«Wir alle brauchen Anerkennung von Außen. Wir messen unseren Erfolg an den Reaktionen anderer Menschen, und ohne das Gefühl, in der Gemeinschaft eine sinnvolle Aufgabe zu erfüllen, fehlt uns die Verankerung im mitmenschlichen Kreis. Unser Bedürfnis nach Anerkennung entspricht unserer Natur als Gemeinschaftswesen.» (– Dr. Dieter Wartenweiler, Uerikon-Stäfa am Zürichsee).
ANF NEWS (Firatnews Agency) - kurdische Nachrichtenagentur
GfbV fordert Abschiebestopp für Ezid:innen
Zwei Jahre nach der Anerkennung des Völkermords an der ezidischen Bevölkerung Şengals durch den Deutschen Bundestag fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Bundesregierung auf, Abschiebungen von Angehörigen der religiösen Minderheit in den Irak, aber auch nach Syrien endgültig zu stoppen. Ezidinnen und Eziden, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben, dürften nicht befürchten müssen, wieder in Gebiete abgeschoben zu werden, in denen ihr Leben in Gefahr ist, erklärte GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. Denn spätestens seit der Machtübernahme durch radikale Islamisten in Syrien sei das ezidische Kernland Şengal, das im äußersten Nordwesten des Irak liegt, erneut verstärkt bedroht. „Auf beiden Seiten der Grenze sind islamistische Milizen auf dem Vormarsch“, so Sido.
Genozid und Feminizid in Şengal
Am 3. August 2014 überfiel die Terrororganisation „Islamischer Staat“ die Şengal-Region mit dem Ziel, eine der ältesten Religionsgemeinschaften auszulöschen: Die Ezidinnen und Eziden. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen sowie der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den von ihr als Ferman bezeichneten 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Mindestens 10.000 Menschen, hauptsächlich Männer und Jungen über zwölf Jahre, fielen den Gräueltaten der Dschihadisten zum Opfer. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, mehr als 2.000 von ihnen werden bis heute vermisst. Weitere 400.000 Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben.
Anerkennung durch Bundestag, aber kaum Aufarbeitung
Am 19. Januar 2023 hat der Bundestag den Völkermord an den Ezid:innen anerkannt und umfassende Hilfe für die Gemeinschaft sowie eine umfassende Aufarbeitung gefordert. Diese stehe aber noch aus, bemängelt die GfbV. Zwar würden einzelne IS-Mitglieder in Deutschland für ihre Beteiligung am Genozid zur Rechenschaft gezogen, das reiche aber nicht. „Schon im Text der Anerkennungsresolution wurde vermieden, zu sagen, welche Rollen das NATO-Mitglied Türkei, das islamistische, arabische Emirat Katar und Deutschland bei der Entstehung, Finanzierung und Stärkung des IS gespielt haben“, kritisierte Sido. Eine Aufarbeitung sei jedoch dringend notwendig, damit nicht erneut islamistische Strukturen mit deutscher Hilfe finanziert würden – beispielsweise in Syrien.
40.000 Islamisten aus aller Welt über Türkei ins Kalifat gereist
Denn diese Strukturen führten zur Verfolgung von Ezid:innen, muslimischen Kurd:innen, christlichen Gläubigen, Angehörigen der alevitischen sowie alawitischen Minderheiten, Frauen und allen anderen Menschen, die das islamistische Regime ablehnen, betonte Sido. „Es muss zudem dringend aufgeklärt werden, wie mindestens 40.000 Islamisten aus aller Welt, auch aus Deutschland und anderen EU-Ländern, über die Türkei nach Syrien und in den Irak reisen konnten, um Eziden zu ermorden und ezidische Frauen zu vergewaltigen“, forderte er. Aktuell bekämpft die Türkei in Syrien und im Irak jene Kräfte, die sich 2014 gegen den IS stellten und der ezidischen Gemeinschaft zur Seite standen.
Völkerrechtswidrige Angriffe auf Verteidigungskräfte der Ezid:innen
Sido wies darauf hin, dass es die kurdischen YPG/YPJ-Einheiten sowie weitere Verbände der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) waren, die maßgeblich an der Rettung tausender Ezid:innen beteiligt waren und den IS schließlich militärisch besiegten. In Syrien werden sie derzeit jedoch von der Türkei und deren islamistischen Söldnern mit Kampfjets, Drohnen, schwerer Artillerie, Raketenwerfern und Panzern angegriffen. Die Bundesregierung nehme diese völkerrechtswidrigen Angriffe schweigend hin und zeige sogar Verständnis für die „Sicherheitsinteressen“ der Türkei, sagte der Nahostexperte. „Viele ezidische Opfer und Angehörige anderer verfolgter Minderheiten in der Region, die ich regelmäßig besuche oder mit denen ich in ständigem Kontakt stehe, werfen der Türkei, Katar und Deutschland Beihilfe zum Völkermord und Komplizenschaft und Unterstützung bei der Verfolgung von Minderheiten vor“, so Sido.
https://anfdeutsch.com/kurdistan/Sengal-gedenkt-des-volkermords-vor-zehn-jahren-43130 https://anfdeutsch.com/aktuelles/bundestag-beschliesst-anerkennung-des-genozids-an-der-ezidischen-gemeinschaft-35955 https://anfdeutsch.com/aktuelles/anklage-gegen-is-paar-wegen-versklavung-ezidischer-madchen-44841 https://anfdeutsch.com/hintergrund/neun-jahre-nach-der-befreiung-von-Sengal-44248 https://anfdeutsch.com/aktuelles/schweizer-nationalrat-erkennt-volkermord-an-ezid-innen-an-44677
Kurdische Journalist:innen in der Türkei festgenommen
In der Türkei vollzieht sich offenbar eine neue Drehung an der Repressionsschraube gegen die unabhängige Presse. In Istanbul, Mersin und Wan (tr. Van) wurden sechs kurdische Journalist:innen am Freitag bei Hausdurchsuchungen festgenommen, darunter Mitarbeitende der Zeitung „Yeni Yaşam“. Hintergrund sei ein unter dem Label „Terrorismus“ geführtes Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Istanbul, teilte der Journalistenverein DFG mit. Bei den Betroffenen handelt es sich um Reyhan Hacıoğlu, Necla Demir, Rahime Karvar, Ahmet Güneş, Vedat Örüç und Welat Ekin.
Worum es bei den Ermittlungen gegen die Medienschaffenden konkret geht, sei laut DFG noch unklar. Die Ermittlungsakten unterliege einer Geheimhaltungsklausel, darüber hinaus sei ein 24-stündiges Anwaltsverbot in Kraft. Einen Tag lang wird den Betroffenen somit der Zugang zu einem Rechtsbeistand verwehrt, Anwält:innen bekommen keine Einsicht in die Akten. Bei solchen Maßnahmen, die üblich sind in Verfahren mit angeblichem Terrorismusbezug, handelt es sich um eine gängige Methode der türkischen Justiz, die Verteidigung zu torpedieren.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens kam es auch zu Razzien bei den in Istanbul ansässigen Produktionsfirmen „Martı“ und „Güncel“. Dabei seien laut DFG die Türen zu den Räumlichkeiten aufgebrochen worden, während der Durchsuchungen sei niemand von der Belegschaft anwesend gewesen. Die Polizei habe sämtliche Computer und Festplatten beschlagnahmt und weigere sich bisher, gegenüber Anwält:innen eine Begründung für das Vorgehen zu nennen.
Türkei: Journalismus auf dünnem Eis
Willkürliche Festnahmen, Anklagen wegen vermeintlicher Terrorunterstützung oder Präsidentenbeleidigung, Behinderungen bei der Recherche und Bedrohungen auf der Straße – die Unterdrückung der kritischen Presse hat lange Tradition in der Türkei. Wer aus oder über Kurdistan berichtet, steht unter besonderer Beobachtung von Behörden und Justiz. Darauf wies auch der DFG hin. Der in Amed (Diyarbakır) ansässige Verband sieht in den Festnahmen einen weiteren Versuch, die freie kurdische Presse mundtot zu machen, und vermutet einen Zusammenhang mit der Berichterstattung über den andauernden Krieg der Türkei gegen Nord- und Ostsyrien. „Wir fordern die umgehende Freilassung unserer Kolleg:innen und das Ende der Kriminalisierung kritischer Stimmen“, erklärte DFG. An Medienorganisationen appellierte die Organisation: „Wir rufen alle Kolleg:innen und Berufsverbände auf, sich gegen Angriffe auf die Presse zu stellen und den Journalismus zu verteidigen.“
https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/istanbul-neun-verhaftungen-wegen-protest-gegen-drohnenmorde-44749 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/aufrufe-zum-schutz-von-journalist-innen-reichen-nicht-aus-44798 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/verhaftung-wegen-foto-ermordeter-journalist-innen-44855 https://anfdeutsch.com/aktuelles/terror-ermittlungen-gegen-istanbuler-anwaltskammer-44747
KON-MED fordert Ende der Angriffe auf Nord- und Ostsyrien
Der kurdische Dachverband KON-MED hat die sofortige Einstellung der militärischen Angriffe der Türkei und ihrer islamistischen Söldner auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien gefordert. Die tödlichen Attacken, die überwiegend Zivilpersonen, darunter Frauen und Kinder, sowie lebenswichtige Infrastruktur träfen, seien völkerrechtlich als Kriegsverbrechen einzustufen, erklärte die aus Ruken Akça und Kerem Gök bestehende genderparitätische Doppelspitze des Verbands am Freitag in Berlin. Die internationale Gemeinschaft müsse sich unverzüglich mit dem kriegerischen Vorgehen der Führung in Ankara befassen und eine Flugverbotszone für türkische Bomber einrichten.
