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Aktualisiert: vor 41 Minuten 15 Sekunden

Istanbuler CHP-Bezirksbürgermeister festgenommen

17. September 2025 - 15:00

Die Kommunalverwaltung des CHP geführten Istanbuler Stadtteils Bayrampaşa ist am Wochenende im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Korruptionsvorwürfen durchsucht worden. Gegen den Bürgermeister Hasan Mutlu und weitere Personen sind Haftbefehle erlassen worden.

Die Generalstaatsanwaltschaft Istanbul leitete ein Ermittlungsverfahren gegen die Kommunalverwaltung Bayrampaşa wegen Korruption, Erpressung, Bestechung und Manipulation von Ausschreibungen ein. Im Rahmen der Ermittlungen wurden am 13. September 46 Personen festgenommen.

39 Personen, darunter der CHP-Bürgermeister von Bayrampaşa, Hasan Mutlu, wurden mit einem Haftantrag dem Gericht überstellt, für sechs weitere sei ein Antrag auf gerichtliche Kontrolle gestellt worden. Insgesamt 20 Personen, darunter Hasan Mutlu, befinden sich weiterhin in Gewahrsam. Sechzehn wurden unter gerichtlicher Aufsicht freigelassen, während die Vernehmung von neun anderen noch andauert.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/gericht-vertagt-verfahren-gegen-chp-vorstand-47963 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/dem-und-chp-bekraftigen-gemeinsame-haltung-gegen-zwangsverwaltung-47908 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/kurkcu-das-regime-will-die-chp-nicht-verbieten-sondern-spalten-47881 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/polizeigewalt-gegen-chp-anhanger-innen-in-istanbul-47861

 

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Frauenbegegnungsraum „Tîjda“ in Kiel eröffnet

17. September 2025 - 13:00

Eine Gruppe von zehn Initiatorinnen hat in Kiel in der Kurdischen Kulturschule 14 Monate lang die Einrichtung eines internationalen Frauenraums geleitet. Alle nötigen Renovierungs- und handwerklichen Arbeiten sind ausschließlich von Frauen geleistet worden, ein Prinzip der Geschlechterautonomie, das sie von Anfang an praktizieren. Ermöglicht wurde das Projekt insbesondere durch das ehrenamtliche Engagement der Kielerinnnen, finanziell hat die Stadt Kiel die Arbeiten gefördert.

Geschlechterautonomie als Schritt auf dem Weg zu Gleichberechtigung

In einer patriarchalen Welt, so sind die Initiatorinnen überzeugt, werden Frauen in allen Lebensbereichen unterdrückt und zwar unabhängig des Kulturkreises, in dem sie leben. Um dem etwas entgegenzustellen, haben die Frauen den internationalen Frauenraum „Tîjda“ geschaffen, in dem Austausch, Entwicklung und Stärkung stattfinden sollen. Er ist nach der Hamburgerin Kelly Freygang benannt, die im April dieses Jahres bei einem türkischen Angriff in Südkurdistan ihr Leben verlor.

Angetrieben werden die Kielerinnen auch von der Atmosphäre, die Frauen schafften, wenn sie unter sich sind. Gehör und Schutz zu finden, sei für Frauen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft nicht alltäglich. Das Miteinander in dem internationalen Begegnungsraum wird diesem Zustand andere Möglichkeiten gegenüberstellen, hoffen die Frauen. Bereits während der Renovierungsarbeiten sei diese besondere, zugewandte Stimmung deutlich zu spüren gewesen und allen Beteiligten gezeigt, dass der Wille ausreicht, um alles schaffen zu können, wobei auch zwei professionelle Handwerkerinnen das Projekt tatkräftig unterstützt haben. Nett gemeinte Hilfsangebote von Männern hingegen empfanden die Aktiven eher als übergriffige Bekundungen des Nicht-Zutrauens.

Ein internationaler Frauenraum in der Kurdischen Kulturschule

Vor allem durch die Revolution in Rojava hätten kurdische Männer ein ausgeprägteres Bewusstsein dafür, dass auch sie von Geschlechtergleichberechtigung profitieren, sind die Kielerinnen überzeugt. Dementsprechend hätten sie für die Einrichtung eines Frauenraumes in der Kurdischen Kulturschule (Hermann-Weigmann-Straße 20), im Gebäude der kurdischen Gemeinde Kiel, Zustimmung gewinnen können.

Frauen von überall her sollen in dem Frauenraum „Tîjda“ künftig einen Ort finden, an dem sie neue Konzepte und Ideen entwickeln und umsetzen können. Mit festen Öffnungszeiten soll es eine vielfältige Bandbreite von Aktivitäten geben: Yoga, gemeinsames Kochen und Essen, Lesungen und Filmabende, sowie ein offener Treff und Ort zum Teerinken. Obwohl sich bisher aufgrund des spezifischen Ortes mehr kurdische und deutsche Frauen beteiligen, sind bereits jetzt auch Afghaninnen und Afrikanerinnen aus verschiedenen Ländern mit dabei.

Tîjda Zagros

Benannt haben die Frauen aus Kiel ihren Raum nach Tîjda Zagros (Kelly Freygang), die für sie gelebte internationale Solidarität und grenzübergreifende Verbundenheit von Menschen und Völkern verkörpere.

Die Hamburgerin war 2017 als Internationalistin zur kurdischen Freiheitsbewegung gestoßen und schloss sich der Frauenguerilla YJA Star an, in der sie als Mitglied einer Spezialeinheit aktiv war. Ein türkischer Drohnenangriff tötete die Revolutionärin am 29. April 2025 in den freien Bergen Kurdistans.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/kiel-gemeinschaft-der-frauen-jenseits-von-grenzen-39695 https://deutsch.anf-news.com/frauen/kurdische-kulturwochen-ausstellungseroffnung-fruhling-der-frauen-39528 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/fussballturnier-im-gedenken-an-kelly-freygang-47272 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/wurdevolles-gedenken-an-tijda-zagros-46875

 

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EFA-Präsidentin: Öcalans Initiative ist ein Beispiel für die Welt

17. September 2025 - 11:00

Die Präsidentin der Europäischen Freien Allianz (EFA), Lorena Lopez de Lacalle, hält die Umsetzung des „Rechts auf Hoffnung“ und die Freiheit von Abdullah Öcalan für entscheidend für einen Verhandlungsprozess mit der Türkei, welcher überdies auf Augenhöhe geführt werden müsse.

Die EFA, die im Europäischen Parlament tätig ist und 41 politische Parteien aus 19 Ländern zusammenbringt, wird von Lorena Lopez de Lacalle geleitet. Sie hat mit ANF über den von Abdullah Öcalan initiierten Prozess und die Frage des „Rechts auf Hoffnung“ gesprochen.


„Abdullah Öcalan und die Haltung der PKK zum Frieden sind sehr bedeutsam“

Als Vorsitzende einer Allianz, die das Recht der Völker auf Selbstbestimmung und Gestaltung ihrer eigenen Zukunft verteidigt, unterstrich Lopez de Lacalle die Bedeutung des Prozesses, den Abdullah Öcalan und die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eingeleitet haben: „Angesichts der Gewalt, die die Welt derzeit erlebt, halten wir es für äußerst wichtig und wertvoll, als Allianz auf Frieden zu bestehen.

Die Entscheidung der PKK und Öcalans, die Gewalt zu beenden und gemeinsam mit allen Völkern der Türkei eine demokratische und friedliche Lösung anzustreben, ist für uns eine sehr gute Nachricht. Natürlich haben wir auch Bedenken. Nach Öcalans Aufruf reagierte Erdoğan zunächst positiv. Leider bereitet uns der mangelnde Fortschritt im Laufe der Zeit Sorge.“

„Unsere Bedenken richten sich gegen Erdoğan und seine Regierung“

Sie fuhr damit fort, dass die Einrichtung einer parlamentarischen Kommission wichtig sei und dass sie deren Arbeit unterstütze, merkte jedoch an: „In einem solchen Prozess verstärken der Druck und die Angriffe auf Oppositionsparteien unsere Bedenken. Unsere Bedenken richten sich gegen Erdoğan und seine Regierung, denn wir wissen sehr gut, dass nicht nur die Kurd:innen Frieden in diesem Land wollen, sondern auch ein großer Teil der türkischen Bevölkerung.“

„Wir müssen Friedensbemühungen unterstützen“

Die Initiativen und Ideen von Abdullah Öcalan betrachtet Lopez de Lacalle eigenen Angaben zufolge nicht nur als Lichtblick für die Türkei, sondern für die ganze Welt: „Natürlich sind Öcalans Initiativen und Positionen für den Nahen Osten von grundlegender Bedeutung, aber sie haben auch große Auswirkungen auf Europa. Diese Werte sind für die ganze Welt notwendig. Durch seine Haltung hat Öcalan gezeigt, dass es in dieser Welt Führungspersonen gibt, die Frieden wollen und auf ihn bestehen, selbst in einem so schwierigen Kontext.

Deshalb müssen wir als Politiker:innen, Intellektuelle und als Angehörige aller verschiedenen Bereiche der Gesellschaft die Friedensbemühungen in der Türkei unterstützen. Es ist sehr wichtig, dass die Kurd:innen diesen Prozess als einen Prozess der ‚demokratischen Gesellschaft und des Friedens‘ bezeichnen. Im Kern wird niemand ausgeschlossen; alle sollen Teil des Prozesses sein. In diesem Sinne können wir diesen Prozesses nur befürworten, in dem alle dieselben und gleichwertigen Rechte haben müssen.“

Das „Recht auf Hoffnung“ muss umgesetzt werden

Lopez de Lacalle wies auf die Bedeutung der Freiheit von Abdullah Öcalan für den Erfolg des Prozesses hin und betonte, dass die Türkei die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) einhalten und das „Recht auf Hoffnung“ umsetzen muss: „Wir unterstützen die Forderung nach dem ‚Recht auf Hoffnung‘ für Öcalan und fordern dessen sofortige Umsetzung. Der türkische Staat muss seinen Verpflichtungen nachkommen und die Entscheidung des Ministerkomitees des Europarates zum Recht auf Hoffnung umsetzen.

