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Aktualisiert: vor 52 Minuten 13 Sekunden

Wecker ruft zu Frieden und Demokratisierung in der Türkei auf

12. September 2025 - 13:00

Der Musiker und Autor Konstantin Wecker hat zu einem umfassenden Friedensprozess und zur Demokratisierung der Türkei aufgerufen. In einer Videobotschaft äußert sich der Künstler solidarisch mit der kurdischen Bewegung und fordert die Freilassung des in politischer Geiselhaft des türkischen Staates gehaltenen kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan.

„Als Musiker, Künstler, Anarchist, Antifaschist und Kriegsgegner unterstütze ich aus ganzem Herzen die Initiative von Abdullah Öcalan und der gesamten kurdischen Bewegung für einen gerechten Frieden in der Türkei“, erklärte Wecker. Ein solcher Friedensprozess sei nicht nur im Interesse der Kurd:innen, sondern der gesamten Bevölkerung in der Türkei und in Kurdistan. „Er braucht Gerechtigkeit, Solidarität und die volle Gleichberechtigung der Geschlechter und aller ethnischen Gruppen“, sagte der 78-Jährige.

Kritik an Krieg, Ausbeutung und patriarchalen Strukturen

Wecker verband seine Stellungnahme mit einer grundsätzlichen Kritik an globalen Herrschaftsverhältnissen. „Unsere Welt braucht dringend Frieden – für alle Menschen und für die Natur“, sagte er. „Sonst werden Krieg, Unterdrückung, Rassismus, Patriarchat und die Ausbeutung von Mensch und Natur die Welt endgültig zerstören.“ Es sei höchste Zeit für Frieden und Demokratie – in der Türkei und weltweit.

 


Verweis auf Jelinek und Forderung nach PKK-Entkriminalisierung

Der Liedermacher erinnerte zudem an ein gemeinsames Manifest mit der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek vom 1. September 2023, das im Rahmen des Internationalen Kurdischen Kulturfestivals veröffentlicht wurde. Darin hieß es: „Lasst uns wieder das Hoffen lernen – und aus allen imperialen Kriegen desertieren.“

Für eine gerechte Lösung der kurdischen Frage sei die Freilassung Abdullah Öcalans ebenso notwendig wie die Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland, erklärte Wecker weiter. Hoffnung könne Mut machen – und Solidarität kenne keine Grenzen.

Zum Abschluss seiner Botschaft sagte er: „Ich wünsche allen Menschen in der Türkei und in Kurdistan einen gerechten Frieden. Und ich wünsche uns die Freilassung von Abdullah Öcalan und allen politischen Gefangenen.“

Rojava ein gesellschaftliches Vorbild für Frieden und Demokratie

Mit Blick auf Rojava beziehungsweise die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) äußerte sich Wecker optimistisch: Wie Öcalan hoffe er, „dass Rojava ein gesellschaftliches Vorbild für Frieden und Demokratie im gesamten Nahen Osten werden kann“.

Foto Konstantin Wecker © Thomas Karsten

https://deutsch.anf-news.com/kultur/utopie-als-widerstand-konstantin-wecker-wurdigt-Ocalan-in-neuem-buch-47871 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/aufruf-von-elfriede-jelinek-und-konstantin-wecker-lasst-uns-desertieren-38834 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/wecker-deutschland-ist-mitschuldig-am-krieg-in-kurdistan-39874

 

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Türkei: 16 Festnahmen bei Operation gegen ESP

12. September 2025 - 13:00

Im Rahmen von Ermittlungen gegen die Sozialistische Partei der Unterdrückten (ESP) und ihre Jugendorganisation SGDF sind in mehreren Städten der Türkei insgesamt 16 Personen am Freitag festgenommen worden. Die Einsätze wurden von der Antiterrorpolizei koordiniert und erfolgten unter Leitung der Staatsanwaltschaft Izmir.

Nach Angaben der ESP wurden die Festnahmen in Izmir, Istanbul und Gümüşhane vollzogen. Angaben zu den konkreten Gründen liegen der ESP bislang nicht vor, die Zahl der Festnahmen könnte aber weiter steigen. In staatsnahen türkischen Medien hieß es, die Ermittlungen richten sich gegen vorgebliche Verbindungen zu der als „Terrororganisation“ eingestuften Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP).

Derweil wurde in Istanbul am Mittwoch das Verfahren gegen die Ko-Vorsitzende der ESP, Deniz Aktaş, fortgesetzt. Die Politikerin war Ende Januar festgenommen worden und saß seither wegen des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ in Untersuchungshaft. Das zuständige 14. Schwurgericht am Istanbuler Justizpalast in Çağlayan entschied, Aktaş unter der Auflage von Hausarrest freizulassen. Der Prozess wird am 16. Oktober fortgesetzt.

In ihrer Verteidigung wies Aktaş die Anschuldigungen als politisch motiviert zurück. Sie betonte, dass ihre Inhaftierung mit legalen politischen Aktivitäten zusammenhänge, darunter der Funktion als Ko-Vorsitzende der ESP und ihre Arbeit für die linke Zeitung Atılım sowie die Frauenorganisation SKM. „Hier wird nicht Recht gesprochen, sondern Politik gemacht“, sagte Aktaş vor Gericht.

Die ESP wirft der türkischen Regierung schon lange vor, linke und oppositionelle Gruppen systematisch mit Terrorvorwürfen zu verfolgen. Die Partei ist nicht verboten und nimmt als Mitgliedspartei der DEM (Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie) an Wahlen in der Türkei teil.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/esp-warnt-vor-politisch-motivierter-repressionskampagne-47587 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/istanbul-gewaltsame-festnahmen-bei-protest-gegen-esp-operation-45082 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/turkei-schlag-gegen-sozialistische-linke-45110

 

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Ayşe Gökkan bleibt in Haft – Gericht lehnt Entlassung ab

12. September 2025 - 11:00

Die kurdische Politikerin und frühere Sprecherin der Frauenbewegung TJA, Ayşe Gökkan, bleibt weiterhin im Gefängnis. Das 9. Schwurgericht Diyarbakır (ku. Amed) lehnte am Donnerstag einen Antrag auf Haftentlassung ab. Die nächste Verhandlung ist für den 30. Dezember angesetzt.

Gökkan war 2021 zu insgesamt 30 Jahren Haft verurteilt worden – unter anderem wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“, „Unterstützung einer terroristischen Organisation“ sowie „Propaganda“. Der Kassationsgerichtshof hatte die gleichzeitige Verurteilung wegen Mitgliedschaft und Unterstützung beanstandet und eine teilweise Neuverhandlung angeordnet.

