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Aktualisiert: vor 11 Minuten 6 Sekunden

Al-Monitor: Von den Berggipfeln in den Untergrund

21. August 2024 - 18:00

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) intensiviert ihre Strategie der Untergrundkriegsführung als Reaktion auf den Einsatz von Drohnen durch die Türkei. Das sagte Serdar Yektaş, Sprecher der Volksverteidigungskräfte (HPG), der Journalistin Amberin Zaman in einem aufschlussreichen Interview für Al-Monitor, einer Online-Zeitung, die für ihre ausführliche Berichterstattung über den Nahen Osten bekannt ist.

In dem Artikel wird beschrieben, wie der Einsatz von Drohnen durch die türkische Armee den seit vierzig Jahren andauernden Guerillakampf verändert hat. Yektaş erklärte, die Guerilla habe durch die Drohnenangriffe zwar Verluste erlitten, aber das habe die Entschlossenheit der Kämpferinnen und Kämpfer nicht geschwächt.

Als Reaktion darauf wurde die Taktik geändert und mit dem Bau umfangreicher Tunnelnetzwerke in den Medya-Verteidigungsgebieten in Südkurdistan/Nordirak begonnen. Diese Tunnel sollen die Kämpferinnen und Kämpfer vor Luftangriffen schützen und eine sichere Operationsbasis bieten. Laut Yektaş handelt es sich bei den Tunnelanlagen nicht nur um Schutzräume, sondern sie sind mit wichtigen Einrichtungen ausgestattet, so dass sie als unterirdische Komplexe funktionieren. „Wir haben richtige Wohnungen in den Bergen gebaut“, sagte der HPG-Sprecher gegenüber Amberin Zaman und beschrieb, dass die Tunnel über Badezimmer, Küchen, Wohnzimmer und sogar Tagungsräume für Seminare verfügen. Die Tunnel seien sorgfältig geplant, um eine angemessene Belüftung und Wasserversorgung zu gewährleisten, einige seien mehrere Kilometer lang.

Während die Türkei behauptet, die PKK stehe kurz vor der Vernichtung, argumentierte Yektaş, dass der ideologische Zusammenhalt und die taktische Anpassungsfähigkeit der Guerilla stärker denn je seien. Die Tunnelstrategie sei eine direkte Antwort auf die militärische Übermacht der Türkei und ihrer NATO-Verbündeten, was den asymmetrischen Charakter des Konflikts unterstreiche.

Die Tunnelkriegsführung der Guerilla ist keine neue Taktik, aber sie wurde in den letzten Jahren verfeinert und erweitert. Yektaş wies darauf hin, dass die Entscheidung, den Tunnelbau zu intensivieren, nach dem Scheitern der Friedensgespräche im Jahr 2015 getroffen wurde, die diese defensiven Vorbereitungen kurzzeitig unterbrochen hatten.

https://anfdeutsch.com/hintergrund/wie-die-entwicklung-der-guerilla-den-krieg-verandert-42980 https://anfdeutsch.com/hintergrund/erdogans-traum-der-neue-ataturk-zu-werden-wurde-von-der-guerilla-zerstort-43246 https://anfdeutsch.com/kurdistan/hpg-15-turkische-drohnen-uber-sudkurdistan-abgeschossen-41469 https://anfdeutsch.com/kurdistan/wir-werden-die-unbezwingbarkeit-der-kurdischen-guerilla-allen-zeigen-43256 https://anfdeutsch.com/kurdistan/turkische-kampfdrohne-uber-pencewin-abgeschossen-43108 https://anfdeutsch.com/kurdistan/dokumentation-uber-guerillawiderstand-in-kurdistan-43070

 

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Kampf gegen Gewalt an Frauen in Amed

21. August 2024 - 16:00

Die Stadt Amed (tr. Diyarbakir) hat mit der örtlichen Anwaltskammer eine Vereinbarung für den gemeinsamen Kampf gegen Gewalt an Frauen getroffen. Ein entsprechendes Protokoll wurde heute im Rathaus von Ko-Bürgermeisterin Serra Bucak (DEM) und dem Präsidenten der Anwaltskammer von Amed, Nahit Eren, unterzeichnet. Die Vereinbarung sieht juristische Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen und Fortbildungen für das städtische Personal vor.

Serra Bucak sagte bei der Unterzeichnung, die Vereinbarung zwischen Stadt und Anwaltskammer solle dazu beitragen, Gewalt gegen Frauen zu stoppen und ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Neben der Rechtshilfe für Gewaltopfer seien Bildungsprogramme geplant.

Der Anwaltskammerpräsident Eren wies auf zunehmende Fälle von Gewalt gegen Frauen hin und sagte, für die Betroffenen sei es oft schwierig, sich auf juristischem Wege zu wehren. Daher sei die Vereinbarung eine erfreuliche Entwicklung im Kampf für Frauenrechte.

In dem Protokoll wird festgehalten, dass geschlechtsspezifische Diskriminierung als Hauptursache für Gewalt gegen Frauen in allen Lebensbereichen bekämpft werden muss. Die Problematik sei in der Gesellschaft tief verankert, daher sollten Frauen „separat und speziell im Rahmen einer positiven Diskriminierung unterstützt werden“.

Amed wird seit März von den Ko-Bürgermeister:innen Serra Bucak und Doğan Hatun (DEM) regiert. Die Stadt stand seit 2016 fast durchgehend unter staatlicher Zwangsverwaltung, alle Maßnahmen für Geschlechergerechtigkeit wurden in dieser Zeit eingestellt. Erst nach den Kommunalwahlen am 31. März konnte in DEM-regierten Städten und Gemeinden in Nordkurdistan die Arbeit zur Förderung von Frauen und einem gleichberechtigten Zusammenleben wieder aufgenommen werden. 

https://anfdeutsch.com/frauen/dem-frauen-fordern-burgermeister-zum-rucktritt-auf-43315 https://anfdeutsch.com/frauen/frauenverbande-verurteilen-gewalt-gegen-dem-abgeordnete-43303 https://anfdeutsch.com/frauen/stadtplanung-und-verwaltung-aus-frauenperspektive-42976 https://anfdeutsch.com/frauen/jinkart-bewegungsfreiheit-fur-frauen-42556

 

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Kurdischer Gewerkschaftsaktivist in Sine verhaftet

21. August 2024 - 14:00

Mokhtar Asadi, ein bekanntes Mitglied der Lehrergewerkschaft Kurdistans im Iran, ist in Sine (Sanandadsch) festgenommen und an einen unbekannten Ort verschleppt worden. Das teilte das Kurdische Menschenrechtsnetzwerk (KHRN) mit. Den Angaben zufolge wurde das Haus seiner Familie am 18. August von Sicherheitskräften ohne Durchsuchungsbefehl gestürmt und durchsucht.

Asadi war zum Zeitpunkt der Razzia nicht zu Hause, wurde aber später telefonisch zur polizeilichen Abteilung für Cyber-Kriminalität vorgeladen. Als er der Vorladung am 19. August folgte, wurde er festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. Berichten zufolge trat er nach der Inhaftierung in einen Hungerstreik.

Asadi hat einen Master-Abschluss in Soziologie von der Universität Teheran und ist bereits mehrfach wegen seines Aktivismus inhaftiert worden. 2010 wurde er im Zuge eines umfassenden Vorgehens gegen Gewerkschaftsaktivist:innen im gesamten Iran von Sicherheitskräften in Karaj in der Provinz Alborz verhaftet und 66 Tage lang festgehalten, bevor er gegen Kaution aus dem Evin-Gefängnis in Teheran entlassen wurde. Später wurde er vor einem Islamischen Revolutionsgericht in Teheran unter dem Vorsitz von Richter Abolqasem Salavati wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Nachdem das Urteil bestätigt worden war, wurde Asadi im September 2017 inhaftiert und im Juli 2018 nach Verbüßung seiner Haftstrafe aus dem Evin-Gefängnis entlassen.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/rojhilat-zehn-jahre-haft-wegen-kurdisch-unterricht-41885 https://anfdeutsch.com/kurdistan/rojhilat-kurdischer-kulturaktivist-tritt-haftstrafe-an-40433 https://anfdeutsch.com/kurdistan/kurdischlehrer-in-sine-verhaftet-31078 https://anfdeutsch.com/frauen/zara-mohammadi-in-sine-verhaftet-30200

 

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Namen von Gefallenen veröffentlicht

21. August 2024 - 14:00

Die Guerillakämpfer:innen Rosîda Mêrdîn, Mazlum Doğan und Berxwedan Qamişlo sind im März gefallen. Das teilte das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) mit. Rosîda Mêrdîn war langjährige Medienmitarbeiterin und Kommandantin der Verbände freier Frauen (YJA Star). Mazlum stammte aus Efrîn und Berxwedan war ein arabischer Internationalist, beide kämpften in Rojava gegen den IS. Die HPG sprachen ihren Familien und der Bevölkerung Kurdistans ihr Beileid aus und erklärten, dass der Freiheitskampf der Gefallenen weitergeht. Zur Identität der Gefallenen machten die HPG folgende Angaben:
 

Codename: Rosîda Mêrdîn
Vor- und Nachname: Emine Demir
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Yıldız–Nezir
Todestag und -ort: 17. März 2024 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Codename: Mazlum Doğan
Vor- und Nachname: Besam Ali
Geburtsort: Efrîn
Namen von Mutter und Vater: Mehe – Adnan
Todestag und -ort: 17. März 2024 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Codename: Berxwedan Qamişlo
Vor- und Nachname: Amir Ahmed El Casim
Geburtsort: Qamişlo
Namen von Mutter und Vater: Siham – Ahmed
Todestag und -ort: 17. März 2024 / Medya-Verteidigungsgebiete

 

Rosîda Mêrdîn

 


Rosîda Mêrdîn ist in Mêrdîn-Qoser geboren und unter dem Einfluss der kurdischen Freiheitsbewegung aufgewachsen. Ihre Familie stand der Bewegung nahe, aus ihrem familiären Umfeld waren viele Menschen im Freiheitskampf aktiv. Rosîda war der kurdischen Identität, Kultur und Sprache verbunden und kämpfte für ihren Erhalt. Dieses Engagement setzte sie ab 2007 auch während ihres Studiums in Ankara fort. Sie arbeitete für die kurdische Zeitung Azadiya Welat und wurde verhaftet. Nach ihrer Freilassung übernahm sie Verantwortung als Redakteurin der Zeitung. Ausschließlich aufgrund dieser Arbeit wurde sie im Alter von 24 Jahren zu 137 Jahren Gefängnis verurteilt. Weil ihr vom türkischen Staat keine andere Möglichkeit gelassen wurde, ging sie in die Berge und beteiligte sich dort an der freien Pressearbeit. Sie bekam eine Grundausbildung für neue Guerillakämpfer:innen und wurde zu einer militanten Verfechterin der Frauenbefreiungsideologie. In der folgenden Zeit arbeitete sie als Medienschaffende unter anderem für die Ko-Vorsitzenden des KCK-Exekutivrats und im Hauptquartier der HPG. Sie schrieb Texte und bereitete die Herausgabe von Büchern und Programmen vor. Mit ihrer Arbeit machte sie den Kampf der Guerilla bekannt und leistete einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Wahrnehmung der Freiheitsbewegung und der Bewusstseinsbildung im kurdischen Volk. Dabei legte sie Wert darauf, sich in allen Bereichen weiterzuentwickeln und eigene Schwächen zu erkennen und zu überwinden. Sie bildete viele Genossinnen und Genossen für die Medienarbeit aus. Ihre Energie und ihr Enthusiasmus beeinflussten ihr jeweiliges Umfeld.

