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Aktualisiert: vor 7 Minuten 29 Sekunden

Von wegen Rentenabschläge: Bundessozialgericht streicht Abschlag aus gekürzter Rente

12. November 2025 - 8:41
Lesedauer 3 Minuten

Wer vorzeitig in Rente geht, akzeptiert dauerhaft einen geringeren Zugangsfaktor – und damit eine niedrigere Rente. Zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) definieren seitdem die Linie, wann diese Abschläge später bei der Regelaltersrente verschwinden dürfen und wann nicht. 2017 stellte der 13. Senat klar: Sind die Leistungen der vorgezogenen Altersrente der Rentenkasse vollständig von einem Haftpflichtversicherer erstattet worden, darf die anschließende Regelaltersrente ohne Abschläge berechnet werden.

Der 5. Senat zog die Grenze: Nach einer Erwerbsminderungsrente mit Abschlag bleibt der geminderte Zugangsfaktor in der Regelaltersrente bestehen, wenn es keine vollständige Erstattung dieser Leistungen an den Rentenversicherungsträger gab. Damit ist die Rechtslage deutlich konturiert – und für Betroffene planbar.

Präzedenzfall: Abschläge verschwinden, wenn die Kasse wirtschaftlich schadlos ist

Dem Urteil vom 13. Dezember 2017 lag ein Verkehrsunfall zugrunde. Der Kläger hatte von März 2006 bis Mai 2010 eine vorzeitige Altersrente mit Abschlag bezogen. Bei Übergang in die Regelaltersrente rechnete die Rentenversicherung trotzdem mit dem abgesenkten Zugangsfaktor 0,847 weiter – obwohl der Haftpflichtversicherer die gesamten vorzeitig gezahlten Rentenbeträge an den Rentenversicherungsträger erstattet hatte.

Das BSG sah darin eine planwidrige Regelungslücke und wandte § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB VI analog an: Wenn die Rentenkasse die vorgezogenen Leistungen vollständig zurückerhält, gilt die vorzeitige Altersrente für den späteren Übergang so, als wäre sie wirtschaftlich nicht in Anspruch genommen worden. Folge: Der Zugangsfaktor der Regelaltersrente springt auf 1,0.

§ 77 SGB VI und der Zugangsfaktors

§ 77 SGB VI regelt, wie der Zugangsfaktor die Rentenhöhe beeinflusst. Grundsätzlich „perpetuiert“ das Gesetz den einmal festgelegten Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die bereits Grundlage einer früheren Rente waren. Nur dort, wo eine Rente „nicht vorzeitig in Anspruch genommen“ wurde, steigt der Zugangsfaktor schrittweise an.

Der 13. Senat hat diese Ausnahmegedanken auf Fälle vollständiger Erstattung übertragen, weil die Versichertengemeinschaft finanziell nicht belastet bleibt. Genau an dieser ökonomischen Betrachtung hängt die Analogie.

Keine Erstattung – keine Abschlagsbefreiung nach EM-Rente

Am 19. Dezember 2024 entschied der 5. Senat einen anders gelagerten Fall. Die Klägerin hatte nach einem Unfall eine Erwerbsminderungsrente mit Zugangsfaktor 0,892 bezogen. Später verlangte sie eine abschlagsfreie Regelaltersrente mit Verweis auf 2017.

Der Haken: Der Haftpflichtversicherer erstattete dem Rentenversicherungsträger lediglich entgangene Beiträge, nicht aber die an die Klägerin gezahlten EM-Rentenbeträge. Das BSG verneinte deshalb eine analoge Anwendung und ließ den geminderten Zugangsfaktor fortwirken. Ohne vollständige Erstattung der Leistungsbeträge bleibt die frühere Rente als „in Anspruch genommen“ bestehen; die Abschläge gehen in die Regelaltersrente über.

Was die beiden Urteile zusammen bedeuten

Beide Entscheidungen folgen derselben Systematik, setzen aber an unterschiedlichen Tatsachen an. Maßgeblich ist nicht die Art der vorangegangenen Rente allein, sondern die wirtschaftliche Kompensation. Wurde die vorgezogene Altersrente im Regressweg voll erstattet, entfällt der Abschlag in der Regelaltersrente.

Fehlt diese vollständige Erstattung – wie in dem Fall der Erwerbsminderungsrente 2024 –, bleibt der verminderte Zugangsfaktor bestehen. Der rote Faden ist der Schutz der Versichertengemeinschaft vor Mehrbelastung und die konsequente Fortschreibung des Zugangsfaktors nur dann, wenn ein vorzeitiger Leistungsbezug tatsächlich „verbraucht“ worden ist.

Praktische Folgen für Versicherte und ihre Berater

Für Betroffene heißt das: Wer aufgrund eines fremdverschuldeten Schadensereignisses vorzeitig Rentenleistungen erhält, sollte die Frage des Rentenregresses früh klären. Nur wenn die vollständige Erstattung der vorzeitig gezahlten Rentenbeträge an den Rentenversicherungsträger gelingt, kann die spätere Regelaltersrente ohne Abschlag berechnet werden.

Eine Erstattung bloßer Beiträge reicht nicht. Entscheidend ist, ob die Rentenkasse am Ende wirtschaftlich so steht, als hätte sie nichts zahlen müssen. Andernfalls wird der reduzierte Zugangsfaktor aus der Vorleistung – ob Alters- oder Erwerbsminderungsrente – in der Regelaltersrente fortgeschrieben.

Blick in die Begründung

Der 13. Senat hat 2017 die analoge Anwendung von § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB VI damit gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber die besondere Konstellation der vollständigen Dritt-Erstattung nicht ausdrücklich geregelt habe. Weil die Rentenkasse in dieser Sondersituation nicht belastet wird, fehle es an dem Grund, den abgesenkten Zugangsfaktor in die Zukunft fortzuschreiben.

Der 5. Senat betont 2024 spiegelbildlich, dass eine Analogie ausscheidet, wenn genau diese wirtschaftliche Gleichstellung fehlt. Selbst wenn Regresschritte unterblieben sind oder nur teilweise zum Erfolg führten, bleibt es dann bei der gesetzlichen „Perpetuierung“ des geminderten Zugangsfaktors.

Fazit: Richtungsweisend – mit klarer Grenze

Das BSG-Urteil von 2017 ist und bleibt richtungsweisend für Fälle voll erstatteter vorzeitiger Altersrenten: Die Regelaltersrente ist dann ohne Abschlag zu berechnen. Das Urteil vom 19. Dezember 2024 markiert zugleich die klare Grenze für Erwerbsminderungsrenten ohne vollständige Leistungserstattung: Der Abschlag wandert weiter. Beide Entscheidungen ergeben zusammen eine konsistente Linie, die die Balance zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Kollektivschutz hält – und Betroffenen wie Beratungspraxis eindeutige Anhaltspunkte für die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen liefert.

Rechtliche Quellen: § 77 SGB VI (Zugangsfaktor) und die Urteilsbesprechungen/Entscheidungsdokumente zu BSG B 13 R 13/17 R sowie BSG B 5 R 9/23 R (19.12.2024).

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Schwerbehinderung: Unkündbar ist nicht immer gleich unkündbar – Wichtiges Urteil

12. November 2025 - 8:38
Lesedauer 2 Minuten

Eine nach den kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas eigentlich ordentlich unkündbare schwerbehinderte Mitarbeiterin hat keine absolute Beschäftigungsgarantie.

Falle der Arbeitsplatz aufgrund der unternehmerischen Entscheidung gänzlich weg, stelle dies ein wichtiger Grund für eine fristlose Änderungskündigung dar, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az.: 5 Sa 138/23).

Besonderer Kündigungsschutz

Geklagt hatte eine schwerbehinderte Frau, die seit November 1991 zuletzt als einzige Revisorin in einem Caritas-Unternehmen mit rund 4.500 Arbeitnehmerin beschäftigt war.

Für das Arbeitsverhältnis der Klägerin gelten die AVR. Danach ist – wie im Fall der Revisorin – nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und Vollendung des 40. Lebensjahres eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen.

Ausnahme: Der Mitarbeiter kann nicht weiterbeschäftigt werden.

Für die Klägerin galt nach einer Rahmenvereinbarung vom 7. Juli 2011 noch ein zusätzlicher besonderer Kündigungsschutz. Dieser stand Mitarbeitern zu, die zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation ihres Arbeitgebers auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet haben. Betriebsbedingte Kündigungen sind dann ausgeschlossen. Erfolgt dennoch solch eine Kündigung, müssen sämtliche Gehaltskürzungen nachgezahlt werden.

Stelle in anderem Bereich angeboten

Als das Unternehmen beschloss, die Stabsstelle Innenrevision zu schließen und künftig eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit den Prüfungen zu beauftragen, wurde der schwerbehinderten Klägerin eine Stelle im Bereich „Allgemeine Verwaltung“ bei unveränderter Vergütung angeboten.

Die Frau lehnte ab und klagte auf „vertragsgemäße Beschäftigung“. Zudem verlangte sie eine Entschädigung wegen einer erlittenen Diskriminierung aufgrund ihrer Behinderung. Das vorgeschriebene gesetzliche Präventionsverfahren sei nicht durchgeführt worden.

Nach Zustimmung von Mitarbeiter- und Schwerbehindertenvertretung sowie des Integrationsamtes erhielt die Klägerin die fristlose Änderungskündigung. Ihr wurde ein gleichwertiger Arbeitsplatz in der Verwaltung bei gleichem Lohn angeboten.

Die Klägerin nahm dies unter Vorbehalt an und machte einen weiteren Entschädigungsanspruch geltend, weil der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung wiederum nicht das vorgeschriebene Präventionsverfahren durchgeführt hatte.

Danach muss der Arbeitgeber zusammen mit Mitarbeiter- und Schwerbehindertenvertretung mögliche Schwierigkeiten beseitigen, die zur Gefährdung des Arbeitsverhältnisses führen.

Zweifache Enschädigung abgelehnt

Das LAG erklärte die Änderungskündigung für wirksam und wies den Anspruch auf eine zweifache Enschädigung wegen einer erlittenen Diskriminierung aufgrund der Behinderung in Höhe von jeweils 14.762 Euro ab.

Die fristlose Änderungskündigung sei wegen eines „wichtigen Grundes“, dem gänzlichen Wegfall des Arbeitsplatzes, wirksam. Der Arbeitgeber habe das Recht, im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit Unternehmensteile zu schließen.

Keine absolute Beschäftigungsgarantie für „unkündbare“ Mitarbeiter

Für die Klägerin gelte zwar ein besonderer Kündigungsschutz. Eine absolute Beschäftigungsgarantie gebe es damit aber nicht. Ihr sei zudem eine gleichwertige Tätigkeit angeboten worden.

Die Kündigung sei auch nicht unwirksam, nur weil das Präventionsverfahren nicht durchgeführt wurde.

Nach dem Gesetz sollen danach mögliche „Schwierigkeiten“, die den Arbeitsplatz gefährden könnten, behoben werden. Hier sei das Arbeitsverhältnis aber „kündigungsreif“ gewesen.

Landesarbeitsgericht Mainz: Arbeitsplatzwegfall ist wichtiger Grund

„Eine Prävention, also eine Vorbeugung, kann es bei dieser Lage nicht mehr geben“, so das LAG. Hier habe der Arbeitgeber auch aufzeigen können, dass die Änderungskündigung nicht wegen der Schwerbehinderung, sondern wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes erfolgt sei. Ein Anspruch auf eine Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund der Behinderung bestehe daher nicht. fle

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Schwerbehinderung: Mehrbedarf trotz Eingliederungshilfe auch ohne Einzelnachweis

12. November 2025 - 7:45
Lesedauer 2 Minuten

Sie können einen Mehrbedarf wegen Behinderung auch dann ohne Einzelnachweis geltend machen, wenn Ihr Kind mit Schwerbehinderung Eingliederungshilfe und teilstationär untergebracht ist. Wir stellen Ihnen die Regelungen zum Mehrbedarf wegen Behinderung vor und erklären, wann dieser auch bei Eingliederungshilfe gilt.

Was ist ein Mehrbedarf wegen Behinderung?

Ein Mehrbedarf ist ein zusätzlicher Anspruch auf Leistungen über den normalen Regelsatz hinaus. Diesen können Sie geltend machen, wenn besondere Lebensumstände oder gesundheitliche Einschränkungen einen höheren Lebensunterhalt notwendig machen.

Reicht eine Schwerbehinderung aus, um Mehrbedarf zu erhalten?

Ein Grad der Behinderung allein berechtigt nicht zu einem Mehrbedarf. Entscheidend sind vielmehr bestimmte Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis sowie der Lebenssituation wie Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedarf.

Schließt Eingliederungshilfe Mehrbedarf aus?

Nicht generell, denn die Eingliederungshilfe sichert laut dem Sozialgesetzbuch IX die Teilhabe. Sie ist jedoch nicht vorgesehen, um den allgemeinen Lebensunterhalt zu sichern.

Eingliederungshilfe schließt also Mehrbedarf nicht aus, und wenn Sie wegen Ihrer Behinderung zusätzliche Kosten zum Beispiel für Ernährung, Hygiene oder Mobilität haben, dann kann das einen Anspruch auf einen Mehrbedarf bedeuten.

Ein konkretes Beispiel: Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen G

Nehmen wir an, Sie sind anerkannt schwerbehindert mit Merkzeichen G für eine erhebliche Gehbehinderung. Sie erhalten Eingliederungshilfe für betreutes Wohnen und beziehen Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch XII (Leistungen der Sozialhilfe).

Trotz der Eingliederungshilfe haben Sie in diesem Fall einen Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von 17 Prozent des Regelsatzes (Paragraf 30 Absatz 1 Sozialgesetzbuch XII), den das Sozialamt Ihnen auszahlen muss.

Wie bekommen Sie den Mehrbedarf?

Den Mehrbedarf müssen Sie gesondert beantragen – er wird nicht automatisch berücksichtigt. Zuständig ist das Jobcenter (bei Bürgergeld) oder das Sozialamt (bei Grundsicherung) Nötige Nachweise im Antrag sind Ihr Schwerbehindertenausweis mit den entsprechenden Merkzeichen, ärztliche Atteste, sowie ein Bescheid über Eingliederungshilfe – falls Sie diese erhalten.

Mehrbedarf für Kinder mit Schwerbehinderung

Ein weiterer behinderungsbedingter Mehrbedarf bei Kindern kann bestehen, wenn diese wegen Ihrer Behinderung nicht in der Klage sind, sich selbst zu erhalten. Trotz einer teilstationären Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen hat die Mutter in diesem Fall Anspruch auf Kindergeld.

Familienkasse fordert Einzelnachweis

Die Mutter hatte Kindergeld für ihren volljährigen Sohn beantragt. Dieser leidet an schwerer Epilepsie, hat einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, B (ständige Begleitung), RF (Befreiung / Ermäßigung von Rundfunkbeitrag) und H (Hilflosigkeit).

Der Sohn lebt in einer eigenen Wohnung, wo seine Eltern ihn betreuen. Er arbeitet teilstationär in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Er bekommt Eingliederungshilfe, außerdem als Arbeitsentgelt 152,28 Euro monatlich und zudem eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 557,35 Euro.

Die Familienkasse lehnte den Antrag ab und begründete dies damit, dass ein Einzelnachweis für Mehrbedarf erforderlich sei. Denn die bei teilstationärer Unterbringung würden die Werkstattkosten den Mehrbedarf bereits decken. Die Richter beim Bundesfinanzhof hatten hingegen eine andere Auffassung.

Richter sagen: Beim Merkzeichen H für Hilflosigkeit ist kein Einzelnachweis nötig

So sei beim Merkzeichen H, also bei Menschen, die anerkannt hilflos sind, ein solcher Mehrbedarf regelmäßig anzunehmen, urteilten die Richter am Bundesfinanzhof (III R 53/10). Auch bei fehlendem Einzelnachweis ließe sich ein solcher Mehrbedarf beim Merkzeichen H schätzen.

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Rente: Auslandszeiten in der Rente – LSG verschärft Anforderungen an Nachweise

12. November 2025 - 7:39
Lesedauer 2 Minuten

Ausländische Versicherungszeiten können unter bestimmten Voraussetzungen für die deutsche Rente berücksichtigt werden – etwa nach EU-Recht, aufgrund von Sozialversicherungsabkommen oder nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für Vertriebene und Spätaussiedler. Im vorliegenden Fall war das Fremdrentengesetz maßgeblich.

Bei Bescheinigungen aus dem Herkunftsland reicht jedoch eine bloße Bestätigung „erworbener Versicherungszeiten“ nicht aus, wenn sie nicht lückenlos erkennen lässt, für welche Zeiträume tatsächlich Beiträge gezahlt wurden. So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 9 R 5008/11).

Der Betroffene ist deutscher Staatsbürger und Vertriebener aus Ungarn. Er beantragte bei Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente in Deutschland und legte hierfür Unterlagen aus der Schweiz und aus Ungarn vor.

Darunter befanden sich mehrere Zeiträume aus Ungarn (1958–1961, 1961, 1961–1964, 1965–1982), die er als Pflichtbeitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz vollständig berücksichtigt wissen wollte.

Rente um ein Sechstel gekürzt

Die Rentenversicherung erkannte diese Zeiten zwar im Grundsatz als überwiegend glaubhaft an, kürzte die hieraus ermittelten Entgeltpunkte jedoch um ein Sechstel nach § 22 Abs. 3 FRG.

Rentenversicherung sieht keine lückenlosen Nachweise

Der Betroffene legte daraufhin Arbeitsbücher, Ausbildungsnachweise und ungarische Bescheide vor. Die Rentenversicherung blieb bei der Auffassung, dass diese Unterlagen keine lückenlosen Nachweise über beitragspflichtige Beschäftigungszeiten und die tatsächliche Beitragszahlung erbringen. Der Fall ging deshalb vor das Sozialgericht Mannheim.

Die Klage scheitert in zwei Instanzen

Das Sozialgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung vor dem Landessozialgericht blieb ohne Erfolg. Die Richter stellten klar, dass die ungarischen Dokumente lediglich Beginn und Ende von Beschäftigungen auswiesen, jedoch keine verlässlichen Angaben zu Unterbrechungen, Umfang der Tätigkeit oder zur Höhe und Kontinuität der gezahlten Beiträge enthielten.

