide Eltern schriftlich vereinbaren, den Pauschbetrag vollständig auf den besser verdienenden Elternteil zu übertragen, wird die vorhandene Entlastung voll ausgeschöpft. Dass diese Möglichkeit besteht, ist vielen Betroffenen nicht bekannt – und der Fiskus klärt darüber selten von sich aus auf.
Bürgergeld, Grundsicherung und Steuererstattung: Wenn das Jobcenter mitverdientHinzu kommen Empfänger von Bürgergeld oder Grundsicherung, die zwar eine Steuererstattung erhalten, davon aber kaum profitieren. Steuererstattungen werden im Leistungsrecht regelmäßig als Einkommen gewertet und auf die Leistungen angerechnet.
Das bedeutet: Ein Teil der entstehenden Steuerersparnis kann im Zuflussmonat wieder „aufgefressen“ werden, weil Jobcenter oder Sozialamt die Zahlung bei der Leistungsberechnung berücksichtigen. Die steuerliche Entlastung wird dann über das Sozialrecht teilweise neutralisiert.
Pauschbetrag oder tatsächliche Kosten: Welche Strategie sich wirklich lohntDer Behindertenpauschbetrag ist eine Vereinfachung: Wer ihn nutzt, muss seine krankheits- und behinderungsbedingten Mehrkosten nicht im Detail belegen. Gleichzeitig ist er ein Wahlrecht.
In vielen Fällen können Betroffene entscheiden, ob sie die Pauschale in Anspruch nehmen oder stattdessen sämtliche tatsächlichen Kosten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Ein Doppelansatz ist ausgeschlossen.
Die Pauschale ist hauptsächlich dann vorteilhaft, wenn die laufenden Mehrkosten des Alltags eher im mittleren Bereich liegen und sich nur schwer nachweisen lassen – etwa zusätzliche Fahrtkosten, Medikamente, Kleidung, Alltagshilfen oder Umbauten in kleinerem Umfang.
In Fällen mit sehr hohen Ausgaben, wie etwa bei aufwendigen Umbaumaßnahmen, teuren Hilfsmitteln oder dauerhaften hohen Pflegeleistungen, kann es dagegen sinnvoll sein, die tatsächlichen Kosten anzusetzen.
Dabei ist zu beachten, dass auf diese Kosten noch eine „zumutbare Eigenbelastung“ angerechnet wird, die vom Einkommen abhängt. Wer hier falsch abwägt, verschenkt möglicherweise bares Geld.
Gerade für Menschen mit schwankenden oder hohen Gesundheitskosten kann es sich lohnen, gemeinsam mit einer Beratungsstelle oder einer steuerkundigen Person durchzurechnen, welcher Weg im konkreten Jahr die größere Steuerersparnis bringt.
Einmal getroffene Entscheidungen lassen sich im Rahmen der gesetzlichen Fristen über einen Änderungsantrag korrigieren, aber der Aufwand steigt, je mehr Jahre betroffen sind.
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Kündigung: 243 Tage krankgeschrieben und dann trotzdem hohe Abfindung
Der Streit, der seit dieser Woche vor dem Arbeitsgericht Lüneburg anhängig ist, wirkt auf den ersten Blick wie ein Einzelfall, doch er zeigt ein Grundsatzthema des deutschen Kündigungsschutzrechts.
Ein 36‑jähriger Versandmitarbeiter aus dem Amazon‑Logistikzentrum Winsen (Luhe) war zwischen 2022 und Anfang 2025 an insgesamt 243 Kalendertagen arbeitsunfähig gemeldet. Nachdem der Konzern ihm im Februar kündigte, verlangt der Beschäftigte nun gerichtlichen Schutz und strebt die Weiterbeschäftigung an.
Viele FehltageAus der von Amazons Prozessbevollmächtigten vorgelegten Fehlzeitenübersicht ergibt sich ein Muster vieler, jeweils nur wenige Tage dauernder Krankmeldungen.
Im Kalenderjahr 2022 waren es laut Gerichtsprotokoll sechzig Ausfalltage, im Jahr darauf fünfundfünfzig, 2024 steigerte sich die Zahl auf 128 Tage; bis zum Gütetermin Mitte April lagen bereits weitere dreißig Fehltage vor.
Der Grund sei durchgehend eine nicht auskurierte Fußverletzung, die der Mann laut eigener Darstellung bei der Arbeit erlitt. Nach Angaben seiner Anwältin war der Fuß nie dauerhaft verheilt, weil der Beschäftigte immer wieder zum Dienst erschien, sobald eine Krankschreibung auslief.
Hat Amazon gegen das Kündigungsschutzrecht verstoßen?Kündigungen wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen sind in Deutschland nur unter sehr engen Voraussetzungen wirksam.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber zunächst eine „negative Gesundheitsprognose“ nachweisen: Es müssen objektive Umstände vorliegen, aus denen zu erwarten ist, dass die Fehlzeiten das betriebliche Minimum von sechs Wochen pro Jahr auch in Zukunft überschreiten.
Außerdem muss dargelegt werden, dass die betrieblichen Abläufe oder die Entgeltfortzahlung dadurch erheblich belastet sind und dass eine Interessenabwägung zugunsten des Unternehmens ausfällt.
Wurde ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt?Ein rechtliches Prüfkriterium ist, ob der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung alles Zumutbare versucht hat, um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Dazu gehört das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 SGB IX.
