«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
ANF NEWS (Firatnews Agency) - kurdische Nachrichtenagentur
IS-Verdächtige nach Angriff auf Sicherheitskräfte in Ostsyrien gefasst
In der ostsyrischen Region Deir ez-Zor sind zwei mutmaßliche Mitglieder einer Schläferzelle der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) festgenommen worden. Die Männer stehen im Verdacht, am Samstagmorgen einen Anschlag auf ein Fahrzeug der Behörde für innere Sicherheit (Asayîş) verübt zu haben, bei dem zwei Einsatzkräfte verletzt wurden. Das teilte die Asayîş-Kommandantur am Sonntag mit.
Nach dem Angriff in der westlich von Deir ez-Zor gelegenen Kleinstadt Mahmida leiteten die Sicherheitsbehörden eine groß angelegte Fahndung ein. Im Verlauf des Tages konnten die beiden Tatverdächtigen lokalisiert werden. Bei dem Zugriff kam es zu einem kurzen Gefecht, in dessen Folge beide Männer überwältigt und festgenommen wurden.
Nach Angaben der Asayîş gehörten die beiden zu einer bewaffneten IS-Zelle, die sich mit einem Motorrad durch die Region bewegte. Neben den Festnahmen wurden auch das Fahrzeug sowie mehrere Schusswaffen und große Mengen an Munition sichergestellt.
Die Inneren Sicherheitskräfte kündigten an, ihre Operationen gegen IS-Reststrukturen fortzusetzen. „Unser Ziel ist es, die Bevölkerung zu schützen und die Stabilität in der Region aufrechtzuerhalten“, hieß es in einer Erklärung. Terroristische Aktivitäten würden „konsequent und entschlossen“ bekämpft.
https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zwei-sicherheitskrafte-bei-anschlag-nahe-deir-ez-zor-verletzt-48134
Strafe für Amedspor – Anwaltskammern sehen Angriff auf kurdische Sprache
Die Strafe gegen den Fußballverein Amedspor wegen eines kurdischsprachigen Werbeslogans auf dem Trikot hat breite Kritik ausgelöst. In einer gemeinsamen Erklärung protestierten 16 regionale Anwaltskammern – darunter die Verbände in Amed (tr. Diyarbakır), Wan (Van), Şirnex (Şırnak), Mêrdîn (Mardin), Dersim (Tunceli) und Çewlîg (Bingöl) – gegen die Entscheidung der türkischen Fußballföderation (TFF) und bezeichneten sie als diskriminierend und gesellschaftlich gefährlich.
Die Kammern verurteilen die Maßnahme als einen Angriff auf die kulturelle Identität von Millionen kurdischer Bürger:innen. In der von der Anwaltskammer Amed veröffentlichten Erklärung heißt es: „Diese Entscheidung richtet sich nicht nur gegen einen Fußballverein, sondern gegen das Grundrecht auf die eigene Sprache und gegen das Prinzip gleichberechtigter Staatsbürgerschaft.“
„Verstoß gegen die Gleichheit – Angriff auf die Muttersprache“
Die TFF hatte Amedspor wegen der Verwendung des Schriftzugs „Koma me bona we“ („Unsere Gruppe für euch“) auf dem Trikot bestraft – obwohl die Gestaltung zuvor genehmigt worden war. Die Anwaltskammern werten dies als rückschrittliche und politisch motivierte Entscheidung. „Jede Sprache ist Ausdruck von Identität. Jede Muttersprache ist schützenswert“, heißt es in der Erklärung. „Das Vorgehen der TFF verletzt den gesellschaftlichen Frieden und untergräbt das Vertrauen in Rechtsstaat und Gleichbehandlung.“
Unter der Überschrift „Keine Toleranz gegenüber Kurdisch heißt: keine Toleranz gegenüber Frieden“ warnen die Kammern vor den Folgen solcher Entscheidungen. In einer Zeit, in der über demokratische Reformen und gesellschaftliche Versöhnung gesprochen werde, sei die Strafe ein Signal in die entgegengesetzte Richtung.
„Statt Versöhnung – Spaltung durch Sport“
Besonders kritisch sehen die Anwaltskammern die Tatsache, dass die TFF selbst zuvor die Gestaltung des Trikots genehmigt hatte. Die nachträgliche Sanktion werfe ein schlechtes Licht auf die Rechtsstaatlichkeit und schaffe Unsicherheit. Sport, so die Erklärung weiter, solle Brücken bauen und nicht zur gesellschaftlichen Polarisierung beitragen. „Wir fordern die sofortige Rücknahme der Strafe und eine klare Haltung gegen sprachbezogene Diskriminierung im öffentlichen Raum. Ein Angriff auf das Kurdische ist zugleich ein Angriff auf das gesellschaftliche Zusammenleben“, so der abschließende Appell.
https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/geldstrafe-gegen-amedspor-wegen-kurdischem-slogan-48129 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/fans-von-amed-sk-feiern-auswartssieg-41990 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/organisierter-lynchangriff-auf-fussballverein-amedspor-36550
Der Tod von Ceylan Önkol und die Politik der Straflosigkeit
16 Jahre nach dem Tod der zwölfjährigen Ceylan Önkol kritisiert der Menschenrechtsverein IHD eine anhaltende Praxis der Straflosigkeit in Fällen staatlicher Gewalt. Noch immer sei kein einziger Verantwortlicher für den Tod des Mädchens ermittelt oder angeklagt worden, erklärte Ercan Yılmaz, Vorsitzender der IHD-Zweigstelle in Amed (tr. Diyarbakır). Der Fall stehe exemplarisch für den mangelnden politischen Willen zur Aufklärung.
Ceylan Önkol war am 28. September 2009 im Kreis Licê von einer Artilleriegranate zerfetzt worden, die aus einer Wache der türkischen Militärpolizei abgefeuert wurde. Die 1997 geborene Schülerin hatte sich an jenem Tag im Weiler Xambak aufgehalten, ganz in der Nähe ihres Elternhauses im Dorf Xiraba (Şenlik). Dort ließ sie auf einem Hügel Schafe und Ziegen weiden. Am Vormittag hörten mehrere Anwohnende zunächst ein Geräusch in Form von Brummen und Zischen. Dann folgten im Abstand von wenigen Sekunden zwei Explosionen. Herbeigeeilte Menschen fanden Ceylan tot auf einer Wiese vor und verständigten die Gendarmerie.
Verzögerte Ermittlungen
Zu einer unverzüglichen Untersuchung kam es aber nicht, da es dem zuständigen Staatsanwalt für Licê aus „Sicherheitsgründen” erst drei Tage später möglich gewesen sei, den Tatort zu betreten. Die Autopsie des zerfetzten Leichnams von Ceylan – ihre Mutter Saliha Önkol hatte einige der Körperteile von Baumästen und angrenzenden Wiesen aufsammeln müssen – wurde in der Gendarmerie-Wache durch einen praktischen Arzt aus Licê durchgeführt. Im Bericht wurde vermerkt, dass der Bauchbereich des Mädchens zerfetzt war und innere Organe sich außerhalb des Körpers befanden. Die Waffenexperten, die von der Staatsanwaltschaft benannt worden waren, stellten im Ergebnis fest, dass Ceylan infolge der Detonation von Munition eines Granatwerfers Kaliber 40mm getötet wurde. Dieses Kaliber ist die Standardgröße der NATO, also auch die der türkischen Landstreitkräfte. In der Türkei verfügt nur die Armee über solche Waffen.
Saliha Önkol am Grab ihrer Tochter Ceylan | Foto: Archiv
Behörden: Schuld hat das Opfer
Laut dem Gutachten der Waffenexperten sei die Munition auf das Grundstück geschleudert worden, ohne zu explodieren. Erst als das Opfer mit einer Sichel darauf geschlagen habe, sei die Detonation ausgelöst worden. Der renommierte Gerichtsmediziner Prof. Dr. Ümit Biçer widersprach dieser Version und stellte in einem Gutachten vom 12. August 2010 fest, dass der Tod von Ceylan durch das Zerfetzen innerer Organe infolge der Druckwelle einer Explosion eintrat. Bei einer Gesamtschau der Läsionen am Körper des Mädchens und der Auswertung der Tatortfotografien sei davon auszugehen, dass die Explosion – ohne Einwirkung einer Person – am Boden oder in Bodennähe erfolgt ist. Biçer hielt es für ausgeschlossen, dass das Opfer einen Sprengkörper in Händen gehalten habe oder mit einem Gegenstand darauf geschlagen hat. Ceylans Hände, Füße und Arme wiesen kaum nennenswerte Verletzungen auf. Ein Offizier unterstellte der Familie derweil, sie inszeniere sich als Opfer, um Entschädigungszahlungen zu erhalten.