 


Rosîda nahm auf allen Ebenen am Befreiungskampf teil. Sie arbeitete als Zeitungsverkäuferin, schrieb meisterhafte Texte, leistete Widerstand im Kerker, moderierte TV-Programme und unterrichtete die kurdische Sprache. Sie war eine talentierte Redakteurin, eine starke Weggefährtin und eine Kommandantin. Nach ihrem jahrelangen Einsatz in der Medienarbeit ging sie in die Zap-Region und beteiligte sich an der Kurojahro-Front am Widerstand gegen die türkischen Besatzungsangriffe. Sie kämpfte opferbereit, wurde verwundet und gab niemals auf. In den letzten drei Jahren setzte sie ihren Kampf im Zap entschlossen fort. Rosîda kam am 17. März zusammen mit ihren beiden Genossen Mazlum und Berxwedan ums Leben.

Mazlum Doğan

Mazlum Doğan kam als Sohn kurdischer Eltern in Efrîn-Şêrawa zur Welt. Seine Familie stand der Freiheitsbewegung nahe, deshalb kannte er die PKK bereits als Kind. Er bewunderte die Guerilla und träumte davon, selbst eines Tages ein Freiheitskämpfer in den Bergen zu sein. Im Zuge der Revolution in Rojava wurde er in der Jugendbewegung aktiv und lernte die Ideologie von Abdullah Öcalan besser kennen. Nach etwa zwei Jahren trat er den Verteidigungskräften bei und kämpfte gegen islamistische Gruppen der Al-Nusra-Front und des IS. Er nahm an diversen Befreiungsoffensiven teil, erlernte den Gebrauch verschiedener Waffen und gewann Kampferfahrung. 2018 kämpfte er an vorderster Front gegen die türkischen Invasionstruppen in Efrîn und wurde verwundet. Seine Verletzung minderte seinen Mut und seine Opferbereitschaft in keiner Weise, er kämpfte weiter. 2019 erlitt er eine schwere Verletzung bei der türkischen Invasion in Serêkaniyê. Nachdem seine Heimat Efrîn und anderthalb Jahre später auch Serêkaniyê und Girê Spî von der Türkei besetzt wurden, ging Mazlum in die Berge zur Guerilla. Er absolvierte eine kurze Ausbildung, um sich auf die Bedingungen des Guerillalebens umzustellen. Das gelang ihm aufgrund seiner Begeisterung für das Leben in den Bergen schnell. Nach einer weiteren militärischen Fachausbildung, in der er sich auch ideologisch auf einen Kampfeinsatz vorbereitete, kam er in eine teils mobile Einheit und nahm mit großem Erfolg an Widerstandsaktionen gegen die türkischen Besatzer teil. Mazlum kämpfte mutig und vorbehaltlos. Er war aufrichtig und wurde mit seiner herzlichen Persönlichkeit von seinen Mitkämpfer:innen geliebt und respektiert.

Berxwedan Qamişlo

Berxwedan Qamişlo kam als Sohn arabischer Eltern in Qamişlo zur Welt und wuchs unter dem Einfluss der Revolution in Rojava auf. Er erlebte alle Phasen der Revolution mit und verfolgte den legendären Widerstand gegen den IS. Ihm wurde schnell klar, dass die IS-Banden nichts mit dem wahren Islam zu tun haben, und er verabscheute ihre unmenschlichen Taten. Seine Überzeugung war, dass eine Welt, in der alle Bevölkerungsgruppen und Glaubensgemeinschaften gleichberechtigt zusammenleben, möglich ist. In diesem Bewusstsein wurde er in der revolutionären Jugendbewegung in Rojava aktiv und setzte sich intensiv mit der Ideologie von Abdullah Öcalan auseinander. Um diese Ideen zu verteidigen, schloss er sich dem bewaffneten Kampf an. Er durchlief eine militärische Ausbildung und spezialisierte sich auf den Gebrauch schwerer Waffen. Nach kurzer Zeit nahm er bereits an Aktionen gegen islamistische Banden teil. Dabei erlitt er eine Verwundung an beiden Füßen, nach seiner Genesung kämpfte er weiter. Ihm war klar, dass die islamistischen Angriffe in Rojava vom türkischen Staat gesteuert wurden. Nach der Besatzung von Serêkaniyê und Girê Spî entschied sich Berxwedan für den Guerillakampf in den Bergen Kurdistans. Das freie und vom kapitalistischen System unberührte Leben in den Bergen begeisterte ihn. Er durchlief eine erste Ausbildung und war von der kollektiven Lebensweise und den Beziehungen der Kämpfer:innen untereinander beeindruckt. Um sich auf einen Kampfeinsatz gegen die türkischen Besatzer vorzubereiten, bildete er sich im Guerillakampf weiter. Danach kämpfte er in Tunnelanlagen und im Gelände. Die türkische Armee griff mit Chemiewaffen und anderen verbotenen Kriegsmitteln an und Berxwedan leistete mit großem Mut und unerschütterlichem Willen Widerstand. Er war den Freiheitswerten aufrichtig verbunden und genoss das Vertrauen seiner Mitkämpfer:innen. Die HPG erklärten, seinen Kampf für ein freies Zusammenleben aller Menschen fortzusetzen.


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Koçer: „Wir müssen unsere Revolution schützen“

21. August 2024 - 12:00

Das Assad-Regime und seine Söldnergruppen haben nach einer Annäherung an die Türkei eine Front gegen die Selbstverwaltung in Deir ez-Zor eröffnet. Bei Massakern kamen Dutzende Zivilist:innen ums Leben, die Angriffe konnten jedoch von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) zurückgeschlagen werden. Im ANF-Gespräch äußerte sich der stellvertretende Ko-Vorsitzende des Exekutivrates der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Hesen Koçer, zu den Perspektiven der Selbstverwaltung auf die Aggression und erklärte: „Wir haben keinen Krieg mit Damaskus begonnen. Aber wenn es zu einem weiteren Angriff kommt, dann werden wir diesen noch härter erwidern.“

Angriffe zielen auf arabisch-kurdische Einheit ab“

Koçer wies darauf hin, dass die Angriffe des syrischen Regimes in Kollaboration mit der Türkei und regionalen Kräften stattgefunden hätten und auf die arabisch-kurdische Einheit abzielten. Er erklärte: „Wir müssen unsere Revolution, die Völker, unser demokratisches System und unsere Errungenschaften schützen.“ Er gab an, die Angriffe der Söldnergruppen des Regimes würden direkt von Damaskus koordiniert und fuhr fort: „Bei diesen Angriffen wurden Zivilistinnen und Zivilisten massakriert. Viele Häuser der Zivilbevölkerung wurden zerstört und ziviles Gelände beschädigt.“

Der türkische Staat will, dass die Angriffe weitergehen“

Koçer stellte fest, dass der türkische Staat ein Fortdauern der Angriffe wolle. Das Ziel sei die Vernichtung der Selbstverwaltung. Dazu habe die Türkei eine diplomatische Offensive nach Damaskus gestartet. Koçer weiter: „Diese Angriffe dienen also den Interessen des türkischen Staates. Die Angriffe auf Deir ez-Zor beweisen, dass das Regime in Damaskus nicht im Dienste der Völker Syriens steht. Es dient dem türkischen Staat und anderen ausländischen Mächten. Diese Entwicklung trägt nur dazu bei, die Syrienkrise zu vertiefen und das Chaos in Syrien noch weiter zu vergrößern. Das ist das Hauptziel.“

Es geht um die Vernichtung der Errungenschaften des kurdischen Volkes“

Gleichzeitig zur Annäherung der Türkei an das syrische Regime hat Ankara auch ein Abkommen zum gemeinsamen Vorgehen gegen die kurdische Freiheitsbewegung mit der irakischen Regierung geschlossen. Koçer sieht darin eine Strategie mit dem Ziel der Vernichtung aller Errungenschaften des kurdischen Volkes und der Völker der Region. Es gehe aber nicht nur um die Kurd:innen. Der Politiker führte aus: „Der türkische Staat zielt auf alle Völker der Region. Er versucht, den osmanischen Traum zu verwirklichen. Er will die ehemaligen Gebiete des Osmanischen Reichs wieder unter seine Kontrolle bringen. Dazu wurden Hunderte Militärstützpunkte im Irak errichtet und viele Städte und Regionen in Syrien besetzt. Auf diese Weise versucht der türkische Staat, seine Herrschaft über die Region zu etablieren. Daher sollten sich beide Staaten, der Irak und Syrien, von solchen Bündnissen fernhalten. Leider wird aktuell versucht, die Errungenschaften in Südkurdistan und Rojava durch solche Allianzen zu zerstören.“