Ob Amazon ein solches Verfahren ordnungsgemäß angeboten oder durchgeführt hat, ist öffentlich bislang nicht bekannt. Sollte es versäumt worden sein, erhöht sich im Prozess die Darlegungslast des Unternehmens, denn das Fehlen eines BEM kann ein Indiz dafür sein, dass mildere Mittel als die Kündigung möglich gewesen wären.
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– Kündigung: So hoch ist die Abfindung nach einem bis 50 Jahre Beschäftigung – Abfindungstabelle
Wie hoch kann die Abfindung sein?Während des Gütetermins bot Amazon dem Kläger eine Abfindung von 10 000 Euro an. Der Arbeitnehmer verlangt hingegen 28 000 Euro – also fast ein ganzes Jahresgehalt, denn sein Bruttomonatslohn beträgt rund 3 000 Euro.
Der Richter zeigte sich überrascht, weil in vergleichbaren Verfahren häufig ein Richtwert von einem halben Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr herangezogen wird.
Da der Gekündigte erst seit 2019 im Betrieb ist, würde das rechnerisch auf knapp 9 000 Euro hinauslaufen. Beide Seiten beharren jedoch auf ihren Positionen; eine Einigung kam daher nicht zustande.
Was sagen Juristinnen und Gewerkschaften zur Erfolgsaussicht der Klage?Arbeitsrechtlerinnen halten eine personenbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen zwar grundsätzlich für möglich, aber nur wenn alle drei Prüfungsstufen erfüllt sind und sich keine weniger einschneidende Lösung zeigt.
Ver.di‑Vertreterin Havva Öztürk betont, dass die Hürden „extrem hoch“ seien, weil der Arbeitgeber bei dynamischen Krankheitsbildern schwer belegen könne, wie sich der Gesundheitszustand künftig entwickelt.
Zudem müsse er nachweisen, dass der Mitarbeiter nicht anderweitig, etwa in einer weniger laufintensiven Tätigkeit, eingesetzt werden könne.
Vorwurf hoher ArbeitsbelastungAmazon verweist darauf, dass in Winsen zunehmend Transport‑ und Kommissionier‑Roboter die langen Wege zwischen den Regalen übernehmen. Das Unternehmen sieht deshalb keine ursächliche Verbindung zwischen der Laufleistung und der Fußverletzung des Klägers.
Beobachter verweisen allerdings darauf, dass der Standort erst 2018 in Betrieb ging und trotz Automatisierung weiterhin mehrere Kilometer Fußweg pro Schicht anfallen können. Gewerkschaftliche Studien beschreiben die Arbeit in den Fulfillment‑Centern als körperlich fordernd, auch weil das Tempo von algorithmisch gesteuerten Pick‑ und Pack‑Vorgaben bestimmt wird.
Weiterer Verfahrensausgang könnte Grundsatz erwirkenGelingt dem Kläger der Nachweis, dass seine Verletzung arbeitsbedingt ist, könnte neben der Kündigungsschutzklage auch ein Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen oder gar Unfallrente in Betracht kommen.
Unabhängig davon beobachten Fachleute den Prozess mit Blick auf eine mögliche Präzedenzwirkung: Sollte das Gericht Amazons Darlegung der negativen Gesundheitsprognose als unzureichend bewerten, wäre das ein deutliches Signal, dass Arbeitgeber bei häufigen, aber jeweils kurzzeitigen Ausfällen sehr sorgfältig prüfen müssen, ob ein BEM, eine Versetzung oder ergonomische Anpassungen infrage kommen.
Wann fällt das Arbeitsgericht ein Urteil – und welche Signalwirkung hätte es?Der Kammertermin ist für August angesetzt. Kommt es nicht zu einem Vergleich, muss die Kammer erst über die soziale Rechtfertigung der Kündigung entscheiden, dann über die begehrte Abfindung. Fällt das Urteil zugunsten des Mitarbeiters aus, stünde Amazon vor der Wahl, ihn wiedereinzustellen oder doch noch eine höher dotierte Abfindung anzubieten.
Ein Erfolg des Unternehmens wiederum würde zeigen, dass Gerichte auch bei häufigen Kurzzeiterkrankungen eine Kündigung billigen können, sofern sie gut begründet und formell einwandfrei vorbereitet ist.
In jedem Fall dürfte der Spruch des Gerichts Maßstäbe setzen, wie Betriebe krankheitsbedingte Fehlzeiten in einer Arbeitswelt mit wachsender Automatisierung rechtssicher handhaben.
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Pflegegrad 2: Zeitaufwand Tabelle und Bemessung der Pflegezeit
Pflegegrad 2 wird in der Praxis häufig als „leichte“ oder „noch gut machbare“ Pflege eingestuft. Hinter dieser Zahl steckt jedoch ein Alltag, der Angehörige oft mehrere Stunden pro Tag bindet.
Rein rechtlich wird Pflegebedürftigkeit seit der Reform 2017 nicht mehr nach Minuten gemessen, sondern nach dem Grad der Selbstständigkeit. Grundlage ist ein Punktesystem, das erfasst, wie stark jemand in verschiedenen Lebensbereichen eingeschränkt ist.
Pflegegrad 2 umfasst Betroffene mit einer „erheblichen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“. Laut den aktuellen Richtlinien des Medizinischen Dienstes liegt der Punktwert dabei zwischen 27 und unter 47,5 Punkten.
Trotzdem fragen Angehörige verständlicherweise: Wie viele Stunden Pflege pro Tag muss ich bei Pflegegrad 2 einplanen? Die Einstufung selbst hängt zwar nicht mehr direkt vom Zeitaufwand ab – für die Organisation des Alltags, für Gespräche mit Arbeitgebern oder die Entscheidung über einen Pflegedienst bleibt die Frage nach der tatsächlichen Pflegezeit aber wichtig.
