«Mund halten und Steuern zahlen, das sind die ersten Pflichten des Staatsbürgers. Die Mütter haben dann noch, wenn möglich, recht viele Kinder in die Welt zu setzen, damit der Staat ohne jede Verantwortung darüber frei verfügen kann und die heilige Staatsmedizin die nötigen Versuchskaninchen bekommt. Eine Mutter darf sich nur nicht einbilden, dass die Kinder ihr Eigentum sind.» (-Hugo Wegener)
ANF NEWS (Firatnews Agency) - kurdische Nachrichtenagentur
HPG geben Identität eines Gefallenen bekannt
Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Identität eines gefallenen Guerillakämpfers veröffentlicht. „Unser Weggefährte Ezîz Mûsil, tapferer Sohn des arabischen Volkes und wertvoller apoistischer Militanter, ist am 28. Juni 2024 bei einem feindlichen Angriff in Metîna gefallen“, teilten die HPG mit und sprachen der Familie des Gefallenen, dem arabischen Volk und der gesamten Bevölkerung Kurdistans ihr Mitgefühl aus.
Ezîz Mûsil habe an die Geschwisterlichkeit der Völker geglaubt und in der kurdischen Befreiungsbewegung die Grundlage für eine Demokratisierung des Nahen und Mittleren Ostens gesehen, so die HPG in ihrem Nachruf: „Er verinnerlichte Rêber Apos Projekt der demokratischen Nation in allen Einzelheiten und kämpfte pausenlos dafür. Mit seiner aufrichtigen und natürlichen Persönlichkeit wurde er zu einem apoistischen Militanten, der von der gesamten arabischen Jugend als Vorbild genommen werden kann.“ Aus dem Nachruf gehen folgende Angaben über den gefallenen Kämpfer hervor:
Codename: Ezîz Mûsil
Vor- und Nachname: Rakan Casim Xidir
Geburtsort: Mûsil
Namen von Mutter und Vater: Necah – Casim
Todestag und -ort: 28. Juni 2024 / Metîna
Ezîz Mûsil ist als Sohn arabischer Eltern in Mosul im Nordirak geboren und auf die kurdische Freiheitsbewegung durch den Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) aufmerksam geworden. Der IS hatte 2014 weite Teile des Irak und Syriens eingenommen und unter anderem Mosul erobert. Ezîz hörte von dem Widerstand der PKK-Bewegung und bewunderte die Kämpferinnen und Kämpfer, die sich den Islamisten mutig entgegenstellten und die Bevölkerung verteidigten. Er informierte sich über die Ziele der Bewegung und war insbesondere von der Revolution in Rojava und dem von Abdullah Öcalan vorgelegten Modell einer demokratischen Nation fasziniert. Eigentlich wollte er sich der Freiheitsbewegung bereits während der Schlacht um Kobanê anschließen. Diesen Wunsch musste er aus verschiedenen Gründen zurückstellen. 2017 ging er in die Berge und wurde zum Guerillakämpfer ausgebildet.
Das kollektive Leben der Guerilla in den Bergen beeinflusste Ezîz nachhaltig. Nach seiner Grundausbildung nahm er an der praktischen Arbeit in den Medya-Verteidigungsgebieten teil. Um sich aktiv in den Widerstand gegen die zunehmenden Angriffe der türkischen Armee einbringen zu können, absolvierte er eine militärische Fachausbildung und vertiefte sich in moderne Guerillataktiken. Zur Vorbereitung auf den Einsatz im Kampfgebiet bildete er sich auch ideologisch weiter und beschäftigte sich mit der Geschichte und den Grundsätzen der PKK-Bewegung. Er entwickelte sich zu einem selbstbewussten Militanten und übernahm Aufgaben im Widerstand, die er mit großer Sorgfalt erfüllte.
„Hevalê Ezîz ist mit seiner herzlichen, bescheidenen und aufrichtigen Kameradschaft in die Geschichte unseres Kampfes eingegangen. Er wollte in jedem Moment des Lebens umsetzen, was er in der Ausbildung gelernt hatte. Mit seiner jugendlichen Dynamik und seiner enthusiastischen Beteiligung gewann er die Herzen seiner Weggefährt:innen. Er kämpfte opferbereit gegen die Besatzungsoperation des türkischen Staates in den Medya-Verteidigungsgebieten und schloss sich der Karawane der Unsterblichen an. In unserer Kampfgeschichte hat er unauslöschliche Spuren hinterlassen. Wir geben unser Wort, seine Träume weiterzuverfolgen, und verneigen uns mit Respekt vor der Erinnerung an ihn und alle unsere Gefallenen“, so die HPG.
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Der Widerstand in Êlih wird weitergehen
Seit der Ernennung von Zwangsverwaltern in Êlih (tr. Batman), Xelfetî (Halfeti) und Mêrdîn (Mardin) am 4. November dauert der Widerstand gegen die Aushebelung des Wahlrechts durch das türkische Innenministerium an. Die Ko-Vorsitzenden des Provinzverbands der DEM-Partei in Êlih, Songül Korkmaz und Mustafa Mesut Tekik, haben sich gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) zu den Perspektiven des Widerstands geäußert. Die DEM-Politiker:innen kündigten eine weitere Intensivierung des Protestes an, bis Resultate erreicht seien.
Songül Korkmaz, Ko-Vorsitzende des Provinzverbands der DEM-Partei in Êlih © Mezopotamya Ajansı (MA)
„Wir werden die Errungenschaften des Volkes weiter verteidigen“
Am Sonntag fand eine Großkundgebung gegen die Zwangsverwaltung in Êlih statt. Songül Korkmaz erklärte im Hinblick darauf: „Die Kundgebung in Êlih war für uns eine Gelegenheit, die Roadmap für die kommende Phase festzulegen. Wir arbeiten jetzt daran, wie wir die kommende Phase besser organisieren, gestalten und schließlich eine Lösung herbeiführen können. Natürlich ist unser Kampf nicht vorbei und wir werden so bald wie möglich ein neues Programm bekanntgeben. Dort, wo wir aufgehört haben, werden wir noch stärker, entschlossener und leidenschaftlicher antreten und die Errungenschaften dieses Volkes bis zum Ende verteidigen.“
Korkmaz sieht in der Ernennung der Zwangsverwalter auch einen direkten Angriff auf das Modell des Ko-Vorsitzes: „Es handelt sich um einen brutalen Angriff auf den Willen der Frauen. Natürlich nehmen wir angesichts der Repression weder von unseren Errungenschaften, noch von unserem System des Ko-Vorsitzes, noch von unseren Formen der gleichberechtigten Repräsentation Abstand. Das werden wir nicht tun. Wir haben jede unserer Errungenschaften bis heute mit schwerster Arbeit und großen Opfern erkämpft. Wir haben Tausende von Jahren des Frauenkampfes hinter uns. Wir haben das heutige Niveau aufgrund der Opfer, die Frauen in ihrem Kampf gebracht haben, erreicht. Wir werden keine unserer Errungenschaften aufgeben.“
„Fast 300 Festnahmen und 37 Inhaftierungen“
Mustafa Mesut Tekikü, Ko-Vorsitzender des Provinzverbands der DEM-Partei in Êlih © Mezopotamya Ajansı (MA)
Mustafa Tetik fügte an: „Wir konnten feststellen, dass die Machthaber hier eine mehrdimensionale Politik verfolgen, eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche. Während einerseits von ganz oben von einem Verhandlungsspielraum für eine Lösung geredet wurde, ist gleichzeitig eine Drohkulisse aufgebaut worden. Aber der Versuch, durch das Regime der Zwangsverwaltung den Willen des Volkes zu rauben, hat in Êlih zu großer Entrüstung geführt.“
„Die Menschen sind entschlossen, die Ketten zu sprengen“
Tekik sprach von einer Kriminalisierung des Protestes. Die Menschen hätten sich jedoch nicht einschüchtern lassen und dem Regime und der ganzen Welt gezeigt, dass sie die Zwangsverwaltung nicht akzeptierten. Über die Kundgebung von Sonntag berichtete der Ko-Vorsitzende: „Die Menschen machten deutlich, dass sie mit ihrem Protest gegen das Zwangsverwalterregime weitermachen werden. Sie machten nochmals ihre Forderung nach Freiheit für ganz Kurdistan und die Türkei klar und zeigten ihre Bereitschaft, dafür aktiv einzutreten. Die Menschen in Kurdistan machten klar, dass die Ketten um die Sprache, die Kultur und die politische Vertretung des kurdischen Volkes durchbrochen werden und ein Raum der Freiheit geöffnet werden muss.“
Tekik interpretierte die Haltung der Menschen als ideologisch entschlossen und führte aus: „Die Menschen in Êlih haben eine ideologische Antwort gegeben. Sie haben gezeigt, dass sie auf Demokratie, Frauenbefreiung und Ökologie bestehen werden und dass sich die Linie der Frauenbefreiung in Êlih nicht auslöschen lässt. Das haben insbesondere die Frauen auf den Straßen und Demonstrationen gezeigt. Sie haben diese ideologisch-politische Antwort die ganze Welt hören lassen.“
„Unser Kampf geht weiter“
Der Kampf für eine Lösung der kurdischen Frage und gegen das Zwangsverwalterregime werde weitergehen, so Tekik: „Bis unsere Ko-Bürgermeister:innen und Stadtratsmitglieder wieder im Amt sind, werden wir unsere Proteste und unseren Widerspruch sowohl auf demokratischer Ebene als auch auf den Straßen von Êlih fortsetzen. Wir machen nochmals deutlich: Wenn man will, dass Frieden, Demokratie und der Wille des Volkes in diesem Land herrschen und wenn man den Willen des Volkes respektiert, dann sind wir als Partei dabei, dann ist Herr Öcalan dabei und die Vertreterinnen und Vertreter der kurdischen demokratischen Politik sind dabei. Aber wenn man sich hinstellt und auf Unterdrückung beharrt und weiter dem Willen der Menschen missachtet und der Friedenswille einseitig bleibt, dann ist das Volk bereit, jedes Opfer zu bringen und zu kämpfen. Wir sind bereit für einen würdigen Frieden.“
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Bürgermeister von Dersim zu Haftstrafe verurteilt
Der Ko-Bürgermeister von Dersim (tr. Tunceli), Cevdet Konak (DEM-Partei), und der Bürgermeister der Kreisstadt Pulur (Ovacık), Mustafa Sarıgül (CHP), sind wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zu sechs Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Urteilsverkündung vor dem Strafgericht Tunceli wurde von Vertreter:innen der DEM und CHP beobachtet. Die Verteidigung beider Bürgermeister hatte Freispruch gefordert.