Seit der Machtübernahme der Islamistenmiliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) in Syrien Anfang Dezember nutzt die Türkei das entstandene Machtvakuum für eine neue Besatzungsoffensive in den Gebieten der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES). Dabei setzt das Land seine Luftwaffe gezielt gegen Zivilpersonen ein und nutzt die Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) als Proxytruppe am Boden. Das vorrangige Ziel ist die Zerschlagung der multiethnischen und multireligiösen Autonomieregion.
Im Fokus der Angriffe befindet sich die Region Minbic und besonders der strategisch wichtige Tişrîn-Staudamm. Die infolge heftiger Bombardierungen bereits beschädigte Anlage gilt als wichtige Lebensader und stellt nicht nur eine wichtige Wasser- und Energiequelle für Minbic, Kobanê und weitere Gebiete des Landes dar, sondern ist auch für den Verlauf möglicher weiterer Auseinandersetzungen zwischen den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) und der sogenannten SNA von Belang. Sollten die Erdoğan-treuen Milizen den Staudamm einnehmen, wäre der Weg frei für eine Invasion Kobanês.
Um die Angriffe auf den Damm zu stoppen, findet seit Mitte vergangener Woche eine Friedenswache an der Talsperre Tişrîn statt, an der sich mehrere hundert Menschen beteiligen. Dennoch dauert der Bombenterror auf die Anlage an. Die türkische Armee und ihre Milizen schrecken nicht vor Massakern zurück. Seit Mittwoch wurden bei Luft- und Drohnenangriffen auf die Mahnwache sowie Fahrzeugkonvois mit Zivilist:innen, die sich auf dem Weg zu der Aktion befanden, mindestens fünf Menschen getötet und 40 weitere zum Teil schwer verletzt.
Unbedingter Zerstörungswille
KON-MED betont: „Die Türkei zeigt unmissverständlich, dass ihr jedes Mittel recht ist, um ein einzigartiges demokratisches Projekt, das die Teilhabe aller ethnischen und religiösen Gruppen sowie Frauen fördert und Vorbild für ein pluralistisches Syrien ist, zu zerstören. Dabei begeht sie fortlaufend Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ Durch die anhaltenden Angriffe auf den Tişrîn-Damm drohe zudem eine humanitäre Katastrophe, warnt der Verband. „Schwere Schäden könnten zu einem Dammbruch führen, was Überschwemmungen und unvorstellbares Leid für Mensch und Umwelt zur Folge hätte. Die Selbstverwaltung warnt eindringlich vor einem Kollaps, der fatale Konsequenzen für die gesamte Region hätte.“
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Erklärung der Imrali-Delegation der DEM-Partei
Die Imrali-Delegation der DEM-Partei hat eine Erklärung zu den seit Anfang des Jahres geführten Gesprächen mit Vertreter:innen politischer Parteien über eine Lösung der kurdischen Frage und eine Demokratisierung der Türkei abgegeben. In der Erklärung heißt es:
„Im Anschluss an unser Treffen mit Herrn Abdullah Öcalan auf Imrali am 28. Dezember 2024 haben wir als Ergebnis und auf seinen Wunsch eine Reihe von Gesprächen mit der Großen Nationalversammlung der Türkei, politischen Parteien und inhaftierten Politikerinnen und Politikern geführt.
Unsere Besuche und Gespräche begannen am 3. Januar mit dem Präsidenten der Großen Nationalversammlung der Türkei, Herrn Numan Kurtulmuş, und wurden mit den Vorsitzenden und Vertreter:innen der Partei der Nationalistischen Bewegung, der Zukunftspartei, der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung, der Saadet-Partei, der Republikanischen Volkspartei, der Deva-Partei und der Yeniden-Refah-Partei fortgesetzt. Am 11. und 12. Januar besuchten wir unsere ehemaligen Ko-Vorsitzenden und politischen Weggefährt:innen im Gefängnis, Frau Figen Yüksekdağ, Herrn Selahattin Demirtaş, Frau Leyla Güven und Herrn Selçuk Mızraklı.
Auch mit unseren Ko-Vorsitzenden und Parteigremien, den uns angehörigen politischen Parteien und Formationen sowie politischen Parteien und Nichtregierungsorganisationen, mit denen wir in Verbindung stehen, wurde ein friedensorientierter Dialogprozess und Gedankenaustausch eingeleitet und wird fortgesetzt.
Zunächst möchten wir allen politischen Parteien und ihren Vorsitzenden, die uns mit Höflichkeit und Freundlichkeit empfangen, ihre wertvollen Meinungen und Vorschläge mitgeteilt und ihre Bedenken und Kritik in sehr konstruktiver Weise geäußert haben, unseren aufrichtigen Respekt und unsere Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.
Im Mittelpunkt unserer Gespräche stand die Übermittlung der Ergebnisse unseres Treffens mit Herrn Öcalan und die gegenseitige Bewertung der entstandenen neuen Situation. Zusammengefasst ging es um die Bereitschaft und den Willen, einen positiven Beitrag zu einer dauerhaften Lösung der kurdischen Frage und des daraus resultierenden Konflikts zu leisten. Der Fokus lag auf einer Stärkung der türkisch-kurdischen Geschwisterlichkeit und der Verantwortung, die sich aus den radikalen und unumkehrbaren Entwicklungen im Nahen Osten ergibt, sowie auf der Tatsache, dass die Große Nationalversammlung der Türkei und die demokratische Politik die wichtigste Grundlage für die Lösung des Problems darstellen.
Die Gespräche verliefen überwiegend aufrichtig und vielversprechend positiv. Die Vorsitzenden und ihre Delegationen brachten ihre grundsätzliche Unterstützung für einen Friedensprozess zum Ausdruck. Sie äußerten jedoch auch Bedenken und Vorschläge zu verschiedenen Themen. Diese betrafen vor allem die Transparenz des Prozesses und seine Durchführung innerhalb der Großen Nationalversammlung der Türkei. Während dieser Gesprächsphase erfolgten Erklärungen und Erläuterungen unserer Delegation, um auf diese Bedenken und Fragezeichen einzugehen.
Wir haben bei den Treffen den Eindruck gewonnen, dass alle politischen Parteien den gemeinsamen Wunsch und Willen haben, den konfliktreichen und angespannten Prozess, der durch die kurdische Frage entstanden ist, hinter sich zu lassen. Man ist sich einig, dass es im Interesse und zum Wohle aller ist, eine Einheit und Geschwisterlichkeit aller ethnischen, religiösen und konfessionellen Elemente in unserem Land herzustellen. Parallel dazu sollte der Friedensprozess zu einer allgemeinen Demokratisierung und zur Ausweitung des Raums für demokratische Politik führen.
Unsere Gespräche mit unseren Vorsitzenden und Kolleg:innen in den Gefängnissen sind äußerst positiv verlaufen. Sie brachten ihre offene Unterstützung für die Rolle von Herrn Öcalan und der DEM-Partei in diesem Prozess zum Ausdruck und erklärten, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden und einen positiven Beitrag zur Stärkung der politischen und gesellschaftlichen Basis leisten werden.
In dieser Zeit, in der wir uns auf Frieden, Demokratie und Geschwisterlichkeit für die Türkei und die Region konzentrieren, erschweren der spaltende und vorurteilsbehaftete Stil, dem wir von Zeit zu Zeit in den Print- und visuellen Medien begegnen, und die dadurch geschaffenen Spekulationen unsere Arbeit. Alle Menschen und jede Gesellschaftsschicht haben Erwartungen und Hoffnungen, aber auch Sorgen, Empfindlichkeiten und Fragezeichen in Bezug auf diesen Prozess. Dessen sind wir uns bewusst. Dabei fabrizierte Diskurse zu produzieren und zu verbreiten, die man nicht einmal als Hörensagen bezeichnen kann, und zu versuchen, eine Agenda zu schaffen, die teilweise sogar die moralischen Grenzen überschreitet, ist im Ergebnis mit Kriegstreiberei zu verbinden.
Mit all unseren guten Eindrücken werden wir Herrn Öcalan so bald wie möglich einen Besuch abstatten und keine Mühe scheuen, um sicherzustellen, dass der Prozess mit gesunden Methoden zum Frieden führt. Die fortgesetzte Unterstützung dieser Bemühungen durch die Öffentlichkeit wird der wertvollste Baustein für den Aufbau von Frieden und Lösung sein.“
https://anfdeutsch.com/aktuelles/imrali-delegation-Onder-zuversichtlich-fur-losungsprozess-44911 https://anfdeutsch.com/aktuelles/demirtas-spricht-Ocalan-volles-vertrauen-aus-44965 https://anfdeutsch.com/hintergrund/frieden-mit-Ocalan-und-krieg-in-rojava-44959
Mazlum Abdi spricht mit Mesûd Barzanî
Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, ist in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) mit dem Vorsitzenden der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) Mesûd Barzanî zusammengetroffen. Bei dem Gespräch am Donnerstag in Hewlêr (Erbil) sei es um die Lage in Syrien nach dem Sturz des Baath-Regimes sowie politische und sicherheitsrelevante Entwicklungen gegangen, hieß es in einer Mitteilung des Büros von Barzanî.
Es habe ein Meinungsaustausch über die Frage stattgefunden, wie ein allgemeiner Rahmen für den Umgang der kurdischen Kräfte mit der neuen Situation in Syrien aussehen könnte, hieß es in der Erklärung. Beide Seiten drängten demnach darauf, dass die politischen Parteien Kurdistans eine „gemeinsame Position“ formulieren und eine „nationale Haltung“ annehmen.