Von Pflegestufen zu Pflegegraden: Wegfall fester MinutenwerteBis Ende 2016 gab es die drei Pflegestufen. Damals war der tägliche Zeitaufwand für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung das entscheidende Kriterium. Für Pflegestufe 1 musste im Wochendurchschnitt mindestens 90 Minuten Hilfe pro Tag anfallen, davon mindestens 45 Minuten Grundpflege. Höhere Stufen erforderten drei beziehungsweise fünf Stunden Hilfe pro Tag.
Mit der Umstellung auf Pflegegrade wurde dieses minutengenaue System bewusst abgeschafft. Hintergrund war die Erkenntnis, dass die Lebenswirklichkeit vieler Pflegebedürftiger – insbesondere Menschen mit Demenz – sich nicht in starren Zeitkorridoren abbilden lässt. Stattdessen werden heute sechs Lebensbereiche („Module“) begutachtet, etwa Mobilität, kognitive Fähigkeiten, Selbstversorgung, Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen und Gestaltung des Alltags.
Das Ergebnis ist ein Gesamtpunktwert, der zum Pflegegrad führt. Für Pflegegrad 2 zählt also nicht, ob täglich 120 oder 150 Minuten Pflege geleistet werden, sondern wie selbstständig die betroffene Person noch ist.
Pflegebereich Geschätzter Zeitaufwand pro Tag (Orientierungswert) Grundpflege (Körperpflege, Waschen, Duschen, An- und Auskleiden, Toilettengänge) etwa 45–90 Minuten Mobilität (Aufstehen, Hinlegen, Umsetzen, kurze Wege in der Wohnung, Treppen, Lagerung) etwa 30–45 Minuten Ernährung (Mahlzeiten vorbereiten, Anreichen von Speisen, Getränke bereitstellen und erinnern) etwa 30–45 Minuten Haushaltsführung (Einkaufen, Kochen, Aufräumen, Reinigung, Wäsche, organisatorische Aufgaben) etwa 60–90 Minuten Summe Pflege- und Betreuungsaufwand in der Praxis häufig ca. 2,5–4 Stunden pro Tag Warum der reale Zeitaufwand trotzdem entscheidend istAuch wenn der Gesetzgeber nicht mehr mit Minuten rechnet, bleibt der reale Pflegeaufwand für Familien ganz konkret spürbar. Er entscheidet darüber, ob Angehörige ihren Beruf weiter im bisherigen Umfang ausüben können, wie viele Helfer benötigt werden, ob ein ambulanter Pflegedienst eingebunden werden muss und in welchem Umfang Entlastungsleistungen sinnvoll sind.
Ratgeber empfehlen daher, ein Pflegetagebuch zu führen.
Darin werden alle Pflegehandlungen mit ungefähren Zeiten dokumentiert – vom morgendlichen Waschen über das Anreichen von Mahlzeiten bis hin zur nächtlichen Hilfe beim Toilettengang. Ein solches Pflegetagebuch wird ausdrücklich auch für die Vorbereitung auf die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst empfohlen.
Für Angehörige ergibt sich aus dieser Dokumentation nach einigen Wochen ein realistisches Bild: Wie viele Stunden pro Tag gehen tatsächlich für pflegerische Aufgaben, Betreuung und Organisation drauf? Bei Pflegegrad 2 ist dieses Zeitvolumen meist deutlich höher, als man anfangs denkt.
Typische Pflegeaufgaben bei Pflegegrad 2 – und wie viel Zeit sie kosten
In vielen Ratgebern finden sich Orientierungswerte, die den Alltag greifbarer machen. Sie sind nicht rechtsverbindlich, aber hilfreich für eine erste Planung.
Eine Auswertung zeigt: Bei Pflegegrad 2 liegen typische Pflegezeiten häufig im Bereich von etwa zweieinhalb bis knapp vier Stunden pro Tag, je nach individueller Situation. Ein Ratgeber gibt beispielhaft an, dass für Körperpflege, Mobilität, Hilfe bei der Ernährung und Haushaltsführung zusammen etwa 2,5 bis 3 Stunden anfallen können.
Ein anderer Leitfaden rechnet bei Pflegegrad 2 mit rund zwei Stunden Grundpflege (etwa Waschen, An- und Auskleiden, Toilettengänge) plus etwa zwei Stunden hauswirtschaftliche Versorgung pro Tag.
Entscheidend ist: Diese Werte sind Orientierungsgrößen. Sie variieren stark, je nachdem, ob die betroffene Person etwa noch selbstständig zur Toilette gehen kann, ob Hilfsmittel vorhanden sind, ob ein Fahrstuhl im Haus existiert oder ob Gehstrecken durch lange Flure und Treppen erschwert werden.
Orientierungstabelle: Zeitaufwand bei Pflegegrad 2 im AlltagDie folgende Tabelle fasst typische Bereiche der häuslichen Pflege bei Pflegegrad 2 zusammen und zeigt grobe Orientierungswerte für den täglichen Zeitaufwand. Sie stellt keine gesetzliche Grundlage dar, sondern bündelt die Spannbreiten.