Es muss klar festgelegt und durchgesetzt werden, denn es bedeutet das Recht aller Menschen, mit Würde behandelt zu werden. Hier geht es um die Menschenwürde. Ein Repräsentant, der seit 26 Jahren fast ununterbrochen in Isolationshaft sitzt, verbüßt keine Strafe mehr; dies ist eine Situation, die gegen das Völkerrecht verstößt.“

„Er hat die Macht und die Autorität, Frieden zu schaffen“

Die Umsetzung dieses Menschenrechts und die Freiheit Öcalans hält Lopes de Lacalle als entscheidenden Faktor für einen Verhandlungsprozess mit der Türkei, der Augenhöhe erfordere. Öcalan habe eine herausragende Rolle und in dieser habe er wiederholt seinen Willen für Frieden und für ein Ende der Waffengewalt gezeigt – nicht zuletzt durch die Waffenverbrennung im Juli. Die Politikerin ist überzeugt, Öcalan habe „die Macht und die Autorität, Frieden zu schaffen. Daher müssen Erdoğan und seine Regierung die Friedensfähigkeit Öcalans anerkennen“.

„Die kurdische Bevölkerung ist nicht der Feind der Türkei“

Lopez de Lacalle betonte außerdem, dass echte Demokratie die Anerkennung der Rechte aller im Land lebenden Minderheiten erfordert: „Der Staat darf Vielfalt nicht als Feind betrachten. Die kurdische Bevölkerung in der Türkei ist nicht der Feind der Türkei. Die einzige Forderung der Kurd:innen ist, dass ihre Sprache, ihre Traditionen, ihre Lebensweise und ihr Recht auf Demokratie respektiert werden. Die Türkei muss diese Realität anerkennen und diese grundlegenden Forderungen akzeptieren.“

„Der Europarat und seine Institutionen müssen Druck ausüben“

Abschließend betonte Lopez de Lacalle, dass die Institutionen des Europarates konkrete Schritte unternehmen müssten, um die Umsetzung des „Rechts auf Hoffnung“ und den Erfolg des Prozesses in der Türkei sicherzustellen: „Der Europarat und die EU-Länder müssen davon überzeugt sein, dass die Zeit für den Frieden in der Türkei gekommen ist, und das Thema auf dieser Grundlage angehen. Damit diese von Öcalan gebotene Chance zum Erfolg führt, muss der Prozess unterstützt werden. Es muss diplomatischer Druck auf die Türkei ausgeübt werden, um Öcalans Freiheit zu sichern. Wenn der türkische Staat auf Gesetzlosigkeit besteht, muss auch die Aussetzung der diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen in Betracht gezogen werden.“

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/britische-gewerkschaften-fordern-europarat-zum-handeln-im-fall-Ocalan-auf-47985 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kon-med-fordert-deutsche-unterstutzung-fur-friedensprozess-in-der-turkei-47965 https://deutsch.anf-news.com/frauen/offener-brief-an-europarat-frauen-fordern-umsetzung-von-egmr-urteil-zu-Ocalan-47951 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/zweiter-protesttag-in-strassburg-freiheit-fur-Ocalan-gedenken-an-jina-amini-47977

 

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Besta: Paramilitärs fällen Bäume und drohen mit Waffen

17. September 2025 - 11:00

Trotz zahlreicher Proteste, administrativer und juristischer Schritte sowie einer Vielzahl von Petitionen wird das Fällen von Bäumen in Besta, Gabar, Cûdî und den umliegenden Dörfern in Şirnex (tr. Şırnak) systematisch fortgesetzt. Das Land der Dorfbevölkerungen wird unter der Aufsicht von Soldaten und mit Genehmigung der Provinzverwaltung abgeholzt wird, ohne dass die Eigentümer:innen darüber informiert werden. Gleichzeitig werden diejenigen, die reagieren oder versuchen, die Abholzung zu stoppen, von den staatlich eingesetzten, paramilitärischen Dorfwächtern bedroht.


Infolge der mit Genehmigung des Gouverneurs begonnenen und seit Jahren andauernden Abholzungsmaßnahmen sind rund 14 Prozent der Waldfläche von Şirnex verloren gegangen, während die Dorfwächter, die dieses Holz roden und verkaufen, reich geworden sind.

Die Entwaldung ist auf Satellitenbildern deutlich zu erkennen, und die Paramilitärs fällen weiterhin sowohl junge als auch alte Bäume. Nun haben sie sogar begonnen, sich auf die Obstgärten der Dorfbevölkerung zu verlegen: In Besta haben sie angefangen Obstgärten in Dörfern zu fällen, die vor etwa 30 Jahren evakuiert und niedergebrannt wurden. Die Dorfbewohner:innen, die aufgrund von Verboten nur ein- oder zweimal im Jahr Walnüsse in den Gärten pflanzen oder ernten, reagierten auf die ohne ihr Wissen durchgeführten Fällungen.

Abdulmenaf Bayık gehört zu denjenigen, die sich gegen die Fällung der Gärten wehren, und berichtete: „Als wir versuchten, sie aufzuhalten, bedrohten sie uns mit ihren Waffen.“

„Sie betraten meinen Obstgarten ohne Vorwarnung und fällten Bäume“

Bayık erzählte, dass die Abholzung, die seit fast zwei Jahren in Besta stattfindet, nun auch seinen Garten und sein Waldstück erreicht habe. Die von seinem Großvater geerbten Grundstücke würden von Dorfwächtern geplündert werden, die behaupteten es handele sich um ihr Land. Die Abholzungen halten laut Bayık unvermindert und dauerhaft an.

Er fügte hinzu: „Das betrifft nicht nur unser Land, sie haben das mit dem Land vieler Dorfbewohner:innen in der Gegend gemacht. Unser Dorf und unsere Ländereien liegen in Besta. Als wir von der Abholzung erfuhren, machten wir uns auf den Weg in das Gebiet. Während uns der Zutritt zu der Sperrzone ständig verboten wird, können sowohl diejenigen, die die Bäume fällen, wie auch die Wachen es sehr leicht betreten. Sie haben ohne unsere Erlaubnis begonnen, die Bäume in unserem Obstgarten zu fällen. Jahrelang haben wir, so schwierig es auch war, versucht, zu diesem Obstgarten zu gehen und dort zu produzieren. Jetzt versuchen sie, uns sogar das noch wegzunehmen.“

„Sie haben uns mit Waffen bedroht“

Bayık beschrieb, wie sie zusammen mit anderen Dorfbewohner:innen auf Dorfwächter trafen, die Bäume mit einem Traktor transportierten, und berichtete von dem folgenden Wortwechsel: „Als wir ankamen, hatten sie bereits mit dem Fällen begonnen. Als wir sie fragten, sagten sie: ‚Der Gouverneur hat die Erlaubnis erteilt‘; aber als wir zum Büro des Gouverneurs gingen und dort nachfragten, sagten sie: ‚Ich habe damit nichts zu tun.‘ Als wir ihnen sagten, sie sollten mit dem Fällen aufhören und dass dies unser Land sei, antworteten sie: ‚Das geht uns nichts an, wir fällen die Bäume, verschwindet von hier.‘

Wir gingen nicht weg und redeten weiter. Als wir gegen die Situation protestierten, legten die Wachleute direkt ihre Hände auf ihre Waffen, bedrohten uns damit und sagten: ‚Verschwindet von hier.‘ Sie ließen uns nicht einmal über unser eigenes Land sprechen. Sie fällen unsere Bäume, verkaufen sie und stecken das Geld in die eigene Tasche. Das ist weder menschlich noch gewissenhaft.“

„Diese Gesetzlosigkeit muss ein Ende haben“

Bayık betonte, dass die anhaltenden Abholzungen in der Region der Dorfbevölkerung und Viehbesitzer:innen großen Schaden zufügen, und versicherte, dass er seinen Obstgarten weiterhin verteidigen und sich Gehör verschaffen werde: „Jeden Tag fahren Lastwagen mit gefällten Bäumen vor meinem Haus vorbei. Hier finden die Dorfbewohner:innen nicht einmal Wasser oder einen einzigen Baum, doch jeden Tag werden Tonnen von Bäumen gefällt. Es schmerzt uns, das mit anzusehen. Die Präfektur erleichtert und ebnet durch die Erteilung von Verboten den Weg für diese Abholzung. Diese Maßnahmen bringen uns keinen Nutzen. Diese Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit muss ein Ende haben. Wenn sie so weitermachen, werden sie keinen einzigen Baum übrig lassen.“

https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/tja-wir-werden-die-natur-weiterhin-verteidigen-47896 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/protestcamp-in-besta-diese-erde-gehort-uns-47883 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/mahnwache-gegen-Okozid-wir-bleiben-bis-der-kahlschlag-endet-47882

 

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Dezentralisierung als Syriens Regierungsmodell der Zukunft

17. September 2025 - 9:00

Nach dem Zusammenbruch des Regimes von Baschar al-Assad ist das künftige Regierungssystem Syriens zu einem der am meisten diskutierten Themen sowohl im Inland als auch international geworden. Im Mittelpunkt dieser Debatte steht die Frage, ob Syrien seine zentralistische Struktur beibehalten oder sich zu einem dezentralisierten System auf der Grundlage lokaler Selbstverwaltung entwickeln wird.

Während die Behörden der Übergangsregierung in Damaskus eher zur Beibehaltung der zentralistischen Herrschaft neigen, plädieren viele einflussreiche lokale Akteur:innen vor Ort dafür, den verschiedenen Regionen des Landes mehr Autonomie zu gewähren. Angesichts der ethnischen, religiösen und konfessionellen Vielfalt Syriens erscheint die Dezentralisierung nicht nur als machbar, sondern auch als strategische Notwendigkeit für den Aufbau von Frieden und die Schaffung eines nachhaltigen Regierungssystems.

Von der Zentralisierung zur Dezentralisierung: ein historischer Hintergrund

Hafez al-Assad, der 1971 an die Macht kam, und später im Jahr 2020 sein Sohn Baschar, etablierten ein stark zentralisiertes System in Syrien. Die Verfassung von 1973 übertrug dem Präsidenten weitreichende Befugnisse; Gouverneure wurden von oben ernannt, und lokale Räte fungierten nur als symbolische Gremien, die zentrale Entscheidungen umsetzten. Keine Region außerhalb von Damaskus verfügte über politische, administrative oder finanzielle Autonomie.

Während der Herrschaft von Baschar al-Assad wurde wenig unternommen, um die lokale Regierungsführung zu stärken. Dies spielte eine bedeutende Rolle bei den Volksaufständen, die 2011 ausbrachen. Die Bürger:innen hatten auf lokaler Ebene keine Vertretung und keine Entscheidungsbefugnis. In Verbindung mit systemischer Korruption und ungleicher Entwicklung führte dies zu weit verbreiteter Unzufriedenheit.

