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Aktualisiert: vor 1 Stunde 25 Minuten

Şengal: „Erdoğan ist ein Mörder“

3. April 2024 - 20:00

Der türkische Staat hat seit dem 29. Februar drei gezielte Drohnenangriffe in der Şengal-Region im Nordirak verübt. Zuletzt wurde am Dienstag ein Auto auf einer Straße in der Hochebene Serdeşt bombardiert, zwei Frauen wurden verletzt. Nach Angaben eines Vertreters der Selbstverwaltung von Şengal richtete sich der Angriff gegen Zivilpersonen, die den Genozid der Terrororganisation „Islamischer Staat” (IS) 2014 überlebten.

In der Gemeinde Sinûnê hat heute eine Demonstration gegen den türkischen Drohnenterror stattgefunden. An der von der Selbstverwaltung organisierten Protestaktion nahmen ezidische und arabische Anwohner:innen teil. Kasim Murat erklärte im Namen der Selbstverwaltung: „Erdoğan ist ein Feind der Menschheit. Der gestrige Angriff hat zivile Überlebende des Ferman getroffen.“ Als Ferman bezeichnen die Ezid:innen die wiederkehrenden Massaker gegen ihre Gemeinschaft.

„Der türkische Staat kann den Freiheitsmarsch unseres Volkes nicht stoppen. Wenn einem Volk Rechte und Freiheiten genommen werden, ist Widerstand die einzige Alternative. Der Wille der Menschen ist stärker als jeder Angriff. Erdoğan sollte klar sein, dass der Kampf gegen Unterdrückung und Despotismus weitergehen wird.“

Zozan Şengalî wies als Vertreterin der ezidischen Frauenbewegung TAJÊ darauf hin, dass Luftangriffe nicht die einzige Methode sind, mit der der Willen der Bevölkerung von Şengal gebrochen werden soll. Der türkische Staat habe Kollaborateure in der Region und führe auch einen psychologischen Krieg. „An den Angriffen auf unser Volk darf sich niemand mitschuldig machen. Wir werden bis zum Sieg weiterkämpfen“, so die Aktivistin. Die Demonstration endete mit den Parolen „Erdoğan ist ein Mörder“ und „Bijî Berxwedana Şengalê" (Es lebe der Widerstand in Şengal).

Hintergrund: Türkischer Drohnenterror in Şengal

Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es seit 2017 immer wieder zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen auf Şengal. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Einrichtungen, die unter dem Eindruck des IS-Genozids gegründet wurden – wie etwa das Verwaltungsgremium „Demokratischer Autonomierat Şengal“ (MXDŞ) oder die Selbstverteidigungseinheiten YBŞ und YJŞ. Bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Zivilbevölkerung – oftmals sind es Überlebende des Völkermords von 2014.

NATO-Staat ermordet Genozid-Überlebende

Der letzte bekannte Drohnenangriff der Türkei in Şengal war Anfang März verübt worden. Dabei wurde Mecdel Feqîr, ein Kommandant der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) und Überlebender des IS-Genozids von 2014, ermordet. Die Killermaschine hatte nahe Til Êzêr einen Kontrollpunkt bombardiert, an dem Feqîr im Einsatz war. Er wurde 32 Jahre alt und hinterließ Frau und Sohn. Wenige Tage zuvor war in Şengal bereits der Zivilist Sadun Mirza Ali von einer türkischen Drohne getötet worden. Der Ezide war Vater von drei Kindern und arbeitete als Fahrer für das Gefallenenkomitee der Selbstverwaltung. Ende Dezember kamen fünf Arbeiter aus Rojava bei einem Drohnenangriff in Şengal ums Leben.

Alle Angriffe in Şengal sind eine Fortsetzung des Völkermords

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) bewertet die tödlichen Anschläge als Angriff auf den freien Willen der ezidischen Gemeinschaft. „Der türkische Staat will den Völkermord an den Ezid:innen vollenden, den der IS nicht vollenden konnte. Alle Angriffe auf Şengal dienen diesem Zweck“, erklärte die KCK Anfang März.

Die türkische Regierung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die das ezidische Volk gegen den IS verteidigt hatte und seit 2018 nicht mehr in der Region präsent ist, vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe.

Der Deutsche Bundestag hat den IS-Genozid von 2014 als Völkermord an den Ezid:innen anerkannt. Die Bundesregierung steht jedoch bei den Massakern an der kurdischen Bevölkerung, egal in welchem Teil Kurdistans, grundsätzlich, stillschweigend und praktisch auf der Seite der Türkei. So wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Ezidinnen und Eziden aus Deutschland in den Irak abgeschoben, obwohl die Ampel die Rückführungen von ezidischen Geflüchteten im vergangenen Jahr noch als „unzumutbar“ bezeichnet hatte. In einigen Bundesländern ist die Abschiebung ezidischer Frauen und Kinder vorübergehend ausgesetzt worden.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/protest-gegen-turkischen-drohnenangriff-in-Sengal-41652 https://anfdeutsch.com/kurdistan/drohnenangriff-auf-fahrzeug-in-Sengal-41643 https://anfdeutsch.com/aktuelles/tajE-seid-die-stimme-der-selbstverteidigung-gegen-femizid-41372

 

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„Die demokratische Wahlentscheidung in Wan anerkennen“

3. April 2024 - 18:00

„Die demokratische Wahlentscheidung in Wan anerkennen“: Das fordert Die Linke Baden-Württemberg und stellt sich solidarisch an die Seite der protestierenden Menschen in der kurdischen Stadt Wan gegen die Annullierung der Wahl ihres neuen Oberbürgermeisters Abdullah Zeydan (DEM). Stattdessen soll der mit fast 30 Prozent weit hinten liegende AKP-Kandidat ins Amt gehievt werden. „So will Erdogan das Wahlergebnis in der Millionenstadt Wan für die AKP umdrehen und den Willen der Bevölkerung der Karlsruher Partnerstadt mit Gewalt übergehen“, berichtet Dr. Sabine Skubsch aus Karlsruhe, die mit der Mannheimer Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut an einer Wahlbeobachtungsdelegation in den kurdischen Gebieten teilnahm. Seit dem Bekanntwerden des Wahlbetrugs wird in Wan und vielen Städten der ganzen Türkei protestiert.

Wahlbeobachtung in Sêrt (tr. Siirt)

Bei den Kommunalwahlen in der Türkei hat die DEM-Partei (Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie) die Mehrheit der Stimmen in zehn Provinzen und die Bürgermeisterposten in 78 Städten und Gemeinden gewonnen. Skubsch und Akbulut stellten mit anderen Wahlbeobachter:innen fest, dass mehr als 47.000 ortsfremde Soldaten und Polizisten in die kurdischen Provinzen zum Wählen aus der ganzen Türkei angekarrt worden waren. „So wollte Erdogan die Wahlen von vornherein manipulieren. In manchen Orten gab es mehr abgegebene Stimmen, als eingetragene Wähler:innen. Aber das hat alles nichts genutzt, die Menschen haben gegen das AKP-Regime gestimmt", so Akbulut. Gegen diese Wahlmanipulation geht die DEM-Partei in vielen Städten vor.

Besuch einer Gerechtigkeitswache der Friedensmütter-Initiative

In der kurdischen Metropole Amed (Diyarbakir) erklärte die gewählte Oberbürgermeisterin Serra Bucak: „Die in den kurdischen Provinzen lebenden Menschen haben am Sonntag ihren Willen gezeigt. Damit wurden alle Wahlintrigen zunichte gemacht. Aus diesem Grund hat die Regierung keine 48 Stunden später gegen den Willen der Bevölkerung in Wan geputscht. Der Vorgang ist illegitim und antidemokratisch. Wir wehren uns seit acht Jahren gegen das Regime der Zwangsverwaltung, mit dem unsere Städte und Dörfer ausgebeutet und der Willen des kurdischen Volkes übergangen wird.“

Der im Amt bestätigte Oberbürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu (CHP), forderte ebenfalls die Anerkennung des Wahlergebnisses in Wan und erklärte seine Solidarität mit Abdullah Zeydan.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/massenproteste-in-wan-abdullah-zeydan-ist-unser-burgermeister-41662 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kon-med-der-wille-kurdischer-wahler-innen-wird-missachtet-41661 https://anfdeutsch.com/aktuelles/linkspolitikerinnen-fordern-anerkennung-des-wahlerwillens-in-wan-41659 https://anfdeutsch.com/kurdistan/ausnahmezustand-in-wan-41658 https://anfdeutsch.com/aktuelles/anwaltskammern-stellen-legitimitat-der-wahlen-in-der-turkei-in-frage-41645

 

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Massenproteste in Wan: „Abdullah Zeydan ist unser Bürgermeister!“

3. April 2024 - 18:00

Auf den Straßen in Wan fordern Zehntausende Menschen die Anerkennung des kurdischen Politikers Abdullah Zeydan als Oberbürgermeister der Provinzhauptstadt. Der Ko-Kandidat der DEM-Partei wurde am Sonntag mit haushoher Mehrheit gewählt, das türkische Regime will an seiner Stelle den AKP-Politiker Abdulahat Arvas zum Bürgermeister machen. Seit Dienstag befindet sich die Stadt im Aufruhr, auch heute gingen die Proteste trotz massiver Polizeiangriffe weiter. Vormittags trafen Demonstrant:innen an sieben Sammelpunkten zusammen, um in einem Sternmarsch in die Innenstadt zu laufen. Die Polizei ging an mehreren Stellen mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Proteste vor.

 


Unterdessen traf der DEM-Vorstand zu einer Sondersitzung in Wan zusammen und gab anschließend vor einer großen Menschenmenge eine Erklärung im Feqiyê-Teyran-Park ab. Mit dabei waren die gewählten Ko-Bürgermeister:innen Neslihan Şedal und Abdullah Zeydan sowie zahlreiche angereiste Unterstützer:innen, darunter der CHP-Abgeordnete Sezgin Tanrıkulu und die Parteivorsitzenden der SYKP, EHP und TIP.

