«Mund halten und Steuern zahlen, das sind die ersten Pflichten des Staatsbürgers. Die Mütter haben dann noch, wenn möglich, recht viele Kinder in die Welt zu setzen, damit der Staat ohne jede Verantwortung darüber frei verfügen kann und die heilige Staatsmedizin die nötigen Versuchskaninchen bekommt. Eine Mutter darf sich nur nicht einbilden, dass die Kinder ihr Eigentum sind.» (-Hugo Wegener)
ANF NEWS (Firatnews Agency) - kurdische Nachrichtenagentur
Neues Zutrittsverbot in Gebirgsregionen bei Pîran
Das türkische Gouverneursamt in der kurdischen Provinz Amed (tr. Diyarbakır) hat ein vorübergehendes Zutrittsverbot in eine Reihe ländlicher Regionen erteilt, die in temporäre Sondersicherheitsgebiete umgewidmet wurden. Die ab dem kommenden Mittwoch gültige Anordnung steht im Zusammenhang mit einer Militäroperation der türkischen Armee gegen die kurdische Guerilla, hieß es am Montag in einer Mitteilung der Behörde. Das Operationsgebiet umfasst Gebiete, die erst Anfang September im Zuge eines Militäreinsatzes abgeschirmt worden waren. Für die ansässige Bevölkerung bedeutet die Maßnahme, dass de facto Ausnahmezustand herrscht.
Das Zutrittsverbot gilt in den Gebirgsregionen Kurşunludüzü und Görese und damit in Teilen des im Norden der Provinz gelegenen Landkreises Pîran (Dicle). Laut Mitteilung soll die Anordnung mindestens bis zum 20. November in Kraft bleiben – „zur Prävention von Gefahren für die nationale Sicherheit“, wie es offiziell heißt. Außerdem wolle man „gewalttätigen Zwischenfällen“ vorbeugen. Bei Verstößen gegen das Zutrittsverbot drohen Geld- und Haftstrafen.
Die Schaffung von „Sondersicherheitszonen“ ist Teil einer größeren Entwicklung, bei der militärische Sperrgebiete in verschiedenen Teilen von Nordkurdistan eingerichtet werden. Dadurch werden ganze Landstriche von der Außenwelt abgeschnitten und unterliegen der Kontrolle und Willkür des Militärs. Diese Maßnahmen führen zu einer erheblichen Belastung für die kurdische Landbevölkerung und erhöhen den Druck auf die Bewohnerinnen und Bewohner, die betroffenen Gebiete zu verlassen.
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Militärrat von Minbic schießt Kleindrohne ab
Der Militärrat von Minbic (Manbidsch) hat eine von türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen eingesetzte Kleindrohne abgeschossen. Wie der den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) angeschlossene Verband mitteilte, wurde das Fluggerät am Montag während eines Angriffsflugs auf das Dorf Arab Hasan vom Himmel geholt. Opfer oder Schäden gebe es keine.
Die Ortschaft Arab Hasan ist rund zwanzig Kilometer nordwestlich vom Stadtkern Minbics entfernt und liegt an strategischer Stelle, da es an die Kontaktlinie zwischen der Autonomieregion Nord- und Ostsyriens und der Besatzungszone grenzt. Die türkische Armee und ihr angegliederte Dschihadistenmilizen greifen es daher regelmäßig an. Begleitet werden die Angriffe häufig von Infiltrationsversuchen. Schon länger versucht die Türkei, Arab Hasan in ihre Besatzungszone einzugliedern, scheiterte bisher aber am Widerstand des Militärrats.
Zermürbungskrieg gegen Minbic
Minbic liegt 30 Kilometer südlich der türkischen Grenze und nimmt eine Schlüsselposition in den Plänen der Türkei für eine Ausdehnung ihrer illegalen Besatzungszone in Nordsyrien ein. Die von der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) administrierte Stadt liegt an der wichtigen Autobahn M4, die das nördliche Syrien wie eine Lebensader durchzieht und bereits für den IS eine strategische Versorgungsroute darstellte. Seit Minbic 2022 vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan als primäres Angriffsziel für eine neuerliche Invasion in Nord- und Ostsyrien benannt wurde, wird der seit Jahren andauernde Zermürbungskrieg gegen die Stadt verschärft.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/dorf-in-minbic-von-besatzern-bombardiert-43905 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/romisches-mosaik-auf-baustelle-in-minbic-gefunden-43945 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/zwei-kinder-bei-bombardierung-in-minbic-getotet-43875
Kurdische Filmtage Wien: Voller Erfolg mit vielen Filminteressierten
Am vergangenen Sonntag folgte das feierliche Ende der diesjährigen Kurdischen Filmtage Serçavan, die nach mehrjähriger Pause in ihrer zehnten Ausgabe im Wiener Votivkino über die Bühne gingen. Vom 7. bis 10. November wurden Werke von Filmemacher:innen aus allen vier Teilen Kurdistans zum großen Interesse des österreichischen Publikums präsentiert, das sich bei dieser Gelegenheit aus erster Hand von der lebhaften kulturellen Szene Kurdistans überzeugen konnte. Veranstaltet wurde das Event von Feykom, dem Rat der kurdischen Gemeinde in Österreich.
Abschlussfilme „Sieger sein“ und „Berbû“
Soleen Yusefs „Sieger sein“ leitete den letzten Tag mit seiner Geschichte über ein junges Mädchen, das als Flüchtling nach Deutschland kommt und im Fußball Ablenkung von ihrem tristen Alltag findet, gelungen ein. Am selben Abend lief auch Sevinaz Evdikes Film „Berbû“, der eine Hochzeit in den Wirren der türkischen Offensive gegen Rojava 2019 behandelt. Im Anschluss an diese Vorführung folgte eine Gesprächsrunde, an der die Regisseurin teilnahm und Fragen aus dem Publikum beantwortete.
Rückblick
Zahlreiche genreübergreifende Produktionen aus den letzten Jahren fanden – teilweise in Uraufführung – ihren Weg zu den Wiener Filmliebhaber:innen, um diverse Aspekte aus dem Alltagsleben der Menschen in Kurdistan einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen: die Eröffnung am 7. November zeigte Özkan Kücüks „Rojbash“ (2022), am Tag darauf flimmerten Derya Deniz‘ „Hêza“ (2022), ein aus sechs Teilen bestehender Kurzfilmblock sowie Haşim Aydemirs „Dema Dirîreşkan/Zeit der Brombeeren“ (2021) über die Leinwand. Am Samstag wurden Nadya Derwîşs „Jinwar“ (2024), Hevi Nimet Gatars „GotûbêJin“ (2024), Mano Khalils „Cîran“/Nachbarn (2021) und „Lêgerîn“ (2023) von Maria Laura Vasquez und Dersim Zerevan präsentiert. Das gesamte Programm stieß beim Publikum auf reges Interesse.
Fazit
Die 10. Kurdischen Filmtage Wien ließen sich in ihrer Zielsetzung im Anstoß für einen kulturellen Dialog als voller Erfolg verbuchen. Nicht nur bekamen kurdische Filmemacher:innen eine Plattform, um ihr Schaffen möglichen neuen Interessent:innen vorzustellen, auch wurden neue Kontakte geknüpft, Vernetzung gefördert und potentielle Projekte für die Zukunft besprochen. Feykom bekräftigte das Vorhaben, die Kurdischen Filmtage wieder in jährlichem Takt stattfinden zu lassen, um einen kulturellen Fixpunkt im Kalender zu kreieren.
Foto © Camilo Foto- und Videografie Wien
https://anfdeutsch.com/kultur/die-kurdischen-filmtage-wien-sind-eroffnet-44199
KJK verurteilt Todesstrafe gegen Varisheh Moradi
Die Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) hat das Todesurteil gegen Varisheh Moradi scharf verurteilt und Irans Justiz aufgefordert, die Entscheidung rückgängig zu machen und die Todesstrafe abzuschaffen. In einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme bezeichnete der Dachverband der kurdischen Frauenbewegung das Urteil gegen Moradi als „Ausdruck der Furcht eines misogynen Regimes“, das mit Hinrichtungen versuche, den Frauenkampf gegen das Patriarchat zu brechen. „Die iranische Justiz hat hier erneut ihre menschenrechtswidrige Praxis angewandt, Todesurteile nach unfairen Gerichtsverfahren zu sprechen. Wir verabscheuen eine menschenverachtende Todespolitik, die den Völkern die Möglichkeit raubt, in Demokratie und Frieden zusammenzuleben.“
Wegen KJAR-Mitgliedschaft verurteilt
Am Sonntag wurde bekannt, dass die kurdische Aktivistin Varisheh Moradi von einem Revolutionsgericht in Teheran wegen „bewaffneten Aufstands gegen den Staat“ zum Tode verurteilt wurde. Das Urteil steht im Zusammenhang mit Moradis Engagement für frauenpolitische und feministische Themen im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans (KJAR). Irans Regime-Justiz sieht in der KJAR eine „separatistische Terrororganisation“, weil sie Teil der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) ist. Die PJAK leistet Widerstand gegen die Unterdrückung und Diskriminierung des kurdischen Volkes und setzt sich für Frauenbefreiung, Autonomie und Demokratie in Iran ein.