Für eine ungekürzte Bewertung als voll nachgewiesene Beitragszeiten wären aber konkrete und durchgehende Nachweise erforderlich gewesen.

Unterschiedliche Regelungen

Die nationalen Systeme seien nicht ohne Weiteres vergleichbar. Nach ungarischem Recht gelten bestimmte Dienst- oder Beschäftigungszeiten nicht automatisch als Beitragszeiten im Sinne des deutschen Rentenrechts.

Deshalb belegen „erworbene Versicherungszeiten“ im Herkunftsstaat nicht zwingend, dass für den gesamten Zeitraum lückenlos Beiträge im Sinne des Fremdrentengesetzes entrichtet wurden.

Kürzung ist sachgerecht

Die Kürzung stützt sich auf die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 3 FRG, nach der für lediglich glaubhaft gemachte, aber nicht lückenlos nachgewiesene Beitrags- oder Beschäftigungszeiten die ermittelten Entgeltpunkte pauschal um ein Sechstel reduziert werden.

Diese pauschale Kürzung trägt dem Umstand Rechnung, dass ohne Vollbeweis typischerweise auch beitragsfreie Phasen innerhalb der angegebenen Zeiträume liegen können.

Der Betroffene hätte für eine ungekürzte Bewertung einen Vollbeweis für durchgehende beitragspflichtige Zeiten vorlegen müssen.

Einstimmige Entscheidung

Die Richterinnen und Richter am Landessozialgericht folgten dieser Linie einhellig und wiesen die Berufung einstimmig zurück.

§ 22 FRG regelt die Ermittlung von Entgeltpunkten für anrechenbare Zeiten nach dem Fremdrentengesetz. Er bestimmt, wie Beschäftigungs-, Beitrags-, Ausbildungs- und bestimmte weitere Zeiten bewertet werden, die aufgrund des FRG in die deutsche Rentenversicherung einbezogen werden.

Für glaubhaft gemachte, aber nicht vollständig nachgewiesene Beitrags- oder Beschäftigungszeiten sieht § 22 Abs. 3 FRG eine Kürzung der ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel vor.

Zudem werden die nach § 22 Abs. 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 4 FRG mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt, was zu einer weiteren Absenkung der Fremdrentenanteile führt.

Im entschiedenen Fall griff die Rentenversicherung daher zu Recht auf diese Kürzungsregelung zurück, weil die vorgelegten Unterlagen die erforderlichen lückenlosen Nachweise nicht erbrachten.

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Zahnersatz beim Bürgergeld: Mit diesem Nachweis übernimmt die Kasse alles

11. November 2025 - 17:24
Lesedauer 3 Minuten

Viele Bürgergeld- und Grundsicherungsbeziehende fürchten hohe Eigenanteile beim Zahnersatz. Tatsächlich können Sie in vielen Fällen 100 Prozent der Regelversorgung erstattet bekommen. Entscheidend ist die Härtefallregelung der Krankenkasse – nicht das Jobcenter.

Bürgergeld, Grundsicherung und Zahnersatz: Ihre wichtigsten Rechte

Wenn Sie Bürgergeld, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung oder andere Sozialleistungen erhalten, gehören Sie in der Regel zur finanziell besonders schutzbedürftigen Gruppe. Für Zahnersatz reicht der reguläre Festzuschuss oft nicht aus.

Die Härtefallregelung sorgt dann dafür, dass Sie notwendigen Zahnersatz ohne Eigenanteil in der Regelversorgung erhalten können. Grundlage sind die Regelungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch und die Festzuschuss-Richtlinie.

Sie müssen diese Unterstützung jedoch aktiv bei Ihrer Krankenkasse beantragen. Das Jobcenter ist für Zahnersatzkosten nicht zuständig.

Warum das Jobcenter Zahnersatz nicht bezahlt

Leistungen für Zahnersatz sind Teil der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen zahlen befundbezogene Festzuschüsse für medizinisch notwendigen Zahnersatz. Bürgergeld oder Grundsicherung sichern Ihren Lebensunterhalt, ersetzen aber nicht die Leistungszuständigkeit der Krankenkasse.

Wenn Ihre Zahnärztin Ihnen einen Heil- und Kostenplan ausstellt, läuft die Prüfung deshalb immer über Ihre Krankenkasse. Dort wird geklärt, ob der normale Festzuschuss gilt oder ob ein Härtefall mit vollständiger Kostenübernahme der Regelversorgung vorliegt.

So funktioniert der Festzuschuss bei Zahnersatz

Die gesetzliche Krankenkasse beteiligt sich mit einem festen Betrag an den Kosten der sogenannten Regelversorgung. Dieser Festzuschuss orientiert sich an durchschnittlichen Kosten für eine medizinisch ausreichende Standardlösung, zum Beispiel eine Metallkrone oder eine einfache Brücke.

Aktuell deckt der reguläre Festzuschuss 60 Prozent dieser Regelversorgung. Durch ein lückenlos geführtes Bonusheft kann der Zuschuss auf 70 oder 75 Prozent steigen.

Alle Kosten, die darüber hinausgehen, zahlen Sie als Eigenanteil. Das betrifft insbesondere höherwertige Lösungen wie Vollkeramik oder spezielle Laborleistungen.

Härtefallregelung: Wann 100 Prozent Festzuschuss möglich sind

Die Härtefallregelung greift, wenn Ihnen der gesetzliche Eigenanteil wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann. In diesen Fällen verdoppelt die Krankenkasse den Festzuschuss, sodass die Kosten der Regelversorgung vollständig gedeckt sind und Sie die medizinisch notwendige Standardversorgung ohne Eigenanteil erhalten.

Ein Härtefall liegt in der Regel vor, wenn Ihr Einkommen bestimmte, jährlich angepasste Grenzen nicht überschreitet oder Sie existenzsichernde Sozialleistungen beziehen, etwa Bürgergeld, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt, bestimmte Ausbildungsförderungen oder Kriegsopferfürsorge.

Versicherte mit einem Bürgergeld- oder Grundsicherungsbescheid werden von vielen Krankenkassen als Härtefall anerkannt, sobald der entsprechende Nachweis vorliegt; ob die Voraussetzungen erfüllt sind, prüft jedoch stets die jeweilige Krankenkasse im Einzelfall.

Einkommensgrenzen 2025: Wann die Kasse „Härtefall“ sagt

Für 2025 gelten als Orientierungswerte für die volle Härtefallregelung unter anderem folgende Grenzen: 1.498 Euro monatliches Einkommen für Alleinstehende und 2.059,75 Euro für Versicherte mit einem Angehörigen; für jede weitere Person erhöht sich der Betrag.

Liegen Sie darunter oder beziehen Sie Bürgergeld oder Grundsicherung, sollten Sie konsequent die Härtefallprüfung beantragen. Die Einkommensgrenzen werden regelmäßig angepasst. Prüfen Sie daher den aktuellen Stand bei Ihrer Krankenkasse.

Was der volle Festzuschuss wirklich abdeckt

Der 100-prozentige Festzuschuss deckt ausschließlich die Kosten der Regelversorgung. Das bedeutet:

Kronen, Brücken oder Prothesen in der einfachen, medizinisch ausreichenden Ausführung werden komplett übernommen. Wählen Sie jedoch eine höherwertige oder aufwendigere Lösung, bleibt der Mehrpreis Ihr Eigenanteil. Das gilt typischerweise für Implantate, vollkeramische Versorgungen oder Sondermaterialien.

Wichtig: Auch im Härtefall können Sie eine ästhetisch bessere Versorgung wählen. Sie erhalten dann den vollen Festzuschuss der Kasse, zahlen aber die Differenz zur teureren Variante selbst.

Antragstellung: So sichern Sie sich die Härtefallübernahme

Der Weg zur vollständigen Kostenübernahme ist klar strukturiert:

Ihre Zahnärztin oder Ihr Zahnarzt erstellt einen Heil- und Kostenplan. Diesen reichen Sie vor Behandlungsbeginn bei Ihrer Krankenkasse ein, zusammen mit Nachweisen zu Ihrem Einkommen oder Ihrem Leistungsbezug. Dazu zählen insbesondere aktuelle Bescheide über Bürgergeld, Grundsicherung oder andere Sozialleistungen.

Die Krankenkasse entscheidet, ob ein Härtefall oder die gleitende Härtefallregelung greift. Bei positiver Entscheidung wird der Heil- und Kostenplan mit entsprechend erhöhtem Festzuschuss genehmigt. Erst dann sollten Sie die Behandlung starten. Bei Ablehnung können Sie fristgerecht Widerspruch einlegen und weitere Nachweise nachreichen.

Gleitende Härtefallregelung: Unterstützung knapp über der Grenze

Liegen Sie mit Ihrem Einkommen leicht über der Härtefallgrenze, kann ein erhöhter Zuschuss nach der sogenannten gleitenden Härtefallregelung infrage kommen. In diesen Fällen reduziert sich Ihr Eigenanteil, ohne dass er vollständig entfällt. Die genaue Berechnung erfolgt nach gesetzlichen Vorgaben durch die Krankenkasse.

Für Sie bedeutet das: Selbst wenn Sie die starre Grenze knapp überschreiten, lohnt sich der Antrag mit vollständigen Einkommensnachweisen.

Praxisbeispiel: So läuft es für eine Bürgergeld-Empfängerin

Eine alleinstehende Versicherte bezieht Bürgergeld und benötigt eine Brücke als Regelversorgung. Der Zahnarzt erstellt den Heil- und Kostenplan und kreuzt die Prüfung auf Härtefall an.

Die Versicherte reicht den Plan mit ihrem Bewilligungsbescheid bei der Krankenkasse ein. Die Kasse erkennt den Härtefall, verdoppelt den Festzuschuss auf 100 Prozent der Regelversorgung und übernimmt die Kosten vollständig.

Wählt die Versicherte stattdessen eine teurere vollkeramische Brücke, zahlt sie nur die Mehrkosten gegenüber der genehmigten Regelversorgung aus eigener Tasche.

Dieses Beispiel zeigt: Wer rechtzeitig beantragt und Nachweise beilegt, kann existenzbedrohende Zahnarztrechnungen vermeiden.

Was Sie als Betroffene konkret tun sollten

Wenn Sie Bürgergeld, Grundsicherung oder ein sehr geringes Einkommen haben, sollten Sie:

Sprechen Sie Ihre Zahnärztin oder Ihren Zahnarzt aktiv auf die Härtefallregelung an. Lassen Sie den Heil- und Kostenplan vor Beginn der Behandlung von der Krankenkasse prüfen. Legen Sie lückenlos Ihre Einkommens- und Leistungsnachweise vor.

Prüfen Sie den Bescheid sorgfältig. Wenn die Kasse den Härtefall ablehnt oder nur den einfachen Festzuschuss gewährt, kann ein begründeter Widerspruch sinnvoll sein.

So nutzen Sie die bestehenden Schutzmechanismen konsequent aus und sichern sich notwendigen Zahnersatz, ohne Ihren ohnehin knappen Regelsatz zu gefährden.

Quellenangabe:
[1]: https://www.kzbv.de/patienten/patient-und-krankenkasse/zahnersatz/festzuschuesse-zum-zahnersatz/ “KZBV | Festzuschuss und Eigenanteil”
[2]: https://www.kzbv.de/patienten/medizinische-infos/zahnersatz/implantate/ “KZBV | Implantate”

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Immer weniger Anwälte wollen Bürgergeld-Empfänger

11. November 2025 - 17:21
Lesedauer 2 Minuten

Das deutsche Sozialrecht ist das Fundament für existenzielle Leistungen wie Gesundheitsversorgung, Rente, Pflege- und Grundsicherung.

Doch immer häufiger klafft zwischen der Anzahl der Sozialrechtsanwälten und der Zahl der Menschen, die sie juristisch vertreten können, eine alarmierende Lücke. Die aktuellen Statistiken und Stimmen aus der Justiz zeichnen ein Bild, das einen sozialen Rechtsstaat ins Wanken bringen könnte.

Wie dramatisch ist der Schwund an Fachanwälten für Sozialrecht?

Zum 1. Januar 2025 verzeichnete die Bundesrechtsanwaltskammer nur noch 1 619 Fachanwälte für Sozialrecht – 2,88 Prozent weniger als im Vorjahr.

Während insgesamt 46 148 Fachanwaltstitel gezählt wurden, liegt das Sozialrecht damit am unteren Ende der Rangliste; Arbeitsrecht, Familien- und Steuerrecht sind jeweils um ein Mehrfaches stärker besetzt.

In Relation zu gut 166 000 zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sind nicht einmal 1 Prozent im Sozialrecht spezialisiert.

Was bedeutet das für die Arbeit des Bundessozialgerichts?

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel kann seine Leitfunktion nur erfüllen, wenn genügend Verfahren bis zur Revisionsinstanz gelangen. Präsidentin Christine Fuchsloch berichtete in ihrem ersten Jahresbericht über 2 523 neu eingegangene Verfahren – eine erfreuliche Stagnation nach Jahren rückläufiger Zahlen.

Doch fast 600 Rechtssuchende beantragten Prozesskostenhilfe samt Beiordnung eines Anwalts, weil sie keinen Vertreter fanden. Die Bewilligung solcher Anträge werde „immer schwieriger“, warnt Fuchsloch.

Warum lohnt sich Sozialrecht für Anwälte wirtschaftlich kaum?
Schon Fuchslochs Vorgänger Rainer Schlegel klagte: „Um das Sozialrecht reißt sich niemand.“

Die Pauschal- und Betragsrahmengebühren nach dem RVG begrenzen das Honorar; in vielen Bereichen – etwa im Bürgergeldrecht – verbietet das Gesetz jede Honorarvereinbarung.

Bei häufig einkommensschwachen Mandanten, hohem Verwaltungsaufwand und langen Bearbeitungszeiten bleibt der Ertrag oft unter Kostendeckung. Für junge Juristinnen und Juristen, die Studienkredite abbezahlen oder eine Kanzlei aufbauen, ist das ein klares Negativ-Signal.

Verliert das Sozialrecht auch an den Universitäten Terrain?

Zu wenige Lehrstühle, kaum Nachwuchs-Professuren und immer öfter nur Honorarprofessuren aus der Richterschaft – so schildert es der frühere BSG-Präsident Schlegel.

Wenn Forschung und Lehre wegbrechen, sinkt die Sichtbarkeit des Fachs, und weniger Studierende wählen es als Schwerpunkt. Die Spirale verstärkt sich: ohne breites Lehrangebot keine Nachfrage, ohne Nachfrage kein Grund zur Wiederbesetzung von Lehrstühlen.
Aktuelle Sozialpolitik

Können Gewerkschaften und Sozialverbände die Lücke schließen?

Verbände wie der VdK, der SoVD oder die Rechtsschutzstellen der DGB-Gewerkschaften bilden zwar eine wichtige zweite Säule der Prozessvertretung.

Doch auch sie spüren den Fachkräftemangel, und ihre Kapazitäten reichen nicht, um flächendeckend alle Verfahren zu übernehmen. Fuchsloch warnt ausdrücklich, dass dieser Ersatz „nicht genüge, dauerhaft den Mangel in der Anwaltschaft auszugleichen“.

Welche Folgen hat die Misere für Bürgerinnen und Bürger?

Wer einen ablehnenden Bescheid vom Jobcenter oder der Rentenversicherung erhält, steht ohnehin oft unter finanziellem Druck. Findet sich kein Anwalt, bleibt nur die Selbstvertretung – bei 18 Gesetzbüchern (SGB I bis XIV, dazu Spezialgesetze) eine fast unlösbare Aufgabe.

Fehlende anwaltliche Expertise erhöht das Risiko, berechtigte Ansprüche zu verlieren, verlängert Verfahren und belastet die Gerichte mit unzureichend vorbereiteten Klagen.

Was wäre nötig, um die Attraktivität des Fachgebiets zu steigern?

Eine Reform des Vergütungssystems erscheint unausweichlich. Höhere Gebührentatbestände oder zumindest die Möglichkeit, bei komplexen Verfahren angemessene Honorarvereinbarungen zu treffen, könnten wirtschaftliche Anreize setzen.

Parallel braucht es mehr universitäre Lehrstühle, geförderte Schwerpunktprogramme und ein verlässliches Angebot an Fachfortbildungen. Nur wenn der Karrierepfad finanziell und akademisch trägt, wird sich der Nachwuchs wieder für das Sozialrecht begeistern.

Wohin steuert der Soziale Rechtsstaat ohne starke Anwaltschaft?

Ein Sozialstaat lebt nicht allein von Leistungsversprechen, sondern von ihrer rechtlichen Durchsetzbarkeit. Sinkt die Zahl der fachkundigen Vertreter weiter, wird das Gleichgewicht zwischen mächtigen Sozialbehörden und hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürgern fragil.

Die Mahnungen aus Kassel sind deshalb mehr als Standespolitik – sie sind ein Frühwarnsystem für die rechtsstaatliche Funktionsfähigkeit in einem Bereich gesellschaftlicher Solidarität.

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Schwerbehinderung: Neue Fahrpreisermäßigung in 2026 – es wird für viele teurer

11. November 2025 - 16:44
Lesedauer 3 Minuten

Wer 2026 mit Schwerbehindertenausweis Bus und Bahn nutzt, profitiert weiterhin von den bekannten Nachteilsausgleichen. Bundesweit neu eingeführt wird keine eigenständige, zusätzliche Ermäßigung speziell für Menschen mit Schwerbehinderung.

Aber: Der Preis des Deutschlandtickets steigt zum 1. Januar 2026 auf 63 Euro monatlich, und mehrere Länder passen ihre Sozialtarife an – meist nach oben. Beides beeinflusst, wie attraktiv bestehende Vergünstigungen im Alltag sind. Die Verkehrsministerinnen und -minister der Länder sowie die Bundesregierung haben die Preiserhöhung beziehungsweise Fortführung des Deutschlandtickets bestätigt.

Unentgeltliche Beförderung mit Beiblatt und Wertmarke

Die wichtigste Vergünstigung für viele schwerbehinderte Menschen ist und bleibt die unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr. Voraussetzung sind der Schwerbehindertenausweis mit den einschlägigen Merkzeichen – etwa G, aG, Bl, H oder Gl – sowie das Beiblatt mit gültiger Wertmarke. Die Freifahrt gilt im gesamten öffentlichen Personennahverkehr einschließlich Regional- und S-Bahn-Verkehren, nicht jedoch im Fernverkehr.