Tuncer Bakırhan, Ko-Vorsitzender der DEM-Partei, rief in einer Ansprache dazu auf, den Widerstand bis zur Anerkennung des Wählerwillens fortzusetzen: „Wan ist das Herz Kurdistans und die Menschen in Wan haben zu Newroz, bei den Wahlen und heute hier auf diesem Platz deutlich gemacht, dass die Forderung der Kurdinnen und Kurden nach Freiheit und Demokratie nicht mit Gewalt und Zwangsverwaltung unterdrückt werden kann. Seit zwei Wahlperioden werden unsere Rathäuser von Treuhändern zwangsverwaltet und jetzt soll ein weiteres Mal der Willen der Bevölkerung mit einem politischen und juristischen Komplott ausgeschaltet werden. Das werden wir nicht zulassen. Dieser Putsch wird keinen Erfolg haben, wenn wir trotz Repression, Knüppeln und Tränengas weiter zusammenhalten. Wir werden die von uns gewonnenen 14 Rathäuser in der Provinz Wan verteidigen.“

An den Wahlausschuss appellierte Bakırhan, sich nicht für einen Putschversuch instrumentalisieren zu lassen: „Sie haben die Kandidatur von Abdullah Zeydan geprüft und zugelassen. Stehen Sie zu Ihrer Entscheidung, lassen Sie sich nicht von der angeschlagenen Regierung unter Druck setzen!“

Einen weiteren Appell richtete Bakırhan an den unterlegenen AKP-Kandidaten: „Wenn du Kurde und ein Mensch aus dieser Region bist, solltest du dich nicht auf diese Intrige einlassen und die Ernennungsurkunde nicht annehmen. Andernfalls wirst du nur noch mit gebeugtem Kopf durch die Straßen von Wan laufen können. Stell dich nicht auf die Seite der AKP/MHP-Regierung, die den Willen dieses Volkes nicht anerkennt. Die Kurdinnen und Kurden sind ein Volk mit Stolz und Würde und sie vergessen nicht, wer Richtiges und Gutes tut und wer sich für Intrigen gegen sie benutzen lässt. Wenn du mit einem reinem Gewissen und ehrenhaft mit den Menschen dieser Region zusammenleben willst, solltest du die Finger vom Rathaus lassen. Dieses Recht gebührt den gewählten Ko-Bürgermeister:innen.“

Nach weiteren Ansprachen, die unter anderem von der DEM-Ko-Vorsitzenden Tülay Hatimoğulları und der kurdischen Politikerin Leyla Zana gehalten wurden, setzte sich die Menschenmenge in einem Demonstrationszug zum Büro des Wahlausschusses im Justizgebäude in Bewegung. Die Demonstration wurde von der Polizei mit Plastikgeschossen, Gaskartuschen und Wasserwerfern angegriffen, die Straßenschlachten dauern weiter an.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/ausnahmezustand-in-wan-41658 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kon-med-der-wille-kurdischer-wahler-innen-wird-missachtet-41661 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wutende-proteste-in-kurdistan-und-der-turkei-41654

 

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KON-MED: Der Wille kurdischer Wähler:innen wird missachtet

3. April 2024 - 15:00

Die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (KON-MED) hat eine Erklärung zu den Kommunalwahlen in der Türkei und den Vorgängen in der Provinzhauptstadt Wan (tr. Van) veröffentlicht. In der Erklärung heißt es:

Der Wille der kurdischen Wähler:innen wird missachtet

Wie bekannt ist, fanden am vergangenen Sonntag (31. März 2024) Kommunalwahlen in der Türkei und Nordkurdistan (türkisch besetzter Teil Kurdistans) statt. Jedoch erreichten uns bereits in den frühen Stunden des Wahltages aus Nordkurdistan/Südosttürkei die Bilder, die wir mittlerweile bei jeder Wahl gewohnt sind. In Şırnak, Kars und Bitlis, wo die DEM-Partei einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung hat und ein Wahlsieg abzusehen war, versuchte der türkische Staat, den Willen unseres Volkes mit illegitimen Methoden zu verhindern. Diese Methoden waren jedoch nicht erfolgreich und die DEM-Partei konnte trotzdem in den meisten kurdischen Städten und Regierungsbezirken große Erfolge erzielen. Vor allem im Regierungsbezirk Van hat die DEM-Partei sowohl die Co-Oberbürgermeister:innen als auch alle Co-Bürgermeister:innen in den Bezirken mit einem fantastischen Ergebnis gewonnen. Die AKP/MHP-Regierung will sich nun für die Wahlschlappe rächen und versucht unmittelbar nach der Wahl, in Van den weit abgeschlagenen Bürgermeisterkandidaten der AKP als Zwangsverwalter einzusetzen.

Seit ungefähr einem Jahrzehnt regiert die Koalition von AKP und MHP das Land mit eiserner Hand und schafft mit ihrer menschenverachtenden Politik immer schlechtere Lebensbedingungen für die Bevölkerung in der Türkei. Aus diesem Grund konnte die AKP unter Präsident Erdoğan bei dieser Kommunalwahl nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen, vor allem nicht in den kurdischen Gebieten.

In einer Region, in der Demokratie und Freiheiten beseitigt und selbst die Verfassung außer Kraft gesetzt wurde, hat unser Volk trotzdem für Demokratie gestimmt, indem es zur Wahlurne ging. Das kurdische Volk hat mit seiner Unterstützung für die DEM-Partei dem zentralistischen türkischen Staatssystem und den von der Regierung in Ankara nach den letzten Kommunalwahlen eingesetzten Zwangsverwaltungen eine klare Absage erteilt. Mit seiner Stimme für die DEM-Partei hat das kurdische Volk ein klares Zeichen für Demokratie, Freiheit und Frieden in der gesamten Türkei und gegen den seit Jahrzehnten andauernden Vernichtungskrieg gegen die Kurd:innen gesetzt.

Da abzusehen war, dass die AKP mit ihrer antidemokratischen Politik und der Zwangsverwaltung bei dieser Wahl in vielen Städten und Provinzen Kurdistans keine Ergebnisse in ihrem Sinne erzielen können würde, versuchte sie, die Wahlen durch die massenhafte Beförderung von Angehörigen der Sicherheitskräfte als Wähler in die kurdischen Gebiete für sich zu manipulieren und damit den Willen der ansässigen Bevölkerung zu missachten. Schon allein dieser Vorgang macht offensichtlich, dass die Demokratie in Kurdistan außer Kraft gesetzt ist und koloniales Recht angewandt wird. Doch trotz all dieser Anstrengungen hat das kurdische Volk den Kolonialherren eine schallende Ohrfeige im demokratischen Sinne verpasst. Dafür will sich der Staat nun rächen: mit einem zwielichtigen Trick hat der oberste Wahlausschuss (YSK) den Willen der Bevölkerung von Van für nichtig erklärt.

Bis heute hat die repressive Politik des türkischen Staates das kurdische Volk nicht dazu gebracht, einen Rückzieher zu machen. Auch in Zukunft wird dies nicht der Fall sein. Der Versuch, mit billigen Tricks Wahlfälschung zu betreiben und die von der DEM-Partei gewonnenen Gebiete illegal unter Zwangsverwaltung zu stellen, ist nichts anderes als Faschismus.

Angesichts dessen rufen wir das kurdische Volk und die gesamte demokratische Öffentlichkeit dazu auf, sich hinter den Willen der Bevölkerung von Van zu stellen. Die undemokratische Politik der türkischen Regierung können weder den Frieden und die Demokratie in der Türkei fördern noch die eine herbe Wahlschlappe kassierende Regierung festigen. Das Ergebnis der Wahlen zeigt, dass die Völker der Türkei der AKP/MHP-Bande Einhalt gebieten wollen. Was heute in Kurdistan geschieht, wird morgen in der gesamten Türkei umgesetzt werden. Darum ist es elementar, dass wir alle gemeinsam, jetzt und hier den Willen der Bevölkerung von Van verteidigen.

In Kurdistan und einigen Städten in der Türkei finden Massenproteste statt. Das Titelfoto zeigt eine Szene am Dienstagabend in Êlih (c) MA

https://anfdeutsch.com/kurdistan/ausnahmezustand-in-wan-41658 https://anfdeutsch.com/aktuelles/linkspolitikerinnen-fordern-anerkennung-des-wahlerwillens-in-wan-41659 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wahl-putsch-in-wan-unterlegener-akp-kandidat-ins-amt-gehievt-41644 https://anfdeutsch.com/aktuelles/anwaltskammern-stellen-legitimitat-der-wahlen-in-der-turkei-in-frage-41645

 

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Identität von Zap-Gefallenen veröffentlicht

3. April 2024 - 15:00

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Identität der am 19. März bei einer revolutionären Operation gegen die türkischen Besatzungstruppen in der westlichen Zap-Region gefallenen Guerillakämpfer:innen bekannt gegeben. Von ihrem Tod hatten die HPG bereits berichtet, jedoch vorerst nur die Vornamen veröffentlicht. Bei den Gefallenen handelt es sich um Ekin Rodî aus Amed und Canşêr Şêrawa aus Efrîn, teilte die Pressestelle heute in Behdînan mit. Nach HPG-Angaben sind bei der großangelegten Guerillaoperation gegen türkische Militärlager am Girê Amêdî in Südkurdistan 41 Soldaten getötet und diverse Waffen beschlagnahmt oder zerstört worden. Ekin Rodî und Canşêr Şêrawa hätten sich mit großer Entschlossenheit an dem Einsatz beteiligt und dem türkischen Besatzerstaat eine Lektion von historischem Ausmaß erteilt: „Unsere Weggefährt:innen Ekin und Canşêr sind konkrete Beispiele für die apoistische Opferbereitschaft, den Willen, die hohe Performance und die professionelle Schlagkraft der Freiheitsguerilla Kurdistans und haben zu Newroz ein weiteres Mal die Unbesiegbarkeit der PKK bewiesen.“

Den Angehörigen und dem kurdischen Volk sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus, die Erinnerung an die Gefallenen werde im Kampf weiterleben. Zur Identität der gefallenen Kämpfer:innen macht das Pressezentrum folgende Angaben:

Codename: Ekin Rodî
Vor- und Nachname: Dilara Ölmez
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Nesibe – Hüsamettin
Todestag und -ort: 19. März 2024 / Zap

 

Codename: Canşêr Şêrawa
Vor- und Nachname: Kemal Merwan Oso
Geburtsort: Efrîn
Namen von Mutter und Vater: Bahar – Merwan
Todestag und -ort: 19. März 2024 / Zap

 

Ekin Rodî

Ekin Rodî ist in Amed geboren und in einem der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Ihr Onkel war im Gefängnis, dieser Umstand prägte ihre Kindheit. Als sie später an der Marmara-Universität Journalismus studierte, wurde sie in der kurdischen Jugendbewegung aktiv. 2014 schloss sie sich in Amed der Guerilla an.