Verfinsterung der Vernunft
Weiter heißt es in der KJK-Erklärung: „Es zeigt sich, dass das Beharren auf der Realität von Krieg und Konflikten in einer Phase, in der sich die Welt und insbesondere unsere Region, der Nahe Osten, in einen Feuerball verwandelt hat, den Völkern keinen Nutzen bringt. Es liegt auf der Hand, dass die um Macht willen geführten Kriege das Leben in unserer Region aus den Fugen gebracht haben; und das Beharren der Staaten auf antidemokratischen Praktiken ist nichts anderes als eine Verfinsterung der Vernunft. Die blinde, dumpfe und starre Realität des nationalstaatlichen Denkens ist verantwortlich für die Unterdrückungen, denen die Völker und Frauen ausgesetzt sind. Das Beharren auf der Realität des Nationalstaates ist das Beharren auf dem Fortbestehen aller sozialen, politischen, wirtschaftlichen, militärischen, diplomatischen und juristischen Krisen.
Widerstand gegen misogyne Politik der Staaten
Zu einer Zeit, in der Städte niedergebrannt, Länder geteilt und Menschen aller Altersgruppen von diesen Massakern erfasst werden, sehen wir, dass das Festhalten an der Praxis aus Folter und Tod keine Macht bringt. Der iranische Staat kommt nicht weiter, wenn er auf Frauenfeindlichkeit, Rechtswidrigkeiten und Demokratiefeindlichkeit beharrt. Die Einschüchterung von Frauen und allgemein der Gesellschaft kann keine Ergebnisse erzielen. Besonders die Frauen werden heute wie gestern ihren Widerstand fortsetzen, trotz und gerade wegen der misogynen Politik der Staaten. Wir Frauen haben nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Wir sind uns im Klaren darüber, dass es eine freie Welt gibt, die wir erreichen können, wenn unser Widerstand weiter wächst. Wer etwas zu verlieren hat, sind die Souveränen und Herrschenden, die an ihrer unterdrückerischen, frauen- und menschenfeindlichen Politik festhalten. Deshalb muss der iranische Staat, sofern er in dieser historischen Phase, in der die Kriegstrommeln für ihn kräftig schlagen, überleben will, der Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten Vorrang einräumen, denen er seit Jahren keine Chance zum Leben gegeben hat. Es muss erkannt werden, dass Unterdrückung, Hinrichtung, Folter, Missbrauch von Rechten und Freiheiten den Iran nicht nur nicht stärken, sondern auch Ursache und Folge aller gesellschaftlichen Probleme sind.
Alle politischen Gefangenen freilassen
Als KJK fordern wir den iranischen Staat auf, das Todesurteil gegen Varisheh unverzüglich rückgängig zu machen, alle politischen Gefangenen, die in den Gefängnissen Widerstand leisten, freizulassen und den Forderungen aller sozialen und ethnischen Gemeinschaften in diesem Land, die ihre Rechte einfordern, Beachtung zu schenken. Der unaufhaltsame Kampf der Frauen wird dem Regime ansonsten große Verluste bescheren. An dieser Stelle senden wir unsere Grüße an die Menschenrechtsverteidigerinnen Pakhshan Azizi und Varisheh Moradi sowie alle anderen zum Tode verurteilten Freiheitskämpferinnen. Wir rufen die Völker, alle Demokratie-Kräfte, kämpfende Frauen und Persönlichkeiten, denen die Menschenrechte am Herzen liegen, dazu auf, gegen diese Hinrichtungen und die frauenverachtende Politik iranischen Staates Stellung zu beziehen und den gemeinsamen Kampf zu verstärken. Wir fordern, dass alle Frauenstrukturen, insbesondere die Frauen Kurdistans, ihre Stimme mit wirksamen und kontinuierlichen Aktionen und Aktivitäten für die Frauen erheben sollten, die in den Gefängnissen schwerer Folter ausgesetzt sind, die zum Schweigen gebracht und durch Hinrichtung gebrochen werden sollen.“
Foto: Kundgebung im September in Brüssel für die Freilassung weiblicher politischer Gefangener in Iran © Shnoyi Mendan
https://anfdeutsch.com/frauen/varisheh-moradi-in-iran-zum-tode-verurteilt-44223
Flyeraktion in Lübeck
Seit dem 23. Oktober eskaliert die Türkei wieder Angriffe auf die kurdische Bevölkerung und deren demokratische Strukturen. In vielen Städten weltweit gibt es Protest dagegen, so auch in Lübeck.
Am vergangenen Wochenende hat die Gruppe „Defend Kurdistan Lübeck“ an vielen großen Kreuzungen der Stadt Flyer aufgehängt, um auf die aktuelle Situation in Kurdistan aufmerksam zu machen und dagegen zu protestieren. Auf den Flyern ist folgender Text zu lesen:
„Angriffe auf die Zivilbevölkerung
Seit dem 23. Oktober stehen die Gebiete der ,,Autonomen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien’‘ (AANES) und der Şengal im Irak wieder unter Beschuss durch das NATO-Mitglied Türkei. Die völkerrechtswidrigen Angriffe haben mehrere Menschenleben gefordert, darunter viele Zivilist:innen. Die Angriffe sind eine humanitäre Katastrophe und vernichten die Lebensgrundlage von Millionen Menschen. In den angegriffenen Gebieten versucht die in großen Teilen kurdische Gesellschaft eine demokratische Selbstverwaltung aufzubauen. Es wurden wie bereits 2023 wieder Weizendepots, Elektrizitätswerke und Ölförderanlagen bombardiert – ein Angriff auf überwiegend zivile Infrastruktur. Das sind Kriegsverbrechen, die der türkische Staat Tag für Tag ungestraft begeht, um die Bevölkerung zu vertreiben. Die Türkei versucht ihre Kriegsverbrechen gegen die AANES mit dem Recht auf Selbstverteidigung und „Rache“ für einen Angriff der PKK- Guerilla in Ankara zu begründen – eine völkerrechtlich unhaltbare Position, da das Recht auf Selbstverteidigung keine Angriffe auf Zivilist:innen und zivile Infrastruktur begründen kann. Die Weltgemeinschaft schweigt bisher zu den Angriffen der Türkei, die bereits in den letzten Jahren mehrfach ungestraft das Völkerrecht gebrochen hat – unter anderem durch Attentate auf Politiker*innen, den Einsatz verbotener chemischer Waffen und durch ethnische Säuberungen in besetzten Gebieten.
Kurdische Städte unter Zwangsverwaltung
Am 4. November wurden die gewählten Bürgermeister der DEM-Partei in den kurdischen Städten Mêrdîn, Êlih und Xelfetî von der faschistischen AKP-MHP Regierung verhaftet und durch Zwangsverwalter ersetzt. Dieses Vorgehen lässt sich immer wieder beobachten und es untergräbt die Demokratie und ist ein Angriff auf die kurdische Bevölkerung in der Türkei, der ihre demokratisch gewählten Vertreter:innen genommen werden. Alle europäischen Institutionen hüllen sich in Schwiegen und schauen bei antikurdischer und antidemokratischer Politik weg. Die Bevölkerung ist seit Tagen auf der Straße und leistet Widerstand gegen die Zwangsverwaltung.
Als Defend Kurdistan Lübeck fordern wir ein Ende dieser Angriffe und eine Sanktionierung dieser antidemokratischen Verbrechen der Türkei!“
https://anfdeutsch.com/aktuelles/kassel-banner-drop-fur-abdullah-Ocalan-auf-dem-herkules-44227 https://anfdeutsch.com/aktuelles/protestkundgebungen-in-linz-und-graz-44193 https://anfdeutsch.com/aktuelles/proteste-in-wien-dortmund-und-giessen-44178 https://anfdeutsch.com/aktuelles/proteste-in-duisburg-und-munchen-44165
Efrîn: HRE töten drei Söldner der Besatzungstruppen
Die Aktionen der Befreiungskräfte von Efrîn (HRE) gegen die türkischen Besatzungstruppen und ihre Söldner gehen weiter. Wie die Befreiungskräfte mitteilen, töteten Scharfschütz:innen der HRE am 3. November in Azaz einen protürkischen Söldner. Am 4. November wurden in Mare zwei weitere Söldner von Scharfschütz:innen der HRE getötet.
Auf dem von den HRE veröffentlichten Aufnahmen ist zu sehen, wie protürkische Söldner hinter den türkischen Stellungen nach den Schüssen der Scharfschütz:innen zusammenbrechen.
2018 hatte die türkische Armee gemeinsam mit unzähligen, teilweise direkt aus dem IS und al-Qaida rekrutierten dschihadistischen Söldnern, den selbstverwalteten Kanton Efrîn besetzt und eine Schreckensherrschaft errichtet. Seitdem führen die HRE einen Guerillakrieg gegen die Besatzer.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kampfe-zwischen-hre-und-besatzern-in-efrin-44060 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/hre-aktionen-gegen-besatzer-44042 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/vergeltungsaktionen-der-befreiungskrafte-efrins-43972
Zwangsverwaltung ist ein Angriff auf das Zusammenleben
Saniye Bayram, Kurdin und Mehmet Karayılan, Turkmene wurden als Ko-Bürgermeister:innen für die DEM-Partei in Xelfetî (tr. Halfeti), trotz Wahlbetrug durch das türkische Regime, mit fast 40 Prozent der Stimmen gewählt. Nun wurden sie durch das Regime abgesetzt und an ihrer Stelle ein AKP-treuer Beamter eingesetzt.
Xelfetî ist eine Stadt mit einer uralten Geschichte, die weit ins assyrische Reich zurückreicht. Von den Assyrern bis zu den Medern, von den Persern zu den Makedonen, von Rom bis zum Osmanischen Reich hat die Stadt bis heute viele Herrscher kommen und gehen sehen. Ihre Geschichte ist mit Personen wie Abraham, Alexander und Saladin verbunden.