Schein-Reformen

Als Reaktion auf den Aufstand versuchte Assad, die Legitimität des Regimes zu bewahren, indem er 2012 eine neue Verfassung verabschiedete und das Gesetz Nr. 107 erließ, das nominell eine lokale Dezentralisierung vorsah. In der Praxis blieben diese Reformen jedoch symbolisch, da die Zentralgewalt in Damaskus weiterhin alle lokalen Regierungsaktivitäten kontrollierte.

Dezentralisierung ist nicht nur eine moderne politische Notwendigkeit, sondern steht auch im Einklang mit dem historischen Erbe Syriens.

Die Verfassung des Arabischen Königreichs Syrien, das 1920 gegründet wurde, sah ein dezentrales System vor, das das Land durch autonome Regionen regierte und Minderheitenvertretungen sowie lokale Autonomien ermöglichte. In ähnlicher Weise wurden während des französischen Mandats einige föderale Elemente eingeführt, die jedoch schnell durch Zentralisierung ersetzt wurden.

Nach 2011, als die Zentralgewalt in vielen Bereichen schwächer wurde, entstanden lokale Räte, zivilgesellschaftliche Strukturen und autonome Verwaltungen. Die Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens unter kurdischer Führung wurde zum fortschrittlichsten Experiment dieser Art. Im Gegensatz dazu verdeutlichte die Dominanz der islamistischen „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) im Nordwesten die Grenzen lokaler Verwaltungen, wobei die HTS ironischerweise zu einem der stärksten Verfechter der Zentralisierung wurde.

Die kurdische Forderung nach Dezentralisierung

Die Kurd:innen, die etwa 15 % der Bevölkerung Syriens ausmachen, wurden historisch ausgegrenzt und gehören zu den stärksten Befürwortenden der Dezentralisierung. Seit 2014 hat die Autonome Verwaltung in fast einem Drittel Syriens ein mehrsprachiges, multiethnisches Regierungsmodell eingeführt. Ihr Ko-Vorsitz-System gewährleistet die Vertretung aller Geschlechter und Ethnien, während ihre dreisprachige Bildungspolitik zur Wahrung der kulturellen Vielfalt beiträgt.

Im April 2025 kamen verschiedene kurdische politische Gruppen zusammen, um eine gemeinsame Vision für ein Syrien nach Assad auf der Grundlage der Dezentralisierung zu verkünden. Sie argumentieren, dass dieses Modell nicht nur für kurdische Regionen, sondern für das gesamte Land gelten sollte.

Die Ausbreitung der Forderungen nach Dezentralisierung

Nicht nur Kurd:innen, sondern auch andere ethnische und konfessionelle Gruppen fordern lautstark eine Dezentralisierung. Drus:innen, Alawit:innen und Christ:innen, getrieben von Gefühlen der Unsicherheit, Ausgrenzung und Sorge über die zentrale Herrschaft, streben nach größerer lokaler Autonomie. Diese Bedenken stehen in direktem Zusammenhang mit der Befürchtung, dass die Übergangsregierung in Damaskus zunehmend von Islamisten beeinflusst wird.

Darüber hinaus gehört auch die sunnitisch-arabische Mehrheit zu denjenigen, die am stärksten von der Zentralisierung betroffen sind und unter Marginalisierung, Armut und Vernachlässigung der Infrastruktur leiden. Somit liegt die Dezentralisierung nicht nur im Interesse der Minderheiten, sondern würde auch der Mehrheit der Bevölkerung zugutekommen.

Ängste und Realitäten: Gefahr einer Spaltung?

Einige Teile der syrischen Gesellschaft befürchten, dass die Dezentralisierung zur Teilung des Landes führen könnte. Solche Befürchtungen spiegeln jedoch oft jahrelange Propaganda der Zentralregierung und Ängste vor dem Verlust von Autorität wider. In Wirklichkeit könnte eine sorgfältig geplante Dezentralisierung die nationale Einheit eher stärken als schwächen.

In einem solchen Modell würden zentrale hoheitliche Aufgaben wie Außenpolitik, Verteidigung und Finanzen bei der Zentralregierung verbleiben, während die Zuständigkeiten für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und lokale Wirtschaft an die lokalen Behörden übertragen würden. Dies würde den nationalen Zusammenhalt bewahren und gleichzeitig eine Regierungsführung schaffen, die besser auf lokale Bedürfnisse eingeht.

Internationale Gemeinschaft sollte Dezentralisierung unterstützen

Die laufenden Gespräche zwischen Damaskus, der Autonomen Verwaltung und anderen lokalen Akteur:innen könnten die Grundlage für ein integrativeres Regierungssystem schaffen, das für das gesamte Land gilt. Dies würde eine Überprüfung der derzeitigen Verwaltungsgliederung, eine gerechte Verteilung der Ressourcen, die Anerkennung kultureller Rechte und die Institutionalisierung der Vertretung erfordern.

Die internationale Gemeinschaft sollte Syriens Übergang zur Dezentralisierung unterstützen. Durch technische und finanzielle Hilfe kann sie zur Stärkung der lokalen Regierungsstrukturen beitragen und gleichzeitig den Verfassungsreformprozess unterstützen. Dezentralisierung ist nicht nur eine Antwort auf die kurdische Frage, sondern eine Notwendigkeit für die Stabilität, Repräsentation und Widerstandsfähigkeit des gesamten Landes.

Nach 14 Jahren Konflikt und Zerstörung ist es an der Zeit, dass Syrien ernsthaft über Regierungsmodelle nachdenkt, die über die Zentralisierung hinausgehen. Dabei handelt es sich nicht nur um einen Regimewechsel, sondern um die Schaffung eines neuen und inklusiven Systems für die Region, das den Realitäten vor Ort am besten gerecht wird.

Foto © Suwayda 24

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/versohnung-ohne-beteiligung-syrien-stellt-plan-fur-suweida-vor-47984 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/syrien-forum-endet-mit-appell-fur-nationalen-dialog-und-neue-verfassung-47967 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/msd-syrien-darf-nicht-zum-alten-system-zuruckkehren-47948

 

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Britische Gewerkschaften fordern Europarat zum Handeln im Fall Öcalan auf

17. September 2025 - 8:00

Eine Koalition aus mehr als 15 britischen Gewerkschaften hat den Europarat aufgefordert, im Fall des seit über zwei Jahrzehnten in der Türkei inhaftierten kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan aktiv zu werden. In einem offenen Brief an den Vorsitzenden des Ministerkomitees, den maltesischen Außenminister Ian Borg, ruft die von den Gewerkschaften UNITE und GMB angeführte Kampagne „Freedom for Öcalan“ zu „sofortigen politischen Maßnahmen“ gegenüber der Regierung in Ankara auf.

Zentraler Punkt des Schreibens ist die Forderung, Öcalans „Recht auf Hoffnung“ anzuerkennen – also die Möglichkeit auf eine reale Aussicht, seine Haft zu beenden. Dieses Recht sei laut dem Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Teil menschenwürdiger Haftbedingungen.

Türkei bremst demokratische Reformen

Die Kampagne verweist in dem Schreiben insbesondere auf Öcalans Erklärung vom 27. Februar, in der er zu einem vollständigen Rückzug der PKK aus dem bewaffneten Kampf und zu einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage aufgerufen hatte. „Das war ein bedeutender Schritt hin zu einem Friedensprozess und zur Demokratisierung in der Türkei“, erklärte Simon Dubbins, internationaler Direktor der Gewerkschaft UNITE und Sprecher der Kampagne. Die türkische Regierung sei nun in der Pflicht, diesen Prozess zu unterstützen, statt ihn zu blockieren.

Dubbins kritisierte, dass Ankara bislang keine ernsthaften Schritte zur Umsetzung eines Friedensdialogs unternommen habe. Die fortgesetzte Isolation Öcalans auf der Gefängnisinsel Imrali und die Weigerung, ihm ein „Recht auf Hoffnung“ zu gewähren, behinderten nicht nur eine politische Lösung der kurdischen Frage, sondern stünden auch sinnbildlich für den demokratischen Stillstand im Land. „Dieser Prozess betrifft nicht nur die kurdische Bevölkerung“, so Dubbins, „sondern auch die demokratische Zukunft der Türkei und ihre internationale Glaubwürdigkeit.“

Langjährige Kampagne mit Gewerkschaftsrückhalt

Die Kampagne „Freedom for Öcalan“ wurde 2016 auf Initiative der beiden großen britischen Gewerkschaften UNITE und GMB im britischen Parlament ins Leben gerufen. Seither wird sie von weiteren großen Gewerkschaften unterstützt – darunter der Dachverband TUC, der Millionen Beschäftigte im Vereinigten Königreich vertritt.

Im Rahmen der Kampagne finden regelmäßig Informationsveranstaltungen, internationale Konferenzen, politische Gespräche sowie Solidaritätsaktionen statt. Ziel ist es, die internationale Öffentlichkeit für die kurdische Frage zu sensibilisieren, den Friedensprozess zu fördern und die Rechte der kurdischen Zivilgesellschaft zu stärken. Zu den Kernforderungen gehören neben der Anerkennung von Öcalans Rechten seine Freilassung, die Wiederaufnahme eines Friedensdialogs und eine politische Lösung der Kurdistan-Frage.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kon-med-fordert-deutsche-unterstutzung-fur-friedensprozess-in-der-turkei-47965 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/recht-auf-hoffnung-auftakt-des-sitzstreiks-in-strassburg-47961 https://deutsch.anf-news.com/frauen/offener-brief-an-europarat-frauen-fordern-umsetzung-von-egmr-urteil-zu-Ocalan-47951

 

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Versöhnung ohne Beteiligung: Syrien stellt Plan für Suweida vor

17. September 2025 - 2:00

Die selbsternannte syrische Übergangsregierung hat am Dienstag in Damaskus einen von den USA und Jordanien unterstützten Aussöhnungsplan für die südliche Provinz Suweida vorgestellt – allerdings ohne vorherige Einbindung der drusischen Gemeinschaft, um die es in dem Konflikt maßgeblich geht. Zudem kündigte Damaskus an, den Posten eines Chefs für innere Sicherheit in Suweida-Stadt zu schaffen, mit dem ein lokaler Drusenführer betraut werde. 