Cevdet Konak (63) ist bei den Kommunalwahlen am 31. März 2024 als Ko-Kandidat der DEM-Partei zusammen mit Birsen Orhan angetreten und mit über vierzig Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt worden. Mustafa Sarıgül war früher HDP-Mitglied, wechselte jedoch später zur CHP.
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Helin Ümit: Bei der PKK ist kein Vorschlag angekommen
Helin Ümit hat sich als Mitglied des Zentralkomitees der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in einer Sendung bei Medya Haber TV zu der Debatte um eine Lösung der kurdischen Frage und die Rolle von Abdullah Öcalan geäußert. Der seit über 25 Jahren in der Türkei inhaftierte PKK-Begründer und kurdische Vordenker hat nach 43 Monaten strikter Isolation auf der Gefängnisinsel Imrali am 23. Oktober mit dem DEM-Abgeordneten Ömer Öcalan sprechen können. Die Besuchsgenehmigung erfolgte offiziell im Rahmen des Rechts auf Kontakt zu Familienangehörigen, der DEM-Politiker ist der Neffe von Abdullah Öcalan. Wie Ömer Öcalan nach dem Besuch mitteilte, habe Abdullah Öcalan gesagt, dass die Isolation weitergehe und er theoretisch und praktisch in der Lage sei, den Konflikt von der Ebene der Gewalt auf eine politische und rechtliche Ebene zu lenken, wenn die notwendigen Bedingungen dafür vorlägen.
Positionierung der kurdischen Freiheitsbewegung
Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) erklärte daraufhin, die kurdische Freiheitsbewegung werde sich an alle von Öcalan eingebrachten Vorschläge für eine Lösung halten und dementsprechend handeln. Ein würdevoller Frieden in der Türkei könne nur durch eine demokratische Lösung der kurdischen Frage mit Öcalan als Gesprächspartner erreicht werden, so die KCK. Davon hänge auch die Demokratisierung der Türkei ab. Ein Dialogprozess setze die Bereitschaft des türkischen Staates voraus, freie und sichere Bedingungen für Abdullah Öcalan zu schaffen.
Falsche Behauptungen aus Regierungskreisen
Trotz dieser eindeutigen Positionierung der kurdischen Freiheitsbewegung wird aus türkischen Regierungskreisen und in staatsnahen Medien die Behauptung lanciert, die PKK höre nicht auf Öcalan. Dieser Aussage hat Helin Ümit in der am Dienstag ausgestrahlten TV-Sendung widersprochen. Sie betonte, dass der Besuch von Ömer Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali vom kurdischen Volk erkämpft wurde. Der MHP-Vorsitzende Devlet Bahçeli, der im Oktober überraschend gefordert hatte, Abdullah Öcalan solle im Parlament in Ankara die Auflösung der PKK deklarieren, verhalte sich zwiespältig.
„Machenschaften der speziellen Kriegsführung“
„Es gibt momentan einen mentalen Streit“, sagte Helin Ümit. „Es wird behauptet, Rêber Apo [Abdullah Öcalan] habe einen Vorschlag gemacht, den die PKK abgelehnt habe. Unser Volk weiß es ohnehin, aber ich sage es hier nochmal für die Öffentlichkeit der Türkei und alle, die uns nicht so gut kennen. Bei der PKK ist nichts angekommen. Uns liegt nichts vor, über das wir diskutieren und auf das wir antworten könnten. Sämtliche Aussagen und Andeutungen, dass etwas gesagt wurde, was die PKK nicht akzeptiert habe, sind Machenschaften der speziellen Kriegsführung.“
Helin Ümit appellierte an die Öffentlichkeit, das Inselgefängnis Imrali und Abdullah Öcalan genau im Auge zu behalten und für die Wahrheit zu kämpfen. Andernfalls werde die Atmosphäre vergiftet und ein instabiles Umfeld entstehen.
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YJA Star schießen türkische Drohnen ab
Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat in einer Mitteilung über den Widerstand der Guerilla gegen die türkische Invasion in Südkurdistan und die Angriffe der türkischen Armee auf die Medya-Verteidigungsgebiete berichtet.
Guerillaaktionen in Zap und Xakurke
Demnach haben Kämpferinnen der Verbände freier Frauen (YJA Star) am 17. und 18. November drei kleine Drohnen der Invasionstruppen im Widerstandsgebiet Girê Bahar an der Westfront der Zap-Region abgeschossen. In Girê Cûdî im Zap intervenierten Kämpfer:innen am Sonntag mit halbautomatischen Waffen gegen Soldaten, die das Gelände mit Stacheldraht zu umzäunen versuchten. Die Armee stellte diese Arbeit daraufhin ein. Am Sonntag vernichteten die YJA Star drei Sprengsätze und eine Überwachungskamera in dem Gebiet. Auch in Girê Amêdî wurde am 18. November eine von der türkischen Armee installierte Kamera zerstört. Am selben Tag griffen Guerillakämpferinnen die Besatzungstruppen in Girê Mesken in der Region Xakurke mit schweren Waffen an.
Angriffe der türkischen Armee
Nach Angaben der HPG hat die türkische Armee am 17. und 18. November zweimal verbotene Sprengmittel gegen einen Tunnel der Guerilla im Gebiet Girê FM eingesetzt. Die Tunnelanlage im Westen der Zap-Region wird seit einem halben Jahr täglich mit geächteten Waffen angegriffen.
Die Guerillagebiete wurden im Zeitraum 17. bis 20. November insgesamt 25 Mal von Kampfjets bombardiert. Angriffsziele waren Girê Qele, Berbizinê, Lolan, Girê Şehîd Hawar, Kendekola und Sinînê in Xakurke, Girê Kun, Deşta Kafya, Girê Sîser, Zêvkê, Dêreşê, Deşta Nehlê und Ergenê in Gare sowie Girê Cûdî und Girê Bahar im Zap. Darüber hinaus erfolgten am 17. und 19. November insgesamt 19 Angriffe mit Kampfhubschraubern auf Sinînê und Girê Bahar.
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Staatsterror und Widerstand in Êlih
Wenn ich mich erinnere, wie ein Polizeikommandeur am 5. November während der Proteste gegen Zwangsverwaltung über die mit Reizgas versetzten Wasser überschwemmten Bürgersteige der Gülistan Straße in Êlih [tr. Batman] rannte und rief „Was hat euch dieser Staat getan, Mann?“, und wenn ich mir vorstelle, dass er diese Frage in aufrichtigem Interesse gestellt hätte, dann fiele mir eine sehr lange Liste ein. Der vollkommen außer Rand und Band geratene Polizeichef war sich jedoch sicher, dass der Staat die Kurdinnen und Kurden nicht anders behandele und dass es Gleichberechtigung gäbe.
Ceylan Akça, Abgeordnete der DEM-Partei
Wer jedoch am Edip Solmaz Boulevard vorbeikommt, kurz hinter der Gülistan Straße, der wird sich sehr genau daran erinnern können, was den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Stadt, den Vorreitern des politischen Aufbruchs hier, unter staatlicher Kontrolle angetan wurde. Den Menschen von Êlih fällt es nicht schwer, sich daran zu erinnern, was der Staat Sıddık Tan und seinen Kindern angetan hat, die 1992 im Haus seines Freundes mit den Waffen der Sicherheitskräfte ermordet wurden.1
Viele Einwohnerinnen und Einwohner von Êlih erinnerten sich an den mutigen Journalisten Cengiz Altun2, als sie sahen, wie der Journalist Veysi Akören vor einigen Tagen vor dem Gebäude des Provinzverbands der DEM-Partei von maskierten Personen, die sich als Polizisten ausgaben, festgenommen wurde. Cengiz Altun war, bevor er ermordet wurde, bereits einmal von seinen Freunden vor dem Verschwinden in Haft gerettet werden. Der Mord an ihm wurde verhindert. Cengiz hatte zuvor die Strukturen der staatlichen Todesschwadron JITEM ans Licht gebracht.
An Cengiz, Edip und Sıddık erinnern
Diejenigen, die über ein lebendiges historisches Gedächtnis verfügen, erinnerten sich an Cengiz, Edip3 und Sıddık, als sie am Tag nach der Ernennung des Zwangsverwalters wütende Männer mit grauen, marineblauen und orangefarbenen Baretts, schwarzen chirurgischen Masken und Zivilkleidung auf den Straßen sahen. Sie fragten sich: „Was wird dieser Staat diesmal mit uns machen?“ Das kommt nicht von ungefähr, denn in der Tat wurden in der jüngsten Zeit der JITEM und der Apparat des tiefen Staates in die strategische Offensive der Regierung miteinbezogen. Es handelt sich um die Version 2.0 der 1990er Jahre. Die Vergangenheit wird in die Gegenwart geholt, auch wenn sich manchmal die Namen und die Bilder ändern. Es soll das gleiche Spiel, nur mit anderen Gesichtern gespielt werden. Es ist das Spiel der Gewalt der Vollstreckungsbeamten auf den Straßen und die manchmal impliziten, oft aber auch expliziten Drohungen gegen lauten Protest. Sowohl diejenigen, die drohen, als auch diejenigen, die bedroht werden, sind mit dieser Situation vertraut.
Vermummte Bewaffnete verschleppen Menschen
Der Widerstand und Protest der Bevölkerung von Êlih geht seit dem ersten Tag ungebrochen weiter. Parolen hallen auch nachts auf den Straßen wider. Die Parolen und die Koma-Berxwedan-Lieder aus den 1990er Jahren sind besonders für Êlih und Kurdistan. Bei den Aktionen fehlt es weder an Freude, Tanz und Widerstand noch an Polizeigewalt.