Preise der Wertmarke: Seit 2025 höher

Zum 1. Januar 2025 stieg die Eigenbeteiligung für die Wertmarke bundesweit auf 104 Euro pro Jahr beziehungsweise 53 Euro pro Halbjahr. Diese Anhebung wirkt 2026 fort.

Bestimmte schwerbehinderte Personengruppen – darunter Menschen mit den Merkzeichen Bl oder H sowie Leistungsbeziehende nach SGB II/XII – erhalten die Wertmarke weiterhin ohne Eigenanteil.

Immerhin: Eine erneute bundesweite Preisanpassung für 2026 wurde bis Redaktionsschluss nicht beschlossen; wichtig ist aber der gesetzliche Mechanismus, der künftige Erhöhungen an die Bezugsgröße der Sozialversicherung koppelt.

Deutschlandticket 2026: Höherer Monatspreis – und regionale Sozialtickets ziehen nach

Mit dem Sprung auf 63 Euro monatlich verändert sich das Preisgefüge, insbesondere dort, wo Sozial- oder Ermäßigungstickets auf dem Deutschlandticket basieren. In Nordrhein-Westfalen etwa steigt das „DeutschlandTicket Sozial“ zum 1. Januar 2026 auf 53 Euro, nachdem es 2025 bei 48 Euro lag.

In Berlin kehrt das Sozialticket „Berlin-Ticket S“ 2026 zum Preis von 27,50 Euro zurück, nachdem der Übergangspreis 2025 zeitweise 19 Euro betrug. Hamburg hält am städtischen Sozialrabatt fest; für Berechtigte ergibt sich 2026 ein Endpreis von 27,50 Euro für das Deutschlandticket. Diese regionalen Beispiele zeigen: Die Erhöhung des Basistarifs wirkt bis in die Sozialtarife hinein.

Wichtig für den Alltag: Wo die Wertmarke das Deutschlandticket ersetzt – und wo nicht

Wer über Ausweis, Beiblatt und Wertmarke verfügt, benötigt für Fahrten im Nahverkehr – also in Bussen, U-, Stadt- und Straßenbahnen sowie in Regionalzügen – grundsätzlich kein zusätzliches Ticket. Das gilt bundesweit und macht das Deutschlandticket für diese Personengruppe in der Regel entbehrlich. Im Fernverkehr der Deutschen Bahn ist die Wertmarke hingegen nicht gültig; dort greifen andere Nachteilsausgleiche.

Fernverkehr und weitere Vergünstigungen: Ermäßigte BahnCards und freie Begleitung

Auch 2026 bieten die Eisenbahnunternehmen keine generelle Fernverkehrs-Freifahrt für schwerbehinderte Menschen. Relevante Entlastungen entstehen über zwei andere Dinge.

Erstens gibt es ermäßigte BahnCards 25 bzw. 50 für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 oder bei voller Erwerbsminderungsrente; die aktuellen Preisangaben der DB bleiben die verlässliche Referenz.

Zweitens fährt eine Begleitperson kostenfrei mit, wenn das Merkzeichen „B“ im Ausweis eingetragen ist; im Nahverkehr gilt das in Kombination mit Wertmarke auch für die schwerbehinderte Person, im Fernverkehr benötigt nur die schwerbehinderte Person eine reguläre Fahrkarte.

Wer profitiert – und wer höhere Preise erleben wird

Für Menschen, die eine kostenfreie Wertmarke erhalten – etwa aufgrund der Merkzeichen Bl oder H oder wegen des Bezugs bestimmter Sozialleistungen – bleibt Mobilität im Nahverkehr auch 2026 ohne zusätzlichen Ticketkauf möglich.

Wo hingegen Sozialtickets an das Deutschlandticket gekoppelt sind, erhöht sich die Eigenbeteiligung vieler Berechtigter parallel zum Basistarif. Sozialverbände haben die Entwicklung kritisiert und bereits 2025 auf die Belastungswirkung hingewiesen.

Digitalisierung und europäische Anerkennung

Die strukturellen Regeln der Nachteilsausgleiche im Verkehr bleiben 2026 weitgehend stabil. Größere Veränderungen werden durch Digitalisierung und Europa erwartet.

Der EU-Behindertenausweis wird ab Mitte 2028 europaweit gelten und soll die Anerkennung von Vergünstigungen – von Kultur bis Mobilität – vereinfachen. Nationale Detailregelungen, wie die unentgeltliche Beförderung im deutschen Nahverkehr, bleiben aber Sache der Mitgliedstaaten.

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Schwerbehinderung: Gericht verpasst Versorgungsamt Abfuhr wegen Rundfunkbeitrag

11. November 2025 - 16:10
Lesedauer 2 Minuten

Voraussetzung für das Merkzeichen RF ist, dass der schwerbehinderte Mensch mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 wegen seines Leidens ständig nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann.

Das gilt auch, wenn Betroffene mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen haben, die jeweils für sich allein nicht ausreichen würden. Das Wechselspiel zwischen den einzelnen Einschränkungen kann zur Zuerkennung des Merkzeichens RF führen (L 3 SB 3862/12).

Das Merkzeichen RF wird im Schwerbehindertenausweis eingetragen und berechtigt in der Regel zu einer Ermäßigung des Rundfunkbeitrags auf ein Drittel, nicht automatisch zur vollständigen Befreiung.

Eine vollständige Befreiung vom Rundfunkbeitrag kann sich nur in bestimmten Fällen, etwa beim Bezug bestimmter Sozialleistungen oder bei Taubblindheit, ergeben. Außerdem können auch blinde, hochgradig sehbehinderte oder gehörlose Menschen unter besonderen Voraussetzungen das Merkzeichen RF erhalten.

Antrag abgelehnt

Der Betroffene beantragte die behördliche Feststellung des Merkzeichens RF. Sein Grad der Behinderung beträgt 100. Zu den Beeinträchtigungen gehören eine chronische Darmerkrankung (Colitis ulcerosa), psychische Störungen (posttraumatische Belastungsstörung sowie Phobien) und degenerative Wirbelsäulenveränderungen.

Trotz dieser zahlreichen Beschwerden lehnte die zuständige Versorgungsbehörde (Versorgungsamt) die Feststellung des Merkzeichens RF ab. Zur Begründung hieß es, Toiletten seien regelmäßig erreichbar, und Hilfsmittel wegen Inkontinenz (Windelhosen) seien zumutbar. Die Einschränkungen führten nach Auffassung der Behörde nicht dazu, dass der Betroffene generell nicht an Veranstaltungen teilnehmen könne.

Sozialgericht folgt der Behörde – Landessozialgericht korrigiert

Das Sozialgericht stimmte der Argumentation der Behörde im Wesentlichen zu und wies die Klage ab.

Der Betroffene legte Berufung ein. Das Landessozialgericht entschied anschließend, dass ihm das Merkzeichen RF zuzuerkennen ist. Die Richter rügten, dass die Vorinstanzen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Mannes nicht in ihrem Zusammenwirken, sondern nur isoliert betrachtet hatten.

Zumutbarkeit ist Gesamtbewertung – nicht nur „subjektives Empfinden“

Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass das Aufsuchen einer Toilette und das Verwenden von Inkontinenzhilfen bei öffentlichen Veranstaltungen objektiv zumutbar sein können. Die Vorinstanz habe jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass beim Kläger eine krankheitswertige Phobie vorliegt.

Entscheidend ist dabei nicht eine bloße subjektive Scham oder Unlust, sondern eine ärztlich bestätigte psychische Störung, die in die rechtliche Zumutbarkeitsprüfung einzubeziehen ist.

Krankhafte Angst, andere Menschen zu belästigen

Der Betroffene litt unter einer ausgeprägten Angst, andere Menschen durch seine Inkontinenz zu belästigen. Diese krankhafte Furcht führte dazu, dass er seit mindestens 2001 keine öffentlichen Veranstaltungen mehr besuchte. Dieses Verhalten war nach Auffassung des Gerichts Ausdruck der psychischen Störung und nicht frei wählbare Vermeidungsstrategie.

Erhöhte Infektionsgefahr verstärkt die Einschränkungen

Hinzu kam eine durch die Medikation bedingte deutlich erhöhte Infektanfälligkeit. Die behandelnde Ärztin berichtete von häufigen grippalen Infekten mit Fieber sowie Pilzerkrankungen. Besonders hervorgehoben wurde ein schwerer, zwei Wochen andauernder Infekt mit mehrtägigem Fieber über 41 Grad. Diese gesundheitliche Situation machte Aufenthalte in Menschenmengen zusätzlich unzumutbar.

Psychische und körperliche Beeinträchtigungen greifen ineinander

Das Gericht stellte heraus, dass beim Betroffenen ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren vorliegt: tatsächliche Folgen der Inkontinenz, eine langjährige psychische Störung mit krankhafter Angst sowie eine erhebliche medikamentös bedingte Infektanfälligkeit.

In der Gesamtschau sei es ihm nicht zumutbar, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Damit seien die Voraussetzungen für das Merkzeichen RF erfüllt.

Was bedeutet das Urteil für Betroffene?

Die Entscheidung des Landessozialgerichts (Urteil vom 16.01.2013, L 3 SB 3862/12) stellt klar: Ob ein Mensch mit Schwerbehinderung im Sinne des Merkzeichens RF „ständig“ nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann, kann sich aus körperlichen, psychischen oder – wie hier – aus dem Zusammenwirken beider ergeben. Die Prüfung der Zumutbarkeit muss immer eine Gesamtschau vornehmen und ausdrücklich auch die psychische Verfassung berücksichtigen.

Für Betroffene wichtig: Das Merkzeichen RF ist eine Voraussetzung für die Rundfunkbeitrags-Ermäßigung, ersetzt aber nicht den Antrag beim Beitragsservice.

Wer zusätzlich bestimmte Sozialleistungen (z. B. Bürgergeld, Grundsicherung) erhält oder zu den besonders geschützten Gruppen gehört, kann unabhängig davon eine vollständige Befreiung vom Rundfunkbeitrag beantragen.

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Erhöht das Weihnachtsgeld die Abfindung nach einer Kündigung?

11. November 2025 - 16:09
Lesedauer 3 Minuten

Das Jahresende ist Lohnauszahlungs-Zeit – und damit auch die Zeit, in der sich nach einer Kündigung viele fragen: Gehört das Weihnachtsgeld zur Abfindung dazu? Die kurze Antwort lautet: Abfindung und Weihnachtsgeld sind rechtlich unterschiedliche Dinge.

Dennoch kann das Weihnachtsgeld in bestimmten Konstellationen mittelbar in die Abfindungsberechnung einfließen – oder als eigener Anspruch neben der Abfindung bestehen (oder entfallen). Im Folgenden die Einordnung im Detail, mit Blick auf aktuelle Rechtsprechung und Praxis.

Abfindung und Weihnachtsgeld

Eine Abfindung ist eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Einen generellen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es nicht; Abfindungen entstehen meist durch Verhandlung, Sozialplan oder – bei betriebsbedingter Kündigung – nach § 1a KSchG, wenn der Arbeitgeber sie in der Kündigung anbietet und keine Klage erhoben wird.

In der Praxis dient als Orientierungsgröße häufig die Formel „0,5 Bruttomonatsverdienste pro Beschäftigungsjahr“; diese Quote ist auch in § 1a KSchG angelegt.

Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung. Einen gesetzlichen Anspruch gibt es nicht; Ansprüche ergeben sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag oder aus betrieblicher Übung. Inhalt und Zweck der Sonderzahlung – Vergütung für geleistete Arbeit, Belohnung von Betriebstreue oder „Mischzweck“ – bestimmen, ob und wann sie entsteht.

Zählt Weihnachtsgeld „zur Abfindung dazu“?

Im Grundsatz: nein. Eine Abfindung ist eine eigenständige Entschädigung; das Weihnachtsgeld ist ein separater Vergütungsbestandteil. Aber: In Sozialplänen, Aufhebungs-/Abwicklungsverträgen oder Formeln, die an den „Bruttomonatsverdienst“ anknüpfen, kann vereinbart sein, dass Einmalzahlungen anteilig in den maßgeblichen Monatsverdienst eingerechnet werden – etwa mit 1/12 des zuletzt gewährten Weihnachtsgelds.

Derartige Definitionen hat die Rechtsprechung anerkannt; in kollektivrechtlichen Formeln zum „Bruttomonatsverdienst“ werden Gratifikationen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld häufig monatlich anteilig berücksichtigt. Ob das Weihnachtsgeld die Abfindungshöhe damit indirekt erhöht, hängt also von der vereinbarten Definition des Bemessungsentgelts ab.

Praxisbeispiel: Verdient eine Arbeitnehmerin 4.000 € brutto monatlich und ist

Anspruch auf ein 13. Gehalt/Weihnachtsgeld von 4.000 € vereinbart, ergibt 1/12 hiervon 333,33 €. Nutzt die Abfindungsformel den „Bruttomonatsverdienst inkl. 1/12 der Sonderzahlungen“, liegt der maßgebliche Monatsverdienst bei 4.333,33 €.

Bei 8 Beschäftigungsjahren und einer 0,5-Formel ergäbe sich eine Abfindung von 17.333,32 € statt 16.000,00 € ohne Einrechnung. Rechtsgrundlage ist dabei nicht „das Weihnachtsgeld als Teil der Abfindung“, sondern die Definition des Monatsverdienstes in der jeweiligen Vereinbarung.

Anspruch auf Weihnachtsgeld trotz Kündigung?

Ob ein eigener Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht, wenn im selben Jahr gekündigt wird, richtet sich nach Zweck und Ausgestaltung der Sonderzahlung und nach vereinbarten Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln.
Handelt es sich allein um eine Treueprämie (Belohnung der fortgesetzten Betriebstreue) und ist vertraglich eine Stichtagsklausel vereinbart, kann der Anspruch entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungsstichtag nicht mehr besteht.

Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt; solche Klauseln sind wirksam, sofern das Weihnachtsgeld nicht (auch) Arbeitsleistung vergütet.

Bezweckt die Sonderzahlung dagegen (auch) die Vergütung geleisteter Arbeit oder hat sie einen Mischzweck, sind pauschale Kürzungen oder der vollständige Ausschluss schwieriger.

Ohne ausdrückliche Kürzungsregelung ist eine zeitanteilige Minderung dann regelmäßig nicht zulässig; ob und in welcher Höhe ein anteiliger Anspruch besteht, hängt vom konkreten Wortlaut ab. Das BAG hat diese Linie in jüngerer Zeit erneut betont.

Die Folge: Nach einer Kündigung kann Weihnachtsgeld neben einer Abfindung zustehen, entfallen oder (pro rata) entstehen – je nach Zweckbestimmung und Klauseln. Wer einen Vergleich oder Aufhebungsvertrag abschließt, sollte darauf achten, ob eine Ausgleichs-/Abgeltungsklausel auch „Sonderzahlungen für das laufende Jahr“ erfasst oder ausdrücklich davon ausnimmt.

Steuer und Sozialversicherung: getrennte Welten

Weihnachtsgeld ist normales Arbeitsentgelt: Es ist voll lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig (soweit die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen nicht überschritten sind).

Die Abfindung ist kein Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinn; auf echte Entschädigungsabfindungen fallen keine Sozialversicherungsbeiträge an. Steuerlich gilt in geeigneten Fällen die Fünftelregelung (§ 34 EStG) zur Milderung der Progression, wenn die Zahlung als Entschädigung zusammengeballt zufließt. Das Weihnachtsgeld gehört steuerlich nicht zur Abfindung und wird nicht „mitbegünstigt“.

Was heißt das für die Praxis?

Wer eine Abfindung verhandelt oder ein Angebot nach § 1a KSchG erhält, sollte prüfen, wie der „maßgebliche Monatsverdienst“ definiert ist – ob also 1/12 von Weihnachts-/Urlaubsgeld, Boni oder Prämien einbezogen werden. Dadurch kann die Abfindung spürbar höher ausfallen.

Parallel ist zu klären, ob das Weihnachtsgeld als eigener Anspruch im Kündigungsjahr besteht oder durch Stichtags-/Rückzahlungsklauseln entfällt, und ob ein Aufhebungsvertrag diesen Punkt ausdrücklich regelt. Die maßgeblichen Weichenstellungen liegen regelmäßig in den Formulierungen von Verträgen, Sozialplänen und Vergleichen – nicht darin, dass „Weihnachtsgeld zur Abfindung dazugehört“.

Fazit

Weihnachtsgeld zählt rechtlich nicht automatisch „zur Abfindung dazu“. Es kann die Abfindungshöhe jedoch mittelbar erhöhen, wenn die Bemessungsgrundlage (z. B. „Bruttomonatsverdienst inkl. 1/12 der Sonderzahlungen“) das vorsieht. Als eigener Anspruch hängt das Weihnachtsgeld im Kündigungsjahr vom Zweck der Zahlung und von Stichtags-/Kürzungsklauseln ab.

Für die Abgaben gilt: Weihnachtsgeld ist voll beitrags- und steuerpflichtig; echte Abfindungen sind beitragsfrei und ggf. steuerbegünstigt nach der Fünftelregelung. Wer Klarheit möchte, verankert diese Punkte präzise im Aufhebungs- oder Vergleichstext – und prüft sorgfältig die einschlägigen tarif- und vertragsrechtlichen Regelungen.

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Extra-Rente im November: Rentenzuschlag erreicht jetzt einen Wendepunkt

11. November 2025 - 15:54
Lesedauer 3 Minuten

Der Rentenzuschlag für Bestandsfälle der Erwerbsminderungsrenten erreicht einen Wendepunkt. Was 2022 politisch zugesagt und zum 1. Juli 2024 mit einer Übergangslösung eingeführt wurde, mündet nun in den Regelbetrieb.

Rund drei Millionen Ruheständlerinnen und Ruheständler, deren Erwerbsminderungsrente zwischen 2001 und dem 31. Dezember 2018 begonnen hat, haben den Zuschlag seit Juli 2024 als gesondert ausgezahlte „Extra-Rente“ erhalten.

Dieses endet nun im November 2025 – und ab Dezember gilt eine neue, dauerhaft angelegte Rentenauszahlung.