Gökkan beteiligte sich per Videoschalte aus dem Frauengefängnis Sincan bei Ankara an der Verhandlung. Ihre Anwältinnen kritisierten das Verfahren als politisch motiviert und betonten, dass ihre Mandantin für legale politische und frauenrechtliche Arbeit belangt werde. Auch der schlechte Gesundheitszustand der 60-Jährigen wurde thematisiert.

In ihrer Erklärung wies Gökkan die Vorwürfe zurück. Die Anklage kriminalisiere ihre langjährige Arbeit für eine demokratische, ökologische und geschlechtergerechte Gesellschaft. Sie sprach sich zudem für die Freilassung von Abdullah Öcalan aus und betonte dessen zentrale Rolle für eine friedliche Lösung im Land.

Die Staatsanwaltschaft beantragte die Fortdauer der Haft. Das Gericht folgte dieser Einschätzung.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/internationaler-aufruf-vor-dem-prozess-gegen-ayse-gokkan-47895 https://deutsch.anf-news.com/frauen/hungerstreik-gegen-mauerbau-prozess-gegen-ayse-gokkan-wird-neu-aufgerollt-39101 https://deutsch.anf-news.com/frauen/ayse-gokkan-30-jahre-haft-fur-ausubung-demokratischer-grundrechte-29268 https://deutsch.anf-news.com/frauen/haftstrafe-wegen-hungerstreik-gegen-mauerbau-23542

 

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Saeed: Demokratischer Konföderalismus statt Nationalstaat

12. September 2025 - 8:00

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat in dem halben Jahrhundert ihres Kampfes die Leugnung der Existenz des kurdischen Volkes durchbrochen und den sozialen und politischen Wandel vorangetrieben. Ihr Kampf hat zusammen mit Abdullah Öcalans Paradigma des Demokratischen Konföderalismus den Grundstein für das System der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) gelegt und Werte wie Frauenbefreiung, Gleichberechtigung und gemeinschaftliches Leben in die Praxis umgesetzt.

Dr. Seevan Saeed ist Sozialwissenschaftler und Forscher, der sich mit den historischen und ideologischen Dimensionen dieses Prozesses befasst. In diesem ausführlichen Interview erklärte er gegenüber ANF, dass „der demokratische Konföderalismus als Alternative zum Nationalstaat entstanden ist“.

Den ersten Teil dieses Interviews können Sie hier lesen. Dort erläutert Dr. Saeed, wie sich der Kampf der PKK und mit ihm die kurdische Gesellschaft transformiert haben und wie hierbei Öcalans Paradigma des Demokratischen Konföderalismus sowohl Ergebnis wie auch Praxis eines kontinuierlichen Prozesses ist.

Der demokratische Konföderalismus findet im Nahen Osten und weltweit großen Anklang. Warum sorgt eine nichtstaatliche Organisationsform für so viel Begeisterung?

Die kurdische Freiheitsbewegung legte vor fünfzig Jahren mit der PKK den Grundstein für dieses Paradigma. Heute werden diese Paradigmen durch praktische Beispiele wie die demokratischen autonomen Verwaltungen in Rojava zum Leben erweckt, wo verschiedene Völker danach streben, frei und gleichberechtigt zusammenzuleben. Aus diesem Grund ist der demokratische Konföderalismus nicht nur regional, sondern auch auf globaler Ebene ein wichtiger Leitfaden für Kämpfe um Freiheit und Demokratie.

Demokratischer Konföderalismus bewahrt kulturelle Identitäten

Nehmen wir als Beispiel die Region Qamişlo in Rojava. Qamişlo ist ein multiethnisches Gebiet, in dem etwa fünfzehn verschiedene Völker zusammenleben, darunter Kurd:innen, Araber:innen, Tscherkess:innen, Turkmen:innen, Assyrer:innen und Chaldäer:innen. Dank des Modells des Demokratischen Konföderalismus bewahren diese Völker ihre Freiheit und Selbstverwaltung.

Natürlich wird dieses Modell nicht nur in Kurdistan, sondern auch außerhalb des Nahen Ostens, in Ländern wie Ägypten und Jemen, angewendet. Das 20. Jahrhundert hinterließ Nationalstaaten, die entweder als große Diktaturen oder als zusammengebrochene, unregierbare Staaten in Erinnerung geblieben sind. Irak, Syrien, Iran und Libyen sind Beispiele dafür. Diese gescheiterten Staaten konnten den Forderungen der Völker nach Freiheit und demokratischer Selbstverwaltung nicht gerecht werden.

Aus diesem Grund hat sich der Demokratische Konföderalismus als Alternative zum Nationalstaat herausgebildet und sowohl bei kurdischen als auch bei nicht-kurdischen Völkern Hoffnung und positive Resonanz gefunden.

Welche konkreten Auswirkungen hat das Paradigma des Demokratischen Konföderalismus auf die kurdische Gesellschaft?

Diese Auswirkungen sind in allen vier Teilen Kurdistans zu beobachten. In der Türkei haben Frauenräte, Genossenschaften und kommunale Experimente die lokale Regierungsführung bereits vor der staatlichen Repression neu gestaltet. In Rojava wurde das Modell durch autonome Verwaltungen, Volksversammlungen und die Leitung durch Frauen am umfassendsten umgesetzt. Im Irak und im Iran beeinflusst das Paradigma, wenn auch in geringerem Maße, die Organisationskultur und bietet einen Rahmen für die Einheit zwischen fragmentierten kurdischen Gruppen.

Das Paradigma der Frauenbefreiung und die Dynamik der Jugend sind die sichtbarsten Elemente dieser Transformation. Und natürlich gibt es auch einen grundlegenden Wandel in der sozialen, politischen und organisatorischen Mentalität.

Sie betonen besonders den Mentalitätswandel. Warum halten Sie ihn für so entscheidend?

Die Geschichte hat uns gezeigt, dass selbst wenn sich Regime ändern, die Unterdrückung weitergeht, wenn sich die Mentalität nicht ändert. Saddam Hussein wurde gestürzt, aber die Unterdrückung im Irak ging unter den Schiiten weiter. In Syrien wurde das Regime geschwächt, aber andere Kräfte führten die Unterdrückung fort. Mit anderen Worten: Es kommt nicht darauf an, den Namen des Systems zu ändern, sondern die Mentalität. Die kurdische Freiheitsbewegung hat sich dies zum Ziel gesetzt und es in der Praxis unter Beweis gestellt.

Kann das KCK-System als konkreter Ausdruck des Paradigmas als gemeinsames demokratisches Gesellschaftsmodell fungieren, das die vier Teile Kurdistans miteinander verbindet?