Der syrische Außenminister Assaad al-Schaibani bezeichnete den Plan als „klaren Fahrplan“ zur Förderung von Gerechtigkeit und „Vertrauensbildung“. Er kündigte strafrechtliche Maßnahmen gegen mutmaßliche Täter der Gewalt im Sommer an, darunter auch Entschädigungen für Betroffene sowie die Klärung des Schicksals Vermisster und die Freilassung verschleppter Personen.

Vermittlung von außen – Betroffene bleiben außen vor

An der Vorstellung des Plans nahmen auch der jordanische Außenminister Ayman Safadi und der US-Sondergesandte Tom Barrack teil. Beide betonten die internationale Unterstützung für die Initiative. Barrack sprach von einem „historischen Schritt“, der helfen solle, „die Kulturen und Religionen Syriens in einer einzigen Nation zu vereinen“. Safadi bewarb einen „syrisch-jordanischen-amerikanischen Mechanismus“, der die Umsetzung des Aussöhnungsplans sicherstellen werde.

Doch in der Provinz Suweida selbst sorgt der Plan laut einem Bericht der Nachrichtenagentur ANHA für Irritation – nicht zuletzt, weil weder lokale Vertreter:innen der drusischen Minderheit noch zivilgesellschaftliche Gruppen in die Ausarbeitung einbezogen wurden. Aus der Region heiße es, das Vorgehen der Regierung erinnere eher an politische Imagepflege als an echte Aufarbeitung oder Dialog.

Gewalt mit über 2.000 Toten

Im Juli hatte es in Suweida schwere Zusammenstöße zwischen sunnitischen Beduinengruppen und der drusischen Minderheit gegeben. Auslöser war eine Eskalation bestehender Spannungen, bei der die Truppen der islamistischen Übergangsregierung offen zugunsten der Beduinen intervenierte. Israel wiederum präsentierte sich als Schutzmacht der Drus:innen und griff ebenfalls ein.

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen bei den Kämpfen über 2.000 Menschen ums Leben. Allein 789 drusische Zivilist:innen seien willkürlich durch syrische Regierungstruppen hingerichtet worden. Über 500 Menschen wurden demnach entführt, darunter über 100 Frauen. Menschenrechtsgruppen sprechen von gezielten Angriffen auf die drusische Bevölkerung.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/nord-und-ostsyrien-kritisiert-ausschluss-von-wahlen-47959 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/gfbv-scheinwahlen-in-syrien-legitimieren-islamistisches-regime-47875 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/drusischer-fuhrer-fordert-internationale-untersuchung-zu-verbrechen-in-suweida-47468 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/suweida-kampfverbande-schliessen-sich-zur-nationalgarde-zusammen-47654

 

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Gedenken in Hamburg für Jina Mahsa Amini und Opfer patriarchaler Gewalt

16. September 2025 - 23:00

Anlässlich des dritten Todestages von Jina Mahsa Amini haben Frauen und Unterstützer:innen verschiedener politischer Gruppen am Dienstag auf dem Hamburger Rathausmarkt eine Gedenkkundgebung abgehalten. Die Veranstaltung wurde vom kurdischen Frauenrat Rojbin organisiert und stand im Zeichen der Formel „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit), die seit Aminis Tod weltweit zum Symbol des Widerstands gegen patriarchale und autoritäre Gewalt geworden ist.

Die 22-jährige Kurdin Jina Mahsa Amini war am 13. September 2022 in Teheran von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden. Sie soll ihre Kleidung nicht vorschriftsgemäß getragen haben. Drei Tage später starb sie in einem Krankenhaus infolge schwerer Misshandlungen, die sie in Gewahrsam erlitten hatte. Ihr Tod löste landesweite Proteste aus, die vor allem von Frauen angeführt wurden und sich gegen das Mullah-Regime und die systematische Unterdrückung von Frauen richteten.

 


Bilder, Biografien und Botschaften

In Hamburg erinnerten die Teilnehmer:innen mit Bildern, Biografien und Bannern an Amini und weitere Opfer von Feminiziden. In Redebeiträgen wurde eine klare Haltung gegen das iranische Regime sowie gegen andere autoritäre Staaten geäußert, in denen Frauen systematisch entrechtet werden. Der Protest richtete sich zudem gegen die anhaltenden Hinrichtungen in Iran.

Laut Angaben des UN-Menschenrechtsbüros und Amnesty International wurden allein seit Jahresbeginn 2025 in Iran über 840 Menschen exekutiert – mehr als 110 davon im Juli. Auch drei prominenten Frauen- und Menschenrechtlerinnen – Pakhshan Azizi, Varisheh Moradi und Sharifeh Mohammadi – droht die Hinrichtung. Alle drei Aktivistinnen wurden vom iranischen Regime zum Tode verurteilt.

Aufruf zu weltweitem Protest

Die kurdische Frauenbewegung rief auf der Kundgebung dazu auf, internationalen Druck gegen die Hinrichtungen in Iran auszuüben. Mit der Unterstützung der Kampagne „Nein zur Hinrichtung, Ja zum freien Leben!“ und einer Unterschriftenaktion bei Amnesty International soll ein Zeichen gesetzt werden. Besonders betroffen von der Repression seien ethnische Minderheiten wie Kurd:innen und Belutsch:innen, Frauen, Arbeiter:innen sowie sexuelle Minderheiten, die gemeinsam rund 50 Prozent der Exekutionsopfer ausmachen.

Abschluss mit einem Versprechen

Zum Abschluss der Veranstaltung erklärten die Veranstalterinnen: „Unser Gedenken ist kein Ende, sondern ein Versprechen. Ein Versprechen, keine ihrer Namen zu vergessen. Wir tragen ihre Stimmen und Kämpfe weiter. Denn der Befreiungskampf der Frauen ist ein gemeinsamer. Der Ruf nach Freiheit beginnt in Kurdistan und reicht bis nach Afghanistan, Sudan, Palästina – überall dort, wo patriarchale, autoritäre und koloniale Gewalt herrscht.“

Jina Mahsa Amini sei heute Symbolfigur eines globalen Freiheitskampfes geworden, so die Organisatorinnen – und zugleich eine junge Frau wie viele andere: „Wir hören nicht auf – wir kämpfen für sie weiter.“

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https://deutsch.anf-news.com/frauen/gedenken-an-jina-mahsa-amini-in-dutzenden-stadten-47982 https://deutsch.anf-news.com/frauen/jin-jiyan-azadi-vor-iranischem-konsulat-in-istanbul-47981 https://deutsch.anf-news.com/frauen/kjar-freiheit-beginnt-mit-der-frau-47979 https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973

 

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Gedenken an Jina Mahsa Amini in dutzenden Städten

16. September 2025 - 20:00

Zum dritten Todestag von Jina Mahsa Amini haben am Dienstag in mehreren Städten der Türkei Frauenorganisationen, Aktivistinnen und Mitglieder der DEM-Partei mit Kundgebungen, Märschen und Gedenkveranstaltungen an die junge Kurdin erinnert. Amini war im September 2022 in Teheran von der iranischen Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihre Kleidung angeblich nicht vorschriftsgemäß getragen hatte. Wenige Tage später starb sie infolge von Misshandlungen, die sie in Polizeigewahrsam erlitten hatte.

Unter der kurdischen Losung „Jin, Jiyan, Azadî“ („Frau, Leben, Freiheit“) demonstrierten Teilnehmerinnen in Städten wie Amed (tr. Diyarbakır), Şirnex (Şırnak), Nisêbîn (Nusaybin), Wan (Van), Agirî (Ağrı), Riha (Urfa), Ankara, Adana und Mersin gegen patriarchale Gewalt und staatliche Repression.

Agirî

Amed: Bijî berxwedana jinan

In Amed versammelten sich Frauen auf Initiative der Frauenplattform DAKAP am Şêx Seîd-Platz und marschierten bis zur Großen Moschee. Sie trugen Bilder von Jina Mahsa Amini und riefen Parolen wie „Bijî berxwedana jinan“ (Es lebe der Widerstand der Frauen) und „Jin şer naxwazin, aşîtî dixwazin“ (Frauen wollen keinen Krieg, sondern Frieden). Begleitet wurden sie von Passant:innen, die mit Applaus, schrillem Trillern und Victory-Zeichen Solidarität bekundeten.

Die DAKAP-Aktivistin Çağla Sanay sagte in einer Rede, Aminis Tod habe weltweit das Bewusstsein für staatliche Gewalt gegen Frauen geschärft. „Jina Mahsa Amini ist zum Symbol des Kampfes für Frauenfreiheit geworden“, sagte sie. Die Forderung nach Selbstbestimmung sei global, ebenso wie der Widerstand gegen autoritäre Systeme.

„Jinas Aufstand geht weiter“

In Şirnex zogen Frauen mit Transparenten durch den Stadtteil Belek und befestigten ein Großbanner mit Aminis Bild an einem historischen Wasserlauf. Die DEM-Politikerin Filiz Acu erklärte, man werde sich überall dort gegen Gewalt an Frauen stellen, wo sie geschehe – ob in Iran oder in der Türkei.

In Nisêbîn bildeten Frauen auf einer Brücke eine Menschenkette und hängten ein Transparent mit der Aufschrift „Jin, Jiyan, Azadî“ über das Geländer. Bei der anschließenden Kundgebung betonten Sprecherinnen der Frauenbewegung TJA, dass die Philosophie Abdullah Öcalans ein Wegweiser für den Kampf um Gleichberechtigung bleibe.

Auch in Wan, Agirî, Riha, Ankara, Adana und Mersin organisierten lokale Frauenplattformen Aktionen. Dabei wurde auch die drohende Hinrichtung von Frauenaktivistinnen in Iran verurteilt. „Pakhshan Azizi, Varisheh Moradi und Sharifeh Mohammadi dürfen nicht dem gleichen Schicksal wie Jina Mahsa Amini überlassen werden“, sagte Sema Köroğlu vom Frauenbündnis in Riha.

In Ankara trugen Demonstrantinnen Schilder mit der Aufschrift „Jina Amini ist unser Aufstand“ auf Kurdisch, Türkisch, Arabisch und Farsi. In Adana rief die Sprecherin der örtlichen Frauenplattform, Sevil Aracı, dazu auf, die Namen ermordeter Frauen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: „Wir haben Jina nicht vergessen – und wir werden es auch nie tun.“

Adana

In Mersin wurde betont, dass der Widerstand gegen patriarchale Gewalt nicht an Landesgrenzen endet. „Ob Iran oder Türkei – dieselbe frauenfeindliche Logik bedroht unser Leben“, sagte Helin Onuk vom lokalen Frauenbündnis.