Jeden Tag versammeln sich auf der Gülistan Straße Menschen, die zuvor in Demonstrationszügen aus ihren Vierteln ins Zentrum gezogen sind. Sie tanzen, rufen Parolen und fordern den Zwangsverwalter auf, aus ihrem Eigentum, ihrem Rathaus zu verschwinden. Die Polizei versucht, die Menschenmassen zunächst mit Wasserwerfern zu zerstreuen. Dann rücken bewaffnete vermummte Männer in Zivilkleidung an. Diese Männer werden keiner offiziellen staatlichen Struktur zugeschrieben, aber sie beginnen die Menschen zu misshandeln und unter schweren Übergriffen festzunehmen. An manchen Orten fährt dieser Mob in zivilen Fahrzeugen durch die Straßen, springt heraus und zerrt Menschen in ihre Autos. Dann werden sie an Kreuzungen, wo Aktionen stattfinden, wieder herausgeworfen. Offizielle Polizisten übernehmen die Verschleppten dort und nehmen sie fest. Es handelt sich um regelrechte Übergaben. Bei dieser Taktik handelt es sich um ein von Anfang an illegales, kriminelles Vorgehen. Aber wenn sie glauben, dass sie dafür keine Rechenschaft ablegen müssen, dann sollten sie auf ihre Kollegen schauen, die gerade versuchen, sich in Gerichtssälen für die von ihnen begangenen Folterungen zu rechtfertigen.
Die Folter ist dokumentiert
Auch der zweite Tag der Proteste gegen die Zwangsverwaltung war von solchen Übergriffen geprägt. Während die Polizei versuchte, die Menschen auf der Straße mit Wasserwerfern zurückzudrängen, erfuhren wir von einigen Leuten, dass auf der gegenüberliegenden Seite ein brutaler Angriff stattfand. Die Abgeordnete Sümeyye Boz und ich machten uns auf den Weg zu diesem Ort. Alle, die uns sahen, zeigten uns den Weg zu dem Ort, an dem gefoltert wurde. Es gibt natürlich eine lange Geschichte darüber, warum wir die Aufnahmen gemacht haben, aber kurz gesagt ging es darum, Beweise für unsere Kommission, die Anzeige erstatten würde, zu liefern und denen, die immer noch behaupten „Unsere Soldaten und Polizisten tun so etwas nicht“, die Wahrheit zu zeigen. Als wir die Treppe hinaufgingen, sahen wir wie fünf Polizisten mit Baretts, die einen etwa zwanzig Jahre alten jungen Mann in einen abgelegenen Bereich geschleift hatten und ihn fest beim Kragen packten. Einer von ihnen sagte: „Sie können uns nicht filmen“. Hätte dieser als Polizist verkleidete Paramilitär seine Rolle gut gelernt, dann wüsste er, dass jedes Mitglied der Gesellschaft das Recht und die Verantwortung hat, Beweise zu sammeln, wenn es Zeuge von Folter wird. Gleichzeitig filmte uns ein anderer bewaffneter Mann in Zivil mit einer Polizeikamera und versuchte, uns einzuschüchtern, anstatt die Folter aufzuzeichnen
Paramilitärs als Polizisten
Eine Café-Angestellte, die Zeugin der Folterungen geworden war, weinte heftig und erklärte: „Sie haben ihn so sehr geschlagen.“ Die roten Schwellungen und Quetschungen im Gesicht des jungen Mannes, die in ein paar Tagen noch dicker werden und sich als Blutergüsse zeigen würden, bestätigten diese Aussage. Als die Personen sahen, dass wir sie filmten, fühlten sie sich gezwungen, die Folter in dem Bereich jenseits der Kameraüberwachung zu beenden, den jungen Mann offiziell festzunehmen und ihn schnell hinter die Polizeisperre zu bringen. Auf der Aufnahme hört man deutlich, wie sie uns zurufen „Ihr seid nicht mein Volk“. So wie ich das sehe, scheinen diese paramilitärischen Polizisten im Gegensatz zur Regierung Artikel 664 der Verfassung eher zwiespältig zu betrachten.
Später erfuhren wir, dass dieser junge Mann ein Journalist war, der für eine lokale Zeitung arbeitete und als Anhänger der Hüda-Par5 bekannt war. Wahrscheinlich hat die Polizei, sobald sie das erkannte, den jungen Mann sofort aus dem Gewahrsam entlassen.
Das ist nicht Gaza, sondern Êlih!
Festgenommene, die einer widerständigen Identität angehören, haben jedoch nicht so viel Glück wie dieser junge Mann. Die meisten von ihnen werden seit mindestens vier Tagen wegen einem Vorwurf festgehalten, der nicht einmal einmal zu einer Anklage dienen kann. Sie sind Schlägen, Fesselungen, Beleidigungen, rassistischen Gesängen als Foltermethode ausgesetzt. Am ersten Tag der Proteste erinnerte die Behandlung der an der Mauer aufgereihten Widerständigen viele von uns an die Bilder von palästinensischen Gefangenen in Gaza und Rafah. Es ist gesellschaftlich anerkannt, dass diejenigen, die diese Bilder anklagen, das gleiche mit den Menschen in Êlih machen.
Ein Symbol des ehrenhaften Widerstands
Die öffentliche Folter auf der Straße erinnert an die Kreuzigungen im Imperium Romanum. Sie verfolgte verschiedene Ziele. Die drei offensichtlichsten Ziele waren Abschreckung, Demütigung und politische Kontrolle. Doch Jesus Christus und seine Anhänger unterliefen diese drei Ziele und verwandelten das Folterinstrument in ein Symbol der Liebe, des Opfers und der Ehre. Sie erinnern sich vielleicht an das Video, in dem ein junger Mann zu sehen ist, der am ersten Tag der Proteste von Dutzenden von Polizisten fast zu Tode geprügelt wurde. Seine Hand, die sich zwischen seinen Peinigern erhob, machte trotz allem ein Siegeszeichen. Diese beiden Finger sind das Symbol der Liebe, eines würdigen Opfers und ehrenhaften Widerstands.
Wer sind denn die Terroristen?
Wenn von Folter die Rede ist, dann kommen sofort zwei Reaktionen: „Unsere Soldaten oder Polizisten würden das nie tun.“ Aber wenn die Aufzeichnung der Folter ans Licht kommt, dann heißt es: „Unsere Soldaten und Polizisten haben es getan, weil diese Leute es verdient haben.“ Wenn wir Folterfälle an die Öffentlichkeit bringen, schwanken die Reaktionen zwischen diesen beiden Polen. Uns ist klar, dass diese Reaktionen nicht unabhängig von dem auf Unterwerfung basierenden und nationalistischen Bildungssystem, dem Zwangsunterricht zur nationalen Sicherheit und der manipulativen Propaganda sind, die ständig verbreitet wird, zu betrachten sind. So skandierte eine Gruppe von Menschen, die sich als Nationalisten bezeichneten, während einer kürzlich stattgefundenen Gewerkschaftsdemonstration, als sie von der Polizei angegriffen und mit Tränengas beschossen wurden: „Sind wir Terroristen? Warum schießt ihr Gas auf uns?“. Alle, die auch nur einen Tag lang ein anderes Medienorgan als den Mainstream verfolgen, können jedoch feststellen, dass die Bedingungen für die Einstufung als Terrorist in der Türkei recht flexibel sind. Im Übrigen wurde im Jahr 1700, als das Wort Terrorismus geprägt wurde, die „Verbreitung von Gewalt und Angst aus politischen Motiven“ damit bezeichnet. Wer also an die 1980er, 1990er Jahre und das letzte Jahrzehnt denkt, kann klar erkennen, wer und welche Ideologien von dem politisch motivierten Klima der Angst profitiert haben.
Der Kommunalputsch und die damit einhergehende politisch motivierte Gewalt der Strafverfolgungsbehörden zielen darauf ab, die Gesellschaft zu lähmen, sie zu brechen und zum Schweigen zu bringen. Dies ist offensichtlich. Das Regime der Zwangsverwalter, die Angriffe auf die zivile Politik, die Folter in der Öffentlichkeit, das sind keine Zufälle, sondern Schritte im Rahmen der psychologischen Kriegsführung.
Yusuf Kaya in Gewahrsam auf dem Präsidium in Êlih. Deutlich zu sehen ein Hämatom am Auge | Foto via ÖHD Batman
Die von Sauberkeit Redenden starren vor Schmutz
In einer Erklärung vor einigen Tagen behauptete Justizminister Yılmaz Tunç, dass die Stadtverordnetenversammlung nur dann einen neuen Bürgermeister wählen könne, wenn die derzeitige Bürgermeisterin verurteilt sei, und dass die Zwangsverwaltung nur unter dieser Bedingung aufgehoben werden könne. Der Grund für die Ernennung eines Zwangsverwalters in der Kommune Qereyazî (Karayazı) im Jahr 2019 war jedoch, dass die Verurteilung des Bürgermeisters aufrechterhalten worden war. Wenn man bedenkt, dass die durchschnittliche Dauer einer Haftstrafe in der Türkei sieben Jahre beträgt, ist die Wahl einer Kurdin oder eines Kurden für eine fünfjährige Kommunalverwaltung von vornherein ein aussichtsloses Unterfangen. Diejenigen, die so dreist von sauberen Kandidaten und sauberen Papieren sprechen, sind sich dieser Tatsache bewusst, aber sie wollen sie nicht erwähnen. Gegen viele unserer Ko-Bürgermeisterinnen und Ko-Bürgermeister, deren Pässe derzeit gesperrt sind, laufen weder Ermittlungen noch ein Verfahren, aber auf ihren Ausweisen steht mit unsichtbarer Tinte „kurdisch“. Und das ist alles, was nötig ist, um den Hammer der Zwangsverwaltung niedergehen zu lassen.