Immer war Xelfetî eine multikulturelle Stadt. Kurd:innen, Turkmen:innen und Araber:innen lebten hier schon lange friedlich zusammen. Heute ist der Name Xelfetî eng mit dem Dorf Amara (Ömerli) verbunden, dem Geburtsort des kurdischen Denkers und politischen Repräsentanten Abdullah Öcalan. Hier wurde der Keim für eine Renaissance der Demokratie im Nahen Osten gelegt und es kommt nicht von ungefähr, dass genau hier, wenige Tage, nachdem ein Besuch bei Abdullah Öcalan nach mehr als drei Jahren Totalisolation möglich war, die gewählten Ko-Bürgermeister:innen vom Regime abgesetzt wurden und an ihrer Stelle Zwangsverwalter eingesetzt wurden.
Der Abgeordnete der DEM-Partei in Urfa, Ömer Öcalan, berichtete von Äußerungen durch den kurdischen Repräsentanten zu Xelfetî: „Wir erzählten Herrn Öcalan, dass einer der Ko-Bürgermeister ein Turkmene und die andere eine Kurdin ist. Daraufhin sprach Herr Öcalan von Xelfetî. Herr Öcalan sagte: ‚Das ist mein Projekt. Das ist die Demokratische Nation.‘“
Im Gespräch mit der Tageszeitung Yeni Özgür Politika äußerte sich Saniye Bayram zu den aktuellen Entwicklungen.
Die vom Regime abgesetzten Ko-Bürgermeister:innen von Xelfetî, Saniye Bayram und Mehmet Karayılan, wurden vom Regime abgesetzt © Mezopotamya Ajanı (MA)
„Ich habe die Fahne des Widerstands übernommen“
Saniye Bayrams Geschichte ist tief mit Kampf der kurdischen Demokratiebewegung verbunden. Ihr Bruder Mustafa Bayram war 2016 Ko-Bürgermeister von Xelfetî für die Partei der Demokratischen Regionen (DBP). 2016 wurde er abgesetzt, inhaftiert und ein Zwangsverwalter eingesetzt. Acht Jahre befand er sich in Haft, nun lebt er im Exil. Für Saniye Bayram war diese Inhaftierung Anlass, um den Kampf ihres Bruders zu übernehmen. Bayram erklärte: „Im Jahr 2014 haben wir die Stadtverwaltung hier erneut gewonnen, wir haben in der Stadtverwaltung den Ko-Vorsitz eingeführt und eine sehr schöne Arbeit gemacht. Leider wurde 2016 ein Zwangsverwalter eingesetzt. Einer derjenigen, die am meisten gelitten haben, war mein Bruder, er war jahrelang im Gefängnis. Weniger als ein Jahr war er draußen, als man ihn erneut verurteilte. Er befindet sich derzeit im Exil. Diese Repression hat mich stärker gemacht. Unser Freund Bazo Yılmaz war Ko-Bürgermeister unserer Stadt Yukari-Göklü und bei den Wahlen 2014 Mitglied des Stadtrats von Xelfetî. Im Jahr 2016 wurde er bei der Ernennung des Zwangsverwalters inhaftiert. Er war krank, hatte Asthma und es ging ihm sehr schlecht. 24 Stunden transportierten sie ihn im Ring-Fahrzeug nach Istanbul zur Zeugenaussage, dann brachten sie ihn wieder 24 Stunden zurück nach Riha (Urfa). 2022 kam seine Leiche aus dem Gefängnis. Sein Körper wurde in unsere Stadt gebracht und wir konnten ihn in der Leichenhalle sehen. Wir sahen mit eigenen Augen, dass die Hände der Leiche noch mit Handschellen gefesselt waren. Möge seine Seele in Frieden ruhen. Die Träger der herrschenden Mentalität haben sogar Angst vor unseren Leichen. Das haben wir nie vergessen. Nachdem ich das gesehen habe, habe ich mich als Kandidatin aufstellen lassen und habe ihre Fahne übernommen.“
„Trotz Sammelstimmenabgabe haben wir gewonnen“
Bayram berichtete von Versuchen der AKP/MHP-Koalition, die Kommunalwahl am 31. März zu manipulieren. Sogar von der Schwarzmeerküste wurden Wähler nach Kurdistan transportiert, um dort insbesondere in den Grenzregionen abzustimmen. Aber dennoch war die Regierung nicht in der Lage, die Wahl in Kurdistan für sich zu entscheiden. Eine der besonders vom Wahlbetrug betroffenen Städte war Xelfetî. Bayram führte aus: „Diese Zwangsverwalter haben den Völkern in der Türkei geschadet, sie haben Kurdistan geschadet, und sie haben insbesondere Xelfetî geschadet. 2016 wurde hier ein Zwangsverwalter ernannt, 2019 traten wir wieder an, aber die Wahl wurde durch Betrug [vom Regierungsblock] gewonnen. 5.000 Wähler aus Istanbul wurden nach Xelfetî zum Wählen geschickt. Am 31. März sind wir erneut zu einer Wahl gegangen, es wurden wieder Tausende Wähler hierher geschickt. Sie kamen in 200er Gruppen begleitet jeweils von fünf bis zehn Panzerfahrzeugen, bewaffnet mit Schlag- und Schusswaffen. Wir haben uns ihnen entgegengestellt und gekämpft. Das war das Klima dieser Wahl. Am 31. März hatten wir bis 12.00 Uhr nichts unternehmen können. Bis dahin wurden 2.500 Stimmen im Block abgegeben. Wir konnten erst nach 12 Uhr intervenieren. Die Stimmen mussten dann annulliert werden. Als die Auszählung in der Nacht begann, sagten sie ‚wir haben Xelfetî sowieso gewonnen', aber trotzdem haben wir mit dem Abstand von 1000 Stimmen gewonnen.“
„Wir schufen alles aus dem Nichts“
Die Zwangsverwalter hatten in der Stadtverwaltung schweren Schaden angerichtet. Das Rathaus glich einer Polizeifestung. Bayram berichtete: „Es war so, dass zehn Polizisten am Vorhofeingang standen, 15 Polizisten am Eingang und 20 Polizisten in der oberen Etage. Das Rathaus unterschied sich nicht von einer Polizeistation. Die Leute wollten das Rathaus nicht mehr betreten. Nachdem wir gewonnen hatten, strömten die Menschen hinein. Wir öffneten die Türen des Rathauses für alle Bürgerinnen und Bürger, wir empfingen zwei Monate lang Gäste – vier Tage nach der Wahl war das Zuckerfest – wir beherbergten in dieser Zeit dreitausend Menschen. Zunächst sammelten wir mit Finanzberatern und Buchhaltern alle Daten über das Rathaus. 460.601.277 TL Schulden wurden festgestellt. Dann erfuhren wir von den Schulden bei den Gewerbetreibenden in Xelfetî. Doch unser Rathaus ist mit 43.000 Einwohnerinnen und Einwohnern klein. Für die Menschen gab es keine Dienstleistungen. Wir haben aus nichts eine Fülle von Angeboten geschaffen. Hier leben Menschen türkischer und kurdischer Identität zusammen. In sieben Monaten haben wir fast vier Millionen TL Schulden bezahlt. Wir haben uns mit unserem Volk zusammengesetzt, wir haben über die Verschuldung berichtet und die nächsten Schritte erklärt. Sieben Monate lang waren wir bei den Menschen und wir haben mit ihnen zusammen Kommunalpolitik gemacht.“
„Sie haben alles gestohlen und wurden nie satt“
Bayram weiter: „Sie haben die Türkei zerstört, sie haben Kurdistan zerstört. Was haben diese Zwangsverwalter in acht Jahren für die Menschen getan, außer sie zu schädigen? Sie haben 800 Grundstücke verkauft, kein Cent davon ist in die Gemeinde geflossen, keine Leistung wurde erbracht. Dieses Geld kam nicht einmal zur Bank in Xelfetî. Sie trugen das Geld in Taschen und Koffern weg. Die Stadtverwaltung von Xelfetî wurde um 20 Jahre zurückgeworfen. Alles wurde geraubt. Auch wenn ihre Taschen voll sind, bleiben sie unersättlich. So sind die Zwangsverwalter. Zwangsverwalter sind Feinde der Frauen, Feinde des Volkes.“
„Die Demografie der Region wird aktiv verändert“
Bayram warnte vor einer aktiven Veränderung der Demografie von Xelfetî: „Die Zwangsverwalter wollen auch das Land der Menschen hier. Zum Beispiel verkauften sie 60 Hektar mit Pistazienbäume, die meiner Familie gehörten. Sie beschlagnahmten und verkauften das Land von Hunderten von Familien wie meiner Familie. Wissen Sie, wie sie sie verkaufen? Sie konfiszieren unsere Ländereien mit angeblichen Eigentumsurkunden und sagen, dass sie Eigentum des Staates seien, und dann verkaufen sie diese. Sie achten nicht darauf, wie diese Produkte dort angebaut wurden, wie die Menschen gearbeitet haben. Bis jetzt wurden 800 Parzellen in Xelfetî an Mafiabanden verkauft. Seit sieben Monaten sehen wir, wie Menschen in die Stadt gebracht werden. Die meisten kommen von außerhalb. Wir Kurden und Türken leben zusammen, wir haben keine Probleme. Sie bringen ihre eigenen Anhänger von außerhalb, um die Demografie der Region zu zerstören.“
„Wenn einer von uns geht, kommen für ihn Tausend“