Forderungen nach internationalem Druck auf Iran

Mehrfach wurde bei den Veranstaltungen die Forderung laut, die internationale Gemeinschaft müsse mehr Druck auf Iran ausüben, um die Hinrichtungen von Aktivistinnen zu stoppen und politische Gefangene freizulassen. Auch die Re-Islamisierungspolitik in Afghanistan, Irak und Syrien sowie frauenfeindliche Gesetzesinitiativen in der Region wurden scharf kritisiert.

Trotz drohender Repression sei die Frauenbewegung entschlossen, ihren Kampf fortzusetzen, erklärten die Teilnehmerinnen. „Der Ruf ‚Jin, Jiyan, Azadî‘ ist nicht nur ein Slogan – er ist das Versprechen auf ein freies, gleichberechtigtes Leben“, sagte Ayşe Minas vom Frauenbündnis in Wan.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/jin-jiyan-azadi-vor-iranischem-konsulat-in-istanbul-47981 https://deutsch.anf-news.com/frauen/kjar-freiheit-beginnt-mit-der-frau-47979 https://deutsch.anf-news.com/frauen/gedenken-an-jina-mahsa-amini-in-rojava-47976 https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973

 

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„Jin Jiyan Azadî“ vor iranischem Konsulat in Istanbul

16. September 2025 - 20:00

Zum dritten Jahrestag des Todes der Kurdin Jina Mahsa Amini haben Aktivistinnen am Dienstag vor dem iranischen Konsulat in Istanbul der jungen Frau gedacht und ein Ende der Hinrichtungen in Iran gefordert. Amini war am 13. September 2022 in Teheran festgenommen worden, weil sie ihre Kleidung angeblich nicht den Vorschriften entsprechend getragen hatte. Drei Tage später starb sie infolge von in Gewahrsam erlittener Misshandlungen in einem Krankenhaus.

Zu der Protest- und Gedenkveranstaltung im Istanbuler Stadtteil Fatih hatte der Frauenrat des Istanbuler Verbands der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) aufgerufen. Auf einem Banner war zu lesen: „Mit Jin, Jiyan, Azadî werden wir Jinas Aufstand weitertragen – Hinrichtungen stoppen!“ Immer wieder skandierten die Teilnehmerinnen die kurdische Parole, die auf Deutsch „Frau, Leben, Freiheit“ bedeutet.

„Repressive Regime greifen Frauen an“

Pınar Kamile Kandal, Sprecherin der Istanbuler DEM-Frauen, warf in ihrer Rede dem iranischen Regime vor, Frauen systematisch zu unterdrücken und die Todesstrafe als Mittel zur Einschüchterung von Aktivistinnen einzusetzen. „Frauen, die sich gegen patriarchale Regime und für ihre Rechte einsetzen, werden gezielt angegriffen“, sagte Kandal. Die drohende Hinrichtung der Aktivistinnen Pakhshan Azizi, Varisheh Moradi und Sharifeh Mohammadi zeige, dass die Repression in Iran unvermindert anhält.

Kandal kritisierte zudem, dass autoritäre und frauenfeindliche Tendenzen in der gesamten Region zu beobachten seien – vom Zwang zum Tragen der Burka in Afghanistan über Gesetzesvorhaben in Irak, die Kindesmissbrauch legitimieren könnten, bis hin zu Angriffen extremistischer Gruppen auf Frauen in Syrien.

Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe

Die Politikerin forderte ein sofortiges Ende der Hinrichtungen in Iran sowie die Freilassung politischer Gefangener, insbesondere weiblicher Häftlinge. Inhaftierte Frauen, etwa im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran, seien systematischen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. „Was in Iran nötig ist, ist nicht die Stärkung des Faschismus, sondern der Aufbau eines Lebens in Freiheit und Gleichheit", so Kandal.

Die Demonstrantinnen kündigten an, ihren Widerstand gegen die Repression fortzusetzen und ihre Solidarität mit den Frauen in Iran zu intensivieren. „Mit dem Aufstand von Jina Amini an unserer Seite werden wir weiter für ein freies und gleichberechtigtes Leben kämpfen“, sagte Kandal.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/kjar-freiheit-beginnt-mit-der-frau-47979 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973 https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/generalstreik-in-jina-mahsa-aminis-heimatstadt-seqiz-47975 https://deutsch.anf-news.com/frauen/gedenken-an-jina-mahsa-amini-in-rojava-47976

 

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Linker Aktivist Taylan Kulaçoğlu in Istanbul gestorben

16. September 2025 - 20:00

Der linke Aktivist Taylan Kulaçoğlu ist tot. Er starb am Dienstag in einem Krankenhaus in Istanbul infolge einer Hirnblutung, die er vor rund zehn Tagen erlitten hatte. Kulaçoğlu wurde 44 Jahre alt.

Geboren 1981als Sohn einer Mutter aus Wan (tr. Van) und einem Vater aus Trabzon, verbrachte Kulaçoğlu einen Teil seiner Jugend in Frankreich. Bekannt wurde er durch sein politisches Engagement im antikapitalistischen, basisdemokratischen Spektrum. Sein Name tauchte mehrfach im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die linke Hackergruppe RedHack auf, auch seine Aktivitäten in sozialen Netzwerken führten zu strafrechtlicher Verfolgung.

Trotz zahlreicher Verfahren und Verhaftungen blieb er eine prominente Stimme der außerparlamentarischen Linken in der Türkei. 2020 war Kulaçoğlu Mitgründer der 2020 ins Leben gerufenen „Bewegung der Namenlosen“ – ein Zusammenschluss junger Menschen, die sich in digitalen Medien gegen politische Repression, soziale Ungleichheit und staatliche Willkür engagierten. Die Bewegung wurde schnell zum Sammelbecken oppositioneller Stimmen, vor allem aus urbanen, prekarisierten Milieus.

Sein Anwalt Tamer Doğan hatte bereits am 7. September öffentlich gemacht, dass Kulaçoğlu mit einer schweren Hirnblutung in ein Krankenhaus eingeliefert und intensivmedizinisch behandelt werde. „Taylan hat viele Krisen überwunden, er ist ein widerständiger Mensch. Ich glaube, dass er auch das übersteht“, schrieb Doğan damals. Heute teilte er mit: „Wie sehr hätte ich mir gewünscht, sagen zu können, dass Taylan gesund zurückkehrt – aber wir haben unseren Freund verloren.“

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/taylan-kulacoglu-erneut-inhaftiert-19277 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kulacoglu-und-guelseven-gegen-meldeauflagen-freigelassen-19251 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/operation-gegen-internet-kollektiv-isimsizler-21785 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/aktivist-taylan-kulacoglu-in-ayvalik-festgenommen-19203

 

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KJAR: „Freiheit beginnt mit der Frau“

16. September 2025 - 17:00

Anlässlich des dritten Jahrestags der Ermordung von Jina Mahsa Amini durch die iranische Sittenpolizei und dem Beginn der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution hat die Gemeinschaft Freier Frauen in Ostkurdistan (KJAR) eine Erklärung veröffentlicht. Darin würdigt sie die Opfer des Aufstands, ruft zur Fortführung des Widerstands auf und macht deutlich: Der Wandel in Iran beginnt mit den Frauen.

„Wir gedenken der Gefallenen der Revolution für Frieden und Demokratie –, Jina Mahsa Amini, Nika Shakarami, Armita Geravand und viele andere – und erneuern unser Versprechen, diesen Kampf fortzusetzen“, heißt es in der Stellungnahme.

Repression als Ausdruck der Schwäche

Die KJAR sieht das iranische Regime aktuell in einer tiefen Krise. Angesichts wachsender Konflikte, etwa mit Israel, setze die Mullah-Führung in Teheran vermehrt auf Gewalt im Innern: Hinrichtungen, Verhaftungen, Einschüchterung – besonders gegen Frauen. Aktivistinnen wie Zeynab Jalalian, Varisheh Moradi, Sharifeh Mohammadi und Pakhshan Azizi droht derzeit die Vollstreckung der Todesstrafe. Diese Repression solle Stärke demonstrieren, sei in Wahrheit aber ein Zeichen von Angst und Legitimitätsverlust, so die KJAR.

Ein historischer Aufbruch ohne Rückweg

Der Aufstand, der mit Jina Aminis Tod im Herbst 2022 begann, habe einen Bruch mit alten Strukturen markiert. Besonders in Ostkurdistan hätten Frauen den Mut aufgebracht, ein neues Kapitel aufzuschlagen. „Die Frauen in Iran werden ihre Köpfe nicht mehr senken“, erklärt die KJAR. „Die Revolution ist radikal, tiefgreifend und unumkehrbar – getragen von Frauen, aber längst eine kollektive Bewegung.“

Männer hätten sich dem Protest angeschlossen, doch das Zentrum bilde der feministische Aufbruch, heißt es weiter. „Frauen haben sich in Liedern, Tänzen, Symbolen und Gesten selbst neu erfunden und ihre Haare wurden zu Fahnen der Freiheit“, so die Formulierung der Organisation.

Widerstand gegen Staat, Patriarchat und Umweltzerstörung

Im Fokus stehe nicht nur die Emanzipation der Frau, sondern ein umfassender Umbau der Gesellschaft. Die KJAR beruft sich dabei auf das Paradigma des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalans, das Frauenbefreiung, Basisdemokratie und Ökologie miteinander verknüpft. Dessen These, dass das 21. Jahrhundert vom Konflikt zwischen autoritären Staaten und gesellschaftlicher Selbstorganisierung geprägt sei, gelte heute mehr denn je.

Die Revolution habe auch die Vorstellung vom „klassischen Mann“ infrage gestellt. „Die Frauen im Gefängnis haben das patriarchale Denken gleich mit eingesperrt“, heißt es in der Erklärung. Gleichzeitig werde die Natur durch den Staat ebenso unterdrückt wie die Gesellschaft – auch der Widerstand gegen Umweltzerstörung sei Teil des revolutionären Aufbruchs.