Trotz dieser widersprüchlichen und zum Teil stigmatisierenden Darstellungen wurde der Fall nicht weiterverfolgt. 2014 stellte die Staatsanwaltschaft fest, die Beweislage sei unzureichend, um Täter zu identifizieren, und erließ einen Beschluss, die Ermittlungen gegen „unbekannt“ zu führen – ein Schritt, der in der Praxis selten zu Ergebnissen führt.
Die Familie Önkol klagte auf Schadenersatz – mit jahrelangem Rechtsstreit als Folge. Nachdem der Staatsrat eine erste Entschädigungszusage kassierte, wurde der Familie 2021 schließlich eine Summe von rund 283.000 Lira zugesprochen. Die Verantwortung wurde zu 90 Prozent beim Staat, zu zehn Prozent beim Kind selbst gesehen – eine Einordnung, gegen die sowohl die Familie als auch das Innenministerium Revision einlegten. Auch dieses Verfahren liegt seit Jahren beim Staatsrat ohne Entscheidung.
Rechtsanwalt Ercan Yılmaz
IHD: „Lebensräume dürfen keine Gefahrenzonen sein“
IHD-Vertreter Yılmaz stellte die staatliche Verantwortung in den Vordergrund – unabhängig davon, wie die Explosion genau ausgelöst wurde. „Selbst wenn man der Darstellung folgt, dass das Mädchen versehentlich einen Sprengkörper berührt hat – was hatte dieser Sprengkörper in einem bewohnten Gebiet zu suchen?“, fragte er und erinnerte an die Verpflichtungen der Türkei im Rahmen der Ottawa-Konvention zur Räumung von Landminen und nicht explodierter Munition. „Wenn der Staat das unterlässt, trägt er auch die Verantwortung für die Folgen – insbesondere, wenn Kinder in ihren Lebensräumen getötet werden.“
Auslöschung aus dem öffentlichen Gedächtnis
Neben der juristischen Kritik prangerte Yılmaz auch den politischen Umgang mit dem Fall an. So sei ein nach Ceylan benannter Park in Licê nach der Einsetzung eines staatlichen Zwangsverwalters anstelle der abgesetzten Ko-Bürgermeister:innen im Jahr 2017 umbenannt worden. „Diese bewusste Auslöschung aus dem öffentlichen Gedächtnis ist kein Einzelfall – sie zeigt, wie wenig Interesse der Staat an Aufarbeitung hat.“ Eine gesunde Friedenspolitik, so Yılmaz, könne nur entstehen, wenn sich die Gesellschaft auch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetze – und den betroffenen Familien zuhöre. „Diese Familien fordern nicht nur Frieden, sie fordern auch Anerkennung des Unrechts, das ihnen widerfahren ist – und sie fordern zu Recht die strafrechtliche Verfolgung der Täter.“
Appell: Ermittlungen neu aufrollen
Yılmaz forderte die Wiederaufnahme des Verfahrens. Mit einem ernsthaften politischen und juristischen Willen könnten neue Ermittlungen zu konkreten Ergebnissen führen – nicht nur im Fall Önkol, sondern auch in anderen Fällen, die unter ähnlichen Umständen zu den Akten gelegt wurden. „Es braucht eine klare Abkehr von politisch motivierten Entscheidungen“, sagte Yılmaz. „Was wir fordern, ist nichts anderes als rechtsstaatliche Ermittlungen nach universellen Standards.“
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Anwaltskammer: Gerichtsmedizin blockiert Aufklärung im Fall Rojin Kabaiş
Ein Jahr nach dem Tod der Studentin Rojin Kabaiş in Wan (tr. Van) kritisiert die regionale Rechtsanwaltskammer schwere Versäumnisse im Ermittlungsverfahren. Der Vorsitzende Sinan Özaraz sieht das dem türkischen Justizministerium unterstehende Institut für Rechtsmedizin als zentrales Hindernis für die Aufklärung. Trotz mehrfacher Anfragen habe die Einrichtung wesentliche forensische Informationen zurückgehalten, sagte Özaraz gegenüber der Nachrichtenagentur MA.
Rojin Kabaiş war Erstsemesterstudentin im Fachbereich Kindheitspädagogik an der Universität Yüzüncü Yıl und ist am 27. September 2024 aus einem Studentinnenwohnheim in Wan verschwunden. Ihre Leiche wurde 18 Tage später am Ufer des Wan-Sees gefunden. Laut Autopsie soll die 21-Jährige ertrunken sein. An ihrem Körper sowie persönlichen Gegenständen wurden jedoch DNA-Spuren von zwei Männern sowie eine Blutspur auf einem Kleidungsstück gefunden. Bis heute wurde nicht geklärt, wem die Spuren gehören.
Sinan Özaraz © MA
„Das Institut für Rechtsmedizin hat zentrale Informationen zurückgehalten – darunter die Herkunft der DNA-Spuren am Körper von Rojin. Diese Angabe ist für das Verfahren von entscheidender Bedeutung“, so Özaraz. Die Ermittlungen würden seit Monaten blockiert. „Seit Januar warten wir auf eine Antwort, doch trotz mehrfacher Nachfragen beim Institut wurde bis heute nichts in die Ermittlungsakte aufgenommen“, kritisierte der Jurist.
Anzeige wegen Beweisunterdrückung
Gemeinsam mit der Rechtsanwaltskammer von Diyarbakır (ku. Amed) hat die Kammer in Wan nun Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des rechtsmedizinischen Instituts erstattet. Die Anzeige richtet sich nicht nur gegen die in Istanbul angesiedelte Behörde, sondern auch das Fachgremium für Biologie. Die Kammer wirft dem Institut Verstöße gegen Artikel 257 (Amtsmissbrauch) und Artikel 281 (Beweisunterdrückung) des türkischen Strafgesetzbuches vor.
„Dass DNA-Spuren am Körper eines mutmaßlichen Gewaltopfers nicht lokalisiert werden, ist kein gewöhnlicher Verfahrensverzug – es geht hier um eine massive Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung“, betonte Özaraz. Die Ermittlungen litten zudem unter der anhaltenden Geheimhaltungsverfügung zur Akte, was unabhängige Bewertungen erschwere.
Zu den offenen Fragen zählen laut der Anwaltskammer die genaue Todeszeit, die Beschaffenheit des Wassers, in dem die Leiche der gefunden wurde, sowie toxikologische Befunde zum Mageninhalt der Verstorbenen. Auch diese Informationen seien bisher nicht vollständig übermittelt worden.
„Gesellschaftliches Vertrauen in die Justiz wird beschädigt“
Özaraz warnt vor den gesellschaftlichen Folgen solcher Versäumnisse: „Bei ungeklärten Todesfällen von Frauen entsteht zunehmend der Eindruck, dass Ermittlungen gezielt verschleppt werden.“ Viele dieser Fälle würden ohne belastbare Aufklärung geschlossen – was das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz nachhaltig untergrabe.
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Soziologe Ismail Beşikçi nach Hirnblutung im Krankenhaus
Der renommierte Soziologe und Publizist Ismail Beşikçi hat bei einer Veranstaltung im Rahmen des 9. Dokumentarfilmfestivals FilmAmed in Amed (tr. Diyarbakır) eine Hirnblutung erlitten. Der 86-Jährige wurde am Samstagabend nach erster notärztlicher Versorgung ins Universitätsklinikum Dicle eingeliefert. Dort wird er derzeit auf der Intensivstation medizinisch betreut.
Wie der leitende Arzt des Krankenhauses, Prof. Dr. Mehmet Ata Akıl, mitteilte, sei die Blutung in einer kritischen Hirnregion durch Bluthochdruck verursacht worden. „Unser Patient ist zwar bei klarem Bewusstsein, jedoch besteht weiterhin Lebensgefahr“, erklärte Akıl am Abend in der Klinik.
Beşikçi war bei einer Diskussionsrunde nach der Vorführung der Dokumentation Bizim İsmail („Unser Ismail“) auf dem Festival kollabiert. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden. Der Zustand des Autors werde engmaschig überwacht, so das Krankenhaus.
Kritischer Denker mit bewegter Vergangenheit
Ismail Beşikçi gilt als einer der bekanntesten Intellektuellen der Türkei – und als Symbolfigur für Meinungsfreiheit. Er wurde 1939 im zentralanatolischen Iskilip geboren und studierte Politikwissenschaft an der Universität Ankara. Seine akademische Laufbahn begann er als Soziologe an der Atatürk-Universität in Erzîrom (Erzurum).