 


Während Ekins Aufenthalts in den Bergen von Amed griff der IS Kurdistan an. Ekin ging nach Kobanê und beteiligte sich am Widerstand. Sie hatte noch keine militärische Erfahrung und wurde im Krieg zur Kämpferin ausgebildet. Die genossenschaftlichen Beziehungen der Kämpfer:innen untereinander gaben ihr die Kraft, in dieser schweren Zeit standzuhalten. Sie ging bei allen Gefechten in die Offensive und erkannte, dass ein Sieg nur mit einem opferbereiten Einsatz möglich ist.

 


Die HPG beschreiben Ekin Rodî als überzeugte Verfechterin des Paradigmas von Abdullah Öcalan. Sie setzte sich intensiv mit der Frauenbefreiungsideologie auseinander und verteidigte diese Prinzipien kompromisslos. Auf eigenen beharrlichen Vorschlag ging sie später ins Kriegsgebiet im Zap und beteiligte sich am Tunnelwiderstand gegen die türkische Besatzung. Die HPG würdigen Ekin Rodî als große Militante, die als Newroz-Gefallene in die Geschichte Kurdistans einging.

Canşêr Şêrawa

Canşêr Şêrawa ist in Efrîn geboren und aufgewachsen und kannte die PKK bereits als Kind. Im Zuge der Revolution von Rojava wurden ihm die Inhalte der Freiheitsbewegung bewusster. Nahe Verwandte von ihm kamen bei islamistischen Angriffen ums Leben und Canşêr sah sich in der Verantwortung, die erkämpften Errungenschaften der Revolution zu verteidigen. Er wurde ein aktiver Kader der Jugendbewegung. Bei der türkischen Invasion Anfang 2018 wurde er bei einem Angriff verletzt. Nach seiner Genesung schloss er sich dem bewaffneten Widerstand an.

 


Mit dem Ziel, sein Leben vollständig der Revolution zu widmen und seinen Kampf gegen die türkische Besatzung zu professionalisieren, ging Canşêr schließlich in die Berge zur Guerilla. Diese Entscheidung traf er in einer Zeit massiver Angriffe auf die Medya-Verteidigungsgebiete und die kurdische Freiheitsbewegung. Seine erste Ausbildung in den Bergen ermöglichte ihm die Umstellung auf das Leben und die Kampftaktik der Guerilla. Zuletzt kämpfte er an vorderster Front in der westlichen Zap-Region. Bei der Operation im Widerstandsgebiet Girê Amêdî war er Teil einer Angriffsgruppe, die in die feindlichen Stellungen eindrang und für den Erfolg der Aktion sorgte. „Als seine Genossinnen und Genossen werden wir die von ihm an uns übergebene Newroz-Fackel zum Sieg tragen“, so die HPG.

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Linkspolitikerinnen fordern Anerkennung des Wählerwillens in Wan

3. April 2024 - 13:00

Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) hält sich aktuell als Wahlbeobachterin in der Türkei auf und fordert anlässlich des Versuchs, den Amtsantritt des Wahlsiegers der DEM-Partei in Wan zu verhindern, die Einhaltung demokratischer Mindeststandards. In einer am Mittwoch gemeinsam mit Katina Schubert, Bundesgeschäftsführerin der Partei Die Linke, abgegebenen Erklärung heißt es:

„Das Erdogan-Regime hält trotz Wahlschlappe und angekündigter Kurskorrektur an seinem undemokratischen Regierungsstil fest. Die gesamte demokratische Opposition in der Türkei, insbesondere die Oppositionsführerin CHP, muss sich solidarisch mit dem Wahlsieger von Van zeigen! Ein Grundsatz der Demokratie ist es, den Willen des Volkes zu respektieren. Wir fordern die türkische Regierung auf, diesen Willen zu respektieren! Der Bürgermeisterkandidat der DEM-Partei, Abdullah Zeydan, hat offiziell mit 55.48 Prozent der Stimmen die Kommunalwahl in Van gewonnen. Damit hat er fast 30 Prozent Vorsprung vor dem zweitplatzierten Kandidaten der Regierungspartei AKP. Die Versuche, den Amtsantritt zu verhindern und dem Zweitplatzierten das Amt zu übergeben, sind nicht hinnehmbar!“

Zum Hintergrund des Vorgangs teilen die Linkspolitikerinnen mit, dass Abdullah Zeydan 2016 inhaftiert wurde, nachdem er mit anderen HDP-Abgeordneten an einer Bestattung von Guerillakämpfern teilgenommen hatte. Die Kämpfer seien im Widerstand gegen den IS gefallen, so die Erklärung: „Zeydan wurde wegen angeblicher Unterstützung einer Terrororganisation verurteilt und im Jahre 2022 aus dem Gefängnis entlassen. Nach Abschluss aller rechtlichen Verfahren (bzgl. Politikverbot) hat er sich beim Obersten Wahlausschuss für die Kommunalwahl beworben. Seine Kandidatur wurde nach Prüfung durch die Wahlleitung angenommen. Am Freitag vor der Wahl ist das Justizministerium - fünf Minuten vor Arbeitsschluss – bzgl. des bereits 2022 abgeschlossenen Verfahrens zum Politikverbot aktiv geworden, um Zeydan als Bürgermeister zu verhindern.“

Foto: Die in Wan gewählten Ko-Bürgermeister:innen Neslihan Şedal und Abdullah Zeydan

https://anfdeutsch.com/kurdistan/ausnahmezustand-in-wan-41658 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wutende-proteste-in-kurdistan-und-der-turkei-41654 https://anfdeutsch.com/aktuelles/dem-fordert-respekt-vor-dem-wahlerwillen-41651 https://anfdeutsch.com/kurdistan/tranengas-und-wasserwerfer-gegen-proteste-in-wan-41646

 

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Ausnahmezustand in Wan

3. April 2024 - 11:00

Die Proteste in Wan gegen die Ernennung des AKP-Kandidaten Abdulahat Arvas zum Oberbürgermeister dauern an. Tausende Menschen waren in der Nacht bis zum frühen Morgen auf den Straßen, überall wurden Barrikaden aus Reklameschildern, Müllcontainern und Blumenrabatten gebaut. In der Innenstadt wurde ein Wasserwerfer angezündet. Nachdem sich die Bevölkerung für die Morgenmahlzeit im Ramadan zurückzog, drangen Aufstandsbekämpfungseinheiten der türkischen Polizei in die Wohnviertel ein und schossen willkürlich mit Gaskartuschen auf die Häuser. Hunderte Wohnungen wurden von der Polizei gestürmt, es kam zu vielen gewaltsamen Festnahmen. Die Lage ist unübersichtlich, die Anzahl der Festgenommenen ist unklar. In der Sürmeli-Straße im Viertel Xaçort wurde fast jede Wohnung durchsucht.

Die Polizei hat ihre Einsatzkräfte in der Stadt verstärkt. Tausende Polizist:innen wurden mit Stadtbussen ins Zentrum verlegt. In allen Nebenstraßen stehen Wasserwerfer. Fast alle Hauptstraßen sind unpassierbar. Die Geschäfte sind größtenteils geschlossen.

Geschlossene Geschäfte in der Innenstadt von Wan

Für heute ist trotz eines vom Gouverneursamt erlassenen Versammlungsverbots ein Sternmarsch von sieben Ausgangspunkten in die Innenstadt angekündigt. Die Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan, werden mit weiteren Parlamentsabgeordneten an der Demonstration teilnehmen.

Bürgerrechte aberkannt

Dem kurdischen Politiker Abdullah Zeydan, der zusammen mit Neslihan Şedal für die DEM-Partei als Ko-Bürgermeister kandidiert hat und die Wahl mit großer Mehrheit gewann, wurden auf Anordnung der türkischen Regierung die Bürgerrechte entzogen. An seiner Stelle wurde dem AKP-Kandidaten die Ernennungsurkunde als Oberbürgermeister übergeben. Zeydan ist im November 2016 als HDP-Abgeordneter verhaftet worden und war über fünf Jahre im Gefängnis. In Wan herrscht wie in den meisten kurdischen Städten und Gemeinden seit 2016 ein staatlicher Zwangsverwalter anstelle der gewählten Bürgermeister:innen.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/wutende-proteste-in-kurdistan-und-der-turkei-41654 https://anfdeutsch.com/kurdistan/tranengas-und-wasserwerfer-gegen-proteste-in-wan-41646 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wahl-putsch-in-wan-unterlegener-akp-kandidat-ins-amt-gehievt-41644 https://anfdeutsch.com/aktuelles/dem-fordert-respekt-vor-dem-wahlerwillen-41651

 

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Uysal: Mandatsraub ist Problem für das ganze Land

3. April 2024 - 11:00

Während in der Provinz Wan der DEM-Partei trotz Wahlsieg mit großem Abstand das Mandat entzogen und der AKP übergeben wurde, hat die AKP in der Widerstandsprovinz Şirnex (tr. Şırnak) einen „Wahlsieg“ durch massiven Betrug während sowie im Vorfeld der Wahlen errungen. Insbesondere der Einsatz von Tausenden Soldaten und Polizisten als mobiles Wahlvolk spielt dabei eine wichtige Rolle. In Şirnex gibt es, insbesondere auch in Qileban (Uludere), heftige Proteste gegen den Betrug. Die Bevölkerung fordert vielerorts Neuwahlen.