Unser Hauptziel ist die Verteidigung unserer Errungenschaften“

Koçer unterstrich die Bedeutung einer gemeinsamen Haltung und Positionierung der Kurd:innen: „Denn die Gegenseite bildet eine Allianz zur Zerstörung, zum Völkermord und zur Liquidierung eines Volkes. Bei den Angriffen auf Rojava geht es nicht um eine Partei oder etwas anderes, sondern darum, die demokratischen Kräfte, das demokratische Modell der Völker, die Errungenschaften und die Einheit der Völker zu vernichten. Das ist die Politik des türkischen Staates. Auch die jüngsten Angriffe auf Deir ez-Zor sind nicht losgelöst von dieser Politik zu betrachten. Angesichts dieser Angriffe ist insbesondere die Haltung des arabischen Volkes sehr bedeutsam. Die Tatsache, dass auch die Kurden den Menschen in Deir ez-Zor beigestanden haben, ist ein sehr gutes Beispiel für die Einheit zwischen den Völkern. Als Selbstverwaltung ist es unser Hauptziel, unsere Errungenschaften zu schützen. In den vergangenen zwölf Jahren konnte uns niemand unsere mit großen Opfern erkämpften Errungenschaften wegnehmen. Wir werden in Einigkeit unseren Kampf fortsetzen. In dieser Situation muss sich die kurdisch-arabische Einheit noch stärker entwickeln. Das Bündnis des türkischen Staates mit einigen arabischen Staaten ist ein Angriff auf die kurdisch-arabische Einheit und das Zusammenleben. Das muss verstanden werden.“

Wir wollen eine politische Lösung im Dialog“

Koçer schloss mit der Feststellung: „Was wir in Deir ez-Zor gemacht haben, ist legitime Selbstverteidigung. Wir haben uns selbst verteidigt. Es war die Regierung in Damaskus, die die Zivilisten angegriffen und ermordet hat. Wir greifen niemanden an, es sei denn, wir werden angegriffen. Wir müssen unser Volk, unser demokratisches System und unsere Errungenschaften schützen. Wenn der militärische Weg als Lösung bevorzugt wird, wird das für Syrien schlimmere Folgen haben. Der Hauptgrund für die seit zwölf Jahren andauernde Krise ist, dass der militärische Weg immer noch im Mittelpunkt steht. Es gibt keine Diskussion, keinen Dialog. Wir, die Selbstverwaltung, wollen einen politischen Dialog. Wir wollen die Souveränität Syriens schützen und die Syrienfrage gemeinsam mit allen Komponenten der Gesellschaften Syriens lösen. Wir wollen nicht kämpfen, aber wenn es zu einem Angriff kommt, werden wir härter reagieren. Wir haben keinen Krieg mit der Regierung in Damaskus. Wenn wir aber wieder angegriffen werden, werden wir nicht zögern zu reagieren. Wir müssen unsere Revolution schützen.“

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/die-menschen-in-deir-ez-zor-vertrauen-den-qsd-43288 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/angriffe-in-deir-ez-zor-richten-sich-gegen-ganze-region-43254 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/geplantes-chaos-in-deir-ez-zor-43250 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/daanes-wirft-damaskus-desinformation-vor-43217 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/vergeltungsangriff-auf-regimetruppen-fordert-20-tote-43226

 

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„Colemêrg leistet Widerstand, Istanbul macht mit“

21. August 2024 - 12:00

Auch nach 66 Tagen Mahnwache haben die Proteste in Istanbul gegen die Einsetzung eines Zwangsverwalters in der Provinz Colemêrg (tr. Hakkari) nichts an ihrem Schwung eingebüßt. Erneut kamen am Dienstag am Şişhane Meydan in Istanbul-Beyoğlu viele Menschen zusammen. Unter den Protestierenden befanden sich Vertreter:innen verschiedener politischer Parteien, von Gewerkschaften, Institutionen und Einrichtungen. Die Demonstrant:innen trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Zwangsverwalter hau ab“ und Transparente mit der Aufschrift „Colemêrg gehört uns“ und „Colemêrg leiste Widerstand, Istanbul ist mit dir“ auf Kurdisch, Türkisch, Englisch und Arabisch. Außerdem skandierten sie „Bijî berxwedana Colemêrg“ (Es lebe der Widerstand in Colemêrg), „Überall Colemêrg, überall Widerstand“, „Der Zwangsverwalter wird gehen, wir werden bleiben“, „Schulter an Schulter gegen den Faschismus“ und „Bijî berxwedana zindanan“ (Es lebe der Gefängniswiderstand).

Muhammet Xalis, Ko-Vorsitzender des Bezirksverbands der DEM-Partei in Güngören (c) MA

Muhammet Xalis, Ko-Vorsitzender des Bezirksverbands der DEM-Partei in Güngören, ergriff das Wort und sagte: „Die Regierung wurde vom kurdischen Volk nach den Regeln demokratischer Politik an der Wahlurne begraben. Aber offensichtlich hat sie ihre Lektion nicht gelernt. Trotz all der Betrugsversuche hat das Volk von Colemêrg seinen Willen deutlich kundgetan. Das sollten alle wissen. Niemand kann das kurdische Volk kontrollieren.“

Kerem Ipekli, Ko-Vorsitzender des Bezirks Büyükçekmece der DEM-Partei (c) MA

Anschließend hielt der Ko-Vorsitzende des Bezirks Büyükçekmece der DEM-Partei, Kerem Ipekli, eine kurze Rede und sagte: „Das Regime beherrscht das Land seit etwa 15 Jahren mit einer Zwangsverwaltungsmentalität. Die Zwangsverwaltung wurde zu einer Geißel für das kurdische Volk. Wir rufen von hier aus noch einmal auf: Leiste Widerstand Colemêrg, Istanbul ist mit dir“.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/istanbul-protest-gegen-zwangsverwaltung-und-pdk-verrat-43029 https://anfdeutsch.com/hintergrund/demokratie-a-la-erdogan-politik-der-zwangsverwaltung-in-nordkurdistan-42686 https://anfdeutsch.com/frauen/stadtplanung-und-verwaltung-aus-frauenperspektive-42976 https://anfdeutsch.com/kurdistan/protestzug-fur-die-anerkennung-des-wahlerwillens-42807 https://anfdeutsch.com/kurdistan/bozan-in-kurdistan-herrscht-kolonialrecht-42794

 

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Şehba: Tausende demonstrieren für die Freiheit Öcalans

21. August 2024 - 10:00

Abdullah Öcalan ist der Vordenker der radikaldemokratischen Revolution von Rojava. Dass seit mehr als drei Jahren kein Lebenszeichen von Öcalan aus der Totalisolation von Imrali nach außen dringt, macht die Menschen in Rojava besorgt und wütend. Fast täglich finden trotz andauernder türkischer Angriffe Demonstrationen und Proteste für die Freiheit Öcalans statt, denn die Freiheit Öcalans garantiert die Lösung der kurdischen Frage und damit auch ein Ende der Angriffe und die Demokratisierung Mesopotamiens. In Şehba versammelten sich am Dienstag Tausende Menschen auf Aufruf der Volksinitiative der Kantone Efrîn und Şehba. Efrîn ist türkisch-dschihadistisch besetzt, daher leben weit über hunderttausend Binnenflüchtlinge aus Efrîn im angrenzenden Şehba. Die Menschen versammelten sich im Dorf Babinis hinter Fahnen der PKK und Bildern Abdullah Öcalans und forderten die Freiheit des kurdischen Repräsentanten.

Video der Nachrichtenagentur ANHA zu der Demonstration

Die Demonstration endete in einer Großkundgebung im Stadion des Dorfes. Ruweyde Ehmed von Kongra Star erklärte: „Wir werden weiter kämpfen und Widerstand leisten, bis die physische Freiheit von Abdullah Öcalan gewährleistet ist.“ Ehmed forderte auch die Institutionen des internationalen Rechts auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und gegen die absolute Isolation von Abdullah Öcalan vorzugehen. Zu besonders trauriger Berühmtheit ist dabei, das für die Kontrolle der Haftbedingungen auf Imrali zuständige Europäische Komitee zu Verhinderung von Folter (CPT). Das CPT unternimmt nichts gehen die illegale Isolationsfolter auf Imrali und deren Eskalation in eine seit drei Jahren andauernde absolut verbotene Incommunicado-Haft.

Naji Selame, Mitglied der Volksinitiative der Kantone Efrîn und Şehba, begrüßte die breite Teilnahme an der Demonstration und die weltweite Solidarität im Kampf für die die Freiheit Öcalans. Gegen das internationale Komplott gibt es einen internationalen Widerstand, der von Demonstrationen, bis in höchsten Ebenen reicht. Erst vor Kurzem hatten 69 Nobelpreisträger:innen aus aller Welt die Freiheit Öcalans gefordert.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/Omer-Ocalan-fordert-besuchsrecht-fur-seinen-onkel-ein-43313 https://anfdeutsch.com/hintergrund/turkei-missachtet-urteile-des-europaischen-gerichtshofs-fur-menschenrechte-43154 https://anfdeutsch.com/aktuelles/elfriede-jelinek-Ocalan-muss-am-losungsplan-fur-kurdistan-mitarbeiten-43046 https://anfdeutsch.com/aktuelles/betreff-der-fall-abdullah-Ocalan-43044

 

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Angriff auf Minbic vereitelt

21. August 2024 - 10:00

In Minbic kam es am Mittwochmorgen erneut zu Gefechten. Gegen 5.30 Uhr hatten protürkische Söldnergruppen versucht, in den selbstverwalteten Kanton vorzudringen. Der Militärrat von Minbic bemerkte den Infiltrationsversuch beim Dorf Mohsenli und schlug den Angriff zurück. Dabei wurde mindestens einer der Angreifer getötet. Weiter ist von vielen verletzten Söldnern die Rede.

Gleichzeitig wurden drei Dörfer von türkischer Seite mit Drohnen angegriffen. Dabei entstand Sachschaden.

Angriff auf Dorf bei Til Temir

Auch weiter östlich bei Til Temir gab es türkische Angriffe. Das Dorf Tell al-Laban wurde von türkischen Truppen aus Haubitzen beschossen. Bisher ist noch nicht bekannt, ob es Tote oder Verletzte gegeben hat.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/raketenangriff-auf-dorf-bei-minbic-43229 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/angriffe-bei-minbic-43181 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/juli-bilanz-des-militarrats-von-minbic-13-angreifer-getotet-35-verletzt-43113

 

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Celle: Gedenkaktion gegen Femizid

21. August 2024 - 10:00

Aktive der feministischen Organisierung: „Gemeinsam kämpfen! Für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie“ der Ortsgruppe Celle hängten am Dienstag auf dem Gertrud-Schröter-Platz (Thaerplatz) in Celle eine Gedenk-Leine auf und stellten Kerzen sowie Blumen auf. Sie gedachten hiermit Laila K., die durch einen Feminizid starb und sprachen deren Angehörigen und Freund:innen ihr aufrichtiges Beileid aus.