Bekannt wurde Beşikçi durch seine Arbeiten zur kurdischen Frage, die ihn immer wieder ins Visier staatlicher Behörden brachten. Nach dem Militärputsch von 1971 wurde er wegen „propagandistischer Inhalte“ aus dem Universitätsdienst entlassen. Es folgten zahlreiche Prozesse, Haftstrafen und Publikationsverbote. Insgesamt verbrachte Beşikçi rund 17 Jahre im Gefängnis.
Von seinen 36 veröffentlichten Büchern wurden 32 in der Türkei verboten oder beschlagnahmt. Seine Werke widmen sich Themen wie staatlicher Assimilationspolitik, offizieller Geschichtsschreibung, der Rolle der Wissenschaft und dem Verhältnis von Staat und Gesellschaft.
Beşikçi wurde mehrfach international ausgezeichnet, unter anderem mit dem Hrant-Dink-Preis (2012) und einer Ehrendoktorwürde der Universität Boğaziçi (2013). 2014 wurde er vom Western Armenian National Congress mit einer Medaille in Gedenken an Katholikos Gevorg Surenyants von Tiflis ausgezeichnet – in Anerkennung seiner Arbeiten zum Völkermord an den Armenier:innen, der 1915 von den Jungtürken im Osmanischen Reich verübt wurde.
Gedenkmarsch in Wan fordert Gerechtigkeit für Rojin Kabaiş
In der nordkurdischen Metropole Wan (tr. Van) haben zahlreiche Menschen mit einem Protestmarsch an die Studentin Rojin Kabaiş erinnert, die vor einem Jahr unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Die Teilnehmenden forderten Aufklärung und warfen den Behörden schwerwiegende Versäumnisse vor.
Organisiert wurde die Demonstration von der Koordination zur Bekämpfung von Gewalt im Rahmen der Kampagne „Wir organisieren uns, um zu leben und Leben zu schützen“. Neben Mitgliedsgruppen wie die Bewegung Freier Frauen (TJA) und der Frauenverein Star beteiligten sich auch der Rat der Friedensmütter, Regionalverbände der Parteien DEM und DBP sowie zahlreichen Einzelpersonen. Auch Rojin Kabaiş' Vater nahm an der Aktion teil.
„Rojin erwartet Gerechtigkeit“
Die Teilnehmenden versammelten sich vor einem Einkaufszentrum in der Innenstadt. Auf ihren Schildern waren Aufschriften wie „Was ist mit Rojin passiert?“, „Rojin erwartet Gerechtigkeit“ und „Rektor Hamdullah Şelvi – wessen DNA ist das?“ zu lesen. Begleitet von Rufen wie „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) und „Es war kein Suizid, es war Mord“ zogen sie bis zum zentralen Stadtplatz. Unterwegs schlossen sich auch Passant:innen dem Marsch an, Autofahrer:innen unterstützten die Aktion mit Hupkonzerten. Viele Frauen trugen Lichtquellen bei sich, begleiteten den Zug mit Pfiffen und schrillem Trillern.
Im Fokus der Kritik stand die Leitung der Universität in Wan. Die Demonstrierenden warfen der Hochschulverwaltung vor, nach Rojins Verschwinden untätig geblieben zu sein. Immer wieder ertönte die Forderung nach dem Rücktritt des Rektors. Die 21-jährige Kurdin studierte Kinderpädagogik an der Wan-Universität. Am 27. September vergangenen Jahres verließ sie das staatliche Studentinnenwohnheim – danach verliert sich ihre Spur. Erst 18 Tage später wurde ihre Leiche am Ufer des Wan-Sees nahe des Dorfs Molla Kasım gefunden. Obwohl Staatsanwaltschaft und Polizei seither ermitteln und männliche DNA an ihren persönlichen Gegenständen festgestellt wurde, liegen bis heute keine Ergebnisse vor.
TJA: „Rojins Tod ist politisch“
Bei der Abschlusskundgebung erklärte die örtliche TJA-Sprecherin Şükran Şen, der Tod von Rojin Kabaiş sei kein tragischer Einzelfall, sondern Teil einer systematischen Gewaltstrategie gegen Frauen. „Ihr Tod ist nicht nur ein Angriff auf das Leben einer jungen Frau, sondern Ausdruck eines politischen Systems, das Frauenleben entwertet und Straffreiheit fördert“, sagte Şen.
Sie kritisierte, dass in Kurdistan organisierte Strukturen wie Drogen- und Zwangsprostitutionsnetzwerke geduldet würden und gleichzeitig staatliche Stellen versagten. „Das zeigt: Der Schutz von Täterstrukturen ist Teil einer geschlechtsspezifischen Kriegsführung. Frauen sind nicht nur Opfer individueller Gewalt, sondern Ziel staatlich gestützter Machtverhältnisse“, sagte sie. Der Fall Rojin Kabaiş sei ein Symbol für den politischen Kampf um das Recht auf Leben. Solange Frauen sterben, während Täter geschützt werden, werde es keine Gerechtigkeit geben, so Şen.
Vater erhebt Vorwürfe gegen Universität und Justiz
Nizamettin Kabaiş, der Vater der Verstorbenen, warf der Universität und den Ermittlungsbehörden schwere Fehler vor. „Wäre nach 23 Uhr noch die vorgeschriebene Anwesenheitskontrolle durchgeführt worden, könnte Rojin noch leben“, sagte er. Die Aufnahmen aus den Überwachungskameras im Wohnheim seien gelöscht oder manipuliert worden. „Keiner redet mit uns – nicht die Sicherheitskräfte, nicht die Mitbewohnerinnen im Studentinnenheim. Warum?“ fragte er. Die Ermittlungen verliefen schleppend, obwohl es Hinweise gebe. „Es gibt Spuren, aber niemand wurde festgenommen.“
DEM-Abgeordnete: „Was ist mit Rojin passiert?“
Auch die DEM-Abgeordnete Gülderen Varlı forderte Aufklärung. „Vor genau einem Jahr verschwand Rojin auf dem Weg zur Mensa – kurz darauf wurde ihre Leiche gefunden. Doch bis heute wissen wir nicht, was geschehen ist“, sagte sie. Die Wahrheit dürfe nicht länger verschleppt werden. „Wir fordern Gerechtigkeit – für Rojin und für alle Frauen“, so Varlı.
Die Kundgebung endete mit einem Aufruf, die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung um Gewalt gegen Frauen weiterzuführen. Auch in Städten wie Amed (Diyarbakır), Istanbul, Adana und Mersin fanden am Sonnabend Demonstrationen und weitere Protestveranstaltungen mit der Forderung nach Aufklärung der Todesumstände von Rojin Kabaiş statt.
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Protest in Draguignan gegen antikurdische Repression
In der südfranzösischen Stadt Draguignan haben Hunderte Menschen am Sonnabend gegen polizeiliche Maßnahmen gegen die kurdische Community und ihre Strukturen protestiert. Anlass waren unter anderem Razzien sowie Festnahmen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen kurdische Vereine und Einzelpersonen in Frankreich und Belgien.
Die Demonstration führte vom zentralen Postamt bis zum Rathaus. Neben Teilnehmer:innen aus Draguignan kamen auch viele Menschen aus Marseille und anderen Städten Südfrankreichs. Getragen wurde der Protest von kurdischen Organisationen sowie von der Französischen Kommunistischen Partei (PCF).
„Kurd:innen sind keine Terroristen, sondern Verbündete Frankreichs“
Auf Bannern war unter anderem zu lesen: „Die Kurd:innen sind keine Terrorist:innen – sie sind Verbündete Frankreichs“ und „Stoppt die Repression gegen kurdische Aktivist:innen in Frankreich“. Immer wieder skandierten die Teilnehmenden auch Parolen wie „Bijî Serok Apo“, „Jin, Jiyan, Azadî“, „Bijî berxwedana zindanan“ und „Politische Lösung für Kurdistan“.
Vor dem Rathaus fand eine Sitzblockade statt, anschließend wurden mehrere Erklärungen verlesen. Die Ko-Vorsitzenden des Volksrats von Draguignan, Osman Sönmez und Menice Dinç, kritisierten die Maßnahmen gegen legale kurdische Vereine scharf. „Während weltweit anerkannte Kriegsverbrecher in der UNO reden dürfen, werden kurdische Aktivist:innen, die sich für Frieden einsetzen, in Europa kriminalisiert“, sagte Sönmez. „Wir verurteilen diese doppelzüngige Politik.“
CDK-F: Repression gegen kurdisches Leben in Frankreich
Auch der Kurdische Demokratische Rat in Frankreich (CDK-F) äußerte sich mit einem Statement, in dem die sofortige Freilassung der Festgenommenen sowie ein Ende der Kriminalisierung kurdischer Institutionen gefordert wurde. „Diese Angriffe richten sich nicht nur gegen eine lokale Einrichtung, sondern stehen in direktem Zusammenhang mit der seit Jahren andauernden Repressionspolitik gegenüber dem kurdischen zivilgesellschaftlichen Leben in Frankreich“, so der Wortlaut.