Die KCK verkörpert diesen Ansatz als transnationales Dachsystem. Die KCK ist kein Staat, sondern ein Netzwerk demokratischer Gemeinschaften. Indem sie die Fallstricke nationalistischer Privilegien vermeidet, kann sie als vereinigende Struktur in ganz Kurdistan fungieren.

Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich nun, da die PKK ihren Schwerpunkt vom bewaffneten Kampf auf den sozialen und politischen Kampf verlagert? Und wie lässt sich dies mit der Vision einer demokratischen Gesellschaft in Einklang bringen?

Ein wichtiges Thema ist die allmähliche Verlagerung der PKK vom bewaffneten Kampf hin zu einem breiteren politischen und sozialen Kampf. Der Guerillakampf verschaffte den Kurd:innen Sichtbarkeit und Verhandlungsmacht; Abdullah Öcalans Paradigma betont jedoch, dass dauerhafte Freiheit nicht durch militärische Konflikte, sondern durch demokratische Organisation erreicht werden kann.

Diese Situation schafft sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Die Chancen liegen in der Mobilisierung der breiteren Gesellschaft und der Erlangung internationaler Legitimität. Die Herausforderungen ergeben sich jedoch aus der Konfrontation mit Staaten, die nach wie vor auf militarisierte Unterdrückung setzen.

Für Nordkurdistan erfordert dies ein Umdenken: Der Guerillakampf ist nicht mehr Selbstzweck, sondern Teil eines umfassenderen demokratischen Projekts. Der Guerillakampf kann fortgesetzt werden, muss aber mit der Vision der Schaffung demokratischer Räume innerhalb der Zivilgesellschaft in Einklang gebracht werden, anstatt einen klassischen militärischen Sieg anzustreben.

Ist der heutige Friedensprozess, die Gespräche zwischen Abdullah Öcalan und dem türkischen Staat, lediglich das Ergebnis einer politischen Entwicklung oder hängt er mit dem ideologischen Wandel der PKK zusammen?

Der Friedensprozess ist nicht nur ein taktischer Waffenstillstand, sondern spiegelt den Wandel der PKK hin zum Demokratischen Konföderalismus wider. Abdullah Öcalan sah Frieden als untrennbar mit Demokratisierung verbunden, und das gilt nicht nur für die Kurd:innen, sondern für die Türkei und den gesamten Nahen Osten.

Inwiefern ist die Umsetzung des Paradigmas des Demokratischen Konföderalismus in Rojava ein Vorbild für andere Völker in der Region und im Nahen Osten?

Das Paradigma des Demokratischen Konföderalismus entstand als Alternative zu den unterdrückerischen und gescheiterten Strukturen der Nationalstaaten und entwickelte sich in Rojava rasch in der Praxis. Dieses Modell, das durch demokratische Autonomie, Frauenbefreiung und Jugendbeteiligung verkörpert wird, hat den Völkern der Region neue Hoffnung gegeben. Rojava lieferte ein konkretes Beispiel dafür, wie das Paradigma in der Praxis funktionieren kann.

In einer Region, die von autoritären Regimes, sektiererischer Politik und ständigen Kriegen geprägt ist, entstand aus der Basis heraus ein alternatives Modell, das auf der gemeinsamen Führung durch Frauen und der inklusiven Beteiligung von Araber:innen, Assyrer:innen und anderen Minderheiten basiert. Dies hat über die kurdische Gesellschaft hinaus Resonanz gefunden und eine Vision von Frieden und Koexistenz in einem zersplitterten Nahen Osten aufgezeigt.

Welche Auswirkungen und welche Rolle hat der Demokratische Konföderalismus für eine friedliche Lösung?

Wenn die Türkei wirklich Frieden will und wenn in allen Teilen Kurdistans Frieden erreicht wird, dann kann eine Lösung gefunden werden. Mit anderen Worten: Wenn in Kurdistan Frieden herrscht, kann die jahrhundertealte kurdisch-türkische Frage gelöst werden. Eine solche Entwicklung würde auch in Rojava zu bedeutenden und positiven Ergebnissen führen.

In Rojava haben sich die Volksverteidigungseinheiten (YPG), die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) und die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) nicht nur als Verteidigung der Kurd:innen, sondern auch der syrischen Völker und aller Gemeinschaften in der Region etabliert. In diesem Zusammenhang lassen sich auch andere ethnische und religiöse Gruppen, wie die Alawit:innen in den Küstengebieten Syriens und die Drus:innen in Suweida, vom Modell des Demokratischen Konföderalismus inspirieren, um ihre eigene Autonomie zu erlangen.

Der Demokratische Konföderalismus gewinnt an Dynamik

Dies zeigt, dass die Bewegung nicht nur auf die Kurd:innen, sondern auch auf nicht-kurdische Völker tiefgreifende und positive Auswirkungen hat. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Theorie des Demokratischen Konföderalismus in Rojava in der Praxis wichtige Ausdrucksformen gefunden hat und in jeder Hinsicht stetig an Dynamik gewinnt.

Wie kann das Misstrauen überwunden werden, das unter den Kurd:innen durch das häufige Scheitern von Friedensprozessen in der Türkei entstanden ist? Welche konkreten Schritte sollten sowohl der Staat als auch die Kurd:innen unternehmen?

Die Prozesse scheiterten größtenteils aufgrund des sicherheitsorientierten Ansatzes des türkischen Staates. Das Misstrauen entstand durch jahrelange erfolglose Verhandlungen, gebrochene Versprechen und gewalttätige Eskalationen. Der Staat muss die kurdische Identität anerkennen, kulturelle Rechte gesetzlich schützen und Reformen durchführen, die eine dezentrale Demokratie ermöglichen.

Auf kurdischer Seite ist es notwendig, die Verteidigungsfähigkeit aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die gewaltfreie demokratische Organisation zu stärken. Auch internationale Akteure müssen aufhören, die PKK ausschließlich als terroristische Organisation zu betrachten, sondern stattdessen ihren ideologischen Wandel anerkennen und demokratische Verhandlungen fördern.

Wie beurteilen Sie die Rolle von Abdullah Öcalan in diesem Prozess?

Das Charisma und die ideologische Führungsstärke von Herrn Öcalan sind von entscheidender Bedeutung. Ohne die von ihm entwickelten Konzepte wie „demokratische Gesellschaft” und „positive Integration” wäre es heute nicht einfach, Friedensgespräche auf diese Weise auf die Tagesordnung zu setzen. Darüber hinaus verleiht Öcalans Vertrauen in sein Volk und seine Genoss:innen der Bewegung große Stärke.

