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Aktualisiert: vor 1 Stunde 18 Minuten

Bagdad gibt Teile seiner Souveränität an Ankara ab

20. August 2024 - 11:00

Die militärische Dimension des Projekts der „Entwicklungsstraße“ zwischen der Türkei zum Irak wird immer deutlicher. Auf der Grundlage des gemeinsamen Kampfes an mehreren Fronten gegen die kurdische Freiheitsbewegung entwickeln die beiden Staaten ihre Zusammenarbeit. Zuletzt wurde zwischen Bagdad und Ankara ein „Memorandum of Understanding“ geschlossen, durch das der Weg für die Entsendung türkischer Truppen nach Bagdad geebnet wird. Unter diesem offiziellen Deckmantel werden die Vertreibungen, Dorfzerstörungen und Militäroperationen in Südkurdistan legitimiert. Der irakische Außenminister Fuad Hussein (PDK) sprach von einem neuen Prozess, in den der Irak eingetreten sei. Die südkurdische PDK ist eine Fortsatz des Regimes in Ankara.

Vom gemeinsamen Operationszentrum zum gemeinsamen Kommando

Zuvor war bereits ein gemeinsames Operationszentrum gegen die kurdische Freiheitsbewegung geplant worden. Die neuen Abkommen zwischen den beiden Regierungen heben diese Kooperation aber auf ein neues Niveau. In Bashiqa und Bagdad werden nun zwei gemeinsame Operationszentren eingerichtet. Gemäß Artikel 4 des Abkommens wird die türkische Armee dem gemeinsamen Einsatzkommando unterstellt und in der irakischen Hauptstadt stationiert, wo ein gemeinsames Sicherheitszentrum eingerichtet wird.

Annexionspolitik soll völkerrechtlicher Deckmantel gegeben werden

Auch die Einrichtung eines Militärkomitees in Artikel 5 des Abkommens und der Austausch nachrichtendienstlicher Informationen zwischen den Vertragsparteien in Artikel 6 offenbaren die Tragweite der Annexionspolitik Ankaras. Mit diesen Artikeln wird versucht, die monatelange militärische Stationierung der türkischen Armee in Südkurdistan, die Errichtung neuer Stützpunkte, die Vertreibung und Zerstörung von Dörfern und die Ausplünderung der Region mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen.

Gemeinsames Operationszentrum“ als Fortsatz des türkischen Imperialismus

Die personelle Zusammensetzung des mit der Umsetzung des Abkommens beauftragten gemeinsamen Operationszentrums spricht Bände. Mitglieder des Operationszentrums sind der berüchtigte ehemalige Geheimdienstchef und heutige türkische Außenminister Hakan Fidan, der aktuelle MIT-Chef Ibrahim Kalın, der irakische Außenminister Fuad Hussein (PDK), der Innenminister der Region Kurdistan Rêber Ehmed, der irakischen Verteidigungsminister Sabit Abbasi, der irakischen Berater für nationale Sicherheit Qasim al-Araji und dem stellvertretenden Leiter des Nachrichtendienstes Waqqas Muhammad Hussein al-Hadithi. Nicht nur die türkische Delegation vertritt klar türkische Interessen. Auch der irakische Außenminister Fuad Hussein ist eine Marionette Ankaras, denn seine Partei, die PDK, hält nur von Gnaden Ankaras in Südkurdistan ihr korruptes Regime aufrecht. Al-Araji war Gegenstand eines Skandals. Sie habe 300 Millionen Dollar vom Regime in Ankara erhalten, damit er dessen Interessen im Irak stärke. Der Innenminister der Region Kurdistan, Rêber Ehmed, ist ebenfalls Mitglied der PDK und damit der Türkei zur Loyalität verpflichtet. Insofern kann von einem Gleichgewicht irakischer und türkischer Interessen in diesem „gemeinsamen Operationszentrum“, wo unter anderem auch vor kurzem das Verbot ezidischer und kurdischer Parteien beschlossen wurde, keine Rede sein.

Bashiqa wird legalisiert

Mit dem Abkommen wird nun auch die völkerrechtswidrige türkische Militärpräsenz in Bashiqa bei Mosul legalisiert. Das „gemeinsame Operationszentrum“ wird als eine Institution dargestellt, die vom Irak dominiert wird und so werde die Basis dem Irak „übergeben“. Die Tatsache, dass Gebiete, die dem Irak gehört, „an den Irak übergeben“ werden, sollte an sich schon aufhorchen lassen. Darüber hinaus wurde mit dieser Formulierung die Verantwortung für den Stützpunkt Bashiqa, der von Zeit zu Zeit von schiitischen Kräften angegriffen wird, auf Bagdad abgewälzt.

Parallel dazu bereiten Sender wie Habertürk und CNN-Türk durch Analysen und Meldungen einer Ausweitung der türkischen Präsenz im Irak den Boden. Es ist klar, dass die türkischen Truppen alles andere tun werden, als Bashiqa zu verlassen. Dieses Modell wird als eine Blaupause für die besetzten Gebiete in Rojava und Syrien diskutiert.

Türkisches Militär marschiert in Bagdad ein

Als Gegenleistung für die de facto Hoheitsabtretung durch Bagdad sagte Ankara eine Ausweitung der energie- und wirtschaftspolitischen mit Bagdad zu. Allerdings um den Preis einer baldigen Entsendung türkischer Truppen nach Bagdad. Diese Truppen sollen ebenfalls dem „gemeinsamen Kommando“ unterstehen, de facto aber unter der Kontrolle des türkischen Außenministers Hakan Fidan stehen.

Sudani-Regierung ist nun offizieller Teil der Besatzungspläne

Die Sadani-Regierung, die sich zuvor die Beziehungen zu Ankara immer dementiert hatte und behauptete, sie sei an deren Plänen nicht beteiligt, hat mit dem Gipfel in Ankara ihre Beziehungen zur Regierung Erdoğan formalisiert. Mit dem aktuellen „Memorandum of Understanding“ gibt es nun keinen Raum mehr für Interpretationen. Der Irak tritt in eine kritische Phase ein.

Die PDK als Wurmfortsatz von Ankara

Unmittelbar nach dem Abkommen trat der irakische Außenminister Fuad Hussein von der PDK gemeinsam mit dem antikurdischen Kriegsverbrecher und türkischen Außenminister Fidan vor die Kameras und machte sich zum offiziellen Gesicht der Aufgabe von Souveränität durch den Irak. Während Hussein mit einer „würdevollen Haltung“ erklärte, was für einen „Dienst“ man damit Südkurdistan und Irak erwiesen habe, blieb nicht verborgen, dass die mit großen Opfern in Südkurdistan errungenen kurdischen Institutionen und die Autonomie Scheibchen für Scheibchen an die Türkei abgegeben werden.

Seit den ersten Monaten des Jahres hat die PDK sowohl regional als auch international Lobbyarbeit für die türkische Besatzung betrieben; diese Lobbyarbeit reichte von ihrem Führer Mesûd Barzanî bis zu Außenminister Hussein. Man könnte sagen, dass die Türkei die irakische Regierung mithilfe der PDK unterwandert hat.

Kaum politische Opposition gegen Aufgabe der Souveränität

Nun ist der Irak durch seine starken schiitischen Kräfte auch ein wichtiger Interessenraum iranischer Politik. Ein schiitischer Block von Teheran über Bagdad, Damaskus und Libanon sollte die Einflusssphäre Teherans stärken. Gruppen wie die Huthi, aber auch die Hisbollah oder die Haschd al-Schabi waren dabei immer die Akteure im Feld. Allerdings liefern sich Iran und Türkei hier einen Konkurrenzkampf. Dieser zeigt sich in der gemeinsamen Unterstützung der Hamas ebenso wie traditionell im Kampf um die Hegemonie im Irak zwischen Türkei und Iran. Angesichts des aktuellen Expansionismus der Türkei im Irak zeigen sich der Iran und seine schiitischen Verbündeten erstaunlich passiv. Welche politischen Interessen und Machtbalancen dahinterstecken, bleibt zu analysieren. Möglicherweise hat der Iran seine politischen Ambitionen im Jemen, in Palästina, Israel, im Libanon, Syrien und im Irak überdehnt. Unabhängig vom Iran lässt das Verhalten der Opposition im Irak mehr als zu wünschen übrig. Insofern mehrt sich in der Bevölkerung der Unmut über die politischen Eliten und ihre Unterwerfung unter den türkischen Imperialismus und insbesondere in der irakischen Hauptstadt wächst die Anspannung.

https://anfdeutsch.com/hintergrund/turkisch-irakische-kooperation-es-geht-um-mehr-als-die-pkk-43293 https://anfdeutsch.com/aktuelles/ankara-und-bagdad-unterzeichnen-militarisches-memorandum-43264 https://anfdeutsch.com/kurdistan/irakische-justiz-verbietet-kurdische-und-ezidische-parteien-43158 https://anfdeutsch.com/aktuelles/ankara-und-bagdad-unterzeichnen-mehrere-abkommen-41903 https://anfdeutsch.com/hintergrund/die-pdk-bildet-das-zentrum-des-angriffsplans-41468 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kck-der-irak-wird-bedroht-und-erpresst-41394

 

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Weiterer indischer Arbeiter stirbt auf Europas Plantagen

20. August 2024 - 9:00

Europa hat seine Kolonien ins Innere verlegt. Um Discounterpreise für Gemüse und Obst zu halten, werden diese Lebensmittel in Ländern wie Italien und Spanien unter grausamen, an Sklaverei erinnernde Arbeitsbedingungen produziert. Diese Arbeitsbedingungen kosten Leben. Nach Angaben der Polizei von Latina bei Rom hat es einen neuen Todesfall gegeben. Der 54-jährige Plantagenarbeiter Dalvir Singh erlag am Freitag einem Herzinfarkt, nachdem er mehrere Stunden bei Temperaturen um die 40 Grad arbeiten musste.

Erinnerung an Satnam Shingh

Der Fall ruft Erinnerungen an den grausamen Tod von Satnam Singh vor etwa einem Monat wach. Satnam Singh war beim Arbeiten auf einem Melonenfeld in eine Verpackungsmaschine geraten, die ihm den Arm abgerissen hatte. Der Plantagenbetreiber warf den Arm in einen Pappkarton, packte Singh und legte ihn vor seiner Haustür ab, wo dieser verblutete. Der Plantagenbesitzer und sein Aufseher befinden sich mittlerweile unter Mordverdacht in Haft.

Sklavenarbeiter in Norditalien

Mitte Juli konnte die Polizei in Norditalien 33 Sklavenarbeiter in der norditalienischen Provinz Verona befreien. Statt wie versprochen eine Arbeit und ein besseres Leben zu erhalten, waren die 33 indischen Staatsbürger von den Plantagenbesitzern in baufälligen Wohnungen eingesperrt worden und mussten für einen Hungerlohn sieben Tage die Woche, zehn bis zwölf Stunden täglich, härteste Arbeit zu einem Stundenlohn von vier Euro verrichten. Auch ihre Pässe waren bei ihrer Ankunft in Italien beschlagnahmt worden. Der „Lohn“ wurde zum größten Teil von den Plantagenbesitzern unter dem Vorwand, diese hätten Schulden bei ihnen, einbehalten. Bei der Razzia wurde bei den Betreibern der Plantage Beträge von einer halben Million Dollar sichergestellt. Die 33 Männer hatten jeweils 17.000 Euro als Gegenleistung für eine saisonale Arbeitserlaubnis und eine Arbeit gezahlt. „Jeden Morgen stiegen die Arbeiter in mit Planen abgedeckte Fahrzeuge, in denen sie sich zwischen Gemüsekisten versteckten, bis sie zur Arbeit nach Verona fuhren“, berichtete die italienische Polizei.

Kein italienisches Phänomen

Dass solche brutalen Ausbeutungsformen nicht auf den europäischen Süden beschränkt sind, zeigen die Zustände in der deutschen Fleischindustrie. Erinnert sei hier an den Tönnies-Skandal 2020, dort wurden ebenfalls Arbeiter:innen, vorwiegend aus Osteuropa, in einem perfiden System von Subunternehmen zu zwölf Stundenschichten zu einem Hungerlohn gezwungen. Ein massiver Corona-Ausbruch ließ die Bedingungen ans Licht kommen. Die Arbeiter mussten in Sechs-Bettzimmern zu jeweils 200–300 Euro pro Bett leben. Gleichzeitig wurden sie massiv um ihren Lohn betrogen. Im Anschluss an den Skandal wurden Werkverträge in der Fleischindustrie verboten. Doch noch immer klagen Arbeiter:innen bei Tönnies, dass sich real kaum etwas an ihren Bedingungen verändert habe.