Pflegebereich / konkrete Tätigkeit Geschätzter Zeitaufwand pro Tag (Richtwert) Morgendliche Grundpflege gesamt (Waschen, Zähne, Gesicht, Kämmen) ca. 20–40 Minuten Hilfe beim Aufstehen, Umlagern, Transfer vom Bett zum Stuhl ca. 10–15 Minuten An- und Auskleiden morgens (inkl. Strümpfe, Schuhe, ggf. Kompressionsstrümpfe) ca. 10–20 Minuten Toilettengang morgens (inkl. Begleitung, Hygiene, ggf. Inkontinenzmaterial) ca. 5–10 Minuten Zusätzliche Toilettengänge tagsüber (2–4×, inkl. Hilfe beim Hinsetzen/Aufstehen) gesamt ca. 15–40 Minuten Kurze Hilfen zwischendurch (Hände waschen, frische Kleidung, kleine Unfälle) ca. 5–15 Minuten Duschen oder Baden (nicht täglich, auf den Tag umgelegt) im Schnitt ca. 10–15 Minuten pro Tag Abendliche Grundpflege (Waschen, Zähne, ggf. Eincremen) ca. 15–25 Minuten Umkleiden abends / Nachtwäsche anziehen ca. 5–10 Minuten Letzter Toilettengang / Vorbereitung für die Nacht ca. 5–10 Minuten Begleitung bei Wegen in der Wohnung (Wohnzimmer, Bad, Küche, Balkon) ca. 10–20 Minuten Unterstützung beim Hinsetzen, Aufstehen, Umsetzen (Stuhl, Sessel, Rollstuhl) ca. 10–20 Minuten Kontrollgänge und kurze Hilfen zur Sturzprophylaxe (z. B. Teppichkanten, Kabel) ca. 5–10 Minuten Frühstück vorbereiten (Brötchen, Brot, Aufschnitt, Kaffee/Tee) ca. 10–15 Minuten Mittagessen vorbereiten oder aufwärmen ca. 20–30 Minuten Abendessen vorbereiten (kalte Mahlzeit / kleine warme Speise) ca. 10–20 Minuten Anreichen von Speisen / Unterstützung beim Essen (1–3 Mahlzeiten) gesamt ca. 20–40 Minuten Getränke bereitstellen, einschenken, ans Trinken erinnern ca. 10–20 Minuten Nachbereitung der Mahlzeiten (Tisch abräumen, leichtes Reinigen) ca. 10–20 Minuten Medikamentengabe (Tabletten stellen, Einnahme überwachen) ca. 5–10 Minuten Kontrolle von Hilfsmitteln (Brille, Hörgerät, Gehstock, Rollator) ca. 5–10 Minuten Einfache krankheitsbedingte Maßnahmen (z. B. Eincremen, Einlagen wechseln) ca. 10–15 Minuten Leichte Reinigung im Wohnbereich (Oberflächen wischen, Saugen kleiner Flächen) ca. 10–20 Minuten Spülen, Geschirr ein-/ausräumen ca. 10–15 Minuten Wäsche versorgen (Sortieren, Aufhängen, Zusammenlegen, Einräumen – auf den Tag umgelegt) ca. 10–20 Minuten Einkaufen (inkl. Planung, Hin- und Rückweg – auf den Tag umgelegt) ca. 10–20 Minuten Organisation & Telefonate (Arzttermine, Rezepte, Pflegekasse, Abstimmung mit Pflegedienst) ca. 10–20 Minuten Gespräche, gemeinsame Zeit, Vorlesen, Fernsehen erklären, Orientierung geben ca. 20–40 Minuten Kurze Spaziergänge / Bewegung im Freien (wenn möglich) ca. 10–30 Minuten Beschäftigung (Spiele, Übungen, einfache Aufgaben im Haushalt einbinden) ca. 15–30 Minuten Begleitung zu Arztterminen oder Therapien (auf den Tag umgelegt) im Schnitt ca. 5–15 Minuten pro Tag Dokumentation, Einträge im Pflegetagebuch, kurze Nachbereitung des Tages ca. 5–10 Minuten Gesamter Pflege-, Betreuungs- und Organisationsaufwand bei Pflegegrad 2 in der Praxis häufig ca. 2,5–4 Stunden pro TagRechnet man konservativ mit etwa drei Stunden pro Tag, ergibt das bereits rund 21 Stunden Pflegeaufwand pro Woche – zusätzlich zu den emotionalen Belastungen und der ständigen Bereitschaft, im Alltag schnell reagieren zu müssen.
Zeitaufwand und Leistungen bei Pflegegrad 2Die Einstufung in Pflegegrad 2 löst verschiedene Leistungsansprüche aus, die dabei helfen sollen, genau diesen Zeitaufwand abzufedern. Seit 1. Januar 2025 wurde das Leistungsniveau in der sozialen Pflegeversicherung angehoben.
Für Pflegegrad 2 stehen in der häuslichen Versorgung unter anderem folgende Beträge zur Verfügung:
Pflegebedürftige können entweder Pflegegeld in Höhe von 347 Euro monatlich (wenn Angehörige oder Freunde überwiegend pflegen) oder Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst im Umfang von bis zu 796 Euro monatlich erhalten. Zusätzlich gibt es den Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro monatlich, der zweckgebunden unter anderem für Betreuungs- und Entlastungsangebote eingesetzt werden kann.
Für temporäre Entlastung sorgen zudem Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege.
Ab 2025 wird hierfür schrittweise ein gemeinsames Jahresbudget eingeführt: Krankenkassen und Pflegekassen erläutern, dass seit 1. Juli 2025 für Pflegegrade 2 bis 5 ein kombinierter Betrag von bis zu 3.539 Euro für bis zu 56 Tage pro Kalenderjahr zur Verfügung steht. (Leistungen vor dem Stichtag werden darauf angerechnet.﹚
Diese Zahlen lassen sich direkt mit dem tatsächlichen Zeitaufwand verknüpfen.