Sie werden zur Verantwortung gezogen werden
All diese betrügerischen Machenschaften sollen das kurdische Volk dazu zwingen, mit einem geladenen Revolver Russisch Roulette zu spielen. In diesem Spiel ändern sich die Spielregeln jedes Mal, wenn die Kurdinnen und Kurden gewinnen. Die Erklärungen, dass dies Aufgabe der Gerichte sei und man geduldig auf die Justiz warten solle, um das ganze abzuschließen, verhöhnen den Verstand dieses Volkes.
Der berechtigte Widerstand gegen den Versuch eines Kommunalputsches in Wan (Van), war eine deutliche Ansage des kurdischen Volkes, dass es dieses korrupte Demokratiespiel nicht mehr mitspielt. Der Protest der Menschen in Êlih, Esenyurt, Xelfetî (Halfeti) und den anderen Teilen Kurdistans entlarvt dieses korrupte Spiel und macht den Herrschenden Angst.
Der Polizeichef, den ich am Anfang dieses Artikels erwähnte, schrie uns Abgeordnete, die die Gewalt aufzeichneten und dagegen intervenierten, an: „Der Staat zahlt eure Gehälter. Warum verratet ihr den Staat?“ Er wollte nicht begreifen, dass sowohl seine als auch unsere Gehälter aus den Steuern des Volkes stammen. Hätte er das erkannt, hätte er die kleine Macht, die er genoss, zurückweisen und über das hinausgehen müssen, was er gewohnt war. Das Volk, sein Widerstand und sein Gewissen wird die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Alle, die dem zuwiderhandeln, sei es in der Strafverfolgung, in der Politik oder in der Bürokratie, werden vor der Justiz des Volkes zur Rechenschaft gezogen werden.
1 Sıddık Tan, Vorstandsmitglied des Menschenrechtsvereins IHD und Mitglied der Vorgängerpartei der DEM-Partei HEP wurde am 20. Juni 1992 in Êlih ermordet. Bewaffnete hatten die Wohnung eines Freundes von Tan gestürmt und ihn erschossen. Die Waffen, die eingesetzt wurden, deuteten auf eine Verbindung der Mörder zum Staat hin. Ein Jahr zuvor hatte Tan bereits einen Autobombenanschlag schwer verletzt überlebt. 1990 war er festgenommen und schwer gefoltert worden.
2 Cengiz Altun war Korrespondent der prokurdischen Wochenzeitschrift Yeni Ülke. Er recherchierte über die radikalislamistische türkische Hizbollah, die Anschläge gegen kurdische Oppositionelle verübte und hatte mehrere Artikel zur Kooperation zwischen der Terrororganisation und der türkischen Armee veröffentlicht. Altun legte die Verbindungen der Hizbulkontra zum „Amt für Spezialkriegsführung“ offen. Wenige Monate vor seinem Tod war Altun im Oktober 1991 festgenommen worden. In Gewahrsam bei der Militärpolizei in Kercews (Gercüş), wo er zwei Tage lang mit verbundenen Augen und gefesselten Händen festgehalten wurde, drohte man ihm: „Du solltest beten, dass es Augenzeugen gibt, die gesehen haben, wie wir dich mitgenommen haben. Sonst wärst du nicht registriert.“ Am 24. Februar 1992 wurde er von sieben Kugeln durchlöchert. Fünf davon trafen seinen Hinterkopf.
3 Edip Solmaz, erster kurdischer, freiheitlicher Bürgermeister von Êlih, wurde am 12. November 1979 von Contras vor seinem Haus erschossen, nachdem er am 14. Oktober desselben Jahres als unabhängiger Kandidat zum Bürgermeister gewählt worden war. Der Mord an ihm wurde nie gesühnt.
4 Artikel 66: „Jeder, der durch das Band der Staatsangehörigkeit an den türkischen Staat gebunden ist, ist ein Türke. Das Kind eines türkischen Vaters oder einer türkischen Mutter ist ein Türke.“
5 Politischer Arm der türkischen Hizbullah
Zuerst erschienen bei Yeni Özgür Politika
https://anfdeutsch.com/kurdistan/rabia-symbol-am-rathaus-in-Elih-44323 https://anfdeutsch.com/kurdistan/fast-200-festnahmen-in-Elih-44258 https://anfdeutsch.com/kurdistan/dem-partei-folter-und-misshandlung-an-protestierenden-44195 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/wahrend-razzia-polizei-hetzt-hund-auf-schwerbehinderten-44187 https://anfdeutsch.com/kurdistan/gewalt-und-festnahmen-bei-protesten-gegen-zwangsverwaltung-44151
QSD: Fünf Angreifer bei Infiltrationsversuch getötet
Nach dem Durchbruchsversuch am späten Montagabend von Türkei-treuen Söldnern der sogenannten „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) im Westen von Girê Spî (Tall Abyad) berichten die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) über die Folgen des gescheiterten Angriffs. Wie die QSD erklären, erfolgte der Versuch in die selbstverwalteten Gebiete einzudringen in der Nähe des Dorfes Abdouki (auch Abdi Kuy, ku. Ebdokî), das etwa 15 Autominuten westlich der seit 2019 von der Türkei besetzten Stadt Girê Spî und am Rande der Straße nach Kobanê liegt. Die QSD bemerkten jedoch den Versuch, die Verteidigungsstellungen der selbstverwalteten Gebiete zu umgehen und stoppten den Angriff erfolgreich durch einen Hinterhalt. Bei dem Zusammenstoß wurden mindestens fünf der Söldner getötet und vier weitere verletzt. Es kam zu heftigen Gefechten, bei denen die SNA-Söldner in die Flucht geschlagen wurden.
Beschuss nach Infiltrationsversuch
Nach dem Infiltrationsversuch begannen die türkische Armee und ihre Truppen die Region und insbesondere Abdouki massiv mit Artilleriegranaten zu beschießen. Es wurden 150 Schüsse mit Mörsern und schwerer Artillerie gezählt. Die QSD berichten von „bedeutenden Schäden“ an zivilem Eigentum.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-wehren-durchbruch-von-sna-ab-44317 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/artillerieangriffe-auf-wohnhauser-in-minbic-44316 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/drei-verletzte-bei-anschlag-in-heseke-44306
TJK-E: Wir verteidigen uns mit Jin Jiyan Azadî
Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) hat einen Aktionsplan für ihre diesjährigen Aktivitäten zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen veröffentlicht und teilt dazu mit:
Euer Krieg bedeutet unser Blut – Mit Jin Jiyan Azadî verteidigen wir uns
Die anhaltende Welle von Frauenmorden und Gewaltverbrechen gegen Frauen in der Türkei und anderen Teilen Kurdistans ist ein erschütterndes Beispiel für ein System, das auf Unterdrückung, Gewalt und dem Erhalt patriarchalischer Machtstrukturen basiert. Allein im Jahr 2024 wurden in der Türkei fast 300 Frauen ermordet, häufig in ihrem eigenen Zuhause – einem Ort, der eigentlich Schutz bieten sollte. Tragische Fälle wie die Ermordung des achtjährigen Mädchens Narin Güran und Rojin Kabaiş sowie das seit zwei Jahren ungelöste Verschwinden der kurdischen Studentin Gülistan Doku sind keine isolierten Ereignisse, sondern Teil eines systematischen Problems: einer politisch motivierten Unterdrückung, die den patriarchalen und kapitalistischen Interessen dient.
In Rojhilat, im Iran, sehen wir ähnliche Gewaltmuster, bei denen kurdische Frauenaktivistinnen verfolgt, gefoltert und hingerichtet werden, weil ihre Stimmen als Bedrohung für das bestehende System wahrgenommen werden. Der Aufstand im Jahr 2022 nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini zeigt, dass staatlich geförderte Morde und Hinrichtungen vor allem dazu dienen, den Widerstand zu brechen und die patriarchalen Strukturen zu festigen.
Gesellschaftlicher Wandel im Kontext der kurdischen Freiheitsbewegung
Die kurdische Freiheitsbewegung erkennt diese Gewalt als wesentlichen Bestandteil des patriarchalen Systems und fordert eine tiefgreifende gesellschaftliche Transformation, die auf Freiheit, Gleichberechtigung und der Befreiung der Frau basiert. Die Philosophie von Abdullah Öcalan, dem führenden Kopf der kurdischen Freiheitsbewegung, ist dabei zentral. Er betont, dass die Befreiung der Frau der Schlüssel zu einer gerechten und freien Gesellschaft ist und dass die patriarchalen Strukturen, die Frauen unterdrücken, gleichzeitig die Wurzeln der kapitalistischen Moderne bilden. In diesem Kontext ist die Bewegung „Jin, Jiyan, Azadî“ – „Frau, Leben, Freiheit“ entstanden, die eine Zukunft ohne patriarchale und kapitalistische Unterdrückung anstrebt und die Frauen in den Mittelpunkt des Widerstands stellt.
Globaler Krieg gegen die Freiheit und das Leben von Frauen
Der Widerstand der Frauen ist eine Verteidigung gegen die Kriege des männerdominierten Systems, die sie tagtäglich erleben. Die zunehmende Gewalt gegen Frauen, die systematischen Morde und die Zerstörung ihrer Rechte sind nicht zufällig, sondern Teil eines globalen Krieges gegen die Freiheit und das Leben von Frauen. In diesem Zusammenhang ist es entscheidend zu verstehen, dass es sich um eine Verteidigung handelt, die über nationale Grenzen hinausgeht. Der Slogan „Mit Jin Jiyan Azadî verteidigen wir uns“ ist nicht nur eine Aufforderung zum Widerstand, sondern ein klares Bekenntnis, dass die Frauen weltweit in ihren Kämpfen verbunden sind und sich gegen die Unterdrückung durch ein patriarchales und kapitalistisches System wehren.
Vergewaltigungen als Kriegsstrategie
Ein tragisches Beispiel für das Ausmaß der Verzweiflung, die dieses System hervorruft, ist der Fall im Sudan, wo 130 Frauen sich kollektiv im Selbstmord vereinten, um der Gewalteinheit zu entkommen, die Vergewaltigungen als Kriegsstrategie einsetzt. Dieses schockierende Beispiel verdeutlicht, wie tief die Gewalt gegen Frauen geht und wie diese in Kriegen und Konflikten als Waffe missbraucht wird. Es zeigt die verzweifelte Lage vieler Frauen, die in einem Krieg ums Überleben kämpfen – einem Krieg, der nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch in den patriarchalen Strukturen, die weltweit existieren, geführt wird.