Laila K. wurde ermordet, weil sie eine Frau war. Ende April 2024 erlag sie den Verletzungen, die ihr Ehemann Saeed Hussein H. ihr am 14. Dezember 2021 mit Axthieben zugefügt hatte. In der gemeinsamen Wohnung in der Neustadt/Celle hatte er ihr mehrfach mit der flachen Seite einer Axt auf den Kopf geschlagen. Seitdem kämpfte Laila K., erst im Krankenhaus und dann im Pflegeheim, um ihr Leben. Der Täter ist in Haft.

Seit Januar 2024 bis heute gab es allein in Deutschland bereits mindestens 56 Feminizide. Diesem tödlichen gesellschaftlichen Problem stellt sich „Gemeinsam kämpfen!“ entschieden entgegen.

Fotos: Lena Siebert

https://anfdeutsch.com/frauen/kundgebung-gegen-feminizide-am-hamburger-widerstandsplatz-43019 https://anfdeutsch.com/frauen/celle-kundgebung-und-gedenken-wegen-femizid-40735 https://anfdeutsch.com/frauen/versuchter-feminizid-in-alfeld-42964

 

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Dieser Tanz wird niemals enden

21. August 2024 - 8:00

Obwohl die kurdische Identität, Sprache und Kultur in der Türkei schon seit Jahren unterdrückt wird, wurde kürzlich eine neue Kampagne gestartet. Kurdische Verkehrshinweise werden auf Anordnung des Innenministeriums entfernt. Hochzeiten werden von der Polizei gestürmt und Menschen, die kurdische Lieder singen und tanzen, werden verhaftet und misshandelt. In den 1990er Jahren wurden sogar Verkehrsampeln ausgetauscht, weil sie gelb, rot und grün waren.

Tuncer Bakirhan

Der kurdische Politiker Tuncer Bakirhan, Ko-Vorsitzender der DEM-Partei, bewertet diese Vorfälle als Ausdruck der Hilflosigkeit des türkischen Regimes. Die Situation sei zunächst einmal sehr tragisch, erklärte Bakirhan gegenüber YÖP. Wenn der Staat sich mit Verkehrshinweisen auf der Straße abmühe und wegen eines Liedes eine Hexenjagd betreibe, zeige das „vor allem eine Mentalität, die unfähig ist. In den 1990er Jahren ist der gesamte Apparat des tiefen Staates mit offener Gewalt gegen die kurdische Kultur und Sprache vorgegangen. Und was ist passiert, haben die Menschen aufgegeben? Nein, im Gegenteil, sie haben Tag für Tag große Fortschritte gemacht. Werden die Menschen also heute alles aufgeben, ihren Govend, ihre Sprache, ihre Lieder, die Werte, die sie unter großem Aufwand erworben haben? Offensichtlich hofft der Staat darauf, deshalb greift er an. Aber das ist ein großer Irrtum“.

Eine bewusst gestellte Falle“

Der staatliche Umgang mit der kurdischen Sprache und Kultur in der Türkei habe mehrere ideologische Gründe, sagte der DEM-Vorsitzende: „Erstens will der Staat die Kurdinnen und Kurden in jeder Hinsicht zurückdrängen. Zweitens will er verhindern, dass sie im gesellschaftlich-politischen Bereich als handelnde Subjekte wahrgenommen werden und durch Bündnisse wachsen. Deshalb will er sie auf ihre eigene enge Agenda beschränken, auf einen Geisteszustand, der sich nur mit sich selbst beschäftigt und darin gefangen ist. Was hier gemacht wird, geschieht sehr bewusst und ist eine Falle. Drittens soll damit die Botschaft vermittelt werden, dass der Staat die Politik der kulturellen Vernichtung nicht aufgeben wird. Viertens konsolidiert er mit seinem Vorgehen eine gewisse Masse, die mit den sich in der Welt, insbesondere in Europa, entwickelnden rechten und faschistischen Tendenzen übereinstimmt. Durch die Mobilisierung nationalistischer Gefühle werden die Grenzen, Normen und Werte anderer verächtlich gemacht. Und letztendlich stehen diese Verbote in engem Zusammenhang mit dem Krieg gegen Başur und Rojava [Südkurdistan/Nordirak und Westkurdistan/Nordsyrien] und der Absicht, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. Die gesellschaftliche Basis wird auf die Probe gestellt.“

Tanzen als ideologische Handlung

Durch die Kriminalisierung der Melodien, Klagelieder, Epen, Farben, Slogans und Zeichen, die die kurdische Gesellschaft ausmachen, wird Tanzen zu einer ideologischen Handlung. Der Staat greift vor allem die in den letzten vierzig Jahren entstandene kurdische Gesellschaftsstruktur an. Liegt das an der transformativen Kraft dieser neuen Gesellschaftsstruktur? Was wird gefürchtet?

Bakirhan sagt, die größte Angst dieses Systems sei Gemeinschaftlichkeit. Der kurdische Govend vermittele ein Gemeinschaftsgefühl und ist Ausdruck sozialer Lebendigkeit. Aus demselben Grund habe die Regierung auch Angst vor den alevitischen Cem-Ritualen. „Govend und Lieder sind für die Kurdinnen und Kurden nicht nur traditionelle Ausdrucksformen, sondern haben auch eine starke politische Dimension. Tanz und Gesang sind wichtige Pfeiler der kurdischen Revolution, wie in allen unterdrückten Nationen. Seit Jahren drücken Menschen in Afrika mit ihren Tänzen Wut gegen rassistische Diskriminierung und das weiße Regime aus. Auch für Kurden wurde Tanzen zu einem Mittel, um sowohl Freude als auch Wut in die Öffentlichkeit zu tragen. Die kurdischen Tänze und Lieder sind durch politische Kämpfe geprägt. Der Govend inspiriert zu individuellem und kollektivem Aktivismus. Er hat eine transformative Funktion, weil er ein Gemeinschaftsgefühl entstehen lässt. Er hat das kurdische gesellschaftliche Selbst gestärkt. Natürlich gibt es auch andere aktuelle Gründe für den jüngsten Angriff der Regierung. Aber historisch gesehen gab es schon immer eine Mentalität, die die Umwandlung von Sprache und Kultur in einen Ort des Widerstands fürchtet.“

https://anfdeutsch.com/kultur/kurdisches-kulturfestival-am-21-september-in-frankfurt-43017 https://anfdeutsch.com/kultur/dortmund-tanzprotest-gegen-angriffe-auf-kurdische-kultur-43139 https://anfdeutsch.com/kultur/pkk-ruft-zum-freiheitstanz-auf-43137 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wer-govend-tanzt-wird-verhaftet-43059

 

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DEM-Frauen fordern Bürgermeister zum Rücktritt auf

20. August 2024 - 20:00

Der Frauenrat der DEM-Partei fordert den Bürgermeister von Avkevir (tr. Taşlıçay) zum Rücktritt auf. Mehmet Ali Budak war bei den Kommunalwahlen im März als Ko-Kandidat der DEM-Partei ins Amt gewählt worden, zusammen mit Cemile Duman. Die DEM ist überall mit Ko-Kandidat:innen angetreten, das Prinzip der genderparitätischen Doppelspitze gilt in allen Parteigremien. Diesem Prinzip soll sich Budak nach der Wahl widersetzt haben, teilte der DEM-Frauenrat mit. Inzwischen ist er aus der Partei ausgetreten.

Vor dem Rathaus in Avkevir, einer Kreisstadt in der Provinz Agirî, protestierten Frauen heute mit „Jin Jiyan Azadî“-Rufen gegen Budak und jede Form patriarchaler Herrschaft. „Feind der Frauen und des Volkes - Raus aus unserem Rathaus!“, forderten die Aktivistinnen. „Der Ko-Vorsitz ist unsere lila Linie.“

Ko-Bürgermeisterin Cemile Duman sagte, sie sei von Budak bedroht worden. „Wir sind eine auf der ganzen Welt wachsende Frauenbewegung und wehren uns gegen die Missachtung von Frauen“, betonte die DEM-Politikerin und warf dem amtierenden Bürgermeister Verrat vor: „Diese Person usurpiert den Willen der Frauen, der Jugend und der gesamten Bevölkerung und betrachtet das Rathaus als einen Ort des Profits. Unser Volk kennt sowohl Verrat als auch Heldentum und wird ihn dafür verurteilen. Er hat mich bedroht und ist in den Augen der Menschen hier ein Mann ohne Ehre.“

Die DEM-Frauenratssprecherin Halide Türkoğlu erklärte, der Ko-Vorsitz sei ein grundlegendes Prinzip. Wer diesen Grundsatz nach der Wahl nicht anerkenne, unterscheide sich nicht von einem staatlichen Zwangsverwalter. Budak wolle den Landkreis als „Ein-Mann-Regime“ regieren, das Rathaus gehöre jedoch dem Volk. „Jetzt sitzt er alleine im Rathaus, aber die Bevölkerung, die Frauen und die Jugend stehen nicht hinter ihm. Er blickt sich um und sieht immer nur sich selbst. Die Menschen hingegen sehen seine Ehrlosigkeit. Sie sehen, wie er das Volk und die Prinzipien unserer Partei verrät. Sie haben der DEM-Partei vertraut und sie deshalb gewählt.“

Die kurdische Frauenbewegung habe das Prinzip der Doppelspitze hart erkämpft und beharre auf Demokratie, Gleicheit und Freiheit, so Halide Türkoğlu: „Mehmet Ali Budak, du bist aus der DEM ausgetreten, aber das reicht nicht. Du wirst auch als Bürgermeister zurücktreten. Wenn du auch nur einen Funken Würde und Anstand hast, trittst du zurück. Nur dann wirst du dich in der Bevölkerung bewegen können. Andernfalls wirst du als Verräter, Ausbeuter und Feind der Frauen und des Volkes gelten.“

https://anfdeutsch.com/hintergrund/mit-paritatischer-vertretung-das-herrschende-system-bekampfen-40040 https://anfdeutsch.com/aktuelles/dem-trennt-sich-von-burgermeisterkandidat-in-Elih-41371 https://anfdeutsch.com/frauen/frauenverbande-verurteilen-gewalt-gegen-dem-abgeordnete-43303 https://anfdeutsch.com/frauen/stadtplanung-und-verwaltung-aus-frauenperspektive-42976 https://anfdeutsch.com/frauen/jinkart-bewegungsfreiheit-fur-frauen-42556 https://anfdeutsch.com/frauen/tja-positioniert-sich-zu-den-kommunalwahlen-in-der-turkei-41055

 

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Dorfschützer in Sêrt verweigern Irak-Einsatz

20. August 2024 - 17:00

Immer mehr Angehörige paramilitärischer Dorfschützerverbände in Nordkurdistan verweigern sich einem Einsatzbefehl der türkischen Armee für eine grenzüberschreitende Militäroperation gegen die PKK-Guerilla in der Kurdistan-Region im Irak. Zuletzt wurde aus der Provinz Sêrt (tr. Siirt) bekannt, dass zehn Dorfschützer den Dienst quittiert haben. Aufgrund staatlicher Drohungen haben einige von ihnen ihre Dörfer verlassen, um sich und ihre Familien zu schützen.