„Die kurdischen Parteien in Syrien müssen in der Lage sein, ihr Schicksal ohne Einmischung von außen und auf friedlichem Wege selbst zu bestimmen. Um ihre Rechte zu garantieren, sollten sie eine gemeinsame Haltung einnehmen und sich mit der neuen Regierung verständigen.“ Man solle darauf hinarbeiten, als „Faktor des Friedens und der Stabilität“ zu wirken, „damit sich die Tragödien, denen die Kurdinnen und Kurden und andere Völker in Syrien ausgesetzt waren, nicht wiederholen“, hieß es weiter.
https://anfdeutsch.com/hintergrund/karayilan-wer-beharrlich-auf-krieg-setzt-wird-verlieren-44957 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/sechs-prinzipien-des-volksrats-fur-die-syrische-verfassung-45009 https://anfdeutsch.com/hintergrund/frieden-mit-Ocalan-und-krieg-in-rojava-44959
„Gefährdungslage“: Mutmaßlicher IS-Anhänger in U-Haft
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat Haftbefehl gegen einen Syrer erlassen. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf und der Polizei Hagen wird gegen den 20-Jährigen wegen des Verdachts ermittelt, sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen und zur Begehung eines Verbrechens bereit erklärt zu haben. Er sitzt seit Mittwoch in Untersuchungshaft, wie die Behörden gestern mitteilten. Der Antrag auf Haftbefehl wurde von der Zentralstelle Terrorismusverfolgung Nordrhein-Westfalen gestellt.
Der Mann lebte in einer Flüchtlingsunterkunft in Lennestadt. Festgenommen wurde der damals 19-Jährige bereits am 20. Dezember, nachdem es laut Ermittlungsbehörden Hinweise auf eine sogenannte Gefährdungslage über soziale Netzwerke gab. Über den Inhalt des Posts, der den Einsatz auslöste, wurde nichts Näheres mitgeteilt. Verdächtigt wurde demnach auch ein 26-jähriger Bewohner der Unterkunft, der aber mittlerweile wieder entlassen wurde.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/mutmasslicher-is-kriegsverbrecher-in-dusseldorf-angeklagt-45019
QSD sprengen Waffenlager pro-türkischer Söldner
Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben nach eigenen Angaben ein Waffen- und Munitionslager pro-türkischer Söldner unweit von Minbic gesprengt. Die Operation fand laut QSD-Pressesprecher Farhad Şamî am späten Donnerstagabend in einem Dorf östlich der Gemeinde Ebû Qelqel (Abu Qalqal) statt. Es handele sich um eine Reaktion auf die „Verbrechen der türkischen Besatzung und ihrer Söldner“, so Şamî. Ihm zufolge sollen bei der Explosion auch „zahlreiche“ Dschihadisten getötet und verletzt worden sein. Die genaue Zahl sei jedoch unklar.
تحديث - رداً على جرائم الاحتلال التركي ومرتزقته، قواتنا تدمر مستودعاً للأسلحة والذخيرة عائدة للمرتزقة في قرية السكاوية التابعة لناحية أبو قلقل جنوب مدينة منبج، حيث تم تأكيد سقوط العديد من القتلى والجرحى في صفوف المرتزقة. pic.twitter.com/06dfbp2MY0
— Farhad Shami (@farhad_shami) January 16, 2025Die Türkei und ihre Proxytruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) hatten in den vergangenen beiden Tagen schwere Luft- und Drohnenangriffe auf Teilnehmende einer zivilen Friedenswache an der südöstlich von Minbic gelegenen Tişrîn-Talsperre verübt. Dabei sind nach jüngsten Angaben der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) fünf Menschen getötet und 40 weitere verletzt worden. Unter den Verwundeten sind auch mehrere Sanitäter:innen sowie vier Journalist:innen.
Die DAANES und die QSD verurteilten die Angriffe als Kriegsverbrechen und forderten die internationale Gemeinschaft zu Reaktionen auf die Angriffe des Aggressors Türkei und dessen Dschihadisten auf. „Wenn türkische Kampfbomber gezielt und systematisch die Zivilbevölkerung und ihre Energieanlagen beschießen, sind das Kriegsverbrechen, die geächtet und gestoppt gehören“, hatte die Autonomieverwaltung betont. Bisher herrscht weitgehende Ignoranz gegenüber dieser Forderung.
Die Gemeinde Ebû Qelqel liegt keine 18 Kilometer südöstlich des Stadtkerns von Minbi und stellt einen strategischen Standort dar, da die Tişrîn-Talsperre in wenigen Autominuten zu erreichen ist. Die Türkei und die von Ankara gesteuerte SNA versuchen das Kraftwerk seit dem 8. Dezember einzunehmen und sich so den Weg nach Kobanê freizukämpfen. Der Staudamm ist wichtig für die Wasser- und Stromversorgung großer Gebiete in der nordostsyrischen Autonomieregion. Die QSD halten mit einer Gegenoffensive gegen eine Besatzung.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-verurteilen-barbarische-angriffe-auf-friedenswache-45018 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/turkei-setzt-luftterror-am-tisrin-damm-fort-45013 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/daanes-fordert-reaktionen-auf-angriffe-gegen-friedenskonvoi-45008
Luftangriffe auf Friedenswache: Opferzahlen gestiegen
Nach den türkischen Luftangriffen am Mittwoch und Donnerstag auf eine zivile Friedenswache an der Tişrîn-Talsperre in Nordsyrien ist die Zahl der Todesopfer auf fünf gestiegen. Darüber hinaus wurden 40 Menschen zum Teil schwer verletzt, sagte die Ko-Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Kanton Firat, Ezîze Îbrahîm, am Abend zu Journalist:innen. Sie rechne mit weiteren Todesopfern, da der Zustand einiger Verwundeter äußerst kritisch sei. „Weil die Türkei auch unsere Ambulanzen bombardiert, konnten die Schwerverletzten bisher nicht ins Krankenhaus evakuiert werden“, so Îbrahîm. Zuvor hatten die Autonomiebehörden von vier Toten und 29 Verletzten gesprochen.
Ezîze Îbrahîm sagte weiter, dass die Türkei und deren Proxytruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) wiederholt schwere Menschrechtsverletzungen und mutmaßliche Kriegsverbrechen in der DAANES verübten, es jedoch von Seiten der internationalen Staatengemeinschaft keine Reaktion gebe. Es sei enttäuschend, dass die Welt dabei versage, auf Aufrufe nach einem Eingreifen gegen die ungerechtfertigte Gewalt zu reagieren. Gerade die Bombardierungen des Tişrîn-Damms sowie der Ambulanzen und Autos von Teilnehmenden der Mahnwache auf dem Gelände der Energieanlage würden eindeutige Hinweise darauf liefern, dass die Türkei „genozidale Absichten“ bei ihrem Vorgehen gegen die Region habe.
Wêneyê li Bendava Tişrînê kêliya bombebarana dagirkeriya Tirkiyê li ser gel pic.twitter.com/luUxNlf5k3
— Ronahi tv (@tvronahi) January 16, 2025Krankenhäuser, medizinisches Personal und Ambulanzen stehen nach Artikel 18 der Genfer Konvention unter einem besonderen Schutz und dürfen „unter keinen Umständen das Ziel von Angriffen bilden“. Sie sollen jederzeit von den an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien geschont und jederzeit geschützt werden. Ein vorsätzlicher Angriff auf Kliniken, Krankenwagen oder medizinische Einheiten stellt gemäß Artikel 8 des Römischen Statuts ein Kriegsverbrechen dar. Die Türkei ignoriert das Völkerrecht jedoch zur Durchsetzung eigener Interessen – der Zerschlagung der DAANES und Besetzung der Region. „Dies kann aber nicht rechtfertigen, Ambulanzen und medizinischem Personal ihren völkerrechtlichen Schutzstatus zu entziehen“, betonte Îbrahîm.
Pervin Buldan: Kein Prozess, sondern Suche nach einem Weg
Pervin Buldan ist als Abgeordnete der DEM-Partei Teil der Delegation, die Ende Dezember ein etwa dreistündiges Gespräch mit dem PKK-Begründer Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali führte. In der Sendung 7. Gün bei Jin TVgab die Politikerin nun gegenüber der Moderatorin Filiz Koçali eine Einschätzung ab und äußerte sich auch zum Austausch der Delegation mit verschiedenen Parteien im türkischen Parlament über Öcalans Vorschläge für Wege zu einer Lösung der kurdischen Frage.
Kein Prozess im herkömmlichen Sinne
Buldan betonte, dass die derzeitigen Gespräche nicht als „Prozess“ im herkömmlichen Sinne betrachtet werden könnten. Vielmehr seien sie als „Suche nach einem Weg“ oder als Erkundung zu verstehen. Dies habe sich auch in den weiterführenden Gesprächen mit Abgeordneten verschiedener Parteien und politischen Akteur:innen sowie den inhaftierten ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ widergespiegelt.
Haltung der türkischen Regierung problematisch
Abdullah Öcalan (75) habe während des Gesprächs betont, dass einer der wichtigsten Orte für einen Lösungsprozess das Parlament der Türkei sei und ein Lösungsprozess durch die Verabschiedung entsprechender Gesetze geregelt werden müsse.
Buldan äußerte sich kritisch zur derzeitigen Herangehensweise der türkischen Regierung an den Dialog. Sie hob hervor, dass insbesondere die Kommunikation und der Ton seitens der türkischen Regierung nach wie vor problematisch seien, was den Fortschritt der Gespräche erschwere.
Trotz der bestehenden Spannungen zeigte sich die DEM-Abgeordnete optimistisch. Ihre Partei hoffe, dass der Prozess zu echtem Frieden, Demokratie und mehr Freiheit sowohl für die kurdische Bevölkerung wie auch für die türkische Gemeinschaft führen werde.