Bayram berichtete, dass nach dem Wahlsieg die Erleichterung in der Bevölkerung der Region groß gewesen sei, sie erklärte weiter: „Die Menschen hier haben aufgeatmet, nachdem der Zwangsverwalter weg war. Das sagen nicht wir, sondern das sagen sogar die Polizei und der Bezirksgouverneur. Ich kümmere mich um alle Fragen der Frauen und unser Ko-Vorsitzender kümmert sich um die allgemeinen Fragen. Wir versuchen, unsere Stadt gemeinsam sehr gut zu verwalten. Was will man jetzt von uns? Jedes Mal, wenn die Repression zuschlägt, werden wir stärker. Mein Bruder ist ins Gefängnis gegangen, ich habe seine Fahne übernommen und bin in seine Fußstapfen getreten. Wenn ich gehe, ist da Mehmet Karayılan, wenn er geht, sind da unsere Kinder, unsere Jugend, unsere Nachbarn und die Menschen von Xelfetî. Wenn einer geht, kommen wir zu Tausenden zurück. Niemand soll sagen, dass wenn wir weg sind, es niemanden mehr gäbe. Die, die nach uns kommen, werden den Kampf übernehmen und weiterführen.“
„Wir sind der Wille des Volkes“
Bayram schloss mit den Worten: „Unser Widerstand wird weitergehen, wir werden nicht kapitulieren. Es geht nicht um Saniye Bayram oder Mehmet Karayılan, wir haben nicht sieben Monate auf diesem Stuhl gesessen, wir haben in den Gärten unseres Volkes gesessen, wir haben für unser Volk gearbeitet. Acht Jahre lang haben sie uns wie Vampire ausgesaugt, wir werden das nicht mehr zulassen, das Volk von Xelfetî ist aufgewacht. Wir sind gewählte Vertreterinnen und Vertreter, sie sind Beamte, sollen sie ihre Beamtenarbeit machen. Wir sind aber der Wille des Volkes. Mein Aufruf an die Bürger von Xelfetî lautet: Lasst uns die verbrecherischen Zwangsverwalter aus unseren Rathäusern holen, lasst uns füreinander einstehen und uns gegenseitig stärken. Grüße an alle Frauen, an die Völker Kurdistans und der Türkei und unser Volk im europäischen Exil.“
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Êlih: Siebte Nacht in Folge Straßenschlachten
Auch in der Nacht zum Montag kam es in Êlih (tr. Batman) zu Protesten und heftigen Straßenschlachten. Die siebte Nacht in Folge fanden in vielen Vierteln der Stadt Demonstrationen gegen die Einsetzung von Zwangsverwaltern in Êlih sowie Mêrdîn (Mardin) und Xelfetî (Halfeti) statt. Durch die Straßen hallten die Slogans „Jin Jiyan Azadî“, „Bijî Serok Apo“ und „Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier“. Die Polizei griff die Aktivist:innen mit Plastikpatronen, Gasgranaten und Wasserwerfern an. Die Protestierenden verteidigten sich mit Steinen und Feuerwerk. Die Auseinandersetzungen dauerten bis tief in die Nacht hinein an. Helikopter kreisten über der Stadt.
Am Sonntag war ein Wasserwerfer von Protestierenden lahmgelegt worden. Im Stadtviertel Bağlar hatte es den Tag über heftige Straßenkämpfe zwischen der Bevölkerung und der Polizei gegeben.
Abfahrtzeiten zur Demonstration in Köln
Am kommenden Samstag, dem 16. November, findet in Köln eine von zahlreichen Verbänden organisierte Großdemonstration für die Freiheit von Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage statt. Auftakt ist um 11 Uhr an der Deutzer Werft. Zu der Demonstration fahren aus dem gesamten Bundesgebiet Busse. Die deutsche Sektion des Solidaritätsnetzwerks „Freiheit für Öcalan – Eine politische Lösung der kurdischen Frage“ hat nun die Abfahrtzeiten bekannt gegeben.
Abfahrten am 15. November
Balingen: Busbahnhof, 24:00 Uhr
Bautzen: Lidl, 23:00 Uhr
Berlin: Residenzstr. 54, 23:00 Uhr
Chemnitz: Hauptbahnhof, 22:00 Uhr
Dresden: Bahnhof Neustadt, 23:30 Uhr
Elmshorn: Bahnhof, 23:30 Uhr
Flensburg: Bahnhof, 22:00 Uhr
Freiburg: Hauptbahnhof, 24:00 Uhr
Friedrichshafen: Anton-Sommerstr. 17, 23:00 Uhr
Hamburg: ZOB, 24:00 Uhr
Hamburg-Harburg: Bahnhof, 24:00 Uhr
Kiel: Postbank am Karlstal, Gaarden-Ost, 23:00 Uhr + Mettenhof Familia, 23:30 Uhr
Leipzig: Hauptbahnhof / Flixbus-Bahnhof, 24:00 Uhr
Lüneburg: Bahnhof, 23:30 Uhr
Neumünster: Rendsburger Str. 45, 23:45 Uhr
Nürnberg: Forsthofstr. 36, 24:00 Uhr
Rendsburg: Paradeplatz, 22:45 Uhr
Schneeberg: 23:00 Uhr
Stuttgart: Busbahnhof Bad Cannstatt, 24:00 Uhr
Winsen (Luhe): Bahnhof, 23:00 Uhr
***
Abfahrten am 16. November
Achim: 6:30 Uhr
Aschaffenburg: Komel, 6:30 Uhr
Aurich: ZOB, 6:00 Uhr
Bad Fallingbostel: Bahnhof, 7:00 Uhr
Backnang: Bahnhof, 1:00 Uhr
Bad Kreuznach: Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Barsinghausen: Bahnhof, 6:30 Uhr
Bensheim: Bahnhof, 6:30 Uhr
Bremerhaven: Bahnhof, 6:00 Uhr
Bous (Saar): Bahnhof, 6:30 Uhr
Borken (Westf): Bahnhof, 7:00 Uhr
Böblingen: Berliner Straße 20, 71069 Maichingen, 5:00 Uhr
Braunschweig: Münchenstraße, 7:00 Uhr
Bremen: Cinemax, 7:00 Uhr
Burgdorf: Bahnhof, 6:30 Uhr
Celle: Hauptbahnhof, 6:00 Uhr
Darmstadt: Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Delmenhorst: Bahnhof, 6:00 Uhr
Dieburg: Bahnhof, 6:30 Uhr
Emmendingen: Bahnhof, 00:30 Uhr
Erbach: Bahnhof, 6:30 Uhr
Erfurt: Hauptbahnhof, 1:00 Uhr
Erlensee: Rossmann, 7:00 Uhr
Esslingen: Bahnhof, 1:00 Uhr
Frankfurt (Main): Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Friedberg (Hessen): Bahnhof, 7:00 Uhr
Fürth (Hessen): Bahnhof, 6:30 Uhr
Gelnhausen: Bahnhof, 7:30 Uhr
Gießen: Komel, 7:00 Uhr
Gifhorn: Bahnhof, 6:30 Uhr
Göttingen: Hauptbahnhof, 6:00 Uhr
Halle (Saale): Busbahnhof, 1:00 Uhr
Hameln: Bahnhof, 7:00 Uhr
Hanau: Komel, 7:30 Uhr
Hannover: ZOB, 7:00 Uhr
Hechingen: Busbahnhof, 00:15 Uhr
Heidelberg: Hauptbahnhof, 6:30 Uhr
Heilbronn: Landturmstr. 4, 8:00 Uhr
Heppenheim: Hauptbahnhof, 6:30 Uhr
Hildesheim: Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Homburg (Saar): Bahnhof, 6:30 Uhr
Karlsruhe: Durlach Bahnhof, 6:30 Uhr
Kassel: Kurt-Schumacher-Straße 5, 7:30 Uhr + Jägerstraße, 7:00 Uhr
Kaiserslautern: Bahnhof, 6:30 Uhr
Kehl: Bahnhof, 1:30 Uhr
Lahr: Lotzbeckstr. 33, 00:30 Uhr
Landau in der Pfalz: Hauptbahnhof, 6:30 Uhr
Langenhagen: CCL, 6:30 Uhr
Leer (Ostfriesland): EmsPark Leer, 6:30 Uhr
Lehrte: Burgdorfer Straße, 7:00 Uhr
Liebenau: Volksbank, 6:30 Uhr
Lohne (Oldenburg): Parkplatz auf dem Moorkamp, 6:30 Uhr
Ludwigsburg: Busbahnhof, 2:00 Uhr
Ludwigshafen: Bahnhof
Magdeburg: Busbahnhof, 6:00 Uhr
Mainz: Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Mannheim: Neuer Messplatz, 6:30 Uhr
Merzig (Saar): Bahnhof, 6:30 Uhr
Miltenberg: Bahnhof, 6:30 Uhr
Mühlacker: Bahnhof, 6:00 Uhr
München: Schwanthalerstraße 80, 2:00 Uhr
Neunkirchen (Saar): Hauptbahnhof, 6:30 Uhr
Nienburg/Weser: Bahnhof, 6:00 Uhr
Nürtingen: Bahnhof, 00:30 Uhr
Offenbach: Bahnhof, 7:00 Uhr
Offenburg: Bahnhof, 1:00 Uhr
Ofterdingen: Hechinger Str., Bäckerei Schmid, 00:30 Uhr
Oldenburg: PENNY Markt Herrenweg 173, 6:00 Uhr
Peine: Bahnhof, 6:00 Uhr
Pforzheim: Bahnhof, 6:30 Uhr
Ravensburg: Bahnhof, 1:30 Uhr
Reinheim: Bahnhof, 6:30 Uhr
Reutlingen: Busbahnhof, 1:00 Uhr
Rüsselsheim: Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Saarbrücken: Komel, 7:00 Uhr
Salzgitter: AOK-Parkplatz, 6:30 Uhr
Stolzenau: Sparkasse, 7:00 Uhr
Tübingen: Busbahnhof, 00:45 Uhr
Ulm: Busbahnhof, 1:00 Uhr
Verden (Aller): Bahnhof, 6:00 Uhr
Waiblingen: Bahnhof, 00:30 Uhr
Wiesbaden: Hauptbahnhof, 7:00 Uhr
Wolfsburg: Bahnhof, 6:30 Uhr
Wolfshagen: Pommernanlage, Gasterfeld, 7:30 Uhr
Worms: Bahnhof, 6:30 Uhr
https://anfdeutsch.com/aktuelles/appell-zur-teilnahme-an-freiheit-fur-Ocalan-demonstration-44179 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kon-med-ruft-zu-grossdemonstration-in-koln-auf-44095 https://anfdeutsch.com/aktuelles/aufruf-zur-demo-die-revolutionare-perspektive-und-Ocalan-verteidigen-44055
Kassel: Banner-Drop für Abdullah Öcalan auf dem Herkules
Mit einem Banner-Drop auf dem Herkules in Kassel haben internationalistische Jugendliche ein Zeichen für die Freiheit von Abdullah Öcalan und eine Lösung der kurdischen Frage gesetzt. Auch eine Fahne der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), deren Begründer Öcalan ist, entrollten die Jugendlichen am Sonntag am Wahrzeichen Kassels, das über dem UNESCO-Weltkulturerbe Bergpark Wilhelmshöhe thront. „Abdullah Öcalan freizulassen wäre ein erster und richtiger Schritt in Richtung Frieden und Demokratie im Mittleren Osten. Mit unserer Aktion wollen wir diese Forderung öffentlich deutlich machen“, erklärten die Jugendlichen zu den Hintergründen.