Besonders hervorgehoben wurde die Festnahme der kurdischen Journalistin Heval Arslan in Belgien, die ebenfalls Thema des Protests war. Der Moderatorin des Senders Medya Haber TV droht eine Kettenabschiebung über Frankreich in die Türkei. Derzeit wird sie in einem sogenannten Rückführungszentrum im belgischen Brügge festgehalten.
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https://deutsch.anf-news.com/pressefreiheit/aveg-kon-fordert-freilassung-von-heval-arslan-48125 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/polizeieinsatz-bei-kurdischem-kulturzentrum-in-frankreich-48074
Freiheitswache für Öcalan in Straßburg geht in die 693. Woche
Die Freiheitswache für Abdullah Öcalan, die seit Januar 2012 ohne Unterbrechung vor dem Sitz des Europarats in Straßburg stattfindet, ist in ihre 693. Woche gegangen. Ziel der symbolischen Protestaktion ist die Aufhebung der Isolationshaft und die physische Freilassung des kurdischen Vordenkers, der seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftiert ist.
In dieser Woche wird die Mahnwache von einer Gruppe aus dem deutschen Hildesheim getragen. Die Teilnehmenden sind Mitglieder des dortigen kurdischen Volksrats.
„Öcalans Freiheit ist der Schlüssel für gesellschaftlichen Wandel“
Bei der offiziellen Übergabe der Wache erklärte ein Aktivist, die Aktion sei Teil eines gesamtgesellschaftlichen Engagements: „Wir übernehmen die Freiheitswache im Namen des Volksrats von Hildesheim. Unser Ziel ist es, das Isolationsregime zu durchbrechen und die rechtlichen und politischen Rechte Abdullah Öcalans einzufordern.“
Er rief alle kurdischen Einrichtungen in Europa dazu auf, sich stärker an der Mahnwache zu beteiligen: „Wenn Abdullah Öcalan in einem neuen politischen Prozess wirkt, müssen wir seine Position stärken. So kann er wieder in direkten Kontakt mit der Gesellschaft treten.“
Kritik an internationaler Rolle bei Öcalans Inhaftierung
In der Rede wurde auch auf die ideellen Grundlagen von Öcalans politischer Philosophie eingegangen, die etwa im demokratischen Modell in Nord- und Ostsyrien beziehungsweise Rojava praktische Anwendung finde. Die dortige Selbstverwaltung basiere auf Vielfalt, Geschlechtergerechtigkeit und Dezentralisierung, sagte der Aktivist.
Zugleich übte er Kritik an westlichen Regierungen, die Öcalans Inhaftierung nach wie vor unterstützten: „Seine Ideen für Frieden und einen neuen Gesellschaftsvertrag im Nahen Osten sind den imperialistischen Mächten ein Dorn im Auge. Deshalb halten sie ihn weiterhin gefangen.“
Der Aktivist erinnerte daran, dass Öcalan selbst den Weg zu einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage gewiesen und zur Beendigung des bewaffneten Kampfes aufgerufen habe. Es sei daher nicht hinnehmbar, dass ihm das Recht auf Hoffnung – etwa durch Hafterleichterungen oder Gespräche mit Vermittlungsinstanzen – weiterhin verweigert werde.
Vorwurf: Mangelnde Initiative in der Frage von Öcalans Haftbedingungen
Die Mahnwache vor dem Europarat in Straßburg wird wöchentlich von wechselnden Delegationen aus ganz Europa getragen. Sie richtet sich vor allem an europäische Institutionen wie den Europarat, den Ausschuss zur Verhütung von Folter (CPT) und die EU-Kommission, denen mangelnde Initiative in der Frage von Öcalans Haftbedingungen vorgeworfen wird.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/mahnwache-in-strassburg-fur-eine-friedliche-losung-46913 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/recht-auf-hoffnung-auftakt-des-sitzstreiks-in-strassburg-47961 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/dem-abgeordneter-Cicek-ohne-imrali-ist-keine-losung-denkbar-48116
Ökologieverein verurteilt Abholzung durch Zwangsverwaltung in Wan
Die von der türkischen Regierung eingesetzte Zwangsverwaltung der kurdischen Großstadt Wan (tr. Van) steht wegen umfangreicher Baumfällungen im Newroz-Park unter Kritik. Die Umweltorganisation EKO-DER sprach am Samstag von einem schweren Eingriff in das städtische Ökosystem und kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen.
Die Bäume seien im Rahmen eines Straßenerweiterungsprojekts gefällt worden, ohne dass eine wissenschaftliche Bewertung oder Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt sei, sagte die Ko-Vorsitzende von EKO-DER, Dilek Akdağ, bei einer öffentlichen Erklärung am Ort des Geschehens. Zahlreiche Menschen nahmen an der Protestaktion teil, begleitet von einem Banner mit der Aufschrift: „Krieg ist die größte ökologische Zerstörung.“
„Die betroffenen Bäume wurden weder umgesetzt noch begutachtet – sie wurden schlicht gefällt“, so Akdağ. „Das dient allein den wirtschaftlichen Interessen regierungsnaher Bauunternehmen.“
Kritik an mangelnder Umweltverantwortung
Der Verein EKO-DER wirft der Zwangsverwaltung vor, Stadtentwicklung ohne Rücksicht auf Natur und Artenvielfalt zu betreiben. „Städtebau und Infrastrukturprojekte müssen so geplant werden, dass sie die Umwelt schützen und nicht zerstören. Bäume dürfen nur in Ausnahmefällen und mit fachgerechter Verpflanzung entfernt werden – das ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern eine ethische Verpflichtung.“ Die jetzige Vorgehensweise stelle eine vorsätzliche Zerstörung von Lebensräumen dar – nicht nur für Pflanzen, sondern auch für Vögel, Insekten und andere Tiere.
EKO-DER kündigt rechtliche Schritte an
Die Organisation kündigte an, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um gegen das Vorgehen der Stadtverwaltung vorzugehen. „Wir fordern den sofortigen Stopp der Arbeiten und rufen die Verantwortlichen dazu auf, die Zerstörung zu beenden. Die Natur ist keine Verfügungsmasse, sie gehört allen.“ Abschließend erklärte Akdağ: „Wir werden nicht zulassen, dass unter dem Vorwand der ‚Dienstleistung‘ ein einziger Nagel in einen lebenden Organismus geschlagen wird. Wir bleiben dran – für die Bäume, für die Tiere, für die Zukunft von Wan.“
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Uni-Aufnahmeprüfung in Nord- und Ostsyrien
In der Autonomieregion Nord- und Ostsyriens ist am Samstag die zentrale Aufnahmeprüfung für das akademische Jahr 2025–2026 durchgeführt worden. Nach Angaben der zuständigen Prüfungskommission nahmen insgesamt 2.320 Bewerber:innen an dem Auswahlverfahren teil.
Die Prüfungen fanden in neun Prüfzentren statt, darunter in den Städten Qamişlo, Hesekê, Girkê Legê, Kobanê, Raqqa sowie in den Stadtteilen Şêxmeqsûd und Eşrefiye von Aleppo. Die Ergebnisse sollen am 1. Oktober bekannt gegeben werden. Ab dem 2. Oktober können die erfolgreichen Kandidat:innen ihre Studienplatzwünsche einreichen und sich offiziell bewerben.
Lokale, muttersprachliche und gesellschaftlich relevante Bildung
Seit der Etablierung der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien entstanden ab 2014 mehrere unabhängige Universitäten und Fachhochschulen, die parallel zum zentralstaatlichen Bildungssystem operieren. Sie sind Ausdruck des politischen und gesellschaftlichen Aufbaus in der Region und sollen insbesondere jungen Menschen Zugang zu lokaler, muttersprachlicher und gesellschaftlich relevanter Bildung ermöglichen.
Zu den wichtigsten Einrichtungen zählen die Universität von Rojava in Qamişlo, die Universität Kobanê, die Universität Al-Sharq in Raqqa sowie mehrere Fachinstitute in Städten wie Hesekê und Girkê Legê. Das Studienangebot reicht von Agrar- und Ingenieurwissenschaften über Jura, Pädagogik und Sprachen bis hin zur Jineolojî, der Wissenschaft der Frauen, und kommunaler Verwaltung.