Moderne Sklaverei in der Landwirtschaft ist Ausdruck der kapitalistische Moderne

Ausgebeutet werden in dem System der billigen Agrarproduktion vor allem Migrant:innen. Statistiken zufolge handelt es sich bei 80 Prozent der Arbeiter:innen in diesem Sektor um nichteuropäische Staatsbürger:innen. Das Ausbeutungssystem wird aufgrund der sozialen Krisen in Europa immer drastischer. Da die Reallöhne in Europa immer weiter sinken, werden Discounterpreise bei der Produktion von Grundnahrungsmitteln immer relevanter. Dass dabei weniger an den Profitmargen der Discounter gespart wird, ist angesichts steigender Gewinne in diesem Sektor offensichtlich. Stattdessen wird auf eine immer billigere Produktion auf der Grundlage von immer brutalerer Ausbeutung gesetzt. Ausgehöhlte Lieferkettengesetze tun dabei ihr Übriges. Solange Konsum und Profitmaximierung im Mittelpunkt stehen, ist eine nachhaltige Veränderung offensichtlich nicht möglich.

https://anfdeutsch.com/weltweit/blutige-melonen-in-deutschen-supermarkten-42838

 

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AZADÎ kritisiert „unbedingten Verfolgungswillen“

20. August 2024 - 9:00

Der Umgang der deutschen Justiz mit der kurdischen Bewegung bleibt von einem unbedingten Verfolgungswillen geprägt. Diesen Vorwurf erhob nun der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ mit Blick auf die Verhaftung von Selahattin K. Der 52-Jährige wurde Mitte Juni aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen und letzten Freitag an Deutschland ausgeliefert. Nach seiner Landung am Frankfurter Flughafen und der Eröffnung des Haftbefehls durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs wurde er am Samstag in der JVA Dortmund in Untersuchungshaft genommen. Der Grund: Der kurdische Aktivist sei zwischen Januar 2014 und Juli 2015 als „hauptamtlicher Kader“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) tätig gewesen.

Kein Vorwurf zu individuellen Straftaten

Geht es nach der Bundesanwaltschaft, habe Selahattin K. als „Sektorleiter“ des „Sektors Süd 1“ die Gebiete „Darmstadt, Frankfurt a.M., Gießen, Mannheim, Nürnberg und Saarbrücken“ sowie ab Juli 2014 als Leiter des „Sektors Mitte“ die Gebiete „Bielefeld, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln und Münster“ verantwortlich geleitet. In dieser Funktion habe er insbesondere „organisatorische, personelle und propagandistische Angelegenheiten“ koordiniert. Er habe Anweisungen erteilt und befolgt, der übergeordneten „Europaführung“ berichtet, die Ausführung von Anweisungen kontrolliert sowie Veranstaltungen und Versammlungen organisiert und durchgeführt. Diese Tätigkeiten habe er als Mitglied der PKK ausgeführt, weshalb er wegen mitgliedschaftlicher Betätigung in einer sogenannten terroristischen Vereinigung im Ausland nach §§ 129a/129b Strafgesetzbuch angeklagt werden soll. Individuelle Straftaten werden K. hingegen nicht vorgeworfen.

Sieben Kurden seit 2022 an Deutschland ausgeliefert

Selahattin K. ist einer von 13 Kurden, die aktuell wegen des Vorwurfs, Mitglied in der PKK zu sein, in deutscher Untersuchungs- oder Strafhaft sind. „Des Weiteren ist er der siebte Kurde, der in den letzten zwei Jahren auf Betreiben der bundesdeutschen Justiz im europäischen Ausland festgenommen und an die Bundesrepublik ausgeliefert wurde, um ihn hier wegen PKK-Mitgliedschaft anzuklagen“, betonte AZADÎ. Zuletzt war im Februar der kurdische Aktivist Ferit Çelik von Schweden an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert worden. Anfang August hatte erstmalig ein niederländisches Gericht einem deutschen Auslieferungsgesuch stattgegeben und Haftbefehl gegen den Journalisten Serdar Karakoç erlassen. Auch Belgien hat eine Aktivistin ausgeliefert, Verfahren in weiteren Ländern sind anhängig.

Kriminalisierungsstrategie ein Hindernis vor Lösung der kurdischen Frage

In Fall von Selahattin K. ist laut AZADÎ eine Sache besonders auffällig: Der Tatzeitraum, den die Bundesanwaltschaft Selahattin K. vorhält, liegt bereits zehn Jahre zurück und fällt zudem in die Zeit einer sogenannten Friedensphase, während der die PKK einen Waffenstillstand erklärt hatte und mit dem Erdoğan-Regime im Dialog stand. „Dieser Umstand sowie seine Festnahme im Ausland und die Auslieferung an Deutschland zeigen den unbedingten Verfolgungswillen der bundesdeutschen Justiz hinsichtlich der kurdischen Bewegung“, so der Rechtshilfefonds. „Die fortwährende Kriminalisierung ist ein entscheidender Baustein der Kurdistan-Politik der Bundesregierung, die einer gerechten Lösung der kurdischen Frage und einer friedlichen Beilegung des Konflikts seit Jahrzehnten im Wege steht.“

Titelfoto: „PKK-Verbot Aufheben!“-Demonstration in Berlin, November 2022 © Defend Kurdistan

https://anfdeutsch.com/aktuelles/kurde-von-italien-an-deutschland-ausgeliefert-43299 https://anfdeutsch.com/hintergrund/azadI-schreibt-den-kurdischen-gefangenen-43273 https://anfdeutsch.com/hintergrund/also-lasst-deutschland-sie-festnehmen-41864

 

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Kenan Ayaz: Warum will Europa die kurdische Frage nicht lösen?

20. August 2024 - 7:00

Der Gerichtssaal war mit etwa 20 Personen erneut gut gefüllt. Unterstützer:innen waren sogar aus Kopenhagen und Berlin angereist, um Kenan Ayaz‘ Prozesserklärung zu hören. In dieser ging der 49-Jährige auf den Widerstand der Kurd:innen gegen ihre Zwangsassimilation und Vertreibung in den 1920er und 30er Jahren ein. Er beschrieb den grausamen Krieg gegen die Bevölkerung Dersims: „In den Jahren 1937 bis 1938 fand in Dersim mit den genozidalen Angriffen des türkischen Staates eines der größten und grausamsten Massaker der Menschheitsgeschichte statt. Zehntausende Kurd:innen in und um Dersim wurden mit Gewehren, Bajonetten und chemischen Gasen niedergemetzelt.“

„Der Name dafür ist Völkermord“

Ayaz wies nach, dass es sich bei dem Pogrom in Dersim keineswegs um die Niederschlagung eines Aufstandes handelte, wie die türkische Geschichtsschreibung behauptet, sondern um ein lange geplantes Massaker. Immer wieder habe der türkische Staat die Niederschlagung angeblicher Aufstände zur Legitimierung von Pogromen vorgeschoben, dabei habe es sich fast immer um Widerstandsaktionen gegen Vernichtungsangriffe gehandelt.

„Wenn man unter Völkermord die vorsätzliche und systematische Vernichtung einer rassischen, religiösen, politischen oder ethnischen Gruppe versteht, dann ist dies die eigentliche Definition von Völkermord“, so Ayaz. „Alle Merkmale des Kolonialismus werden angewandt, aber es gibt eine Praxis, die über den Kolonialismus hinausgeht und darauf abzielt, die kurdische Existenz auszulöschen. Die Merkmale dieser Praxis sind übrigens in allen universellen Gesetzen definiert. Der Name dafür ist Völkermord“, fuhr er fort.

Die NATO, in die die Türkei 1952 aufgenommen wurde, habe diese Genozid-Politik unterstützt, genauso wie den Aufbau von Konterguerillaeinheiten, die die Kurd:innen systematisch terrorisierten. Ayaz beschrieb das Pogrom im Zîlan-Tal, die Niederschlagung des Ararat-Aufstandes und die Besatzung von Zypern. „Zwischen 1960 und 1970 gründete der türkische Staat paramilitärische Organisationen wie die JITEM, organisierte sie gegen die griechischen Zypriot:innen und führte geheime Aktionen und Massaker durch. Sie verwandelten die Insel in ein Blutbad“, fuhr Ayaz fort. Die europäischen Hegemonialmächte, insbesondere Großbritannien, hätten diese Besatzungspolitik, die im September 50 Jahre andauere, mitgetragen.

Kenan Ayaz ging dann auf die Situation in der Türkei und der Welt in den 1970er Jahren sowie die Entstehung der PKK ein. „Die weltweite Krise des kapitalistischen Systems spiegelte sich in der Türkei als Krise des weiß-türkischen Faschismus wider. Die Krise der kapitalistischen Moderne bedeutete die Krise des türkischen Nationalstaates.“ In diesem Kontext sei eine zunehmende Irrationalität der Herrschenden in der Türkei insbesondere im Hinblick auf die kurdische Identität zu beobachten, sagte er.

Der Putsch vom 12. September

„Die Türkei verfügte über die mächtigsten operativen Einheiten der NATO, welche Teil der Stay-Behind-Organisation Gladio waren. Sie kontrollierte sämtliche politische Organisationen. Jede Form der begrenzten Abweichung von der Kontrolle wurde entweder von zivilfaschistischen Verbänden unterdrückt oder, sofern diese Maßnahmen nicht ausreichten, wurde die gesamte Armee mobilisiert“, beschrieb Ayaz diese Phase. Der rassistische Nationalismus habe einen gestärkten Nationalstaat angestrebt.

Kenan Ayaz, hier beim Prozessauftakt im November 2023, ist einer von mindestens 13 Kurden, die momentan in Deutschland nach §§129a/b StGB in Untersuchungs- oder Strafhaft sind. Er wurde im März 2023 aufgrund eines deutschen Auslieferungsersuchens in der Republik Zypern festgenommen, wo er seit 2013 als anerkannter politischer Flüchtling lebte. In der Türkei war er insgesamt zwölf Jahre im Gefängnis, seit Juni 2023 befindet er sich im Hamburger Untersuchungsgefängnis Holstenglacis. Ihm wird vorgeworfen, von 2018 bis 2020 als PKK-Mitglied Gebiete in Deutschland verantwortlich geleitet und personelle, finanzielle und organisatorische Angelegenheiten koordiniert zu haben. Die Bundesanwaltschaft stützt sich dabei auf nicht hinterfragbare Geheimdienstinformationen und einseitig interpretierte SMS und Telefonate. © Mehmet Zahit Ekinci /YÖP/ANF


Mit dem Militärputsch vom 12. September 1980 habe sich das militaristische Gesicht des Staates in vollem Umfang gezeigt. Es habe keine Form von Unterdrückung, Gewalt, Folter und Massaker gegeben, die nicht von der Türkei, auch mit der Billigung der NATO, durchgeführt wurden. Die Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sei eine direkte Folge der Ablehnung dieser Situation gewesen. Die Kurd:innen hätten zwar eher für die Anerkennung ihrer Existenz, als für ihre Freiheit gekämpft, dennoch wären sie immer als „Terroristen“ abgestempelt worden. Die legitime Selbstverteidigung sei der Reflex der Verteidigung des Lebens und der Existenz, die der Natur und allen lebenden und nicht lebenden Dingen innewohnt und ein legitimes und heiliges Recht, so Ayaz.

PKK legitime Selbstverteidigung

„Am 27. November 1978 wurde die PKK offiziell gegründet. Einen Monat nach der Ausrufung der PKK, am 24. Dezember 1978, begann ein systematisches Massaker in Maraş durch den Staat und zivilfaschistische Milizen.  Zunächst wurden die Häuser von Alevit:innen Tage zuvor mit einem X markiert, bevor faschistische Milizen grausame Übergriffe auf wehrlose Menschen verübten. Unzählige wurden massakriert und gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben,“ beschrieb Ayaz das Pogrom von Maraş.

Der Militärputsch keine zwei Jahre danach sei die umfassendste Junta-Intervention in der Geschichte des türkischen Nationalstaates gewesen, meinte Ayaz. Das Land habe sich in einer tiefen Wirtschaftskrise befunden. Bülent Ecevit als Ministerpräsident einer Koalitionsregierung habe die Unterstützung der Weltmächte und Kredite des IWF benötigt, um die Wirtschaftskrise zu überwinden.

„Der Militärputsch vom 12. September leitete aufgrund des wachsenden Widerstands der Bevölkerung im eigenen Land und der veränderten Lage im Nahen Osten (islamische Revolution im Iran, sowjetische Invasion in Afghanistan) den Aufbau der Zweiten Republik ein, die auf dem ‚türkisch-islamischen grünen türkischen Nationalismus‘ anstelle des ‚säkularen weißen türkischen Nationalismus‘ der Ersten Republik basierte. Demokratische und sozialistische türkische Oppositionelle sowie Angehörige der kurdischen Nationalbewegung wurden zur Hauptzielscheibe dieses Aufbaus“, so Ayaz. Er zeigte auf, dass die USA, die nach 1945 die Führung des Systems von Großbritannien übernommen hätten, seit den 1970er Jahren das Projekt des „Grünen Gürtels“, also die Unterstützung fundamentaler Islamisten entwickelte, um die sozialistischen Bewegungen, die durch die Sowjetunion unterstützt wurden, zu schwächen.

Politik des „Grünen Gürtels“

Die islamistische Bewegung habe sich als eine Variante des kapitalistischen Nationalismus entwickelt. Ihr Hauptziel bestehe darin, die Demokratisierung und Sozialisierung von Gesellschaften, in denen die islamische Kultur weit verbreitet sei, zu verhindern und die islamische Kultur in den Kapitalismus zu integrieren. Der Islamismus gehöre zu den Instrumenten, die von allen Hegemonialmächten zu diesem Zweck eingesetzt würden.

Im Folgenden ging Ayaz darauf ein, dass der türkische Nationalstaat von einer Verleugnungs- und Vernichtungspolitik getrieben sei, die einer politischen Lösung der kurdischen Frage im Weg stehe. Bei den Kurd:innen habe die lange und brutale Unterdrückung zeitweise zur Selbstverleugnung und zur Entfremdung von der eigenen Identität geführt, betonte er. Doch mit dem Widerstand, den die kurdische Bewegung mit dem 15. August 1984 begann, habe eine Renaissance der kurdischen Identität begonnen. Jedoch hätten die Großmächte den Einsatz der türkischen Sektion der NATO-Geheimarmee Gladio während des Krieges gebilligt und die Kurd:innen in ihrem Kampf um Existenz und Freiheit allein und isoliert gelassen. Ohne die Unterstützung der Hegemonialmächte der kapitalistischen Moderne (einschließlich Sowjetrusslands) hätte der Völkermord an der sozialen Kultur Anatoliens und Mesopotamiens nicht stattfinden können.