Ende der Übergangsregelung

Die Übergangsregelung nach § 307j SGB VI war befristet. Sie galt vom 1. Juli 2024 bis zum 30. November 2025 und diente dazu, den zugesagten Rentenzuschlag trotz technischer Verzögerungen bei der Rentenversicherung schnell bei den Betroffenen ankommen zu lassen.

In diesem Rahmen erfolgte der Zuschlag als eigenständige Nettorente zusätzlich zur laufenden Hauptrente – ausgezahlt unabhängig davon, ob die Stammrente vorschüssig oder nachschüssig gezahlt wird. Der letzte Zahltag dieser separaten Extra-Leistung liegt im Fenster vom 10. bis 20. November 2025. Danach endet die Übergangsphase unwiderruflich.

Was sich ab dem 1. Dezember 2025 ändert

Mit dem 1. Dezember 2025 tritt der Zuschlag in den regulären Berechnungsmechanismus nach § 307i SGB VI ein. Inhaltlich heißt das: Der Rentenzuschlag wird nicht mehr als eigener Zahlungsposten überwiesen, sondern fest in die Hauptleistung integriert.

Künftig erhalten Betroffene einen einheitlichen Monatsbetrag, der sowohl die „alte“ Rente als auch den Zuschlag umfasst. Die Auszahlung selbst richtet sich wieder vollständig nach den allgemeinen Regeln – also vorschüssig oder nachschüssig entsprechend der Hauptleistung.

Der neue Rechenweg über persönliche Entgeltpunkte

Die Integration geht mit einer veränderten Berechnung einher. Wichtig ist der Stand der Monatsrente zum Stichtag 30. November 2025. Aus dieser Basis werden persönliche Entgeltpunkte bestimmt, um den Zuschlag dauerhaft in das Rentenkonto einzuweben.

Die zusätzlich gewährten persönlichen Entgeltpunkte werden je nach Fallgruppe mit dem Faktor 0,075 oder 0,045 vervielfältigt.

Diese Zusatz-Entgeltpunkte werden anschließend zu den bereits vorhandenen persönlichen Entgeltpunkten der Rente addiert. Das Ergebnis wird – wie gewohnt – mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert verrechnet.

Auf diese Weise entsteht der neue Bruttomonatsbetrag, der den Zuschlag nicht mehr als Sonderzahlung, sondern als festen Bestandteil der regulären Rente enthält.

Transparenz im Bescheid und Nachvollziehbarkeit

Dies ähnelt dem Vorgehen, das Bestandsrentnerinnen und -rentner bereits aus der Mütterrente kennen. Im Rentenbescheid lässt sich in der Anlageberechnung nachvollziehen, welche persönlichen Entgeltpunkte speziell auf den Zuschlag entfallen.

Wer die Höhe im Detail verstehen möchte, kann die ausgewiesenen Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert multiplizieren und erhält so den maßgeblichen Bruttowert des Zuschlagsteils innerhalb der Monatsrente.

Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung

Wichtig bleibt die Unterscheidung zwischen Brutto- und Zahlbetrag. Für in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversicherte Rentnerinnen und Rentner werden aus dem zusammengefassten Rentenbetrag weiterhin die entsprechenden Beiträge einbehalten.

Der sichtbare Auszahlungsbetrag kann sich deshalb vom rechnerischen Brutto unterscheiden. Dass der Zuschlag nun in der Hauptleistung aufgeht, ändert an dieser Systematik nichts – es sorgt lediglich für eine einheitliche Monatszahlung statt zweier separater Posten.

Auswirkungen auf Witwen- und Witwerrenten

Mit der Integration zum 1. Dezember 2025 gilt die neue Rente inklusive Zuschlag als anrechenbares Einkommen im Rahmen der Einkommensanrechnung bei Hinterbliebenenrenten. Die tatsächliche Berücksichtigung erfolgt allerdings nicht sofort. Aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 18d SGB IV werden Einkommensänderungen erst im Juli des Folgejahres in die Anrechnung einbezogen.

Für den hier relevanten Zeitraum bedeutet dies: Die Einkommensanrechnung auf Witwenrenten wird erstmals ab Juli 2026 angepasst. Falschinformationen, wonach bereits im Dezember 2025 eine Anrechnung stattfinden würde, sind damit ausgeräumt.

Beitragszuschuss für privat oder freiwillig Versicherte

Für Rentnerinnen und Rentner, die privat oder freiwillig krankenversichert sind, kann sich der Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI ab Dezember 2025 erhöhen. Hintergrund ist der gestiegene Bruttorentenbetrag durch die Integration des Zuschlags. Der Zuschuss richtet sich an dieser Bemessungsgrundlage aus und kann entsprechend nach oben angepasst werden.

Wer vom Zuschlag erfasst ist

Der Zuschlag richtet sich primär an Rentenberechtigte, die eine Erwerbsminderungsrente mit Rentenbeginn zwischen 2001 und dem 31. Dezember 2018 beziehen. Erfasst sind zudem Altersrenten, die sich unmittelbar aus einer solchen Erwerbsminderungsrente ableiten, sowie bestimmte Hinterbliebenenrenten, deren Beginn in denselben Zeitraum fällt.

Damit trägt die Reform dem Umstand Rechnung, dass frühere Jahrgänge der Erwerbsminderungsrenten in der Vergangenheit strukturell benachteiligt waren und nun über zusätzliche Entgeltpunkte eine dauerhafte Aufwertung erfahren.

Praktische Konsequenzen für die Rentenauszahlung

Viele Betroffene werden im Dezember 2025 eine veränderte Darstellung auf dem Kontoauszug bemerken. Die zweite, bislang als „Extra-Rente“ verbuchte Zahlung entfällt, weil der Zuschlag in den neuen Monatsbetrag eingerechnet wird. Entscheidend ist daher der Blick auf den Rentenbescheid und die darin ausgewiesene Summe der persönlichen Entgeltpunkte.

Wer die Zahlungstermine im November gewohnt war, sollte berücksichtigen, dass sich mit der Integration wieder ausschließlich die allgemeinen Auszahlungstermine der Hauptleistung maßgeblich zeigen.

Fazit: Schluss mit dem Provisorium, zurück zur Normalität

Mit dem Stichtag 30. November 2025 endet die Übergangsarchitektur des § 307j SGB VI. Ab dem 1. Dezember 2025 gilt der Zuschlag als fester Bestandteil der Rente nach § 307i SGB VI. Das schafft Klarheit, beendet das provisorische Doppel-System aus Hauptleistung und Extra-Zahlung und führt die Berechnung über persönliche Entgeltpunkte dauerhaft in die regulären Rentenprozesse zurück.

Für Betroffene bringt das mehr Übersicht im Bescheid, eine einheitliche Monatszahlung und verlässliche Regeln für Abzüge und Einkommensanrechnung.

Wer privat oder freiwillig krankenversichert ist, kann zudem mit einem angepassten Beitragszuschuss rechnen. Damit wird aus dem „Sonderweg“ der Jahre 2024 und 2025 eine stabile Normalität – und der politisch zugesagte Ausgleich für ältere Erwerbsminderungsrenten wird rechtssicher im System verankert.

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Anspruch auf eine Rente ohne Arbeit?

11. November 2025 - 13:41
Lesedauer 4 Minuten

Können Sie in Deutschland eine Rente erhalten, ohne gearbeitet zu haben? Grundsätzlich ist das kaum möglich, da das Rentensystem hierzulande auf einem Umlagesystem basiert. Das bedeutet Folgendes: In Deutschland finanziert sich die gesetzliche Rente prinzipiell durch die Beiträge der Erwerbstätigen, die in die Rente einzahlen.

Es gibt für die gesetzliche Rente zwar auch einen Bundeszuschuss, da diese sich nicht gänzlich aus den Beiträgen der Rentenversicherten finanzieren kann. Es handelt sich jedoch darüber hinaus um eine Leistung der Sozialversicherung, und nicht um eine Sozialleistung.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es keinen Anspruch auf eine gesetzliche Rente gibt, wenn Sie nie gearbeitet und damit nicht in die Rentenkasse eingezahlt haben. Es gibt jedoch Ausnahmen, und das sind die sogenannten Anrechnungszeiten.

Die Rentenkasse rechnet Kindererziehung an

Die gesetzliche Rentenversicherung rechnet Zeiten für die Erziehung von Kindern an. Pro Kind können mehrere Jahre als Pflichtbeiträge zählen. Dies gilt auch für Adoptiv-, Stief- oder Pflegeeltern.

Für jedes Kind, das vor 1992 zur Welt kam, werden bis zu 30 Monate angerechnet. Für Kinder, die nach 1991 geboren wurden, sind es sogar bis zu 36 Monate. Diese Zeiten zählen dann als reguläre Versichertenzeiten. Diese Anrechnung allein führt jedoch nicht zu einer Lebenssicherung im Alter. Denn die Grundsicherung im Alter, für die Sie keine Anrechnungszeiten brauchen, ist höher als diese angerechneten Zeiten.

Die Anrechnungszeiten lohnen sich hingegen, wenn Sie in Ihrem Erwerbsleben in die Rentenkasse eingezahlt und dieses durch die Kindererziehung unterbrochen haben. Sie erhöhen also eine bestehende Rente, sind für sich genommen jedoch längst nicht ausreichend.

Ein Jahr Kindererziehung bringt für die Rente ungefähr 40,79 Euro monatlich, da es fast einen Entgeltpunkt einbringt, was dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten entspricht. Für ein Kind werden in der Regel die ersten drei Jahre angerechnet (drei Entgeltpunkte), bei Kindern, die vor 1992 geboren wurden, sind es höchstens 2,5 Jahre.

Die monatliche Rente steigt demnach durch die Erziehung eines Kindes, das nach 1991 geboren wurde, um etwa 122 Euro, während bei Kindern, die vor 1992 geboren wurden, die Steigerung etwa 90 Euro beträgt.

Schule und Studium

Auch Schul- und Studiumszeiten nach dem 17. Lebensjahr rechnet die Rentenversicherung bis zu einem bestimmten Grad auf die Rente an. Krankheit, Teilnahme an einer Rehabilitation fallen ebenfalls unter die Zeiten, die für die Rente gelten. Sie sollten in allen diesen Fällen unbedingt prüfen, dass sämtliche Anrechnungszeiten korrekt in Ihrem Rentenkonto notiert sind, und die Rentenversicherung andernfalls um eine Korrektur bitten.

Pflege von Angehörigen

Wer einen Angehörigen pflegt, kann unter bestimmten Bedingungen ebenfalls rentenversichert sein. Die Beiträge zahlt dann die Pflegekasse. Zu den Voraussetzungen zählt, dass der Pflegebedürftige mindestens Pflegegrad zwei hat und die Pflege mindestens zehn Stunden pro Woche an mindestens zwei Tagen stattfindet. Sie selbst dürfen nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten.

Die Höhe der Beiträge hängt ab vom Pflegegrad, der Art der Leistung (Pflegegeld oder andere) und dem Umfang der Pflege.

Freiwillige Beiträge

Nicht erwerbstätige Personen ab 16 Jahren, wie zum Beispiel Hausfrauen, können freiwillig Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um eigene Rentenansprüche zu erwerben oder zu erhöhen.

Die Hinterbliebenenrente

Verstirbt der Ehepartner oder der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, hat der Hinterbliebene Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, wenn der Verstorbene bereits Rentner war oder die Mindestversicherungszeit erfüllt hat.In diesem Fall zählen also nicht Ihre Beitragszeiten als Hinterbliebene oder Witwer, sondern die Rentenansprüche des verstorbenen Partners.

Arbeitslosengeld

Arbeitslosengeld ist im Unterschied zur Sozialleistung Bürgergeld ebenso eine Sozialversicherungsleistung wie die Rente. Als Betroffener bedeutet das für Sie: In der Zeit des Arbeitslosengeldes zahlt die Bundesagentur für Arbeit Beiträge an die Rentenversicherung.

Diese fallen zwar geringer aus als Ihre zuvor geleisteten Beiträge während einer Erwerbsbeschäftigung. Dies ändert aber nichts an der Anrechnung der Zeiten. Um die Mindestversicherungszeit zu erfüllen, zählt die Rentenversicherung niedrige Beiträge ebenso wie hohe.

Sonderregel bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte

Gewöhnlich ist der zeitweise Bezug von Arbeitslosengeld also kein gravierender Nachteil bei der Rente. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme.

Bei der Altersrente nach 45 Versicherungsjahren zählt die Rentenversicherung die letzten beiden Jahre vor dem Renteneintritt nicht mit, wenn Sie Arbeitslosengeld beziehen. Die Rentenkasse will so verhindern, dass langjährige Einzahler Ihre bereits vorgezogene Rente durch das Arbeitslosengeld noch einmal vorziehen.

Wenn Sie in diesen letzten Jahren vor dem möglichen Eintritt der Altersrente für besonders langjährig Versicherte Arbeitslosengeld beziehen, haben Sie nur dann einen Anspruch, wenn Ihr Betrieb in Insolvenz geht oder aus anderen Gründen schließt.

Private Rentenversicherungen

Die beschriebenen Regelungen gelten nur für die gesetzliche Rentenversicherung. Es bleibt Ihnen unbenommen, in eine private Rentenversicherung einzuzahlen, um im Alter entsprechende Leistungen zu erhalten. Dafür gibt es verschiedene Modelle, und Sie sollten dies am besten mit einem Fachberater prüfen, um die für Sie besten Konditionen zu finden.

Worauf sollten Sie achten?

Eine Rente ohne vorherige Arbeit ist nur unter bestimmten Umständen möglich. Wenn Sie eine Rente beantragen, ist es wichtig, die Voraussetzungen und Ansprüche genau zu prüfen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um sich im Alter abzusichern, auch wenn Sie nie gearbeitet haben.

Minijob ist eine Möglichkeit

Wenn Ihnen wegen langen Zeiten der Erwerbslosigkeit, dem Bezug von Bürgergeld oder Sozialhilfe, Rentenbeiträge fehlen und Sie so die Mindestzeit nicht erfüllen, um überhaupt eine Rente zu erhalten, kann ein Minijob helfen.

Denn wenn Sie bei diesem in die Rentenversicherung einzahlen, dann zählen diese Zeiten voll für die Rente. Dass die Rente bei einer geringfügigen Beschäftigung mickrig ausfällt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Grundsicherung im Alter

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung halten viele für eine Art Mindestrente, die jeder bekommen kann, der bedürftig ist. Es handelt sich aber rechtlich nicht um eine gesetzliche Rente.

Grundsicherung ist keine Rente

Diese Grundsicherung ist vielmehr eine Form der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII, die der Staat wie Bürgergeld oder Sozialgeld auszahlt, da der Sozialstaat verpflichtet ist, das Existenzminimum derer zu sichern, die es aus eigenen Mitteln nicht können.

Die Grundsicherung soll also ihren notwendigen Lebensunterhalt decken, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und die Vorsorgebeiträge. In Sonderfällen sind Mehrleistungen möglich.

Praxisbeispiel: Sabine K. Jahrgang 1964

Sabine K., Jahrgang 1964, hat nie in einem sozialversicherungspflichtigen Vollzeitjob gearbeitet. Sie bekam drei Kinder und war überwiegend zuhause. Für die Kinder werden ihr mehrere Jahre Kindererziehungszeit als Pflichtbeiträge gutgeschrieben.

Zusätzlich pflegte sie später ihre Mutter mit anerkanntem Pflegegrad; dafür zahlte die Pflegekasse Rentenbeiträge für sie.

So erreicht Sabine die Mindestversicherungszeit und erhält eine kleine eigene Altersrente aus Kindererziehungs- und Pflegezeiten, ohne reguläre Erwerbsarbeit.

Diese Rente ist jedoch so niedrig, dass sie ergänzend Grundsicherung im Alter beantragen muss. Das zeigt: Eine Rente ohne klassischen Job ist in bestimmten Konstellationen möglich, reicht allein aber oft nicht zum Leben.

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Bürgergeld 2025: Kein Bonus mehr – diese 6 Alternativen gibt es aber jetzt

11. November 2025 - 12:07
Lesedauer 4 Minuten

Seit Anfang 2025 müssen Bürgergeld-Beziehende ohne den bisherigen Bürgergeld-Weiterbildungsbonus auskommen. Die 75 Euro Extrazahlung wurde im Zuge der Haushaltskonsolidierung gestrichen, neue Bewilligungen sind nicht mehr möglich; lediglich bereits begonnene Maßnahmen werden übergangsweise nach den alten Regeln fortgeführt.

Für viele Betroffene bedeutet das: weniger finanzieller Spielraum bei gleichzeitig wachsendem Druck, sich schnell in Arbeit oder Qualifizierung einzugliedern.

Was genau weggefallen ist

Der Bürgergeld-Bonus war eine monatliche Pauschale von 75 Euro für längerfristige, nicht abschlussorientierte Weiterbildungen. Er sollte Menschen motivieren, an solchen Maßnahmen teilzunehmen und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Mit der Streichung entfällt dieser zusätzliche Anreiz vollständig; gefördert werden nun vor allem abschlussbezogene Qualifizierungen und direkte Übergänge in Arbeit.

Alternative 1: Weiterbildungsgeld – 150 Euro monatlich

Eines der wichtigsten Instrumente ist 2025 das Weiterbildungsgeld. Es wird gezahlt, wenn Bürgergeld-Beziehende an einer abschlussbezogenen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem anerkannten Berufsabschluss führt, etwa einer Umschulung, einer vollqualifizierenden Weiterbildung oder der Vorbereitung auf eine Externenprüfung.

Die pauschalen 150 Euro im Monat werden zusätzlich zum Bürgergeld gezahlt und nicht angerechnet.

Voraussetzung ist, dass die Maßnahme vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit bewilligt und in der Regel über einen Bildungsgutschein oder eine vergleichbare Förderzusage abgesichert ist.

Wer statt kurzer Allgemeinkurse bewusst auf einen Berufsabschluss setzt, profitiert damit deutlich stärker und erhält einen klaren finanziellen Ausgleich für den erhöhten Aufwand.

Alternative 2: Weiterbildungsprämien für bestandene Prüfungen

Zusätzlich zum Weiterbildungsgeld können bei bestimmten geförderten Maßnahmen einmalige Prämien für erfolgreich bestandene Prüfungen gezahlt werden. Für eine Zwischenprüfung ist eine vierstellige Prämie möglich, für die Abschlussprüfung eine weitere, ebenfalls nennenswerte Zahlung.