Kollektiver Kampf für ein freies Leben
Die kurdische Freiheitsbewegung und ihre Philosophie bieten eine Hoffnung für die Welt: eine Gesellschaft, in der Frauen nicht nur als Individuen frei sind, sondern aktiv die gesellschaftliche Transformation gestalten. Ihr mutiger Widerstand, oft unter extremen Risiken und persönlichen Opfern, ist ein starkes Signal des Widerstands über ihre Region hinaus. Die Organisierung von Frauen und der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit, inspiriert von Öcalans Philosophie, zeigt uns weltweit Wege auf, wie patriarchale Gewalt und kapitalistische Ausbeutung überwunden werden können. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Frauen auf allen Ebenen organisieren, unsere Stimmen erheben und unser Recht auf ein freies Leben verteidigen. Es ist eine Verteidigung, die uns nicht nur als Individuen betrifft, sondern als Teil eines kollektiven Widerstands gegen die strukturelle Gewalt und Unterdrückung, die uns allen aufgezwungen wird.
Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen
Die TJK-E ruft zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen zur Teilnahme an Aktivitäten in Deutschland, Frankreich, Niederlande, Belgien, Schweiz, Norwegen, Dänemark und Schweden auf. In Deutschland sind folgende Demonstrationen angekündigt:
Samstag, 23. November
Düsseldorf: 13 Uhr, DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Platz
Stuttgart: 14 Uhr, Puste Brunnen
Hamburg: 14 Uhr, Bahnhof Dammtor
Hannover: 16 Uhr, „Ni una menos“-Platz (Goseriedeplatz)
Frankfurt: 16 Uhr, Willy-Brand-Platz
Sonntag, 24. November
Berlin: 13 Uhr, Kottbusser Tor
Hannover: 16 Uhr, „Ni una menos“-Platz (Goseriedeplatz)
Bremen: 14 Uhr, Wallet Bitte e.V./ Dedesvorfer Platz
Montag, 25. November
Hannover: 18 Uhr, Mahnwache vor dem Amtsgericht
Celle: 17.30 Uhr, Gertrud-Schröter-Platz
Darmstadt: 17 Uhr, Wilhelminen-Platz
Mannheim: 18 Uhr, Paradeplatz
Saarbrücken: 15 Uhr, Am Landwehrplatz
Kiel: 16 Uhr, Asmus-Bremer-Platz
Hamburg: 17 Uhr, Alma-Wartenberg-Platz
Freiburg: 18 Uhr, „Ni una menos-Platz (Augustiner Platz)
München: 17 Uhr, Orleans-Platz
Stuttgart: 17 Uhr, Rotebühlplatz
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Kampf gegen das Patriarchat in Nord- und Ostsyrien
Die umfangreichen Veranstaltungen in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November werden fortgesetzt. Die diesjährigen Aktivitäten der Frauenverbände in der Region stehen unter dem Motto „Verteidigt euch mit der Jin-Jiyan-Azadî-Philosophie“ und zielen darauf ab, mit Bildung und öffentlichkeitswirksamen Aktionen ein Bewusstsein in der Gesellschaft herzustellen und Frauen zu stärken.
Bildungsprogramm für Männer
In Amûdê hat heute ein dreitägiges Bildungsprogramm für Männer begonnen. An dem vom Frauenverband Kongra Star ausgerichteten Bildungsangebot zu den Themen „Familiengesetze“, „Leben in freier Partnerschaft“ und „Gesellschaftlicher Sexismus“ nehmen sechzig Männer teil. Kongra Star will mit diesem Angebot Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen patriarchale Gewalt und Unterdrückung lenken und ein Bewusstsein für Geschlechtergleichberechtigung schaffen.
Seminare zum Kampf gegen patriarchales Denken
Weitere Seminare von Kongra Star fanden heute in Til Hemîs und Şedadê statt und richteten sich an die Gesamtgesellschaft. Referentinnen des Frauenverbands sprachen über die Ursachen und Formen der Gewalt gegen Frauen und initiierten eine Diskussion über Maßnahmen zur Eindämmung dieses Problems. Bei dem Seminar in Til Hemîs wurden außerdem Schriften des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan zum Kampf gegen das Patriarchat und traditionelle Denkweisen hinsichtlich der Rolle von Frauen gelesen.
Die Rolle von Frauen in Politik und Gesellschaft
In Til Temir, Hol und Dirbêsiyê verteilten Aktivistinnen von Kongra Star Informationsmaterial zum Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Der Frauenrat der Zukunftspartei Syriens veranstaltete in Tabqa ein Symposium zum Thema „Frauen in der Politik“. An der Veranstaltung nahmen auch Vertreterinnen der Selbstverwaltung und der arabischen Frauenunion Zenobiya teil. Die Teilnehmerinnen diskutierten über den Einfluss von Frauen beim Aufbau basisdemokratischer Strukturen und die Probleme, mit denen Frauen in politischen und gesellschaftlichen Institutionen nach wie vor konfrontiert sind. Auf einer Veranstaltung des Intellektuellen-Verbands Aleppo im Stadtteil Şêxmeqsûd wurde über den negativen Einfluss männlicher Herrschaft auf die Gesamtgesellschaft und die Bedeutung von Freiheit gesprochen.
Männer demonstrieren gegen Gewalt an Frauen
In Fafîn im Kanton Efrîn-Şehba haben Hunderte Männer gegen Gewalt an Frauen demonstriert. Die Teilnehmer trugen Transparente mit der Aufschrift „Verteidigt euch mit der Jin-Jiyan-Azadî-Philosophie“ und „Nein zum Feminizid“ und riefen „Tausendfach Jin Jiyan Azadî!“. Eine Sprecherin von Kongra Star sagte in einer Rede, dass mit der Rollenzuweisung im patriarchalen Herrschaftssystem auch Männer versklavt werden. Der Ko-Kantonsvorsitzende Mihemed Şêxo wies in einer Ansprache darauf hin, dass die Freiheit der Frauen Voraussetzung für eine freie Gesellschaft ist und Befreiung nur gemeinsam erkämpft werden kann: „Mit der Philosophie von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] werden wir das Herrschaftsdenken zerschlagen und die Gesellschaft befreien.“
Veranstaltungen ezidischer und muslimischer Frauen
Das Frauenkomitee des Ezidischen Verbands in Efrîn-Şehba veranstaltete ein Seminar in Ehdas zum Thema Gewalt gegen Frauen und forderte Schutzmechanismen ein. In Raqqa fand eine Veranstaltung des Frauenrats im Demokratischen Islam-Kongress zum 25. November statt. Eine Rednerin bezeichnete Gewalt gegen Frauen als schändliches und despotisches Verhalten, das aus einem kranken Denken resultiere und jeden Tag bekämpft werden müsse.
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DEM: Aufstand gegen männlich-staatliche Gewalt
Die DEM-Partei hat ihre wöchentliche Fraktionssitzung in Ankara als Frauenversammlung abgehalten und im Vorfeld des internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen zum Kampf gegen patriarchale Herrschaft aufgerufen. An der Sitzung nahmen neben den Parlamentarier:innen der DEM-Fraktion auch die Anfang November vom türkischen Innenministerium abgesetzten Ko-Bürgermeisterinnen aus Êlih (tr. Batman), Mêrdîn (Mardin) und Xelfetî (Halfeti) sowie Fehime Poyraz, die Mutter der von einem türkischen Faschisten in Izmir ermordeten HDP-Mitarbeiterin Deniz Poyraz, und Mitglieder der „Friedensmütter“-Initiative teil.
Jin Jiyan Azadî
Auf den Tischen im Sitzungssaal der DEM-Fraktion standen Schilder mit der Aufschrift „Jin Jiyan Azadî“ (Frau Leben Freiheit), „Demokratie statt Zwangsverwaltung“ und „Gemeinsamer Aufstand gegen männlich-staatliche Gewalt“. Die Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları, sagte mit Blick auf den 25. November, den Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen: „Von der Dominikanischen Republik bis Rojava, vom Iran bis Indien, von Chile bis Palästina und überall auf der Welt haben wir Frauen für Freiheit und gegen das von Männern dominierte kapitalistische System gekämpft und tun es weiterhin.“
„Wir werden jeden Tag getötet“
Wie die anderen Frauen im Saal trug Tülay Hatimoğulları ein lilafarbenes Tuch mit der Aufschrift „Frau Leben Freiheit“ auf Türkisch und Kurdisch um den Hals. Dieser Slogan sei mit dem Kampf von Frauen um die ganze Welt gegangen, sagte die DEM-Vorsitzende und wies auf die Femizid-Zahlen in der Türkei hin: „Liebe Frauen, wir werden jeden Tag getötet. Im Jahr 2024 sind bereits 395 Frauen von Männern ermordet worden. Im Oktober wurden 48 Frauen ermordet, der Tod von 23 weiteren Frauen ist verdächtig.“ Für Frauen gebe es keine andere Möglichkeit, als sich zu organisieren und gemeinsam zu kämpfen.