Heute sind das Volk Kurdistans, die Bewegung und Öcalan untrennbar miteinander verbunden. Weder das Volk kann von der Bewegung getrennt werden, noch die Bewegung von Öcalan, noch Öcalan vom Volk. Obwohl der türkische Staat und internationale Mächte versucht haben, diese Verbindung zu trennen, ist es ihnen nicht gelungen. Diese Dreierkonstellation (Volk, Bewegung und Öcalan) ist die größte Errungenschaft des fünfzigjährigen Kampfes.

Wird dieser Prozess also erfolgreich sein, und wie unterscheidet er sich von früheren Versuchen?

Wir befinden uns an einem anderen Punkt als bei den Friedensversuchen von 1993 mit Turgut Özal oder den Initiativen von 2013. Der Frieden, der jetzt erreicht werden soll, ist ein gesellschaftlicher Frieden. Wenn es keinen gesellschaftlichen Frieden gibt, wird der Preis, den der türkische Staat zahlen muss, höher sein als in früheren Perioden. Der Wunsch nach Frieden ist nicht nur für die Menschen in Kurdistan wichtig, sondern auch für den türkischen Staat.

„Die Bindungen zwischen dem Volk, der Bewegung und Öcalan sind der Schlüssel zum Erfolg“

Die Persönlichkeit Abdullah Öcalans ist für die Fortsetzung dieses Prozesses und die Aufrechterhaltung der moralischen und praktischen Unterstützung von großer Bedeutung. Diese Ganzheitlichkeit, das heißt der Prozess, der gemeinsam von Öcalans Genoss:innen von Europa über die Berge bis in die Städte zusammen mit den Menschen in Kurdistan durchgeführt wird, hat ihn bereits erfolgreich gemacht.

Mit anderen Worten: Die Bindungen zwischen dem Volk, der Bewegung und Öcalan sind nicht zerbrochen. Aus meiner Sicht ist dies ein sehr bedeutender und bemerkenswerter Erfolg. Hierin liegt der Schlüssel zum Abschluss dieser fünfzigjährigen Bewegung und dieses Kampfes mit Frieden.

Welche Möglichkeiten bietet die kurdische Freiheitsbewegung im Rahmen des Paradigmas der Frauenbefreiung, der kommunalen Gesellschaft und des konföderalen Systems für zukünftige soziale und politische Transformationen?

Frauen sind nicht nur Teilnehmerinnen, sondern als Mitführerinnen prägen sie sowohl die Ideologie als auch die Praxis. Dies hat die Geschlechterverhältnisse innerhalb der kurdischen Gesellschaft neu definiert und feministische Bewegungen weltweit inspiriert. In Verbindung mit dem sozialen Geist des Demokratischen Konföderalismus weist dieser Ansatz den Weg zu neuen politischen Strukturen jenseits von Patriarchat und Nationalismus.

Die kurdische Erfahrung zeigt, dass Freiheitsbewegungen sich ideologisch weiterentwickeln können, dass Strukturen, die auf Basisdemokratie beruhen, auch in feindlichen Umgebungen entstehen können und dass Frieden nicht nur durch Verhandlungen, sondern auch durch eine tiefgreifende soziale Umgestaltung erreicht werden kann.

Dieses Jahr wurde eine Kampagne mit dem Titel „Ich will Öcalan besuchen“ gestartet. Möchten Sie ihn auch treffen?

Natürlich. Es gibt etwas, das mich wirklich gefreut hat. In einer Erklärung vom Juni dieses Jahres sagte Herr Öcalan etwas Bemerkenswertes: „Ich warte mit ganzem Herzen und ganzer Seele auf Sie, um Ihnen meine Kritik mitzuteilen und Ihnen meine Ratschläge zu geben, wie wir gemeinsam den Friedensprozess vorantreiben können.“ Mit anderen Worten: Öcalan sieht sich nicht nur als Individuum. Deshalb ist er ein echter Mensch.

Als Einzelperson, als Universitätsprofessor, würde ich mich sehr freuen, eines Tages die Gelegenheit zu haben, Herrn Öcalan zu treffen. Ich möchte von ihm lernen und auch unsere eigenen Kritikpunkte mit ihm teilen. Denn diese Bewegung gehört nicht einer einzelnen Person oder einer einzigen Partei. Das kurdische Volk ist sowohl Eigentümer dieser Bewegung als auch derjenige, der die Last dieses Kampfes trägt. Herrn Öcalan eines Tages zu sehen, würde mich sehr glücklich machen, und ich hoffe auf diesen Tag.

Bild © Shaanxi Normal University

https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/saeed-die-pkk-hat-ihre-historische-rolle-gespielt-47885 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/konfoderation-rojava-die-gelebte-utopie-einer-freien-gesellschaft-47155 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/renato-franzitta-Ocalans-paradigma-ist-gegenmodell-zur-globalen-ordnung-46959

 

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DEM und CHP bekräftigen gemeinsame Haltung gegen Zwangsverwaltung

12. September 2025 - 2:00

Die Ko-Vorsitzenden der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM-Partei), Tülay Hatimoğulları und Tuncer Bakırhan, haben am Donnerstag den Vorsitzenden der Republikanischen Volkspartei (CHP), Özgür Özel, in Istanbul getroffen. Das Gespräch fand in dem Gebäude der früheren CHP-Provinzzentrale im Stadtteil Sarıyer statt, das Özel derzeit als Arbeitsbüro nutzt. Die Zusammenkunft verlief unter Ausschluss der Öffentlichkeit und wurde von führenden Vertreter:innen beider Parteien begleitet.

Im Anschluss traten die Parteivorsitzenden gemeinsam vor die Presse und äußerten scharfe Kritik an staatlichen Eingriffen in gewählte politische Strukturen. Im Zentrum standen die anhaltenden Debatten um die Praxis der Zwangsverwaltung sowie juristische Verfahren gegen Funktionsträger:innen der Opposition.

Bakırhan: „Demokratie kann kein einseitiges Prinzip sein“

Tuncer Bakırhan betonte, dass der Besuch weit über eine bloße Geste der Solidarität hinausgehe. „Wir sehen in der aktuellen Entwicklung einen gezielten Versuch, durch juristische Mittel demokratisch gewählte politische Repräsentant:innen zu entmachten“, sagte er. Besonders kritisch äußerte sich Bakırhan zur Einsetzung von Treuhändern anstelle gewählter Kommunalverwaltungen. Diese sei inzwischen nicht mehr nur auf kurdisch geprägte Regionen beschränkt, sondern habe sich auf das ganze Land ausgeweitet.