Nicht nur Ausbildungsstätten, sondern Teil des Transformationsprozesses
Der Unterricht erfolgt je nach Studiengang in Kurdisch, Arabisch, Aramäisch oder Englisch. Besonders betont werden gesellschaftliche Teilhabe, kritisches Denken und die Verankerung in lokalen Strukturen. Viele der Hochschulen verstehen sich nicht nur als Ausbildungsstätten, sondern als Teil des politischen und sozialen Transformationsprozesses in der Region.
Der Zugang zu einem Studienplatz erfolgt über eine zentrale Aufnahmeprüfung, die einmal jährlich in mehreren Städten durchgeführt wird. Die erreichte Punktzahl entscheidet über die Auswahlmöglichkeiten bei der Studienplatzvergabe.
Trotz dieser Entwicklungen ist das Hochschulsystem mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert – darunter die fehlende internationale Anerkennung der Abschlüsse, begrenzte Ressourcen, infrastrukturelle Einschränkungen und die anhaltende militärische Bedrohung durch die Türkei oder Grenzblockaden. Dennoch wird es in Nord- und Ostsyrien als bedeutender Schritt zur Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Stabilisierung verstanden.
https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/universitat-rojava-schreibt-masterstudiengang-in-jineoloji-aus-47536 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/nord-und-ostsyrien-grundet-dachverband-der-hochschulrate-44209 https://deutsch.anf-news.com/kultur/rojava-hochschule-fur-kunst-und-kultur-eroffnet-43412
Zwei Sicherheitskräfte bei Anschlag nahe Deir ez-Zor verletzt
In der Nähe der westlich von Deir ez-Zor gelegenen Kleinstadt Mahmida ist am Samstagmorgen ein Fahrzeug der Behörde für innere Sicherheit (Asayîş) Ziel eines bewaffneten Angriffs geworden. Das teilte das Generalkommando der Asayîş in einer Stellungnahme mit.
Demnach wurden bei dem Anschlag zwei Mitglieder der Einheit verletzt. Die Angreifer seien zunächst unerkannt entkommen. Die Sicherheitskräfte hätten jedoch die Kontrolle über die Umgebung übernommen und ein umfassendes Ermittlungsverfahren eingeleitet.
In der Erklärung heißt es weiter: „Solche feigen terroristischen Angriffe werden weder unsere Entschlossenheit noch unsere Verantwortung gegenüber der Sicherheit der Bevölkerung und der Stabilität der Region schwächen.“ Weitere Details zu den mutmaßlichen Tätern oder Hintergründen des Anschlags wurden zunächst nicht bekanntgegeben.
IS-Zellen steigern Aktivitäten in Deir ez-Zor
Die ostsyrische Region Deir ez-Zor ist seit Jahren ein Brennpunkt für Aktivitäten von Terrorgruppen, darunter Zellen der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS). Trotz der militärischen Niederlage im Jahr 2019 kommt es immer wieder zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte und zivile Einrichtungen. In den vergangenen beiden Tagen waren neun Kämpfer der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) bei der Abwehr von IS-Anschlägen ums Leben gekommen.
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Übergangsregierung sperrt wichtige Verbindung Aleppo–Raqqa
Die selbsternannte syrische Übergangsregierung hat die Verbindungsstraße zwischen Aleppo und Raqqa nahe Dair Hafir gesperrt. Das teilte der Zivilrat der selbstverwalteten Gemeinde im Norden Syriens am Samstag mit.
Die bereits am Freitag eingerichtete Sperrung betrifft einen wichtigen Verkehrs- und Handelsweg, der das Gebiet um Aleppo mit den von der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) kontrollierten Regionen verbindet – insbesondere mit dem Kanton Tabqa.
Nach Angaben des Ko-Vorsitzenden des Zivilrats von Dair Hafir, Maha Al-Khalaf, waren Hunderte Menschen stundenlang gezwungen zu warten, ehe sie unverrichteter Dinge umkehren mussten. „Die Straße ist ein zentrales Nadelöhr für die Zivilbevölkerung und den Handel zwischen den Regionen. Die Blockade trifft insbesondere Pendler, Patient:innen und Händler“, sagte al-Khalaf.
Politische Dimension
Die Damaszener Übergangsregierung operiert unter dem Einfluss der Türkei und kontrolliert gemeinsam mit pro-türkischen Dschihadistenmilizen die besetzten Gebiete in Nordsyrien. Die Sperrung der Verbindungsroute wird in den Autonomiegebieten als gezielte Maßnahme zur wirtschaftlichen und politischen Isolation gewertet. In den vergangenen Wochen war es zudem wiederholt zu teils tödlichen Angriffen von Regierungstruppen auf Dair Hafir gekommen.
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Kenan Ayaz: Meine Haft auf Zypern ist eine politische Entscheidung
Seit rund eineinhalb Wochen befindet sich eine Delegation der Solidaritätsgruppe #FreeKenan in Nikosia, um sich vor Ort ein Bild von der Situation des kurdischen Aktivisten und Politikers Kenan Ayaz zu machen. Am heutigen Samstag besuchten die Vertreter:innen die Haftanstalt in der zyprischen Hauptstadt zum zweiten Mal.
Ayaz war im März 2023 auf Betreiben deutscher Behörden in Larnaka festgenommen und im Juni desselben Jahres an Deutschland ausgeliefert worden. Im September 2024 wurde er vom Oberlandesgericht Hamburg zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt – wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Konkrete Straftaten wurden ihm nicht vorgeworfen. Menschenrechtsorganisationen und seine Verteidigung kritisierten das Verfahren als politisch motiviert.
Erleichterung nach Verlegung aus Deutschland
Seit dem 8. September befindet sich Ayaz nun im Zentralgefängnis von Nikosia. Im Gespräch mit der Delegation betonte er erneut, wie erleichternd der Wechsel aus dem deutschen Untersuchungsgefängnis sei: In der Haftanstalt Holstenglacis in Hamburg war er 23 Stunden täglich in einer fensterlosen Kellerzelle untergebracht gewesen.
„Allein mit den anderen Gefangenen in einer Schlange zum Essen zu stehen, ist ein schönes Gefühl“, sagte Ayaz. Inzwischen sei ihm auch der offizielle Entlassungstermin mitgeteilt worden: der 19. Juni 2026.
Kein Freigang – aus politischer Überzeugung
Zwar befinde er sich nun in einer sogenannten offenen Vollzugsanstalt, ein täglicher Freigang auf Antrag wäre prinzipiell möglich – doch Ayaz lehnt diesen ausdrücklich ab. Die Gründe sind politischer Natur.
„Zypern ist ein von Kolonialismus und Besatzung gezeichnetes Land – genau wie Kurdistan. Ich bin ein Mensch, der für Freiheit kämpft, so wie die Zyprer:innen“, so Ayaz. Deutschland und die Türkei seien weiter an einem Genozid beteiligt, auch Zypern habe Massenmorde und Besatzung erlebt. Dass ausgerechnet dieses Land ihn weiterhin inhaftiere, sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Er habe seinen Anwält:innen bereits gesagt: „Wenn ich hier wieder ins Gefängnis muss, kann ich auch im deutschen Gefängnis bleiben. Es ist unwürdig, dass ein Land, das selbst unter türkischer Besatzung leidet, nun die Aufgaben der Türkei übernimmt.“
Ayaz betonte, er wolle nicht Teil dieses politischen Spiels sein. Die Wärter:innen im Gefängnis begegneten ihm mit Respekt und Freundlichkeit – umso mehr schmerze es ihn, dass sie gezwungen seien, ihn zu bewachen. „Lieber sitze ich 23 Stunden in einer Zelle in Deutschland, als diese Menschen in Zypern in diese beschämende Lage zu bringen.“
Ayaz zog einen Vergleich zu kurdischen Politiker:innen in der Türkei, die in Handschellen abgeführt werden: „Früher hat man uns erschossen. Heute sagt man: Freu dich, dass du nur Handschellen trägst. Genauso könnte man den Zypriot:innen sagen: Seid froh, dass Erdogan nur die Hälfte der Insel besetzt hält.“ Unter diesen Umständen wolle er keinen Freigang, das wäre bloße Kosmetik. Diese Art von „Teilfreiheit“ sei für ihn nicht akzeptabel.
Haftfortsetzung laut Ayaz rein politisch motiviert
Die Fortsetzung seiner Inhaftierung sei aus seiner Sicht keine juristische, sondern eine rein politische Entscheidung. Zypern wolle Mitglied im Schengen-Raum werden, zugleich habe das Interesse der EU an den Gasvorkommen vor der Küste zugenommen. Diese Interessen stünden im Zusammenhang mit dem ungelösten Zypernkonflikt und dem Grenzstreit zwischen Griechenland und der Türkei, so Ayaz.