Zwangsverwaltung als Angriff auf Frauenrechte
Zu der Einsetzung staatlicher Treuhänder anstelle gewählter Bürgermeister:innen sagte die DEM-Vorsitzende: „Die Regierung versucht, uns ein Grundrecht zu nehmen, unser Recht zu wählen und gewählt zu werden, indem sie Treuhänder ernennt. Wir wiederholen noch einmal: Die Zwangsverwaltung verstößt gegen die Verfassung, die Europäische Charta der Autonomie und die Entscheidungen der Venedig-Kommission. Sie bedeutet eine Aneignung des aktiven und passiven Wahlrechts der Bürgerinnen und Bürger. Es bedeutet, dass die Wahl null und nichtig ist. Es ist ein politischer Staatsstreich durch die Justiz und die Polizei. Es bedeutet, dass man sich nicht selbst wählen und regieren kann. Die Zwangsverwaltung ist der Feind der Kurdinnen und Kurden, der Feind der Frauen, der Feind aller Oppositionellen. Sie ist ein Angriff auf unser System des Ko-Vorstands. Wissen Sie, was die ersten Handlungen der Treuhänder waren? Sie haben unsere Zentren, Abteilungen und Direktionen für Frauen geschlossen.“
JinKart und Mehrsprachigkeit abgeschafft
Wie Tülay Hatimoğulları mitteilte, ist durch den Zwangsverwalter in Mêrdîn die JinKart abgeschafft worden, ein Projekt zur Förderung der Partizipation von Frauen am öffentlichen Leben. Zudem sei das gesamte Veranstaltungsprogramm der Stadtverwaltung zum 25. November gestrichen worden. In Êlih sei als erste Amtshandlung der kurdischsprachige Bereich der städtischen Website gelöscht und die Arbeit der Kita Beybun, die Bildung in der Muttersprache anbietet, eingestellt worden. Außerdem habe der Zwangsverwalter einen Mann zum Leiter des Frauenberatungszentrums ernannt. Auch im Rathaus in Xelfetî sei die Leiterin der Frauenabteilung durch einen Mann ausgetauscht worden.
Öcalan und die kurdische Frage
Hinsichtlich der Debatte um eine Lösung der kurdischen Frage sagte die Ko-Vorsitzende der DEM-Partei: „Wir haben uns in den Diskussionen der letzten Tage bei jeder Gelegenheit zu diesem Thema geäußert und ich möchte es hier noch einmal unterstreichen: Als DEM-Partei sind wir für einen ehrenvollen Frieden auf demokratischer Grundlage. Dazu muss die Isolation auf Imrali sofort aufgehoben und Herr Öcalan freigelassen werden.“
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Rabia-Symbol am Rathaus in Êlih
Der vom türkischen Innenministerium zum staatlichen Treuhänder der Stadtverwaltung von Êlih (tr. Batman) ernannte Provinzgouverneur Ekrem Canalp hat am Eingang des Rathauses ein Plakat mit einer als Rabia-Hand stilisierten Nationalflagge der Türkei und der Aufschrift „Ein Staat, eine Fahne, eine Nation, ein Vaterland“ aufhängen lassen.
Das Rabia-Emblem, das auch als Handzeichen mit vier in die Luft gereckten Fingern und angewinkeltem Daumen verwendet wird, ist das Symbol der islamistischen Muslimbruderschaft und stammt ursprünglich aus Ägypten. Das Motto „Ein Staat, ein Vaterland, eine Fahne, eine Nation“ kennzeichnet den Monismus, mit dem der türkische Staat anderen Identitäten das Existenzrecht abspricht.
Die Ko-Bürgermeister:innen Gülistan Sönük und Yeşil Işık (DEM-Partei) in Êlih sind am 4. November vom Innenministerium des Amtes enthoben worden. An der Spitze der Kommunalverwaltung steht jetzt der Gouverneur, der die örtliche Polizeidirektion mit umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen für das Rathaus beauftragt hat. Das Gebäude wird von polizeilichen Einsatzkräften belagert und nachts mit einem Hubschrauber beobachtet. Im gesamten Rathaus befinden sich Polizist:innen, es gibt wieder Einlasskontrollen. Der Körperscanner am Eingang, der nach der Kommunalwahl am 31. März 2024 von den neu gewählten Bürgermeister:innen abgebaut wurde, ist wieder aufgestellt worden.
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Vortrag und Statement gegen sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe
Am Montagabend folgten rund 30 Interessierte der Einladung der feministischen Organisierung „Gemeinsam kämpfen!“ in Celle einem Vortrag und Gespräch zum Thema „Sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe“. Die Veranstaltung im Bunten Haus fand in Kooperation mit dem Autonomen Frauenhaus Celle sowie dem Rosa Luxemburg Club Celle statt und wurde von der Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen gefördert.
Die Referentin Ferda Berse setzt sich seit vielen Jahren mit sexualisierter Kriegsgewalt auseinander und folgt hierbei dem Leitsatz: „Das Unverstehbare verstehbar machen, ohne es zu verharmlosen.“ Zunächst definierte sie grundlegende Begriffe und deren wissenschaftlicher Aushandlung. Nach der Sozialwissenschaftlerin Dr. Ruth Seifert sei diese Form der Gewalt kein aggressiver Ausdruck von Sexualität, sondern ein sexueller Ausdruck von Aggression.
Anschließend beleuchtete Ferda Berse den historischen Prozess sowie die systematische Verankerung von sexualisierter Gewalt in kriegerischen Auseinandersetzungen. Sexualisierte Kriegsgewalt sei so alt wie Krieg selbst: Bereits in der griechischen und römischen Mythologie sei „die Frau“ als Kriegsbeute dargestellt worden. Hierbei nahm die Referentin auch Bezug auf verfälschende Darstellungen in Hollywood-Filmen der letzten Jahre, in denen diese Zusammenhänge als Liebesgeschichten inszeniert werden.
In Kriegen wird laut Ferda Berse von allen Seiten sexualisierte Gewalt ausgeübt. Militärs sowie Nationalstaaten tragen hierin als Teil des patriarchalen Systems institutionalisierende Funktionen, bspw. durch die Einrichtung von Militärbordellen. Die historischen Beispiele bewiesen, dass die betroffenen Frauen sich in vielen Fällen nicht freiwillig prostituieren ließen.
Die anschließende sozialwissenschaftliche Betrachtung zeigte, dass die betroffenen Menschen nicht im Fokus dieser Gewalt stehen. Im Vordergrund stehe ein Kontakt zwischen Männern: Vereinfacht gesagt, wird den Männern der „Verliererseite“ durch die Ausübung sexualisierter Kriegsgewalt eine Demütigung in ihrer Männlichkeit zugefügt, da sie nicht in der Lage gewesen seien, „ihre Frauen“ zu schützen. Der Krieg zwischen Männern wird auf Frauenkörpern ausgetragen. Berse stellte verschiedene, hierarchisch angeordnete und in Konkurrenz zueinander stehende „Männlichkeiten“ vor und legte hierbei einen Schwerpunkt auf „islamistisch codierte Männlichkeitsideale“.
Ihren Vortrag schloss Ferda Berse mit der Vorstellung zweier Frauen, die mit viel Mut die ihnen angetane sexualisierte Kriegsgewalt öffentlich benannten: Kim Hak-Soon, die im Zweiten Weltkrieg durch das japanische Militär als „Trostfrau“ sexuell versklavt wurde, und Godeliève Mukasarasi, durch deren Aussage im Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda die Vergewaltigung von Frauen im Zuge von Kriegshandlungen juristisch als Kriegsverbrechen gewertet wird.
Auf die Frage nach Handlungsmöglichkeiten und kritischer Auseinandersetzung von Männern sagte Ferda Berse: „Wenn Männer nicht den Mut haben, ihren Mund zum Beispiel gegen sexistische ,Witze’ anderer Männer aufzumachen, wird sich nichts ändern. Seid mutig, nehmt nicht stillschweigend hin, was ihr für inakzeptabel haltet!“
Statement gegen sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe
Im Anschluss an den Vortrag und das Gespräch, verabschiedeten die Anwesenden durch ein Gruppenfoto gemeinsam ein Statement gegen sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe:
„Sexualisierte Gewalt im Kontext von Krieg und Konflikten muss konsequent zu einer Schutzberechtigung der betroffenen Menschen führen. Dies darf nicht an die Auslegung einzelner Gerichte oder Behörden geknüpft sein, sondern muss universell gelten. Daher stellen wir gemeinsam folgende Forderungen an die Verantwortlichen in der internationalen Staatengemeinschaft sowie der deutschen Justiz und Legislative auf:
1. Anerkennung als Fluchtgrund
[…] Geschlechtsspezifische Gewalt und sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe gegen Menschen jeglicher Geschlechter müssen als Fluchtgrund konsequent anerkannt werden.
2. Namentliche Benennung / Anerkennung sexualisierter Gewalt im Internationalen Recht
[…] Sexualisierte Gewalt muss im Internationalen Recht als Kriegswaffe und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit namentlich anerkannt werden. Insbesondere die Strafverfolgungs-Möglichkeit nach dem Weltrechtsprinzip muss hierdurch sichergestellt werden.“
Fotos © Anna Sandel
https://anfdeutsch.com/frauen/celle-gedenkaktion-gegen-femizid-43317 https://anfdeutsch.com/frauen/8-marz-in-celle-krach-fur-selbstbestimmung-und-gerechtigkeit-41228
Zivilist bei Beschuss von Efrîn verletzt
Beim Beschuss eines kurdischen Dorfes in der Efrîn-Region im Nordwesten Syriens ist laut einem Bericht ein Zivilist verletzt worden. Wie die Nachrichtenagentur Hawarnews (ANHA) am Dienstag unter Berufung auf einen Korrespondenten am Ort des Geschehens berichtete, handelt es sich bei dem 42 Jahre alten Opfer um einen Bewohner der Ortschaft Eqîbê (Aqiba). Der Mann befinde sich auf dem Weg in ein Krankenhaus. Angaben zur Schwere der Verletzungen konnten zunächst nicht gemacht werden.
Eqîbê liegt im Kreis Şêrawa südöstlich der von der Türkei besetzten Stadt Efrîn, Ausgangspunkt des Angriffs auf das Dorf die türkisch-dschihadistische Besatzungszone. Dem Bericht zufolge wurde Haubitzenmunition verschossen. Die Attacke verursachte schwere Schäden in Häusern und an Fahrzeugen.
Zerstörung in Eqîbê | Video: ANHA
Nicht vollständig besetzt
Şêrawa ist nicht vollständig von der Türkei besetzt. Gebiete im Osten, die an die benachbarte Stadt Tel Rifat grenzen, werden trotz der permanenten Angriffe der türkischen Armee und ihrer islamistischen Milizen selbstverwaltet. Eqîbê gehört zu jenen Orten in der Region, die besonders häufig ins Visier genommen werden. Erst am Sonntag hatte es einen Angriff auf das Dorf gegeben.