Respekt als Grundlage des Dialogs
Pervin Buldan stellte klar, dass es keine „Verhandlungen“ mit der Regierung im eigentlichen Sinne gebe. Die Anliegen der kurdischen Bevölkerung, Frauen und Jugend würden jedoch in die Gespräche einbezogen. Sie appellierte an alle Beteiligten, die Sensitivität der jeweils anderen Seite zu respektieren, um den Dialog und die Bemühungen um eine Lösung voranzutreiben.
„In einer Zeit, in der die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Dialog zwischen der Regierung und der kurdischen Bewegung gerichtet ist, und in der eine optimistische Atmosphäre entsteht“, hofft Buldan, „dass weitere Gespräche mit Abdullah Öcalan zu wahrem Frieden und einer nachhaltigen Geschwisterlichkeit führen“. Sie unterstrich, dass die Anliegen der Frauen und der Jugend und insbesondere die des kurdischen Volkes berücksichtigt werden müssten, um eine langfristige und gerechte Lösung zu erreichen.
Botschaft an Frauen und Jugend erwartet
Die Imrali-Delegation plant das Gespräch mit Abdullah Öcalan fortzusetzen, wobei ein weiterer Besuch auf der Gefängnisinsel bisher nicht terminiert ist. Pervin Buldan teilte außerdem eine Ankündigung des seit 1999 inhaftierten kurdischen Vordenkers, der beim nächsten Zusammentreffen eine gesonderte Botschaft sowohl an die Frauen wie auch an die kurdische Jugend übermitteln wolle.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/presseerklarung-zu-imrali-gesprachen-angekundigt-45002 https://anfdeutsch.com/hintergrund/karayilan-wer-beharrlich-auf-krieg-setzt-wird-verlieren-44957 https://anfdeutsch.com/aktuelles/demirtas-spricht-Ocalan-volles-vertrauen-aus-44965 https://anfdeutsch.com/aktuelles/imrali-delegation-besucht-figen-yuksekdag-44975 https://anfdeutsch.com/aktuelles/imrali-delegation-Onder-zuversichtlich-fur-losungsprozess-44911
Presseorganisationen rufen zur Unterstützung für Rojava auf
Ein Bündnis aus 26 Medienorganisationen und Journalist:innen aus Südkurdistan hat eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie alle Medienorganisationen dazu aufrufen, verantwortungsvoll zu handeln und die Errungenschaften in Rojava gegen die anhaltenden Angriffe zu verteidigen. Sie verwiesen auf die ernste Lage, die durch die Angriffe der Türkei und ihrer islamistischen Proxytruppen der „Syrischen Nationalarmee‟ (SNA) auf Rojava entstanden ist. Die Journalist:innen und Medienvertreter:innen betonten die Notwendigkeit einer nationalen Strategie, die mit den regionalen Veränderungen im Einklang steht und die kurdische Einheit fördert, um den wachsenden Bedrohungen entgegenzuwirken.
Eine kritische Phase mit großen Risiken und Chancen
In der Erklärung heißt es: „Nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes begann in unserer Region eine empfindliche und komplexe Phase. Diese neue politische Lage stellt eine große Gefahr für das kurdische Volk dar, bietet aber zugleich bedeutende Chancen. Der einzige Weg, diese Chancen zu nutzen und die Bedrohungen abzuwehren, besteht darin, eine nationale Strategie zu entwickeln, die die Einheit Kurdistans fördert und sich an die regionalen Dynamiken anpasst.“ Die Medienschaffenden betonten die zentrale Rolle der Presse in dieser kritischen Phase: „Die Medien tragen eine große Verantwortung, eine nationale, soziale und humanitäre Strategie zu entwickeln und in diesem Sinne zu arbeiten. Andernfalls könnten die Medien, anstatt den Kampf unseres Volkes voranzubringen, Spaltungen und interne Konflikte vertiefen.“
Die Rolle der Medien bei der Förderung der kurdischen Einheit
Die Erklärung hob hervor, dass die kurdische Gesellschaft trotz unterschiedlicher politischer Meinungen unter einer gemeinsamen kurdischen Identität vereint werden kann: „Wie jede andere Gesellschaft verfügt auch die kurdische über eine Vielfalt politischer Ansichten. Wir glauben jedoch, dass diese Unterschiede unter dem Dach einer nationalen Einheit, die die kurdische Identität und das Bewusstsein für Kurdistan in den Vordergrund stellt, überwunden werden können. Medien und Journalist:innen können dabei eine führende Rolle übernehmen.“ Der Zusammenschluss forderte die Medien dazu auf, die Rechte der Kurd:innen und den laufenden Kampf in den Vordergrund zu stellen. Konflikte zwischen kurdischen Fraktionen und regionale Machtkämpfe sollten verantwortungsvoll behandelt werden, um die kurdische Sache zu stärken, statt zu schwächen.
Lehren aus dem Kampf gegen den „IS‟
Die Medienschaffenden wiesen auf die Lehren aus dem Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat („IS‟) hin, bei dem die Medien eine unterstützende Rolle gespielt hätten: „Während des Kampfes gegen den ,IS‛ im Jahr 2014 war die Unterstützung der Medien für die Peschmerga-Kräfte in Südkurdistan sowie für die Widerstandskämpfer:innen in Rojava und Kobanê von großer Bedeutung. In diesem Sinne müssen die heutigen Medien vermeiden, als Werkzeug für feindliche Propaganda zu dienen oder politische Diskussionen zu fördern, die den nationalen Kampf untergraben könnten.“
Vermeidung von Polarisierung unter kurdischen politischen Kräften
Die Erklärung betonte zudem die Bedeutung Polarisierung unter den kurdischen politischen Akteur:innen zu vermeiden: „In dieser kritischen Phase sollten Journalist:innen und Medienorganisationen daran arbeiten, Gemeinsamkeiten zu betonen, anstatt die Unterschiede zwischen den politischen Kräften zu vertiefen. So können wir diesen empfindlichen Prozess auf einer soliden Grundlage bewältigen und unseren nationalen Kampf voranbringen.“
Aufruf zu verantwortungsvoller Berichterstattung
Das Bündnis forderte alle Medienorganisationen, unabhängig davon, ob sie parteigebunden oder eigenständig sind, auf, sich an die Prinzipien des ethischen Journalismus zu halten, den kurdischen Kampf zu unterstützen und die Errungenschaften in Rojava zu verteidigen.
„Wir rufen alle Journalist:innen und Medienmitarbeitende in Südkurdistan – sei es individuell oder als Teil von Institutionen – dazu auf, sich dieser Erklärung anzuschließen und im Geiste dieser Verantwortung zu handeln.“
Liste der Unterzeichnenden
Die Erklärung wurde von den folgenden Journalist:innen und Medienorganisationen unterzeichnet:
- Şiwan Mahmud – Chefredaktion von Spî Media
- Kamil Emer – Medienverantwortlich in der Casena-Organisation für Presse- und Meinungsfreiheit
- Kemal Rauf – Chefredaktion der Agentur Şarbajêr
- Hawkar İzzet – Vorsitz der Föderation der unabhängigen Journalisten und Schriftsteller (RONUS)
- Cahfer Ali – Direktion des Şar-Forschungszentrums
- Süleyman Abdullah Yunus – Leitung der Agentur Xendan
- Heval Muhammed – Direktion der Agentur Xendan
- Tarık Fatih – Chefredaktion der Agentur Hawlatî
- Muhammed Mahmud – Direktion der Agentur İrade
- Herdi Abdullah Necim – Chefredaktion der Agentur İrade
- Rahman Xerîb – Organisation des Metro-Zentrums für den Schutz der Rechte von Journalisten
- Diyarî Muhammed – Direktion des Metro-Zentrums
- Ahmet Mire – Chefredaktion des Magazins Livîn
- Asos Herdî – Generaldirektion der Zeitung Awêne
- Salar Reza – Journalistisch tätig
- Ako Muhammed Mahmud – Mitglied des Generalrats von Stander Media
- Hêmin Mahmud Reşid – Direktion von Zoom TV
- Abdulkerim Ahmet – Journalistisch tätig
- Aras İbrahim Abdullah – Journalistisch tätig
- Sinûr Kerim – Journalistisch tätig bei VOA (Voice of America)
- Roşin Kasım – Journalistisch tätig
- Erkan Muhammed – Chefredaktion von Rojnews
- Dahên Haşim – Journalistisch tätig bei KNN TV
- Şine Pîrot – Journalistisch tätig bei KNN TV
- Awat Abdullah Hüseyin – Journalistisch tätig
- Azad Osman – Deng Radio
Pervin Buldan: Kein Prozess, sondern Suche nach einem Weg
Pervin Buldan ist als Abgeordnete der DEM-Partei Teil der Delegation, die Ende Dezember ein etwa dreistündiges Gespräch mit dem PKK-Begründer Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali führte. In der Sendung 7. Gün bei Jin TVgab die Politikerin nun gegenüber der Moderatorin Filiz Koçali eine Einschätzung ab und äußerte sich auch zum Austausch der Delegation mit verschiedenen Parteien im türkischen Parlament über Öcalans Vorschläge für Wege zu einer Lösung der kurdischen Frage.
Kein Prozess im herkömmlichen Sinne
Buldan betonte, dass die derzeitigen Gespräche nicht als „Prozess“ im herkömmlichen Sinne betrachtet werden könnten. Vielmehr seien sie als „Suche nach einem Weg“ oder als Erkundung zu verstehen. Dies habe sich auch in den weiterführenden Gesprächen mit Abgeordneten verschiedener Parteien und politischen Akteur:innen sowie den inhaftierten ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ widergespiegelt.
Haltung der türkischen Regierung problematisch
Abdullah Öcalan (75) habe während des Gesprächs betont, dass einer der wichtigsten Orte für einen Lösungsprozess das Parlament der Türkei sei und ein Lösungsprozess durch die Verabschiedung entsprechender Gesetze geregelt werden müsse.