103 Stimmen Vorsprung der AKP bei 1300 zur Stimmabgabe eingesetzten Soldaten

Die Abgeordnete DEM-Partei, Newroz Uysal Aslan, aus der Provinz Şirnex beschreibt die Situation im ANF-Gespräch. Sie berichtet, dass die Einsprüche gegen die Wahl in Qileban bereits am Wahlabend erfolgten und sagte: „Derzeit beträgt der Stimmenunterschied zwischen der AKP und der DEM-Partei 103 Stimmen nach unserer Zählung und 106 nach den offiziellen Daten. Etwa 1300 Soldaten haben ohnehin ihre Stimme hier abgeben. Es waren sogar 1800 registriert worden. Aber einige der Soldaten konnten nicht kommen. Es kamen also 1300 Stimmen von Personen von außerhalb. An den Eingängen fast aller Wahllokale standen vermummte Militärpolizisten mit Langwaffen [das widerspricht dem Wahlgesetz]. Alle unsere Widersprüche wurden zurückgewiesen. Die Soldaten stimmten gesammelt, sie wurden gesammelt gebracht und abtransportiert. Es gab hier auch an mehreren Schulen den Tag über Unregelmäßigkeiten. Die Zahl der ungültigen Stimmen ist sehr hoch, im Moment sind etwa 300 Stimmen ungültig. Wir haben einen Antrag auf Neuauszählung der Stimmen gestellt. Die Zahl der Umschläge und Stimmzettel, die in den Protokollen der Wahlurnen vermerkt wurden, und die Zahl der ungültigen Umschläge und Stimmzettel, stimmen nicht überein. Wir haben Einspruch erhoben und eine Neuauszählung beantragt. Es gab eine mobile Wahlurne für Kranke. Uns liegen Verdachtsmomente und Unregelmäßigkeiten in Bezug auf diese Wahlurne vor. Wir haben die vollständige Annullierung dieser Wahlurne gefordert.“

Der Stimmunterschied ist sehr gering“

Newroz Uysal Aslan erklärte, dass der Bezirkswahlvorstand trotz all der Widersprüche nicht sofort zusammentrat. Daher gebe es eine große Wut in der Bevölkerung: „Wir haben mehrere Einsprüche eingelegt. Dabei geht es um Punkte wie Falschstempelung, Fehlzählungen, fehlende oder überzählige Stimmzettel, die Frage der Umschläge und das Eingreifen der Sicherheitskräfte in einer Weise, die die Wahlsicherheit und die freie Willensäußerung des Volkes beeinträchtigt. Der Wahlausschuss hat unsere Einwände in der Wahlnacht nicht geprüft. Er sagte, er werde am nächsten Tag zusammenkommen und sie bewerten. Aber das hat nicht stattgefunden. Wir haben alle unsere Einsprüche schriftlich eingereicht. Die Menschen sind seit gestern Abend auf den Beinen und es gibt großen Protest und große Wut. Die Wut ist groß, sowohl wegen der 1300 Soldaten als auch wegen des Stimmabstands von 106 Stimmen. Dieses Votum, das am Abend der Wahl auf 26 gesunken war, stieg plötzlich wieder auf 106 an. Der Vorsitzende des Wahlausschusses sagte, er werde den Wahlausschuss einberufen und eine Entscheidung treffen, ob eine Neuauszählung vorgenommen wird. Aber bisher ist nichts in dieser Hinsicht geschehen. Weder partiell noch generell. Wir haben das Recht, bei einer Ablehnung unseres Antrags vor einen Ausschuss der Behörde und dann nach Ankara zu gehen und Einspruch zu erheben. Nach der Wahl protestierten wir gemeinsam mit vielen Menschen. Während wir bei der Auszählung warteten, kamen immer mehr Menschen zusammen. Die Menschen wissen, dass sie gewonnen haben und ihr Wille geraubt wurde, also fordern sie, dass das aufhört.

Wir sind davon überzeugt, dass wir Erfolg haben werden“

Leider können wir nicht behaupten, dass die Entscheidungen eines Ausschusses unparteiisch und unabhängig sein werden. Wäre er unparteiisch und unabhängig, hätte er Entscheidungen über unsere früheren Widersprüche in Bezug auf irreguläre Stimmabgabe treffen müssen. Wir glauben jedoch, dass wir ein Ergebnis erhalten werden, das dem Willen des Volkes entspricht. Denn die Differenz ist sehr gering und kann mit Einsprüchen ausgeglichen werden. Wir glauben, dass die Differenz ausgeglichen werden wird, wenn die Einsprüche akzeptiert werden. Die Menschen hier sind ebenfalls davon überzeugt, und deshalb sind wir hier.“

Nicht das Problem einer Partei, sondern des ganzen Landes“

Aslan sieht in den Geschehnissen ein Problem für das ganze Land: „Wir sagen immer wieder, dass dies nicht nur ein Problem einer Partei ist. Dies ist ein Problem des Rechts, der Wahlsicherheit und der Demokratie in der Türkei. Wir sagen seit Monaten, dass die AKP hartnäckig an einer irregulären Stimmabgabe [durch ortsfremde Wähler] gearbeitet hat, sie hat 2019 und 2018 ähnliche Praktiken angewandt. Die Proteste der Menschen auf diese falschen Wähler, insbesondere in Şirnex und anderen Orten, sowie ihre Wut zeige das Bild eines Volkes, das gesiegt hat und eines Staates, der verloren hat.“

Offiziere stimmten ab, nicht normale Soldaten“

Bei den Soldaten handelte es sich nicht um normale niedrigrangige Militärs. Es handelte sich um Offiziere und Leutnants. Wehrpflichtige dürfen an Wahlen nicht teilnehmen. Aslan berichtete: „Auf jeden Fall waren die dort eingesetzten Personen keine normalen Soldaten, sondern Unteroffiziere oder Leutnants. Es handelte sich um Berufssoldaten, also bezahlte Beamte. Das Regime versucht nun die Situation zu manipulieren, indem man so tut, als würden die Menschen die Soldaten angreifen. Es wird versucht, das in den virtuellen Medien lancieren, und es hat sich auch in der Rede von Erdoğan niedergeschlagen. Die Angriffe auf die virtuellen Medien gehen weiter.

Eine Spezialkriegsoperation“

Wir wissen, dass die Regierung bestimmte Regionen in Kurdistan ins Visier nimmt, das ist sowohl Teil einer Kriegsstrategie, um einen sozialen und moralischen Zusammenbruch herbeizuführen, als auch Teil der [psychologischen] Spezialkriegsführung. Die Orte, an die diese Wähler verlegt wurden, sind nicht nur Orte, bei denen die Zahlen nahe beieinander liegen [und so die Entscheidung gekippt werden soll]. Es geht dabei auch darum, die moralische Überlegenheit und Einheit des kurdischen Volkes zu zerstören. Deshalb wurde Şirnex ins Visier genommen, ebenso wie die anderen Orte.“

https://anfdeutsch.com/aktuelles/wutende-proteste-in-kurdistan-und-der-turkei-41654 https://anfdeutsch.com/kurdistan/protest-gegen-stimmenraub-in-qilaban-41638 https://anfdeutsch.com/kurdistan/verletzte-bei-wahlprotesten-in-Sirnex-41648 https://anfdeutsch.com/aktuelles/anwaltskammern-stellen-legitimitat-der-wahlen-in-der-turkei-in-frage-41645 https://anfdeutsch.com/kurdistan/dem-wahlsieg-in-curne-res-aberkannt-41647 https://anfdeutsch.com/kurdistan/akca-dem-partei-hat-in-bedlis-gesiegt-41640

 

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Erste Proteste in Deutschland und Frankreich

3. April 2024 - 11:00

Nach der Aberkennung der Bürgerrechte für den gewählten Bürgermeister von Wan (tr. Van), Abdullah Zeydan (DEM-Partei), und der Einsetzung des weit unterlegenen AKP-Kandidaten in der nordkurdischen Großstadt haben der größte kurdische Dachverband KON-MED, der Europadachverband KCDK-E und die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) zu Protesten aufgerufen. Bereits am Dienstag versammelten sich in Deutschland und Frankreich Aktivist:innen spontan.

Hamburg: Protest vor dem Konsulat

 


In Hamburg protestierten Aktivist:innen vor dem türkischen Konsulat, darunter die ehemaligen HDP-Abgeordneten Nihat Akdoğan und Selma Irmak sowie Vertreter:innen der Partei DIE LINKE.

Bonn: „Es lebe der Widerstand von Wan“

 


Bei einer Kundgebung in Bonn betonte die im Exil lebende ehemalige HDP-Abgeordnete Nursel Aydoğan, das AKP/MHP-Regime setze demokratische Standards außer Kraft, weil es den Erfolg der Kurd:innen nicht verkraften könne. Dies stelle eine Usurpation des Willens des kurdischen Volkes dar. Auf der Kundgebung riefen die Teilnehmer:innen immer wieder „Es lebe der Widerstand von Wan“ und „Bijî Kurdistan“.

Frankfurt am Main: „Erhebt euch für Wan“

 


In Frankfurt am Main versammelten sich viele Menschen unter den Parolen „Es lebe der Widerstand von Wan“ und „Kurdistan wird das Grab des Faschismus sein“. In einer Erklärung der Aktivist:innen hieß es: „Die Usurpation des Willens der Bevölkerung von Wan ist inakzeptabel. Lasst uns überall demokratische Aktionen in Solidarität mit den Menschen gegen diese antidemokratische Praxis, die faschistische unterdrückerische Usurpation, durchführen.“

Proteste in Frankreich

 


Im Pariser Banlieue Drancy und in der Normandie kam es ebenfalls zu Protesten. Die Aktivist:innen versammelten sich zu wütenden Kundgebungen und erklärten, dass die Usurpation des Willens des kurdischen Volkes inakzeptabel ist. Die Proteste müssten weitergehen, bis das Unrecht rückgängig gemacht werde. Am Samstag soll eine Demonstration um 14.00 Uhr auf dem Platz der Republik in Paris stattfinden.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/kcdk-e-und-tjk-e-solidaritat-gegen-akp-putsch-in-wan-41649 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wutende-proteste-in-kurdistan-und-der-turkei-41654 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wahl-putsch-in-wan-unterlegener-akp-kandidat-ins-amt-gehievt-41644 https://anfdeutsch.com/kurdistan/dem-partei-gewinnt-ganze-provinz-41631 https://anfdeutsch.com/aktuelles/dem-fordert-respekt-vor-dem-wahlerwillen-41651

 

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Internationalistische Wahlbeobachtungsdelegation geht nach Wan

3. April 2024 - 9:00

Internationalist:innen, die sich zur Wahlbeobachtung in Amed (tr. Diyarbakır) aufgehalten haben gaben bekannt, angesichts des politischen Putsches durch die AKP in Wan (Van), sofort in die nordkurdische Provinzhauptstadt zu reisen. Dort hatte der fast 30 Prozentpunkte zurückliegende AKP-Kandidat das Bürgermeistermandat erhalten, nachdem dem Kandidaten der DEM-Partei, der die Wahlen mit 55,5 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, die Bürgerrechte aberkannt worden waren. In Wan kam es bereits am Dienstag zu heftigen Protesten. Jurist:innen, Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und von Parteien haben sich auf den Weg nach Wan gemacht. So auch die Delegation von Internationalist:innen.