Diese Beträge sind steuerfrei, werden nicht auf das Bürgergeld angerechnet und können am Ende einer längeren Qualifizierung spürbar entlasten.

Die Prämien ersetzen zwar keinen laufenden Bonus, machen aber abschlussorientierte Wege finanziell attraktiver. Für viele Betroffene ist das ein starkes Argument, eine längere Qualifizierung nicht abzubrechen, sondern gezielt zu Ende zu führen.

Alternative 3: Einstiegsgeld beim Start in Arbeit oder Selbstständigkeit

Wer den Schritt aus dem Bürgergeld in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wagt oder eine hauptberufliche Selbstständigkeit aufnimmt, kann Einstiegsgeld beantragen.

Diese Leistung wird zeitlich befristet zusätzlich zum Einkommen gewährt und soll den Übergang erleichtern – etwa, um Anlaufkosten, Arbeitskleidung, Fahrten oder anfänglich geringere Nettoeinkommen abzufangen.

Die Höhe des Einstiegsgeldes hängt vom Einzelfall ab, unter anderem von der Dauer der Arbeitslosigkeit, der familiären Situation und Integrationschancen.

Das Einstiegsgeld ist eine Ermessensleistung. Wer einen Arbeitsvertrag oder ein tragfähiges Gründungskonzept vorlegen kann, sollte die Förderung aktiv beim Jobcenter ansprechen.

Alternative 4: Übernahme von Maßnahmekosten und Mobilitätshilfen

Auch ohne Bonus können wesentliche Kosten rund um Qualifizierungen und Maßnahmen übernommen werden. Dazu zählen insbesondere Fahrtkosten zu Lehrgängen, Kosten für auswärtige Unterbringung oder Verpflegung sowie Zuschüsse zur Kinderbetreuung, wenn ohne diese Unterstützung eine Teilnahme nicht möglich wäre.

Diese Leistungen sollen sicherstellen, dass eine sinnvolle Weiterbildung nicht daran scheitert, dass Betroffene sich das Busticket, den Zug oder die Betreuung nicht leisten können.

In der Praxis lohnt es sich, alle infrage kommenden Kosten frühzeitig mit dem Jobcenter zu klären und sich die Zusagen schriftlich bestätigen zu lassen.

Alternative 5: Lohnkostenzuschüsse – Chancen durch Förderung für Arbeitgeber

Für Arbeitgeber stehen weiterhin verschiedene Lohnkostenzuschüsse zur Verfügung, wenn sie Bürgergeld-Beziehende einstellen. Diese Förderungen senken das unternehmerische Risiko und können hauptsächlich bei längerer Arbeitslosigkeit, gesundheitlichen Einschränkungen oder fehlenden Qualifikationen den Ausschlag geben.

Dazu gehören etwa zeitlich begrenzte Zuschüsse zum Arbeitsentgelt oder längerfristige Fördermodelle für besonders benachteiligte Personen. Für Betroffene bedeutet das ein wichtiges Argument in Bewerbungen:

Sie können offensiv darauf hinweisen, dass ihre Einstellung förderfähig ist – ein Pluspunkt, der gerade bei kleineren Betrieben entscheidend sein kann.

Alternative 6: Mehrbedarfe und besondere Leistungen gezielt ausschöpfen

Unabhängig von Weiterbildung oder Arbeitsaufnahme bestehen 2025 alle bekannten Mehrbedarfsregelungen fort. Zusätzliche Leistungen kommen etwa bei Alleinerziehung, Schwangerschaft, Behinderung, teurer Ernährung aus gesundheitlichen Gründen, dezentraler Warmwassererzeugung oder in besonderen Notlagen in Betracht.

Diese Mehrbedarfe ersetzen den Bonus nicht, können aber verhindern, dass Betroffene in eine Unterdeckung rutschen. Entscheidend ist, dass die jeweiligen Voraussetzungen konkret dargelegt und belegt werden.

Wer das Gefühl hat, dass der individuelle Bedarf nicht ausreichend berücksichtigt wurde, sollte Widerspruch prüfen lassen oder unabhängige Beratung in Anspruch nehmen.

Praxisbeispiel: Vom gestrichenen Bonus zur geförderten Umschulung

Lisa, 34, alleinerziehend mit einem Kind, bezieht Bürgergeld und hatte zunächst gehofft, mit einem allgemeinen Bewerbungscoaching und einem kurzen EDV-Kurs etwas dazuzuverdienen. Nach dem Wegfall des Bürgergeld-Bonus erfährt sie im Jobcenter, dass diese Angebote zwar weiter existieren, aber keinen zusätzlichen Zuschlag mehr bringen.

Stattdessen wird ihr eine abschlussbezogene Umschulung zur Kauffrau im Einzelhandel in Vollzeit vorgeschlagen. Die Lehrgangskosten werden vollständig übernommen, zusätzlich erhält sie eine Zusage für Fahrtkostenerstattung und einen Zuschuss zur Kinderbetreuung, damit sie regulär an allen Unterrichtstagen teilnehmen kann.

Für die gesamte Dauer der Umschulung bekommt Lisa monatlich 150 Euro Weiterbildungsgeld, das nicht auf das Bürgergeld angerechnet wird. Nach der bestandenen Zwischenprüfung erhält sie eine Prämie, nach der Abschlussprüfung eine weitere. Über ein betriebliches Praktikum findet sie einen Arbeitsplatz im Einzelhandel und wird im Anschluss übernommen.

Trotz des weggefallenen Bonus fällt sie mittelfristig aus dem Leistungsbezug heraus – nicht durch Pauschalzuschläge, sondern durch den gezielten Einsatz der noch vorhandenen Förderinstrumente.

Richtig planen statt auf Pauschalen hoffen

Mit dem Wegfall des Bürgergeld-Bonus setzt die Förderung 2025 deutlich andere Signale. Belohnt werden abschlussorientierte Qualifizierungen, der direkte Einstieg in Arbeit und individuell begründete Bedarfe – nicht mehr die Teilnahme an allgemeinen Kurzformaten mit Pauschalzuschlag.

Für Leistungsbeziehende bedeutet das, Entscheidungen strategischer zu treffen: Welche Weiterbildung bringt einen anerkannten Abschluss? Welche Förderungen lassen sich kombinieren? Wo lohnt sich der Schritt in Arbeit mit Einstiegsgeld oder geförderter Stelle?

Wer seine Ansprüche kennt und konsequent nutzt, kann den Verlust des Bonus zwar nicht vollständig ausgleichen, aber die verbleibenden Instrumente so einsetzen, dass sie den Weg aus dem Leistungsbezug real unterstützen.

FAQ: Bürgergeld 2025 und der wegfallende Bonus

Wird das Weiterbildungsgeld auf das Bürgergeld angerechnet?
Nein. Das Weiterbildungsgeld wird zusätzlich gezahlt und mindert den Regelsatz nicht. Es soll den Mehraufwand einer intensiven Qualifizierung ausgleichen.

Welche einmaligen Prämien kann ich bei einer Weiterbildung bekommen?
Bei bestimmten geförderten abschlussbezogenen Weiterbildungen sind Prämien für eine bestandene Zwischenprüfung und Abschlussprüfung möglich. Die Zahlungen erfolgen zusätzlich zum Bürgergeld und zum Weiterbildungsgeld.

Kann ich beim Start in einen Job Geld zusätzlich bekommen?
Ja. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Einstiegsgeld gezahlt werden, wenn Sie aus dem Bürgergeld in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit oder eine hauptberufliche Selbstständigkeit wechseln. Es handelt sich um eine Ermessensleistung, über die das Jobcenter im Einzelfall entscheidet.

Werden Fahrtkosten und Kinderbetreuung bei Weiterbildungen übernommen?
Oft ja. Fahrtkosten, auswärtige Unterbringung und Kinderbetreuung können gefördert werden, wenn sie für die Teilnahme an einer Maßnahme notwendig sind. Diese Leistungen sollten Sie vor Beginn mit dem Jobcenter klären.

Was kann ich tun, wenn das Jobcenter eine Förderung ablehnt?
Lassen Sie sich die Ablehnung schriftlich geben, prüfen Sie die Begründung und holen Sie unabhängige Beratung ein. In vielen Fällen kann ein Widerspruch sinnvoll sein, wenn gesetzliche Ansprüche oder Ermessensspielräume nicht korrekt genutzt wurden.

Lohnt sich eine abschlussbezogene Weiterbildung jetzt mehr als kurze Kurse?
Ja. Da finanzielle Anreize und Förderinstrumente stärker auf abschlussorientierte Qualifizierungen ausgerichtet sind, bieten diese in der Regel bessere Chancen auf zusätzliche Leistungen und langfristig höhere Beschäftigungschancen.

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Bürgergeld: Bundessozialgericht verneint faktische Umzugssperre des Jobcenters

11. November 2025 - 12:05
Lesedauer 2 Minuten

Eine Nicht-Übernahme der Nebenkostennachforderung bewirkt eine faktische Umzugssperre, so die obersten Richter in Kassel beim 14. Senat des BSG.

Ausnahmsweise muss das Jobcenter auch Schulden übernehmen, denn nach Auffassung des Bundessozialgerichts würde die Nicht-Übernahme einer fälligen Nebenkostennachforderung einer früher bewohnten Wohnung zu einer faktischen Umzugssperre führen.

Das Jobcenter meint: Während des Bezugs von Bürgergeld gilt eine – faktische Umzugssperre! Dem hat das Bundessozialgericht aber einen Riegel vorgeschoben ( B 14 AS 13/16 R).

Denn Grundsätzlich sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur die angemessenen, tatsächlichen Aufwendungen für die aktuell bewohnte Wohnung zu übernehmen, weil nur dies der Sicherung der Unterkunft dient.

Nicht bezahlte Aufwendungen für frühere Wohnungen sind Schulden; diese werden nur ausnahmsweise übernommen (§ 22 Abs 8 SGB II).

Vorliegend ist jedoch eine Ausnahme zu machen, weil die Leistungsempfänger durchgehend schon zum Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Nachforderung bis zu deren Geltendmachung und Fälligkeit im Leistungsbezug nach dem SGB II standen.

Bezieher von Bürgergeld sind bei Nicht- Übernahme der Forderung der Gefahr von Schulden ausgesetzt

Würde die Nachforderung nicht durch das Jobcenter übernommen, würde dies faktisch wie eine Umzugssperre wirken, weil Empfänger von Bürgergeld bei unzureichenden Nebenkostenvorauszahlungen dem Risiko, Schulden zu machen, ausgesetzt wären.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen Jobcenter Leistungsempfänger bei Streitigkeiten beraten und unterstützen

Besteht vor und nach dem Umzug ein Rechtsverhältnis zu demselben Vermieter oder Energielieferanten, können weitere Streitigkeiten bei den Abrechnungen in den Folgejahren auftreten, hinsichtlich deren das Jobcenter die Leistungsberechtigten zu beraten hätte.

Zudem mindert eine Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen Umzugs nach § 22 Abs 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.

Darum hat das Bundessozialgericht mit Urteil AZ: B 14 AS 13/16 R – fest gestellt, dass Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, ein anzuerkennender Bedarf für Unterkunft und Heizung sind, wenn die leistungsberechtigte Person durchgehend von der tatsächlichen Entstehung der Nachforderung bis zur deren Fälligkeit hilfebedürftig nach dem SGB II war ( Weiterführung von BSG vom 25.6.2015 – B 14 AS 40/14 R – ) .

Praxistipp

Jobcenter müssen anteilige Nebenkostennachforderungen nach § 22 Abs. 1 SGB II auch dann übernehmen, wenn der Bürgergeldempfänger die bisherige Wohnung nicht während des gesamten Abrechnungszeitraums bewohnt haben.

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Rente mit Schwerbehinderung oder Altersrente ohne Abschlag: Diese Rente überzeugt durch mehr Optionen

11. November 2025 - 11:16
Lesedauer 4 Minuten

Ein Fall aus der Praxis des SoVD: Ralf hat 45 Jahre lang Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt und verfügt zusätzlich über einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G.

Damit erfüllt er zwei anspruchsvolle Voraussetzungen zugleich: Er kann die Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen oder die Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

In der abschlagsfreien Variante wären beide Rentenarten gleich hoch. Die scheinbar einfache Ausgangslage wirft deshalb eine naheliegende Frage auf: Welche Option ist nun die bessere?

Zwei Wege ohne Abschlag – identischer Betrag, andere Logik

Für den Jahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren. Wer – wie Ralf – 45 Versicherungsjahre vorweisen kann, darf über die Altersrente für besonders langjährig Versicherte zwei Jahre früher ohne Abschlag in den Ruhestand gehen, also mit 65 Jahren.

Dasselbe gilt für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen: Auch hier ist die abschlagsfreie Inanspruchnahme für diesen Jahrgang mit 65 Jahren möglich.

Der Zahlbetrag ist in beiden Fällen identisch, solange beide Rentenarten exakt zum abschlagsfreien Zeitpunkt beginnen.

Wichtig ist dabei ein oft übersehener Punkt: „Abschlagsfrei“ bedeutet nicht „so hoch wie mit 67“. Wer zwei Jahre früher aus dem Erwerbsleben ausscheidet, erwirbt in diesen zwei Jahren keine zusätzlichen Entgeltpunkte mehr. Der fehlende Beitragszeitraum senkt die endgültige Rentenhöhe im Vergleich zu einem Rentenbeginn mit 67 – selbst ohne prozentuale Abschläge.

Der entscheidende Unterschied: Flexibilität der Schwerbehindertenrente

Während die Altersrente für besonders langjährig Versicherte in ihrer Logik relativ starr ist, eröffnet die Altersrente für schwerbehinderte Menschen mehr Spielraum beim Rentenbeginn.

Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann – muss aber nicht – noch früher in Rente gehen und nimmt dafür pro Monat des vorgezogenen Bezugs einen dauerhaften Abschlag von 0,3 Prozent in Kauf.

Praktisch bedeutet das: Ein Rentenbeginn mit 64 Jahren führt zu einem Abschlag von 3,6 Prozent, mit 63 Jahren zu 7,2 Prozent und mit 62 Jahren zu 10,8 Prozent. Diese Vorverlegung ist über die 45-Jahre-Rente nicht möglich.

Gerade dieser zusätzliche Gestaltungsspielraum ist der zentrale Unterschied zwischen beiden Rentenarten. Er ist es auch, der rechtlich die Weichen stellt, wenn beide Varianten zum gleichen abschlagsfreien Termin gleich hoch wären.

Automatische Zuordnung: Was das Gesetz vorgibt

Das Rentenrecht sieht eine klare Reihenfolge vor, welche Rentenart vorrangig zu gewähren ist, wenn mehrere Varianten zugleich möglich sind und in der abschlagsfreien Ausprägung zum selben Zahlbetrag führen. In solchen Konstellationen ordnet die Rentenversicherung die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu.

Begründet wird dies damit, dass diese Rentenart – bei gleicher Rentenhöhe im abschlagsfreien Fall – die größere Flexibilität bietet, nämlich die Option eines noch früheren Rentenbeginns gegen Abschlag.

Eine aktive Wahlhandlung ist in der Regel also nicht erforderlich; die Zuordnung erfolgt automatisch.

Beispielrechnung: Jahrgang 1964 im Überblick

Ausgehend vom Geburtsjahr 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren. Mit 45 Versicherungsjahren ist der abschlagsfreie Rentenbeginn ab 65 möglich – wahlweise über die 45-Jahre-Rente oder die Schwerbehindertenrente.

Entscheidet sich Ralf für einen noch früheren Start, erlaubt das nur die Schwerbehindertenrente. Der dann anfallende Abschlag beträgt 0,3 Prozent je vorgezogenen Monat, also bis zu 10,8 Prozent bei drei Jahren Vorverlegung. In jedem Fall gilt: Je früher der Einstieg, desto länger wird die (dann dauerhaft geminderte) Rente bezogen und desto weniger Beitragsjahre kommen hinzu.

Teilrente statt Vollrente: Wozu das gut sein kann

Neben der Frage nach der passenden Rentenart spielt in der Praxis zunehmend die Teilrente eine Rolle. Sie ist keine eigene Rentenart, sondern eine Auszahlungsform der Altersrente. Statt 100 Prozent der errechneten Rente zu beziehen, lässt sich der Zahlbetrag zwischen 10 Prozent und 99,99 Prozent flexibel festlegen.

Das ist vor allem dann interessant, wenn weiterhin eine Erwerbstätigkeit aufgenommen oder fortgeführt wird.

Eine Teilrente kann den Anspruch auf Krankengeld erhalten, der bei einer vorgezogenen Vollrente ansonsten entfiele. Kommt es während einer Beschäftigung mit parallelem Teilrentenbezug zu einem Arbeitsplatzverlust, ist zudem – unter bestimmten Voraussetzungen – ein zeitlich begrenzter Bezug von Arbeitslosengeld möglich.

Auch hier gilt: Die Möglichkeiten bestehen in der Regel nur, wenn tatsächlich neben der Rente gearbeitet wird. Wer nicht arbeitet, profitiert von diesen Schutzwirkungen üblicherweise nicht.

Pflege in der Familie: Warum die Teilrente auch hier sinnvoll sein kann

Ein weiterer sinnvoller Anwendungsfall für die Teilrente ergibt sich, wenn nahe Angehörige zu Hause gepflegt werden. Für private Pflege leisten die Pflegekassen unter bestimmten Voraussetzungen Rentenbeiträge zugunsten der pflegenden Person.

Diese rentensteigernde Wirkung kommt typischerweise nicht zum Tragen, wenn bereits eine Vollrente bezogen wird. Wer stattdessen eine Teilrente nutzt, kann weiterhin zusätzliche Rentenansprüche aus der Pflegezeit aufbauen und so den eigenen Zahlbetrag für die Zukunft erhöhen. Das kann vor allem bei länger andauernder Pflege ein relevanter Faktor sein.