Ein Beispiel: Wird ein Teil der täglichen Pflege durch einen ambulanten Dienst übernommen, kann man aus den Preisen des Pflegedienstes grob ableiten, wie viele Stunden pro Monat durch Sachleistungen abgedeckt sind.
Ein Rechenbeispiel zeigt etwa, dass bei monatlichen Kosten von 525 Euro bereits rund zwei Drittel des Budgets für Pflegesachleistungen bei Pflegegrad 2 ausgeschöpft sind.
In der Praxis bedeutet das: Je genauer Angehörige ihren Zeitaufwand kennen, desto besser können sie entscheiden, in welchem Umfang ein Pflegedienst eingebunden werden sollte und wie Pflegegeld und Sachleistungen sinnvoll kombiniert werden können.
Zeitaufwand, Arbeitsleben und rechtliche RahmenbedingungenViele pflegende Angehörige stehen im Erwerbsleben. Sie müssen klären, ob der Pflegeaufwand von mehreren Stunden täglich mit einer Vollzeitstelle vereinbar ist. Wo das nicht der Fall ist, kommen etwa Pflegezeit- oder Familienpflegezeitregelungen in Betracht, die zeitlich befristete Freistellungen oder Arbeitszeitreduzierungen ermöglichen.
Gerade in Gesprächen mit Arbeitgebern oder bei der Planung von Teilzeitmodellen ist es hilfreich, den durchschnittlichen täglichen Pflegeaufwand anhand eines Pflegetagebuchs belegen zu können. Wenn Angehörige schildern können, dass sie beispielsweise an fünf bis sieben Tagen pro Woche jeweils rund drei Stunden Pflege leisten, wird die Situation greifbarer – und es wird deutlich, dass es sich nicht um gelegentliche Hilfe, sondern um eine dauerhafte zweite „Schicht“ handelt.
Wie man den eigenen Zeitaufwand realistisch erfasstTheoretische Orientierungswerte sind hilfreich, ersetzen aber keine individuelle Betrachtung. Wer selbst pflegt, erlebt schnell, dass der tatsächliche Aufwand von Tag zu Tag schwankt. Gute Tage brauchen weniger, schlechte Tage deutlich mehr Zeit.
Nächtliche Unruhe, zusätzliche Arzttermine oder Krankenhausaufenthalte verändern die Bilanz immer wieder.
Ein systematisches Pflegetagebuch kann deshalb mehr leisten als jede allgemeine Tabelle. Es dokumentiert über einige Wochen: welche Tätigkeiten anfallen, wie lange sie ungefähr dauern, wie oft unerwartete Zusatzwege, Telefonate oder Organisation dazukommen. Ratgeber von Sozialverbänden und Pflegekassen empfehlen, solche Aufzeichnungen nicht nur vor der ersten Begutachtung, sondern auch bei Anträgen auf Höherstufung zu führen.
Aus diesen Aufzeichnungen ergibt sich oft ein klares Bild:
Die anfangs unterschätzten „kleinen Handgriffe zwischendurch“ summieren sich zu einem zweiten Arbeitstag – und zwar auch dann, wenn die betroffene Person „nur“ Pflegegrad 2 hat.
Pflegegrad 2 wird rechtlich als „erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ beschrieben. Hinter dieser Formulierung steht im Alltag häufig ein Pflegeaufwand von mehreren Stunden pro Tag. Zwar entscheidet heute die Punktzahl in den Begutachtungsmodulen über den Pflegegrad und nicht mehr die minutengenaue Pflegezeit.
Für Familien ist die Frage nach dem Zeitaufwand aber weiterhin entscheidend: Sie bestimmt, ob die Versorgung allein durch Angehörige möglich ist, ob und wie Pflegedienste eingebunden werden und welche Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden sollten.
Die hier dargestellten Orientierungswerte und die Tabelle können helfen, ein Gefühl für die Größenordnung bei Pflegegrad 2 zu bekommen. Sie ersetzen jedoch nicht den Blick auf die individuelle Situation. Wer seinen eigenen Pflegealltag sorgfältig dokumentiert, schafft damit die beste Grundlage, um Leistungen passgenau zu nutzen, Überlastung zu vermeiden – und Pflege so zu organisieren, dass sie für alle Beteiligten langfristig tragbar bleibt.
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Erwerbsminderung: Grundsicherung bei einer geistigen Erkrankung
Nicht nur körperliche, sondern auch geistige Einschränkungen können eine dauerhafte volle Erwerbsminderung bedeuten. So entschied das Sozialgericht Köln und verpflichtete die zuständige Behörde dazu, dem Betroffenen durchgehend die Grundsicherung wegen Alter oder Erwerbsminderung auszuzahlen. (S 29 SO 397/18)
Grad der Behinderung von 70 und verminderte IntelligenzDer Betroffene leidet unter geminderter Intelligenz, hat einen Grad der Behinderung von 70, und dazu die Merkzeichen „G“ für eine erhebliche Gehbehinderung und „B“ für eine ständige Begleitung. Außerdem ist ihm ein Pflegegrad von 2 zuerkannt.
Gesetzliche Betreuung und gemeinsamer HaushaltEr lebt mit seiner Mutter und deren Lebenspartner in einem Haushalt, während der leibliche Vater seit geraumer Zeit keinen Unterhalt mehr zahlte. Er hat zudem eine gesetzliche Betreuerin in verschiedenen Bereichen des Lebens.