Auch in Colemêrg, Amed, Mêrdîn und Şirnex sind Dorfschützer aus dem Dienst für den türkischen Staat ausgeschieden, weil sie nicht an der Besatzungsoperation in Südkurdistan teilnehmen wollten. Die zehn Männer aus den Dörfern Belenoluk (Hêşeta Berêspî), Söğütönü (Nureşîn) und Bentköy (Serxanis) in Sêrt-Berwarî (Pervari) hatten bereits in der Vergangenheit vorübergehend die Waffen niedergelegt. Nach dem erneuten Befehl für einen Auslandseinsatz weigerten sie sich mit der Begründung, dass sie im Nordirak nichts verloren hätten.

Warnung der HPG

Offenbar spielte bei der Entscheidung auch eine Warnung der Guerilla eine Rolle. Wer sein eigenes Volk verrate, werde früher oder später die Konsequenzen erfahren, erklärten die Volksverteidigungskräfte (HPG) vor drei Monaten und forderten explizit die Dorfschützer auf, sich nicht an der Großinvasion in den Medya-Verteidigungsgebieten zu beteiligen.

Angespannte Stimmung in Dörfern

Die Stimmung in den Dörfern in Sêrt ist angespannt. Ein aus Sicherheitsgründen anonym gehaltener Anwohner berichtete gegenüber YÖP von einer Spaltung der Bevölkerung und sagte, einige Dorfvorsteher hätten den paramilitärischen Dienst nicht niedergelegt. Andere, die ihre Waffen abgegeben hätten, würden zum Verlassen der Dörfer gedrängt: „Die Menschen werden bedroht, zwar nicht offen und direkt, aber unterschwellig. Vier oder fünf Personen haben das Dorf aufgrund der Bedrohung verlassen. Sie bereiten jetzt ihren Umzug in andere Städte vor. Das ist nicht nur hier so, in anderen Landkreisen ist die Situation ähnlich. Die Leute sollen für Geld an der Operation teilnehmen, aber viele weigern sich.“

Was sind Dorfschützer?

Dorfschützer sind kurdische Paramilitärs im Dienst des türkischen Staates. Das System der Dorfschützer wurde in der Türkei 1985 zur Bekämpfung der kurdischen Befreiungsbewegung etabliert und hat seine Wurzeln in den Hamidiye-Regimentern im Osmanischen Reich. Die nach altbewährter Kolonialmethode gegründeten paramilitärischen Verbände heißen heute offiziell „Sicherheitsgarde“ und werden bei türkischen Militäroperationen in Kurdistan als Ortskundige und Kanonenfutter einsetzt. Ihr Auftrag umfasst auch Auslandseinsätze.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/sohr-turkei-schickt-soldner-aus-syrien-nach-irak-43286 https://anfdeutsch.com/kurdistan/die-rolle-der-dorfschutzer-beim-turkischen-invasionsplan-43142 https://anfdeutsch.com/kurdistan/dorfschutzer-verweigern-einsatzbefehl-42884 https://anfdeutsch.com/hintergrund/turkisch-irakische-kooperation-es-geht-um-mehr-als-die-pkk-43293

 

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Ömer Öcalan fordert Besuchsrecht für seinen Onkel ein

20. August 2024 - 17:00

Ömer Öcalan ist Abgeordneter der DEM-Partei und Neffe des seit 25 Jahren inhaftierten PKK-Begründers Abdullah Öcalan. Um seinen Onkel auf der Gefängnisinsel Imrali besuchen zu können, hat der in der Provinz Riha (tr. Urfa) ins Parlament der Türkei gewählte Politiker in einem Antrag an Staatspräsident Erdogan auf die Rechtslage verwiesen. Abdullah Öcalan wird das Recht auf Kontakt zu seinen Anwält:innen und Angehörigen vorenthalten.

Ömer Öcalan wies in seinem Antrag darauf hin, dass eine einstweilige Verfügung des UN-Menschenrechtsausschusses zur Beendigung der rechtswidrigen Isolation von Abdullah Öcalan von der Türkei ignoriert wird und der parlamentarische Untersuchungsausschuss in Ankara die Verweigerung von Besuchen mit Sanktionierungsmaßnahmen rechtfertigt. „Mit Schreiben vom 23. Februar 2024 teilte der Ausschuss mit, dass der Kontakt der Imrali-Gefangenen zu ihren Anwälten und Angehörigen aufgrund von erlassenen Disziplinarstrafen unterbunden wird und eine schriftliche Kommunikation nicht verboten sei. Weiterhin hieß es, dass 2023 keine Disziplinarstrafe gegen Anwaltsbesuche vorgelegen hat. Warum trotzdem keine Besuche von Angehörigen und Anwälten stattfinden konnten, wird jedoch nicht erklärt“, so Ömer Öcalan.

Der DEM-Abgeordnete machte in seinem Antrag geltend, dass das Recht auf Kontakt zu Familienangehörigen in der nationalen und internationalen Gesetzgebung festgeschrieben ist, so auch in den Europäischen Menschenrechtskonventionen.

Hintergrund: Seit 2021 kein Kontakt zu Öcalan

Abdullah Öcalan ist am 15. Februar 1999 aus der griechischen Botschaft in der kenianischen Hauptstadt Nairobi entführt und völkerrechtswidrig in die Türkei verschleppt worden. Er gilt als Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung und befindet sich, seit die gegen ihn verhängte Todesstrafe im Jahr 2002 in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde, in Isolationshaft. Bereits in den 1990er Jahren rief er einseitige Waffenstillstände aus. Auch nach seiner Inhaftierung lieferte er als Verhandlungsführer der PKK konstruktive Vorschläge für eine demokratische und politische Lösung der Kurdistan-Frage bei Dialogprozessen mit dem Staat.

Während der letzten Gesprächsrunde zwischen 2013 bis 2015 ermöglichte die türkische Regierung der „Imrali-Delegation“, die sich aus Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) zusammensetzte, regelmäßige Besuche auf Imrali, um in den Verhandlungen zwischen der PKK-Leitung in den Bergen Kurdistans und der Regierung in Ankara als Vermittler zu wirken. Doch 2015 kündigte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan den Dialogprozess mit Öcalan einseitig auf und ging in einen Vernichtungskrieg gegen die kurdische Bewegung über. Seitdem eskaliert die Militärgewalt in Kurdistan immer mehr und Öcalan befindet sich in vollständiger Isolation.

Schon seit 2011 verwehrte die türkische Justiz seinem Anwaltsteam einen regelmäßigen Zugang zu Öcalan. Acht Jahre später gelang es einer von der kurdischen Politikerin Leyla Güven im Gefängnis angeführten Hungerstreikbewegung, das Kontaktverbot vorübergehend zu durchbrechen und fünf Anwaltsbesuche durchzusetzen, der letzte davon im August 2019. Der letzte Familienbesuch auf der Insel fand im März 2020 statt. Die Isolation im Imrali-Gefängnis wurde seither auf das Niveau der totalen Incommunicado-Haft getrieben. Entgegen der europäischen Rechtsprechung, mehrmaligen Aufforderungen des UN-Menschenrechtsausschusses und einer Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist der türkische Staat nicht bereit, die auf Imrali praktizierte Isolation zu beenden. Nach einem kurzen und aus unbekannten Gründen unterbrochenen Telefonat mit seinem Bruder Mehmet am 25. März 2021 hatte Abdullah Öcalan keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Auch von den drei anderen Imrali-Gefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş gibt es seit über drei Jahren kein Lebenszeichen.

https://anfdeutsch.com/hintergrund/turkei-missachtet-urteile-des-europaischen-gerichtshofs-fur-menschenrechte-43154 https://anfdeutsch.com/aktuelles/elfriede-jelinek-Ocalan-muss-am-losungsplan-fur-kurdistan-mitarbeiten-43046 https://anfdeutsch.com/aktuelles/betreff-der-fall-abdullah-Ocalan-43044 https://anfdeutsch.com/aktuelles/nobelpreistrager-innen-fordern-freiheit-fur-abdullah-Ocalan-43033 https://anfdeutsch.com/aktuelles/franzosischer-senator-will-besuchserlaubnis-fur-Ocalan-43002

 

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Guerilla schlägt in Zap und Metîna zu

20. August 2024 - 15:00

In der südkurdischen Zap-Region sind zwei Drohnen der türkischen Besatzungstruppen von Snipern der Guerillaorganisationen HPG (Volksverteidigungskräfte) und YJA Star (Verbände freier Frauen abgeschossen worden. Das gab das HPG-Pressezentrum am Dienstag in einer Übersicht zum Kriegsgeschehen der letzten drei Tage bekannt. Die Abschüsse der beiden Kleindrohnen ereigneten sich demnach am Samstag sowie am Sonntag in den Gebieten Girê Cûdî und Girê Bahar, die an der Westfront des Zap liegen. Dort führten Guerillaeinheiten an beiden Tagen vier weitere Aktionen durch. Danach wurde ein Soldat bei einem Scharfschützenangriff verletzt, zweimal seien Hubschrauberaktivitäten über den Gipfeln mittels Guerillaartillerie beantwortet worden. Darüber hinaus setzten Kämpferinnen eine Gruppe Soldaten mit schweren Waffen unter Beschuss.