Wechsel bleibt möglich: Von Voll- zu Teilrente und umgekehrt

Die Gestaltung ist nicht endgültig in Stein gemeißelt. Wer zunächst eine Vollrente bezieht, kann zu einem späteren Zeitpunkt auf eine Teilrente umstellen, etwa wenn eine Pflegesituation in der Familie eintritt oder eine Teilzeitbeschäftigung aufgenommen wird. Umgekehrt lässt sich auch von der Teil- zur Vollrente wechseln.

Die Flexibilität dieser Auszahlungsform ist ausdrücklich gewollt und erlaubt Anpassungen an veränderte Lebenslagen.

Beratung zahlt sich aus: Individuelle Zahlen prüfen lassen

Ob eine frühere Inanspruchnahme mit Abschlag sinnvoll ist, ob eine Teilrente praktische Vorteile bietet oder ob der abschlagsfreie Rentenbeginn die beste Lösung bleibt, hängt an persönlichen Daten: Einkommensperspektive, Gesundheitslage, Steuer- und Krankenversicherungsaspekte, geplante Erwerbsarbeit und mögliche Pflegeverantwortung.

Eine individuelle Rentenauskunft sowie ein Beratungstermin bei der Deutschen Rentenversicherung schaffen Klarheit. Wer eine zweite, unabhängige Einschätzung wünscht, kann sich zusätzlich an Sozialverbände oder spezialisierte Beratungsstellen wenden.

Fazit: Abschlagsfrei gleich hoch – die Schwerbehindertenrente überzeugt durch Optionen

Für Ralf, der sowohl 45 Versicherungsjahre als auch eine anerkannte Schwerbehinderung mitbringt, sind beide Rentenarten im abschlagsfreien Startpunkt gleich hoch. Ausschlaggebend ist daher nicht die Rentenhöhe, sondern die Gestaltungsfreiheit.

Weil die Schwerbehindertenrente die Option eines noch früheren Beginns gegen Abschlag bereithält, ordnet die Rentenversicherung bei Gleichstand automatisch diese Rentenart zu.

Wer darüber hinaus weiterarbeiten oder Angehörige pflegen möchte, sollte die Teilrente prüfen. Sie kann wichtige Ansprüche sichern und zusätzliche Rentenpunkte ermöglichen. Am Ende entscheidet die konkrete Lebenslage – und eine fundierte Beratung hilft, den passenden Weg verlässlich zu wählen.

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Krankengeld: Dann gilt keine Blockfrist mehr

11. November 2025 - 11:05
Lesedauer 2 Minuten

Die Dreijahresfrist beim Krankengeld, auch Blockfrist genannt, legt fest, dass Sie bei derselben Erkrankung innerhalb von drei Jahren maximal für 78 Wochen Krankengeld erhalten.

Diese Regelung gehört zentral zum deutschen Sozialrecht. Viele Versicherte kennen die genauen Bedingungen nicht. Dies kann ebenso dazu führen, dass Sie eine böse Überraschung erleben, weil Sie ohne Krankengeld dastehen. Ebenso passiert es, dass Sie Krankengeld nicht in Anspruch nehmen, obwohl es Ihnen zusteht.

Die wichtigsten Fakten

Innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren zahlt die Krankenkasse für die gleiche Erkrankung höchstens 78 Wochen Krankengeld. In diesen 78 Wochen ist allerdings die sechswöchige Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bereits enthalten. In der Realität erhalten Sie das Krankengeld daher meist für bis zu 72 Wochen.

Die Blockfrist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit aufgrund der jeweiligen Erkrankung. Dabei spielt es keine Rolle, ob zuerst der Arbeitgeber das Gehalt weiterzahlt.

Der Anspruch auf Krankengeld läuft auch dann weiter, wenn Sie zwischendurch Lohnfortzahlung erhalten, Übergangsgeld beziehen oder es zu kürzeren Arbeitsphasen kommt.

Ist die maximale Bezugsdauer von 78 Wochen innerhalb der Dreijahresfrist ausgeschöpft, endet der Krankengeldanspruch für diese spezifische Erkrankung. Diesen Vorgang nennt man Aussteuerung. Wenn Sie danach weiterhin arbeitsunfähig sind, können sich die folgenden Schritte anschließen.

Eine neue Blockfrist bei gleicher Krankheit

Ein neuer Anspruch auf Krankengeld bei derselben Krankheit entsteht erst, wenn Sie nach der Aussteuerung mindestens sechs Monate lang durchgängig wieder gearbeitet haben oder aus einem anderen Grund nicht arbeitsunfähig waren.

Blockfrist bei neuer Krankheit

Anders sieht es aus bei einer neuen Krankheit, die nicht in Bezug zu derjenigen steht, die ihr vorausging.

Bei einer völlig neuen, andersartigen Erkrankung ist ein neuer Anspruch auf bis zu 78 Wochen Krankengeld möglich – unabhängig von der ursprünglichen Dreijahresfrist noch läuft oder bereits abgelaufen ist. Rechtlich ist die Lage eindeutig. So definierte das Bundessozialgericht die Abgrenzung gleich in mehreren Urteilen, zum Beispiel 2022 (L 11 KR 1362/21).

Worauf müssen Sie achten?

Die Krankenkassen berechnen die 78-Wochen-Frist sehr genau. Dabei rechnen sie die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers für sechs Wochen mit.
Bei mehreren Krankheiten ist eine genaue medizinische Abgrenzung entscheidend, da jede Krankheit potenziell eine neue Blockfrist auslösen kann.

Sie müssen bei Ihrem behandelnden Arzt dringend darauf achten, dass dieser den Unterschied zwischen der neuen und der alten Erkrankung in seinem Befund deutlich macht.

Sie müssen Ihre Arbeitsfähigkeit lückenlos dokumentieren. Auch wenn zwischen der letzten und der jetzigen Krankschreibung nur ein Tag verstreicht, ist das in den Augen der Krankenversicherung eine Lücke, bei der das fortlaufende Krankengeld nicht auszahlt.

Neuer Anspruch auf Krankengeld

Sie können neu Krankengeld beantragen, wenn sie mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig wurden. Das gilt, wenn Sie zumindest teilweise arbeiteten oder Arbeitslosengeld bezogen.
Ganz wichtig dabei ist Folgendes: Wenn Sie sich in dieser Zeit zwar ärztlich behandeln lassen, aber der Arzt Ihnen keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, wirkt sich das nicht auf Ihre Berechtigung zum Krankengeld aus.

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Typische Krankengeld-Falle: Diese Frist stoppt die Krankengeldzahlung

11. November 2025 - 11:03
Lesedauer 2 Minuten

Wer länger krank ist, muss das Krankengeld beantragen. Doch wehe eine Frist wird verpasst, dann droht die häufige Krankengeld-Falle.

Krankengeld, wenn Lohnfortzahlung endet

Im Krankheitsfall übernimmt zunächst der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung – für höchstens sechs Wochen und in voller Höhe des Arbeitsentgelts. Danach springt die gesetzliche Krankenkasse ein.

Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttogehalts, darf aber 90 Prozent des letzten Nettogehalts nicht überschreiten und ist auf 78 Wochen innerhalb von drei Jahren begrenzt.

Die Meldefristen: Sieben Tage, die über das Einkommen entscheiden

Entscheidend für den Anspruch ist nicht allein die ärztliche Diagnose, sondern auch die rechtzeitige Meldung. Wer seine Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht innerhalb einer Woche nach Beginn der Erkrankung anzeigt, riskiert, dass das Krankengeld ruht, bis die Bescheinigung eingeht. Die Frist verlängert sich nur, wenn ihr Ende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt.

So gefährlich sind Lücken in der Krankschreibung

Auch nach der Einführung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) gilt: Zwischen zwei Krankschreibungen darf kein Werktag ohne Attest liegen, sonst ruht das Krankengeld.

Das TSVG hat diese Regel zwar entschärft, weil eine verspätete Folgebescheinigung den Anspruch nicht mehr endgültig entfallen lässt, doch die Leistung wird bis zur Nachmeldung ausgesetzt – für Betroffene oft ein  Leistungsvakuum.

Digitalisierung schützt nicht vor Verantwortung: Die eAU

Seit Januar 2023 stellen Vertragsärztinnen und -ärzte die elektronische Arbeitsunfähigkeits­bescheinigung (eAU) direkt an die Krankenkasse zu; Arbeitgeber rufen sie digital ab.

Für Versicherte entfällt die Papierpflicht – nicht aber die Obliegenheit, den Arbeitgeber sofort über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren. Technische Probleme beim Datentransfer dürfen Beschäftigte allerdings nicht mehr benachteiligen.

Lesen Sie auch:

– Krankengeld: Diese Dinge darf die Krankenkasse überhaupt nicht fragen

Neue Rechtsprechung stärkt Versicherte

Das Bundessozialgericht bestätigte 2024, dass der Krankengeldanspruch auch dann besteht, wenn die eAU verspätet bei der Kasse eingeht. Ärztinnen und Ärzte tragen die Übermittlungspflicht; eine Verzögerung kann Versicherten nicht angelastet werden. Damit sind zumindest die Risiken technischer Pannen deutlich reduziert worden.

Die Krankengeldfalle

Trotz der Reformen bleiben Lücken im System. Besonders problematisch ist die sogenannte Krankengeldfalle: Wer während einer längeren Erkrankung seinen Arbeitsplatz verliert und zugleich die Krankschreibung nicht nahtlos fortführen kann, droht in den Bürgergeldbezug abzurutschen.

Der Sozialverband VdK fordert seit Jahren eine gesetzliche Korrektur. Das Bundesgesundheitsministerium hat im Mai 2025 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die starren Fristen weiter lockern und Härtefälle verhindern soll. Die Details werden derzeit in Bundestag und Bundesrat beraten.

Was Betroffene jetzt tun können

Solange die Reform nicht verabschiedet ist, bleibt Wachsamkeit das wirksamste Mittel. Ärztliche Atteste sollten immer lückenlos bis zum nächsten Werktag vorliegen, digitale Übermittlungen sollten nachvollziehbar dokumentiert und – falls nötig – durch einen Ausdruck ergänzt werden.

Wer wegen Praxis­schließungen oder Feiertagen keinen Termin bekommt, sollte den Kontaktversuch schriftlich festhalten und notfalls eine andere Praxis aufsuchen, um eine Unterbrechung zu vermeiden.

Ausblick: Mehr Flexibilität, weniger Bürokratie

Die geplante Gesetzesänderung könnte einen entscheidenden Schritt zu einem gerechteren System bedeuten. Verbände, Gerichte und Patientinnen haben den Reformdruck erhöht, und die Digitalisierung der eAU zeigt, dass strukturelle Verbesserungen möglich sind.

Bis die neue Regelung greift, bleibt es jedoch in der Verantwortung jedes Einzelnen, Fristen akribisch einzuhalten – denn ein einziges Versäumnis kann noch immer existenzielle Folgen haben.

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So wirst du garantiert gekündigt: 7 Gründe warum eine Job-Kündigung erfolgt

11. November 2025 - 10:28
Lesedauer 4 Minuten

Kündigungen erscheinen selten aus heiterem Himmel. In vielen Fällen verdichten sich über Wochen oder Monate Anzeichen – manche offensichtlich, andere subtil. Aus arbeitsrechtlicher Sicht lassen sich die meisten Fälle drei Kategorien zuordnen: verhaltensbedingte, personenbedingte und betriebsbedingte Kündigungen.

“In der Praxis überlagern sich diese jedoch häufig”, sagt Rechtsanwalt Christian Lange aus Hannover der auch Fachanwalt für Arbeitsrecht ist.

Vorgesetzte bewerten nämlich Leistungen, Teams reagieren auf Unkollegialität, Krankheiten belasten Abläufe, und nicht zuletzt spielt menschliche Sympathie eine Rolle, so Lange.

Mangelnde Leistungsfähigkeit: Der schwer messbare Klassiker

Der häufigste Erklärungsversuch lautet „Low Performance“. In klar standardisierten Umgebungen – etwa am Fließband – lassen sich Mengen und Qualitäten objektiv vergleichen.

In wissensintensiven Tätigkeiten ist das weit schwieriger. Quantität ist nicht gleich Qualität: Wer hunderte Tickets abarbeitet, erledigt womöglich leichtere Fälle als die Kollegin, die weniger, dafür komplexere Vorgänge löst.

Genau darin liegt die arbeitsrechtliche Hürde für den Arbeitgeber: Er muss nicht nur Abweichungen zeigen, sondern nachvollziehbar darlegen, dass die Leistung objektiv und dauerhaft hinter dem Soll zurückbleibt, obwohl die Rahmenbedingungen vergleichbar sind und Unterstützungsangebote ausgeschöpft wurden.

Dauer- oder Totalüberwachung ist datenschutzrechtlich eng begrenzt, weshalb Leistungsdefizite oft nur indirekt belegt werden.

“In der Praxis werden deshalb statt reiner „Mengen-Kündigungen“ häufig andere Ansatzpunkte gesucht – etwa Pflichtverstöße im Arbeitsprozess oder organisatorische Umstrukturierungen” berichtet der Anwalt.

Häufige Erkrankungen: Faktische Ursache, juristisch heikel

Krankheit ist keine Schuldfrage. Dennoch geraten Beschäftigte mit häufigen oder lang andauernden Ausfällen auf interne „Abschlusslisten“.

Eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit setzt rechtlich hohe Hürden voraus: eine negative Gesundheitsprognose, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen sowie eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers. Hinzu kommt das betriebliche Eingliederungsmanagement als milderes Mittel.

“Weil diese Voraussetzungen schwer zu erfüllen sind, suchen Arbeitgeber in der Realität nicht selten nach anderen Begründungen, etwa betriebsbedingten Argumenten”, so Lange.

Für Betroffene heißt das: Attestlage sauber halten, Rehabilitations- und BEM-Angebote wahrnehmen, und dokumentieren, welche Anpassungen die Tätigkeit stabilisieren könnten.

Wiederkehrende Fehler: Vom Missgeschick zum Kündigungsrisiko

Niemand arbeitet fehlerfrei. Kündigungsrelevant werden Fehler erst, wenn sie in Frequenz oder Schwere Pflichtenverletzungen darstellen und trotz vorheriger Abmahnung fortbestehen.

“Entscheidend ist aber, ob es um einmalige Versehen, um Schulungsdefizite oder um bewusstes Ignorieren verbindlicher Vorgaben geht”,  sagt der Anwalt.

“Wer gegenüber geregelten Arbeitsanweisungen dauerhaft eigene Wege geht, öffnet die Tür für eine verhaltensbedingte Kündigung – zumal dann, wenn Schäden entstehen, Fristen reißen oder Compliance-Standards berührt sind”, mahnt Lange.

“Beschäftigte sollten dokumentieren, welche Arbeitsanweisungen galten, welche Ressourcen verfügbar waren und welche Rückfragen oder Schulungen sie aktiv eingefordert haben.”

Persönliche Antipathie: Der leise Treiber

Sympathie prägt Wahrnehmung. Führungskräfte bewerten dieselbe Leistung nicht immer gleich, und unbewusste Voreingenommenheit kann Kritik intensivieren.

Antipathie ist keine tragfähige Kündigungsbegründung, wohl aber ein Katalysator: Wer ohnehin kritisch gesehen wird, erlebt strengere Maßstäbe und engmaschigere Kontrolle.

Gegenmittel sind Transparenz, sachliche Kommunikation und das Suchen formaler Feedback-Räume. “Wo ein Betriebsrat existiert, kann dessen Einbindung Gespräche versachlichen”, so der Ratschlag des Rechtsanwaltes.

Unkollegialität: Wenn das Team zur Bühne wird

Teamdynamiken entscheiden oft über Karrieren. Wer systematisch Vorteile auf Kosten anderer sucht, Urlaubslisten stets zu eigenen Gunsten füllt, sich bei Präsenzpflichten entzieht oder sich bei Vorgesetzten anbiedert, provoziert Widerstände.

Der daraus entstehende Unmut bahnt sich Wege – über informelles Feedback, Beschwerden oder schlichte Ablehnung im Arbeitsalltag.

Im Extremfall eskalieren Konflikte zu Mobbing- oder gar Bossing-Konstellationen. Rechtlich verwertbar wird Unkollegialität dort, wo sich daraus Pflichtverletzungen, Störungen des Betriebsfriedens oder Leistungsbeeinträchtigungen ableiten lassen. Präventiv helfen klare Absprachen, transparente Vertretungsregeln und die Bereitschaft, unpopuläre Aufgaben fair zu teilen.

Auftreten gegenüber der Führung: Kleine Verstöße, großes Bild

Nicht jede Verfehlung wiegt schwer. Viele Kündigungen sind jedoch das Ende vieler kleiner Signale: regelmäßig verspätete Meeting-Starts, fehlende Rückmeldungen, sarkastische Kommentare, eigenmächtig genommener Urlaub oder das Ignorieren von Freigabeprozessen.

“Besonders riskant sind Arbeitszeitverstöße”, warnt der Arbeitsrechtler. Häufige Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit, manipulierte Zeiterfassung oder das bewusste Ausdehnen von Pausen können – je nach Intensität und Beweislage – eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

“Der digitale Fußabdruck ist dabei oft aussagekräftiger, als Beschäftigte annehmen”, warnt der Anwalt. “Wer im Homeoffice arbeitet, sollte Zeiten, Erreichbarkeiten und Ergebniserwartungen verbindlich klären, um Missverständnisse zu vermeiden.”

Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers: Die rote Linie

Beleidigungen, Diebstahl, Unterschlagung oder der unberechtigte Abfluss sensibler Informationen überschreiten die Schwelle der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung. Hier drohen fristlose Kündigungen und mitunter strafrechtliche Konsequenzen.

Auch vermeintliche „Bagatellen“ – etwa das Mitnehmen von Arbeitsmitteln – können schwer wiegen, wenn Vertrauensbruch im Raum steht. Präventiv hilft eine einfache Regel: “Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, bleibt im Betrieb”, rät der Anwalt.

Kündigungsschutz in der Praxis: Hürden, Fristen, Beweislast

In Betrieben mit regelmäßig mehr als zehn Vollzeitkräften und nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit greift der allgemeine Kündigungsschutz. Arbeitgeber müssen Kündigungen sozial rechtfertigen und den Betriebsrat – sofern vorhanden – ordnungsgemäß anhören.

Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist eine vorherige, einschlägige Abmahnung in der Regel erforderlich; bei personenbedingten Kündigungen sind mildere Mittel zu prüfen; bei betriebsbedingten Kündigungen sind soziale Auswahl und freie Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Für Beschäftigte wichtig ist die Frist: Gegen eine Kündigung kann nur binnen drei Wochen ab Zugang Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden.

Wer diese Frist versäumt, verliert regelmäßig die Chance auf gerichtliche Überprüfung – und oft auch auf Verhandlungsspielräume etwa für Abfindungen.

Richtig reagieren: Souveränität statt Schnellschuss

Im Ernstfall gilt zuvorderst Ruhe. Der Zugang der Kündigung sollte dokumentiert, der Umschlag aufbewahrt und der Inhalt fotografiert werden. Unterschriften sollten sich, wenn überhaupt, auf den Erhalt der Kündigung beschränken; rechtliche Erklärungen – insbesondere Aufhebungsverträge, Abwicklungsvereinbarungen oder Ausgleichsquittungen – sollten ohne Beratung nicht unterzeichnet werden.

Parallel empfiehlt sich die Sicherung eigener Unterlagen: Zielvereinbarungen, E-Mails zu Arbeitsinhalten, Nachweise über Schulungen, Krankmeldungen und Schriftwechsel zu BEM-Maßnahmen.

Ein Zwischenzeugnis kann sinnvoll sein, ebenso die schriftliche Bitte um eine genaue Arbeitsbescheinigung.

Wer erkrankt ist, meldet sich korrekt ab und reicht Nachweise fristgerecht ein. Gespräche mit Führungskräften sollten kurz, sachlich und protokolliert erfolgen; emotionale Auseinandersetzungen helfen selten und verschlechtern die Ausgangslage.

Aufhebungsvertrag statt Kündigung: Chance oder Falle

Nicht jede Trennung erfolgt per Kündigung. Häufig liegt ein Aufhebungsvertrag auf dem Tisch – verlockend durch eine schnelle Lösung, aber mit Risiken für Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld oder für die Durchsetzung von Ansprüchen.

Entscheidend sind Timing, Formulierungen, Ausgleichsregelungen, Resturlaub, Boni und Zeugnis. Wer Verhandlungsspielräume ausloten will, braucht Klarheit über die tatsächliche Beweislage und die Prozessrisiken beider Seiten. Erst dann lässt sich seriös einschätzen, ob eine Abfindung realistisch ist und in welcher Größenordnung.

Fazit: Prävention, Dokumentation, Professionalität

Die meisten Kündigungen haben eine Vorgeschichte. Wer klare Absprachen sucht, Leistungen transparent macht, Feedback aktiv einfordert und Teaminteressen ernst nimmt, reduziert Risiken deutlich. Kommt es doch zum Bruch, entscheiden die ersten Tage über die Optionen. Fristen wahren, Dokumente sichern, nichts Unbedachtes unterschreiben – und die eigene Geschichte strukturiert aufbereiten. So wird aus einem Schockmoment eine Situation, die sich sachlich prüfen und, wo möglich, zu fairen Konditionen gestalten lässt.

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Vorzeitige EM-Rente bei Rückenschmerzen? Ja und Nein

11. November 2025 - 10:13
Lesedauer 4 Minuten

Chronische Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen, warum Menschen ihre Arbeit nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr ausüben können.

Die naheliegende Frage lautet: Reichen Rückenschmerzen allein, um eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM-Rente) zu erhalten?

Die kurze Antwort ist: Ja und Nein. Aber die längere Antwort ist differenzierter – und sie beginnt mit einem Blick auf den rechtlichen Rahmen und die Anforderungen, die die Deutsche Rentenversicherung an den Leistungsfall stellt.

Rechtlicher Rahmen: Teilweise und volle Erwerbsminderung

Das deutsche Rentenrecht unterscheidet zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung. Wichtig hierbei ist nicht der bisherige Beruf, sondern die verbliebene Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Teilweise erwerbsgemindert ist, wer aus gesundheitlichen Gründen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitslebens auf absehbare Zeit nur noch zwischen drei und unter sechs Stunden täglich arbeiten kann.

Volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn selbst leichte Tätigkeiten nicht einmal mehr drei Stunden täglich möglich sind.

Wer hingegen noch sechs Stunden und mehr arbeiten kann, gilt grundsätzlich nicht als erwerbsgemindert – selbst wenn der ursprüngliche Beruf aufgrund gesundheitlicher Beschwerden, etwa starker Rückenprobleme, nicht mehr ausgeübt werden kann.

Der allgemeine Arbeitsmarkt als Maßstab

Warum sind Rückenschmerzen häufig kein alleiniger Türöffner zur EM-Rente? Der Grund liegt im Prüfmaßstab: Entscheidend ist, ob die oder der Betroffene noch irgendeine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dauerhaft verrichten kann.

Dieser Markt umfasst alle üblichen Erwerbstätigkeiten außerhalb geschützter Arbeitsbereiche wie Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Berücksichtigt werden dabei die normalen Rahmenbedingungen wie gesetzlich geregelte Pausen und Urlaubszeiten sowie Grundanforderungen an Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen.

Wer beispielsweise den körperlich belastenden Beruf als Maurerin oder Maurer wegen Rückenbeschwerden aufgeben musste, aber in einem leichten Bürojob weiterhin sechs Stunden täglich einsatzfähig wäre, erfüllt die Voraussetzungen für eine EM-Rente in der Regel nicht.

Die Besonderheit „Berufsunfähigkeit“ für ältere Jahrgänge

Eine Ausnahme existiert für Menschen, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden. Sie können – unter engen Bedingungen – noch eine teilweise EM-Rente wegen Berufsunfähigkeit erhalten. Hier rückt der bisherige Beruf stärker in den Fokus. Allein die Tatsache, den ursprünglichen Beruf nicht mehr ausüben zu können, genügt allerdings nicht.

Entscheidend ist, ob eine unzumutbare berufliche „Abstufung“ erforderlich wäre. Wer etwa einen anerkannten Ausbildungsberuf mit dreijähriger Lehre erlernt hat, muss grundsätzlich keinen Helferinnen- oder Helferjob ohne Ausbildung annehmen.

Anders liegt der Fall bei Personen mit kürzerer Ausbildung oder ohne Abschluss: Sie müssen jede zumutbare, gesundheitlich mögliche Tätigkeit akzeptieren, sofern sie sechs Stunden täglich leistbar ist. Damit bleibt auch innerhalb dieser Sonderregelung der objektive Maßstab des allgemeinen Arbeitsmarkts prägend.

Wenn ein Leiden nicht allein entscheidet: Summierung von Leistungseinschränkungen

In der Praxis führen Rückenschmerzen häufig im Zusammenspiel mit weiteren Einschränkungen zur Erwerbsminderung. Typisch sind Kombinationen aus körperlichen und psychischen Erkrankungen. Rückenleiden können schwere körperliche Tätigkeiten ausschließen, während psychische Erkrankungen die Belastbarkeit in geistig oder sozial anspruchsvollen Jobs mindern.

Auch wenn jede einzelne Einschränkung für sich genommen eine Arbeitsfähigkeit von sechs Stunden täglich zuließe, kann die Summe der Einschränkungen dazu führen, dass faktisch keine ausreichenden, leidensgerechten Tätigkeiten mehr verbleiben.

Sozialrechtlich spricht man dabei von einer „Summierung von Leistungseinschränkungen“.

Sie begründet nicht automatisch einen Rentenanspruch. Wenn aber substantiiert dargelegt und nachgewiesen wird, dass die Kombination der Leiden die berufliche Einsetzbarkeit in ungewöhnlichem Maße verengt, darf die Rentenversicherung die EM-Rente nur ablehnen, wenn sie eine konkrete, leidensgerechte Tätigkeit benennt, die unter üblichen Bedingungen in nennenswerter Zahl existiert. Es müssen keine freien Stellen belegt werden – aber die genannte Tätigkeit darf kein theoretischer Ausnahmefall sein.

Nachweis und Begutachtung: Was im Verfahren zählt

Ob alleinige Rückenschmerzen, eine Kombination mehrerer Leiden oder die Prüfung der beruflichen Qualifikationsstufen – im EM-Verfahren kommt es auf nachvollziehbare, aktuelle und fachärztlich gestützte Nachweise an. Behandelnde Ärztinnen und Ärzte, Reha-Berichte, bildgebende Diagnostik sowie Verlaufsdokumentationen spielen eine zentrale Rolle.

Ebenso wichtig ist die Beschreibung der funktionellen Einschränkungen im Alltag und am Arbeitsplatz: Welche Bewegungsabläufe sind wie lange möglich?

Wie wirken sich Schmerzspitzen, Medikamentennebenwirkungen oder psychische Symptome auf Konzentration, Ausdauer und Belastbarkeit aus? Entscheidend ist immer die Übertragbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Wer beispielsweise darlegen kann, dass nur wechselbelastende Tätigkeiten in besonderem Schonmodus und nur deutlich unter sechs Stunden täglich möglich sind, untermauert die Voraussetzungen für eine teilweise oder volle EM-Rente erheblich.

Ablehnung der EM-Rente: Widerspruch und Klage als regulärer Weg

Eine Ablehnung der EM-Rente ist kein Endpunkt. Das Sozialrecht sieht den Widerspruch als regulären Rechtsbehelf vor. Innerhalb der Frist können Betroffene ergänzende Befunde einreichen, Einwendungen gegen Gutachten vorbringen und eine erneute Prüfung veranlassen. Bleibt der Widerspruch erfolglos, steht der Klageweg zum Sozialgericht offen.

Dort wird der Sachverhalt erneut bewertet, häufig unter Hinzuziehung unabhängiger Sachverständiger. Erfahrungsgemäß erhöhen strukturierte medizinische Unterlagen und eine präzise Darstellung der funktionellen Einschränkungen die Erfolgsaussichten erheblich. Wer unsicher ist, kann sich von Beratungsstellen, Sozialverbänden oder spezialisierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten unterstützen lassen.

Unterstützung jenseits der EM-Rente: Behinderung, Nachteilsausgleiche, Existenzsicherung

Nicht jede Person mit chronischen Rückenschmerzen erfüllt die strengen Zugangsvoraussetzungen der EM-Rente. Gleichwohl bestehen weitere Hilfen. Die Anerkennung einer Behinderung und die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) können zu Nachteilsausgleichen führen, etwa steuerlichen Entlastungen, Zusatzurlaub oder besonderen Schutzrechten im Arbeitsverhältnis.

Parallel kommen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben in Betracht, etwa Umschulungen, Hilfsmittelversorgung oder eine stufenweise Wiedereingliederung. Wenn kein Anspruch auf EM-Rente besteht oder die Leistungshöhe den Lebensunterhalt nicht deckt, kommen – je nach Situation – Bürgergeld, Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht.

Welche Leistung passt, hängt von Erwerbsfähigkeit, Alter, Bedarfsgemeinschaft und Vermögenssituation ab und sollte im Einzelfall geprüft werden.

Warum „Rückenschmerzen allein“ selten ausreichen

Die zentrale Erkenntnis lautet: Nicht das Etikett der Diagnose entscheidet, sondern die funktionelle Leistungsfähigkeit in Stunden pro Tag und unter welchen Bedingungen diese Arbeit noch geleistet werden kann. Rückenschmerzen sind häufig, aber in ihrer Ausprägung sehr unterschiedlich. Viele Tätigkeiten lassen sich leidensgerecht anpassen – etwa durch wechselnde Körperhaltungen, Hebe- und Tragelimitierungen oder organisatorische Entlastungen.

Solange damit eine Einsatzfähigkeit von sechs Stunden und mehr in leichten Tätigkeiten plausibel bleibt, verneint die Rentenversicherung meist die Erwerbsminderung. Erst wenn die Schmerzen – gegebenenfalls zusammen mit anderen Erkrankungen – die Einsatzbreite so weit einschränken, dass selbst leichte Tätigkeiten dauerhaft nur noch unter sechs beziehungsweise unter drei Stunden möglich sind, rückt die EM-Rente in Reichweite.

Präzise belegen, prüfen, Alternativen checken

Rückenschmerzen allein sind selten ein hinreichender Grund für eine EM-Rente, weil das Gesetz die abstrakte Einsetzbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellt.

Wer einen Antrag stellt, sollte die funktionellen Grenzen sauber dokumentieren, ärztliche und rehabilitative Befunde bündeln und die Wechselwirkung mit weiteren Leiden nachvollziehbar aufbereiten. Bei Ablehnung lohnt die rechtliche Überprüfung.

Parallel ist es sinnvoll, flankierende Unterstützung – von Reha über Nachteilsausgleiche bis zur existenzsichernden Leistung – früh mitzudenken. So entsteht ein realistisches Bild der Möglichkeiten, das über die Diagnose „Rückenschmerz“ hinaus den tatsächlichen Alltag und die individuelle Belastbarkeit abbildet.

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Jobcenter nimmt Bürgergeld-Bezieher bei den Mitwirkungspflichten in Sippenhaft – Gericht widerspricht

11. November 2025 - 10:01
Lesedauer 4 Minuten

Wer Bürgergeld beantragt, muss mitwirken – so weit, so unstreitig. Doch was passiert, wenn innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft einzelne Mitglieder Unterlagen nicht fristgerecht beibringen? Darf das Jobcenter dann die Bürgergeld-Leistungen für alle streichen?

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat diese Praxis im Berufungsverfahren deutlich zurückgewiesen und eine pauschale Versagung von Leistungen gegenüber einer sechsköpfigen Familie aufgehoben (Urteil vom 08.10.2025, Az.: L 13 AS 241/23).

Die Entscheidung setzt einem verbreiteten Verwaltungshandeln Grenzen und betont die personenbezogene Verantwortlichkeit bei Mitwirkungspflichten.

Zugleich ließ das Gericht die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) zu – ein Hinweis darauf, dass hier eine klärungsbedürftige Grundsatzfrage berührt ist.

Die Ausgangslage: Sechs Personen, ein Versagungsbescheid

Geklagt hatte eine Patchwork-Familie aus dem Raum Aurich: zwei erwerbstätige Elternteile – die Mutter zusätzlich mit einem Kleingewerbe – sowie vier Kinder, darunter ein 2021 geborener gemeinsamer Sohn. Nach einem Bürgergeld- (damals noch Hartz-IV-) Antrag ab August 2021 kam es zunächst zur Ablehnung wegen vermeintlich unzureichender Nachweise.

Nach Widerspruch half das Jobcenter teilweise ab und kündigte eine Neubescheidung an. Für diese verlangte es weitere Unterlagen: Verdienstbescheinigungen, Einnahmen-Überschuss-Rechnungen der Antragstellerin, Kontoauszüge der Eltern sowie zusätzliche Lohnabrechnungen des Partners.

Bis zum Fristablauf gingen wesentliche Nachweise nicht ein. In der Folge versagte die Behörde mit Bescheid vom 28.04.2022 die Leistungen – und zwar für die gesamte Bedarfsgemeinschaft.

Im anschließenden Widerspruch legte die Familie zwar einzelne Lohnabrechnungen vor, doch fehlten weiterhin unter anderem Kontoauszüge und weitere Verdienstnachweise. Das Jobcenter wies den Widerspruch mit Bescheid zurück.

Auch vor dem Sozialgericht Aurich blieb die Familie zunächst erfolglos: Mit Urteil bestätigte das Gericht die Auffassung der Behörde. Erst das LSG hob diese Entscheidungen auf.

Rechtlicher Rahmen: Mitwirkung ja – Kollektivhaftung nein

Die zentrale Norm für Versagungen ist § 66 SGB I. Danach kann die Behörde Leistungen versagen oder entziehen, wenn erforderliche Mitwirkungshandlungen trotz ordnungsgemäßer Belehrung nicht erbracht werden.

Das LSG stellt jedoch klar: Diese Eingriffsbefugnis ist strikt personenbezogen. Sanktioniert werden darf nur, wer seine eigene Mitwirkungspflicht verletzt hat. Kinder einer Bedarfsgemeinschaft sind im Regelfall keine Adressaten solcher Pflichten; sie können daher auch nicht „mitversagt“ werden.

Das Gericht erteilt damit der in der Verwaltungspraxis bisweilen anzutreffenden „Sippenhaft“ eine Absage – ein Ausdruck, der den Kern des Problems plastisch beschreibt, auch wenn er kein juristischer Fachbegriff ist.

Die Entscheidung reiht sich in die Linie bereits bestehender Rechtsprechung ein, die eine pauschale Versagung gegenüber Unbeteiligten für unzulässig hält.

Hervorgehoben wird zugleich die Differenzierung: Jobcenter dürfen Mitwirkung auch zu Unterlagen des Partners verlangen, wenn diese für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit relevant sind.

Diese Anforderung stützt sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach innerhalb der Bedarfsgemeinschaft Informationen über Einkommen und Vermögen wechselseitig leistungsrechtlich bedeutsam sein können. Gleichwohl bleibt die Sanktion personenbezogen.

Das Urteil: Zwei gravierende Rechtsfehler

Nach Auffassung des LSG war der Versagungsbescheid aus zwei Gründen rechtswidrig. Erstens fehlte es an der notwendigen Individualisierung. Die pauschale Einstellung der Leistungen für alle Familienmitglieder verkennt die Struktur der Mitwirkungspflichten.

Die Kinder hatten keine eigenen Pflichten verletzt, eine Versagung zu ihren Lasten kam daher nicht in Betracht. Zweitens monierte das Gericht handwerkliche Defizite: Selbst dort, wo gegenüber den Eltern eine Versagung grundsätzlich möglich gewesen wäre, muss die Behörde ihr Ermessen erkennbar ausüben und den Einzelfall abwägen.

Bloße Textbausteine oder die Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügen nicht. Erforderlich ist eine Begründung, die die besonderen Umstände – etwa den Umfang der vorgelegten Unterlagen, die Mitwirkungsbereitschaft, die Bedeutung der fehlenden Nachweise und mögliche mildere Mittel – erkennbar in Rechnung stellt. Daran fehlte es. Auch der Widerspruchsbescheid heilte diesen Mangel nicht.

Kontrolle versus Grundrechtsschutz: Der schmale Grat

Das Verfahren berührt einen sensiblen Bereich zwischen effektiver Missbrauchsbekämpfung und dem Schutz grundrechtlich verankerter Existenzsicherung.