Von Ostkurdistan in die Welt

Die Formel „Jin, Jiyan, Azadî“ – Frau, Leben, Freiheit – sei längst keine regionale Parole mehr, sondern zu einer globalen Bewegung geworden. Die Kämpfe der Frauen in Rojhilat (Ostkurdistan) hätten internationale Wirkung entfaltet. Die Ermordung und Inhaftierung von Aktivistinnen könne diesen Prozess nicht aufhalten – im Gegenteil: „Der Ruf nach Freiheit ist über Irans Grenzen hinausgewachsen und lebt in allen Lebensbereichen weiter.“

Nur die organisierte Frau kann gewinnen

Die KJAR ruft zum Aufbau eines alternativen Gesellschaftsmodells auf – einer „demokratischen Nation“, in der Frauen in Führungsrollen aktiv mitgestalten. Die Antwort auf staatliche Repression sei nicht Rückzug, sondern kollektive Selbstorganisierung. „Freiheit ist ohne Frauen nicht möglich“, heißt es abschließend. „Leben, Demokratie und Gerechtigkeit beginnen mit der Frau – und mit ihrem Widerstand. Deshalb: Jin, Jiyan, Azadî.“

https://deutsch.anf-news.com/frauen/kurdin-stirbt-nach-festnahme-durch-iranische-moralpolizei-34020 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973 https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/generalstreik-in-jina-mahsa-aminis-heimatstadt-seqiz-47975 https://deutsch.anf-news.com/frauen/gedenken-an-jina-mahsa-amini-in-rojava-47976

 

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Künstlerin Pınar Aydınlar droht nächste Haftstrafe

16. September 2025 - 17:00

Im Prozess gegen die Musikerin und frühere OB-Kandidatin Pınar Aydınlar hat die Istanbuler Staatsanwaltschaft am Montag einen Freispruch vom Vorwurf der Mitgliedschaft in einer „terroristischen Organisation“, aber eine Verurteilung wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ gefordert. Der Prozess wird am 9. Dezember fortgesetzt.

Aydınlar war im vergangenen Februar bei einer nächtlichen Razzia in ihrer Wohnung in Istanbul festgenommen worden. Spezialeinheiten bedrohten sie und ihre beiden Kinder mit vorgehaltener Waffe, so ihre Aussage vor Gericht. „Ich durfte mir nicht einmal etwas anziehen. Auch mein Sohn und meine Tochter wurden mit Waffen bedroht.“

Die Ermittlungen richten sich gegen den Demokratischen Kongress der Völker (HDK), der trotz eines gegenteiligen Urteils eines Gerichts in Izmir von der Istanbuler Staatsanwaltschaft als „Tarnorganisation der PKK“ eingestuft wird. Die Vorwürfe gegen Aydınlar betreffen ihre frühere HDP-Kandidatur, Auftritte bei HDK-Veranstaltungen sowie Social-Media-Posts. Sie selbst bestreitet jegliche Mitgliedschaft im HDK und betont, ihre Äußerungen seien durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

Aydınlar saß fast drei Monate in Untersuchungshaft und steht seit dem Prozessauftakt Mitte Mai unter Meldeauflagen und einem Ausreiseverbot. Der 46-Jährigen droht im Falle einer Verurteilung wegen Terrorpropaganda eine Freiheitsstrafe zwischen eineinhalb und siebeneinhalb Jahren.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/istanbul-30-verhaftungen-in-hdk-verfahren-45380 https://deutsch.anf-news.com/frauen/musikerin-pinar-aydinlar-wegen-terrorpropaganda-verurteilt-42097 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/pinar-aydinlar-im-gefaengnis-misshandelt-4554 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/52-festnahmen-operation-gegen-hdk-in-istanbul-45335 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Cicek-festnahmewellen-gegen-hdk-und-chp-langfristige-strategie-45355

 

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Zweiter Protesttag in Straßburg: Freiheit für Öcalan, Gedenken an Jina Amini

16. September 2025 - 17:00

Vor dem Sitz des Europarats in Straßburg ist der am Vortag begonnene Sitzstreik für die Freilassung von Abdullah Öcalan in den zweiten Tag gegangen. Die Aktion, die vom kurdischen Europadachverband KCDK-E in Kooperation mit verschiedenen Organisationen getragen wird, fordert neben Öcalans physischer Freilassung auch die Anwendung des international anerkannten „Rechts auf Hoffnung“ für lebenslänglich Inhaftierte.

Der Protest findet parallel zu den Sitzungen des Ministerkomitees des Europarats statt, der diese Woche zur Überwachung der Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) tagt. Anlässlich des dritten Jahrestags der Tötung von Jina Mahsa Amini in Iran richteten die Teilnehmenden den zweiten Protesttag dem Gedenken an die Frauenbewegung und den Aufstand „Jin, Jiyan, Azadî“ aus.

Gedenken an Jina Amini mit Theater und Schweigeminute

Auf dem Platz vor dem Europaratsgebäude führten Aktivistinnen ein stilles Theaterstück auf, das die staatliche Gewalt gegen Frauen in Iran thematisierte. Im Anschluss hielten die Versammelten eine Schweigeminute zum Gedenken an Jina Mahsa Amini und alle im Kampf um Freiheit und Demokratie vom iranischen Regime getöteten Menschen ab.

 


Die Frauen trugen Transparente mit der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ und Porträts von Amini. Eine von der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) vorbereitete Erklärung wurde in mehreren Sprachen verlesen. Die Veranstalter:innen betonten, dass jeder Protesttag unter einem anderen inhaltlichen Schwerpunkt stehe – der heutige sei dem Frauenkampf und dem Andenken an Amini gewidmet.

TJK-E: Jin, Jiyan, Azadî kein bloßer Slogan

In ihrer Rede verwies die TJK-E-Vertreterin Kezban Doğan auf die Worte Abdullah Öcalans: „Hoffnung ist größer als jeder Erfolg.“ Doğan sagte: „Wir Frauen wissen, was das bedeutet. Seit 5.000 Jahren hat das patriarchale System uns entrechtet – unsere bloße Existenz wurde zur Überlebensfrage. Doch Öcalans Philosophie hat uns neue Kraft gegeben. Seine Worte wurden zur Quelle unseres Lebens und zum Fundament unseres Kampfes.“

Sie betonte, dass „Jin, Jiyan, Azadî“ kein bloßer Slogan sei, sondern Ergebnis von „Arbeit, Opfern und einer feministischen Neuschöpfung der Gesellschaft“. Amini sei getötet worden, „weil ein paar Haarsträhnen sichtbar waren – das war der Moment, an dem Geduld in Widerstand umschlug.“

Doğan erklärte weiter, dass die Frauenbewegung nicht nur an Öcalans physischer Freiheit festhalte, sondern insbesondere auf die Anwendung des „Rechts auf Hoffnung“ poche – ein menschenrechtlicher Grundsatz, der auch in europäischen Rechtssystemen verankert sei, aber Öcalan bis heute verweigert werde. „Für uns Frauen ist Abdullah Öcalan ein Hoffnungsträger – für die Frauen, die Völker und die Glaubensgemeinschaften. Und niemand wird uns diese Hoffnung nehmen.“

Seminar mit Ayşe Acar Başaran

Im Rahmen des Protests vor dem Europarat fand zudem ein Seminar mit der kurdischen Politikerin Ayşe Acar Başaran statt. Auch sie sprach über die politische Dimension der Frauenbefreiung, die Lage politischer Gefangener und die Notwendigkeit internationaler Solidarität.

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https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/recht-auf-hoffnung-auftakt-des-sitzstreiks-in-strassburg-47961 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kon-med-fordert-deutsche-unterstutzung-fur-friedensprozess-in-der-turkei-47965 https://deutsch.anf-news.com/frauen/offener-brief-an-europarat-frauen-fordern-umsetzung-von-egmr-urteil-zu-Ocalan-47951

 

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Gedenken an Jina Mahsa Amini in Rojava

16. September 2025 - 15:00

Anlässlich des dritten Jahrestags der Tötung von Jina Mahsa Amini durch die iranische Sittenpolizei haben Frauenorganisationen in Rojava ihrer gedacht und den anhaltenden Widerstand im Zeichen von „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) gewürdigt. In den Städten Qamişlo und Kobanê fanden am Dienstag zeitgleiche Gedenkveranstaltungen unter dem Dach der Dachorganisation Kongra Star statt.

Qamişlo: Frauen mit „Jin, Jiyan, Azadî“-Schürzen

In Qamişlo versammelten sich hunderte Frauen im 12.-März-Stadion, viele davon aus Frauengruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie trugen Schürzen mit der Aufschrift „Jin, Jiyan, Azadî“ in Kurdisch und Arabisch. Auf Transparenten waren Aufschriften wie „Die Zöpfe der Revolution hängen noch immer am Baum“, „Jina Amini hat die Gewalt gegen Frauen erschüttert“ und „Mit der Freiheit der Frau wird auch die Gesellschaft frei“ zu lesen. Zudem wurden Porträts von Jina Mahsa Amini und Abdullah Öcalan getragen.

 


Die Sprecherin der örtlichen Sektion von Kongra Star, Rîhan Temo, gedachte in ihrer Rede der Gefallenen des Aufstandes und sprach den Familien ihr Beileid aus. „Heute jährt sich zum dritten Mal der Beginn eines Widerstands, den Frauen und Völker gegen patriarchale, rassistische und autoritäre Strukturen geführt haben“, erklärte sie. „Mit Jina Aminis Tod wurde das Fundament der Tyrannei erschüttert – und das bleibt im kollektiven Gedächtnis.“

Trotz aller Versuche von Repressionsapparaten, den Aufstand niederzuschlagen, dauere der Widerstand an – nicht nur in Ostkurdistan und Iran, sondern weltweit. Der Mut der Frauen sei nach wie vor die treibende Kraft, so Temo. Die Veranstaltung endete mit lautstarken Rufen der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“.

Kobanê: „Der Funke der Revolution brennt weiter in den Gefängnissen“

In Kobanê fand die zentrale Gedenkveranstaltung auf dem Platz der freien Frau statt. Die Aktivistin Meysun Kewar verlas die Erklärung auf Kurdisch. Sie betonte die ideologische Verbindung der Bewegung zu Abdullah Öcalans Gedankenwelt sowie die zentrale Rolle der Frauen im „Jin Jiyan Azadî“-Aufstand.