In Metîna nahm die Guerilla am Sonntag eine Baumaschine ins Visier. Das schwer beschädigte Gerät soll zum Ausbau einer Militärstraße eingesetzt worden sein, die bis ins Widerstandsgebiet Serê Metîna führen soll. „Im Zuge der Aktion wurden die Bauarbeiten eingestellt“, heißt es.

Fast 50 Luftangriffe der türkischen Armee

Zu den jüngsten Angriffen der türkischen Armee in Südkurdistan teilten die HPG mit, dass ihre Tunnelanlagen unterhalb des Girê FM am Wochenende mindestens elf Mal mit verbotenen Sprengmitteln bombardiert wurden. Eine weitere Attacke der Besatzer mit geächteten Bomben habe sich gegen den Girê Amêdî gerichtet.

Die HPG verzeichneten im genannten Zeitraum auch mindestens 46 Luftangriffe von türkischen Kampfjets. 14-mal wurden demnach die Orte Kolît, Qele, Lolan, Şehîd Şerîf, Sinînê und Berbizinê und damit Teile von Xakurke bombardiert. Weitere 18 Luftschläge richteten sich gegen Zêvkê, Deşta Kafya, Girê Kun, Zengil, Girê Sîser, Kanî Sarkê und Dola Mêranê in Gare. In Metîna gingen insgesamt zehnmal Bomben auf Dergelê, Şêlazê, Beşîlî und Serê Metîna nieder und an der Westfront der Zap-Region trafen fliegende Tötungsmaschinen viermal den Girê Bahar. Weitere Attacken in Form von Hubschrauberbeschuss registrierten die HPG am Sonntag in Serê Metîna.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/besatzer-im-zap-wieder-aus-der-luft-angegriffen-43298

 

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YPJ verurteilen Vergewaltigungsmord in Indien

20. August 2024 - 14:00

Die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) in Nord- und Ostsyrien haben sich solidarisch mit den Protesten in Indien gezeigt. Seit dem Vergewaltigungsmord an einer jungen Ärztin am 9. August im ostindischen Kolkata (früher Kalkutta) ist das Land in Aufruhr. Hunderttausende Menschen ziehen seit Tagen mit Kerzenmärschen unter der Losung „Reclaim the Night“ durch indische Städte, um gegen die mangelnde Sicherheit für Frauen zu protestieren und höhere Strafen für Gewalttaten einzufordern. Dabei wird auch die kurdische Parole „Jin Jiyan Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) gerufen. Am Wochenende rückten schließlich mehr als eine Million Ärztinnen und Ärzte in ganz Indien in einen Generalstreik aus. Auch jetzt streiken in mehreren Regio­nen noch Beschäftigte von Krankenhäusern. Den Protestierenden geht es neben der Bestrafung der Täter auch um mehr Sicherheit in Kliniken.

Das patriarchale und kapitalistische Herrschaftssystem eskaliert seine Angriffe auf Frauen

Der Mord an der 31-jährigen Ärztin in Ausbildung ereignete sich in einem Krankenhaus. Zunächst hieß es von Seiten der Verwaltung, sie habe Suizid begangen, doch inzwischen scheinen die Indizien eindeutig. Der Abschlussbericht wurde zwar noch nicht veröffentlicht, doch die Polizei geht davon aus, dass die junge Frau Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden ist, bevor sie getötet wurde. Von diesem Dienstag an wird der Oberste Gerichtshof in Delhi sich mit der Tat beschäftigen.

Der Fall der Ärztin erinnert an die Gruppenvergewaltigung in einem Bus in Delhi im Jahr 2012, bei der eine 23-Jährige so misshandelt wurde, dass sie an ihren Verletzungen starb. „Vielleicht ist hier die Schnittstelle zwischen der extremen Kultur der Gewalt und des Missbrauchs und einer neuen, notwendigen Kultur des gesellschaftlichen Wandels, um Frauen in allen Lebensbereichen wirklich zu schützen“, betonte die Generalkommandantur der YPJ in ihrer Stellungnahme. Zwar würde auch in Indien der Kampf von Frauen um Freiheit, Gleichheit und ein Leben in Würde größer und stärker werden. „Doch parallel zu diesem Streben eskaliert das patriarchale und kapitalistische Herrschaftssystem seine Angriffe auf Frauen.“

Dieses System versuche, durch Gewalt, Vergewaltigung, Femizid und Genozid seine Souveränität zu verteidigen. „Als YPJ verurteilen wir den Vergewaltigungsmord an der jungen Ärztin und rufen alle Frauenorganisationen und -bewegungen auf, ihre Stimme gegen alle Formen von Unterdrückung, Gewalt, Missbrauch, physischem und psychischem Druck gegen Frauen zu erheben. Mörder und Vergewaltiger müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Dies sei überall auf der Welt notwendig, da die missbräuchliche Kultur des patriarchalischen Systems eine globale Epidemie mit einer uralten Vergangenheit sei. „Noch heute werden Frauen in Indien belästigt, in Iran werden Revolutionärinnen gehängt, im Irak ist die Verheiratung von Mädchen legalisiert. In Afghanistan werden den Frauen alle Menschenrechte vorenthalten. Deshalb muss der Kampf gegen dieses System global, multilateral und unbezwingbar sein.“

Sozialer Wandel kommt aus der Gesellschaft

Die gesamte Gesellschaft müsse diese Realität anerkennen und sich mit einer Stimme gegen die Angriffe erheben, so die YPJ. „Je besser eine Gesellschaft organisiert ist, desto mehr kann sie ihre Selbstverteidigungskraft entwickeln. Natürlich müssen sich Frauen mehr als alle anderen schützen. Auch das ist durch Organisation möglich. Eine organisierte Frau ist eine Frau, die sich selbst, alle Frauen und die Gesellschaft verteidigen kann. Wir Frauen müssen uns gegenseitig mehr schützen, wir müssen zusammen sein, wir müssen uns gegenseitig unterstützen. In diesem Sinne finden wir den Zorn der Frauen und Menschen in Indien sehr bewundernswert und inspirierend. Wenn sich dieser Aufstand zu einer starken Organisation entwickelt, wird er diesem unterdrückerischen Machtsystem ein Ende setzen.“

Kampf gegen den IS

„Als YPJ haben wir einen unerbittlichen Kampf gegen das patriarchalische System geführt, das in unseren Regionen in der Gestalt des IS und anderer Gruppierungen Besatzung, Völkermord, Schikanen und Plünderungen durchführte. Unter Daesh, wie das arabische Akronym für die Terrormiliz „Islamischer Staat“ lautet, wurden Frauen brutal misshandelt, als Sklavinnen auf Märkten verkauft und aller ihrer Rechte beraubt. Die schwere Tragödie, die die ezidischen Frauen erlebt haben, ist im Gedächtnis der gesamten Menschheit verankert. Wir haben mit Mut, Glauben und einer starken Organisierung gegen diese Banden gekämpft, Widerstand geleistet und sie besiegt. Wir haben einen großen Kampf ausgetragen, um ezidische, christliche, kurdische und arabische Frauen vor der Brutalität des IS zu retten.

Mit „Jin Jiyan Azadî“ zur Befreiung

Diese Frauen, unsere Kämpferinnen und Kommandantinnen, werden heute von fliegenden Tötungsmaschinen des türkischen Staates ins Visier genommen. In den von der Türkei und ihren Partnern besetzten Gebieten Nord- und Ostsyriens wird von Soldaten und Söldnern ein Regime praktiziert, das sich aus Vergewaltigungen, Entführungen und Massakern an Frauen nährt. Gegen diese Brutalität führen wir einen vielschichtigen Kampf, der unsere Verteidigungskraft stärkt. Es steht außer Zweifel, dass uns die Philosophie „Jin Jiyan Azadî“, die uns Frauen nach einem langen und opferreichen Widerstand von Rêber Apo – Abdullah Öcalan – übermittelt wurde, den Weg aufzeigt, wie wir uns von einem Männerverständnis, das auf Unterdrückung und einer Vergewaltigungskultur basiert, befreien können.

Als YPJ haben wir diese Philosophie zur Grundlage unseres Frauenbefreiungskampfes genommen. Im Laufe der Zeit wuchs diese Philosophie: Sie wurde der Ruf der Revolution nach dem Tod von Jina Mahsa Amini und fand auch in anderen Aufständen von Frauen ihren Widerhall, so auch in Indien. „Jin Jiyan Azadî“ ist der Beweis dafür, dass sich die Frauenrevolution globalisiert. Jetzt ist es an der Zeit, den Weltfrauenkonföderalismus aufzubauen.

In diesem Sinne würdigen wir den wertvollen Widerstand der indischen Frauen und bringen unsere volle Solidarität mit ihnen zum Ausdruck. Wir rufen Inderinnen und alle Frauen der Welt auf, in ihrem Kampf nicht nachzulassen, ihre Organisierung auf der Basis des Paradigmas von „Jin Jiyan Azadî“ zu formen und ihre Selbstverteidigung aufzubauen.“

https://anfdeutsch.com/frauen/jin-jiyan-azadi-gegen-vergewaltigung-und-ermordung-in-indien-43283

 

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Drohnenangriffe auf Balekayetî und Şarbajêr

20. August 2024 - 12:00

Unbemannte Kampfdrohnen des türkischen Staates haben Teile der Kurdistan-Region des Irak (KRI) bombardiert. Die Bomben gingen am Dienstagfrüh in Dörfern bei Şarbajêr und Balekayetî nieder, berichtet die Nachrichtenagentur RojNews unter Berufung auf Quellen in den betroffenen Gebieten. Ob Menschen verletzt wurden, sei unklar. Auch das Ausmaß der entstandenen Schäden ist danach noch nicht abzuschätzen.

Ziel des Angriffs in Şarbajêr war laut RojNews das Dorf Birzut am Ausläufer des gleichnamigen Massivs in der Gemeinde Mawet, die im Norden des Gouvernements Silêmanî und gut 200 Kilometer vom türkischen Staatsgebiet entfernt liegt. In der Balekayetî-Region wurde die Ortschaft Gundê Jor attackiert. Das Dorf ist Teil der Kleinstadt Hacî Omeran, die sich rund 180 Kilometer nordöstlich von Hewlêr befindet. Die Behörden der KRI haben sich zu den Angriffen bislang nicht geäußert.