Die Verwaltung ist verpflichtet, Hilfebedürftigkeit zu prüfen; das kann Nachweise zu Einkommen, Vermögen und Kontobewegungen erfordern. Gleichzeitig sind Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger keine „Bittsteller“, sondern Träger subjektiver Rechte.

Mitwirkungspflichten sind kein Blankoscheck für pauschale Kollektivsanktionen oder für Begründungen „von der Stange“. Das LSG erinnert die Jobcenter daran, dass Eingriffe in das Existenzminimum nur auf tragfähiger, einzelfallbezogener Grundlage zulässig sind.

Kontoauszüge und Datenschutz: Schwärzen ist zulässig, aber nicht grenzenlos

Besondere praktische Bedeutung hat die Einordnung von Kontoauszügen. Diese sind häufig entscheidend, um Zuflüsse und wirtschaftliche Verhältnisse zu klären. Nach gefestigter sozialgerichtlicher Rechtsprechung dürfen Leistungsberechtigte sensible, leistungsunerhebliche Daten auf Kontoauszügen schwärzen – etwa Angaben, die Rückschlüsse auf besonders geschützte Lebensbereiche erlauben.

Unberührt bleiben müssen jedoch die für die Leistungsprüfung relevanten Informationen: Buchungsdatum, Betrag, Zahlungsempfänger oder -herkunft sowie der Zweck, soweit er für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist.

Das LSG bekräftigt damit die Linie eines datenschutzgerechten Ausgleichs: Transparenz dort, wo sie leistungsrechtlich nötig ist; Schutz der Privatsphäre, wo Informationen keinen Bezug zur Leistungsgewährung haben. Wer Kontoauszüge schwärzt, sollte dies nachvollziehbar und maßvoll tun und auf Verlangen ergänzend erläutern, damit die Prüfung nicht unnötig verzögert wird.

Konsequenzen für die Verwaltung: Trennen, abwägen, begründen

Die Entscheidung zwingt Jobcenter zu größerer Sorgfalt. Wo Unterlagen fehlen, ist zunächst zu klären, wer konkret seiner Pflicht nicht nachgekommen ist. Sodann ist eine einzelfallbezogene Ermessensausübung erforderlich, die mildere Mittel ernsthaft prüft.

Dazu zählen eine Teilversagung, die ausschließlich die säumige Person betrifft, oder die vorläufige Bewilligung für unbeteiligte Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft – insbesondere Kinder. Eine „Null-Entscheidung“ für alle kommt nur in den engen Grenzen des Gesetzes in Betracht und bedarf einer tragfähigen, dokumentierten Begründung.

Handlungsspielräume der Betroffenen: Fristen wahren, Eilrechtsschutz nutzen

Für Bürgergeld-Beziehende bleibt es essenziell, Mitwirkungsaufforderungen ernst zu nehmen und Unterlagen geordnet, fristgerecht und vollständig einzureichen.

Wo einzelne Nachweise zeitnah nicht beschafft werden können, empfiehlt sich frühzeitige Kommunikation mit der Behörde, um Fristverlängerungen oder Zwischenlösungen zu ermöglichen. Ergeht gleichwohl eine pauschale Versagung, ist der Widerspruch ein notwendiger Schritt – ersetzt aber keine laufende Zahlung.

Gerade weil es um das Existenzminimum geht und Rechtsbehelfsverfahren Monate dauern können, ist parallel ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht geboten. In Eilverfahren haben Gerichte regelmäßig beanstandet, wenn Widerspruchsbescheide die gebotene Ermessensprüfung vermissen lassen oder unbeteiligte Kinder mitbetroffen sind. Das erhöht die Chancen, eine vorläufige Weiterzahlung durchzusetzen.

Offene Grundsatzfrage: Revision zum Bundessozialgericht

Das LSG hat die Revision zugelassen. Die Richterinnen und Richter sehen bundesweiten Klärungsbedarf, wie Mitwirkungspflichten in Bedarfsgemeinschaften zu handhaben sind, ohne Unbeteiligte zu treffen. Bis zur Entscheidung in Kassel ist das Urteil nicht rechtskräftig. Das unterlegene Jobcenter kann die Sache dem BSG vorlegen.

Eine höchstrichterliche Entscheidung würde Leitplanken für Verwaltungspraxis und Rechtsschutz gleichermaßen schärfen und das Spannungsverhältnis zwischen Kontrollinteresse und Sozialstaatsprinzip präziser ausbalancieren.

Einordnung

Die Entscheidung ist mehr als eine Korrektur im Einzelfall. Sie zeigt einen rechtspolitisch bedeutsamen Punkt: Die Existenzsicherung ist individuell, und so müssen es auch Pflichtverletzungen und Sanktionen sein. Jobcenter sind gehalten, genau hinzusehen, differenziert zu reagieren und ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu begründen.

Für Familien bedeutet das: Wer seine Mitwirkung erfüllt, darf nicht für das Fehlverhalten anderer haftbar gemacht werden. Für die Gerichte zeigt der Fall, dass der Rechtsschutz im Bereich des Bürgergelds weiterhin mit praktischen Herausforderungen konfrontiert ist – von der Beweislastverteilung über den Datenschutz bis hin zur Effektivität des Eilrechtsschutzes.

Die zugelassene Revision verspricht, diese Fragen zu bündeln und für die Verwaltungspraxis bundeseinheitliche Maßstäbe zu setzen.

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Pflegegrad: Kann ich Pflegekosten von der Steuer absetzen?

11. November 2025 - 9:39
Lesedauer 5 Minuten

Pflege kostet – Geld, Zeit und Nerven. Der Staat entlastet an mehreren Stellen des Steuerrechts, allerdings mit unterschiedlichen Mechaniken, Voraussetzungen und Grenzen.

Es gibt drei Wege: den Pflege-Pauschbetrag für private Pflegepersonen, den Abzug tatsächlicher Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen. Im Folgenden erläutere ich, wann welcher Weg passt, wo die Fallstricke liegen und wie sich die Regelungen seit 2025 geändert haben.

Drei Punkte – drei Logiken

Der Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG) ist ein fixer Jahresbetrag für Menschen, die Angehörige unentgeltlich persönlich pflegen – entweder in der eigenen Wohnung oder in der Wohnung der pflegebedürftigen Person innerhalb der EU/EWR.

Die Höhe richtet sich nach dem Pflegegrad der gepflegten Person: 600 € bei Pflegegrad 2, 1.100 € bei Pflegegrad 3 sowie 1.800 € bei Pflegegrad 4 oder 5; 1.800 € gibt es auch bei „Hilflosigkeit“ (Merkzeichen H).

Wird eine Person von mehreren Angehörigen gepflegt, wird der Pauschbetrag strikt nach Köpfen aufgeteilt. Für den Pauschbetrag darf die Pflegeperson keine Einnahmen für die Pflege erhalten; die Identifikationsnummer der gepflegten Person muss in der Steuererklärung angegeben werden.

Wer reale Pflegekosten trägt (für sich selbst oder für Angehörige), kann diese als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzen – jedoch nur soweit die Ausgaben die „zumutbare Belastung“ übersteigen und nach Abzug aller Erstattungen (z. B. Pflege- und Krankenkasse, Beihilfe).

Bei Heimunterbringung aus Pflege- oder Krankheitsgründen sind nicht nur Pflege-, sondern regelmäßig auch Unterkunft und Verpflegung begünstigt. Anders bei reiner Altersunterbringung: Das sind normale Lebenshaltungskosten, die nicht unter § 33 fallen.

Daneben gibt es die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35a EStG) – eine direkte Steuerermäßigung von 20 % der Aufwendungen (bis 4.000 € pro Jahr) für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen im Haushalt.

Seit 1. Januar 2025 gilt: Auch für Pflege- und Betreuungsleistungen ist die Ermäßigung nur möglich, wenn eine Rechnung vorliegt und unbar auf das Konto des Leistungserbringers gezahlt wurde. Diese gesetzliche Verschärfung reagiert auf ein BFH-Urteil aus 2022 und gilt ausdrücklich für alle Ermäßigungen nach § 35a Abs. 2 und 3.

Pflege-Pauschbetrag: Für wen er sich eignet – und was er ausschließt

Der Pauschbetrag ist einfach, planbar und ohne Einzelnachweise der Kosten zu haben – er setzt aber persönliche, unentgeltliche Pflege in einer Wohnung voraus. Er wird anstelle eines Abzugs nach § 33 geltend gemacht.

Damit ist die Doppelnutzung ausgeschlossen: Wer den Pauschbetrag nimmt, kann dieselben Pflegeaufwendungen nicht zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen ansetzen. Bei mehreren Pflegepersonen wird der Betrag aufgeteilt; maßgeblich ist die Zahl der Pflegepersonen, nicht deren Zeitanteil.

Praktisch wichtig: Pflegegeld, das Eltern für ein behindertes Kind erhalten, zählt beim Pflege-Pauschbetrag nicht als Einnahme der pflegenden Person; es steht der Gewährung des Pauschbetrags daher nicht entgegen.

Außergewöhnliche Belastungen: Eigene Pflege, Angehörigen-Pflege, Heimkosten

Wer eigene Pflegekosten trägt, kann diese grundsätzlich nach § 33 EStG geltend machen – von der ambulanten Pflegekraft über Tages-/Kurzzeitpflege bis zur Heimunterbringung aus Pflege- oder Krankheitsgründen. Immer sind Erstattungen der Pflege- oder Krankenkasse gegenzurechnen; nur der Nettoaufwand zählt, und erst oberhalb der individuell ermittelten „zumutbaren Belastung“ wirkt sich der Betrag steuermindernd aus.

Bei Heimunterbringung wegen Pflege- oder Krankheitsbedürftigkeit erkennt die Finanzverwaltung grundsätzlich alle Heimkosten als Krankheitskosten an – einschließlich Unterkunft und Verpflegung.

Allerdings wird eine „Haushaltsersparnis“ abgezogen, wenn der bisherige Haushalt aufgegeben wurde. Diese Ersparnis entspricht dem Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG und wird tage- bzw. monatsgenau berücksichtigt.

Für 2025 beträgt sie 12.096 € pro Jahr (entspricht 1.008 € pro Monat bzw. 33,60 € pro Tag).

Zahlen Kinder die Heimkosten für ihre Eltern aus rechtlicher oder sittlicher Pflicht, sind diese regelmäßig als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 abzugsfähig; eine künstliche Aufteilung in „Unterhalt“ und „Krankheitskosten“ ist unzulässig. Ein Wahlrecht zwischen § 33 und § 33a besteht nicht. Diese Linie hat u. a. das FG Köln 2017 bestätigt.

Wichtig ist die Abgrenzung zur reinen Altersunterbringung: Ziehen Menschen ohne Pflege- oder Krankheitsgrund in ein Senioren-/Altenheim, sind das regelmäßig nicht außergewöhnliche Belastungen.

Haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen (§ 35a EStG): Was begünstigt ist – und wer geltend machen darf

Begünstigt sind personen- und haushaltsbezogene Pflege- und Betreuungsleistungen, die im Haushalt stattfinden. Seit der BFH-Rechtsprechung ist klargestellt: Bei ambulanten Leistungen kann die zahlende Person die Ermäßigung auch dann nutzen, wenn die Pflege im Haushalt der gepflegten Person erbracht wird – also z. B. die Tochter, die den Pflegedienst für die Mutter beauftragt und bezahlt.

Bei stationärer Unterbringung (Heim) steht die § 35a-Ermäßigung dagegen nur der untergebrachten Person selbst zu; Angehörige können stationäre Heimkosten nicht über § 35a geltend machen.

Seit 01.01.2025 gilt zudem zwingend: Rechnung und unbare Zahlung sind immer erforderlich – auch für Pflege- und Betreuungsleistungen. Vor 2025 war das umstritten; die Neuregelung im Jahressteuergesetz 2024 beseitigt diese Lücke ausdrücklich.

Keine Doppelbegünstigung: Sie müssen sich entscheiden

Aufwendungen dürfen nicht doppelt verwertet werden. Typische Kollisionen sind: Pflege-Pauschbetrag oder Abzug als außergewöhnliche Belastung; § 33 oder § 35a; außerdem schließen sich § 33 und der Behinderten-Pauschbetrag für dieselben Kosten aus.

Die Finanzverwaltung weist ausdrücklich darauf hin, dass Pflegekosten, die zugleich haushaltsnahe Dienstleistungen sind, nur einmal berücksichtigt werden dürfen – Sie wählen den günstigeren Weg.

Nachweise und Praxis

Für den Pflege-Pauschbetrag genügen der nachgewiesene Pflegegrad bzw. das Merkzeichen H, der Hinweis auf die unentgeltliche, persönliche Pflege und die Steuer-ID der gepflegten Person.

Für außergewöhnliche Belastungen sollten Sie Rechnungen, Zahlungsbelege, ggf. medizinische Nachweise sowie Bescheide der Pflegekasse bereithalten; Erstattungen sind gegenzurechnen. Für § 35a ist seit 2025 die Rechnung und unbare Zahlung zwingend; außerdem muss die Leistung im Haushalt (eigener oder des Pflegebedürftigen) erbracht werden.

Einordnung: Welcher Weg ist „am besten“?

Das hängt von Ihrer Situation ab. Der Pflege-Pauschbetrag lohnt sich, wenn Sie regelmäßig, unentgeltlich und persönlich pflegen und Ihre tatsächlichen Zusatzkosten eher unter den Pauschbeträgen liegen – oder wenn Sie den Nachweis einzelner Kosten vermeiden möchten.

§ 35a ist attraktiv bei ambulanten Leistungen mit Rechnung und Überweisung, weil die Steuerermäßigung direkt von der Steuerschuld abgezogen wird (20 % der Lohn-/Dienstleistungskosten bis 4.000 €). § 33 bringt in der Regel dann den größten Effekt, wenn hohe Netto-Pflegekosten anfallen (z. B. Heim), die zumutbare Belastung deutlich überschritten wird und nach Abzug der Haushaltsersparnis noch erhebliche Beträge verbleiben. Beachten Sie stets, dass eine Doppelberücksichtigung ausgeschlossen ist.

Wichtige Sonderpunkte im Überblick

Bei Pflege-Wohngemeinschaften gelten die Grundsätze der Heimunterbringung; auch hier ist ggf. eine Haushaltsersparnis zu berücksichtigen. Erstattungen aus Pflege-/Krankenversicherung mindern den § 33-Abzug.

Tabelle: Pflegekosten von der Steuer absetzen Kostenart Wie absetzbar / Hinweise Ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen im Haushalt (Pflegedienst, Betreuung, Alltagsbegleiter, 24-Stunden-Betreuung im Haushalt) Steuerermäßigung nach § 35a EStG: 20 % der Arbeits-/Fahrtkosten bis max. 4.000 € pro Jahr; nur mit Rechnung und unbarer Zahlung. Geltend machen kann die zahlende Person, auch wenn die Leistung im Haushalt der gepflegten Person erfolgt. Haushaltsnahe Dienstleistungen im Pflegekontext (Reinigung, Wäsche, Kochen im Haushalt der pflegebedürftigen Person) Ebenfalls § 35a EStG; begünstigt sind nur Arbeitsleistungen. Rechnung und Überweisung erforderlich; Materialanteile sind nicht begünstigt. Unentgeltliche persönliche Pflege eines Angehörigen Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG): 600 € (PG 2), 1.100 € (PG 3), 1.800 € (PG 4/5 oder Merkzeichen H) je Pflegeperson; Aufteilung bei mehreren Pflegepersonen; keine Vergütung für die Pflege zulässig. Eigene ambulante Pflegekosten (z. B. Pflegedienst, Tages-/Kurzzeitpflege) nach Erstattungen Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) mit Nachweisen; absetzbar, soweit die zumutbare Belastung überschritten ist. Erstattungen der Pflege-/Krankenkasse sind abzuziehen. Heimunterbringung aus Pflege- oder Krankheitsgründen (inkl. Unterkunft & Verpflegung) Als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG); Abzug einer Haushaltsersparnis, wenn der eigene Haushalt aufgegeben wurde. Erstattungen sind gegenzurechnen. Von Kindern getragene Pflege-/Heimkosten für Eltern Regelmäßig als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) abziehbar, wenn rechtliche oder sittliche Pflicht zur Kostentragung besteht; keine Aufteilung in Unterhalt und Krankheitskosten erforderlich. Pflegehilfsmittel & medizinisch notwendige Hilfsmittel, soweit nicht erstattet Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) bei medizinischer Notwendigkeit; Verordnungen/Belege aufbewahren. Zuzahlungen und Eigenanteile sind berücksichtigungsfähig. Barrierefreie Umbaumaßnahmen (z. B. Badumbau, Treppenlift) aus gesundheitlichen Gründen Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG), wenn medizinisch notwendig; Kostennachweise, ggf. amts-/fachärztliche Bescheinigung. Zuschüsse mindern den Abzug. Notwendige Transporte des Pflegebedürftigen zu Arzt, Therapie, Krankenhaus; Begleitfahrten Als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) mit Nachweisen; Ansatz nach tatsächlichen Kosten bzw. pauschalen Kilometersätzen, soweit medizinisch notwendig und nicht erstattet. Mini-Job oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur Pflege/Betreuung im Haushalt § 35a EStG (haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse): 20 % der Aufwendungen; für Minijobs spezieller Höchstbetrag von 510 € pro Jahr, ansonsten Obergrenze 4.000 €; nur mit Anmeldung, Rechnung und unbarer Zahlung.

Und: Bei rein altersbedingtem Einzug ins Heim sind die Kosten keine außergewöhnlichen Belastungen. Diese Leitplanken entstammen Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung der letzten Jahre.

Fazit: Ja – Pflegekosten lassen sich steuerlich geltend machen. Ob Pauschbetrag, außergewöhnliche Belastungen oder § 35a-Ermäßigung die beste Wahl ist, entscheidet der Einzelfall: Art der Pflege, Ort der Leistung, Höhe der Kosten, Erstattungen und seit 2025 auch die Formvorschriften (Rechnung/Überweisung) bei haushaltsnahen Pflege- und Betreuungsleistungen. Wer die Spielregeln kennt und sauber dokumentiert, vermeidet Doppelansprüche – und holt das Maximum an steuerlicher Entlastung heraus.

Der Beitrag Pflegegrad: Kann ich Pflegekosten von der Steuer absetzen? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

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