Berufsbildung in Werkstatt für behinderte MenschenEr wurde im Eingangsverfahren der Reha Betriebe F GmbH aufgenommen und erhielt Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro. Er beantragte bei der zuständigen Behörde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII. Dies begründete er damit, dass er nach Abschluss der Förderschule in den Reha Betrieben im Ausbildungsbereich tätig sei und keine Einkünfte außer den monatlich 67 Euro habe, und auch über Vermögen verfüge er nicht.
Behörde sieht keine dauerhafte volle ErwerbsminderungDie Behörde lehnte den Antrag auf die begehrten Sozialleistungen ab, da er keinen Nachweis einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung vorgelegt habe, was für diese Leistung notwendig sei.
Der Betroffene legte Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass bei ihm aufgrund seiner Intelligenzminderung festgestellt worden sei, dass er notwendig in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten müsse und nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt sein könne.
Dabei gebe es keine begründete Trennung zwischen dem Eingangsbereich einer solchen Werkstatt und dem Arbeitsbereich. Die Behörde wies den Widerspruch als unbegründet zurück, denn bisher sie die Feststellung nicht getroffen, dass der Betroffene dauerhaft voll erwerbsgemindert sei.
Klage vor dem SozialgerichtDer Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Köln und stärkte seine Argumentation hier mit ärztlichen Befunden. So zeigte eine Intelligenzdiagnostik einen Gesamt-IQ von 47 und damit eine mittelgradige Intelligenzminderung. Diese mache es nicht möglich, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Dies entspreche auch der Einschätzung des Fachausschusses der Werkstatt für behinderte Menschen.
Er bräuchte, laut eines psychiatrischen Gutachtens, aufgrund seiner Intelligenzminderung Hilfe durch einen Betreuer in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Postangelegenheiten bedürfe.
Er sei geschäftsunfähig, die Willensbildung sei seit frühester Kindheit stark eingeschränkt und es gebe wenig Chancen zur Besserung. Zudem sei er laut ärztlichen Gutachten pflegebedürftig.
Die Richter gestehen eine volle dauerhafte Erwerbsminderung zuDie Richter am Sozialgericht Köln holten weitere Gutachten ein und kamen zu dem Ergebnis, dass eine dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliege und der Betroffene deshalb Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung habe.
So sei er laut ärztlichem Gutachten nicht in der Lage, mindestens drei Stunden pro Arbeitstag auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Seien Intelligenzminderung und sozialen Kompetenzdefizite machten es ihm unmöglich, seinen Alltag selbstständig zu gestalten. Deshalb sei er auch auf dem ersten Arbeitsmarkt weder wettbewerbs- noch einsatzfähig.
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Wann beginnt beim Krankengeld die 3. Jahresfrist wieder neu?
Die Antwort auf die Frage, wann beim Krankengeld die „3-Jahresfrist“ wieder neu beginnt, ist komplizierter, als viele denken. Entscheidend ist, ob es um dieselbe oder um eine andere Krankheit geht, ob bereits 78 Wochen Krankengeld ausgeschöpft wurden und ob bestimmte Wartezeiten eingehalten wurden.
Gesetzlich Versicherte erhalten Krankengeld, wenn sie länger als sechs Wochen wegen Krankheit arbeitsunfähig sind und der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung mehr leisten muss.
Rechtsgrundlage ist § 48 SGB V. Dort steht: Krankengeld wird wegen derselben Krankheit höchstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gezahlt, gerechnet ab dem Tag, an dem die Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit zum ersten Mal festgestellt wurde.
Diese Dreijahreszeiträume nennt man „Blockfristen“. Innerhalb einer Blockfrist werden alle Krankengeldzeiten wegen derselben Erkrankung auf die Höchstdauer von 78 Wochen zusammengerechnet – auch wenn die Krankschreibungen unterbrochen waren.
Die erste Blockfrist: Start ab der ersten KrankschreibungDie erste 3-Jahresfrist beginnt immer mit dem Tag, an dem Sie wegen einer bestimmten Krankheit erstmals arbeitsunfähig geschrieben werden. Nicht entscheidend ist, wann das erste Mal Krankengeld gezahlt wird, sondern wann die Arbeitsunfähigkeit beginnt; die ersten sechs Wochen Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers zählen zeitlich mit in die Blockfrist hinein.
Ein Beispiel verdeutlicht das Prinzip:
Wird jemand am 10. Oktober 2022 wegen Krankheit X zum ersten Mal arbeitsunfähig geschrieben, läuft die erste Blockfrist für diese Krankheit vom 10. Oktober 2022 bis zum 9. Oktober 2025. Innerhalb dieses Zeitraums kann maximal 78 Wochen Krankengeld für Krankheit X gezahlt werden; Zeiten von Lohnfortzahlung werden zeitlich mitgerechnet, auch wenn dort noch kein Krankengeld fließt.
Wichtig ist also: Die 3-Jahresfrist hängt immer an der Krankheit und dem Datum der ersten Krankschreibung wegen dieser Krankheit.
Wann beginnt die 3-Jahresfrist wieder neu – ganz grundsätzlich?
Es gibt drei Konstellationen, in denen von einem „Neubeginn“ der Dreijahresfrist gesprochen wird:
1. Es beginnt eine neue Blockfrist für dieselbe Krankheit, weil der vorherige Dreijahreszeitraum abgelaufen ist.
2. Es liegt eine andere, neue Krankheit vor – dann entsteht für diese neue Diagnose ein eigener Dreijahreszeitraum.
Für dieselbe Krankheit wird nach Aussteuerung erneut Krankengeld möglich; hierfür greift zusätzlich die sogenannte 6-Monats-Regel aus § 48 Abs. 2 SGB V.