Enternasyonalist gençler halkın iradesinin gasp edilmesine karşı Wan halkı ile dayanışma çağrısında bulundu. pic.twitter.com/sqKnVCrj1B

— DEM Parti Gençlik Meclisi (@DEMgenclik) April 2, 2024

Die Internationalist:innen erklären über den X-Account des Jugendrats der DEM-Partei: „Wir sind als eine internationalistische Jugenddelegation hier in Kurdistan, um die Wahlen zu beobachten. Die Wahlen waren ein großer Sieg für das kurdische Volk. Die DEM-Partei hat 79 Rathäuser gewonnen. Bei den Wahlen in Wan gewann die DEM-Partei mit 55 Prozent Vorsprung, 28 Prozentpunkte vor der der AKP. Der faschistische türkische Staat akzeptiert seine Niederlage nicht und greift den Willen des Volkes an. Statt Abdullah Zeydan, der demokratisch gewählt wurde, wurde der AKP-Kandidat eingesetzt. Die Menschen in Wan sind gegen diese Rechtsverletzungen auf die Straße gegangen. Wie viele andere werden auch wir nach Wan reisen, um für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit zu kämpfen. Serkeftin. Jin, Jîyan, Azadî.“

https://anfdeutsch.com/aktuelles/wutende-proteste-in-kurdistan-und-der-turkei-41654 https://anfdeutsch.com/kurdistan/tranengas-und-wasserwerfer-gegen-proteste-in-wan-41646 https://anfdeutsch.com/aktuelles/wahl-putsch-in-wan-unterlegener-akp-kandidat-ins-amt-gehievt-41644 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kcdk-e-und-tjk-e-solidaritat-gegen-akp-putsch-in-wan-41649

 

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Monika Morres: Mutig und beharrlich weitermachen

3. April 2024 - 8:00

Der nach dem PKK-Verbot in Deutschland gegründete Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. unterstützt seit 1996 von politischer Verfolgung betroffene Kurdinnen und Kurden. Zu den Arbeitsbereichen des Vereins gehört die Betreuung Gefangener sowie Beratung und finanzielle Hilfen bei strafrechtlichen Problemen. Der Verein leistet wertvolle Antirepressionsarbeit, ist bestens vernetzt mit Jurist:innen, gibt regelmäßig den AZADÎ-Infodienst heraus und organisiert Konferenzen für Aufklärung und Austausch. Verantwortliche Leiterin war für sehr lange Zeit Monika Morres, die nach 25 Jahren unermüdlichen Einsatzes aus der Arbeit ausgeschieden ist:

„Dieser Termin musste kommen. Trotz meines Sturzes und der Operationen vor drei Jahren habe ich das Ende meiner Arbeiten bei AZADÎ noch mal verschoben. Nun aber ist es soweit – ein zugegeben durchaus ambivalentes Gefühl. Aber nach intensiven, aufreibenden, enervierenden, belastenden, gleichwohl äußerst interessanten, lehr- und erkenntnisreichen, in positivem Sinne aufregenden Zeiten ist es der richtige Moment, mich nach 25 Jahren zu verabschieden“, teilte die 1947 geborene Rheinländerin am Dienstag mit.

Kerem Schamberger, Monika Morres und Alexander Glasner-Hummel (Fotograf: Deniz Babir)

Monika Morres hat in ihrer Zeit bei AZADÎ sorgfältig recherchierte Publikationen herausgegeben und zuletzt zusammen mit Kerem Schamberger und Alexander Glasner-Hummel das im Oktober 2023 im Westend-Verlag erschienene Buch „Geflohen. Verboten. Ausgeschlossen. Wie die kurdische Diaspora in Deutschland mundtot gemacht wird“ verfasst. Darin wird erstmals die bisher wenig beachtete staatliche Repression gegen Kurd:innen in Deutschland in all ihren Facetten dargestellt.

Einstieg nach der Verschleppung von Abdullah Öcalan

Ihren Einstieg bei AZADÎ schilderte Monika Morres im Rückblick so: „Als ich im Februar 1999 meine Aktivitäten bei AZADÎ aufgenommen habe, blieb aufgrund der politischen Ereignisse keine Zeit für eine ruhige Einarbeitungsphase. Für Kurdinnen und Kurden und all jene, die ihnen nahestanden, war dieser Monat dramatisch und folgenschwer. Nachdem der PKK-Gründer Abdullah Öcalan im Oktober 1998 Syrien verlassen musste, hatte er in einer beispiellosen Odyssee versucht, in einem europäischen Land aufgenommen zu werden. Weil er jedoch aus Furcht vor politischen Konflikten überall abgewiesen wurde, verließ er Europa nach Kenia. In einer Geheimdienstoperation ist er von Nairobi in die Türkei verschleppt, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt worden, was später in lebenslange Haft umgewandelt wurde. Seit nunmehr 25 Jahren befindet sich Abdullah Öcalan mit wenigen weiteren Inhaftierten auf der Gefängnisinsel Imralı. Nur schwer zu beschreiben sind die Verzweiflung, Ohnmacht, die Schmerzen und Wut, von denen Kurd:innen damals erfasst wurden. Weltweit kam es zu Demonstrationen, Protesten, Besetzungsaktionen, natürlich auch in Deutschland. Die Folge waren massenweise Verhaftungen, Anklagen, Inhaftierungen, hunderte von Ermittlungsverfahren und die weitere Verschärfung der ohnehin exorbitanten Kriminalisierungspraxis gegen die kurdische Bewegung. Antirepressionsarbeit – hier musste sie sich in der Praxis bewähren.“

Für den Fortbestand von AZADÎ gekämpft

Die Ereignisse hatten aber noch andere Seiten, schreibt Monika Morres weiter: „Mit Abdullah Öcalans Abwesenheit kam es zu ernsten Zerwürfnissen, Spaltungen und Auseinandersetzungen um die künftige Führung der PKK. Viele glaubten, sie im Streich übernehmen zu können. Andere, auch einstige Unterstützer:innen der Bewegung inner- und außerhalb, entzogen ihr die Solidarität und bekämpften sie nun auf unterschiedlichen Ebenen. Das bekam auch AZADÎ zu spüren und musste für den Fortbestand kämpfen. Um es kurz zu machen: Den kurdischen Freund:innen und auch AZADÎ ist es letztlich gelungen, durch Überzeugung, Beharrlichkeit und unendlich viel Energie zu ,überleben'.

Selbstverständlich hat auch der Staatsapparat in Deutschland versucht, die Gelegenheit zu nutzen, um die Bewegung zu zerschlagen, was nicht gelungen ist. Aber in den nachfolgenden Jahren wurde sie durch ständig neue rechtliche Verschärfungen und politische Zumutungen herausgefordert.“

Markante Ereignisse und Atempausen

„In den vielen Jahren meiner Tätigkeit bei AZADÎ hat es zahlreiche markante Ereignisse gegeben, die Zuversicht versprachen, positive Entwicklungen in der Türkei aufzeigten, die Wege für eine politische Lösung der ,Kurdenfrage' bereiteten, revolutionäre Prozesse möglich machten und die konfrontative Kriminalisierungspolitik deutscher Bundesregierungen in Frage stellten. Die Repression machte in solchen Phasen kleine ,Atempausen'.“

Politische Kursänderungen machten Fortschritte zunichte

„Doch politische Kursänderungen, Abbruch von Friedensverhandlungen und Wiederaufnahme des Krieges gegen die kurdische Bewegung und Zivilbevölkerung in der Türkei, machten Fortschritte zunichte und führten in Deutschland prompt wieder zu einem Anstieg von Verhaftungen und ,Terrorismus'-Verfahren. Die bitteren Folgen der gemeinsamen politischen, militärischen und ökonomischen Interessen der beiden NATO-Staaten haben die Kurdinnen und Kurden zu tragen. Auf Staatsbesuchen in beide Richtungen fordert das türkische Regime stets eine (noch) stärkere Bekämpfung der PKK bzw. der politischen Aktivist:innen. Mit Erfolg in Deutschland. Und die Ereignisse rund um den NATO-Beitritt Schwedens hat deutlich gemacht, wie hoch das Erpressungspotenzial des Autokraten Recep T. Erdoḡan ist. Nun müssen auch die in Schweden lebenden Kurd:innen die gravierenden Konsequenzen einer schmutzigen Kollaborationspolitik erfahren.

Die deutschen Strafverfolgungsbehörden, die auf Geheiß der politisch Verantwortlichen handeln, verfolgen kurdische Aktivist:innen per Europäischem Haftbefehl über Deutschlands Grenzen hinaus. In letzter Zeit wurden Kurden von Frankreich, Italien und Zypern ausgeliefert, die hier nach §§129a/b StGB angeklagt und verurteilt wurden/werden. Ein Aktivist befindet sich derzeit in Auslieferungshaft in Schweden.

Die Öffentlichkeit aufklären

Es war mir in all den Jahren wichtig, die Öffentlichkeit aufzuklären über die Hintergründe und Folgen des PKK-Betätigungsverbots, das Ausmaß der Repression in ihren Ausprägungen, die Lebensumstände der politisch aktiven Kurd:innen oder die Situation der politischen Gefangenen, die dem Staatsapparat in besonderer Weise ausgesetzt sind. All dies ist dokumentiert in dem monatlich erscheinenden AZADÎ-Infodienst, in Pressemitteilungen, mehreren Broschüren oder wurde in bundesweiten Veranstaltungen vorgetragen. Um diese Themen auch auf die internationale Ebene zu bringen, hat AZADÎ gemeinsam mit kurdischen und befreundeten Organisationen eine Reihe von juristischen Fachtagungen und Konferenzen durchgeführt. Vernetzung musste wichtiger werden angesichts der intensiver werdenden europäischen Zusammenarbeit mit der Türkei gegen die kurdische Befreiungsbewegung.“

Mutig und beharrlich weitermachen

„In den 25 Jahren konnte sicher einiges erfolgreich umgesetzt werden. Doch bitter ist, dass sich das angestrebte Ziel, ein Ende des PKK-Betätigungsverbots und damit der Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden zu erreichen, nicht erfüllt hat. Doch habe ich von ihnen auch gelernt, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern mutig und beharrlich weiterzumachen. Und davon überzeugt zu sein, dass die Zeit dynamisch ist und sich Prozesse verändern können. Das haben aktuell die Kommunalwahlen in der Türkei - insbesondere der große Erfolg der HDP-Nachfolgerin DEM in Nordkurdistan/Bakur – gezeigt.“

Abschied von AZADÎ

„Die Arbeit von AZADÎ wird in diesem Sinne mit meinem Abschied nicht enden, sondern von einem Aktiven-Kreis kollektiv weitergeführt werden. Den Freund:innen wünsche ich viel Energie und Erfolg. Ich möchte an dieser Stelle allen kurdischen Genoss:innen und Freund:innen für ihre Unterstützung, Empathie und Solidarität ebenso von Herzen danken wie den Menschen, Initiativen und Organisationen, die mit AZADÎ dafür kämpfen, dass Kurdinnen und Kurden eine gleichberechtigte Partizipation und repressionsfreie Lebensperspektive zugesichert wird.“

https://anfdeutsch.com/hintergrund/monika-morres-solidarisches-engagement-ist-alternativlos-20599 https://anfdeutsch.com/aktuelles/neue-broschure-30-jahre-pkk-verbot-repression-und-widerstand-39803 https://anfdeutsch.com/aktuelles/buchvorstellung-auf-druck-des-turkischen-konsulats-abgesagt-39985

 

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Wütende Proteste in Kurdistan und der Türkei

3. April 2024 - 2:00

In vielen Städten in der Türkei wird weiterhin gegen die Ernennung des AKP-Politikers Abdulahat Arvas zum Oberbürgermeister von Wan (tr. Van) protestiert. Es kam zu Straßenschlachten, Verletzten und Festnahmen, die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse ein.