„Am dritten Jahrestag der Revolution grüßen wir den Widerstand gegen das unterdrückerische und blutige System des iranischen Staates.“ Die Proteste von 2022 seien nicht nur eine Reaktion auf die Kopftuchpflicht gewesen, sondern ein Aufstand für umfassende politische, soziale und wirtschaftliche Rechte. Nicht nur Kurd:innen und Perser:innen, sondern alle ethnischen Gruppen seien Teil dieser Bewegung gewesen, erklärte Kewar.

„Die Funken der Jin-Jiyan-Azadî-Revolution brennen noch immer – in den Gefängnissen des iranischen Regimes.“ Kewar rief dazu auf, den Widerstand für die Freilassung der politischen Gefangenen in Iran und gegen die Todesstrafe auszuweiten. Anschließend wurde auch in Kobanê die Veranstaltung unter „Jin, Jiyan, Azadî“-Rufen beendet.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/generalstreik-in-jina-mahsa-aminis-heimatstadt-seqiz-47975 https://deutsch.anf-news.com/frauen/kurdin-stirbt-nach-festnahme-durch-iranische-moralpolizei-34020

 

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Generalstreik in Jina Mahsa Aminis Heimatstadt Seqiz

16. September 2025 - 15:00

Am dritten Jahrestag der Tötung von Jina Mahsa Amini haben Geschäftsleute in ihrer ostkurdischen Heimatstadt Seqiz (Saqqez) einen Generalstreik ausgerufen. In der gesamten Stadt blieben die Läden geschlossen – aus Protest gegen das Vorgehen des iranischen Staates und zum Gedenken an die 22-Jährige, deren Tod im Polizeigewahrsam im Jahr 2022 weltweit Entsetzen auslöste.

Amini war am 13. September 2022 in Teheran von der „Sittenpolizei“ festgenommen worden, weil sie angeblich gegen die islamische Kleiderordnung verstoßen habe. Drei Tage später starb sie an den Folgen von in Gewahrsam erlittener Gewalt.

KURDISTAN- Today, on the third anniversary of #JînaAmini's state killing, the people of her hometown, Saqqez, have gone on a general strike. In response, Iran's security forces have deployed heavily across Kurdistan, turning the cities, especially #Saqqez, into militarized zones. pic.twitter.com/1BapY3ntOh

— Kaveh Ghoreishi (@KavehGhoreishi) September 16, 2025

Gedenkstreik unter massivem Druck

Wie lokale Quellen berichten, blieb ein Großteil des Einzelhandels in Seqiz heute geschlossen. Mit dem Streik signalisierten Gewerbetreibende ihre Solidarität mit der „Jin Jiyan Azadî“-Bewegung, die sich an Aminis Tod entzündete, und ihren Forderungen nach Freiheit und Demokratie.

Reagiert hat der iranische Sicherheitsapparat wie erwartet mit Repression und Einschüchterung: Sicherheitskräfte sollen Ladenbesitzer:innen telefonisch kontaktiert und massiv unter Druck gesetzt haben, ihre Geschäfte zu öffnen. Auch das Militär und andere Einheiten sind im gesamten Stadtgebiet verstärkt präsent.

„Die Straßen von Seqiz ähneln einem belagerten Gebiet“, heißt es von Aktivist:innen vor Ort. Die Militarisierung sei nicht nur auf Seqiz beschränkt: Auch in anderen Städten Ostkurdistans sei es zu verstärkter Truppenpräsenz gekommen.

https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973 https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/onkel-von-jina-mahsa-amini-verhaftet-45935 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/angst-vor-trauer-seqiz-unter-militarbelagerung-39029

 

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Varisheh Moradi: „Jin, Jiyan, Azadî“ ist der Weg zu einer befreiten Gesellschaft

16. September 2025 - 14:00

Zum dritten Jahrestag der Bewegung „Jin, Jiyan, Azadî“ hat die in Iran zum Tode verurteilte kurdische Aktivistin Varisheh Moradi ein ausführliches Schreiben formuliert, das weit über eine Gedenkbotschaft hinausgeht. In ihrem Text, veröffentlicht von der Kampagne „Free Varisheh“, beschreibt die im Gefängnis von Ghartschak (Qarchak) inhaftierte Kurdin den 16. September nicht nur als Jahrestag eines Aufstandes, sondern als Ausgangspunkt für ein neues gesellschaftliches Paradigma – getragen von Frauen, getragen vom Widerstand gegen patriarchale Gewalt, staatliche Repression und kulturelle Auslöschung. „Dies ist nicht einfach ein Gedenken“, schreibt Moradi, „sondern eine Gelegenheit, das politische Projekt eines freien Lebens erneut zu formulieren.“

„Jin, Jiyan, Azadî“ – viel mehr als eine Parole

Die Bewegung, so Moradi, sei weder bloß ein Ausbruch von Wut auf den Straßen noch eine punktuelle Reaktion einer einzelnen Gruppe. Sie sei komplex, mehrdimensional und strukturell, mit Forderungen, die vom Individuum bis zur Gesellschaft reichen: nach persönlicher Freiheit, kollektiver Selbstbestimmung, wirtschaftlicher Sicherheit, kultureller Gleichberechtigung und einem Bruch mit geschlechterbasierter Unterdrückung. „All diese Forderungen sind Glieder einer Kette“, schreibt sie, „die darauf abzielt, Machtverhältnisse und soziale Beziehungen grundlegend neu zu gestalten – Verhältnisse, die heute auf Gewalt, Kontrolle und Ungleichheit beruhen.“

Frauen im Zentrum der Revolution

Im Mittelpunkt des Textes steht die zentrale Rolle von Frauen als Trägerinnen dieser historischen Veränderung. Ihre Körper, ihr Wille und ihr Geist seien über Jahrzehnte Zielscheibe eines Staates gewesen, der seine Herrschaft auf der Unterwerfung und Unsichtbarmachung von Frauen aufgebaut habe. „‚Jin, Jiyan, Azadî‘ hat die Frau von einem unterworfenen Objekt zur revolutionären Subjektivität erhoben – zur aktiven Akteurin einer Gesellschaft, die sich wandeln will.“ Keine Repression, kein Urteil, keine Exekution könne diese Wahrheit aufhalten, so Moradi. Die Bewegung sei nicht nur eine Reaktion, sondern eine bewusste politische Neudefinition von Freiheit und Demokratie.

Varisheh Moradi © KJAR

Gesellschaftlicher Wandel beginnt im Denken

Ziel sei nicht allein die politische Veränderung der bestehenden Ordnung, sondern die Transformation von Institutionen, Strukturen und Denkweisen. Die Bewegung habe gezeigt, dass Reformen nur dann Bestand haben, wenn sie mit einem vollständigen Umbau von Institutionen, Bildungsmodellen und sozialen Beziehungen einhergehen.

„Es genügt nicht, politische Bühnen zu betreten. Es geht darum, Gesellschaft selbst neu aufzubauen – von Grund auf.“

Das Verständnis von kollektivem Leben, von Entscheidungsfindung und öffentlichem Raum müsse neu gedacht werden, betont Moradi. Der Begriff „freies Zusammenleben“ bedeute dabei nicht Beliebigkeit, sondern ein neues Modell sozialen Handelns, das auf Anerkennung, Solidarität und Pluralität beruhe.

Slogans sind verdichtete Geschichte

Moradi nimmt sich auch die Zeit, über den Charakter revolutionärer Sprache zu reflektieren. Losungen wie „Jin, Jiyan, Azadî“ seien keine bloßen Schlagworte, sondern „aus Geschichte destillierte Worte“, die kollektives Gedächtnis, unterdrückte Erfahrung und Hoffnung verkörpern. „Solche Parolen verbinden Sprache mit Leben. Sie sind Träger des Atems derer, denen das Sprechen verboten wurde.“ Durch ihre Wiederholung in Protest, Lied und Rede entstehe ein widerständiger Raum, in dem Selbstermächtigung und kollektive Neugestaltung möglich würden.

Die „weibliche Avantgarde“ ist mehr als Biologie

In einem zentralen Abschnitt widmet sich Moradi dem Begriff der weiblichen Vorreiterrolle. „Frau“ sei dabei nicht bloß ein biologisches Merkmal, sondern ein ethisch-politisches Prinzip, das auf die Ablehnung von Herrschaft, die Demokratisierung von Beziehungen und die Akzeptanz von Verschiedenheit ziele. „Die Frau ist kein Opfer – sie ist die ideologische Avantgarde eines neuen Gesellschaftsmodells“, schreibt sie. Die Freiheit der Frau sei damit untrennbar mit der Freiheit der Gesellschaft verbunden – nicht als Ziel unter vielen, sondern als Kern revolutionären Handelns.

Hinrichtungen und Repression Ausdruck von Angst

Moradi weist darauf hin, dass die gewaltsame Repression und Todesurteile gegen Aktivist:innen der „Jin Jiyan Azadî“-Bewegung, insbesondere Frauen, nicht nur dem Schutz staatlicher Ordnung dienten, sondern gezielte Angriffe auf die Denkweise und das Selbstverständnis der Bewegung seien. „Hinrichtungen sind der Versuch, Stimme und Körper zu trennen – ein Racheakt gegen das Denken selbst.“ Solche Maßnahmen seien nicht Zeichen von Stärke, sondern Ausdruck der Angst vor Ideen, die Legitimität untergraben. Die Verfolgung von Frauen in Haft und auf der Straße sei Teil einer bewussten Strategie, um „eine tiefgreifende Veränderung der Gesellschaft zu verhindern“.

Ein Appell an alle: Organisation, Bildung, Erneuerung

Abschließend ruft Varisheh Moradi dazu auf, den Jahrestag nicht zur bloßen Gedenkveranstaltung verkommen zu lassen. „Briefe, Gespräche, Theoriearbeit, politische Bildung – das alles sind Werkzeuge der Organisierung“, schreibt sie. Es gehe darum, die Lücke zwischen Theorie und Alltag zu überbrücken, und jede Sphäre des Lebens in ein Feld des Widerstands zu verwandeln. „Die Fortsetzung von ‚Jin, Jiyan, Azadî’ ist eine historische Notwendigkeit.“ Ihr Aufruf richtet sich an Frauen, Jugendliche, Lehrer:innen, Arbeiter:innen, Künstler:innen, Studierende und zivilgesellschaftliche Organisationen innerhalb und außerhalb Irans – verbunden durch das gemeinsame Ziel, ein freies, gleichberechtigtes Leben zu gestalten.