Grünes Licht der NATO für den Faschismus

Ayaz ging auf die Möglichkeiten ein, die es in den folgenden Jahrzehnten gegeben habe, die kurdische Frage zu lösen. Der türkische Präsident Turgut Özal sei überzeugt gewesen, dass eine Lösung möglich sei, jedoch sei er von Kräften, die genau diese Lösung verhindern wollten, ermordet worden. Mit „grünem Licht“ der NATO sei anschließend die faschistische Regierung mit Tansu Çiller an der Spitze an die Macht gekommen, in der paramilitärischen Banden wie die Hizbullah und JITEM den Staat übernommen hätten.

„Ich glaube, dass die Chance auf Frieden und eine politische Lösung, die die kurdische Bewegung sich von Dialogen erhoffte, nicht realisiert werden konnte, weil Gladio und die dahinterstehenden inneren und äußeren Kräfte keine Lösung wollten“, so Ayaz. In seinen weiteren Ausführungen stellte er die Bemühungen des PKK-Begründers Abdullah Öcalan und der kurdischen Bewegung für die Lösung der Kurdistan-Frage dar.

Komplott statt Lösung

In den Jahren 1997-1998 sei ein Dialog mit Ministerpräsident Necmettin Erbakan und dem Militär gesucht worden, so Ayaz. Die Suche nach einem Dialog sei das Ergebnis einer unhaltbaren Situation gewesen. So habe Abdullah Öcalan am 1. September, dem Weltfriedenstag, einen Waffenstillstand erklärt, um der politischen Lösung der kurdischen Frage und der Demokratisierung eine Chance zu geben. Statt darauf einzugehen, sei jedoch ein internationales Komplott initiiert worden, an dem 23 Länder beteiligt waren, welches von Großbritannien und den USA koordiniert wurde, um diese Bemühungen zu liquidieren. Syrien sei mit Krieg gedroht worden, die Regierung von Hafez al-Assad habe sich dem Druck gebeugt und Öcalan sei aufgefordert worden, Syrien so schnell wie möglich zu verlassen.

„Herr Öcalan verließ Syrien, um keinen größeren Krieg im Nahen Osten auszulösen“, fuhr Ayaz fort. „Seine Absicht war es, die kurdische Frage auf einer demokratischen Plattform zu lösen. […]. Hätte man Herrn Öcalan unterstützt, als er nach Europa kam, wäre die kurdische Frage gelöst worden.“

Ayaz sagte, dass Europa sich geweigert habe, die kurdische Frage zu lösen und den Krieg zu stoppen. Denn eine Lösung des Konflikts hätte der Strategie des Westens – einschließlich den USA – nicht entsprochen. Der Westen habe erkannt, dass die ungelöste kurdische Frage ihm langfristig mehr nutzen werde.

Ayaz erklärte: „Die europäische Kurdenpolitik der letzten zweihundert Jahre wurde im Wesentlichen beibehalten. Der Kern dieser Politik besteht darin, die Kurd:innen als Drohkulisse zu benutzen, um die Türken, den Iran und die Araber zu unterwerfen. Herr Öcalan wollte das Problem friedlich lösen, indem er nach Europa reiste. Europa hingegen wollte das Problem als Trumpfkarte behalten, die es immer wieder ausspielen konnte. Es lag überhaupt nicht in seinem Interesse, diese Waffe aus der Hand zu geben. Sie wollten sie nicht aufgeben, denn sie betrachteten sie als das schmutzigste Überbleibsel der traditionellen Kolonialpolitik. Eine strategische Lösung der kurdischen Frage war für sie ein Thema, dessen Zeit noch nicht gekommen war. Die Haltung, den kurdischen Trumpf in der Hinterhand zu behalten, bis sie ihre Rechnungen mit dem Iran, dem Irak und der Türkei vollständig beglichen hätten, war klar erkennbar. Diese Haltung ähnelt der Haltung mancher in der Türkei, die ihre Interessen in der Fortdauer des Problems ohne Lösung sehen. Für die Kurd:innen ist dies eine Politik des ‚weder sterben noch leben‘. Es ist ein brutaler Ansatz, die Kurd:innen zu umarmen, damit sie nicht sterben, und sie am Abgrund zu halten, damit sie nicht leben. Hätte man ihnen ein wenig geholfen, wären die Bedingungen sehr günstig gewesen. Europa hatte den Ersten und den Zweiten Weltkrieg hinter sich gelassen und war auf dem Weg zu einer Lösung. Die größten blutigen Kriege der Menschheitsgeschichte waren überwunden und gelöst. Hätte Europa darauf bestanden, eine Lösung für die kurdische Frage zu finden, so wie es eine Lösung für andere Probleme gefunden hat, gäbe es die heutige Situation nicht. Es gäbe Frieden im Nahen Osten. Es gäbe nicht so viel Migration nach Europa. Der Faschismus hätte daraus keinen Nutzen ziehen können und wäre im heutigen Europa keine Alternative geworden. Am 15. Februar 1999 wurde der Plan in die Tat umgesetzt, als Herr Öcalan entführt und völkerrechtswidrig in die Türkei gebracht wurde.

Ayaz beschrieb die große Wut, die die Kurd:innen spürten, als sie von der Entführung Öcalans hörten. „Die große Wut gegen das Komplott verwandelte sich in eine gesellschaftliche Kraft und verhinderte, dass das internationale Komplott sein Ziel erreichen konnte“, so Ayaz. Er beschrieb die wütenden Demonstrationen und auch Selbstverbrennungen.

„In diesem Prozess war Herr Öcalan der Einzige, der mit gesundem Menschenverstand handelte. Bei seinem ersten Treffen mit seinen Anwälten erklärte er, dass er sich an den Waffenstillstand halte, den er am 1. September, dem Weltfriedenstag, erklärt hatte, und dass die Art und Weise, wie er ausgeliefert worden war, und die Ziele derer, die dabei eine Rolle gespielt hatten, darauf abzielten, die Grundlagen für einen Konflikt zu vertiefen, um daraufhin die Lösungsvorschläge Öcalans zu thematisieren“, so Ayaz.

Paradigmenwechsel

„Er vollzog eine große theoretische Transformation. Er entwickelte alle philosophischen und politischen Argumente für den Frieden und die Bedingungen des Problems durch eine politische Lösung. Er betonte die Einzigartigkeit der demokratischen politischen Lösung. Was folgte, war eine der größten intellektuellen Revolutionen. Sie befreite die libertären Bewegungen vom Paradigma der Macht und des Nationalstaates und führte sie zum Paradigma der demokratischen Gemeinschaft, der Frauenbefreiung, der ökologischen und demokratischen Gesellschaft“.

Ayaz beschrieb, dass sowohl die kurdische als auch die türkische Öffentlichkeit Hoffnung schöpfte und die Guerilla den bewaffneten Kampf einstellte und sich aus der Türkei zurückzog.

Öcalan ruft auf die Waffen niederzulegen, EU erklärt PKK zur Terrororganisation

„Zu einem Zeitpunkt, als sich die Guerilla von den Grenzen zurückgezogen hatte, der Konflikt weitgehend beendet war und keine militärischen Aktivitäten mehr stattfanden, setzte die EU die PKK auf die Terrorliste. Es ist bezeichnend, dass die PKK nicht auf die Terrorliste gesetzt wurde, als sie noch einen bewaffneten Kampf führte, sondern erst nachdem sie den bewaffneten Kampf aufgegeben hatte“, kommentierte Ayaz die Verlogenheit des Westens.

Die Einstellung des bewaffneten Kampfes, der Rückzug der PKK über die Grenzen, der Waffenstillstand und die Haltung der legitimen Selbstverteidigung hätten keine Taktik, sondern einen strategischen Wandel dargestellt. Diejenigen Kreise jedoch, die vom Krieg profitiert hätten, sowie die Profit- und Korruptionswirtschaft hätten durch eine Beendigung des Krieges ihre Funktion verloren.

‚Terrorliste‘ führte weder zur Auflösung der PKK noch zur Demokratisierung der Türkei

Ayaz kritisierte an diesem Punkt die Untätigkeit der EU. Sie habe die Kurd:innen für ihre eigenen Interessen geopfert. „Euroa hat der Türkei die Botschaft übermittelt, dass die kurdische Frage mit Blut, Gewalt und Unterdrückung gelöst werden kann. Vor 22 Jahren hat die EU die PKK auf die ‚Terrorliste‘ gesetzt. Die ‚Terrorliste‘ hat weder zur Auflösung der PKK noch zur Demokratisierung der Türkei geführt. […] Indem sie das jahrhundertealte Problem auf die PKK und die PKK auf den Terrorismus reduziert, verursacht sie die gegenwärtigen Schäden und Tragödien. Die Aufnahme der PKK in die Liste, die am 2. Mai 2002 auf Antrag des Vereinigten Königreichs aktualisiert wurde, legitimiert und billigt den Völkermord und die Besatzungsangriffe des türkischen Staates. Der Begriff Terrorismus, der während des Völkermords an den Kurd:innen verwendet wurde, ist ein Begriff, der den Völkermord an den Kurd:innen deckt und legitimiert.

Die ‚Terrorliste‘ der EU ist hauptverantwortlich dafür, dass die Türkische Republik seit 40 Jahren einen genozidalen Krieg führt, Zehntausende Menschen ihr Leben verloren haben und Millionen zur Migration gezwungen wurden. Hätte die EU die PKK nicht zur Terrororganisation erklärt und den Kurd:innen die Legitimität abgesprochen, wäre die kurdische Frage längst gelöst. Der türkische Staat hat die Ausgrenzung der PKK als Terrororganisation durch die USA und Europa missbraucht. […]

Die EU hätte der Türkei sagen sollen: Warum einigt ihr euch nicht und schließt Frieden mit den Kurd:innen, anstatt Milliarden von Dollar für diesen Krieg auszugeben, der Menschenleben kostet, das demokratische Umfeld vergiftet und den Faschismus institutionalisiert, der den Zusammenbruch von Recht und Gerechtigkeit, die Migration von Millionen von Menschen und so viel Zerstörung und Tod verursacht. […] Die kurdische Frage ist ein Problem, das vom kapitalistischen Weltsystem geschaffen wurde. Deshalb ist es ein Problem, das mit dem Weltsystem und dem Kapitalismus verbunden ist. Deshalb ist es ein Problem, das alle angeht, und alle sind dafür verantwortlich, dass es ungelöst bleibt. Ohne einen Paradigmenwechsel in dieser Frage wird es daher schwierig sein, dieses Problem zu lösen“, schloss Ayaz den Prozesstag und kündigte an, in seinen weiteren Ausführungen auf die genozidalen Angriffe des sogenannten Islamischen Staates (IS) sowie den Lösungsprozess von 2013 bis 2015 zusammenzufassen.

Nächster Termin am 2. September

Kenan Ayaz wird sein Schlusswort am 2. September 2024 um 9:30 Uhr fortsetzen. Der Prozess findet im 1. Stock des OLG Hamburg am Sievekingplatz 3 statt, entweder in Saal 237 oder 288. Auf der Seite kenanwatch.org werden Informationen in den Sprachen Griechisch, Englisch und Deutsch über den Prozess und die Proteste auf Zypern und in Deutschland angeboten.

Titelfoto: Kundgebung für Kenan Ayaz im Juni 2023 in Hamburg © ANF

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Drohnenangriff in Qamişlo

19. August 2024 - 21:00

Eine von einer türkischen Kampfdrohne abgefeuerte Rakete schlug am Montag mitten in Qamişlo ein. Das Geschoss verfehlte nur knapp die Abteilung für Augenheilkunde der örtlichen Herz- und Augenklinik und prallte gegen die Straße. Vier Menschen, die sich vor dem Krankenhaus aufhielten, wurden teils schwer verletzt, teilte die Demokratische Selbstverwaltung in der Region Nord- und Ostsyrien (DAANES) mit. Berichte über ein Todesopfer bestätigte die Autonomieverwaltung nicht.

Der Angriff ereignete sich am späten Nachmittag gegen 16 Uhr Ortszeit (15 Uhr mitteleuropäische Zeit) nur wenige Meter vor dem Eingang der Augenklinik, die im zentralen Sinaa-Viertel liegt und sich in unmittelbarer Nähe zum Qamişlo-Stadion befindet. Auf Fotos ist zu sehen, dass die Rakete Löcher in die Mauer des Gebäudes schoss. Die Druckwelle des Einschlags ließ zudem die Scheiben mehrerer Autos in der Gegend zerbersten.