„Wir lehnen es kategorisch ab, dass anstelle demokratisch gewählter Personen staatliche Verwalter eingesetzt werden“, sagte Bakırhan. „Das ist ein klarer Rechtsbruch und als Partei, die diese Praxis selbst vielfach erlebt hat, erklären wir unsere Solidarität mit der CHP.“

 


Bakırhan verwies auf die demokratischen Grundlagen des Wahlrechts: „Wer vom Volk gewählt wurde, soll auch vom Volk abgelöst werden – nicht durch Gerichte oder Ministerien.“ Die Angriffe auf gewählte Gremien stellten einen systematischen Angriff auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheitsrechte dar. Dies betreffe nicht nur einzelne Parteien, sondern das gesamte politische System.

„Demokratie kann kein einseitiges Prinzip sein“, so Bakırhan weiter. „Wir erleben, wie demokratische Werte durch autoritäre Maßnahmen untergraben werden. Dies gefährdet nicht nur die Opposition, sondern langfristig auch die Regierungsparteien selbst.“

Kritik an „antidemokratischen Blockaden“

Der kurdische Politiker warnte zudem vor einer wachsenden Inkonsequenz im politischen Diskurs: Während in Teilen der Gesellschaft erneut über einen möglichen Friedensprozess gesprochen werde, würden zugleich fundamentale demokratische Rechte ausgehöhlt. „Demokratie und Frieden sind untrennbar miteinander verbunden“, sagte er. „Wenn das eine blockiert wird, wird auch das andere unmöglich.“

Die DEM-Partei verstehe sich als politische Kraft, die für den Aufbau eines demokratischen Systems für alle 86 Millionen Menschen im Land eintrete, so Bakırhan. Dies erfordere insbesondere auch, dass sich alle demokratischen Kräfte – insbesondere die Opposition – gemeinsam gegen autoritäre Tendenzen stellten.

Özel: „Wir erleben eine politisch motivierte Belagerung“

CHP-Chef Özgür Özel erhob in seiner anschließenden Stellungnahme schwere Vorwürfe gegen staatliche Institutionen und sprach von einem „unverhältnismäßigen und politisch motivierten Eingriff“ in die inneren Angelegenheiten seiner Partei.

„Dieses Gebäude steht symbolisch für einen unserer größten Wahlerfolge – für den Sieg in Istanbul“, sagte Özel. Die Landeszentrale sei mittlerweile Ziel juristischer und administrativer Angriffe geworden. Sowohl das Gebäude selbst als auch die Parteistrukturen in Istanbul seien Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren. „Sogar das Maskottchen unserer Partei – die Katze Şanslı – blieb nicht verschont“, so Özel ironisch.

Besonders kritisierte er den massiven Polizeieinsatz in der Parteizentrale: „Noch zwei Stunden vor unserem Besuch war jeder Raum von Polizei besetzt“, sagte Özel. „Unsere Zentrale war faktisch unter Besatzung.“ Die Anordnung sei auf Initiative des Innenministeriums und der zuständigen Behörden erfolgt. Hintergrund ist ein Gerichtsverfahren, in dem „parteiexterne Akteure“ versuchten, über ein umstrittenes Verfahren eine Art „Zwangsverwaltung“ innerhalb der CHP durchzusetzen, so Özel mit Blick auf den gerichtlich eingesetzten kommissarischen Leiter der Istanbuler CHP, Gürsel Tekin.

„Ein Fall von legitimer Selbstverteidigung“

Özel verteidigte die Reaktion seiner Partei als „legitime Selbstverteidigung“. Die CHP habe sich als Einheit gegen die Einsetzung einer nicht gewählten Verwaltung zur Wehr gesetzt – auch mit der Forderung nach einem außerordentlichen Parteikongress, unterstützt durch nahezu alle Delegierten. „Wenn jemand versucht, mit Hilfe des Gerichts anstelle eines gewählten Vorsitzenden eine andere Person einzusetzen – wie sollen wir reagieren? Sollen wir etwa Blumen überreichen und sagen: Willkommen, regiert uns doch?“, fragte Özel rhetorisch. „Nein – wer versucht, das demokratische Prinzip auszuhebeln, der trifft auf unseren Widerstand.“

Gleichzeitig wies Özel Spekulationen über mögliche Unruhen zurück: „Wir wollen keine Straßenproteste, sondern verhindern, dass in unser Haus eingebrochen wird.“ Was derzeit geschehe, sei keine normale Auseinandersetzung innerhalb eines politischen Systems, sondern ein gezielter Versuch, eine oppositionelle Partei zu delegitimieren.

„CHP wird nicht von außen definiert“

Abschließend bekräftigte Özel den Führungsanspruch seiner Partei: „Weder durch Repression noch durch juristische Manöver wird man uns aufhalten“, sagte er. „Wir lassen uns nicht zur Zieropposition machen, die nur innerhalb vom Präsidentenpalast definierter Grenzen agiert.“ Die CHP werde ihre Rolle als demokratische Kraft „innerhalb selbst gesetzter Grenzen und nicht nach den Regeln der Regierungspartei“ mit klarer Haltung bewahren.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/dem-partei-solidarisiert-sich-mit-chp-in-istanbul-47868 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/gursel-tekin-betritt-chp-zentrale-unter-polizeieskorte-47865 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/polizeigewalt-gegen-chp-anhanger-innen-in-istanbul-47861

 

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Breites Programm beim Internationalen Kurdischen Kulturfestival

11. September 2025 - 19:00

Bereits zum 33. Mal wird das Internationale Kurdische Kulturfestival in diesem Jahr ausgerichtet. Die Großveranstaltung soll am Samstag, 13. September in Dortmund (Remydamm/Victor-Toyka-Straße 44139) stattfinden und wird die Kultur, Kunst und den Widerstandsgeist der in Europa lebenden Kurd:innen zusammenbringen.

Die Ko-Vorsitzenden der Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (KON-MED), Ruken Akça und Kerem Gök haben in kurzen Videostatements Erklärungen zu den Vorbereitungen und zum Programm des Festivals abgegeben.

Ruken Akça betonte auch die historische und kulturelle Bedeutung des Festivals und sagte: „ Der unter der Führung von Rêber Apo [Abdullah Öclana, Anm. d. Red.] begonnene und seit mehr als vierzig Jahren andauernde Kampf hat seinen Platz in der Geschichte als Kampf des kurdischen Volkes für Freiheit und Existenz eingenommen. Dieser Kampf wächst nicht nur in Kurdistan, sondern auch in ganz Europa mit dem Willen unseres Volkes. Unsere Aufgabe heute ist es, unsere nationale Einheit zu stärken und unsere Kultur und Sprache unter den Bedingungen der Diaspora stärker zu pflegen. Denn unsere Kultur ist nicht nur unsere Identität, sondern auch die Garantie für unsere freie Zukunft.“


Wie jedes Jahr stehe das Festival auch 2025 unter einem ausgewählten Motto, das diesjährige Thema ist „Frieden und demokratische Gesellschaft“. Akça hob hervor, dass dies verdeutliche, dass es bei dem Festival nicht nur um Musik geht, sondern dass es auch ein Ausdruck von Kultur, Kunst, Identität und dem Willen des Volkes ist.