Buldan äußerte sich kritisch zur derzeitigen Herangehensweise der türkischen Regierung an den Dialog. Sie hob hervor, dass insbesondere die Kommunikation und der Ton seitens der türkischen Regierung nach wie vor problematisch seien, was den Fortschritt der Gespräche erschwere.
Trotz der bestehenden Spannungen zeigte sich die DEM-Abgeordnete optimistisch. Ihre Partei hoffe, dass der Prozess zu echtem Frieden, Demokratie und mehr Freiheit sowohl für die kurdische Bevölkerung wie auch für die türkische Gemeinschaft führen werde.
Respekt als Grundlage des Dialogs
Pervin Buldan stellte klar, dass es keine „Verhandlungen“ mit der Regierung im eigentlichen Sinne gebe. Die Anliegen der kurdischen Bevölkerung, Frauen und Jugend würden jedoch in die Gespräche einbezogen. Sie appellierte an alle Beteiligten, die Sensitivität der jeweils anderen Seite zu respektieren, um den Dialog und die Bemühungen um eine Lösung voranzutreiben.
„In einer Zeit, in der die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Dialog zwischen der Regierung und der kurdischen Bewegung gerichtet ist, und in der eine optimistische Atmosphäre entsteht“, hofft Buldan, „dass weitere Gespräche mit Abdullah Öcalan zu wahrem Frieden und einer nachhaltigen Geschwisterlichkeit führen“. Sie unterstrich, dass die Anliegen der Frauen und der Jugend und insbesondere die des kurdischen Volkes berücksichtigt werden müssten, um eine langfristige und gerechte Lösung zu erreichen.
Botschaft an Frauen und Jugend erwartet
Die Imrali-Delegation plant das Gespräch mit Abdullah Öcalan fortzusetzen, wobei ein weiterer Besuch auf der Gefängnisinsel bisher nicht terminiert ist. Pervin Buldan teilte außerdem eine Ankündigung des seit 1999 inhaftierten kurdischen Vordenkers, der beim nächsten Zusammentreffen eine gesonderte Botschaft sowohl an die Frauen wie auch an die kurdische Jugend übermitteln wolle.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/presseerklarung-zu-imrali-gesprachen-angekundigt-45002 https://anfdeutsch.com/hintergrund/karayilan-wer-beharrlich-auf-krieg-setzt-wird-verlieren-44957 https://anfdeutsch.com/aktuelles/demirtas-spricht-Ocalan-volles-vertrauen-aus-44965 https://anfdeutsch.com/aktuelles/imrali-delegation-besucht-figen-yuksekdag-44975 https://anfdeutsch.com/aktuelles/imrali-delegation-Onder-zuversichtlich-fur-losungsprozess-44911
Mutmaßlicher IS-Kriegsverbrecher in Düsseldorf angeklagt
Die Bundesanwaltschaft hat vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf Anklage gegen einen mutmaßlichen Terroristen der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) erhoben. Sie wirft dem Syrer Ossama A. unter anderem Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Beihilfe zum Völkermord vor, wie die Karlsruher Anklagebehörde am Mittwoch mitteilte. Der Staatsschutzsenat des OLG muss nun entscheiden, ob es zu einem Prozess kommt.
Ossama A. war im vergangenen April in Essen festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft soll er sich spätestens 2014 in der ostsyrischen Provinz Deir ez-Zor dem IS angeschlossen und eine Führungsrolle in der örtlichen Sicherheitsabteilung übernommen haben. Dabei soll er eine zentrale Rolle bei der vom IS erzwungenen Inbesitznahme von Gebäuden und der Verwertung geplünderter Gegenstände gespielt haben.
Bei 13 Gelegenheiten soll A. mit einer von ihm angeführten Einheit vor allem Privathäuser beschlagnahmt haben. Diese habe der IS dann zur Unterbringung von Söldnern, als Büros oder Lager genutzt. Zwei der Gebäude nutzte der IS als Gefängnisse für aus dem Şengal verschleppte Ezidinnen, die dort dann sexuell missbraucht und ausgebeutet worden seien. Dies sei „integraler Bestandteil“ des von der Vereinigung verfolgten Ziels der „Vernichtung“ der ezidischen Religionsgemeinschaft.
„Ossama A. überwachte eines dieser Gefängnisse und verschaffte IS-Kämpfern Zutritt dazu. Das Gebäude wurde bei einem Luftangriff teilweise zerstört“, so die Bundesanwaltschaft weiter. Im Sommer 2014 soll der Syrer zudem seinen damals 13-jährigen Neffen für den IS rekrutiert haben. Der Junge habe zunächst eine militärische Ausbildung erhalten und später an Gefechten in Aleppo teilgenommen.
Genozid und Femizid in Şengal
Der IS hatte 2014 weite Teile des Irak und Syriens überrannt und eine Schreckensherrschaft installiert. Über die Staatsgrenzen hinweg rief die Dschihadistenmiliz ein „Kalifat“ aus und tötete tausende Menschen. Im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal im Nordwesten des Iraks verübte der IS im August 2014 einen Genozid und Femizid. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen und der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Etwa 10.000 Menschen fielen jüngeren Schätzungen nach Massakern zum Opfer, mehr als 400.000 weitere wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, bis heute werden 2.500 von ihnen vermisst. Nach mehrjährigen und opferreichen Offensiven sowohl im Irak als auch in Syrien konnte die Miliz 2017 bzw. 2019 militärisch besiegt werden. IS-Schläferzellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv und verüben Anschläge.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/anklage-gegen-is-mitglied-in-munchen-erhoben-44954 https://anfdeutsch.com/aktuelles/anklage-gegen-is-paar-wegen-versklavung-ezidischer-madchen-44841 https://anfdeutsch.com/aktuelles/iraker-wegen-is-mitgliedschaft-zu-vier-jahren-haft-verurteilt-44721
QSD verurteilen „barbarische“ Angriffe auf Friedenswache
Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben die Luftangriffe der Türkei und ihrer Söldnertruppe SNA gegen Teilnehmende einer Friedenswache scharf verurteilt. Das multiethnische Bündnis nannte die Bombardierungen in einer Mitteilung am Donnerstag einen „kriminellen und barbarischen Akt“ und warf der Türkei schwere Kriegsverbrechen vor. Die internationale Gemeinschaft wurde von den QSD aufgefordert, ihr dröhnendes Schweigen zu den Völkerrechtsbrüchen des türkischen Staates zu beenden.
Die türkische Armee hat gestern und heute Teilnehmende der zivilen Mahnwache an der Tişrîn-Talsperre bei Minbic aus der Luft angegriffen. Bei den Bombardierungen kamen nach Angaben der Behörden der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) sechs Menschen ums Leben, 29 weitere wurden verletzt. Bei allen Opfern soll es sich um Zivilpersonen handeln, unter den Verwundeten seien mehrere Medienschaffende. Bereits zum Start der Friedensinitiative am Mittwoch vor einer Woche hatte es Tote und Verletzte infolge türkischer Drohnenangriffe gegeben.
Neben Angriffen auf die Zivilbevölkerung finden an der Staudammanlage auch Luft- und Bodenschläge durch das Militär des NATO-Staates Türkei sowie die von Ankara gesteuerte Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) statt. Die Energieanlage befindet sich bereits seit dem 8. Dezember im Fokus einer Besatzungsoffensive und ist schwer beschädigt. Laut den QSD sei es nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem Dammbruch kommt, der eine verheerende Überflutung mit Auswirkungen bis in den Irak auslösen könnte. „Auch für dieses Kriegsverbrechen sind einzig die Türkei und ihr Präsident Recep Tayyip Erdoğan verantwortlich“, betonte das Bündnis.
Lebensader Tişrîn-Talsperre
Die gut 30 Kilometer südöstlich von Minbic gelegene Tişrîn-Talsperre gilt als wichtige Lebensader für die Region Nord- und Ostsyrien. Sie stellt nicht nur eine wichtige Wasser- und Energiequelle für Minbic, Kobanê und weitere Gebiete des Landes dar, sondern ist auch für den Verlauf möglicher weiterer Auseinandersetzungen zwischen den QSD und der pro-türkischen SNA von Belang. Sollten die Erdoğan-treuen Milizen den Staudamm einnehmen, droht eine Offensive auf die symbolträchtige Stadt Kobanê.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/daanes-fordert-reaktionen-auf-angriffe-gegen-friedenskonvoi-45008 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/turkei-setzt-luftterror-am-tisrin-damm-fort-45013 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/doch-mehr-tote-und-verletzte-am-tisrin-damm-45005
Sendung Çira Report: Internationaler Belutsch:innen-Gedenktag
Am 13. November wird der Internationale Belutsch:innen-Gedenktag begangen, um die Opfer des belutschischen Befreiungskampfes zu ehren. Zu diesem Anlass wurde das Team von Çira Report eingeladen, an einer Gedenkveranstaltung für die Gefallenen der belutschischen Befreiungsbewegung teilzunehmen und diese zu begleiten. Auf dieser Veranstaltung sammelte das Team um Moderatorin Ayfer Özdogan Eindrücke und sprach mit Teilnehmenden über die Hintergründe des belutschischen Befreiungskampfes und weshalb den Gefallenen gedacht wird.
Kampf gegen Unterdrückung
Die Belutsch:innen leben hauptsächlich in der Region Belutschistan, die sich über Teile des Irans, Afghanistans und Pakistans erstreckt. Seit Jahrzehnten kämpfen die Belutsch:innen, insbesondere im pakistanischen Teil von Belutschistan, gegen die Unterdrückung und Marginalisierung durch den pakistanischen Staat. In den letzten 23 Jahren wurden über 40.000 Belutsch:innen entführt und 11.000 ermordet.