Türkischer Luftkrieg in Südkurdistan Teil des Alltags

Völkerrechtswidrige Angriffe der Türkei gehören im südlichen Kurdistan seit Jahren zur Routine. Die türkische Luftwaffe bombardiert regelmäßig das Territorium der KRI und des Irak, insbesondere dort, wo die PKK-Guerilla vermutet wird. Aber auch zivile Siedlungsgebiete werden regelmäßig von der türkischen Armee angegriffen. Ankara betreibt mit seinem Luftterror eine gezielte Vertreibungspolitik – insbesondere durch die Zerstörung der zivilen Infrastruktur. Dabei werden Todesopfer willkürlich in Kauf genommen. Ziel ist es, die Guerilla zu vertreiben und Territorien der KRI dauerhaft zu besetzen.

Hunderte Familien vertrieben

 Seit die Türkei ihre 2022 in Südkurdistan aufgenommene Besatzungsoffensive „Operation Klauenschloss“ vergangenen Juni ausgeweitet hat, kommt es täglich zu schweren Angriffen in der Region. Mindestens neun Zivilist:innen sind laut den Community Peacemaker Teams (CPT Iraqi Kurdistan) seit Jahresbeginn durch den türkischen Bombenterror getötet worden. Dutzende Dörfer wurden gewaltsam geräumt, um Platz für neue Stützpunkte der türkischen Armee zu machen. Die NGO CPT geht von hunderten Familien aus, die bedingt durch den Krieg in Kurdistan in den vergangenen zwei Monaten ihr Zuhause verloren haben.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/bericht-uber-zivile-opfer-bei-militareinsatzen-in-sudkurdistan-vorgestellt-43257 https://anfdeutsch.com/kurdistan/brande-in-dorfern-von-amedi-dauern-weiter-an-43291 https://anfdeutsch.com/kurdistan/sohr-turkei-schickt-soldner-aus-syrien-nach-irak-43286

 

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Politischer Gefangener nach 30 Jahren Haft entlassen

20. August 2024 - 11:00

Nach 30 Jahren Haft wurde der politische Gefangene Halil Yıldız aus dem Metris-Gefängnis in Istanbul entlassen. In seiner Heimatstadt, dem nordkurdischen Êlih (tr. Batman), wurde er mit Applaus empfangen. Viele Menschen erwarteten ihn vor dem Haus seiner Familie im Gap-Viertel in Êlih. Aus Freude über seine Freiheit wurden Tauben fliegen gelassen. Yıldız war sichtlich ergriffen von dem leidenschaftlichen Empfang.

Video der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA)

Yıldız war 1994 in Êlih festgenommen und von den berüchtigten Staatssicherheitsgerichten (DGM) wegen „Störung der Einheit und Souveränität des Staates“ zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. In seiner 30-jährigen Haftzeit war er in vier verschiedenen Gefängnissen inhaftiert.

https://anfdeutsch.com/menschenrechte/unternehmt-jetzt-etwas-morgen-kann-es-zu-spat-sein-43296 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/weil-er-nicht-bereut-naif-isci-bleibt-in-haft-43277 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/massive-Uberbelegung-in-turkischen-gefangnissen-43266

 

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Bagdad gibt Teile seiner Souveränität an Ankara ab

20. August 2024 - 11:00

Die militärische Dimension des Projekts der „Entwicklungsstraße“ zwischen der Türkei zum Irak wird immer deutlicher. Auf der Grundlage des gemeinsamen Kampfes an mehreren Fronten gegen die kurdische Freiheitsbewegung entwickeln die beiden Staaten ihre Zusammenarbeit. Zuletzt wurde zwischen Bagdad und Ankara ein „Memorandum of Understanding“ geschlossen, durch das der Weg für die Entsendung türkischer Truppen nach Bagdad geebnet wird. Unter diesem offiziellen Deckmantel werden die Vertreibungen, Dorfzerstörungen und Militäroperationen in Südkurdistan legitimiert. Der irakische Außenminister Fuad Hussein (PDK) sprach von einem neuen Prozess, in den der Irak eingetreten sei. Die südkurdische PDK ist eine Fortsatz des Regimes in Ankara.

Vom gemeinsamen Operationszentrum zum gemeinsamen Kommando

Zuvor war bereits ein gemeinsames Operationszentrum gegen die kurdische Freiheitsbewegung geplant worden. Die neuen Abkommen zwischen den beiden Regierungen heben diese Kooperation aber auf ein neues Niveau. In Bashiqa und Bagdad werden nun zwei gemeinsame Operationszentren eingerichtet. Gemäß Artikel 4 des Abkommens wird die türkische Armee dem gemeinsamen Einsatzkommando unterstellt und in der irakischen Hauptstadt stationiert, wo ein gemeinsames Sicherheitszentrum eingerichtet wird.

Annexionspolitik soll völkerrechtlicher Deckmantel gegeben werden

Auch die Einrichtung eines Militärkomitees in Artikel 5 des Abkommens und der Austausch nachrichtendienstlicher Informationen zwischen den Vertragsparteien in Artikel 6 offenbaren die Tragweite der Annexionspolitik Ankaras. Mit diesen Artikeln wird versucht, die monatelange militärische Stationierung der türkischen Armee in Südkurdistan, die Errichtung neuer Stützpunkte, die Vertreibung und Zerstörung von Dörfern und die Ausplünderung der Region mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen.

Gemeinsames Operationszentrum“ als Fortsatz des türkischen Imperialismus

Die personelle Zusammensetzung des mit der Umsetzung des Abkommens beauftragten gemeinsamen Operationszentrums spricht Bände. Mitglieder des Operationszentrums sind der berüchtigte ehemalige Geheimdienstchef und heutige türkische Außenminister Hakan Fidan, der aktuelle MIT-Chef Ibrahim Kalın, der irakische Außenminister Fuad Hussein (PDK), der Innenminister der Region Kurdistan Rêber Ehmed, der irakischen Verteidigungsminister Sabit Abbasi, der irakischen Berater für nationale Sicherheit Qasim al-Araji und dem stellvertretenden Leiter des Nachrichtendienstes Waqqas Muhammad Hussein al-Hadithi. Nicht nur die türkische Delegation vertritt klar türkische Interessen. Auch der irakische Außenminister Fuad Hussein ist eine Marionette Ankaras, denn seine Partei, die PDK, hält nur von Gnaden Ankaras in Südkurdistan ihr korruptes Regime aufrecht. Al-Araji war Gegenstand eines Skandals. Sie habe 300 Millionen Dollar vom Regime in Ankara erhalten, damit er dessen Interessen im Irak stärke. Der Innenminister der Region Kurdistan, Rêber Ehmed, ist ebenfalls Mitglied der PDK und damit der Türkei zur Loyalität verpflichtet. Insofern kann von einem Gleichgewicht irakischer und türkischer Interessen in diesem „gemeinsamen Operationszentrum“, wo unter anderem auch vor kurzem das Verbot ezidischer und kurdischer Parteien beschlossen wurde, keine Rede sein.

Bashiqa wird legalisiert

Mit dem Abkommen wird nun auch die völkerrechtswidrige türkische Militärpräsenz in Bashiqa bei Mosul legalisiert. Das „gemeinsame Operationszentrum“ wird als eine Institution dargestellt, die vom Irak dominiert wird und so werde die Basis dem Irak „übergeben“. Die Tatsache, dass Gebiete, die dem Irak gehört, „an den Irak übergeben“ werden, sollte an sich schon aufhorchen lassen. Darüber hinaus wurde mit dieser Formulierung die Verantwortung für den Stützpunkt Bashiqa, der von Zeit zu Zeit von schiitischen Kräften angegriffen wird, auf Bagdad abgewälzt.

Parallel dazu bereiten Sender wie Habertürk und CNN-Türk durch Analysen und Meldungen einer Ausweitung der türkischen Präsenz im Irak den Boden. Es ist klar, dass die türkischen Truppen alles andere tun werden, als Bashiqa zu verlassen. Dieses Modell wird als eine Blaupause für die besetzten Gebiete in Rojava und Syrien diskutiert.

Türkisches Militär marschiert in Bagdad ein

Als Gegenleistung für die de facto Hoheitsabtretung durch Bagdad sagte Ankara eine Ausweitung der energie- und wirtschaftspolitischen mit Bagdad zu. Allerdings um den Preis einer baldigen Entsendung türkischer Truppen nach Bagdad. Diese Truppen sollen ebenfalls dem „gemeinsamen Kommando“ unterstehen, de facto aber unter der Kontrolle des türkischen Außenministers Hakan Fidan stehen.

Sudani-Regierung ist nun offizieller Teil der Besatzungspläne

Die Sadani-Regierung, die sich zuvor die Beziehungen zu Ankara immer dementiert hatte und behauptete, sie sei an deren Plänen nicht beteiligt, hat mit dem Gipfel in Ankara ihre Beziehungen zur Regierung Erdoğan formalisiert. Mit dem aktuellen „Memorandum of Understanding“ gibt es nun keinen Raum mehr für Interpretationen. Der Irak tritt in eine kritische Phase ein.

Die PDK als Wurmfortsatz von Ankara

Unmittelbar nach dem Abkommen trat der irakische Außenminister Fuad Hussein von der PDK gemeinsam mit dem antikurdischen Kriegsverbrecher und türkischen Außenminister Fidan vor die Kameras und machte sich zum offiziellen Gesicht der Aufgabe von Souveränität durch den Irak. Während Hussein mit einer „würdevollen Haltung“ erklärte, was für einen „Dienst“ man damit Südkurdistan und Irak erwiesen habe, blieb nicht verborgen, dass die mit großen Opfern in Südkurdistan errungenen kurdischen Institutionen und die Autonomie Scheibchen für Scheibchen an die Türkei abgegeben werden.

Seit den ersten Monaten des Jahres hat die PDK sowohl regional als auch international Lobbyarbeit für die türkische Besatzung betrieben; diese Lobbyarbeit reichte von ihrem Führer Mesûd Barzanî bis zu Außenminister Hussein. Man könnte sagen, dass die Türkei die irakische Regierung mithilfe der PDK unterwandert hat.