Das Programm des Festivals ist breit gefächert. Neben Ständen an denen Köstlichkeiten aus der traditionellen kurdischen Küche angeboten werden, werden auch nationale Trachten ausgestellt, kurdische Literatur präsentiert, Dengbêj (traditioneller kurdischer Sprechgesang) gesungen und es wird ein Programm eigenes für Kinder geben.

„Das Festival in Dortmund am 13. September wird ein starkes Zeichen der kurdischen Einheit und der Entschlossenheit unseres Volkes sein. An alle unsere Landsleute und Freund:innen in Europa richten wir folgenden Aufruf: Kommt, lasst uns in Dortmund mit unserer Kultur und unseren Trachten zusammenkommen. Lasst uns unseren Kampf für Freiheit und Gleichheit stärken“, hieß Ruken Akça Kurd:innen ebenso willkommen wie weitere Interessierte.

Kerem Gök gab Einblick in die monatelangen Vorbereitungen für das Festival, die auch bürokratische Prozesse sowie Transport- und Sicherheitsvorkehrungen umfassten. Neben den explizit kulturellen und künstlerischen Beiträgen, soll es laut Gök am Samstag auch Räume für Glaubensgemeinschaften, linkssozialistische Organisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen geben.


„Wir haben ein reichhaltiges Bühnenprogramm mit vielen angesehenen Künstler:innenn vorbereitet, die Werke in Zazakî, Kurmancî und Soranî präsentieren“, erzählte Gök und zeigte sich zuversichtlich: „Mit Govend und anderen kulturellen Aktivitäten wird das Festival reichhaltig, gut organisiert und abgerundet sein.“

Angesichts der langanhaltenden Assimilationspolitik, mit der die kurdische Gemeinschaft konfrontiert ist, sei das Festival unter den Bedingungen der Diaspora sowohl politisch als auch kulturell von hoher Bedeutung, konstatierte der Ko-Vorsitzende.

Er sagte: „Das kurdische Volk wurde in seinem eigenen Land verboten, seine Dörfer wurden evakuiert, seine Sprache und Kultur sollten zerstört werden. Mit der Assimilationspolitik sollten die Werte unseres Volkes ausgelöscht werden. Aber diejenigen, die in die Diaspora kamen, widersetzten sich dieser Politik. Die Teilnahme am Festival bedeutet zu sagen: ‚Ich akzeptiere keine Assimilation, Staatenlosigkeit und Unterdrückung.‘ Deshalb rufen wir unser gesamtes Volk auf: Verteidigt eure Zukunft und die Zukunft eurer Kinder. Vor allem unsere Jugend und unsere Frauen müssen in ihren kurdischen Trachten nach Dortmund strömen und eine starke Antwort auf den Aufruf von Rêber Apo für Frieden und eine demokratische Gesellschaft geben.“

https://deutsch.anf-news.com/kultur/busfahrplan-fur-kulturfestival-in-dortmund-47833 https://deutsch.anf-news.com/frauen/kurdische-frauenbewegung-ladt-zum-kulturfestival-in-dortmund-ein-47845 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kon-med-ruft-zur-teilnahme-am-kurdischen-kulturfestival-in-dortmund-auf-47747 https://deutsch.anf-news.com/kultur/kurdische-organisationen-rufen-zur-teilnahme-am-kulturfestival-in-dortmund-auf-47739

 

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Kurtulmuş will Kommission zügig zu endgültigem Ergebnis bringen

11. September 2025 - 19:00

Parlamentspräsident und Vorsitzender der „Kommission für Nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie“, Numan Kurtulmuş, hat in seiner Eröffnungsrede der achten Kommissionssitzung betont, dass die Kommission fleißig gearbeitet und wichtige Diskussionen geführt habe.

„Bislang haben unsere Freunde, die verschiedene Bereiche der Gesellschaft vertreten, hier entweder einzeln oder im Namen der von ihnen vertretenen zivilgesellschaftlichen Organisationen gesprochen“, sagte Kurtulmuş und fuhr fort:

„Während jeder seine eigene Meinung äußerte, teilten alle den gemeinsamen Wunsch nach Brüderlichkeit, Frieden, Ruhe, Wohlstand und einer Türkei, in der wir alle in Sicherheit leben können. Daher ist es die vorrangige Aufgabe unserer Kommission, diese Bemühungen so schnell wie möglich abzuschließen und zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen.“

Gesellschaftlicher Konsens und Zustimmung

Durch die zahlreichen Anhörungen, die die Kommission in den letzten Wochen durchgeführt hat, sei eine Erfassung der Standpunkte zivilgesellschaftlicher Organisationen möglich gewesen, so Kurtulmuş, was insbesondere „einen wichtigen Beitrag zur Bildung eines gesellschaftlichen Konsenses und zur Entwicklung einer gesellschaftlichen Zustimmung in der Türkei geleistet hat“.

Obwohl alle Beiträge in diesem Sinne ein wichtiges Zutun für die Erstellung der Abschlussberichte darstellten, könnten nicht alle in den gemeinsamen Abschlussbericht einfließen, erklärte Kurtulmuş. Er hoffe, innerhalb kürzester Zeit in der Türkei und darüber hinaus ein Umfeld schaffen zu können, in dem statt Waffengewalt „Brüderlichkeit“ herrsche und wo „ethnische, konfessionelle und politische Unterschiede zwischen den Völkern kein Grund für Konflikte sind, sondern vielmehr eine Chance für Integration und Einheit bieten“.

https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/farqini-frieden-braucht-praktische-schritte-47886 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/chp-chef-Ozel-zur-Ocalan-frage-entscheidung-liegt-bei-der-kommission-47877 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/losungsprozess-mithat-sancar-fordert-friedensrecht-in-drei-dimensionen-47837 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/karasu-die-regierung-spielt-mit-der-zeit-und-mit-der-chance-auf-eine-losung-47823

 

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QSD: Erneute Infiltrationsversuche in Dair Hafir abgewehrt

11. September 2025 - 19:00

Einer aktuellen Mitteilung des Medienzentrums der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) zufolge, haben Kräfte der selbsternannten Übergangsregierung in Damaskus versucht, in die Stadt Dair Hafir südöstlich des Kantons Tabqa einzudringen.