Auch zur kurdischen Frage äußerte er sich: Frieden sei nur durch eine Demokratisierung der Türkei möglich, betonte er und verwies auf die Bedeutung von Abdullah Öcalan und dessen Initiativen für ein Ende des Krieges. Der Westen habe die kurdische Frage wiederholt instrumentalisiert, um die Türkei in Abhängigkeit zu halten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wiederum nutze diese Lage aus, um seinen genozidalen Kurs gegen die Kurd:innen zu verschärfen.
„Die aktuellen Verhandlungen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Freiheit und Sicherheit für alle Völker der Region“, erklärte Ayaz zum Schluss. Er bedankte sich bei seinen Unterstützer:innen in Deutschland und richtete herzliche Grüße an sie. Die Gruppe #FreeKenan kündigte an, auch weiterhin auf den Fall aufmerksam machen und politischen Druck aufbauen zu wollen.
Foto: Demonstration vor dem Zentralgefängnis von Nikosia am 10. September 2025 für die Freilassung von Kenan Ayaz © O Phileleftheros / Mattpress
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Samstagsmütter fordern Gerechtigkeit für Abdülmecit Baskın
Die Istanbuler Initiative der Samstagsmütter hat bei ihrer 1070. Mahnwache auf dem Galatasaray-Platz erneut Gerechtigkeit für die Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens in der Türkei gefordert. Im Mittelpunkt der Aktion stand der Fall Abdülmecit Baskın, der vor 32 Jahren in Ankara festgenommen und kurz darauf ermordet aufgefunden wurde.
Abdülmecit Baskın ist das erste Opfer einer Serie von Hinrichtungen von etwa hundert kurdischen Geschäftsleuten und Beamten, die zwischen den Jahren 1993 und 1996 in den Metropolen der Westtürkei stattfanden – verübt vom sogenannten tiefen Staat. Der aus Colemêrg (tr. Hakkari) stammende Familienvater war Chef der Einwohnermeldestelle in Ankara-Altındağ, als er am 30. September 1993 von paramilitärischen Spezialeinheiten der türkischen Polizei festgenommen wurde. Wenige Tage später wurde Baskıns Leichnam mit auf den Rücken gefesselten Händen in einem verlassenen Gebäude in unmittelbarer Nähe vom Koordinationszentrum des türkischen Geheimdienstes MIT entdeckt. Der 41-Jährige war mit drei Kugeln getötet worden.
Über Jahre lag die Akte Baskın als „Mord unbekannter Täter” in den Archiven der türkischen Justiz – die Behörden leugneten die Festnahme. Erst 2011 kam der Fall wieder ins Rollen, als der Ex-Polizist Ayhan Çarkın gestand, dass Baskın auf Befehl des damaligen Chefs der Spezialeinheiten Ibrahim Şahin festgenommen und von zwei Kollegen erschossen worden war. So landete der Name des Kurden auf der Liste der 19 Opfer der „JITEM-Morde von Ankara“.
Unter den Angeklagten des Verfahrens war auch Mehmet Ağar, ehemaliger Generalpolizeipräsident der Türkei und Ex-Justizminister. Als Innenminister war er in den sogenannten Susurluk-Skandal, bei dem die Zusammenarbeit zwischen Staat und organisiertem Verbrechen offenkundig wurde, verwickelt. Der Prozess endete 2019 mit Freisprüchen. Nach mehreren Berufungen hob das oberste Gericht die Urteile zwar auf, doch auch die erneute Verhandlung führte 2023 nicht zu Gerechtigkeit – der Fall verjährte.
„Wir geben den Kampf um Gerechtigkeit nicht auf“
„Trotz detaillierter Geständnisse und Ortsangaben gab es keine effektive Strafverfolgung“, sagte Maside Ocak, eine Sprecherin der Samstagsmütter. „32 Jahre sind vergangen, seit Abdülmecit Baskın ermordet wurde. Doch bis heute hat der Staat seine Pflicht zur Aufklärung dieser Tat nicht erfüllt.“
Baskıns Tochter Melek Baskın warf Mehmet Ağar persönlich vor, für den Tod ihres Vaters verantwortlich zu sein: „Trotz aller Beweise wurde er freigesprochen. Wir werden nicht aufhören, Gerechtigkeit zu fordern.“
Auch Hanife Yıldız, deren Sohn seit Jahrzehnten verschwunden ist, kritisierte die politische Verantwortung früherer Regierungsmitglieder und forderte deren strafrechtliche Verfolgung: „Wir warten seit 30 Jahren auf Gerechtigkeit. Mehmet Ağar nennt die Verfahren gegen ihn eine Ehrenmedaille. Doch diese Medaille ist blutig.“
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DEM mobilisiert für Frauenmarsch – zentrale Forderung: Freiheit für Öcalan
In einer Pressekonferenz hat die Sprecherin des Frauenrats der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM), Halide Türkoğlu, zu einer breiten Teilnahme an der geplanten Frauendemonstration vom 1. bis 7. Oktober aufgerufen. Die von der Bewegung Freier Frauen (TJA) organisierte Aktion steht unter dem Motto „Mit Hoffnung in die Freiheit“ und führt von Amed (tr. Diyarbakır) nach Ankara.
Zentrales Anliegen sei die Aufhebung der Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan, sagte Türkoğlu. Dessen physische Freiheit und Gespräche mit der im Parlament eingerichteten „Kommission für Nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie“ seien Voraussetzung für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage in der Türkei. „Das Recht auf Hoffnung muss umgesetzt werden“, forderte Türkoğlu.
Fall Rojin Kabaiş: Kritik an Justiz und Behörden
Türkoğlu begann ihre Erklärung mit scharfer Kritik an den Behörden im Zusammenhang mit dem nicht aufgeklärten Tod von Rojin Kabaiş, einer jungen Studentin, deren Leichnam vor einem Jahr in Wan (Van) unter ungeklärten Umständen aufgefunden worden war. „Obwohl Spuren zweier Männer am Körper des Opfers gefunden wurden, gibt es bis heute keine Anklage – nur eine Geheimhaltung des Verfahrens. Das ist kein Einzelfall, sondern ein Muster: Frauenmorde werden nicht aufgeklärt, sie werden vertuscht.“
Kritik an Gewalt gegen Frauen und Waffenpolitik
Türkoğlu wies auf die anhaltend hohe Zahl an Feminiziden hin. Allein im August seien 28 Frauen in der Türkei ermordet und weitere 25 unter ungeklärten Umständen gestorben. Die Regierung trage Mitverantwortung, da sie keine wirksamen Schutzmaßnahmen ergreife, so Türkoğlu.
Besonders deutlich kritisierte sie die zunehmende Verbreitung von Schusswaffen: „Viele Morde an Frauen werden mit legal oder illegal beschafften Waffen verübt. Der Staat hat versagt, diese Entwicklung aufzuhalten.“ Sie forderte erneut die Wiedereinführung der Istanbul-Konvention und die vollständige Umsetzung des Gesetzes 6284 zum Schutz von Frauen vor Gewalt.
Bildung, Sprache, Gesundheit: Systematische Benachteiligung
In weiteren Punkten sprach Türkoğlu von struktureller Diskriminierung in Bildung, Gesundheitsversorgung und Sprache. Sie warf der Regierung vor, Mädchen und junge Frauen systematisch auszuschließen: „Kürzungen, hohe Kosten, ein sexistisch geprägter Lehrplan und fehlende Wohnheimplätze gefährden Bildungschancen junger Frauen.“
Auch die Verdrängung der kurdischen Sprache im Bildungssystem sei ein strukturelles Problem. Die DEM fordere ein gleichberechtigtes, muttersprachliches Bildungssystem, das auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhe.
Im Gesundheitswesen verwies Türkoğlu auf jüngste Skandale wie den Vorwurf, dass in einer Istanbuler Klinik ohne Zustimmung der Patientinnen Medikamente eingesetzt wurden, um Frühgeburten einzuleiten. Solche Fälle seien Ausdruck eines „frauenfeindlichen Systems“, das Frauen entmündige.
Haftbedingungen für politische Gefangene
Türkoğlu kritisierte zudem die Verweigerung von Entlassungen für politische Gefangene, obwohl deren reguläre Haftzeit beendet sei. Besonders betroffen seien Frauen in den Gefängnissen von Sincan und Bakırköy: „In vielen Fällen wird behauptet, die Frauen hätten kein ‚gutes Verhalten‘ gezeigt. Das ist willkürlich, rechtswidrig und menschenverachtend.“ Die Frauenratssprecherin warf den Aufsichtskommissionen in den Gefängnissen vor, gezielt Entlassungen zu verhindern und damit gegen internationales Recht zu verstoßen.