Kaum politische Opposition gegen Aufgabe der Souveränität

Nun ist der Irak durch seine starken schiitischen Kräfte auch ein wichtiger Interessenraum iranischer Politik. Ein schiitischer Block von Teheran über Bagdad, Damaskus und Libanon sollte die Einflusssphäre Teherans stärken. Gruppen wie die Huthi, aber auch die Hisbollah oder die Haschd al-Schabi waren dabei immer die Akteure im Feld. Allerdings liefern sich Iran und Türkei hier einen Konkurrenzkampf. Dieser zeigt sich in der gemeinsamen Unterstützung der Hamas ebenso wie traditionell im Kampf um die Hegemonie im Irak zwischen Türkei und Iran. Angesichts des aktuellen Expansionismus der Türkei im Irak zeigen sich der Iran und seine schiitischen Verbündeten erstaunlich passiv. Welche politischen Interessen und Machtbalancen dahinterstecken, bleibt zu analysieren. Möglicherweise hat der Iran seine politischen Ambitionen im Jemen, in Palästina, Israel, im Libanon, Syrien und im Irak überdehnt. Unabhängig vom Iran lässt das Verhalten der Opposition im Irak mehr als zu wünschen übrig. Insofern mehrt sich in der Bevölkerung der Unmut über die politischen Eliten und ihre Unterwerfung unter den türkischen Imperialismus und insbesondere in der irakischen Hauptstadt wächst die Anspannung.

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Weiterer indischer Arbeiter stirbt auf Europas Plantagen

20. August 2024 - 9:00

Europa hat seine Kolonien ins Innere verlegt. Um Discounterpreise für Gemüse und Obst zu halten, werden diese Lebensmittel in Ländern wie Italien und Spanien unter grausamen, an Sklaverei erinnernde Arbeitsbedingungen produziert. Diese Arbeitsbedingungen kosten Leben. Nach Angaben der Polizei von Latina bei Rom hat es einen neuen Todesfall gegeben. Der 54-jährige Plantagenarbeiter Dalvir Singh erlag am Freitag einem Herzinfarkt, nachdem er mehrere Stunden bei Temperaturen um die 40 Grad arbeiten musste.

Erinnerung an Satnam Shingh

Der Fall ruft Erinnerungen an den grausamen Tod von Satnam Singh vor etwa einem Monat wach. Satnam Singh war beim Arbeiten auf einem Melonenfeld in eine Verpackungsmaschine geraten, die ihm den Arm abgerissen hatte. Der Plantagenbetreiber warf den Arm in einen Pappkarton, packte Singh und legte ihn vor seiner Haustür ab, wo dieser verblutete. Der Plantagenbesitzer und sein Aufseher befinden sich mittlerweile unter Mordverdacht in Haft.

Sklavenarbeiter in Norditalien

Mitte Juli konnte die Polizei in Norditalien 33 Sklavenarbeiter in der norditalienischen Provinz Verona befreien. Statt wie versprochen eine Arbeit und ein besseres Leben zu erhalten, waren die 33 indischen Staatsbürger von den Plantagenbesitzern in baufälligen Wohnungen eingesperrt worden und mussten für einen Hungerlohn sieben Tage die Woche, zehn bis zwölf Stunden täglich, härteste Arbeit zu einem Stundenlohn von vier Euro verrichten. Auch ihre Pässe waren bei ihrer Ankunft in Italien beschlagnahmt worden. Der „Lohn“ wurde zum größten Teil von den Plantagenbesitzern unter dem Vorwand, diese hätten Schulden bei ihnen, einbehalten. Bei der Razzia wurde bei den Betreibern der Plantage Beträge von einer halben Million Dollar sichergestellt. Die 33 Männer hatten jeweils 17.000 Euro als Gegenleistung für eine saisonale Arbeitserlaubnis und eine Arbeit gezahlt. „Jeden Morgen stiegen die Arbeiter in mit Planen abgedeckte Fahrzeuge, in denen sie sich zwischen Gemüsekisten versteckten, bis sie zur Arbeit nach Verona fuhren“, berichtete die italienische Polizei.

Kein italienisches Phänomen

Dass solche brutalen Ausbeutungsformen nicht auf den europäischen Süden beschränkt sind, zeigen die Zustände in der deutschen Fleischindustrie. Erinnert sei hier an den Tönnies-Skandal 2020, dort wurden ebenfalls Arbeiter:innen, vorwiegend aus Osteuropa, in einem perfiden System von Subunternehmen zu zwölf Stundenschichten zu einem Hungerlohn gezwungen. Ein massiver Corona-Ausbruch ließ die Bedingungen ans Licht kommen. Die Arbeiter mussten in Sechs-Bettzimmern zu jeweils 200–300 Euro pro Bett leben. Gleichzeitig wurden sie massiv um ihren Lohn betrogen. Im Anschluss an den Skandal wurden Werkverträge in der Fleischindustrie verboten. Doch noch immer klagen Arbeiter:innen bei Tönnies, dass sich real kaum etwas an ihren Bedingungen verändert habe.

Moderne Sklaverei in der Landwirtschaft ist Ausdruck der kapitalistische Moderne

Ausgebeutet werden in dem System der billigen Agrarproduktion vor allem Migrant:innen. Statistiken zufolge handelt es sich bei 80 Prozent der Arbeiter:innen in diesem Sektor um nichteuropäische Staatsbürger:innen. Das Ausbeutungssystem wird aufgrund der sozialen Krisen in Europa immer drastischer. Da die Reallöhne in Europa immer weiter sinken, werden Discounterpreise bei der Produktion von Grundnahrungsmitteln immer relevanter. Dass dabei weniger an den Profitmargen der Discounter gespart wird, ist angesichts steigender Gewinne in diesem Sektor offensichtlich. Stattdessen wird auf eine immer billigere Produktion auf der Grundlage von immer brutalerer Ausbeutung gesetzt. Ausgehöhlte Lieferkettengesetze tun dabei ihr Übriges. Solange Konsum und Profitmaximierung im Mittelpunkt stehen, ist eine nachhaltige Veränderung offensichtlich nicht möglich.

https://anfdeutsch.com/weltweit/blutige-melonen-in-deutschen-supermarkten-42838

 

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AZADÎ kritisiert „unbedingten Verfolgungswillen“

20. August 2024 - 9:00

Der Umgang der deutschen Justiz mit der kurdischen Bewegung bleibt von einem unbedingten Verfolgungswillen geprägt. Diesen Vorwurf erhob nun der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ mit Blick auf die Verhaftung von Selahattin K. Der 52-Jährige wurde Mitte Juni aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen und letzten Freitag an Deutschland ausgeliefert. Nach seiner Landung am Frankfurter Flughafen und der Eröffnung des Haftbefehls durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs wurde er am Samstag in der JVA Dortmund in Untersuchungshaft genommen. Der Grund: Der kurdische Aktivist sei zwischen Januar 2014 und Juli 2015 als „hauptamtlicher Kader“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) tätig gewesen.

Kein Vorwurf zu individuellen Straftaten

Geht es nach der Bundesanwaltschaft, habe Selahattin K. als „Sektorleiter“ des „Sektors Süd 1“ die Gebiete „Darmstadt, Frankfurt a.M., Gießen, Mannheim, Nürnberg und Saarbrücken“ sowie ab Juli 2014 als Leiter des „Sektors Mitte“ die Gebiete „Bielefeld, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln und Münster“ verantwortlich geleitet. In dieser Funktion habe er insbesondere „organisatorische, personelle und propagandistische Angelegenheiten“ koordiniert. Er habe Anweisungen erteilt und befolgt, der übergeordneten „Europaführung“ berichtet, die Ausführung von Anweisungen kontrolliert sowie Veranstaltungen und Versammlungen organisiert und durchgeführt. Diese Tätigkeiten habe er als Mitglied der PKK ausgeführt, weshalb er wegen mitgliedschaftlicher Betätigung in einer sogenannten terroristischen Vereinigung im Ausland nach §§ 129a/129b Strafgesetzbuch angeklagt werden soll. Individuelle Straftaten werden K. hingegen nicht vorgeworfen.

Sieben Kurden seit 2022 an Deutschland ausgeliefert

Selahattin K. ist einer von 13 Kurden, die aktuell wegen des Vorwurfs, Mitglied in der PKK zu sein, in deutscher Untersuchungs- oder Strafhaft sind. „Des Weiteren ist er der siebte Kurde, der in den letzten zwei Jahren auf Betreiben der bundesdeutschen Justiz im europäischen Ausland festgenommen und an die Bundesrepublik ausgeliefert wurde, um ihn hier wegen PKK-Mitgliedschaft anzuklagen“, betonte AZADÎ. Zuletzt war im Februar der kurdische Aktivist Ferit Çelik von Schweden an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert worden. Anfang August hatte erstmalig ein niederländisches Gericht einem deutschen Auslieferungsgesuch stattgegeben und Haftbefehl gegen den Journalisten Serdar Karakoç erlassen. Auch Belgien hat eine Aktivistin ausgeliefert, Verfahren in weiteren Ländern sind anhängig.

Kriminalisierungsstrategie ein Hindernis vor Lösung der kurdischen Frage

In Fall von Selahattin K. ist laut AZADÎ eine Sache besonders auffällig: Der Tatzeitraum, den die Bundesanwaltschaft Selahattin K. vorhält, liegt bereits zehn Jahre zurück und fällt zudem in die Zeit einer sogenannten Friedensphase, während der die PKK einen Waffenstillstand erklärt hatte und mit dem Erdoğan-Regime im Dialog stand. „Dieser Umstand sowie seine Festnahme im Ausland und die Auslieferung an Deutschland zeigen den unbedingten Verfolgungswillen der bundesdeutschen Justiz hinsichtlich der kurdischen Bewegung“, so der Rechtshilfefonds. „Die fortwährende Kriminalisierung ist ein entscheidender Baustein der Kurdistan-Politik der Bundesregierung, die einer gerechten Lösung der kurdischen Frage und einer friedlichen Beilegung des Konflikts seit Jahrzehnten im Wege steht.“

Titelfoto: „PKK-Verbot Aufheben!“-Demonstration in Berlin, November 2022 © Defend Kurdistan

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