Diese drei Fälle müssen sauber voneinander unterschieden werden, weil sie rechtlich unterschiedlich behandelt werden.
Neue Blockfrist für dieselbe Krankheit: Automatisch nach drei JahrenFür dieselbe Krankheit gilt: Die Blockfrist läuft starr drei Jahre ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Endet diese erste Blockfrist, beginnt am folgenden Tag automatisch die nächste Blockfrist für dieselbe Krankheit – unabhängig davon, ob Betroffene zu diesem Zeitpunkt krankgeschrieben sind oder gesund arbeiten.
Im Beispiel von oben:
Erste Krankschreibung wegen Krankheit X am 10. Oktober 2022.
Erste Blockfrist: 10.10.2022 bis 09.10.2025. Die zweite Blockfrist beginnt automatisch am 10. Oktober 2025 und läuft bis 9. Oktober 2028.
Entscheidend ist nun: Ein „Neubeginn“ der Dreijahresfrist bedeutet nicht automatisch, dass auch ein neuer voller Anspruch von 78 Wochen Krankengeld besteht. Es kommt darauf an, ob in der vorherigen Blockfrist die 78 Wochen ausgeschöpft wurden und ob die besonderen Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V erfüllt sind.
Neuer 3-Jahreszeitraum bei einer anderen KrankheitGanz anders ist die Situation, wenn es sich um eine komplett andere Krankheit handelt. Dann knüpft das Gesetz nicht an die vorherigen Blockfristen an. Für jede andere Erkrankung beginnt eine eigene 3-Jahresfrist mit der ersten Krankschreibung wegen dieser neuen Diagnose. Mehrere Blockfristen können also nebeneinander laufen, wenn verschiedene Diagnosen vorliegen.
Wer beispielsweise 2022 wegen eines Bandscheibenvorfalls und 2023 erstmals wegen einer schweren Depression krankgeschrieben wird, hat für jede Erkrankung einen eigenen Dreijahreszeitraum und damit getrennte 78-Wochen-Höchstgrenzen. Ob zwei Diagnosen als „dieselbe Krankheit“ gelten, hängt von der medizinischen und rechtlichen Bewertung ab. Maßgeblich ist, ob ein einheitliches Krankheitsgeschehen vorliegt.
Die 6-Monats-Regel: Wann gibt es wegen derselben Krankheit ein „neues“ Krankengeld?Die meisten praktischen Probleme entstehen an dem Punkt, an dem die 78 Wochen Krankengeld wegen einer Krankheit bereits ausgeschöpft sind („Aussteuerung“), die Betroffenen aber später erneut wegen derselben Diagnose arbeitsunfähig werden.
§ 48 Abs. 2 SGB V regelt für diese Fälle, unter welchen Bedingungen wieder Krankengeld wegen derselben Krankheit gezahlt werden kann. Die Vorschrift verlangt im Kern zwei Dinge:
1. Erstens muss ein neuer Dreijahreszeitraum begonnen haben.
2. Zweitens muss der Versicherte nach der letzten Phase der Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit mindestens sechs Monate lang nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig gewesen sein und in dieser Zeit erwerbstätig gewesen sein oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben (zum Beispiel mit Anspruch auf reguläres Arbeitslosengeld I, nicht aber im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung).
Diese 6-Monats-Regel ist also eine zusätzliche Hürde, wenn die 78 Wochen bereits ausgeschöpft wurden. Sie verhindert, dass ohne eine gewisse Stabilisierung des Gesundheitszustands nahtlos erneut ein voller Anspruch von bis zu 78 Wochen für dieselbe Krankheit entsteht.
Neubeginn der Dreijahresfrist ohne 6-Monats-Regel: Wenn 78 Wochen noch nicht ausgeschöpft wurdenEs gibt aber auch Konstellationen, in denen zwar eine neue Blockfrist beginnt, die 78 Wochen in der vorangegangenen Blockfrist jedoch noch gar nicht vollständig verbraucht wurden. Dann entsteht in der neuen Blockfrist ein „frischer“ Anspruch auf bis zu 78 Wochen Krankengeld, ohne dass die strengen Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V erfüllt sein müssen.
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung und Fachkommentare stellen klar:
Beginnt eine neue Blockfrist, in der wegen derselben Krankheit bisher kein voller 78-Wochen-Bezug vorliegt, kann für diese Krankheit innerhalb der neuen Blockfrist erneut ein volles Kontingent von 78 Wochen entstehen. Ob die Arbeitsunfähigkeit dabei unterbrochen war oder nicht, spielt keine Rolle.
In der Praxis sind solche Fälle allerdings häufiger theoretischer Natur, weil bei langandauernden chronischen Erkrankungen die 78 Wochen meist schon innerhalb der ersten Blockfrist voll ausgeschöpft werden.
Zusammenspiel von 3-Jahresfrist und 78-Wochen-GrenzeKlar ist: Die 3-Jahresfrist und die 78-Wochen-Grenze greifen ineinander.
Innerhalb einer Blockfrist von drei Jahren kann wegen derselben Erkrankung maximal 78 Wochen Krankengeld gewährt werden. Das schließt alle Episoden von Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit in diesem Zeitfenster ein, auch wenn dazwischen Phasen völliger Arbeitsfähigkeit liegen. Tritt während einer laufenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert das die Leistungsdauer nicht; die hinzugetretene Diagnose zählt nicht als neuer Anspruchstrigger.