Today, the #Turks bombed the Heart and Eye Hospital in #Qamishlo, injuring many civilians there. pic.twitter.com/UI8Wp0M8E8

— pyd rojava (@PYD_Rojava) August 19, 2024

Ignorierter Drohnenkrieg gegen Rojava

Die Türkei greift die Zivilbevölkerung, die Selbstverwaltung und die Militärverbände in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien seit Jahren gezielt mit Drohnen an. Der Luftraum über Syrien wird von den USA und Russland kontrolliert. Die internationale Gemeinschaft ignoriert den Drohnenterror, der im Juni 2020 mit der Ermordung von drei Vertreterinnen des Frauendachverbands Kongra Star in Kobanê begonnen hat. Laut Daten des Rojava Information Center und der Selbstverwaltung hat die Türkei in diesem Jahr bereits mehr als 110 Drohnenangriffe auf die Region verübt. Dabei wurden mindestens 28 Menschen getötet und über 50 weitere verletzt. Früher am Tag war heute bereits Efrîn von türkischen Drohnen angegriffen worden. Dabei waren ebenfalls vier Menschen verletzt worden.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/double-tap-vier-verletzte-bei-drohnenangriffen-in-efrin-43300 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kleine-drohne-schlagt-vor-avrin-klinik-auf-42949 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kobane-14-jahriger-nach-versuchtem-grenzubertritt-getotet-43292

 

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Frauenverbände verurteilen Gewalt gegen DEM-Abgeordnete

19. August 2024 - 20:00

„Die Gesellschaft in der Türkei hat ein Männerproblem, ein Problem mit Gewalt, Aggressivität und einer zur Schau gestellten Männlichkeit“, erklärten mehrere Frauenverbände am Montag auf einer Kundgebung in Amed (tr. Diyarbakır). Anlass war die von AKP-Politikerin in der vergangenen Woche ausgelöste Schlägerei im türkischen Parlament, bei der die kurdische Politikerin Gülistan Kılıç Koçyiğit durch einen Faustschlag eine Platzwunde am Kopf erlitt. Koçyiğit, die Vizefraktionsvorsitzende der DEM-Partei ist, hatte versucht, das Handgemenge zu unterbrechen, zu dem es während einer hitzigen Debatte über einen inhaftierten Oppositionsabgeordneten gekommen war. „Daraufhin wurde sie selbst zum Ziel dieser faschistischen Gewalt“, betonten die Bewegung freier Frauen (TJA) sowie die Frauenräte der Parteien DEM und DBP in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Schlägerei bei Sitzung zu Can Atalay

Am Freitag hatte das Parlament eine außerordentliche Sitzung zur Situation des Menschenrechtsanwalt Can Atalay abgehalten. Atalay war im April 2022 im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 wegen Beihilfe zu einem Umsturzversuch zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Bei den Parlamentswahlen im Mai 2023 wurde er für die Arbeiterpartei TIP zum Abgeordneten gewählt. Das Verfassungsgericht ordnete Atalays Freilassung an – der untergeordnete Kassationshof entschied jedoch, dies nicht umzusetzen.

Gülistan Kılıç Koçyiğit (grüne Jacke) sprang als erste auf, nachdem Şık während seiner Rede über seinen Parteigänger Can Atalay zu Boden geschlagen wurde. Das Urteil gegen Atalay in dem sogenannten Gezi-Prozess gilt als politisch motiviert und wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als unrechtmäßig beschieden. Die Gezi-Proteste von 2013 richteten sich auch konkret gegen den damaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan | Foto via Gazete Oksijen


Fernsehbilder zeigten, wie Ahmet Şık, ebenfalls Abgeordneter der TIP, von Alpay Özalan aus dem Lager der islamistischen Erdoğan-Partei AKP angesprochen und angegriffen wurde, während er im Plenum eine Rede hielt. Şık hatte gerade die Regierungspartei als „terroristische Organisation“ bezeichnet und ihr vorgeworfen, das Land wie eine „Mafia“ zu regieren. Er sei nicht überrascht, dass Atalay als „Terrorist“ bezeichnet werde, die größten Terroristen des Landes seien jedoch jene, „die hier auf diesen Bänken sitzen“, fügte Şık in Anspielung auf die Regierungsmehrheit noch hinzu, als er von Özalan geohrfeigt wurde und zu Boden stürzte. Alpay Özalan ist ein ehemaliger Fußballspieler, der zeitweise für den 1. FC Köln spielte.

AKP'lilerin arkadan yaklaşarak Ahmet Şık'a saldıracağını anlayan Gülistan Kılıç Koçyiğit saldırıya engel olmak için araya girerek yaralandı: Bekir Bozdağ arka kapıdan kaçtı pic.twitter.com/VkAUkHJTFL

— Gazete Yolculuk (@gazeteyolculuk) August 16, 2024

Die DEM-Abgeordnete Gülistan Kılıç Koçyiğit rannte als eine der ersten zum Rednerpult, um den binnen weniger Sekunden zu einer Schlägerei ausgeuferten Übergriff auf Şık zu stoppen. Auch der CHP-Abgeordnete Okan Konuralp wurde verletzt, als die Fäuste mehrerer hinzugeeilter Abgeordneter der AKP und deren Bündnispartner MHP auf die Oppositionsmitglieder flogen. Zurück blieben Blutstropfen auf den Stufen zum Rednerpult.

TJA, DEM und DBP: Wir werden nicht schweigen

„Der Vorgang ist ein Indiz für die frauenfeindliche Politik der AKP/MHP-Regierung, die angesichts der Zunahme von Gewalt und Massakern gegen Frauen nichts tut und die erkämpften Rechte der Frauen immer wieder angreift“, erklärte die TJA-Aktivistin Bahar Peker. Sie bezeichnete den Faustschlag gegen „Genossin Gülistan“ als „Angriff auf den Willen, die Farbe, die Haltung, die Politik und den Kampf der Frauen“. „Und mit der Kraft, die wir aus der Geschichte des Frauenkampfes schöpfen, werden wir wachsen und unseren organisierten Kampf gegen Krieg, Gewalt, die männerdominierte Mentalität, Vernichtung und Assimilation verstärken. Wir werden nicht schweigen und die Gewalt gegen Frauen überall bekämpfen“, so Peker.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/akp-politiker-greifen-oppositionelle-im-parlament-an-43271

 

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Lufthansa-Konzern verlängert Flugsperre nach Nahost

19. August 2024 - 18:00

Aufgrund der weiter unklaren Situation im Nahen Osten hat die Lufthansa-Gruppe weitere Flüge gestrichen. Bis einschließlich Montag (26. August) bleiben alle Flüge von und nach Tel Aviv, Teheran, Beirut, Amman und Hewlêr (Erbil) ausgesetzt, teilte das Unternehmen am Montag in Frankfurt mit. Bis dahin werden die Gesellschaften des Konzerns zudem den Luftraum über dem Irak und Iran nicht nutzen. Der vorherige Flugstopp hatte bis einschließlich Mittwoch (21. August) gegolten.

Hintergrund der Entscheidung sind die Spannungen zwischen Israel und Iran, die auf einen weiteren Krieg in der Region deuten. Die israelische Regierung sieht Hinweise auf einen bevorstehenden Großangriff Teherans auf Israel in den kommenden Tagen. Der Angriff wäre eine Vergeltung für die Tötung des Hamas-Führers Ismail Haniyya in der iranischen Hauptstadt Teheran Ende Juli, hieß es in Medienberichten. Israel hat seine Beteiligung am Tod Haniyyas weder bestätigt noch dementiert.

Reisenden mit Tickets bis einschließlich 31. August bietet Lufthansa kostenlose Stornierungen an. Die Flugsperre gilt für sämtliche Fluggesellschaften des Konzerns und für Fracht- und Passagiermaschinen gleichermaßen. Zur Lufthansa-Gruppe gehören neben der Kern-Airline noch Swiss, Austrian, Brussels Airlines und Eurowings.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/lufthansa-setzt-fluge-in-den-nahen-osten-weiter-aus-43227 https://anfdeutsch.com/aktuelles/lufthansa-setzt-fluge-in-nahostregion-aus-43150 https://anfdeutsch.com/hintergrund/turkei-geriert-sich-als-hinterland-der-hamas-42183

 

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Russland meldet Beinahe-Zusammenstoß mit US-Bomber über Homs

19. August 2024 - 16:00

Russland hat der US-geführten Anti-IS-Koalition vorgeworfen, in Syrien einen Zusammenstoß zweier Militärflugzeuge riskiert zu haben. Ein F-18-Kampfbomber sei im Luftraum über der Provinz Homs einem Antonow-30-Überwachungsflugzeug gefährlich nahe gekommen, meldete die russische Staatsagentur Tass unter Berufung auf Armee-Quellen.

Die Besatzung des russischen Flugzeugs habe sofort die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um eine Kollision zu verhindern, hieß es weiter. Der Vorfall soll sich über der Region Al-Tanf ereignet haben. Dort unterhalten die USA nahe der Grenze zu Jordanien einen Militärstützpunkt. Eine Stellungnahme des Pentagon lag zunächst nicht vor.

In Syrien herrscht seit 2011 Krieg, in den auch Akteure aus dem Ausland involviert sind. Die USA haben dort sowie im benachbarten Irak Truppen stationiert, um ein Wiedererstarken der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zu verhindern. Die anhaltende Militärpräsenz der USA zielt auch darauf ab, den Einfluss Irans in der Region zu begrenzen. Russland und das iranische Mullah-Regime unterstützen die Diktatur von Syriens Langzeitherrscher Baschar al-Assad.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/putin-empfangt-assad-in-moskau-43025 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/geplantes-chaos-in-deir-ez-zor-43250 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/turkei-und-damaskus-arbeiten-zusammen-um-selbstverwaltung-zu-vernichten-43233

 

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Double Tap: Vier Verletzte bei Drohnenangriffen in Efrîn

19. August 2024 - 16:00

Bei Drohnenangriffen in Efrîn sind vier Menschen teilweise schwer verletzt worden. Es handelt sich um vier männliche Zivilisten im Alter zwischen 27 und 45 Jahren, die in ein Krankenhaus in Tel Rifat gebracht wurden. Drei der Männer erlitten Verletzungen in den unteren Extremitäten, ein viertes Opfer wurde mit Wunden an Kopf und Oberkörper in die Klinik eingeliefert. Sein Zustand soll kritisch sein, hieß es aus dem Avrîn-Krankenhaus in Fafîn.

Die am Montag mit Kamikaze-Drohnen von der türkischen Armee und ihren dschihadistischen Hilfstruppen verübten Angriffe zielten auf die Ortschaft Bênê im Kreis Şêrawa. Zunächst wurde das Fahrzeug eines Zivilisten auf einer Landstraße bombardiert. Als eine Gruppe von Ersthelfern versuchte, den verletzten Mann aus dem Transporter zu ziehen, wurden auch sie angegriffen. Diese perfide Taktik ist auch als Double Tap bekannt – ein militärisches Vorgehen, bei dem das gleiche Ziel zweimal nacheinander angegriffen wird, um beim zweiten Schlag primär Rettungskräfte und Ersthelfer zu treffen. In der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien kommt es häufig zu dieser Art von Angriffen.

Permanentes Angriffsziel: Şêrawa

Die Dörfer Şêrawas sind besonders von der Gewalt der türkischen Armee und dem von Ankara gegründeten Proxy-Invasionskorps SNA („Syrische Nationalarmee”) betroffen. Der Kreis befindet sich im Südosten von Efrîn und ist nicht vollständig besetzt, nicht selten fordern die Angriffe Tote oder Verletzte. In den Plänen der Türkei für eine Ausdehnung ihrer illegalen Besatzungszone entlang ihrer Südgrenze nimmt die Region eine bedeutende Position ein, da Şêrawa Efrîn mit Tel Rifat verbindet. Sollte der türkische Staat einen weiteren Angriffskrieg gegen Nord- und Ostsyrien vom Zaun brechen, wie Ankara immer wieder androht, solle zuerst Tel Rifat angegriffen werden.

Efrîn einst sicherste Region ganz Syriens

Der ehemals selbstverwaltete Kanton Efrîn ist seit März 2018 von der Türkei besetzt. Seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffs zwei Monate zuvor stehen in der einst sichersten Region ganz Syriens Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen auf der Tagesordnung. Die Türkei praktiziert neben einer klassischen Kolonialpolitik auch eine Politik der ethnischen Säuberungen, durch die bereits Hunderttausende Menschen aus ihren angestammten Siedlungsgebieten vertrieben wurden. Die demografische Veränderung zu Gunsten der Türkei und ihres islamistischen Invasionskorps, Verbrechen wie Entführungen, Folter, Erpressung und Morde sowie andauernde Artillerieangriffe geschehen tagtäglich und mit faktischer Billigung durch die internationale Staatengemeinschaft.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/roter-halbmond-prangert-angriff-auf-krankenwagen-an-42394 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kleine-drohne-schlagt-vor-avrin-klinik-auf-42949 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/raketenangriff-auf-dorf-bei-minbic-43229 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kobane-14-jahriger-nach-versuchtem-grenzubertritt-getotet-43292

 

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Kurde von Italien an Deutschland ausgeliefert

19. August 2024 - 15:00

Italien hat einen weiteren kurdischen Aktivisten an Deutschland ausgeliefert. Selahattin K. saß seit Mitte Juni auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in italienischer Haft und wurde am Freitag auf Geheiß der Bundesanwaltschaft bei seiner Ankunft am Flughafen in Frankfurt am Main festgenommen, wie die Karlsruher Behörde am Montag mitteilte. Hintergrund sei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nach §129b.

Die Bundesanwaltschaft wirft Selahattin K. vor, zwischen Januar 2014 und Juli 2015 als „hauptamtlicher Kader“ der PKK tätig gewesen zu sein und als solcher „die typischen Leitungsaufgaben eines Sektorleiters“ wahrgenommen zu haben. Diese hätten insbesondere die „Koordination der organisatorischen, personellen und propagandistischen Angelegenheiten der Vereinigung“ in verschiedenen Städten in den Bundesländern Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen umfasst, so die Behörde.