Internationaler Gedenktag
Der Internationale Gedenktag am 13. November erinnert nicht nur an das Leid und die Gewalt, die den Belutsch:innen widerfahren sind, sondern unterstreicht auch die Forderung nach Freiheit und Gerechtigkeit. Die verschiedenen Stimmen wurden bei der Gedenkveranstaltung eingefangen und werden heute Abend in der Sendung Çira Report gezeigt.
Das Format Çira Report beginnt um 20 Uhr und kann live über den Stream https://linktr.ee/ciratv?utm_source=linktree_profile_share alternativ: https://myflixtv.com/ - https://ku.karwan.tv/cira-tv.html verfolgt werden, nachträglich auch über den YouTube-Kanal von Çira TV, über die Eingabe Çira Report. Zur Playlist der Sendung geht es hier entlang: https://www.youtube.com/playlist?list=PL6P1E13_gg5ke8eLPi41dRQFuIGvNBtMo
Wer selbst Interesse an einer Teilnahme an der Sendung hat und eigene Projekte vorstellen will, kann unter der E-Mail-Adresse cirarep@riseup.net Kontakt mit der Redaktion aufnehmen.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/vortrag-belutschistan-der-blutige-weg-zur-freiheit-in-leipzig-43986 https://anfdeutsch.com/weltweit/nassero-wir-sind-solidarisch-mit-dem-belutschischen-kampf-43058 https://anfdeutsch.com/aktuelles/mira-fischer-und-thomas-schmidinger-bei-Cira-report-44869 https://anfdeutsch.com/aktuelles/tv-tipp-reimar-heider-zu-gast-bei-Cira-report-44702
Lange Haftstrafen für Kampf um Recht auf Trauer
Zwei Jahre und drei Monate Haft wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, weitere zweieinhalb Jahre für angebliche Sachbeschädigung und 25 Monate aufgrund Widerstands gegen die Staatsgewalt – diese Strafen verhängte ein türkisches Gericht in der kurdischen Provinz Mûş am Donnerstag gegen insgesamt 22 Personen. Die Anschuldigungen stehen im Zusammenhang mit der Beerdigung eines Kurden, der in Frankreich getötet worden war.
Der Musiker Mîr Perwer, der bürgerlich Mehmet Şirin Aydın hieß und aus Mûş stammte, war eines von drei Opfern bei dem Anschlag auf das Ahmet-Kaya-Kulturzentrum im Dezember 2022 in Paris. Bei dem Attentat auf die vom Demokratischen Kurdischen Rat in Frankreich (CDK-F) betriebene Einrichtung und angrenzende Läden kurdischer Geschäftsleute waren von dem Killer William Mallet auch der langjährige Aktivist Abdurrahman Kızıl sowie Evîn Goyî (Emine Kara) getötet worden. Letztere war Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung und kämpfte als YPJ-Kommandantin in Nordsyrien gegen den die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Drei weitere Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt.
Mîr Perwer, Evîn Goyî und Abdurrahman Kızıl (v.l.n.r.)
Am 5. Januar 2023 wurde Mîr Perwer an seinem Geburtsort in der Gemeinde Ewran (tr. Yeşilova) beigesetzt, allerdings unter einer Polizeiblockade. Der Sarg hatte begleitet von einem Konvoi zum Friedhof überführt werden sollen, war jedoch von der türkischen Militärpolizei am Flughafen verschleppt und auf einer anderen Route in das Dorf gebracht worden. Die Menschenmenge, die an der Beerdigung teilnehmen wollte, war von Militärs aufgehalten und mit Tränengas, Plastikgeschossen und Wasserwerfern angegriffen worden. Mehrere Personen waren verletzt worden, auch weil ihnen Tränengas gezielt ins Gesicht gesprüht worden war.
Nach der Beerdigung hatten noch in der Nacht martialische Razzien in Mûş stattgefunden, 31 Menschen wurden damals festgenommen. Gegen 22 von ihnen erhob die Staatsanwaltschaft in der Folge Anklage wegen diverser Vergehen, darunter zunächst auch „Propaganda für eine terroristische Organisation“. Zwölf der betroffenen Personen befanden sich rund ein halbes Jahr in Untersuchungshaft, erst beim Prozessauftakt im Juli 2023 hob das zuständige Gericht die Haftbefehle wieder auf. Ein damals gegen alle Angeklagten verfügtes Ausreiseverbot bleibt aber weiter in Kraft, wie die Kammer heute verfügte.
Gegen einen der Verurteilten verhängte das Gericht in Mûş auch eine zusätzliche Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren und acht Monaten. Der junge Mann hätte gegen das Vermummungsverbot verstoßen, hieß es zur Begründung. Dieser gab an, sein Gesicht lediglich verdeckt zu haben, um sich von dem Tränengasbeschuss zu schützen. Darauf ging das Gericht jedoch in keiner Weise ein und betonte, dass alle verhängten Strafen dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprachen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
https://anfdeutsch.com/kurdistan/beerdigung-von-mir-perwer-30-trauergaste-in-polizeihaft-35767 https://anfdeutsch.com/kurdistan/tranengas-und-wasserwerfer-bei-beerdigung-von-mir-perwer-35754 https://anfdeutsch.com/kurdistan/mus-festnahmen-wegen-teilnahme-an-beerdigung-von-mir-perwer-37856
Ausschreibung des Konstantin-Andok-Literaturpreises
Das SOLI NETZ schrieb den Konstantin-Andok-Literaturpreis 2023 zum ersten Mal aus. Nun soll er zum zweiten Mal verliehen werden. Einsendungen sind bis zum zehnten Februar möglich. Der Preis soll literarische Texte auszeichnen, die Mut machen und ihre Stimme für Menschenrechte und Gerechtigkeit erheben. Das SOLI NETZ ist ein wachsendes Netzwerk von Menschen, die gesellschaftsveränderndes Handeln aktiv fördern. In ihrem Selbstverständnis schreiben sie: „Wir unterstützen Menschen, die sich nicht von der Logik kapitalistischer Institutionen aufsaugen lassen, die unbequeme Fragen stellen, die Eigensinn und Widerständigkeit bewahren. Veränderung lebt vom Tun – Tun gilt es zu ermöglichen.‟
Konstantin-Andok Gedig
Der Literaturpreis ist nach dem Internationalisten Konstantin Gedig benannt worden. Konstantin Gedig kam am 10. Februar 1995 auf die Welt und wuchs in Norddeutschland auf. Am 1. September 2016, dem internationalen Anti-Kriegstag, stieg er in ein Flugzeug nach Kurdistan. Dort schloss er sich den Volksverteidigungseinheiten YPG in Rojava/Nordostsyrien an, um ein Teil des Kampfes gegen den „IS‟ zu werden. Er wurde Sanitäter und nahm den Kampfnamen Andok Cotkar an. Bei einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wurde Konstantin-Andok am 16. Oktober 2019 in Serêkaniyê durch Bomber des NATO-Mitgliedsstaates Türkei getötet, als er die Evakuierung eines Hospitals gegen Angriffe von Dschihadisten absicherte.
„Die Trägheit des Herzens gegen die Zärtlichkeit der Völker‟
„In einer Zeit, in der neue Technologien globalen Austausch ermöglichen, driften weltweit die Lebensweisen auseinander. Manche von uns geben in einer einzigen Nacht mehr aus, als andere im ganzen Monat zum Leben zur Verfügung haben. Gleichwohl verbinden uns wirtschaftliche Globalisierung ebenso wie Klimawandel. Wir haben nur eine Erde, dennoch bleiben Zugänge wie zu Trinkwasser, Medien, Arbeit und Gesundheit ungleich verteilt.
Multiple Krisen lassen viele Gesellschaften Europas nicht zur Ruhe kommen. Deutschland ist keine Ausnahme. Die ‚kleinen Leute‘ sehen sich von den Regierenden nicht ernst genommen, fühlen sich moralisch bevormundet und wissen doch, dass sie am Ende die Rechnung bezahlen. Das sorgt ebenso für Wut wie Resignation. Viele Menschen wenden sich vermeintlich einfachen Lösungen zu und stimmen bei Wahlen für eine ausgrenzende, menschenverachtende und rassistische Politik. Wir entsolidarisieren uns in beschleunigtem Tempo. Verschwörungsmythen gegen wissenschaftliche Fakten, Einheimische gegen Migrant:innen, Autos gegen E-Bikes, Verteidigung der Freiheit gegen Kriegsangst – die Trägheit des Herzens gegen die Zärtlichkeit der Völker.
„Eine Politik ohrenbetäubenden Schweigens‟
Mangelnde Transparenz im Regierungshandeln, leere Worthülsen zu universellen Menschenrechten und eine Politik ohrenbetäubenden Schweigens in geschäftiger Zusammenarbeit mit autoritären Staatsapparaten und ihren Akteuren macht politisches Handeln in den Augen vieler Bürger:innen unglaubwürdig. Sie sehen, dass diejenigen, die Wasser predigen, Wein trinken. Wie treten wir einer Isolation im Inneren und Äußeren entgegen? Wie können wir uns – über Ländergrenzen hinweg – praktisch verbinden, ohne in Wörtern steckenzubleiben?
Woher den Mut nehmen – wie Mensch bleiben?
Eure Stimme interessiert uns – Eure Haltung zählt, deshalb loben wir den Konstantin-Andok-Literaturpreis aus.
Auslobung
Der erste Preis ist mit 600 €, der zweite mit 300 € und der dritte mit 100 € dotiert.
Was tun? – Eure Einsendungen
Eure Einsendungen sollten literarischen Charakter haben. Reportagen sind bspw. denkbar, aber bitte keine rein wissenschaftlichen Beiträge. Eure Einsendung muss nicht für diese Ausschreibung gefertigt worden sein, sollte aber nicht älter als ein Jahr sein. Achtung, mit der Einsendung erlaubt ihr uns ggf. den Text in geeigneter Weise zu veröffentlichen (⇨ Copyright), falls er in die engere Auswahl kommt. Der Beitrag darf bei einer lesefreundlichen Schrift nicht mehr als 15 DIN-A4-Seiten lang sein.