Solidarität mit Journalistinnen
Abschließend erinnerte Türkoğlu an die Bedrohungslage für kurdische Journalistinnen, die über Gewalt und Machtmissbrauch berichten: „Feministische Journalistinnen werden bedroht, weil sie Täter benennen und unterdrückte Stimmen sichtbar machen. Ihre Arbeit ist unverzichtbar. Ihre Stimmen lassen sich nicht zum Schweigen bringen.“
Aufruf zur Teilnahme am Frauenmarsch
Die mehrtägige Aktion vom 1. bis 7. Oktober sieht Türkoğlu als „Symbol für den Kampf um ein freies, gleichberechtigtes Leben“. Die Forderungen der TJA-Demonstration seien auch die des DEM-Frauenrats: Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans, Freilassung politischer Gefangener, Ende der Zwangsverwaltung, Anerkennung der kurdischen Sprache und der Verzicht auf militaristische und patriarchale Politik. „Wir rufen alle Frauen, Jugendlichen und die Bevölkerung auf, sich dieser Bewegung anzuschließen. Lasst uns gemeinsam für eine gewaltfreie, gerechte Zukunft auf die Straße gehen. Jin, Jiyan, Azadî“, so Türkoğlu.
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Geldstrafe gegen Amedspor wegen kurdischem Slogan
Der kurdische Fußballverein Amedspor ist vom Disziplinarausschuss des türkischen Fußballverbandes TFF zu einer Geldstrafe von 110.000 Lira (rund 2.270 Euro) verurteilt worden. Grund ist ein kurdischer Werbeslogan auf der Trikotbrust, der zuvor vom TFF genehmigt worden war.
Amedspor hatte für das Ligaspiel gegen Pendikspor Trikots getragen, auf denen der Sponsor Tezgel Kom mit dem Schriftzug „Koma me bona we“ („Unsere Gruppe für euch“) warb. Damit war der Verein als erster Club in der türkischen Fußballgeschichte mit einem kurdischsprachigen Slogan aufgelaufen. Beim späteren Spiel gegen Sakaryaspor beanstandete der Disziplinarausschuss diese Werbung jedoch nachträglich wegen „Verstoßes gegen die Ausrüstungsbestimmungen“.
Amedspor kündigte an, gegen die Entscheidung rechtliche Schritte einzuleiten und sprach von „Intoleranz gegenüber der kurdischen Sprache“.
DEM: Beschämende Entscheidung
Scharfe Kritik kam auch von der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM). Die beiden Ko-Vorsitzenden Tuncer Bakırhan und Tülay Hatimoğulları bezeichneten den Beschluss als politisch motiviert und diskriminierend. Bakırhan schrieb auf der Plattform X (vormals Twitter): „Im Parlament wird Kurdisch ignoriert, im Sport bestraft. Diese Politik schafft ein Klima, in dem Menschen auf der Straße wegen ihrer Sprache attackiert werden.“
Wer einen Trikotspruch mit kurdischen Wörtern ahnden wolle, schade dem gesellschaftlichen Frieden, so Bakırhan weiter. Er forderte den Verband auf, die „beschämende Entscheidung sofort zurückzunehmen“ und sich zu entschuldigen. Auch Hatimoğulları sprach von einem Angriff auf die Muttersprache von Millionen Kurdinnen und Kurden: „Dass ein zuvor genehmigtes Trikot plötzlich beanstandet wird, zeigt die Willkür dieser Entscheidung. Wir lassen nicht zu, dass unsere Bemühungen um Frieden durch solche Schritte untergraben werden.“
Symbol für den Umgang mit Kurdisch in der Türkei
Die Auseinandersetzung um das Trikot gilt als weiteres Beispiel für den schwierigen Umgang türkischer Behörden mit der kurdischen Sprache. Immer wieder sehen sich Vereine, Künstler:innen oder Kommunalpolitiker:innen mit Restriktionen konfrontiert, wenn sie Kurdisch öffentlich verwenden. Amedspor will die Geldstrafe nicht akzeptieren. „Wir werden diesen Entscheid vor Gericht anfechten“, erklärte der Club. Eine Stellungnahme des Fußballverbands lag zunächst nicht vor.
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Vier QSD-Kämpfer bei Gefechten mit IS-Zellen in Ostsyrien gefallen
In der ostsyrischen Provinz Deir ez-Zor sind bei einem Angriff mutmaßlicher Zellen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) vier Kämpfer der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) ums Leben gekommen. Das teilte das Medien- und Kommunikationszentrum der QSD am späten Freitagabend mit.
Der Angriff ereignete sich demnach in der Ortschaft Abriha, östlich von Deir ez-Zor. Bei anschließenden Gefechten wurde laut Angaben ein Angreifer getötet, weitere seien auf der Flucht. Die QSD erklärten, man habe die Verfolgung der Verantwortlichen aufgenommen und verstärke die Sicherheitsmaßnahmen in der Region.
„Das Blut unserer Gefallenen ist ein Versprechen, den Kampf gegen die Reste des IS fortzusetzen und den Terror endgültig zu besiegen“, heißt es in der Mitteilung des Bündnisses.
Die Region Deir ez-Zor ist seit Jahren ein Brennpunkt für Aktivitäten verbliebener IS-Zellen. Trotz der militärischen Niederlage des IS im Jahr 2019 kommt es immer wieder zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte und zivile Einrichtungen. Erst am Donnerstag waren fünf QSD-Mitglieder bei der Abwehr eines Angriffs auf eine Stellung ums Leben gekommen.
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GÖÇ-DER: Rückkehr von Vertriebenen scheitert am Dorfschützersystem
Der Ko-Vorsitzende des Forschungsvereins für Migration (GÖÇ-DER), Murat Sarı, hat das sogenannte Dorfschützersystem als ernsthaftes Hindernis für die Rückkehr Vertriebener in ihre Heimatorte bezeichnet. Bei einer Anhörung vor der „Kommission für Nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie“ im türkischen Parlament forderte Sarı eine gesetzliche Grundlage für sichere Rückkehrmöglichkeiten und die Abschaffung des Dorfschützersystems.
„Das Dorfschützersystem schafft ein militarisiertes Klima in vielen Regionen. Es verhindert Rückkehr, statt sie zu ermöglichen. Wer eine echte Friedensperspektive will, muss diesen Mechanismus überwinden“, erklärte Sarı mit Blick auf die in der vergangenen Woche abgehaltene Sitzung gegenüber ANF.
Hintergrund: Das Dorfschützersystem
Das Dorfschützersystem – inzwischen „Sicherheitswachen – wurde Mitte der 1980er-Jahren vom türkischen Staat eingeführt. Es sieht vor, dass ausgewählte Dorfbewohner bewaffnet und als Hilfskräfte der Armee und Gendarmerie eingesetzt werden, vor allem im Kampf gegen die PKK. Die Einheiten gelten als paramilitärisch und unterstehen dem Innenministerium.
Kritiker:innen werfen dem System vor, tiefgreifende Konflikte in der Bevölkerung zu schüren. Immer wieder wurde es mit Menschenrechtsverletzungen, Straflosigkeit und einer Spaltung von Dorfgemeinschaften in Verbindung gebracht. In vielen kurdischen Provinzen gilt das System als Haupthindernis für eine sichere und würdige Rückkehr ehemals vertriebener Familien.
Zwangsvertreibung weiter unbeantwortet
In der Kommissionssitzung überreichte GÖÇ-DER einen Bericht, der die massenhaften Zwangsräumungen in den 1990er-Jahren dokumentiert. Damals wurden rund 3.700 Dörfer und Weiler ganz oder teilweise niedergebrannt oder zwangsgeräumt. Hunderttausende kurdische Zivilist:innen wurden aus ihren Siedlungen vertrieben – meist mit dem Vorwurf, sie würden die PKK unterstützen oder dulden.
Die Folgen seien bis heute nicht aufgearbeitet, so Sarı: „Diese gewaltsamen Vertreibungen müssen anerkannt, aufgearbeitet und rechtlich korrigiert werden. Ohne eine Wiedergutmachung wird es keinen dauerhaften Frieden geben.“
Die Kommission, die mit dem Ziel eines demokratischen Lösungsansatzes für die kurdische Frage eingerichtet wurde, hört seit Wochen Vertreterinnen und Vertreter aus Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft an. Sarı begrüßte die Einrichtung ausdrücklich: „Wir halten die Kommission für einen wichtigen Schritt. Sie kann zur Schaffung eines demokratischen und nachhaltigen Friedens beitragen.“
Gesetzlicher Rahmen für Rückkehr gefordert
Kernforderung von GÖÇ-DER ist eine gesetzliche Grundlage für Rückkehr und Wiedergutmachung. Diese müsse auch für Menschen aus dem Geflüchtetenlager Mexmûr im südlichen Kurdistan gelten, betonte Sarı. „Ein Gesetz, das die Rückkehr ehemaliger Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner absichert, würde enorme Motivation freisetzen. Viele sind ihrer Heimat tief verbunden – sie würden zurückkehren, wenn Sicherheit und rechtliche Klarheit gegeben sind.“
Nach Einschätzung der Organisation ist eine umfassende Aufarbeitung der Vergangenheit unverzichtbar für eine friedliche Zukunft. Ohne konkrete Schritte – so Sarı – werde es keine Rückkehr „mit ruhigem Gewissen“ geben.