Weiter teilte die Bundesanwaltschaft mit, K. habe den ihm „unterstellten Gebietsverantwortlichen, Kadern und Aktivisten“ Anweisungen erteilt sowie deren Ausführung kontrolliert. Darüber hinaus soll er „bei der Organisation und Durchführung von Propagandaveranstaltungen und Versammlungen mitgewirkt“ haben. Dabei sei er gegenüber der „Europaführung“ der PKK „berichtspflichtig“ gewesen und habe deren Anweisungen „befolgen“ müssen.

Internationale Verfolgung von kurdischen Aktivist:innen

Die für die §129b-Verfahren zuständige Bundesanwaltschaft beschränkt sich bei der Strafverfolgung schon lange nicht mehr nur auf Personen, die sich in Deutschland aufhalten. Zunehmend werden auch kurdische Aktivist:innen auf Grundlage europäischer Haftbefehle im Ausland festgenommen und an Deutschland ausgeliefert, um sie hier als vermeintliche PKK-Mitglieder anzuklagen. Vor Selahattin K. wurde bereits Mehmet Çakas von Italien an die deutsche Justiz überstellt. Sabri Çimen wurde in Frankreich festgenommen und ausgeliefert,  Kenan Ayaz aus Zypern und Ferit Çelik aus Schweden. Anfang August hatte erstmalig ein niederländisches Gericht einem deutschen Auslieferungsgesuch stattgegeben und Haftbefehl gegen Serdar Karakoç erlassen. Auch Belgien hat eine Aktivistin ausgeliefert, Verfahren in weiteren Ländern sind anhängig.

Titelfoto: Demonstration gegen das PKK-Verbot am 18. November 2023 in Berlin © Defend Kurdistan

https://anfdeutsch.com/aktuelles/serdar-karakoc-wird-an-deutschland-ausgeliefert-43173 https://anfdeutsch.com/hintergrund/azadI-schreibt-den-kurdischen-gefangenen-43273 https://anfdeutsch.com/aktuelles/prozess-gegen-kenan-ayaz-lehrstunde-der-geschichte-kurdistans-43136

 

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Besatzer im Zap wieder aus der Luft angegriffen

19. August 2024 - 12:00

In Südkurdistan sind mindestens acht Angehörige der türkischen Besatzungstruppen bei Luftangriffen der PKK-Guerilla getötet worden, weitere elf wurden verletzt. Diese Zahlen nannten die Volksverteidigungskräfte (HPG) in einem am Montag vorgelegten Bericht zum Kriegsgeschehen an der stark umkämpften Westfront der Zap-Region.

Demnach schlug die Luftverteidigungseinheit „Şehîd Doğan Zinar“ in der Woche vom 12. bis 18. August mindestens sieben Mal zu, im Visier waren Militärlager in und um die Gipfel Girê FM, Girê Amêdî und Girê Bahar. Zusätzlich zu einer hohen Zahl an toten und verletzten Soldaten forderten die Luftschläge der Guerilla auch technische Einbußen für die Besatzer. Die HPG gaben an, ein Raketenabwehrsystem sowie sechs Stellungen der türkischen Armee teils schwer beschädigt zu haben.

Die HPG widmeten diese Aktionen drei Guerillakommandant:innen, die im Kampf gegen die türkische Armee gefallen sind: Berwar Dêrsîm, die Kommandierende der Verbände freier Frauen (YJA Star) war, kam vor rund einer Woche bei einer Militäroperation in der nordkurdischen Serhed-Region ums Leben. Alan Milazgîr (HPG) und Sara Tolhildan (YJA Star) starben im Juni bei einer Fedai-Aktion zum Schutz des Tunnelwiderstands im Zap.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/guerilla-greift-turkische-invasionstruppen-an-43248 https://anfdeutsch.com/hintergrund/erdogans-traum-der-neue-ataturk-zu-werden-wurde-von-der-guerilla-zerstort-43246 https://anfdeutsch.com/hintergrund/vierzig-jahre-kurdische-freiheitsguerilla-43240

 

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AKP-Regime plant religiösen Zugriff auf Familien

19. August 2024 - 12:00

Der türkische Staat bestreitet seine Existenz schon lange aus einer Synthese von Islamismus und Faschismus. Teil dieser Politik ist, den Zugriff der Behörden und der religiösen Institutionen auch in den kleinsten familiären Bereich zu ermöglichen. Nun hat das von der islamistischen Regierungspartei AKP kontrollierte Ministerium für Familie und soziale Dienste ein Perspektivpapier und einen Aktionsplan „Zum Schutz und zur Stärkung der Familie“ veröffentlicht. Der von Familienministerin Mahinur Özdemir Göktaş angekündigte Aktionsplan beinhaltet ein Blockwartsystem. Jedem Gebäude soll ein „Familienberater zur religiösen Leitung und spirituellen Information“ erhalten. Die Arbeit der Berater soll auf der Grundlage einer Erfassung „sozialer Risiken“ fokussiert werden. Diese „Berater“ stammen aus sogenannten „Nichtregierungsorganisationen“. Dabei handelte es sich bei ähnlichen Aufgaben in der Vergangenheit um islamistische Sekten oder rechtsextreme Vereinigungen. Frauenorganisationen und Zivilgesellschaft warnen, dass diese Projekt den Laizismus und die individuelle Freiheit verletze und soziale Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen fördere.

Tülin Osmanoğulları, Vertreterin der Plattform „Femizide stoppen“ in Izmir

Tülin Osmanoğulları, Vertreterin der Plattform „Femizide stoppen“ in Izmir, erinnerte daran, dass das Regime mit den Wahlen 2023 frauenfeindliche Bündnisse aufgebaut habe und seitdem die Frauenrechte auf allen Ebenen noch stärker angreift. So sind auf dem Ticket der AKP unter anderem zwei Abgeordnete der islamistischen Hüda-Par ins Parlament gekommen. Eine Partei, die mit ihrer Vorgängerorganisation Hizbullah in unzählige Morde und Folterungen nach IS-Manier verwickelt ist.

Sie führte aus: „Die Regierung versucht, ihre eigene Niederlage der Gesellschaft zuzuschieben. Sie hat einen Zwangsverwalter für Colemêrg (tr. Hakkari) einsetzen lassen und ein Gesetz zur Tötung streunender Tiere verabschiedet. Nun hat sie in einem Land, in dem Gewalt gegen Frauen und sexualisierte Gewalt gegen Kinder so stark zugenommen haben, ein Perspektivpapier und einen ‚Aktionsplan für den Schutz und die Stärkung der Familie‘ veröffentlicht. Man will religiöse Beratungszentren eröffnen und Familien religiöse und spirituelle Beratung anbieten. So soll mit Bezug auf religiöse Quellen die absolute Macht der Männer in der Familie betont werden. Es soll vermittelt werden, dass es daher falsch sei, sich gegen Männer und ihre Gewalt zu stellen.“

Es gibt keine Familie mehr, die es zu stärken gilt“

Osmanoğulları erklärte, dass die Frauen „Nein“ zu dieser gewaltfördernden Politik der Regierung seien und fuhr fort: „Frauen werden meist infolge der Familienpolitik der Regierung von den Männern getötet, von denen sie sich scheiden lassen oder sich trennen wollen. Die Männer, denen unkontrollierte Macht gegeben wurde, töten jetzt nicht nur Frauen, sondern sogar ihre eigenen Kinder. Mit anderen Worten: Es gibt keine Familie mehr, die es zu stärken gilt. Familienorientierte Politik oder religiös orientierte Beratungsstellen lösen das Problem nicht, sondern führen nur zu einer Zunahme von Morden, Gewalt gegen Frauen und sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Das sehen wir sehr deutlich an den Ergebnissen unserer monatlichen Erhebungen.“

Osmanoğulları schloss: „Die Politik der Regierung ist zu einem sehr ernsten sozialen Problem geworden. Wir akzeptieren diese Politik nicht. Wir geben unsere Rechte, Freiheit und Gleichheit nicht auf. Wir werden unseren Kampf fortsetzen, bis das Gesetz Nr. 6284, das die Frauen schützen soll, wirksam umgesetzt wird.“ In diesem Gesetz ist der Schutz von Frauen und die Bestrafung von Tätern geregelt, unter anderem durch ein Annäherungsverbot für Gewalttäter und Schutzmaßnahmen für die Opfer. Dabei sind Maßnahmen von materieller Unterstützung bis hin zu einer neuen Identität für die Frauen definiert. Die AKP hat mit ihren Koalitionspartnern immer wieder die Abschaffung dieses Gesetzes ins Spiel gebracht.

Es geht darum, die Gesellschaft zuzurichten“

Rojbin Bor, Aktivistin der Frauenbewegung TJA

Die Aktivistin der Frauenbewegung TJA, Rojbin Bor, wies darauf hin, dass die Ausweitung der „religiösen und spirituellen Beratungsdienste“ für Familien darauf abziele, die Gesellschaft auf der Grundlage von bestimmten religiösen und kulturellen Werten zuzurichten und ihre pluralistische Struktur immer mehr zu schwächen. Bor erklärte: „Diese Praxis wird zu einer Scharia-Mentalität wie im Iran führen, wo die Ermordung von Frauen gerechtfertigt wird, nur weil eine Haarsträhne sichtbar ist. Wir sind uns bewusst, dass solche Aktionspläne nichts anderes als die Vorbereitung eines Scharia-Regimes sind. Es wird versucht, die Frauen auf ein neues Scharia-System vorzubereiten und sie davon zu überzeugen. Durch Instrumentalisierung der Religion wurde die Gesellschaft bereits von Hunger, Armut, Entbehrungen, Elend und sogar dem Tod überzeugt. Und nicht nur das: Die Türkei, die in Sachen Frauenrechte weltweit das Schlusslicht bildet, hat sich anstatt das Recht der Frauen auf Leben zu schützen, in den letzten zehn Jahren darauf fokussiert, eine unterwürfige, alles hinnehmende Frau zu schaffen, die den Männern gehorcht und diejenigen, die dieser Definition nicht entsprechen, als Hexen zu vernichten.“

Hassverbrechen und Pogrome werden geschürt“

Bor weiter: „Es gibt Millionen von Menschen anderer Religionen und Konfessionen in diesem Land. Diese Situation wird zu Ungleichheit und Diskriminierung von Menschen verschiedener Glaubensrichtungen führen und soziale Unruhe verursachen. Dies wiederum wird dazu führen, dass Hassverbrechen und Pogrome, für die es in der Vergangenheit bereits Beispiele gab, erneut von der Regierung angefacht werden. Der soziale Frieden wird sich weiter verschlechtern, da sich der Konflikt zwischen säkularen und religiösen Werten verschärft. Um eine säkulare und pluralistische Gesellschaftsstruktur zu bewahren, muss man daher aufmerksam sein und sich gegen eine solche Politik stellen. Es ist wichtig, dass Frauenrechtsaktivist:innen, zivilgesellschaftliche Organisationen und alle relevanten Gruppen eine aktive Rolle übernehmen und für die Gleichstellung der Geschlechter und die Menschenrechte eintreten. Wenn solche Politik umgesetzt wird, dann müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Gleichstellung der Geschlechter und die Rechte der Frauen zu schützen. Eine solche Politik muss sorgfältig bewertet werden, um sicherzustellen, dass sie dem sozialen Frieden nicht schadet.“

Quelle: Yeni Özgür Politika

https://anfdeutsch.com/kurdistan/prostitution-und-drogen-als-mittel-der-aufstandsbekampfung-43289

 

https://anfdeutsch.com/frauen/tja-verurteilt-mord-an-pinar-bayrak-43216 https://anfdeutsch.com/frauen/femizid-in-amed-33-jahrige-von-ex-partner-erschossen-42664 https://anfdeutsch.com/aktuelles/turkisches-parlament-verabschiedet-massaker-gesetz-43080

 

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„Unternehmt jetzt etwas – Morgen kann es zu spät sein!“

19. August 2024 - 12:00

Der seit über 30 Jahren inhaftierten politischen Gefangenen Gülşan Adet wurde erneut die Entlassung trotz Ende des Vollzugs verweigert. Sie war 1994 inhaftiert und wegen „Störung der Einheit und Souveränität des Staates“ von einem der berüchtigten Staatssicherheitsgerichte zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die für lebenslänglich vorgesehenen 30 Jahre endeten am 28. März. Der Vollzugsausschuss verweigerte ihr aber bereits zweimal die Freilassung. Einmal wurde ihre Entlassung um drei Monate verschoben, nun um sechs Monate.

Das ist Feindstrafrecht“

In einem Brief beantwortete die Gefangene die Fragen der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA). Adet wies darauf hin, dass die Vollzugskommission als Begründung anführten, dass die Gefangene keine „gute Führung“ und daher nicht entlassen werde. Meist geht es darum, die Gefangenen zu brechen und zum Abschwören zu bringen. Sie sollen „Verbrechen“, die sie nie begangen haben, „bereuen“.