Abdullah Öcalan befindet sich seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia in die Türkei im Jahr 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali in Isolationshaft. Der seit über vier Jahren erste persönliche Kontakt zu ihm war ein Besuch durch seinen Neffen und DEM-Abgeordneten Ömer Öcalan, der ihn überraschend Ende Oktober besuchen durfte. Mit seiner Rechtsvertretung hatte Öcalan zuletzt im August 2019 Kontakt. Nach acht Jahren Unterbrechung konnte eine internationale Hungerstreikbewegung damals insgesamt fünf Anwaltsbesuche durchsetzen.
Die Isolation auf Imrali wurde seither auf das Niveau der totalen Incommunicado-Haft getrieben. Die kurdische Gesellschaft betrachtet die Abschottung Öcalans von seiner Außenwelt und die damit einhergehende Politik der Lösungsverweigerung hinsichtlich der kurdischen Frage jedoch als Hauptursache für die Abwesenheit von Demokratie in der Türkei und die auf Krieg ausgerichtete „Kurden-Politik“ des türkischen Staates. Gefordert werden seine Freilassung und Bedingungen für Öcalan, die es ihm ermöglichen, eine Rolle bei der Suche nach einer gerechten und demokratischen politischen Lösung für die kurdische Frage in der Türkei zu spielen.
Auch die internationalistischen Jugendliche, die hinter der Aktion in Kassel stecken, sehen in Abdullah Öcalan eine Schlüsselfigur für die Lösung der Kurdistan-Frage und eine friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der PKK und dem türkischen Staat. In einer Erklärung würdigten sie das von ihm entwickelte Paradigma der Frauenbefreiung und einer ökologisch-demokratischen Gesellschaft als eine „Vision mit einer Strahlkraft in die ganze Welt“, die auch von vielen Menschen in Deutschland bewundert werde. Rufe wie „Freiheit für Öcalan, Frieden in Kurdistan!“ und „Was ist der beste Friedensplan? Freilassung von Öcalan!“ begleiteten die Veranstaltung.
Aufruf zur Teilnahme an Demonstration in Köln
Die Aktion fand im Rahmen der internationalen Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage“ statt. Wohl durch den Druck der Aktivitäten in über 50 Ländern im Rahmen dieser weltweiten Initiative war das Gespräch mit Öcalan am 23. Oktober zustande gekommen. „Das ist ein Erfolg, der nicht nur zeigt, dass unser Widerstand Früchte trägt, sondern auch, dass die Freiheit von Abdullah Öcalan und Frieden im Mittleren Osten sowohl notwendig als auch realistisch sind“, kommentierten die Kasseler Jugendlichen. Sie sprachen der kurdischen Freiheitsbewegung ihre volle Solidarität aus und kündigten weitere Aktionen bis zur Freilassung von Öcalan an. Außerdem riefen sie zur Teilnahme an der europaweiten „Freiheit für Öcalan“-Demonstration am kommenden Samstag in Köln auf.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/appell-zur-teilnahme-an-freiheit-fur-Ocalan-demonstration-44179 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kon-med-ruft-zu-grossdemonstration-in-koln-auf-44095 https://anfdeutsch.com/aktuelles/aufruf-zur-demo-die-revolutionare-perspektive-und-Ocalan-verteidigen-44055
Neuer Prozess gegen Sharifeh Mohammadi beginnt am 14. November
Nach der Aufhebung des Todesurteils gegen Sharifeh Mohammadi soll der iranischen Arbeitsrechtlerin ab dem 14. November erneut der Prozess gemacht werden. Das berichtete die Initiative „Free Sharifeh Mohammadi“ am Sonntag auf dem Kurzbotschaftendienst X. Die Kampagne wiederholte ihre Forderung nach einer sofortigen und bedingungslosen Freilassung der Aktivistin.
Mohammadi war im Dezember vergangenen Jahres in Rascht im Norden des Landes festgenommen worden und ist derzeit im Lakan-Gefängnis in der Provinz Gilan am Kaspischen Meer inhaftiert. Im Juli wurde sie von einem Revolutionsgericht wegen „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“ (baghi) zum Tode verurteilt. Die Familie Mohammadis hatte daraufhin ein neues Anwaltsteam engagiert, um eine Revision zu erzwingen.
Laut Amnesty International basiert das Todesurteil gegen Mohammadi auf ihrem Einsatz für Frauen- und Arbeitnehmer:innenrechte und die Abschaffung der Todesstrafe, sowie ihrer früheren Mitgliedschaft in einer gewerkschaftsnahen Organisation. Das Gerichtsverfahren gegen die 45-Jährige bestand offenbar nur aus einer 30-minütigen Anhörung, die in keiner Weise den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprochen habe. Mohammadi sei per Videokonferenz aus dem Gefängnis zugeschaltet worden und habe sich nicht äußern dürfen. Amnesty zufolge wurde die Aktivistin zudem in Haft wiederholt gefoltert und misshandelt, um sie zu „Geständnissen“ zu zwingen.
https://anfdeutsch.com/frauen/iran-todesurteil-gegen-sharifeh-mohammadi-aufgehoben-43897 https://anfdeutsch.com/frauen/varisheh-moradi-in-iran-zum-tode-verurteilt-44223 https://anfdeutsch.com/frauen/regime-justiz-gewahrt-narges-mohammadi-klinik-aufenthalt-44063
Nürnberg: Am 16. November nach Köln!
Kerem Gök, der Ko-Vorsitzende der Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland (KON-MED), sprach am Sonntag als Gastredner auf einer Versammlung im kurdischen Gesellschaftszentrum Nürnberg. Nach einer Schweigeminute analysierte Gök die aktuelle Lage in Kurdistan und betonte die Notwendigkeit einer politischen Lösung. Diese könne nur einhergehen mit der Aufhebung der Isolation des Gründers der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Abdullah Öcalan. Der Repräsentant der kurdischen Freiheitsbewegung lebt seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali als politische Geisel des türkischen Staates. Die Menschen in Kurdistan, in der Türkei und im gesamten Nahen Osten sehnen sich nach Frieden. Aber diesen Frieden könne es nur geben, wenn Willkürherrschaft und Gewalt aufhören.
„In seiner letzten Botschaft anlässlich des Besuchs seines Neffen und Abgeordneten der DEM-Partei, Ömer Öcalan, hat Rêber Apo klar ausgedrückt, er habe „die theoretische und praktische Kraft, diese Phase von der Grundlage des Konflikts und der Gewalt auf eine rechtliche und politische Grundlage zu lenken“, betonte Gök. Jetzt sei die Zeit gekommen, laut zu werden, so der Ko-Vorsitzende von KON-MED.
Von der europaweiten Demonstration in Köln am 16. November, die die Freilassung Öcalans und eine politische Lösung für die Kurdistan-Frage einfordert, müsse ein unüberhörbares Signal ausgehen, das in der Türkei, aber auch in den Staaten Europas verstanden wird, die immer noch mit dem AKP/MHP-Regime zusammenarbeiten: „Einen Ausweg aus Willkürherrschaft, Chaos und Krieg sowie eine politische Lösung der kurdischen Frage und die Demokratisierung der gesamten Türkei kann es nur geben, wenn Abdullah Öcalan frei ist.“ Deshalb seien alle, die sich für Frieden, Freiheit und die Achtung der Menschenrechte einsetzen, eingeladen, sich an der Großdemonstration zu beteiligen.