Erst wenn eine neue Blockfrist begonnen hat, stellt sich die Frage, ob für dieselbe Krankheit ein erneuter Anspruch in voller Höhe entstehen kann. Hier entscheidet dann die 6-Monats-Regel, sobald in der vorangegangenen Blockfrist bereits 78 Wochen ausgeschöpft wurden.
Typische Konstellationen – wie die Fristen praktisch verlaufenUm die abstrakten Regeln greifbarer zu machen, lohnt sich der Blick auf typische Konstellationen, wie sie in der Beratungspraxis von Kassen, Sozialverbänden und Anwälten immer wieder vorkommen.
Sehr häufig ist der Fall, dass jemand wegen einer chronischen Erkrankung – etwa Krebs, schwerem Rheuma oder psychischen Störungen – lange arbeitsunfähig bleibt und irgendwann „ausgesteuert“ wird, weil 78 Wochen Krankengeld innerhalb von drei Jahren aufgebraucht sind. Wenn diese Person nach einiger Zeit wieder in Beschäftigung kommt und sich der Gesundheitszustand stabilisiert, stellt sich spätestens beim nächsten Rückfall die Frage, ob erneut Krankengeld gezahlt wird.
Hier ist nun entscheidend, ob seit der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit mindestens sechs Monate vergangen sind, in denen die Person entweder gearbeitet oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hat, und ob inzwischen ein neuer Dreijahreszeitraum läuft.
Eine andere, praktische Konstellation: In der ersten Blockfrist gab es zwar mehrere Krankschreibungen wegen derselben Diagnose, insgesamt aber wurden nur, sagen wir, 30 Wochen Krankengeld gezahlt.
Wenn später – vielleicht ein oder zwei Jahre nach Ende der ersten Blockfrist – erneut eine längere Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit eintritt, kann in der neuen Blockfrist ein neuer Anspruch bis zu 78 Wochen entstehen, weil in der vorherigen Blockfrist die Höchstdauer noch nicht ausgeschöpft war.
Hier greift die 6-Monats-Regel des § 48 Abs. 2 SGB V nicht, weil sie ausdrücklich nur Fälle betrifft, in denen bereits 78 Wochen Krankengeld wegen derselben Krankheit bezogen wurden.
Schließlich gibt es Fälle, in denen während einer Langzeiterkrankung eine weitere, eigenständige Krankheit hinzukommt und später die Hauptursache der Arbeitsunfähigkeit wird. Unter bestimmten Bedingungen kann für diese hinzugetretene Krankheit in einer neuen Blockfrist ein eigenständiger Krankengeldanspruch entstehen, ohne dass die „alte“ Erkrankung den Anspruch blockiert.
Sozialgerichte haben in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass § 48 Abs. 2 SGB V immer exakt an „dieselbe Krankheit“ anknüpft; für eine andere, wenn auch zunächst nur hinzugetretene Erkrankung kann eine neue Blockfrist mit eigener 78-Wochen-Grenze gelten.
Krankenkasse, Ärzten und medizinischem DienstIn der Praxis entscheiden nicht Versicherte selbst, ob eine Krankheit als „dieselbe“ oder als „andere“ Erkrankung gewertet wird und wann genau eine neue Blockfrist zu laufen beginnt. Diese Bewertung treffen die Krankenkassen, oft gestützt auf Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes und auf die ärztlichen Diagnosenschlüssel der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
Besonders wichtig ist dabei die Frage, ob es sich um ein einheitliches Krankheitsgeschehen handelt. So können verschiedene Symptome, die scheinbar unterschiedliche Krankheiten darstellen, rechtlich als ein zusammenhängendes Grundleiden bewertet werden. Umgekehrt kann ein längerer Zeitraum vollständiger Genesung mit späterem Rückfall für eine neue, eigenständige Krankheit sprechen.
Betroffene, die mit der Einstufung ihrer Krankenkasse nicht einverstanden sind – etwa, weil die Kasse von „derselben Krankheit“ ausgeht und deshalb einen neuen Krankengeldanspruch ablehnt – sollten Widerspruchs- und Klagefristen beachten und sich im Zweifel frühzeitig sozialrechtlich beraten lassen.
Praktische Hinweise für Krankengeld-BezieherWer längere oder wiederkehrende Erkrankungen hat, sollte sich frühzeitig mit den Begriffen „Blockfrist“, „78-Wochen-Grenze“ und „6-Monats-Regel“ vertraut machen. Für die konkrete Frage „Wann beginnt die 3-Jahresfrist beim Krankengeld wieder neu?“ gilt zusammenfassend:
Die erste 3-Jahresfrist beginnt mit der allerersten Krankschreibung wegen einer bestimmten Krankheit.
Für dieselbe Krankheit schließt sich nach Ablauf dieser drei Jahre automatisch die nächste Blockfrist an, unabhängig davon, ob Sie zu diesem Zeitpunkt krank oder gesund sind.
Für jede andere, eigenständige Krankheit beginnt mit der ersten Krankschreibung ein ganz neuer 3-Jahreszeitraum mit eigener 78-Wochen-Grenze.
Ob nach Aussteuerung wegen derselben Krankheit erneut Krankengeld gezahlt werden kann, hängt zusätzlich von der 6-Monats-Regel des § 48 Abs. 2 SGB V ab und davon, ob Sie in dieser Zeit gearbeitet oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben.
Der Beitrag Wann beginnt beim Krankengeld die 3. Jahresfrist wieder neu? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.