Bei der Kommunalwahl am Sonntag hatte der AKP-Kandidat 27,1 Prozent der Stimmen in der Provinzhauptstadt erzielt und unterlag damit eindeutig den Ko-Kandidat:innen der DEM-Partei. Das aus Abdullah Zeydan und Neslihan Şedal bestehende genderparitätische Duo erhielt 55,5 Prozent der Stimmen, trotz Tausender ortsfremder Wähler, die von der Regierung nach Wan eskortiert worden waren, um die Ergebnisse der Wahl zugunsten der AKP zu beeinflussen. Dem kurdischen Politiker Abdullah Zeydan wurden kurzerhand auf Anordnung des Justizministeriums die Bürgerrechte aberkannt, an seiner Stelle wurde das Bürgermeisteramt dem AKP-Kandidaten zugesprochen.

 

Ausnahmezustand in Wan

Die DEM-Partei bewertete den Vorgang als politischen Putsch und rief zu Protesten auf. In einer Erklärung des Parteivorstands wurde Respekt vor dem Wählerwillen eingefordert. Bereits nach den letzten beiden Kommunalwahlen hatte die Erdoğan-Regierung die demokratisch gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in kurdischen Städten und Gemeinden mittels erfundener Terrorvorwürfe suspendiert und durch Zwangsverwalter ersetzt, viele der Gewählten landeten im Gefängnis.

 


In Wan protestierten bereits tagsüber Tausende Menschen gegen die Entscheidung, es wurden Straßenbarrikaden errichtet. Die Polizei ging mit einem Großaufgebot gegen die Proteste vor, nach Angaben des Provinzverbands der DEM wurde das Parteigebäude gestürmt und mit Tränengasgranaten beschossen. Nach dem Fastenbrechen am Abend flammten die Proteste erneut auf, Jugendliche zündeten Feuer auf Straßen an und riefen Parolen.

 


In Colemêrg (tr. Hakkari) demonstrierten überwiegend junge Menschen im Stadtzentrum, die Polizei setzte Aufstandsbekämpfungseinheiten ein. AKP-Anhänger schossen in die Luft, die Demonstrant:innen reagierten mit Steinwürfen und Feuerwerkskörpern.

 


Auch in Gever (Yüksekova), dem Geburtsort von Abdullah Zeydan, errichteten Jugendliche brennende Straßensperren und wurden von der Polizei mit Gaskartuschen, Plastikmunition und Wasserwerfern angegriffen.

 


Bei einer Protestaktion der DEM-Partei vor dem Wahlausschussbüro in Amed wurde zum Widerstand aufgerufen. Die gewählte Ko-Oberbürgermeisterin Serra Bucak erklärte, dass das kurdische Volk am Sonntag seinen Willen gezeigt und ihre Partei die Wahl in 78 Städten und Gemeinden gewonnen habe: „Damit wurden alle Wahlintrigen zunichte gemacht.Aus diesem Grund hat die Regierung keine 48 Stunden später gegen den Willen der Bevölkerung in Wan geputscht. Der Vorgang ist illegitim und antidemokratisch. Wir wehren uns seit acht Jahren gegen das Regime der Zwangsverwaltung, mit dem unsere Städte und Dörfer ausgebeutet und der Willen des kurdischen Volkes übergangen wird. Wir stehen auf der Seite der Bevölkerung von Wan, ganz Kurdistan lässt Wan in dieser Situation nicht allein.“

 

Wütende Proteste in Êlih

 

Protestaktion in Istanbul

https://anfdeutsch.com/aktuelles/wahl-putsch-in-wan-unterlegener-akp-kandidat-ins-amt-gehievt-41644 https://anfdeutsch.com/kurdistan/tranengas-und-wasserwerfer-gegen-proteste-in-wan-41646 https://anfdeutsch.com/aktuelles/dem-fordert-respekt-vor-dem-wahlerwillen-41651 https://anfdeutsch.com/kurdistan/dem-wahlsieg-in-curne-res-aberkannt-41647 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kcdk-e-und-tjk-e-solidaritat-gegen-akp-putsch-in-wan-41649

 

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Protest gegen türkischen Drohnenangriff in Şengal

2. April 2024 - 21:00

Bei dem türkischen Drohnenangriff im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal (Sindschar) im Nordwesten des Irak sind nach Angaben von RojNews zwei Frauen verletzt worden. Die Antiterrorstelle der Kurdistan-Region im Irak (KRI) meldete unmittelbar nach dem Angriff den Tod eines hochrangigen PKK-Mitglieds. Eine Erklärung der Selbstverwaltung von Şengal liegt bisher nicht vor.

Bei dem Luftangriff um etwa 12 Uhr Ortszeit (11 Uhr mitteleuropäischer Zeit) wurde ein Auto auf einer Straße in der Hochebene Serdeşt bombardiert. Das Fahrzeug brannte vollständig aus. Die Verletzten wurden in ein Krankenhaus eingeliefert. In der Nähe des Angriffsorts befindet sich ein selbstverwaltetes Vertriebenenlager für Ezidinnen und Eziden, die beim Genozid der Terrororganisation „Islamischer Staat” (IS) 2014 aus ihren Dörfern ins Gebirge flüchteten. Auch dort kam es in der Vergangenheit zu türkischen Drohnenangriffen.

Ezidische und arabische Vertreter:innen von Organisationen und Stämmen aus der Region haben den Anschlag verurteilt und die irakische Regierung zum Handeln aufgefordert. Die türkischen Terrorangriffe müssten gestoppt werden, forderte Edûl Şemo von der ezidischen Frauenfreiheitsbewegung TAJÊ vor dem ausgebrannten Autowrack: „Als Menschen in Şengal haben wir keine Angst vor den Angriffen und Drohungen Erdogans. Erdogan hat nicht nur in den Bergen eine Niederlage gegen die Guerilla erlitten, sondern auch bei den Wahlen in der Türkei. Aufgrund dieser Niederlagen greift er wie ein tollwütiger Wolf überall an.“

Zweifelhafte Darstellung der KRI-Behörde

Laut Darstellung der Generaldirektion für Terrorismusbekämpfung (CTD) der Kurdistan-Region des Irak (KRI) soll bei dem Drohnenangriff in Serdeşt ein „hochrangiger Kommandeur“ der PKK getötet worden sein, weitere zwei Mitglieder seien verletzt. Die Behörde verbreitete diese Meldung unmittelbar nach dem gegen 12 Uhr mittags verübten Angriff, ohne weitere Details zu nennen. Eine Untersuchung des Tatorts durch KRI-Behörden hatte zu dem Zeitpunkt nicht stattgefunden.

Die dem Sicherheitsrat der Kurdistan-Region Irak (KRI) angegliederte CTD steht der Barzanî-Partei PDK („Demokratische Partei Kurdistans“) nahe, die offen mit dem türkischen Regime kollaboriert und sich an der Bekämpfung der PKK und anderer Widerstandsstrukturen in Südkurdistan, darunter den ezidischen Selbstverteidigungseinheiten YBŞ und YJŞ beteiligt. Von unabhängigen Medien werden ihre Angaben als kritisch beurteilt, da die Behörde bereits mehrfach nachweislich zivile Opfer völkerrechtswidriger Angriffe der Türkei in der KRI als Angehörige der PKK oder ihr nahestehender Organisationen ausgewiesen hat. Selbst drei arabischstämmige Todesopfer eines türkischen Drohnenangriffs vergangenen August in Pêncewîn waren von der CTD als „PKK-Militante“ dargestellt worden. Tatsächlich handelte es sich um Zivilist:innen, die ursprünglich aus Mosul stammten und in Duhok lebten, darunter ein Ingenieur des Mobilfunkanbieters Asiacell und dessen Tochter. Die CTD hatte die unwahren Angaben zu ihrer Identität trotz eindeutiger DNA-Identifizierung nicht berichtigt.

Türkischer Drohnenterror in Şengal

Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es seit 2017 immer wieder zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen auf Şengal. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Einrichtungen, die unter dem Eindruck des IS-Genozids gegründet wurden – wie etwa das Verwaltungsgremium „Demokratischer Autonomierat Şengal“ (MXDŞ) oder die Selbstverteidigungseinheiten YBŞ und YJŞ. Bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Zivilbevölkerung – oftmals sind es Überlebende des Völkermords von 2014.

NATO-Staat ermordet Genozid-Überlebende

Der letzte bekannte Drohnenangriff der Türkei in Şengal war Anfang März verübt worden. Dabei wurde Mecdel Feqîr, ein Kommandant der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) und Überlebender des IS-Genozids von 2014, ermordet. Die Killermaschine hatte nahe Til Êzêr einen Kontrollpunkt bombardiert, an dem Feqîr im Einsatz war. Er wurde 32 Jahre alt und hinterließ Frau und Sohn. Wenige Tage zuvor war in Şengal bereits der Zivilist Sadun Mirza Ali von einer türkischen Drohne getötet worden. Der Ezide war Vater von drei Kindern und arbeitete als Fahrer für das Gefallenenkomitee der Selbstverwaltung. Ende Dezember kamen fünf Arbeiter aus Rojava bei einem Drohnenangriff in Şengal ums Leben.