Der Bus nach Köln fährt am 16. November vom Kurdischen Gesellschaftszentrum Nürnberg um vier Uhr ab.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/appell-zur-teilnahme-an-freiheit-fur-Ocalan-demonstration-44179 https://anfdeutsch.com/aktuelles/lasst-uns-der-ganzen-welt-in-koln-unsere-starke-zeigen-44219 https://anfdeutsch.com/aktuelles/aufruf-zur-demo-die-revolutionare-perspektive-und-Ocalan-verteidigen-44055
18-Jähriger bei Drohnenattacke in Şengal getötet
Der türkische Drohnenangriff vom Sonntag auf die ezidische Şengal-Region in Südkurdistan hat ein Todesopfer gefordert. Wie der Demokratische Autonomierat Şengals (MXDŞ) mitteilte, handelt es sich bei den Getöteten um Kerîm Hecî Şero. Der 18-Jährige wurde im südlich des Şengal-Gebirges gelegenen Dorf Til Êzêr (auch unter dem arabischen Namen al-Qahtaniyya bekannt) geboren und lebte mit seinen dem Stamm der Zendînî angehörenden Eltern in der Gemeinde Sinunê. Die Familie gehört zu den Opfern des 74. Ferman an den Ezid:innen, dem durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im August 2014 verübten Völkermord in Şengal.
Der Drohnenangriff, der Şero tötete, hatte sich kurz nach Mittag um etwa 12:50 Uhr Ortszeit ereignet. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden des MXDŞ war der junge Mann vom Distriktzentrum Şengals aus kommend auf einer Straße zur Hochebene Serdeşt unterwegs, als sein Fahrzeug von einem Drohnengeschoss getroffen wurde. Durch die Wucht der Bombardierung wurde das Auto in den Straßengraben geschleudert und ging unmittelbar in Flammen auf. Von Zeugen verständigte Feuerwehrleute bargen den Leichnam Şeros und brachten ihn zunächst in ein Krankenhaus in Sinunê. Mittlerweile liegen die sterblichen Überreste in einer Klinik in Mûsil (Mosul), wo eine Obduktion die genaue Todesursache feststellen soll.
Kerîm Hecî Şero © privat via RojNews
Der Ort, an dem sich der tödliche Drohnenangriff ereignete, befindet sich offiziell im Verwaltungsbereich der irakischen Zentralregierung. In Tatortnähe betreibt die irakische Armee sogar zwei größere Checkpoints. Der MXDŞ verurteilte den Angriff derweil als Kriegsverbrechen und forderte Bagdad zum Handeln auf, damit das „wahllose Töten“ von Ezidinnen und Eziden endlich beendet werde. Eine offizielle Erklärung der irakischen Regierung zu dem Angriff lag bis zum Abend nicht vor.
Türkischer Staatsterror gegen ezidische Bevölkerung
Şengal ist das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft und liegt im Nordwesten des Irak. Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es dort seit 2017 vermehrt zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Zivilpersonen, Einrichtungen des Verwaltungsgremiums MXDŞ oder die nach dem IS-Überfall von 2014 aufgebauten Selbstverteidigungsstrukturen. Bei den Todesopfern handelt es sich häufig um Überlebende des IS-Genozids. Die türkische Führung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen „PKK-Stellungen“ vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe. Erst am 24. und 25. Oktober waren bei türkischen Luftangriffen sechs Kämpfer der Verteidigungskräfte YBŞ mit Kampfjets und Drohnen ermordet worden, vier weitere wurden verletzt. Neben Stellungen der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) waren auch Wohnhäuser, heilige Stätten und Wassertanks der Bevölkerung gezielt bombardiert worden. Die internationale Gemeinschaft ignoriert den Terror der Türkei gegen die ezidische Bevölkerung.
https://anfdeutsch.com/kurdistan/drohnenangriff-auf-fahrzeug-in-Sengal-44221 https://anfdeutsch.com/aktuelles/ezidische-frauenbewegung-stoppt-den-volkermord-44085 https://anfdeutsch.com/kurdistan/sechs-ybS-kampfer-in-Sengal-gefallen-44035
Varisheh Moradi in Iran zum Tode verurteilt
Die kurdische Aktivistin Varisheh Moradi ist im Iran zur Hinrichtung verurteilt worden. Wie die Kampagne „No to Execution, Yes to Free Life!“ mitteilt, wurde ihre Verteidigung am Sonntag über das Urteil informiert. Demnach hat ein Revolutionsgericht in Teheran die 38-Jährige wegen „bewaffneten Aufstands gegen den Staat“ für schuldig gesprochen. Verantwortlich für das Urteil sei der sogenannte „Richter des Todes“ Abolqasem Salavati, Leiter der Abteilung 15 der islamischen Revolutionsgerichte in Irans Hauptstadt und bekannt für seine exzessiven Todesurteile gegen Oppositionelle.
Varisheh Moradi (andere Schreibweise Varishe oder Warisheh), auch bekannt als Ciwana Sine, war am 1. August 2023 im Zuge einer Polizeikontrolle in der Nähe ihrer Geburtsstadt Sine (Sanandadsch) festgenommen und zunächst Opfer eines gewaltsamen Verschwindenlassens geworden. Die Kurdin ist Mitglied der „Gemeinschaft der freien Frauen von Rojhilat“ (KJAR), dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung in Ostkurdistan und Iran, und engagierte sich für frauenpolitische und feministische Themen. Irans Regime-Justiz sieht in der KJAR eine „separatistische Terrororganisation“, weil sie Teil der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) ist. Die PJAK leistet Widerstand gegen die Unterdrückung und Diskriminierung des kurdischen Volkes und sich für Frauenbefreiung, Autonomie und Demokratie in Iran ein.
Brutal gefoltert, misshandelt und verhört
Nach Varisheh Moradis Verschleppung war ihr Aufenthaltsort monatelang unklar. Erst durch Recherchen der in Frankreich ansässigen Menschenrechtsorganisation Kurdistan Human Rights Network (KHRN) wurde bekannt, dass die Aktivistin nach ihrer Festnahme zunächst wochenlang vom iranischen Geheimdienst in Sine brutal gefoltert, misshandelt und verhört worden war, bis sie Ende August vergangenen Jahres nach Teheran überführt wurde. Dort hielt man sie über Monate im berüchtigten Hochsicherheitstrakt 209 des Evin-Gefängnisses fest – ebenfalls unter Folter und Misshandlungen, mit dem Ziel, sie zu brechen oder ein Geständnis von ihr zu erzwingen. Seit Anfang Januar befindet sich Moradi in der Frauenabteilung der Haftanstalt. Zugang zu einem Rechtsbeistand wird ihr die meiste Zeit verwehrt. Das KHRN und andere Menschenrechtsgruppen bezeichneten den Prozess gegen die Aktivistin als grob unfair. Er dauerte nur wenige Minuten; Moradi durfte sich nicht verteidigen und ihre Anwälte erhielten keinen Zugang zu den Akten.
Im Hungerstreik gegen Todesstrafe
Im Oktober hatte Varisheh Moradi einen fast drei Wochen andauernden Hungerstreik durchgeführt, um gegen die unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen des iranischen Regimes und die Todesstrafe zu protestieren. Erst nach zahlreichen Appellen der KJAR sowie NGOs und Bürgerrechtsaktivist:innen, Frauenrechtler:innen und weiteren Menschenrechtsverteidiger:innen hatte sie die Aktion beendet. Während des Hungerstreiks war der Zustand der 38-Jährigen aufgrund ihrer ohnehin schlechten gesundheitlichen Verfassung und in Haft erlittener Folter zeitweise lebensbedrohlich – laut der KJAR hätte sie sogar jederzeit kollabieren, ins Koma fallen oder sterben können. Ihre Anwälte haben angekündigt, gegen das Todesurteil gegen Varisheh Moradi vorzugehen und eine Revision zu erzwingen.
https://anfdeutsch.com/frauen/varisheh-moradi-beendet-hungerstreik-44082 https://anfdeutsch.com/frauen/prozessauftakt-gegen-varisheh-moradi-erneut-verschoben-43421 https://anfdeutsch.com/frauen/staatsanwaltschaft-erweitert-anklage-gegen-varishe-moradi-40946 https://anfdeutsch.com/frauen/solidaritat-mit-varisheh-moradi-in-berlin-44116 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kampagne-warnt-vor-hinrichtung-kurdischer-gefangener-im-iran-43944
PACE-Berichterstatter will Abdullah Öcalan besuchen
Der Türkei-Berichterstatter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE), Stefan Schennach, hat die Isolationshaft in türkischen Gefängnissen mit Folter gleichgesetzt und angekündigt, den in politischer Geiselhaft gehaltenen PKK-Begründer Abdullah Öcalan besuchen zu wollen.
Schennachs Erklärung folgt auf seine Inspektion türkischer Gefängnisse im vergangenen Juni, bei der zahlreiche Rechtsverletzungen festgestellt wurden, darunter die Incommunicado-Haft, der Öcalan im Hochsicherheitsgefängnis auf der Gefängnisinsel Imrali unterliegt.
„Isolationshaft in Gefängnissen verstößt gegen die Menschenrechte und ist mit Folter gleichzusetzen. Ich werde einen Antrag stellen, Abdullah Öcalan zu besuchen“, sagte Schennach in einem Interview mit Berivan Kutlu von der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) am Sonntag.