Titelfoto: Bewohner blickt auf Eqîbê, Archivaufnahme
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kurdische-dorfer-in-efrin-im-visier-der-besatzer-44305 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-wehren-durchbruch-von-sna-ab-44317 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/artillerieangriffe-auf-wohnhauser-in-minbic-44316
YJA Star gedenken Kommandantin Medya Egîd
Die Guerillakommandantin Medya Egîd ist am 19. November 2019 bei einem Angriff des türkischen Staates auf die Medya-Verteidigungsgebiete ums Leben gekommen. Die Verbände freier Frauen (YJA Star) gaben den Verlust der Revolutionärin in einem am Dienstag anlässlich ihres fünften Todestages veröffentlichten Nachruf bekannt. Darin würdigt die Frauenguerilla die langjährige Kämpferin als wegweisende Protagonistin des Befreiungskampfes in Kurdistan. Ihr Name stehe für Mut und Avantgarde, Rückgrat und die Linie der freien Frau. Den Angehörigen sowie der kurdischen Bevölkerung sprechen die YJA Star ihr Mitgefühl aus.
Codename: Medya Êgid
Vor- und Nachname: Beraat Afşin
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Hacer – Hasan
Todestag und -ort: 19. November 2019, Medya-Verteidigungsgebiete
Die Biografie von Medya Egîd liest sich wie ein Roman. Geboren in Nisêbîn (tr. Nusaybin) bei Mêrdîn (Mardin), gehörte sie einer fest in der kurdischen Kultur verwurzelten und dem Nationalbewusstsein in Kurdistan tief verbundenen Familie an. Sie wuchs zu einer Zeit auf, in der der gesellschaftliche Widerstand gegen die Unterdrückung unter der Führung der PKK eine Renaissance erlebte und zum Vorboten der Ära der Serhildan wurde. Innerhalb dieser Realität begann sie bereits früh die Suche nach einem sinnerfüllten Leben. Zur bewussten jungen Frau reifte sie auf Grundlage der Philosophie Abdullah Öcalans an – der stets betonte, dass Frauenbefreiung Voraussetzung für eine freie Gesellschaft ist. Sie erkannte den Widerspruch zwischen den Geschlechtern, lehnte den Ansatz des modernistischen Systems gegenüber Frauen ab und widmete sich der weiblichen Identitätsentwicklung.
In den 1990er Jahren verlor Medya Egîd ihren Bruder, der Kämpfer in Tolhildan war. Sie war noch Schülerin, als sie begann, die Guerilla in der Region als Milizionärin zu unterstützen, gleichzeitig war sie politisch aktiv. In der Folge landete sie für eine Weile im Gefängnis. Durch diese Erfahrung erkannte sie die Realität des Feindes in Kurdistan noch klarer und bezog deutlich Stellung gegen Sexismus und Kolonialismus. 1994 ging sie in die Berge. Es war die Zeit, als die autonome Frauenguerilla der PKK gegründet wurde. Medya Egîd schloss sich in Mêrdîn der Guerilla an, später ging sie nach Botan. „Hevala Medya, die die Avantgarde der Frau an den Fronten des heißen Krieges zur Perspektive machte, zeichnete sich durch eine leidenschaftliche Teilnahme am Kampf aus. Sie war diejenige, die die Schriften unseres Vorsitzenden am intensivsten studierte und große Anstrengungen unternahm, seine Gedanken an ihre Genossinnen und Genossen weiterzugeben. Mit ihrer Klarheit in der Wahrnehmung des Feindes und ihrer radikalen Haltung gegen die männliche Vorherrschaft vertrat sie den Persönlichkeitstyp einer großen Kämpferin, die auch in den schwierigsten Momenten Kraft verlieh und militante Wegbereiterin war. Sie übernahm Verantwortung auf Kommandoebene und erfüllte ihre Aufgaben als Revolutionärin. Hevala Medya nahm eine führende Rolle bei der Stärkung unserer Frauenarmee ein.“
Nach Kampfjahren in Botan ging Medya Egîd in die Medya-Verteidigungsgebiete. Als die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), die von den YJA Star als „hässlichste Manifestation des Patriarchats und schmutzigstes Werkzeug des staatlich gesteuerten Systems“ bezeichnet wird, 2014 weite Teile des Irak und Syriens überrannte und eine Schreckensherrschaft installierte, war sie Befehlshaberin an den Fronten gegen den IS in Mexmûr und Kerkûk. Nach dem IS-Überfall auf Şengal unterstützte sie die dortige Bevölkerung beim Aufbau von Verteidigungsstrukturen. In Şengal, das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft, war im August 2014 ein Genozid und Femizid verübt worden, tausende Menschen wurden vom IS ermordet und verschleppt. Medya Egîd engagierte sich vor allem für die ezidischen Frauen und half ihnen bei der Etablierung ihrer militärischen Selbstverteidigung. „In allen Gebieten, in denen sie anwesend war, war unsere Freundin Medya Quelle von Kraft und Zuversicht, schaffte und schärfte Bewusstsein und weckte Willen zum Widerstand“, schreiben die YJA Star in ihrem Nachruf.
Nach der Befreiung von Şengal kehrte Medya Egîd in die Medya-Verteidigungsgebiete zurück, wo sie ihre Arbeit innerhalb der Frauenguerilla auf der Ebene der Generalkommandantur der YJA Star fortsetzte. Diese achtet sie als eine Revolutionärin ohnegleichen, Weggefährtin Abdullah Öcalans und selbstlose Verteidigerin eines freien Lebens. „Wir versprechen, Hevala Medyas Tod zu rächen und unseren Kampf in Verbundenheit zu ihr und ihrem Andenken auszutragen. Als YJA Star erinnern wir uns mit Liebe, Respekt und Dankbarkeit an Medya Egîd und all unsere Gefallenen. Wir werden ihrer würdig sein.“
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HPG-Kämpfer nach vier Jahren beigesetzt
Vier Jahre und vier Monate mussten die Angehörigen des Guerillakämpfers Brûsk Reşit (Seyithan Acay) auf dessen Leiche warten. Brûsk war am 30. Juli 2020 bei einem Gefecht am Berg Gabar in der nordkurdischen Region Şirnex (tr. Şırnak) gefallen. Die Behörden vergruben seinen Leichnam auf einem Friedhof für Personen ohne Angehörige, obwohl die Angehörigen die Übergabe der sterblichen Überreste bereits beantragt hatten. Die Familie war nach Bekanntgabe von drei gefallenen Guerillakämpfern direkt nach Şirnex gereist, um die Leiche zu übernehmen, wurde jedoch nach einer Blutabnahme zurück nach Mêrdîn (Mardin) geschickt. Das Verfahren wurde immer wieder verschleppt, auch drei Monate nach der Blutabnahme waren die Proben noch nicht einmal an die Gerichtsmedizin geschickt worden. Obwohl schließlich im Februar 2021 die DNA-Ergebnisse bestätigten, dass es sich um die Angehörigen des Gefallenen handelte, wurde die Leiche weiterhin nicht freigegeben. Die Familie und ihre Anwält:innen mussten noch mehr als drei weitere Jahre um den Leichnam kämpfen.
Hunderte nehmen an Beisetzung teil
Die Leiche wurde nun exhumiert und von der Familie am Montag ins Stadtviertel Biherkê von Ertuqî (Artuklu) gebracht und von hunderten Menschen empfangen. Unter der lauten Parole „Die Gefallenen sind unsterblich“ zog der Leichenzug zum Friedhof. Anschließend wurde dort die Leiche beigesetzt.
„Schluss mit der Isolation“
Auf die Beerdigung folgte eine Schweigeminute für die Gefallenen der Revolution. Anschließend ergriff Salih Kuday, Ko-Vorsitzender des Gefallenensolidaritätsvereins MEBYA-DER, das Wort und stellte einen Zusammenhang zur Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan her: „Aufgrund der andauernden Isolation begraben wir hier jeden Tag junge Menschen. Solange diese Isolation anhält, werden Blutvergießen und Massaker nicht nur in Kurdistan, sondern auch im gesamten Nahen Osten weitergehen. Deshalb appellieren wir von hier aus noch einmal: Ergreift die zum Frieden ausgestreckt Hand. Ergreift die Hand desjenigen, der sagt: ‚Ich kann das Blutvergießen innerhalb einer Woche beenden‘, ergreift diese Hand, damit Frieden in dieses Land kommt. Damit die Tränen der Eltern zu strömen aufhören.“
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Zwölf Inhaftierungen in Êlih
Am 16. November stürmte die türkische Polizei Dutzende Wohnungen im nordkurdischen Êlih (tr. Batman). Der Polizei ging es um die Verfolgung von Aktivist:innen, die an den Protesten gegen Zwangsverwaltung teilgenommen hatten. Die Polizei ging bei den Festnahmen mit äußerster Brutalität vor. Nun wurden zwölf der 24 Personen dem Haftrichter vorgeführt und inhaftiert. Die übrigen zwölf Personen, unter ihnen sechs Minderjährige, wurden unter Auflagen entlassen. Den Inhaftierten wird „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ vorgeworfen.
Seit der Einsetzung von Zwangsverwaltern anstelle der Ko-Bürgermeister:innen der DEM-Partei von Êlih, Mêrdîn (Mardin) und Xelfetî (Halfeti) am 4. November halten die Proteste insbesondere in Êlih an. Seitdem wurden über 220 Personen festgenommen und fast 50 Menschen inhaftiert.
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QSD wehren Durchbruch von SNA ab
An der Grenze zum Kanton Firat hat es einen Durchbruchsversuch durch Terroristen des Türkei-treuen Milizverbands „Syrische Nationalarmee” (SNA) gegeben. Wie die Pressestelle der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) am späten Montagabend mitteilte, versuchten Söldner unter türkischem Kommando, über ein Dorf westlich der Besatzungszone um Girê Spî (Tall Abyad) in die Autonomiegebiete einzudringen. Die Kämpferinnen und Kämpfer des Verbands hätten die versuchte Infiltration umgehend beantwortet, in der Folge seien schwere Gefechte ausgebrochen. Die QSD sprachen von einer hohen Zahl an Angreifern, die bei den Auseinandersetzungen getötet oder verletzt worden seien. Ob es auch Verluste in den eigenen Reihen gab, dazu äußerte sich die Pressestelle nicht.