Alle Angriffe in Şengal sind eine Fortsetzung des Völkermords

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) bewertet die tödlichen Anschläge als Angriff auf den freien Willen der ezidischen Gemeinschaft. „Der türkische Staat will den Völkermord an den Ezid:innen vollenden, den der IS nicht vollenden konnte. Alle Angriffe auf Şengal dienen diesem Zweck“, erklärte die KCK Anfang März.

Die türkische Regierung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die das ezidische Volk gegen den IS verteidigt hatte und seit 2018 nicht mehr in der Region präsent ist, vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe.

Der Deutsche Bundestag hat den IS-Genozid von 2014 als Völkermord an den Ezid:innen anerkannt. Die Bundesregierung steht jedoch bei den Massakern an der kurdischen Bevölkerung, egal in welchem Teil Kurdistans, grundsätzlich, stillschweigend und praktisch auf der Seite der Türkei. So wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Ezidinnen und Eziden aus Deutschland in den Irak abgeschoben, obwohl die Ampel die Rückführungen von ezidischen Geflüchteten im vergangenen Jahr noch als „unzumutbar“ bezeichnet hatte. In einigen Bundesländern ist die Abschiebung ezidischer Frauen und Kinder vorübergehend ausgesetzt worden.

Foto: RojNews

https://anfdeutsch.com/kurdistan/drohnenangriff-auf-fahrzeug-in-Sengal-41643 https://anfdeutsch.com/kurdistan/pjak-antiterrorbehorde-der-pdk-agiert-als-verlangerter-arm-des-mit-38810 https://anfdeutsch.com/aktuelles/tajE-seid-die-stimme-der-selbstverteidigung-gegen-femizid-41372

 

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DEM fordert Respekt vor dem Wählerwillen

2. April 2024 - 19:00

In der Türkei wird gegen die Ernennung des AKP-Politikers Abdulahat Arvas zum Oberbürgermeister von Wan (tr. Van) protestiert. Bei der Kommunalwahl am Sonntag hatte der AKP-Kandidat 27,1 Prozent der Stimmen in der Provinzhauptstadt erzielt und unterlag damit eindeutig den Ko-Kandidat:innen der DEM-Partei. Das aus Abdullah Zeydan und Neslihan Şedal bestehende genderparitätische Duo erhielt 55,5 Prozent der Stimmen, trotz Tausender ortsfremder Wähler, die von der Regierung nach Wan eskortiert worden waren, um die Ergebnisse der Wahl zugunsten Erdoğans zu beeinflussen. Der Stimmenunterschied lag bei über 125.000.

Die Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan, bewerteten den Vorgang als politischen Putsch und protestierten vor dem Hohen Wahlausschuss (YSK) in Ankara. In einer Erklärung des Parteivorstands wird Respekt vor dem Wählerwillen eingefordert. In der am Dienstag abgegebenen Stellungnahme heißt es zur Aberkennung der Bürgerrechte von Abdullah Zeydan:

„Wir fordern die AKP-Regierung auf, den Willen des Volkes in Van zu respektieren!“

„Unsere Partei hat bei den Kommunalwahlen am 31. März 2024 in Van einen historischen Sieg errungen. Die Bevölkerung hat alle 14 Gemeinden, einschließlich der Großstadtgemeinde, der DEM-Partei anvertraut und sie mit großem Vorsprung zur führenden Partei in der Generalversammlung der Provinz gemacht. Die Wählerinnen und Wähler haben ihren entschlossenen Willen an den Wahlurnen deutlich zum Ausdruck gebracht und damit dem Treuhandregime eine klare Absage erteilt.

Trotz dieses eindeutigen Mandats der Öffentlichkeit werden in Van neue rechtswidrige Maßnahmen erfunden. Wie allgemein bekannt, hat unser Ko-Bürgermeister der Stadt Van, Herr Abdullah Zeydan, alle erforderlichen Verfahren durchlaufen und wurde nach strenger Prüfung durch den Hohen Wahlausschuss (YSK) als Kandidat zugelassen. Seiner Kandidatur wurde durch die Bevölkerung große Unterstützung zuteil und er wurde rechtmäßig gewählt.

Doch nur fünf Minuten vor Geschäftsschluss am Freitag, dem 29. März 2024, und nur zwei Tage vor der Kommunalwahl stellte das Justizministerium einen Antrag auf einen Verwaltungsakt mit dem Ziel, Abdullah Zeydan die Bürgerrechte und damit das Recht auf politische Betätigung abzuerkennen. Diese Rechte waren ihm im Jahr 2022 rückübertragen worden. Unmittelbar nach diesem Antrag, der faktisch nichts anderes als eine Anweisung darstellt, legte die zuständige Staatsanwaltschaft die Angelegenheit genau jenem Gericht vor, das Zeydans politischen Rechte wiederhergestellt hatte. Noch am selben Tag revidierte das Gericht seine eigene Entscheidung. Der Hohe Wahlausschuss wurde umgehend über diesen Schritt informiert.

Dass ausgerechnet das Gericht – die Institution, die Klarheit schaffen soll – zum Schauplatz von Rechtslosigkeit wird, offenbart ein von der Missachtung des Wählerwillens ausgehendes Manöver. Niemand anderem als Abdullah Zeydan steht das Amt des Oberbürgermeisters der Großstadtgemeinde Van zu. Das haben die Bürgerinnen und Bürger der Stadt entschieden.

Wir fordern alle Parteien auf, diese Tatsache anzuerkennen. Diese fehlerhafte Entscheidung muss umgehend korrigiert werden. Maßnahmen, die sich über den Willen der Bevölkerung von Van hinwegsetzen, sind rechtswidrig. Wir rufen alle Verfechter demokratischer Grundsätze auf, dieses Vorgehen zu verurteilen. Den Willen des Volkes zu respektieren, gehört zum Wesen der Demokratie. Die Regierung fordern wir auf, das Mandat des Volkes zu respektieren! Wir warnen vor allen Versuchen, den Willen der Wählerinnen und Wähler zu unterlaufen.“

https://anfdeutsch.com/aktuelles/wahl-putsch-in-wan-unterlegener-akp-kandidat-ins-amt-gehievt-41644 https://anfdeutsch.com/kurdistan/tranengas-und-wasserwerfer-gegen-proteste-in-wan-41646 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kcdk-e-und-tjk-e-solidaritat-gegen-akp-putsch-in-wan-41649

 

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Mindestens 29 Tote bei Brand in Istanbul

2. April 2024 - 19:00

Bei einem Brand in einem Nachtclub in der türkischen Metropole Istanbul sind mindestens 29 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte das Istanbuler Gouverneursamt mit. Eine Person werde schwer verletzt in einem Krankenhaus behandelt. Zuvor sprachen Behörden von acht Verletzten. Das Gouverneursbüro kündigte eine Untersuchung des Brandes an.

Das Feuer brach den Angaben zufolge in den Mittagsstunden in den unteren Etagen eines 16-stöckigen Wohnhauses im europäischen Stadtteil Beşiktaş aus, die als Nachtclub genutzt würden. Der genaue Grund blieb unklar, das Feuer könnte aber bei Reparaturarbeiten ausgelöst worden sein, hieß es. Die Opfer waren vermutlich an den Renovierungsarbeiten beteiligt gewesen.

Die Feuerwehr war mit 86 Einsatzkräften und 31 Fahrzeugen im Einsatz und konnte den Brand im Club „Masquerade“ erst nach Stunden unter Kontrolle bringen. Auf Fernsehbildern waren Flammen und dichte Rauchsäulen zu sehen. Fünf Menschen seien bereits festgenommen worden, berichtete der Sender CNN Türk unter Berufung auf das Innenministerium, ohne weitere Details anzugeben. Die Staatsanwaltschaft habe Ermittlungen eingeleitet.

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KCDK-E und TJK-E: Solidarität gegen AKP-Putsch in Wan

2. April 2024 - 19:00

Die nordkurdische Provinz Wan befindet sich im Aufruhr. Bei den Kommunalwahlen am 31. März hat die DEM-Partei in Wan mit großer Mehrheit gesiegt. Statt dem DEM-Politiker Abdullah Zeydan, der mit 55,5 Prozent der Stimmen die Wahl gewonnen hat, sein Mandat zu übergeben, wurde das Bürgermeisteramt dem AKP-Kandidaten Abdulahat Arvas mit einem Stimmenanteil von 27 Prozent übertragen. In der Stadt brennen Barrikaden, die Polizei setzt Tränengas und Wasserwerfer ein. Ein ähnliches Vorgehen des Staates zeichnet sich auch in anderen Provinzen ab. Der kurdische Europadachverband KCDK-E und die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) rufen angesichts der Usurpation des Bürgermeisteramtes in Wan durch die AKP zum dringenden Protest auf.

Putsch gegen den Willen der Menschen von Wan“

In der gemeinsamen Erklärung der Europadachverbände heißt es: „Unser Volk hat in Nordkurdistan einen großen Erfolg an den Wahlurnen errungen. Mit diesem großen Sieg wurde das faschistische AKP/MHP-Regime an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Doch Diktator Erdoğan nimmt diesen Zusammenbruch nicht hin und antwortet stattdessen mit einem Angriff auf den Willen des kurdischen Volkes. In seiner Balkonrede hat er das kurdische Volk offen bedroht und seine feindselige Haltung erneut deutlich gemacht. Jetzt hat der Diktator einen Putsch gegen den Willen der Menschen in Wan durchgeführt, indem Abdullah Zeydan, der mit mehr als 55 Prozent Stimmanteil zum Ko-Bürgermeister gewählt wurde, die Bürgerrechte entzogen wurden.“

Die Verbände bewerten den Vorgang als politischen Putsch gegen den Wählerwillen und weisen darauf hin, dass die Bevölkerung in Wan und anderen kurdischen Städten in der Türkei gegen die rechtswidrige und anmaßende Maßnahme protestiert. „Wir rufen in Europa lebende Kurdinnen und Kurden auf, überall auf die Straßen zu gehen, um den Willen des Volkes zu verteidigen und auf das räuberische Vorgehen des türkischen Staates hinzuweisen. Das kurdische Volk wird nicht zulassen, dass der Wille der Menschen in Wan, die AKP in den Wahlurnen zu beerdigen, missachtet wird. Keine Regierung kann sich durch Gewalt und Zwangsverwaltung legitimieren. Als KCDK-E und TJK-E rufen wir unser Volk und die demokratische Öffentlichkeit in Europa auf, gegen die Usurpation durch das faschistische AKP/MHP-Regime zu protestieren und Solidarität mit der Bevölkerung von Wan zu zeigen.“

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Verletzte bei Wahlprotesten in Şirnex

2. April 2024 - 17:00

Bei einem Polizeiangriff auf Proteste gegen Wahlbetrug in der kurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) sind mehrere Menschen verletzt worden, es kam zu Dutzenden Festnahmen. Politiker:innen der DEM-Partei wollten heute Widerspruch gegen die Ergebnisse der Kommunalwahl in Şirnex-Stadt und im Bezirk Qilaban (Uludere) im Justizgebäude einlegen und wurden auf dem Weg von der Polizei aufgehalten. Die DEM moniert die Manipulation des Wahlausgangs durch vorgeblich als Sicherheitskräfte abkommandierte Polizisten und Soldaten, die massenweise aus anderen Provinzen zur Stimmabgabe an die Urnen transportiert wurden.