Der österreichische SPÖ-Politiker will im Januar weitere Gefängnisinspektionen in der Türkei durchführen, um seine Überwachungsarbeit effektiv fortzusetzen. Schennach kritisierte auch die jüngste Einsetzung von Zwangsverwaltern in kurdischen Gemeinden, die bisher von der Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie (DEM) regiert wurden. „Gewählte Bürgermeister sind gewählte Bürgermeister. Die Regierung kann nicht willkürlich mit dem Willen des Volkes umgehen, sie muss die Demokratie respektieren“, erklärte Schennach mit Blick auf die Absetzung der gewählten Bürgermeister:innen in Mêrdîn (tr. Mardin), Êlih (Batman) und Xelfetî (Halfeti).
Schennach betonte, dass er sich weiterhin dafür einsetzt, dass die Türkei die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) einhält. „Ich habe bei all meinen Treffen mit der Regierung und den Parteien auf die Umsetzung der EGMR-Entscheidungen gedrängt und werde dies auch weiterhin tun“, sagte er.
Seit 1999 inhaftiert
Abdullah Öcalan befindet sich seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia in die Türkei im Jahr 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali in Isolationshaft. Der letzte Kontakt zu ihm war ein Besuch durch seinen Neffen Ömer Öcalan. Der 37-Jährige, der Abgeordneter der DEM-Partei im türkischen Parlament ist, durfte seinen Onkel überraschend im Oktober besuchen. Mit seiner Rechtsvertretung hatte Öcalan allerdings zuletzt im August 2019 Kontakt. Nach acht Jahren Unterbrechung waren mit einem von der inzwischen wieder inhaftierten Politikerin Leyla Güven angeführten Hungerstreik insgesamt fünf Anwaltsbesuche durchgesetzt worden. Die Isolation im Imrali-Gefängnis wurde seither auf das Niveau der totalen Incommunicado-Haft getrieben.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/pace-berichterstatter-fordert-freilassung-von-demirtas-und-kavala-42605 https://anfdeutsch.com/aktuelles/dem-partei-positioniert-sich-zu-friedensverhandlungen-44218
Türkischer Drohnenangriff auf Fahrzeug in Şengal
In der ezidischen Şengal-Region in Südkurdistan ist ein Fahrzeug von einer Kampfdrohne des türkischen Staates bombardiert worden. Der Wagen wurde am Sonntag um etwa 12:50 Uhr Ortszeit auf einer Straße an den Ausläufern des Şengal-Massivs von der Killermaschine erfasst. Durch die Wucht der Bombardierung wurde das Auto in den Straßengraben geschleudert und ging unmittelbar in Flammen auf, berichtete die Nachrichtenagentur RojNews. Auf Aufnahmen ist ein von Feuerwehrleuten gelöschtes ausgebranntes Autowrack zu sehen. Es werden Opfer befürchtet. Eine Bestätigung der Selbstverwaltungsbehörden gab es dafür zunächst nicht.
Ein Reporter der Nachrichtenagentur RojNews berichtete vom Tatort, dass bislang noch unklar sei, wie viele Personen sich in dem Fahrzeug befanden und ob es sich um Zivilist:innen oder möglicherweise um Angehörige der ezidischen Verteidigungsstrukturen handelte. Sicherheitskräfte seien vor Ort eingetroffen und untersuchen die Angriffsstelle.
Şengal ist das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft und liegt im Nordwesten des Irak. Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es dort seit 2017 vermehrt zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Einrichtungen des Verwaltungsgremiums „Demokratischer Autonomierat Şengals“ (MXDŞ) oder die Selbstverteidigungseinheiten. Bei den Todesopfern handelt es sich meist um Menschen aus der Zivilbevölkerung, oft waren sie Überlebende des IS-Genozids von 2014.
Die türkische Führung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen „PKK-Stellungen“ vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe.
Erst am am 24. und 25. Oktober waren bei türkischen Luftangriffen sechs Kämpfer der Verteidigungskräfte YBŞ mit Kampfjets und Drohnen ermordet worden, vier weitere wurden verletzt. Neben Stellungen der nach dem Völkermord an der ezidischen Gemeinschaft gegründeten Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) waren auch Wohnhäuser, heilige Stätten und Wassertanks der Bevölkerung gezielt bombardiert worden. Die internationale Gemeinschaft ignoriert den Terror der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/ezidische-frauenbewegung-stoppt-den-volkermord-44085 https://anfdeutsch.com/kurdistan/gedenkfeier-fur-ybS-gefallene-in-Sengal-44137 https://anfdeutsch.com/aktuelles/bundestag-beschliesst-anerkennung-des-genozids-an-der-ezidischen-gemeinschaft-35955
Frauenleiche in Camp Hol entdeckt
Die am 6. November von den Sicherheitskräften (Asayîş), den Frauenverteidigungseinheiten YPJ und den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) in und um das Internierungslager Hol gestartete Operation „Enduring Security“ gegen Zellen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) geht weiter. Innerhalb von vier Tagen wurden siebzig Verdächtige gefasst und mehrere Waffenlager ausgehoben. In dem Bereich „Muhadschirat“, in dem fanatische Islamistinnen untergebracht sind, ist die Leiche einer offenbar zu Tode gefolterten Frau entdeckt worden. Die Identität der Frau konnte noch nicht geklärt werden. Bei der Durchsuchung des Lagers sind außerdem Propagandamaterial für die islamistische Indoktrinierung von Kindern und Mobiltelefone sichergestellt worden.
Ekin Zagros, die der Antiterroreinheit YAT angehört, erklärte gegenüber JINHA, dass die Welt sich der von Camp Hol ausgehenden Gefahr bewusst sein müsse: „Es wird nicht geglaubt, dass ein Lager für Frauen und Kinder eine derartige Bedrohung sein kann, aber es ist tatsächlich so. Die Kinder sind einer extremistischen religiösen Erziehung ausgesetzt. Bei der Operation wurden Foltergeräte beschlagnahmt. Im Lager sind Tunnelanlagen errichtet worden, vor ein paar Minuten wurde eine Familie in einem Tunnel entdeckt. Diese Frauen träumen immer noch von einem Leben im IS-Kalifat und drohen uns, dass sie uns eines Tages köpfen werden.“
Foto und Video © JINHA
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/operation-gegen-den-is-in-camp-hol-und-umgebung-44173 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/enduring-security-fast-funfzig-is-verdachtige-festgenommen-44198 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/40-is-zellenmitglieder-in-al-hol-gefasst-44180
„Lasst uns der ganzen Welt in Köln unsere Stärke zeigen“
Am 16. November findet in Köln eine Demonstration für die Freiheit von Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage statt. Auftakt ist um 11 Uhr an der Deutzer Werft, es werden Teilnehmende aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland erwartet. Zu der Demonstration rufen Dutzende kurdische und internationalistische Organisationen auf.
Im Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrum Köln werden Transparente, Schilder, Fahnen, Flugblätter und Informationsmaterialien für die Demonstration vorbereitet. An den Vorbereitungen beteiligt sich auch der kurdische Musiker Hozan Comerd.
Hozan Comerd rief zur Teilnahme an der Demonstration auf und sagte: „Ich appelliere an unser Volk in Europa: Wir alle wissen, dass seit vierzig Jahren jeder Tag gleich ist. Jeder unserer Tage basiert auf dem mit großer Selbstlosigkeit und einem unvergleichbaren Einsatz geführten Kampf des kurdischen Volkes. Die feindliche Haltung uns gegenüber ist seit hundert Jahren unverändert. Lasst uns am 16. November ein weiteres Mal der ganzen Welt in Köln unsere Stärke zeigen und unsere Werte und unsere Freiheit verteidigen.“
Für einen gerechten Frieden: Freiheit für Abdullah Öcalan jetzt!
In dem Aufruf „Für eine politische Lösung der kurdischen Frage – Für einen gerechten Frieden: Freiheit für Abdullah Öcalan jetzt!“ erklärt ein Bündnis kurdischer Vereine in Deutschland:
Die Situation auf der Gefängnisinsel Imrali ist ein Spiegelbild der politischen Atmosphäre in der gesamten Türkei. Seit fast 26 Jahren ist der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan, Gründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und Ideengeber des Demokratischen Konföderalismus, auf Imrali inhaftiert. In den letzten neun Jahren befand er sich fast ununterbrochen in totaler Isolation. Nach 43 Monaten völliger Kontaktsperre konnte ihn zuletzt am 23. Oktober sein Neffe und DEM-Abgeordneter Ömer Öcalan auf Imrali besuchen. Dieser Besuch weckte in der Gesellschaft vorsichtige Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Kriegspolitik in Kurdistan.
Denn zeitgleich mit der Verschärfung der Isolation auf Imrali begann in den letzten neun Jahren ein brutaler Krieg in Kurdistan. Die türkische Regierung unter der AKP beendete 2015 zunächst einseitig einen Dialogprozess mit Abdullah Öcalan, um dann die Waffen sprechen zu lassen. Während innerhalb der türkischen Grenzen der Umgang mit der Opposition, insbesondere mit kurdischen Politikern, zunehmend autoritäre Züge annahm, setzte die Regierung Erdoğan in Südkurdistan (Nordirak) und Rojava (Nordsyrien) auf eine umfassende völkerrechtswidrige Kriegspolitik.