„Das Amt des Vollzugsrichters ist in Wirklichkeit eine Institution zur Bestätigung von Entscheidungen der Verwaltung. Der Ausschuss hat seit seiner Einrichtung auf keinen einzigen unserer Anträge positiv reagiert“, erklärte Adet. „Die Gerichte und die Vollzugskommissionen gehen im Gleichschritt gegen uns vor. Ankara wurde in dieser Hinsicht bereits als Pilotregion ausgewählt, denn die Region liegt im Zentrum aller staatlichen Mechanismen. Die Gefängnisverwaltung und alle anderen juristischen Institutionen wenden absolutes Feindstrafrecht gegen die politischen Gefangenen an.“

Es geht darum, uns die Luft zum Atmen zu nehmen“

Adet wies darauf hin, dass sie diese Entscheidungen der Vollzugskommission nun auch vor das Verfassungsgericht gebracht wurden, dass dieses aber bisher weder eine positive noch eine negative Entscheidung getroffen habe. Adet sagte: „Die sogenannten Regelungen, die mit dem 9. Justizpaket auf die Tagesordnung gesetzt wurden, richten sich komplett gegen politische Gefangene. Diese Bestimmungen sehen mehr Isolation und härtere Strafen vor. Kurz gesagt, es ist eine Richtlinie, um politischen Gefangenen den Atem zu rauben, ihre Hoffnungen zu zerstören und sie zu zwingen, sich zu fügen. Diese Praktiken sind nicht unabhängig von dem Krieg gegen das kurdische Volk und der Isolation, die dem PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan auferlegt wurde, zu betrachten. Die Isolation und die rechtswidrigen Praktiken haben ein Ausmaß erreicht, das die gesamte Gesellschaft erfasst hat. Mit dem Foltersystem von Imralı soll die gesamte Gesellschaft unterworfen werden. Deshalb versucht die Regierung, wo auch immer auf der Welt sie neue, unmenschliche Methode entdeckt, sie gegen politische Gefangene hier anzuwenden.“

Adet erinnerte daran, dass die Türkei von sich behauptet, nach den Normen der Europäischen Union (EU) zu handeln: „Wenn heute die Gefängnisse überfüllt sind und ständig neue Gefängnisse gebaut werden, dann liegt das daran, dass es dem Regime nicht gelungen ist, die kurdische Frage zu lösen. Seit 40 Jahren wird derselbe Weg beschritten und dieselbe Methode angewandt. Das ist seit nunmehr 40 Jahren die Grundstrategie des Spezialkriegsregimes gegen uns Gefangene. Der Kampf für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte ist ein Kampf, der Kontinuität erfordert. Deshalb will die Regierung diesen Kampf mit verschiedenen Mitteln gegen die politischen Gefangenen brechen.“

Devlet Bahçeli bestimmt, wer aus dem Gefängnis entlassen wird“

Adet sprach von Besonderheiten im Frauengefängnis von Sincan. Das Gefängnis werde von MHP-Kadern geleitet: „Der erste Gefängnisdirektor und der Staatsanwalt sind MHP-Kader. Devlet Bahçeli bestimmt, wer aus dem Gefängnis entlassen wird und wer nicht. Bahçeli ist der Wächter des Frauengefängnisses von Sincan. Deshalb kann man nicht erwarten, dass politische Gefangene wegen ‚guter Führung‘ entlassen werden.“

Die Gefangenen sind ihrem Schicksal überlassen“

Adet warnte mit eindringlichen Worten: „In der Tat werden Gefangene auf diese Weise langsam exekutiert, besonders in İmralı. Die Gefangenen sind ihrem Schicksal überlassen. Es werden neue Gefängnisse verschiedener Art gebaut. Die Gefangenen werden in Zellen festgehalten, und dieses System breitet sich immer weiter aus. In der Tat werden Gefangene auf diese Weise langsam umgebracht. Alle sollten dies erkennen und entsprechend handeln. Was auch immer getan werden muss, muss jetzt getan werden, morgen kann es zu spät sein.“

https://anfdeutsch.com/menschenrechte/weil-er-nicht-bereut-naif-isci-bleibt-in-haft-43277 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/massive-Uberbelegung-in-turkischen-gefangnissen-43266 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/krebskranker-gefangener-wird-kontrolluntersuchung-verweigert-43255 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/doppelstandards-gefahrden-leben-von-politischen-gefangenen-42590

 

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Rojhilat: Iranische Regimetruppen töten Lastenträger

19. August 2024 - 10:00

Wie Menschenrechtler:innen berichten, eröffneten iranische Regimetruppen bei Kirmaşan das Feuer auf kurdische Lastenträger (Kolbar) und töteten den aus Ciwanro stammenden 29-jährigen Eyub Muhammed. Sechs weitere Kolbar, die Tabak, Elektrogeräte, Tee etc. über die willkürlich durch Kurdistan gezogenen Grenzen transportieren, wurden verletzt.

Solche willkürlichen Tötungen kurdischer Lastenträger durch iranische Regimetruppen sind leider fast schon alltäglich. In diesem Jahr wurden allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mindestens 34 solcher extralegalen Tötungen von kurdischen Lastenträgern durch Regimetruppen registriert.

Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs, da die meisten Fälle von Angriffen und insbesondere Übergriffen auf die kurdische Zivilbevölkerung nicht an die Öffentlichkeit dringen. Dennoch müssen, insbesondere aufgrund der besonders schweren Armut im von den iranischen Regimen gezielt unterentwickelt gehaltenen Ostkurdistan, unzählige Menschen täglich die lebensgefährliche Tätigkeit als Kolbar auf sich nehmen, um zumindest etwas Geld für die Familie zu verdienen.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/rojhilat-iranische-regimetruppen-toten-lastentrager-42836 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/monatsbericht-des-kurdischen-menschenrechtsnetzwerks-khrn-42395 https://anfdeutsch.com/kurdistan/iranische-truppen-toten-kurdischen-zivilisten-42193

 

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15. August-Feiern in vielen europäischen Städten

19. August 2024 - 9:00

Auch am Sonntag gingen die Feiern anlässlich des 40. Jahrestags der ersten Guerillaoffensive am 15. August weiter. In vielen europäischen Ländern fanden Feiern statt. Im deutschsprachigen Raum vor allem in der Schweiz und in Deutschland.

Festival in Berlin

 


In Berlin organisierte der Frauenrat Dest Dan gemeinsam mit Nav Berlin eine Feier mit Bühnenprogramm am Oranienplatz in Kreuzberg. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dilber Çıray und Yılmaz Peşkevin.

Das Festival begann mit einer Schweigeminute für die Gefallenen Kurdistans, anschließend ergriff der Ko-Vorsitzende von Nav Berlin, Hüseyin Yılmaz, das Wort. In seiner Rede unterstrich er die Bedeutung des 15. August und erklärte: „Wenn heute die ganze Welt das kurdische Volk anerkennt, verdanken wir dies der Ideologie des kurdischen Wegweisenden Abdullah Öcalan und unseren Gefallenen. Niemand von uns kann sagen, dass wir ein freies Leben führen, solange Rêber Apo nicht die physische Freiheit erlangt hat.“

Yılmaz Peşkevin sprach in seiner Rede über die Bedeutung des gemeinsamen Kampfes und der Solidarität. Er sagte, der Kampf der kurdischen Freiheitsbewegung sei nicht nur ein Kampf für das kurdische Volk, sondern für die Befreiung aller Völker und betonte, dass dieser Kampf verstärkt werden müsse. Es folgten Auftritte von Künstler:innen wie Bengî Agirî, Soner Soyer, Simurg, Neshwan Harikî und Mirxan. An Ständen konnten sich Menschen über kurdische Autor:innen, die Werke von Abdullah Öcalan und die Arbeit der Jugendbewegung informieren.

Feier in Hamburg

 


In Hamburg fand ebenfalls am Sonntag eine öffentliche Feier im Inselpark in Wilhelmsburg statt. Der Ko-Vorsitzende des kurdischen Dachverbandes FED-DEM, Cuma Özdoğan, erklärte: „Der Freiheitsmarathon, der mit einer Handvoll Revolutionären begann, hat heute Millionen von Menschen erreicht. Auch wenn wir um der Freiheit willen viele Opfer gebracht haben, sind wir stolz und haben unsere Würde. Während wir in dieser Würde leben, will man durch die PDK und die Familie Barzanî das Messer des Verrats ins Herz unseres Volkes stechen. Aber das kurdische Volk hat darauf mit der Vertiefung seiner Einheit reagiert. Die PDK muss diese verräterische Haltung aufgeben.“

Ausgelassene Tänze und Gedenken in Stuttgart

 


Der 15. August wurde auch in Stuttgart gefeiert. Mesut Dağhan und Pervin Azad, Ko-Vorsitzende des kurdischen demokratischen Gesellschaftszentrums, begrüßten die Teilnehmenden nach einer Schweigeminute für die Gefallenen. In den Reden stand die historische Bedeutung des Beginns des bewaffneten Kampfes der PKK im Mittelpunkt. Nach den Reden traten die Musikgruppen und Künstler:innen Koma Reber Davran, Hozan Şemdin und Zülfü Esen auf.

Bremen: Fest am Weserufer

 


In Bremen versammelten sich die Menschen am Weserufer, um den Aufbruch des 15. August zu begehen. Aufgerufen hatte das kurdische demokratische Gesellschaftszentrum und der Frauenrat Sêvê. Auf der Feier traten Musiker:innen wund Künstler:innen wie Hozan Aydın, Ziyadin Doğan, Özgür Cömert und Şurzen Beritan auf.

Saalveranstaltung in Darmstadt

 


In Darmstadt fand eine Saalveranstaltung zum 15. August statt. Dabei stand das Gedenken an die Gefallenen im Mittelpunkt.

Murşide Oltan erinnerte in der Festansprache an die Bedeutung des Kommandanten des 15. Augusts Egîd (Mahsum Korkmaz). Dieser habe dem kurdischen Volk den Weg des Kampfes gezeigt habe und die Grundlage des historischen Kampfes der Guerilla heute gelegt.

Saalveranstaltung in Kiel

 


In Kiel fand im kurdischen demokratischen Gesellschaftszentrum eine Saalveranstaltung, zu der der Dachverband FED-DEM aufgerufen hatte, statt. Im Namen von FED-DEM erklärte Ihsan Muş, dass der 15. August seit 40 Jahren andauere und permanent im Kampf fortgesetzt werde.

Nach der Ansprache wurden Videos gezeigt und es traten Künstler:innen auf. Die Veranstaltung endete unter der Parole „Bijî Serok Apo“.

15. August in Sion

 


Auch in der Schweiz wurde der 15. August am Sonntag weiter begangen.

Die von der Kurdischen Volksinitiative Sion am Ufer des Sioner Sees organisierte Feier begann mit einer Schweigeminute zum Gedenken an die Gefallenen. Insbesondere der Kommandant Egîd stand dabei im Mittelpunkt. Sozdar Sidar sprach im Namen der Frauenbewegung YJK-S grüßte insbesondere die anwesenden Angehörigen von Gefallenen und würdigte den Kampf der Guerilla.

Sidar erklärte: „Die Tatsache, dass dieser Kampf heute eine unbesiegbare Kraft darstellt, ist das Ergebnis der ersten Kugel, die Kommandant Egîd in das Herz des Feindes schoss. Das kurdische Volk, dessen Existenz man völlig missachten möchte, steht zu seiner Guerilla, die heute ihren Kampf in den Widerstandsgebieten fortsetzt und den Willen des Volkes verteidigt.“ Sidar wies auf die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan, von dem es seit drei Jahren kein Lebenszeichen mehr gibt, hin und rief zur Ausweitung des Kampfes zur Befreiung Öcalans auf.

Fest in Winterthur

 


Im Schweizer Winterthur versammelten sich die Menschen auf dem Gelände des Quartiervereins Gutschick. Ali Şimşek erklärte im Namen des Dachverbands CDK-S und des kurdischen Sprachinstituts: „Der 15. August brachte viele Veränderungen sowohl in der kurdischen Gesellschaft als auch im politischen Bereich mit sich. Das kurdische Volk hat für diesen Wandel einen hohen Preis bezahlt, aber es hat seinen Willen beansprucht. Nach und nach haben sich seine Ideen in der ganzen Welt verbreitet und es wurde in seiner Bedeutung weltweit anerkannt.“

Es folgten musikalische Beiträge von Hozan Kawa Urmîye Akın zu denen die Menschen ausgelassen feierten. Şemsettin Tunç, der Vater eines Gefallenen, trug ein Gedicht vor. Das Festival endete in Kreistänzen und Parolenrufen.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/feiern-zum-15-august-gehen-weiter-43284 https://anfdeutsch.com/aktuelles/feiern-zum-15-august-in-der-schweiz-und-Osterreich-43265 https://anfdeutsch.com/aktuelles/veranstaltung-in-berlin-guerilla-im-wandel-der-zeit-43275 https://anfdeutsch.com/kurdistan/kck-es-war-keine-rein-militarische-aktion-43252

 

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Türkisch-Irakische Kooperation: Es geht um mehr als die PKK

19. August 2024 - 9:00

Die Zusammenarbeit zwischen Ankara und Bagdad erreicht in diesen Tagen eine bisher nicht gekannte Dimension. Das wird schon an der bloßen Anzahl der Treffen zwischen Regierungsvertretern beider Staaten in diesem Jahr deutlich. Nach den Besuchen des türkischen Außenministers Hakan Fidan, des Verteidigungsministers Yaşar Güler und des MIT-Chefs Ibrahim Kalın in Bagdad im März dieses Jahres und dem anschließenden Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan beim irakischen Premier Mohammed al-Sudani im Folgemonat April, reiste in der vergangenen Woche eine breit aufgestellte Delegation aus dem Irak nach Ankara. Neben den Außen- und Verteidigungsministern beider Länder nahmen auch die Leiter der Geheimdienste sowie der Innenminister der Kurdistan-Region des Irak (KRI), Rêber Ahmed, und der Chef der schiitischen Volksmobilisierungseinheiten (Hashd al-Shaabi), Falih al-Fayyad, an den Treffen teil. Begleitet wurden diese Treffen von zahlreichen Kooperationsprojekten zwischen den beiden Staaten, die eine Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit, Energie und Wirtschaft vorsehen. Die Errichtung der sogenannten Iraqi Development Road spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die „Bewirtschaftung“ des Wassers von Euphrat und Tigris, das bisher von der Türkei durch ein Netz von unzähligen Staudämmen aufgestaut wird und zu Wasserknappheit im Irak und im benachbarten Syrien führt.