In einem kurzen Vorspann (maximal zehn Zeilen) solltet ihr möglichst prägnant zusammenfassen, worum es geht. Bitte speichert ihn unbedingt als PDF ab, sonst können wir ihn leider nicht in die Auswahl schicken. Benennt die Datei wie folgt: „Nachname,Vorname_Titel_([Anz.d.S6]).pdf“.
Bitte habt Verständnis dafür, dass wir eine begründete Ablehnung eurer Beiträge nicht versenden können. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Bitte schickt eure Einsendungen bis zum Montag, den 10. Februar 2025, Konstantin-Andoks Geburtstag, elektronisch, im PDF-Format an: preis@soli-netz.blog
www.soli-netz.blog | kontakt@soli-netz.blog‟
https://anfdeutsch.com/kultur/konstantin-andok-literaturpreis-virtuelle-preisverleihung-via-zoom-41888 https://anfdeutsch.com/kultur/mut-zur-haltung-gewinner-des-konstantin-andok-literaturpreis-bekanntgegeben-41098 https://anfdeutsch.com/kultur/mut-zur-haltung-soli-netz-ruft-konstantin-andok-literaturpreis-ins-leben-35700
Türkei setzt Luftterror am Tişrîn-Damm fort
Die türkische Luftwaffe hat erneut die Tişrîn-Talsperre in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien bombardiert. Nach bisheriger Informationslage wurde bei dem Bombardement ein Mensch am Donnerstag getötet, zehn weitere sind verletzt worden. Das berichtete eine Journalistin vor Ort unter Verweis auf die Behörden des selbstverwalteten Kantons Firat. Angaben zur Identität der Opfer lagen zunächst nicht vor.
Der Luftschlag zielte demnach auf den Parkplatz beim Staudamm, wie auch auf Bildern zu sehen ist. Bei den Opfern handelt es sich um Teilnehmende der Mahnwache ziviler Friedensaktivist:innen, die seit Mittwoch vergangener Woche auf dem Gelände der Energieanlage stattfindet. Mit der Aktion soll ein Ende der seit Anfang Dezember andauernden Angriffe der türkischen Armee und ihrer Proxytruppe SNA („Syrische Nationalarmee“) gegen die Talsperre erreicht werden.
Bereits gestern hatte die türkische Luftwaffe Teilnehmende der Friedenswache bombardiert, die mit einem Konvoi zur Talsperre zogen. Dabei waren drei Menschen getötet und 19 weitere teils schwer verletzt worden. Am ersten Tag der Initiative hatte es ebenfalls Bombardements gegen eine Autokolonne zum Tişrîn-Damm gegeben. Bei dem Angriff waren ebenfalls drei Menschen ermordet und weitere verwundet worden.
Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die internationale Gemeinschaft auf, Verantwortung zu übernehmen und dringend Maßnahmen zu ergreifen, um die ungerechtfertigte Gewalt der Türkei und ihrer Verbündeten gegen die Bevölkerung und die Regionen zu stoppen. „Wenn türkische Kampfbomber gezielt und systematisch die Zivilbevölkerung und ihre Energieanlagen beschießen, sind das Kriegsverbrechen, die geächtet und gestoppt gehören“, erklärte die Autonomieverwaltung am Mittwochabend.
Bedeutung der Tişrîn-Talsperre und Ziel der Mahnwache
Der südöstlich von Minbic gelegene Tişrîn-Staudamm ist für die Region Nord- und Ostsyrien von strategischer Bedeutung. Er stellt nicht nur eine wichtige Wasser- und Energiequelle dar, sondern ist auch für den Verlauf möglicher weiterer Auseinandersetzungen zwischen der SNA und den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) von Belang. Sollten die türkeitreuen Milizen den Staudamm einnehmen, droht eine Offensive auf die symbolträchtige Stadt Kobanê.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/daanes-fordert-reaktionen-auf-angriffe-gegen-friedenskonvoi-45008 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/doch-mehr-tote-und-verletzte-am-tisrin-damm-45005 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/tisrin-damm-opfer-bei-beschuss-von-friedenskonvoi-45003
Hamburg: Solarprojekt für Rojava vorgestellt
Auf einer Informationsveranstaltung in Hamburg wurde die Spendenkampagne „Solardarity‟ vorgestellt, welche sich zum Ziel gesetzt hat, eine Million Euro Spenden für die Ausstattung öffentlicher Gebäude der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) mit Solarpanels zu sammeln. Die Veranstaltung wurde von der Kampagne selbst, der Interventionistischen Linken sowie dem kurdischen Organisationskomitee Hamburg für Rojava organisiert. Mehr als 50 Interessierte fanden sich aus diesem Anlass in den Räumlichkeiten der Universität Hamburg ein.
Ökologische und unabhängige Alternative
Die Kampagne will eine Antwort für mehrere drängende Probleme der Gegenwart darstellen. Das Gebiet der DAANES befindet sich in einer ökologischen Krise, welche einerseits durch den Klimawandel andererseits durch die ökologiefeindliche Politik des Baath-Regimes in dieser Region, die unter anderem großflächige Monokulturen und Rodungen umfasste, begründet ist. In den letzten Jahren wird die ökologische Situation noch dazu durch die türkische Kriegsführung maßgeblich verschlechtert. Umweltaktivist:innen und kurdische Politiker:innen werfen der türkischen Regierung einen gezielten Ökozid in den kurdischen Gebieten vor.
Gleichzeitig zielen türkische Luftschläge gegen die DAANES zunehmend auf die lebensnotwendige Infrastruktur, wie beispielsweise Elektrizitätswerke. Hierdurch sind immer wieder etliche Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten. Die Ausstattung von zunächst gesellschaftlichen Einrichtungen mit Solarpanels, wie es sich die Kampagne zum Ziel gemacht hat, bietet sowohl eine ökologische wie auch eine von zentraler Infrastruktur unabhängige Stromversorgung.
Gesellschaftliches Modell
Teil der Informationsveranstaltung war auch, den Teilnehmenden einen Einblick in das Gesellschaftssystem Rojavas zu ermöglichen. Dabei standen, entsprechend des Kampagnen-Themas, die ökologische und anti-kapitalistische Transformation der Region sowie infrastrukturelle Hürden durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg des türkischen Staates im Fokus. Der ausführlichen Einführung schloss sich zunächst eine lebhafte Diskussion an, bevor schließlich das Solar-Projekt vorgestellt wurde.
Solardarity
Die Kampagne „Solardarity‟ wurde 2024 ins Leben gerufen. Seit über einem halben Jahr sammelt sie nun bereits Spenden für Solarpanels. Als Spendenziel wurden sich eine Millionen Euro gesetzt, wobei die konkrete praktische Umsetzung zeitlich nicht an das Erreichen dieses Ziels gebunden ist. So konnten bisher überwiegend in Qamişlo bereits diverse öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen und Frauenhäuser mit Solarpanels versorgt werden. Die Panels wandeln die Energie der Sonnenstrahlung in elektrischem Strom um.
Informationen sind auf der Homepage der Kampagne „Solardarity‟ zu finden: www.solardarity-rojava.org
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/gemeinde-im-kanton-tabqa-nach-beschuss-ohne-strom-44948 https://anfdeutsch.com/Oekologie/dem-kurdistan-wird-entvolkert-und-entwaldet-42935 https://anfdeutsch.com/Oekologie/reportage-uber-die-okologischen-folgen-des-turkischen-angriffskriegs-41806
Solidarität mit der Frauenrevolution: Menschenkette in Hannover
Vor dem türkischen Konsulat in Hannover fand am Mittwoch eine Kundgebung der Kampagne „Women Defend Rojava“ statt. Die Teilnehmenden stellten sich Hand in Hand als Menschenkette dem Konsulat gegenüber auf. Die Aktivist:innen wollten sich hiermit symbolisch dem Krieg und den Angriffen auf die Frauenrevolution in der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) entgegenstellen. An die deutsche Politik richteten sie das Appell sich für Friedensverhandlungen zwischen der Türkei und der DAANES einzusetzen.
Globale Aktionswochen im Januar
Die Kampagne „Women Defend Rojava‟ hat für Januar zu globalen Aktionswochen aufgerufen. Unter der Überschrift „Wir schweigen nicht! Wir verteidigen die Frauenrevolution in Rojava!‟ will die Kampagne durch zahlreiche Aktionen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Geschehnisse in Nord- und Ostsyrien lenken. Es sei wichtig, die Bevölkerung Syriens darin zu unterstützen, sich ein demokratisches System aufzubauen, anstatt schlicht neue Machthaber zu bestimmen.
„Frauenbefreiung ist das Herz eines demokratischen Syriens‟
Als Teil dieser Aktionswochen fand auch der Protest in Hannover statt. Um die Errungenschaften, aber auch den hohen Preis, der für sie gezahlt wurde, zu symbolisieren, wurden Blumen aufgehängt.