Die jüngsten politischen Entwicklungen in der Türkei machen deutlich, dass sich die türkische Regierung mit diesem Kurs in eine Sackgasse manövriert hat. Nach neun Jahren Krieg, Isolation, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und unermesslichem gesellschaftlichen Leid zeigt sich einmal mehr, dass dieser Konflikt nur durch Dialog und Friedensverhandlungen gelöst werden kann. Für die kurdische Bevölkerung ist und bleibt Abdullah Öcalan dafür der legitime Ansprechpartner. Er hat beim jüngsten Besuch seines Neffen seinen Friedenswillen unterstrichen. Um diese Rolle ausfüllen zu können, muss er jedoch zunächst freigelassen werden. Erst dann sind Verhandlungen über einen gerechten Frieden auf Augenhöhe möglich.
Wir sind davon überzeugt, dass wir gerade jetzt die Chance haben, den gesellschaftlichen Druck für einen gerechten Frieden in Kurdistan zu erhöhen. Ein Ende der Isolation auf Imrali und die Freilassung von Abdullah Öcalan werden den Weg zu einem solchen Frieden ebnen. Deshalb rufen wir dazu auf, diesen Friedensappell zu unterzeichnen und im Rahmen der weltweiten Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan - Eine politische Lösung der kurdischen Frage“ an der Großdemonstration am 16. November in Köln teilzunehmen.
https://anfdeutsch.com/aktuelles/mobilisierung-zur-demonstration-in-koln-44217 https://anfdeutsch.com/aktuelles/aufruf-zur-demo-die-revolutionare-perspektive-und-Ocalan-verteidigen-44055 https://anfdeutsch.com/aktuelles/koln-vorbereitungen-fur-grosskundgebung-laufen-auf-hochtouren-44194 https://anfdeutsch.com/aktuelles/pyd-deutschland-mobilisiert-fur-demonstration-in-koln-44134
DEM-Partei positioniert sich zu Friedensverhandlungen
Der Vorstand der DEM-Partei hat nach einer Dringlichkeitssitzung am Samstag eine Erklärung abgegeben, in der er eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage, ein Ende der Isolation von Abdullah Öcalan und eine dringende Abkehr von der Politik der Zwangsverwaltung forderte. Die Erklärung erfolgte in einer Zeit eskalierender Entwicklungen, darunter die Ernennung von Treuhändern anstelle der gewählten Bürgermeister:innen in mehrheitlich kurdischen Gemeinden in der Türkei, verstärkten Angriffen der türkischen Armee in Nordsyrien und Nordirak und Äußerungen des Vorsitzenden der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Devlet Bahçeli, der einen bedingten Dialog über die kurdische Frage vorschlug.
Kurdische Frage im aktuellen Kontext
Die DEM-Partei betonte in der Mitteilung, dass das drängendste Problem der Türkei nach wie vor die ungelöste kurdische Frage sei, die auch regionale und internationale Dimensionen aufweise. Eine friedliche Lösung sei für die demokratische Zukunft des Landes unerlässlich und könne im aktuellen globalen und nahöstlichen Kontext nicht ignoriert werden. „Wie ausgetrocknete Erde sich nach Wasser sehnt, sehnt sich unser Land nach sozialem Frieden“, erklärte die Partei und unterstrich die Dringlichkeit einer Lösung, die alle gesellschaftlichen Gruppen einbezieht.
Rolle von Abdullah Öcalan
Der DEM-Vorstand hob hervor, wie wichtig es sei, die Isolation von Abdullah Öcalan zu beenden, und wies darauf hin, dass seine Beteiligung für einen dauerhaften Frieden von entscheidender Bedeutung sei. Unter Berufung auf den jüngsten Besuch von Öcalans Neffen und DEM-Abgeordneten Ömer Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali bekräftigte der Parteivorstand seine Forderung, dass der PKK-Begründer in jedem Friedensprozess ein Verhandlungspartner sein müsse. „Öcalans Rolle ist für einen dauerhaften Frieden und eine demokratische Lösung von grundlegender Bedeutung“, heißt es in der Erklärung. Die Beendigung seiner Isolation sei notwendig, um „die Hoffnung auf gesellschaftlichen Frieden zu stärken und einer demokratischen Lösung Substanz zu verleihen“.
Zwangsverwaltung in Kurdistan
Die DEM-Partei kritisierte die Ernennung von Treuhändern durch die türkische Regierung als ungesetzlichen Eingriff der Zentralmacht in die Kommunalverwaltung und forderte die Beendigung dieser seit acht Jahren andauernden Praxis. In der Erklärung wurde argumentiert, dass die Ersetzung gewählter Bürgermeister:innen durch staatlich ernannte Zwangsverwalter das Vertrauen der Bevölkerung in demokratische Grundrechte untergräbt und das aktive und passive Wahlrecht aushebelt.
Demokratisierung der Türkei
Der richtige Ort für einen Dialog und Verhandlungen über eine Lösung sei das Parlament, wurde in der Erklärung betont. Die DEM-Partei bekräftige ihr Engagement für eine aktive und konstruktive Rolle im Friedensprozess und forderte Rechts- und Verfassungsreformen zum Schutz der kulturellen und identitätsbezogenen Rechte aller Bürgerinnen und Bürger:
„Es ist von größter Bedeutung, das Wort zu ergreifen und den Willen zur Lösung der kurdischen Frage zu bekunden. In diesem Zusammenhang legen wir Wert auf die jüngsten Erklärungen des Regierungsbündnisses zu diesem Thema. Auch die verantwortungsvollen Äußerungen und Haltungen der politischen und gesellschaftlichen Opposition zu diesem Thema sind wichtig. Denn die kurdische Frage ist ein zentrales Thema, das alle Bereiche der Politik und Gesellschaft betrifft. Die Lösung der kurdischen Frage ist zu wichtig, als dass sie zum Material einer engstirnigen und aktuellen Politik gemacht werden darf. Deshalb ist es unerlässlich, nicht mit den demokratischen Bestrebungen des kurdischen Volkes zu spielen und die Forderungen der Gesellschaft nach einer demokratischen Lösung und Frieden nicht kleinen Berechnungen und Interessen zu opfern. Wer eine Rolle bei einer demokratischen Lösung spielen will, muss eine der Ernsthaftigkeit des Themas entsprechende Haltung einnehmen und konkrete Vorschläge unterbreiten. Die Forderung des kurdischen Volkes nach Rechten und Freiheiten sollte nicht als Wunsch nach Abspaltung verstanden werden, sondern als Teil der Demokratisierung der Türkei und des Ziels eines gemeinsamen und gleichberechtigten Lebens.“
Lösungsmodell für den Nahen Osten
Abschließend appellierte die DEM-Partei an alle demokratischen Kräfte in der Türkei, sich in einem gemeinsamen Kampf für Frieden zu vereinen. Sie forderte die Regierung auf, konkrete Schritte in Richtung einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage zu unternehmen. Das sei nicht nur für die Stabilität der Türkei entscheidend, sondern auch als potenzielles Modell für den Frieden im gesamten Nahen Osten.
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Mobilisierung zur Demonstration in Köln
Im kurdischen Gesellschaftszentrum in Dresden hat eine Versammlung im Rahmen der Kampagne für die Freiheit von Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage stattgefunden. Als Redner:innen waren die Exilpolitiker:innen Dilek Öcalan und Nejdet Atalay eingeladen. Zentrales Thema war die Mobilisierung für die europaweite Demonstration am 16. November in Köln.
Die ehemalige HDP-Abgeordnete Dilek Öcalan sprach in ihrem Redebeitrag über den Hintergrund der Inhaftierung von Abdullah Öcalan und sagte, der kurdische Vordenker habe mit seinem Konzept der demokratischen Moderne eine Alternative zur kapitalistischen Moderne und dem Nationalstaatsmodell vorgelegt. „Er hat uns einen dritten Weg vorgeschlagen, und wir müssen in diesem Zusammenhang unsere eigene Rolle und Mission erkennen und uns bei allen Aktivitäten fragen, inwieweit wir selbst Lösungen entwerfen und umsetzen. Wir müssen eine aktive Rolle spielen und unserer Verantwortung gerecht werden“, betonte Dilek Öcalan. Dazu gehöre auch die Teilnahme an der Demonstration in Köln und eine breite Mobilisierung: „Als in Europa lebende Kurdinnen und Kurden sind wir alle dafür verantwortlich, am 16. November ein eindeutiges Zeichen zu setzen.“
Nejdet Atalay, der früher Oberbürgermeister von Êlih (tr. Batman) war und nach wiederholten Inhaftierungen in der Türkei heute im Exil lebt, ging in seinem Beitrag ebenfalls auf die Bedeutung der Demonstration in Köln ein und sagte: „Wir durchleben eine Zeit, in der wir zusammenhalten und uns gegenseitig unterstützen müssen.“ Das kurdische Volk verfüge über zwei grundlegende Waffen zur Verteidigung seiner Existenz, die eine sei die Guerilla, die andere die gesellschaftliche Dynamik, „also wir selbst. Wir erleben einen historischen Umbruch und in dieser Zeit hat unsere Einheit, unsere Solidarität und unser Bündnis einen besonderen Wert“.
Weiter erklärte Atalay: „Manche mögen sich fragen, ob unsere Demonstrationen, Versammlungen und Aktivitäten etwas nützen. Auch wenn unsere Aktionen nicht den Verlauf des Lebens ändern, halten sie die gesellschaftliche Dynamik kontinuierlich lebendig. Wir verändern etwas, wenn wir an dem festhalten, was richtig ist. Es entsteht eine Synergie, die sich auch auf unsere in Kurdistan und in den Gefängnissen kämpfende Genossinnen und Genossen überträgt und ihnen Kraft gibt.“
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