Freude in Bagdad und Washington über türkische Annäherung zum Nachbarn

In Bagdad freut man sich über die neue Kooperationsbereitschaft der Türkei. Die gemeinsamen Abkommen können große wirtschaftliche und geopolitische Auswirkungen auf die Zukunft des Landes haben. Erfreut ist man auch darüber, dass die türkische Regierung nun verstärkt die irakische Zentralregierung als Partner ins Boot holt, während früher vor allem Abkommen direkt mit der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) als dominierender Kraft in der Autonomen Region Kurdistan ausgehandelt wurden. Bagdad waren diese Abkommen zwischen Erdoğans Regierung und der PDK, insbesondere wenn es um den Export von Erdöl ging, ein Dorn im Auge. Die neue Annäherung zwischen Bagdad und Ankara ist daher auch von strategischer Bedeutung für die irakische Zentralregierung, während die PDK mittelfristig zu den Verlierern des neuen Kurses der Regierung Erdoğan gehören könnte.

Auch die USA und andere NATO-Staaten dürften die Charmeoffensive Ankaras im Irak mit Wohlwollen beobachten. Denn ein wachsender türkischer Einfluss auf Bagdad geht letztlich auch mit einer Einschränkung des iranischen Einflusses auf die Irak-Politik einher. Seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein konkurrieren die Türkei und der Iran um Einfluss und Macht im Irak. Der Iran konnte bislang insbesondere über politische Vertreter der Schiiten, die im Land eine Bevölkerungsmehrheit darstellen, die irakische Politik mitbestimmen. Der Einfluss der Türkei beschränkte sich dagegen auf turkmenische Gruppen, die PDK und einige sunnitische Politiker. Die NATO hofft nun, dass durch eine engere Zusammenarbeit zwischen Bagdad und Ankara der Einfluss des Iran gebrochen werden kann. Dies würde auch in die politische NATO-Strategie der Eindämmung des Iran in der Region passen, mit der die Einflusssphären Teherans im gesamten Nahen Osten schrittweise ausgetrocknet werden sollen.

Erdoğans geforderte Gegenleistung

Doch Erdoğan wäre nicht Erdoğan, wenn er nicht eine klare Vorstellung davon hätte, was er im Gegenzug für seine neue Offenheit gegenüber dem Irak erwartet. Ganz oben auf der Agenda der türkischen Regierung steht der Kampf gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Während die türkische Armee seit 2021 immer wieder mit völkerrechtswidrigen grenzüberschreitenden Militäroperationen gegen die Guerilla der PKK vorgeht, haben die Operationen im Sommer dieses Jahres eine neue Dimension erreicht. Bislang hatte Bagdad das türkische Vorgehen im Norden des irakischen Staatsgebiets eher kritisch gesehen. Mit den jüngsten Annäherungen hat sich dies geändert. Die Regierung in Bagdad signalisiert nicht nur Zustimmung zur türkischen Militäroffensive, beim jüngsten Ministertreffen wurde sogar ein Memorandum zur „militärischen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit und Terrorismusbekämpfung“ beider Seiten unterzeichnet.

Seit Jahren setzt die Regierung in Ankara ihr außenpolitisches Kapital ein, um Unterstützung für ihren Kampf gegen die PKK und die kurdische Freiheitsbewegung zu generieren: So geschehen beim unsäglichen „Flüchtlingsdeal“ zwischen der EU und der Türkei 2016, bei den NATO-Beitrittsverhandlungen Schwedens und Finnlands im vergangenen Jahr und nun bei den Kooperationsprojekten mit der irakischen Zentralregierung. Selbst eine Versöhnung mit dem einstigen Erzfeind Baschar al-Assad scheint nicht mehr undenkbar, sofern Damaskus im Gegenzug bereit ist, gemeinsam mit der Türkei die Demokratische Selbstverwaltung in der Region Nord- und Ostsyrien (DAANES) zu zerschlagen.

Nun könnte man zu Recht fragen, warum das Erdoğan-Regime vom Kampf gegen die PKK so besessen zu sein scheint, dass es die Außenpolitik des gesamten Landes maßgeblich auf die internationale Unterstützung hierfür ausrichtet? Umso erstaunlicher erscheint dies, weil die PKK und ihr inhaftierter Vorsitzender Abdullah Öcalan in der Vergangenheit immer wieder ihre Bereitschaft zu einer politischen Lösung der kurdischen Frage signalisiert haben.

Doch die Pläne der Türkei gehen letztlich über die bloße Bekämpfung der PKK hinaus. Sie zielen auf eine langfristige Besatzungspolitik in Kurdistan. Erdoğan hat bereits vor der UN-Generalversammlung auf einer Landkarte gezeigt, was er langfristig in der Region vorhat: nämlich die Errichtung einer 30 Kilometer tiefen „Sicherheitszone“ südlich der türkischen Grenze in Nordsyrien und im Nordirak. Es ist offensichtlich, dass die türkische Regierung diese als Sicherheitszone bezeichnete Region langfristig besetzen will. Aus den Reihen der türkischen Regierung wurden in den letzten Jahren nicht umsonst immer wieder die im Vertrag von Lausanne 1923 festgelegten Grenzen infrage gestellt.

Die PKK als letzte Verteidigungslinie gegen die Besatzung Kurdistans

Die alltägliche Praxis in den von der Türkei besetzten Gebieten in Nordsyrien zeigt ebenso deutlich, dass die Türkei langfristige Besatzungsziele in der Region verfolgt, wie der Einsatz von schwerem militärischem Gerät wie Panzern und die Errichtung von Straßensperren in Südkurdistan/Nordirak. Bereits jetzt hat die türkische Armee nicht weniger als 74 Militärstützpunkte in der Autonomen Region Kurdistan auf irakischem Staatsgebiet errichtet. Die PDK hat sich durch die verfehlte Politik der letzten Jahre völlig der Türkei ausgeliefert. Sie ist politisch und wirtschaftlich so abhängig von Ankara, dass sie bereitwillig die türkische Besatzungsoperation in der Region unterstützt, die eigene Bevölkerung der Türkei ausliefert und sich letztlich ihr eigenes Grab schaufelt. Entsprechend groß ist die Unzufriedenheit der kurdischen Bevölkerung mit der Politik der Barzanî-Partei.

Und so bleibt es letztlich den Kräften der Arbeiterpartei Kurdistans vorbehalten, die letzte Verteidigungslinie gegen die Besatzung Südkurdistans aufrechtzuerhalten. Seit Jahren tobt in Südkurdistan ein Krieg, in dem es also nicht nur um die PKK und die türkische Armee geht, sondern um nichts weniger als die Zukunft Kurdistans. Ein militärischer Erfolg der Türkei könnte daher die Errungenschaften des kurdischen Volkes im Kampf um Selbstbestimmung um 30 Jahre zurückwerfen. Gelingt es der kurdischen Freiheitsbewegung und der Bevölkerung Kurdistans, diesen vermutlich letzten großen Besatzungsversuch des türkischen Staates unter der Führung Erdoğans abzuwehren, wäre dies hingegen nicht nur eine erfolgreiche Verteidigung der Autonomie in Südkurdistan, sondern ein enormer Meilenstein für den Freiheitskampf in ganz Kurdistan.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/ankara-und-bagdad-unterzeichnen-militarisches-memorandum-43264 https://anfdeutsch.com/kurdistan/erdogan-plant-kein-ende-des-krieges-in-kurdistan-sondern-dessen-eskalation-42928 https://anfdeutsch.com/aktuelles/krieg-ohne-aufmerksamkeit-knk-fordert-interventionen-gegen-ankara-42835 https://anfdeutsch.com/kurdistan/bericht-uber-zivile-opfer-bei-militareinsatzen-in-sudkurdistan-vorgestellt-43257 https://anfdeutsch.com/hintergrund/turkische-invasion-beschaftigt-bagdad-und-washington-42899

 

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14-Jähriger nach versuchtem Grenzübertritt in Kobanê getötet

18. August 2024 - 20:00

In der Autonomieregion Nord- und Ostsyriens soll ein Minderjähriger nach einem misslungenen Grenzübertritt nach Nordkurdistan von türkischen Grenzsoldaten erschossen worden sein. Wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) am Sonntag berichtete, ereignete sich der tödliche Vorfall in Kobanê. Demnach habe der 14-Jährige am Samstag versucht, im fünf Autominuten östlich der Stadt gelegenen Dorf Kikan die Grenze zu überqueren. Als dies missglückte, habe er zurückkehren wollen, doch ohne Vorwarnung sei von türkischer Seite auf ihn geschossen worden. Die Sicherheitsbehörden der Selbstverwaltung haben sich bislang nicht geäußert.

Wie SOHR weiter berichtete, soll es sich bei dem getöteten Jungen um einen Bewohner aus Serêkaniyê (Ras al-Ain) handeln. Unklar ist jedoch, ob das Kind erst kürzlich aus der Stadt floh oder möglicherweise in einem Vertriebenenlager lebte. Serêkaniyê war im Herbst 2019 im Zuge eines Angriffskrieges von der Türkei besetzt worden, 200.000 Menschen mussten fliehen. Bei der Invasion, die auch das benachbarte Girê Spî (Tall Abyad) umfasste, hatte sich Ankara der Unterstützung dschihadistischer Milizen bedient, die vom türkischen Staat ausgebildet, ausgerüstet und finanziert wurden – und heute in der Besatzungszone leben. Durch die Ansiedlung ihrer Familien ist die demografische Struktur gezielt verändert worden. Solange das Besatzungsregime weiter existiert, besteht für die Vertriebenen kaum eine Option auf Rückkehr in ihre Herkunftsorte.

13 Tote durch Schüsse von türkischen Grenzsoldaten

Im Grenzstreifen zwischen dem nördlichen Syrien und der Türkei kommt es immer wieder zu grenzüberschreitenden Angriffen türkischer Soldaten auf Zivilpersonen. Häufig handelt es sich bei den Opfern um Menschen, die aus dem kriegsgeplagten Land flüchten wollen. Andere sind Dorfbewohner:innen, die ihre Felder in Grenznähe bewirtschaften. Laut SOHR sind seit Anfang des Jahres mindestens dreizehn Menschen in Nordsyrien bei solchen Angriffen von türkischen Grenzlern getötet worden. Weitere 28 Menschen wurden durch Schüsse der Soldaten verletzt, darunter auch Frauen und Kinder. Die innerkurdische Grenze wurde vom türkischen Staat mit einer Mauer hochgerüstet und mit Überwachungsstationen ausgestattet. Dabei unterstützte die EU den Ausbau mit der Vergabe von Mitteln aus den EU-Beitrittshilfen für die Hochrüstung der türkischen Süd- und Ostgrenzen.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/16-jahriger-nahe-qamislo-von-turkischen-soldaten-erschossen-42501 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/zivilisten-aus-rojava-an-turkischer-grenze-misshandelt-42623 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/folter-in-turkei-und-besetzten-gebieten-stromschlage-todesdrohungen-und-schlage-43192 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/fluchtlinge-von-turkischen-grenzsoldaten-misshandelt-und-vergewaltigt-27717

 

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Brände in Dörfern von Amêdî dauern weiter an

18. August 2024 - 18:00

Feld- und Waldbrände in Dörfern südöstlich von Amêdî stellen die ansässige Bevölkerung weiterhin vor große Herausforderungen. Wichtige Grün- und Anbauflächen brannten bereits nieder, mehrere Häuser waren in Gefahr, während sich vom Wind angefachte Flammen durch trockene Waldgebiete und Grasland fraßen. Auslöser der Brände sind Bombardierungen durch die türkische Armee.

Während es in den Siedlungen Mêcî und Burciyan bereits seit Samstagnachmittag infolge türkischer Luftangriffe nach wie vor brennt, wurden am Abend auch Flächen in Mijê und Kevne Mijê von Besatzungstruppen in Brand geschossen. Teile beider Dörfer waren in den letzten Wochen bereits mehrfach in Flammen aufgegangen, nachdem Militärs der Regierung in Ankara Mijê und Kevne Mijê ins Visier genommen hatten. Offizielle Löschmaßnahmen wurden bisher nicht eingeleitet. Anwohnende und Freiwillige aus anderen Wohngebieten versuchten auf eigene Faust, die Flammen zu bekämpfen, beobachtete ein Reporter der Nachrichtenagentur RojNews.


Amêdî im Fadenkreuz der Besatzer

Seit die Türkei im Juni ihre 2022 in Südkurdistan aufgenommene Besatzungsoffensive „Operation Klauenschloss“ auf die im Gouvernement Duhok gelegene Kleinstadt Amêdî ausgeweitet hat, kommt es täglich zu schweren Angriffen in der Region. Mehrere Dörfer in der Region sind nach Angaben der NGO Community Peacemaker Teams (CPT) in den vergangenen Wochen von der türkischen Armee gewaltsam geräumt worden, hunderte Familien wurden vertrieben. Zudem wurden tausende Hektar Wald- und Anbaufläche infolge der Militärgewalt vernichtet. Die Demokratische Partei Kurdistans (PDK), die die Regionalregierung in Hewlêr (Erbil) dominiert und Duhok kontrolliert, leistet dem türkischen Staat bei dessen Expansionsbemühungen aktive Unterstützung. Buschfeuer und Flächenbrände, die durch türkische Bomber entzündet wurden, werden in der Regel nicht bekämpft.