Zeichnung Jina Amini © Ercan Altuntaş

https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-die-einzige-losung-ist-die-ruckkehr-zur-kraft-des-volkes-47206 https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-in-lebensgefahr-in-iranischer-haft-45756 https://deutsch.anf-news.com/frauen/inhaftierte-frauen-in-evin-warnen-vor-imperialen-befreiungsillusionen-46812

 

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PJAK: „Jin, Jiyan, Azadî“ ist das revolutionäre Herz des demokratischen Aufbruchs

16. September 2025 - 14:00

Anlässlich des dritten Jahrestags der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution hat die Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) eine umfassende Erklärung veröffentlicht. Die Bewegung, die 2022 nach dem gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini durch die „Sittenpolizei“ in Iran begann, sei laut der PJAK zu einem globalen Symbol für Freiheit, Gleichberechtigung und demokratische Erneuerung geworden.

Die Losung „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit), ursprünglich in der kurdischen Befreiungsbewegung verwurzelt, habe sich in ganz Iran und darüber hinaus verbreitet. Sie verkörpere den Willen unterdrückter Völker und insbesondere von Frauen, die sich gegen patriarchale Unterdrückung zur Wehr setzen. „Diese Revolution hat nicht nur die Gesellschaft in Iran verändert, sondern auch weltweit neue Impulse für den Kampf gegen Patriarchat und Kapitalismus gesetzt“, heißt es in der Erklärung.

Frauen als treibende Kraft

Die PJAK würdigt insbesondere die Rolle der Frauen, die die Revolution ideologisch und praktisch getragen hätten. „Durch ihre bewusste und entschlossene Erhebung gegen die frauenfeindliche Politik der Islamischen Republik haben sie das Fundament des patriarchalen Regimes erschüttert“, so die Partei. Die Bewegung sei Ausdruck eines neuen gesellschaftlichen Paradigmas: ökologisch, demokratisch und feministisch.

Jina „Mahsa“ Amini

Der Aufstand habe nicht nur symbolische, sondern auch strukturelle Auswirkungen gehabt. Frauen, Jugendliche, Arbeitende und unterdrückte Bevölkerungsgruppen hätten durch ihren Einsatz eine gesellschaftliche Renaissance angestoßen – mit Iran als Ausgangspunkt, aber globaler Strahlkraft.

Keine Rückkehr zum Status quo

Die PJAK sieht Iran an einem historischen Wendepunkt. Der Wandel sei unumkehrbar und werde so lange andauern, bis Demokratie und Selbstbestimmung durchgesetzt seien. „Die Revolution beruht nicht auf Gewalt, sondern auf dem Streben nach Frieden und Demokratie“, heißt es weiter. Die Islamische Republik habe durch ihre Weigerung, auf diese Forderungen einzugehen, ihre politische und moralische Legitimität verloren.

Aufruf zur breiten Mobilisierung

Zum Jahrestag ruft die PJAK erneut alle gesellschaftlichen Gruppen in und außerhalb Irans zur aktiven Teilnahme am Wandel auf – darunter Frauen, Jugendliche, Intellektuelle, Lehrkräfte, Arbeiter:innen, Schüler:innen, Studierende, Gewerkschaften, Künstler:innen sowie zivilgesellschaftliche Initiativen und Menschenrechtsorganisationen.

Die Erklärung endet mit dem Appell: „Lasst uns am 16. September erneut die Parole ‚Jin, Jiyan, Azadî‘ rufen und jede Lebenssphäre zu einem Ort des Widerstands machen. Die Zukunft gehört einer freien Gesellschaft, die sich vom Staat befreit.“

Besonders die kurdische Bevölkerung ruft die PJAK dazu auf, an den Gräbern derjenigen zusammenzukommen, die im Zuge der Proteste ihr Leben verloren haben.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/tjk-e-zum-jahrestag-von-jin-jiyan-azadi-der-widerstand-lebt-47953 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/jina-mahsa-amini-un-bericht-macht-iran-verantwortlich-fur-tod-41327 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/bericht-regimekrafte-vergewaltigten-protestierende-der-jin-jiyan-azadi-bewegung-40115

 

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Erhöhtes Erdbebenrisiko in Dersim

16. September 2025 - 14:00

Das Gebiet um die kurdische Provinz Dersim (tr. Tunceli) gilt geologisch als Hochrisikozone für starke Erdbeben. Mehrere aktive Störungslinien durchziehen die Region – darunter die Nordanatolische und Ostanatolische Verwerfung sowie die weniger bekannten, aber tektonisch aktiven Bruchzonen Pilûr (Ovacık) und Meletî (Malatya). Fachleute sehen dringenden Handlungsbedarf bei Prävention und Infrastruktur.

Starke Beben möglich – Folgegefahren nicht berücksichtigt

Laut Hüseyin Alan, Vorsitzender der Türkischen Ingenieurkammer für Geologie, können die genannten Verwerfungen Erdbeben der Stärke 7,0 und darüber hinaus auslösen. Neben direkten Schäden durch Erschütterungen warnt Alan insbesondere vor Sekundärgefahren wie Felsstürzen, Hangrutschungen und Überschwemmungen. Diese könnten im Ernstfall wichtige Verbindungsstraßen und Versorgungswege unpassierbar machen.

„Ein Gebäude mag dem Erdbeben standhalten, aber nicht dem Erdrutsch danach“, sagte Alan gegenüber der Nachrichtenagentur MA. Bei den schweren Erdbeben vom 6. Februar 2023 seien rund 4.000 Gebäude in elf Provinzen allein durch Erdrutsche und Felsabgänge beschädigt worden.

Zentralgebäude verlegt, aber strukturelle Probleme bleiben

Inzwischen wurden in Dersim schwer beschädigte Verwaltungsgebäude, darunter das Gouverneursamt und das Gerichtsgebäude, in einen Universitätskomplex verlegt. Doch Fachleute sehen darin keine dauerhafte Lösung. Alan betont, dass umfassende Risikoanalysen und bauliche Vorsorgemaßnahmen fehlen.

Forderung nach alternativen Zufahrtsrouten

Ein zentrales Problem sei die Erreichbarkeit im Katastrophenfall. Alan fordert deshalb den Bau alternativer Verkehrsverbindungen, um Rettungs- und Hilfsteams im Ernstfall den Zugang zur Region zu ermöglichen. „Wenn die Hauptstraßen durch Erdrutsche blockiert sind, ist schnelle Hilfe kaum möglich“, warnte er.

Gesamtgesellschaftliche Verantwortung

Alan mahnt eine übergreifende Zusammenarbeit an: „Wir brauchen eine Priorisierung gefährdeter Gebäude, eine sinnvolle Ressourcenplanung und eine nationale Katastrophenstrategie.“ Die Verantwortung liege nicht nur bei lokalen Behörden, sondern auch bei der Zentralregierung in Ankara, Fachleuten, Planerinnen und Planern sowie der Zivilgesellschaft. „Alle müssen handeln, bevor es zu spät ist“, so der Geologe.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/immer-noch-kein-sauberes-wasser-in-hatay-37864 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/erdbeben-der-starke-4-1-erschuttert-sewas-43237 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/die-vernachlassigung-ist-schlimmer-als-das-erdbeben-40998 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/erdbeben-der-starke-5-0-in-gurgum-43517

 

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Gabar-Gebirge: Zahl der Ölbohrungen soll deutlich steigen

16. September 2025 - 12:00

Im Gabar-Gebirge in der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) soll die Zahl der Erdölbohrungen massiv ausgeweitet werden. Zu den bisher betriebenen 99 Bohrlöchern sind nach Angaben des Energieministeriums und der Türkischen Erdölgesellschaft TPAO weitere 114 Förderstellen geplant. Umweltorganisationen warnen vor einer dramatischen Zunahme der ökologischen Schäden in der Region.

Zerstörung von Natur und Lebensräumen

Seit Beginn der Erdölsuche im Jahr 2021 wurden im Gabar-Gebirge nach Angaben der örtlichen Umweltplattform und weiteren Klimagruppen großflächig Bäume gerodet und Gelände mit Sprengungen für den Zugang zu den Bohrfeldern vorbereitet. Zahlreiche Militärstraßen, Kontrollpunkte und Wachtürme wurden zusätzlich errichtet. Mit dem Ausbau der Infrastruktur ist die gesamte Bergregion zunehmend für industrielle Nutzung erschlossen worden.

TPAO plant Produktionsausweitung bis Ende 2025

Die bisherigen Bohraktivitäten führten bereits zur Austrocknung oder Verschmutzung mehrerer natürlicher Wasserquellen, die für umliegende Dörfer lebenswichtig sind. Dennoch sollen laut Planungen des Energieministeriums und der staatlichen TPAO bis Ende 2025 insgesamt 213 Bohrlöcher aktiv betrieben werden. Ziel sei es, die tägliche Ölproduktion von derzeit 84.000 Barrel auf 100.000 Barrel zu steigern. Für den Ausbau müssten weitere Flächen gerodet und erschlossen werden. Umweltschützer:innen sprechen von einem „irreversiblen ökologischen Einschnitt“ für die botanisch reiche Region.

Einschränkungen für Bevölkerung – Freie Bahn für Industrie

Während die lokale Bevölkerung seit den 1990er Jahren aus „Sicherheitsgründen“ nur eingeschränkt Zugang zu ihren angestammten Ländereien am Fuß des Gabar-Gebirges hat, schreiten industrielle Erschließung und Rodungen ungehindert voran. Viele Bürgerinnen und Bürger kritisieren, dass ihre Lebensgrundlagen bedroht seien, während wirtschaftliche Interessen Vorrang hätten.

Zudem wurde bekannt, dass für zahlreiche Bohrprojekte keine umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgenommen wurden. In mehreren Fällen sei festgestellt worden, dass entweder gar keine Untersuchungen vorgenommen wurden oder pauschal entschieden wurde, dass „keine Prüfung erforderlich“ sei. Fachleute sehen hierin ein erhebliches Risiko für Umwelt und Gesundheit der Bevölkerung.

https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/protest-in-Sirnex-frieden-beginnt-in-cudi-gabar-und-besta-47878 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/dorfer-am-gabar-massiv-seit-jahren-ohne-sauberes-wasser-47649 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/waldbrand-in-sperrgebiet-des-gabar-gebirges-46937 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/neue-erdolbohrungen-in-ferasin-trotz-ausbleibender-funde-46776

 

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