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FilmAmed Festival eröffnet mit „Jinwar“ und starker Botschaft
Mit der Vorführung der Dokumentation Jinwar ist am Freitagabend das 9. FilmAmed Dokumentarfilmfestival feierlich eröffnet worden. Die Auftaktveranstaltung im Kongresszentrum Çand Amed zog mehrere tausend Besucher:innen an, darunter Vertreter:innen politischer Parteien, zivilgesellschaftlicher Organisationen und Kulturschaffende.
Das Festival wird von der Stadt Amed (tr. Diyarbakır) und der Bezirksverwaltung Payas (Kayapınar) in Kooperation mit der Akademie des Kinos des Nahen Ostens und der Organisation „Sanatça“ ausgerichtet. Im Zentrum steht die filmische Auseinandersetzung mit Erinnerung, Geschichte und gesellschaftlichen Konflikten. Das diesjährige Motto lautet: „Wurzeln … Wahre Legenden am Feuer“ – ein Hinweis auf kollektives Gedächtnis und mündliche Erzähltraditionen. Das Festival läuft bis zum 30. September.
Erinnerung an prägende Stimmen des kurdischen Kinos
Mir Mustafa Baydemir von der Akademie des Kinos des Nahen Ostens, zugleich Mitglied des Festivalkomitees, eröffnete das Programm mit einer Rede, in der er die Kraft des Erzählens betonte: „Hier werden wir unseren Geschichten Raum geben. FilmAmed bringt das wahre Leben auf die Leinwand – fernab von oberflächlichem Glanz. Dabei gedenken wir Persönlichkeiten wie Sırrı Süreyya Önder, Halil Dağ und Yılmaz Güney. Ihre Stimmen bleiben Teil unserer Arbeit.“
Szene aus Jinwar
Immer wieder wurde Baydemirs Rede von Sprechchören mit dem Ruf „Şehîd namirin“ – „Die Gefallenen sind unsterblich“ – unterbrochen. Zum Abschluss zitierte er das Gedicht „Ben geldim“ („Ich bin gekommen“) des 2017 in Raqqa ums Leben gekommenen Journalisten und Filmemachers Mehmet Aksoy.
Dokumentarfilm als Stimme der Wahrheit
Berivan Gülşen Sincar (DEM), Ko-Bürgermeisterin des Bezirks Payas, betonte in ihrer Ansprache die Bedeutung des Dokumentarfilms als Medium: „FilmAmed schenkt Hoffnung für die Zukunft. Diese Arbeit wurde trotz staatlicher Zwangsverwaltung und Leugnungspolitik realisiert. Denn: Wenn Sprache, Kultur und Kunst eines Volkes nicht frei sind, kann auch seine Zukunft nicht frei sein.“
Auch Ko-Bürgermeister Cengiz Dündar hob den kulturellen Widerstand hervor und dankte allen unterstützenden Institutionen: „Die kurdische Gesellschaft hat der jahrzehntelangen Assimilation stets mit Haltung entgegengestanden.“
Musik, Film und Botschaft aus Rojava
Für musikalische Akzente sorgte der kurdische Sänger Mehmet Atlı. Seine Lieder wurden vom Publikum begeistert aufgenommen, viele stimmten spontan mit ein. Im Anschluss wurde der Dokumentarfilm Jinwar gezeigt – benannt nach dem gleichnamigen Frauendorf in Nordostsyrien, das nach der Revolution von Rojava gegründet wurde. Der Film der Regisseurin Nadya Derwîş zeigt den Alltag der dort lebenden Frauen, ihre Geschichten und den gemeinschaftlichen Aufbau des Dorfes.
Vor der Vorstellung wurde eine Videobotschaft der Regisseurin eingespielt. Darin sagte Derwîş: „Kunst und Kino geben uns die Möglichkeit, Ideen, Gefühle und Erfahrungen auszudrücken. Jinwar ist Ausdruck eines Ortes, den Frauen mit ihren eigenen Händen erschaffen haben – ein Raum der Kraft, der Solidarität und des Austauschs. Wir hoffen, mit diesem Film Frauen weltweit zu erreichen.“
Das Publikum dankte mit langem Applaus im Stehen. Der erste Festivaltag endete unter der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ – „Frau, Leben, Freiheit“.
Volles Programm bis Monatsende
Das Festivalprogramm wird bis kommenden Dienstag fortgesetzt. Am Samstag finden im Çand Amed Kongresszentrum von 11 bis 20 Uhr weitere Filmvorführungen, Diskussionsrunden und kulturelle Veranstaltungen statt.
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AVEG-KON fordert Freilassung von Heval Arslan
Die Konföderation der unterdrückten Migrant:innen in Europa (AVEG-KON) hat die sofortige Freilassung der in Belgien festgenommenen Journalistin Heval Arslan gefordert. Die Organisation kritisierte die Festnahme in einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung als Teil einer gezielten Kampagne gegen kurdische Strukturen und oppositionelle Stimmen in Europa.
Arslan, Moderatorin des kurdischen Senders Medya Haber TV, war am Montag nach einer Vorladung bei der Polizei in Ninove festgenommen worden – laut ihrem Arbeitgeber ohne Gerichtsbeschluss. In Gewahrsam soll sie einer entwürdigenden Nacktdurchsuchung unterzogen und isoliert untergebracht worden sein. Die belgische Polizei habe angedeutet, sie solle zunächst nach Frankreich, dann in die Türkei abgeschoben werden. Mittlerweile wurde Arslan in ein Rückführungszentrum in Brügge verlegt.
AVEG-KON sieht in der Festnahme eine Fortsetzung der europäischen Repressionspolitik gegenüber kurdischen Journalist:innen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen. „Der belgische Staat setzt damit die Kriminalisierung kurdischer Stimmen fort“, erklärte der Verband. Man erinnere sich an die Razzia bei Medya Haber TV und Stêrk TV, die im Vorjahr auf französischen Ersuchen hin stattgefunden hatte – nun würden ähnliche Methoden auf einzelne Medienschaffende angewandt.
Unklare Rechtslage – Asylantrag in Belgien läuft
Arslan wurde in Nordkurdistan geboren und wuchs ab dem Kindesalter in Frankreich auf, wo sie auch ihr Studium der Journalistik absolvierte. Dennoch wurde ihr die französische Staatsbürgerschaft verwehrt. Gleichzeitig weigerte sich das türkische Konsulat zuletzt, ihren Reisepass zu verlängern. Infolgedessen wurde Arslan das Recht auf Freizügigkeit und die Ausübung ihres Berufs entzogen, sodass sie gezwungen war, in Belgien Asyl zu beantragen. Laut ihrem Sender sei aber fraglich, ob ihr Asylantrag in Frankreich überhaupt geprüft oder sie möglicherweise nicht direkt an die Türkei überstellt wird. Dort sind mehrere Verfahren gegen die Journalistin anhängig.
AVEG-KON: Einschüchterungsversuche auch in Frankreich
Kritik richtete AVEG-KON auch an Frankreich. So waren kürzlich im südfranzösischen Draguignan bei Razzien im Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrum sowie Privatwohnungen mehrere kurdische Aktivisten festgenommen worden. Die Organisation sieht in diesen Entwicklungen den Versuch, migrantische Selbstorganisation gezielt zu schwächen. „Diese Angriffe sind ein Einschüchterungsversuch gegen kurdische und linke Organisationen sowie gegen das Recht auf freie Berichterstattung“, heißt es weiter.
Aufruf zum Widerstand
AVEG-KON ruft migrantische Arbeiter:innen, Frauen und Jugendliche in Europa zur „organisierten Gegenwehr“ auf. „In Zeiten zunehmender rassistischer und faschistischer Angriffe ist der Kampf für unsere Rechte und Freiheiten notwendiger denn je“, erklärte die Konföderation. Ziel müsse es sein, „dem staatlichen Druck mit kollektiver Stärke zu begegnen“. Die Erklärung endet mit der Forderung: „Freiheit für Heval Arslan – Schluss mit rassistisch-faschistischen Angriffen.“
Foto von Heval Arslan © Deniz Babir
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