Türkischer Staatsterror gegen Zivilbevölkerung

Unter dem Vorwand der „Bekämpfung“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kommt es bereits seit dem einseitigen Abbruch des Dialogprozesses zwischen dem kurdischen Vordenker Abdullah Öcalan und der türkischen Regierung durch Recep Tayyip Erdoğan im Sommer 2015 faktisch täglich zu Luft- und Bodenangriffen der türkischen NATO-Armee in Südkurdistan, die sich gezielt gegen die Zivilbevölkerung richten und bis heute hunderte Opfer forderten. Allein 2023 sind nach Recherchen der Community Peacemaker Teams mindestens elf Zivilpersonen bei türkischen Luftangriffen getötet worden, dreizehn weitere wurden verletzt. In diesem Jahr zählte die Organisation bereits neun zivile Todesopfer durch türkische Angriffe und zahlreiche Verletzte in Südkurdistan. Die Regierungen westlicher Staaten erheben keinerlei Einwände – die tödlichen Angriffe der Türkei auf die kurdische Bevölkerung bleiben für Ankara folgenlos.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/wieder-feldbrand-durch-luftangriffe-in-amedi-43281 https://anfdeutsch.com/kurdistan/bericht-uber-zivile-opfer-bei-militareinsatzen-in-sudkurdistan-vorgestellt-43257 https://anfdeutsch.com/Oekologie/pdk-verweigert-brandbekampfung-in-bombardierten-dorfern-42824 https://anfdeutsch.com/kurdistan/vorgebliche-terroristen-nester-hauser-der-zivilbevolkerung-40826

 

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Tarık Ziya Ekinci in Amed beigesetzt

18. August 2024 - 15:00

Tarık Ziya Ekinci hat auf dem Friedhof in Bajarê Nû in Amed (tr. Diyarbakır) seine letzte Ruhestätte gefunden. Unter den Trauergästen waren neben Familienangehörigen und Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft auch zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt, um dem die letzte Ehre zu erweisen. Der kurdische Arzt, Autor und ehemalige Parlamentsabgeordnete der Arbeiterpartei der Türkei (TIP) war vor drei Tagen im Alter von 99 Jahren in Istanbul gestorben.

Bakırhan: Ein großer Verlust für unser Volk

Bevor Ekinci begraben wurde, fand in der Şehitlik-Moschee eine Trauerfeier statt. Der Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tuncer Bakırhan, sprach hinsichtlich des Verlusts von Ekinci von einem „schwarzen Tag“ für das kurdische Volk. „Tarık Ziya Ekinci war in seiner Gestalt ein Umriss der Kurdistan-Frage und ein Abbild all dessen, das sich im Spannungsfeld dieses Konflikts ergibt. Wie unzählige andere honorable Kurdinnen und Kurden, die für ihre Sache eingetreten sind und die kurdische Frage mit demokratischen Mitteln lösen wollten, wurde auch er verfolgt. Aber Tarık Ziya Ekinci war ein Kämpfer. Er wurde verhaftet, erlitt Folter, musste ins Exil und lebte ein Leben fern der Heimat und seiner Familie, aber er gab nicht auf. Er war in jeder Hinsicht ein Widerständiger, der sich niemals beugte und seinen Weg auf der Suche nach einer Lösung der kurdischen Frage trotz aller Widrigkeiten fortsetzte. Er hat uns ein großes Wissen hinterlassen. Als Volk fühlen wir uns ihm und seinem Werk verbunden. Wir versprechen, die von Tarık Ziya Ekinci an uns übertragene Fahne des Widerstands ehrend ins Ziel zu tragen; die vollendete Lösung der kurdischen Frage und dem Frieden in Kurdistan”, sagte Bakırhan.

PSK würdigt Ekinci als „kurdisches Denkmal“

Weitere Ansprachen kamen zunächst von Bayram Bozyel, dem Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Kurdistans (PSK). Der Politiker würdigte Ekinci als „kurdisches Denkmal“ und sagte: „Die Sterne am Himmel leuchten nun heller, da ein Stern von uns gegangen ist.“ Sezgin Tanrıkulu, Abgeordneter der türkisch-republikanischen CHP, sagte, Ekincis fast 100-jähriges Leben sei eine „Geschichte der Erinnerung und der Entschlossenheit“. „Er kämpfte für die Rechte seines Volkes, für Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie in der Türkei und vermittelte sein Wissen an alle.“ Der Vorsitzende der Ärztekammer in Amed, Veysi Ülgen, betonte: „Wenn heute Fragen und Themen wie Gesundheit in der Muttersprache, kostenlose Gesundheit für alle, öffentliche Gesundheit im Krieg auf der Tagesordnung stehen, dann ist dies Intellektuellen wie Tarık Ekinci zu verdanken.“ Nach den Reden wurde Tarık Ziya Ekinci im engsten Familienkreis zu Grabe getragen.

Wer war Tarık Ziya Ekinci?

Tarık Ziya Ekinci wurde 1925 in Licê in der Provinz Amed (tr. Diyarbakır) geboren. Nach dem Abitur studierte er Medizin in Istanbul und an der Université Paris. Nach seinem Abschluss 1949 arbeitete er in Licê, Amed und Istanbul als Arzt. 1957 schloss er seine Facharztausbildung für Innere Medizin ab und ließ sich in erneut in Amed nieder. Mehrere Jahre war er sowohl dort als auch in den Provinzen Mêrdîn (Mardin) und Sêrt (Siirt) Vorsitzender der örtlichen Ärztekammern. Er publizierte diverse medizinische Fachartikel und veranstaltete verschiedene Medizinerkongresse. Bis zu seinem Tod war er zudem Ehrenmitglied des Türkischen Ärztebunds (TTB).

Abgeordneter der TIP und Mitbegründer der DDKO

Neben der Medizin war Tarık Ziya Ekinci auch in der Politik aktiv. Er setzte sich für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage ein. So war er von 1957 bis 1960 Mitglied der Cumhuriyet Halk Partisi (CHP). Danach wechselte er zur Türkiye İşçi Partisi (Arbeiterpartei der Türkei, TIP). Er gründete den Sozialistischen Kulturverein (Sosyalist Kültür Derneği) mit und war der Vorsitzende der Sektion in Amed. Von 1965 bis 1969 war Ekinci Abgeordneter der TIP für Amed im türkischen Parlament. Innerhalb der TIP übernahm er mehrere Posten und war auch der Generalsekretär. Im Parlament war er der Fraktionsvorsitzende der TIP. Am 16. September 1967 prangerten kurdische Mitglieder der Partei das Ungleichgewicht zwischen West und Ost im Lande an. Dies geschah in Form der sogenannten „Ost-Treffen“. Diese Treffen bereiteten die Basis für die Gründung der Devrimci Doğu Kültür Ocakları (Revolutionäre Kulturvereinigungen des Ostens, DDKO). An der Gründung der DDKO war Tarık Ziya Ekinci aktiv beteiligt.

In Gefängnissen der Militärjunta

Nach dem Militärputsch vom 12. März 1971 in der Türkei wurde Tarık Ziya Ekinci wegen kurdischer und kommunistischer Propaganda gemäß Artikel 142 des türkischen Strafgesetzbuches zu drei Jahren Haft verurteilt, von denen er zwei Jahre in Amed absaß. Hinter den Gefängnismauern widmete er sich einer „linkssozialistischen Aufklärung“ der Jugend; dieses Engagement setzte er auch nach seiner Entlassung weiter fort. Nach dem Militärputsch im September 1980 wurde er gleich fünf Mal verhaftet. 1982 floh er nach Frankreich, wo er bis 1989 als Arzt arbeitete. Am 30. Juni 1989 kehrte er in die Türkei zurück, verbüßte seine restliche Haftstrafe und ließ sich in Istanbul nieder. Ekinci war auch Gründer der Organisation Demokratische Versöhnung und Initiative zu Lösung der kurdischen Frage („Demokratik Uzlaşma ve Kürt Sorununda Çözüm Girişimi“, kurz DEMOS) und Initiator zahlreicher internationaler Appelle für das Ende des Krieges in Kurdistan.

Berater der BDP und HDP

Tarık Ziya Ekinci verfasste zahlreiche Bücher über die Kurdistan-Frage und Wege zu ihrer Lösung sowie andere Konflikte, die mit dem Demokratie- und Menschenrechtsdefizit in der Türkei einhergehen. Auch schrieb er in mehreren Zeitungen und Zeitschriften des sozialistischen Lagers. Er war Mitglied im akademischen Beirat der „Politik-Akademie“ der kurdischen Partei des Friedens und der Demokratie (BDP), die als Nachfolgerin der zuvor verbotenen Partei der demokratischen Gesellschaft (DTP) gegründet wurde und heute Partei der demokratischen Regionen (DBP) heißt. Auch gehörte er dem beratenden Gremium der HDP (Demokratische Partei der Völker) an.

Fotos: MA

https://anfdeutsch.com/aktuelles/tarik-ziya-ekinci-ist-tot-43261

 

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Prostitution und Drogen als Mittel der Aufstandsbekämpfung

18. August 2024 - 15:00

Colemêrg (tr. Hakkari) steht im Fokus der Spezialkriegsführung des türkischen Staates. Die Provinz liegt im Südosten der Türkei, grenzt an Iran und Irak und verbindet Bakur, Başûr und Rojhilat, den Norden, Süden und Osten Kurdistans. Prostitution, Drogenhandel und kriminelle Banden werden in Colemêrg staatlich gefördert, Morde, Folter und Misshandlung gehören zum Alltag der Bevölkerung.

 


Hümeyra Armut, Ko-Vorsitzende des DEM-Provinzverbands und ehemalige Bürgermeisterin von Colemêrg, erklärte gegenüber ANF, dass die spezielle Form der Aufstandsbekämpfung seit dem Abbruch der Verhandlungen mit der PKK über eine Lösung der Kurdistan-Frage durch den türkischen Staat intensiviert worden ist: „Die Spezialkriegspolitik wird vor allem seit 2015 systematisch angewandt und der Schwerpunkt wurde auf Hakkâri und Şırnak gelegt. Nicht einmal ein Vogel kann hier fliegen, ohne vom Staat beobachtet zu werden, aber Drogen können ungehindert in die Stadt gebracht und verkauft werden. Dasselbe gilt für Prostitution. In diese Vorgänge sind zumeist staatlich Beauftragte verwickelt. Wir haben gesehen, wie Drogen aus einem Polizeiwagen geholt wurden. Es gibt viele derartige Beispiele.“

Prostitution und Drogenkonsum werden normalisiert

Colemêrg ist eine Widerstandshochburg der kurdischen Freiheitsbewegung. Hümeyra Armut sagte, der Staat wolle die Bevölkerung einschüchtern und zur Kapitulation zwingen. Die Provinz steht seit vielen Jahren unter staatlicher Zwangsverwaltung, der im März gewählte Ko-Bürgermeister wurde kurz nach Amtsantritt verhaftet und in einem fingierten Verfahren zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt.

„Man muss sich genau ansehen, was seit den Kommunalwahlen am 31. März hier passiert. In dieser Zeit hat die Spezialkriegspolitik einen Höhepunkt erreicht. In Hakkari leben viele junge Menschen. Der Staat will die Jugend in einen engen Bereich drängen. Diebstahl, Prostitution und Drogenkonsum werden normalisiert. Das geschieht nicht zufällig, sondern ist Teil eines systematischen Prozesses der Assimilierung. Zu diesem Zweck werden auch Konzerte und Festivals veranstaltet. Zuletzt wurde eine Siebzehnjährige bei einem Festival in Çukurca von einem Unteroffizier belästigt. Das sind bewusste Vorgänge. Über die Jugend und die Frauen soll die Gesellschaft zerstört werden“, betonte Hümeyra Armut.

Es wird ein Klima der Angst erzeugt

Die DEM-Politikerin beobachtet in den letzten Jahren auch eine zunehmende Selbstmordrate bei jungen Menschen und Frauen: „Die Jugend findet hier keinen Lebensraum und muss zum Arbeiten in die Metropolen ziehen. Auf diese Weise sollen die jungen Menschen ihrer Heimat entfremdet werden. Sie werden in die Drogensucht getrieben. Die Stadt soll von der Bevölkerung verlassen werden. Die gesamte Region soll in ein Militärgebiet verwandelt werden. Es wird ein Klima der Angst erzeugt, überall ist Polizei und Militär. Bei Protesten wird auf die jungen Leute geschossen. Wer kurdische Musik macht und dazu tanzt, wird festgenommen und verhaftet. Die Spezialkriegspolitik basiert auf der Leugnung der kurdischen Identität, Kultur und Sprache und dient dem Machterhalt der AKP-Regierung. Es ist eine feindliche Politik. Wir versuchen, dagegen anzugehen und eine gemeinsame Kampflinie aufzubauen.“

https://anfdeutsch.com/kurdistan/ihd-wirft-polizei-drogenhandel-in-colemerg-vor-41938 https://anfdeutsch.com/hintergrund/eine-unbeugsame-stadt-colemerg-37333 https://anfdeutsch.com/kurdistan/colemerg-kurdistan-wird-zum-grab-des-faschismus-42467 https://anfdeutsch.com/aktuelles/burgermeister-mehmet-siddik-akis-zu-zwanzig-jahren-haft-verurteilt-42451

 

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