Als der örtliche Parteivorstand begleitet von den DEM-Abgeordneten Saliha Aydeniz und Zeki Irmez, der DBP-Vorsitzenden Çiğdem Kılıçgün Uçar und Hunderten weiteren Menschen auf dem Gang zum Justizgebäude beharrten, setzte die Polizei Tränengas und Plastikgeschosse ein. Erkan Tepeli, ein Mitarbeiter von Çiğdem Kılıçgün Uçar, wurde von einer Tränengaskartusche am Kopf getroffen und verletzt, der Ko-Bürgermeisterkandidat Turan Saltan blutete nach dem Polizeieinsatz aus der Nase.

Auch in Qilaban werden die Proteste fortgesetzt. Bereits am Montag hatten mehrere hundert aufgebrachte Menschen gegen die Beeinflussung des Wahlergebnisses durch den Transfer von über tausend AKP-Anhängern in die Kreisstadt protestiert. Die DEM-Partei legte heute Widerspruch beim örtlichen Wahlausschuss ein.

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DEM-Wahlsieg in Curnê Reş aberkannt

2. April 2024 - 17:00

Laut den vorläufigen Endergebnissen hat die DEM-Partei bei der Kommunalwahl in der Türkei am 31. März in 78 Städten und Gemeinden den höchsten Stimmenanteil erhalten. Mindestens zehn Wahlkreise in den kurdischen Gebieten gingen mit den Stimmen von vorgeblich als Sicherheitskräfte abkommandierten Polizisten und Soldaten an die AKP, die landesweit dennoch erhebliche Verluste einfahren musste. Auch im Nachgang versucht die Regierungspartei, den Wahlausgang rückwirkend zu ändern.

So wurde in Curnê Reş (tr. Hilvan) auf Antrag der AKP eine Wahlwiederholung angeordnet. Die Kreisstadt ist eine der sieben Gemeinden in der Provinz Riha (Urfa), in denen die DEM-Partei als Wahlsiegerin hervorgegangen ist. Während die Rathäuser in Pirsûs, Xelfetî, Hewag, Berecûk, Serê Kaniyê und Wêranşar bereits früher von Politiker:innen der kurdisch-demokratischen Vorgängerparteien der DEM regiert wurden, stellte der Sieg in Curnê Reş ein Novum dar. Für die DEM-Partei wurden Serhan Paydaş und Garip Yeşil mit einem Vorsprung von 521 Stimmen als Ko-Bürgermeister:innen gewählt.

DEM-Abgeordneter Ömer Öcalan und gewählte Bürgermeister:innen protestieren

Wie der örtliche Wahlausschuss am Dienstagnachmittag bekannt gab, ist dem Einspruch der AKP gegen die Ergebnisse stattgegeben worden, laut dem Beschluss soll die Wahl wiederholt werden. In Curnê Reş protestieren zur Stunde Tausende Menschen gegen die Entscheidung.

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Tränengas und Wasserwerfer gegen Proteste in Wan

2. April 2024 - 17:00

Mit Wasserwerfern, Tränengas und teils auch Schlagstöcken reagiert die türkische Polizei in der kurdischen Großstadt Wan (tr. Van) auf Proteste gegen die unrechtmäßige Ernennung eines AKP-Politikers zum Oberbürgermeister. Tausende Menschen sind auf der Straße, um „Respekt vor dem Willen der Bevölkerung“ einzufordern, viele Gewerbetreibende haben ihre Geschäfte geschlossen. Auf der Hauptstraße im Zentrum Wans sowie in mehreren Seitenstraßen wurden Mülltonnen und Pflanzkübel umgeworfen und Barrikaden errichtet, Protestierende reagieren mit Steinwürfen auf den Tränengasbeschuss. Nach Angaben des Provinzverbands der DEM-Partei warf die Polizei auch Tränengasgranaten in das Parteigebäude und stürmte es. Mehrere Personen erlitten den Angaben zufolge Verletzungen, die genaue Zahl ist noch unklar. Derweil versuchen Polizeikräfte zu verhindern, dass die Demonstrierenden nahe der Stadtverwaltung zusammenkommen.

Der Wahlausschuss in Wan hat am Dienstag den AKP-Kandidaten Abdulahat Arvas zum Oberbürgermeister ernannt. Das Amt gewonnen hatte bei der Kommunalwahl am Sonntag aber der DEM-Politiker Abdullah Zeydan – und zwar haushoch. Der 52-jährige Kurde erhielt 55,5 Prozent der Stimmen, der unterlegene Kandidat von der AKP kam auf rund 27 Prozent. Dennoch erhielt nicht Zeydan, sondern Arvas die Ernennungsurkunde. Möglich machte das ein Coup des türkischen Justizministeriums. Dieses hat am Freitag nur wenige Minuten vor Geschäftsschluss und keine 48 Stunden vor der Abstimmung bei Gericht die Rücknahme der Wiederherstellung der politischen Rechte Zeydans erwirkt – einschließlich seines Rechts, gewählt zu werden. Der Politiker saß jahrelang unter Terrorvorwürfen im Gefängnis und wurde rechtskräftig verurteilt. Per Gerichtsbeschluss erlangte Zeydan im April vergangenen Jahres seine politischen Rechte wieder. Damit gab es auch keinerlei Einwände gegen seine Bürgermeisterkandidatur.

 

Protestierende durchbrechen eine Polizeiabsperrung, auch Abdullah Zeydan ist unter ihnen

Die DEM spricht daher von einem „Putsch-Mechanismus“, der in Kraft ist – und von Ankara gesteuert wird. Die Entscheidung im Fall Zeydan habe keine juristische Grundlage und sei vielmehr eine „Anordnung der Herrschenden“, mit der sichergestellt werden solle, dass die AKP trotz eindeutigem Wahlergebnis ein weiteres Mal den „Willen der Bevölkerung“ usurpieren kann. Nach den vorherigen Kommunalwahlen hatte die Erdoğan-Regierung die demokratisch gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den kurdischen Städten und Provinzen mittels erfundener Terrorvorwürfe abgesetzt und durch Zwangsverwalter ersetzt, viele der Gewählten landeten im Gefängnis. Jetzt, so scheint es, hat Ankara eine Alternative zur Terrorkarte gefunden – obschon Erdoğan unmittelbar nach der Kommunalwahl am Sonntag angekündigt hatte, er werde „weiterhin gegen Terroristen“ vorgehen.

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Anwaltskammern stellen Legitimität der Wahlen in der Türkei in Frage

2. April 2024 - 15:00

Für die Kommunalwahl am Sonntag in der Türkei sind Zehntausende Soldaten und Polizisten zur Stimmabgabe in kurdische Provinzen transportiert worden. Mit dem Stimmentransfer hat sich die Regierungspartei AKP den Sieg in mindestens zehn Wahlkreisen gesichert, darunter die Provinzhauptstädte Şirnex, Qers und Bedlîs (tr. Şırnak, Kars und Bitlis). Anwaltskammern aus der Türkei stellen vor diesem Hintergrund die Legitimität der Wahlergebnisse in Frage.

In einer gemeinsamen Erklärung der Anwaltskammern aus 19 Provinzen wird darauf hingewiesen, dass im Vorfeld der Wahlen in unverhältnismäßigem Ausmaß Militärs und Polizisten als Wähler registriert wurden und Einsprüche gegen den systematischen Stimmentransfer von den örtlichen Wahlausschüssen zurückgewiesen wurden. Am Wahltag sei dann die massenhaft Stimmabgabe ortsfremder Polizisten und Soldaten beobachtet worden:

„Die Bezirkswahlausschüsse wiesen Einwände gegen die transportierten Wähler zurück. In den Begründungen der Ablehnungsbescheide hieß es unter Berufung auf Schreiben der Jandarma- oder Polizeidirektionen, dass die Soldaten oder Polizisten im Rahmen des am Wahltag vorzunehmenden Einsatzes in dem angegebenen Zentrum als Wähler registriert waren. Die Aufnahmen von Soldaten und Polizisten, die am Wahltag in den frühen Morgenstunden ihre Stimme abgaben und danach die Orte massenhaft verließen, ohne sich an Sicherheitsmaßnahmen zu beteiligen, ließen in der Öffentlichkeit jedoch ernsthafte Zweifel daran aufkommen, dass sich diese Personen im Rahmen des Sicherheitsbedarfs in den Wahlgebieten aufhielten.“

Das aktive und passive Wahlrecht und das Recht auf politische Betätigung sei „ein unverzichtbares Element der Demokratie“, betonen die Anwaltskammern. Dazu gehöre die „freie und unbeeinflusste Wiedergabe des Volkswillens an der Wahlurne. Am 31. März 2024 wurden die Grundsätze freier und fairer Wahlen verletzt, indem Tausende von Soldaten oder Polizisten als Wähler registriert worden sind“. Insbesondere an Orten, in denen diese Stimmen ausschlaggebend für die Wahl der Bürgermeister:innen waren, habe der Stimmentransfer „die Legitimität der Wahlergebnisse in Frage gestellt“ und werde „als schwarzer Fleck in die Geschichte der Demokratie eingehen“.

Unterzeichnende Anwaltskammern

Unterzeichnet wurde die Erklärung von den Anwaltskammern in Colemêrg (Hakkari), Adana, Şirnex, Tekirdağ, Semsûr (Adıyaman), Isparta, Agirî (Ağr), Dêrsim (Tunceli), Qers, Wan (Van), Êlih (Batman), Mêrdîn (Mardin), Çewlîg (Bingöl), Mûş, Zonguldak, Sêrt (Siirt), Burdur, Riha (Urfa) und Amed (Diyarbakır).

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