Video zeigt Einschläge türkischer Artillerie | QSD via ANHA
Der versuchte Durchbruch ereignete sich nach QSD-Angaben im Dorf Abdouki (auch Abdi Kuy, ku. Ebdokî), das etwa 15 Autominuten westlich der seit 2019 von der Türkei besetzten Stadt Girê Spî und am Rande der Straße nach Kobanê liegt. Die türkische Armee habe vom Boden aus Feuerschutz gegeben – unklar allerdings ob von türkischem Staatsgebiet aus oder der Besatzungszone. Weitere türkische Attacken folgten demnach, als die sogenannte SNA versuchte, ihre Söldner aus dem Kampfgebiet zu evakuieren.
Durchbruchsversuche von Besatzern zu der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien geschehen häufig, bei Kobanê jedoch weniger. Die Einsickerungsbemühungen konzentrierten sich bisher hauptsächlich auf den Kanton Minbic. Die Stadt gilt als mögliches Etappenziel einer weiteren Invasion der Türkei in den selbstverwalteten Gebieten ihres Nachbarlandes. Kobanê und andere Teile des Kantons Firat waren zuletzt im Zuge der jüngsten Luftangriffswelle im Oktober von der türkischen Armee angegriffen worden.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/artillerieangriffe-auf-wohnhauser-in-minbic-44316
Artillerieangriffe auf Wohnhäuser in Minbic
Artilleriefeuer der türkischen Armee und ihrer dschihadistischen Proxy-Truppen hat in einem Wohngebiet nahe Minbic (Manbidsch) Schäden an Wohnhäusern verursacht. Das gab der örtliche Militärrat in der Nacht zum Dienstag bekannt. Ob Menschen verletzt wurden, konnte der Verband der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) zunächst nicht sagen. Auch die Höhe des Schadens war nicht bekannt.
Ziel des am späten Montagabend verübten Angriffs war die Gemeinde Al-Farat, die etwa 17 Kilometer nordwestlich des Stadtkerns von Minbic liegt. Wie der Militärrat mitteilte, wurde die Munition von einer Haubitze verschossen. Wie viele Häuser betroffen waren, ist nicht bekannt. Eines der Gebäude in der Ortschaft weist jedoch zahlreiche Einschusslöcher auf, wie auch auf einem Video zu sehen ist. Der Militärrat wirft den Besatzungstruppen einen gezielten Angriff auf die Zivilbevölkerung und ihr Eigentum vor.
Videoquelle MMC via ANHA
Neben Al-Farat wurde auch das nahegelegene Dorf Arab Hasan (Ereb Hesen) am Abend bombardiert, teilte der Militärrat weiter mit. Dort sei ebenfalls Haubitzenmunition niedergegangen, zum Ausmaß des Angriffs lagen zunächst keine gesicherten Informationen vor. Vor einer Woche hatte es dort allerdings einen versuchten Drohnenangriff gegeben. Ein Kämpfer des Militärrats konnte die Kleindrohne abschießen, bevor sie in dem strategisch gelegenen Dorf einschlug. Arab Hasan liegt an der Kontaktlinie zwischen der Autonomieregion Nord- und Ostsyriens und der Besatzungszone und wird regelmäßig von Besatzern ins Visier genommen.
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Männer in Qamişlo protestieren gegen patriarchale Gewalt
Im nordostsyrischen Qamişlo sind am Montag hunderte Männer auf die Straße gegangen, um gegen patriarchale und staatliche Gewalt an Frauen zu protestieren. Anlass der Demonstration war der bevorstehende 25. November. Der Tag gilt weltweit als Kampftag gegen Gewalt an Frauen.
Die Demonstration fand unter dem Zeichen der Solidarität mit den Opfern männlicher Gewalt statt und wurde im Rahmen eines mehrwöchiges Veranstaltungsprogramms organisiert, das darauf abzielt, mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen ein Bewusstsein in der Gesellschaft herzustellen und Frauen zu stärken. Hinter den Aktivitäten stehen verschiedene Frauenverbände in der Autonomieregion, ihr Motto lautet „Verteidigt euch mit der Jin-Jiyan-Azadî-Philosophie“.
Der Marsch startete an der zentrumsnahen Sonî-Kreuzung und zog bis zum Şehîd-Rûbar-Platz. Viele der teilnehmenden Männer trugen Plakate mit Forderungen nach einem Ende von patriarchaler Gewalt und führten Bilder von Frauen mit sich, die Opfer von Femiziden wurden. Besonders häufig war die Kurdin Jina Mahsa Amini zu sehen, die im September 2022 von der iranischen Sittenpolizei ermordet wurde. Doch auch die Konterfeis von weiblichen politischen Gefangenen des Mullah-Regimes, darunter Varisheh Moradi und Sharifeh Mohammadi, blickten aus der Demonstration hervor.
Die Reden der Demonstration wurden von Vertreterinnen der Kongra Star, dem Dachverband der Frauenbewegung in Nord- und Ostsyrien in verschiedenen Sprachen gehalten. Cewahir Osman, die ihr Statement auf Kurdisch abgab, zitierte in ihrem Beitrag Abdullah Öcalans Formel, dernach die Befreiung einer Gesellschaft ohne die Befreiung der Frau unmöglich sei. Der Blick des Vordenkers der kurdischen Befreiungsbewegung auf die Frau gehe aber weit darüber hinaus, betonte Osman und bekam viel Applaus. Zwischendurch wurde ihre Rede von „Jin Jiyan Azadî“-Rufen unterbrochen.
„Öcalan sagt, dass, solange die Gesellschaft nicht basierend auf der Freiheit der Frau ein soziales, kulturelles und politisches Leben entwickelt, kann die Frau nicht wirklich frei sein. Wenn wir also die absolute Sklaverei stürzen wollen, in deren Spirale alle gefangen sind, müssen wir das Patriarchat brechen. Das männliche Herrschaftssystem baut auf der Versklavung der Frauen und allen weiteren unterdrückten Geschlechtern auf. Deshalb muss die gesamte Gesellschaft entsprechend der Frauenbefreiungslinie geformt werden. Nur dann können sowohl die Gesellschaft als auch die Frau frei sein. Um dieses Ziel zu verwirklichen, müssen sich auch die Männer an unserem Widerstand beteiligen. Nur so kann den patriarchalen Machtansprüchen und der Gewalt gegen Frauen einen Riegel vorgeschoben werden.“
Nach der Rede machte eine Sprecherin der Kongra Star auf die weiteren Aktivitäten anlässlich des diesjährigen 25. November aufmerksam. Viele Demonstranten kündigten ihre Teilnahme an.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/manner-demonstrieren-gegen-gewalt-an-frauen-44303
Doppelspitze der DEM in Esenyurt festgenommen
Die Ko-Vorsitzenden des DEM-Verbands im Istanbuler Bezirk Esenyurt sind festgenommen worden. Rojda Yılmaz und Abdullah Arınan folgten am Montag einer Vorladung der Polizei, als im Präsidium die Handschellen klickten. Der Schritt steht nach Angaben ihrer Partei im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Räumlichkeiten des Kreisverbands in Esenyurt heute früh. Die Ursache für die Festnahmen und Razzia ist derweil nicht bekannt; es bestehe „völlige Unklarheit“ darüber, welcher Vorwurf im Raum stehe. Frühestens am Dienstag werde mit ihrer Freilassung oder Überstellung an ein Gericht gerechnet.
Der Grund: Die zuständige Staatsanwaltschaft hat ein 24-stündiges Anwaltsverbot erwirkt, um Yılmaz und Arınan einen Tag lang den Zugang zu einem Rechtsbeistand zu verwehren. Zur Begründung der Verfügung habe es laut dem Ortsvorstand der DEM geheißen, ein persönlicher Kontakt zwischen „Verdächtigen in Gewahrsam und Anwälten sowie die Berechtigung, den Inhalt der Akte zu prüfen oder Kopien der Dokumente anzufertigen”, könne den Zweck der Ermittlungen gefährden. Bei solchen Maßnahmen, die üblich sind bei Ermittlungen mit angeblichem Terrorismusbezug, handelt es sich um eine gängige Methode türkischer Sicherheits- und Justizbehörden, die Verteidigung zu torpedieren.
Der Kreisverband der DEM-Partei war am frühen Morgen von einem polizeilichen Großaufgebot durchsucht worden. In dem Büro hielt sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung niemand auf, das Türschloss wurde aufgebrochen. Als Mitglieder die Parteivertretung öffnen wollten, fanden sie verwüstete Räumlichkeiten und von den Wänden gerissene Plakate sowie zerstreute Dokumente vor. Der Vorgang scheint in Verbindung mit der Absetzung und Verhaftung des Bezirksbürgermeisters Ahmet Özer von der CHP zu stehen.
Für den unter vermeintlichem Terrorverdacht stehenden kurdischstämmigen Politiker Özer, der bei der Kommunalwahl im vergangenen März zur Spitze des Stadtteils gewählt wurde, hatten im Rahmen einer Konsensentscheidung zwischen der CHP-Vertretung in Esenyurt und der DEM-Partei auch viele Kurdinnen und Kurden gestimmt. Seither fabulieren Parteivertreter der regierenden AKP/MHP-Allianz und regimetreue Medien immer wieder über eine „verräterische Terrorallianz“ zwischen CHP und DEM. Wenige Tage nach der Absetzung Özers wurden mit Gülistan Sönük (Êlih), Ahmet Türk (Mêrdîn) und Mehmet Karayılan (Xelfetî) auch die Bürgermeister:innen von drei kurdischen Kommunen wegen vermeintlicher Verbindungen zu einer „Terrororganisation“ aus dem Amt entlassen.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/polizei-dringt-in-istanbuler-dem-verband-ein-44311