Während Nelken mit den Namen Gefallener und ziviler Opfer der letzten Monate versehen wurden, sollten Rosen die Errungenschaften sichtbar machen. Hierbei benannten die Teilnehmenden unter anderem das Frauendorf Jinwar – welches ausschließlich von Frauen und ihren Kindern verwaltet wird –, die Frauen-Ökonomie und die Rätestrukturen, die die gerechte Beteiligung von Frauen an allen Entscheidungen garantieren. Es wurde darauf verwiesen, dass die erfolgreiche Umsetzung des basisdemokratischen Gesellschaftsmodells auf mehr als zehn Jahre Erfahrung zurückblickt, in denen sich die Menschen unabhängig vom syrischen Staat organisiert und hierbei großartige Schritte für die Frauen erreicht hätten. Eine der Organisatorinnen sagte hierzu: „Dies gibt uns hier Kraft und Hoffnung, dass wir es schaffen können, weltweit ein antipatriarchales Leben umzusetzen.‟
„Deutschland ist Kriegstreiber‟
Während der Aktionen wurden neben den Erfolgen besonders die aktuellen Angriffe der Türkei und ihrer islamistischen Proxytruppen der „Syrischen Nationalarmee‟ (SNA) auf die selbstverwalteten Gebiete thematisiert: „Die Revolution ist für den türkischen Staat seit Jahren ein Dorn im Auge, weil sie für ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Völker, Kulturen und Religionen steht und damit eine Gefahr für die faschistische Regierung der Türkei darstellt. Deshalb greift diese die Selbstverwaltung derzeit mittels der SNA massiv an. In einer Menschenkette, Hand in Hand, wurde sich zusammen gegenüber des türkischen Konsulats aufgestellt, um sich dem Krieg und den Angriffen auf die Frauenrevolution symbolisch entgegenzustellen. Deutschland liefert Waffen in Millionenhöhe an die Türkei, anstatt sich für Friedensverhandlungen einzusetzen. Diese Waffen werden in den aktuellen Angriffen eingesetzt. Krieg beginnt hier und Deutschland ist nach wie vor Kriegstreiber. Wir fordern, dass Deutschland sich für Friedensverhandlungen zwischen der Türkei und der Selbstverwaltung in Nord-und Ostsyrien einsetzt, anstatt diesen Krieg immer weiter voranzutreiben. Wir fordern die Türkei auf, die Angriffe einzustellen und sich ehrlich für eine demokratische und friedliche Lösung in dieser Region einzusetzen.‟ Die Aktivist:innen verwiesen in diesem Bezug auch auf die bedeutende Rolle von Abdullah Öcalan und auf die Notwendigkeit dessen Isolationshaft aufzuheben.
Symbolträchtiges Datum
Der Tag für diesen Widerstand in Hannover war von den Aktivist:innen bewusst gewählt worden: Der 15. Januar ist sowohl der Todestag der Revolutionärin Rosa Luxemburg wie auch der Gründungstag des in Nord- und Ostsyrien aktiven Frauendachverbands Kongra Star. Die Aktionen wurden mit einer Schweigeminute begonnen, um aller Frauen, die sich für eine bessere Welt eingesetzt haben, zu gedenken. Hierbei wurde die Bedeutung der Vorreiterin Rosa Luxemburg besonders hervorgehoben. Unter lauten „Jin jiyan Azadî‟-Rufen ging die Versammlung schließlich zu Ende.
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https://anfdeutsch.com/frauen/angriff-auf-das-selbstbestimmungsrecht-der-frauen-in-nord-und-ostsyrien-44754 https://anfdeutsch.com/aktuelles/aktivist-innen-klettern-auf-ernst-august-denkmal-in-hannover-44622 https://anfdeutsch.com/aktuelles/hamburg-freiheit-demokratie-und-frauenrechte-verteidigen-45001 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wiesbaden-infoveranstaltung-zu-rojava-44997
Presseorganisationen rufen zur Unterstützung für Rojava auf
Ein Bündnis aus 26 Medienorganisationen und Journalist:innen aus Südkurdistan hat eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie alle Medienorganisationen dazu aufrufen, verantwortungsvoll zu handeln und die Errungenschaften in Rojava gegen die anhaltenden Angriffe zu verteidigen. Sie verwiesen auf die ernste Lage, die durch die Angriffe der Türkei und ihrer islamistischen Proxytruppen der „Syrischen Nationalarmee‟ (SNA) auf Rojava entstanden ist. Die Journalist:innen und Medienvertreter:innen betonten die Notwendigkeit einer nationalen Strategie, die mit den regionalen Veränderungen im Einklang steht und die kurdische Einheit fördert, um den wachsenden Bedrohungen entgegenzuwirken.
Eine kritische Phase mit großen Risiken und Chancen
In der Erklärung heißt es: „Nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes begann in unserer Region eine empfindliche und komplexe Phase. Diese neue politische Lage stellt eine große Gefahr für das kurdische Volk dar, bietet aber zugleich bedeutende Chancen. Der einzige Weg, diese Chancen zu nutzen und die Bedrohungen abzuwehren, besteht darin, eine nationale Strategie zu entwickeln, die die Einheit Kurdistans fördert und sich an die regionalen Dynamiken anpasst.“ Die Medienschaffenden betonten die zentrale Rolle der Presse in dieser kritischen Phase: „Die Medien tragen eine große Verantwortung, eine nationale, soziale und humanitäre Strategie zu entwickeln und in diesem Sinne zu arbeiten. Andernfalls könnten die Medien, anstatt den Kampf unseres Volkes voranzubringen, Spaltungen und interne Konflikte vertiefen.“
Die Rolle der Medien bei der Förderung der kurdischen Einheit
Die Erklärung hob hervor, dass die kurdische Gesellschaft trotz unterschiedlicher politischer Meinungen unter einer gemeinsamen kurdischen Identität vereint werden kann: „Wie jede andere Gesellschaft verfügt auch die kurdische über eine Vielfalt politischer Ansichten. Wir glauben jedoch, dass diese Unterschiede unter dem Dach einer nationalen Einheit, die die kurdische Identität und das Bewusstsein für Kurdistan in den Vordergrund stellt, überwunden werden können. Medien und Journalist:innen können dabei eine führende Rolle übernehmen.“ Der Zusammenschluss forderte die Medien dazu auf, die Rechte der Kurd:innen und den laufenden Kampf in den Vordergrund zu stellen. Konflikte zwischen kurdischen Fraktionen und regionale Machtkämpfe sollten verantwortungsvoll behandelt werden, um die kurdische Sache zu stärken, statt zu schwächen.
Lehren aus dem Kampf gegen den „IS‟
Die Medienschaffenden wiesen auf die Lehren aus dem Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat („IS‟) hin, bei dem die Medien eine unterstützende Rolle gespielt hätten: „Während des Kampfes gegen den ,IS‛ im Jahr 2014 war die Unterstützung der Medien für die Peschmerga-Kräfte in Südkurdistan sowie für die Widerstandskämpfer:innen in Rojava und Kobanê von großer Bedeutung. In diesem Sinne müssen die heutigen Medien vermeiden, als Werkzeug für feindliche Propaganda zu dienen oder politische Diskussionen zu fördern, die den nationalen Kampf untergraben könnten.“
Vermeidung von Polarisierung unter kurdischen politischen Kräften
Die Erklärung betonte zudem die Bedeutung Polarisierung unter den kurdischen politischen Akteur:innen zu vermeiden: „In dieser kritischen Phase sollten Journalist:innen und Medienorganisationen daran arbeiten, Gemeinsamkeiten zu betonen, anstatt die Unterschiede zwischen den politischen Kräften zu vertiefen. So können wir diesen empfindlichen Prozess auf einer soliden Grundlage bewältigen und unseren nationalen Kampf voranbringen.“
Aufruf zu verantwortungsvoller Berichterstattung
Das Bündnis forderte alle Medienorganisationen, unabhängig davon, ob sie parteigebunden oder eigenständig sind, auf, sich an die Prinzipien des ethischen Journalismus zu halten, den kurdischen Kampf zu unterstützen und die Errungenschaften in Rojava zu verteidigen.
„Wir rufen alle Journalist:innen und Medienmitarbeitende in Südkurdistan – sei es individuell oder als Teil von Institutionen – dazu auf, sich dieser Erklärung anzuschließen und im Geiste dieser Verantwortung zu handeln.“
Liste der Unterzeichnenden
Die Erklärung wurde von den folgenden Journalist:innen und Medienorganisationen unterzeichnet:
- Şiwan Mahmud – Chefredaktion von Spî Media
- Kamil Emer – Medienverantwortlich in der Casena-Organisation für Presse- und Meinungsfreiheit
- Kemal Rauf – Chefredaktion der Agentur Şarbajêr
- Hawkar İzzet – Vorsitz der Föderation der unabhängigen Journalisten und Schriftsteller (RONUS)
- Cahfer Ali – Direktion des Şar-Forschungszentrums
- Süleyman Abdullah Yunus – Leitung der Agentur Xendan
- Heval Muhammed – Direktion der Agentur Xendan
- Tarık Fatih – Chefredaktion der Agentur Hawlatî
- Muhammed Mahmud – Direktion der Agentur İrade
- Herdi Abdullah Necim – Chefredaktion der Agentur İrade
- Rahman Xerîb – Organisation des Metro-Zentrums für den Schutz der Rechte von Journalisten
- Diyarî Muhammed – Direktion des Metro-Zentrums
- Ahmet Mire – Chefredaktion des Magazins Livîn
- Asos Herdî – Generaldirektion der Zeitung Awêne
- Salar Reza – Journalistisch tätig
- Ako Muhammed Mahmud – Mitglied des Generalrats von Stander Media
- Hêmin Mahmud Reşid – Direktion von Zoom TV
- Abdulkerim Ahmet – Journalistisch tätig
- Aras İbrahim Abdullah – Journalistisch tätig
- Sinûr Kerim – Journalistisch tätig bei VOA (Voice of America)
- Roşin Kasım – Journalistisch tätig
- Erkan Muhammed – Chefredaktion von Rojnews
- Dahên Haşim – Journalistisch tätig bei KNN TV
- Şine Pîrot – Journalistisch tätig bei KNN TV
- Awat Abdullah Hüseyin – Journalistisch tätig
- Azad Osman – Deng Radio