„Unsere Einheiten haben die Infiltrationsversuche und die Artillerieangriffe von unkontrollierten Gruppen, die der Regierung in Damaskus angehören, im Gebiet Dair Hafir erfolgreich abgewehrt und diese Operationen vollständig vereitelt“, heißt es in der Erklärung.

Wackeliger Waffenstillstand

Das multiethnische Militärbündnis bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass die Verantwortung für die aktuellen Zusammenstöße gänzlich „bei der Seite liegt, die durch wiederholte Verstöße, die die öffentliche Stabilität gefährden, die Eskalation ausgelöst hat“. In den letzten Wochen hatte es den syrischen Regierungstruppen wiederholt Provokationen und Verstöße gegen die vereinbarte Waffenruhe, insbesondere in Dair Hafir und Aleppo, vorgeworfen.

Insbesondere an die Einwohner:innen gerichtet heißt es weiter, dass die QSD die Lage zwar vollständig unter Kontrolle habe, sich aber weiterhin in ständiger Bereitschaft befände, um etwaigen weiteren Verstößen entgegenzutreten.

Abschließend bekräftigen die QSD in der Erklärung ihr Bekenntnis zur nationalen Einheit sowie zur Verteidigung des Volkes. Weiteren Aggressionen würden sie auch künftig mit entschlossen Reaktionen antworten, um die Sicherheit der Bevölkerung und der Region zu gewährleisten.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-warnen-vor-eskalation-in-aleppo-47488 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-damaskus-und-pro-turkische-milizen-torpedieren-waffenstillstand-47465 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/trotz-spannungen-gesprache-zwischen-daanes-und-damaskus-werden-fortgesetzt-47825

 

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Zweiter Tag des „Langen Marsches“ für die Freiheit von Öcalan

11. September 2025 - 17:00

Der traditionelle „Lange Marsch“, zu dem die kurdische Jugend in Europa jedes Jahr aufruft, findet dieses Jahr unter dem Motto „Freiheit und Demokratie“ statt. Am Dienstag haben sich die Teilnehmenden zum Auftakt in Köln getroffen und sind dort gestern den ersten Abschnitt gelaufen. Heute demonstrierten die rund 150 Jugendlichen aus mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien, durch die Stadt Düsseldorf.

Die Aktivist:innen verteilten entlang ihrer Route Flugblätter und diskutierten über die Ideen von Abdullah Öcalan, für dessen Freilassung der Lauf jährlich organisiert wird. Die heutige Etappe des Marsches endete am Corneliusplatz. Von hier aus ging es für die gemeinsamen Teilnahme an einer Veranstaltung im Demokratischen Kurdischen Kulturzentrum nach Dortmund.


Am dritten Tag, Freitag, werden sich die Aktivist:innen vor dem Dortmunder Hauptbahnhof versammeln und unter dem Tagesmotto „Jugend und Kultur“ rund 11 km laufen. Am Abend ist geplant, gemeinsam die erste nach 27 Jahren veröffentlichte Videobotschaft von Abdullah Öcalan zu schauen und abschließend eine Presseerklärung in fünf Sprachen zu geben.

Am vierten Tag, Samstag, beenden die Teilnehmenden den Langen Marsch beim Kurdischen Kulturfestival in Dortmund.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/koln-der-lange-marsch-fur-ein-freies-leben-startet-47894 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/aufruf-der-jugend-zum-langen-marsch-fur-ein-freies-leben-47800 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/langer-marsch-der-kurdischen-jugend-fur-Ocalans-freiheit-47185

 

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Çira Report: Sofian Philip Naceur zu Algerien

11. September 2025 - 17:00

In der heutigen Ausgabe des deutschsprachigen Formats Çira Report hat Moderatorin Ayfer Özdogan den freien Journalisten und Auslandskorrespondenten Sofian Philip Naceur zu Gast. Mit ihm spricht sie über die politischen Entwicklungen in Algerien – ein Land, das für die europäische Migrationspolitik zunehmend wichtig wird, in der Öffentlichkeit aber kaum Beachtung findet.

Während in den Medien oft über Libyen oder Tunesien gesprochen wird, bleiben die Entwicklungen in Algerien weitgehend unsichtbar. Dabei baut die Europäische Union (EU) längst auch mit Algier Kooperationen auf, um Migration abzuwehren – diskret, brutal und abseits der öffentlichen Debatte. Was bedeutet das für Geflüchtete, die in Algerien stranden, und für die Menschenrechte im Land selbst?

Das Gespräch spannt den Bogen von der politischen Lage in Algerien – geprägt von autoritärer Herrschaft und dem Scheitern der Hirak-Proteste, die wöchentlich und friedlich von Februar 2019 bis März 2020 für einen Systemwandel stattfanden – über die dramatische Situation von Migrant:innen an den Grenzen zu Niger und Libyen bis hin zu den neuen regionalen Allianzen in Nordafrika. Zugleich geht es um Europas Rolle: Warum unterstützt die EU ein repressives Grenzregime, warum verlagert sie ihre Außengrenzen nach Süden – und wer profitiert davon?

Die Sendung „Unsichtbare Grenzen: Algerien, Europa und die Abwehr der Hoffnung“ am 11. September beginnt um 20.00 Uhr und kann live über den Stream http://www.elahmad.com/tv/kurdish-tv-online.php?id=Cira verfolgt werden, nachträglich auch über den YouTube-Kanal von Çira TV, über die Eingabe Çira Report. Zur Playlist der Sendung geht es hier entlang: https://www.youtube.com/playlist?list=PL6P1E13_gg5ke8eLPi41dRQFuIGvNBtMo

Wer selbst Interesse an einer Teilnahme an der Sendung hat und eigene Projekte vorstellen will, kann unter der E-Mail-Adresse cirarep@riseup.net Kontakt mit der Redaktion aufnehmen.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/sendung-Cira-report-migrationsabkommen-der-eu-46048 https://deutsch.anf-news.com/weltweit/tv-tipp-Cira-report-was-geschieht-in-tunesien-28138 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Cira-report-jugendliche-berichten-uber-Sengaldelegation-47710

 

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Versklavung keine Beihilfe zum Völkermord

11. September 2025 - 17:00

Nadine K., eine deutsche Anhängerin der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), war am 21. Juni 2023 vor dem Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu einer Haftstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Die 37-Jährige aus Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz wurde unter anderem der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, mehreren Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Versklavung, und Beihilfe zum Völkermord schuldig gesprochen. Ihr Verteidigung legte gegen dieses Urteil Revision ein.

Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschied, hat die Verurteilung „ganz überwiegend Bestand“. Rechtsfehler erkannte er jedoch insbesondere bezüglich des Schuldspruchs im Anklagepunkt der Beihilfe zum Völkermord. Die Ausführungen des OLG Koblenz belegten demnach zwar sowohl den vom IS begangenen Genozid an der ezidischen Bevölkerung wie auch die Versklavung einer ezidischen Frau durch Nadine K.. Sie genügten jedoch nicht, um eine von der verurteilten IS-Anhängerin auf den Völkermord „gerichtete Beihilfehandlung“ nachzuweisen.

Der ursprüngliche Urteilsspruch ist folglich in diesem Punkt vom BGH aufgehoben worden und die Strafbemessung soll neu verhandelt werden. Das OLG Koblenz muss sich nun also erneut mit Nadine K. beschäftigen, die sich in dem vorangegangenen Prozess als noch immer überzeugte Islamistin erwiesen hatte.

Nebenklägerin und Schlüsselzeugin war seinerzeit die einst von Nadine K. und ihrem Ehemann versklavte und wiederholt vergewaltigte Ezidin. Die Überlebende lebt inzwischen wieder bei ihrer Familie in Şengal. Bei dem Prozess reiste sie zur Urteilsbegründung eigens aus ihrer Heimat an.

Ezidin als Sklavin missbraucht

Nadine K. war 2014 gemeinsam mit ihrem Ehemann, einem syrischen Arzt, nach Syrien ausgereis, um sich der Terrororganisation IS anzuschließen. Der Mann arbeitete weiterhin als Mediziner und behandelte fortan die IS-Dschihadisten, während Nadine K. sich um Kinder und Haushalt kümmerte. Nach ihrem Umzug nach Mûsil (Mosul) im Jahr 2015 betreuten die Eheleute alleinstehende IS-Frauen in ihrem Haus und lagerten große Mengen Sprengstoff und Waffen bei sich.

Der Ehemann brachte schließlich 2016 eine damals 22-jährige Ezidin in das Haus, die zwei Jahre zuvor bei dem brutalen Überfall der Terrormiliz auf Şengal verschleppt worden war. Seit ihrer Verschleppung war sie von IS-Terrorist:innen als „Haushalts- und Sexsklavin“ ausgebeutet worden. So bis 2019 auch im Haushalt von Nadine K., die die Ezidin zur Arbeit gezwungen und an der Flucht gehindert habe sowie die Vergewaltigungen der Frau durch ihren Ehemann aktiv ermöglichte.

Von QSD bei Flucht gefangen genommen

Die Familie wurde 2019 bei der Flucht aus der letzten IS-Enklave Baghuz in Ostsyrien von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) festgenommen. Die Angeklagte kam mit ihren Töchtern in ein Auffanglager, der Ehemann landete in einem Gefängnis. Bei einer Rückholaktion der Bundesregierung wurde sie im März 2022 mit neun anderen IS-Anhängerinnen und 27 Kindern nach Deutschland gebracht. Der Generalbundesanwalt ließ sie und drei weitere Frauen direkt am Frankfurter Flughafen festnehmen.

Der Genozid-Feminizid an den Ezid:innen 2014

Am 3. August 2014 überfiel der IS die Şengal-Region im Irak mit dem Ziel, eine der ältesten Religionsgemeinschaften auszulöschen: Die Ezidinnen und Eziden. Durch systematische Massakrierung, Vergewaltigung, Folterung, Vertreibung, Versklavung von Mädchen und Frauen und der Zwangsrekrutierung von Jungen als Kindersoldaten erlebte die ezidische Gemeinschaft den 74. Völkermord in ihrer Geschichte. Etwa 10.000 Menschen fielen jüngeren Schätzungen nach Massakern zum Opfer, mehr als 400.000 weitere wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Über 7.000 Frauen und Kinder wurden verschleppt, nach aktuellen Schätzungen von Pro Asyl werden bis heute 2.700 von ihnen vermisst. Daher stellt dieser Genozid in seiner Form zugleich auch einen Feminizid dar.

Titelbild: Symbolbild YPJ bei der Leibesvisitation einer IS-Anhängerin

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/beihilfe-zum-volkermord-Uber-neun-jahre-haft-fur-is-anhangerin-37965 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/is-ruckkehrerin-nadine-k-in-koblenz-angeklagt-34195 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/ruckholaktion-von-zehn-is-dschihadist-innen-nach-deutschland-31470

 

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Geheimes Treffen in Serêkaniyê

11. September 2025 - 15:00

Hunderte von Vertriebenen aus Serêkaniyê (Ras al-Ain) veranstalteten eine Protestaktion im rund zwölf Kilometer von Hesekê entfernt liegenden Lager Waşokanî. Die Demonstrierenden verurteilten das Hissen türkischer und pakistanischer Flaggen auf offiziellen Gebäuden in ihrer Heimatstadt, aus der sie 2019 nach der Besetzung der Stadt durch die Türkei mittels ihrer Proxymilizen gewaltsam vertrieben worden waren. Die Besetzung fand im Rahmen der sogenannten „Operation Friedensquelle“ statt.

Der Protest erfolgte, nachdem Berichte über eine angeblich vom türkischen Staat unterstützte Initiative zum Aufkauf der Häuser und Grundstücke von Vertriebenen aus Serêkaniyê bekannt geworden waren. Dies hat die Befürchtungen verstärkt, dass die nach der Invasion eingeleiteten demografischen Veränderungen weitergehen werden.

Dauerhafte Vertreibung anvisiert

Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) berichtete derweil, dass die Demonstrierenden zuvor Kaufangebote der Türkei für ihr Eigentum abgelehnt hatten und in ihnen den Versuch gesehen hätten, ihre Rechte und ihr Eigentum zu verletzen.

Die Vertriebenen betonten insbesondere, dass die Identität der Stadt Serêkaniyê durch das Hissen ausländischer Flaggen sowie Projekte zum Erwerb von Grund- und Immobilieneigentum bedroht werde, während gleichzeitig die Vertriebenen weiterhin unter harten Bedingungen litten. Sie forderten internationale Organisationen und zuständige Behörden auf, dringend einzugreifen, um ihre Rechte zu schützen und ihre Rückkehr zu gewährleisten.

Geheimes Treffen abgehalten

Laut Nachrichtenagentur NorthPress wurde in Serêkaniyê ein geheimes Treffen unter Beteiligung türkischer Beamter, Geschäftsleute, Stammesführer und Vertreter syrischer bewaffneter Gruppen abgehalten. Ziel des Treffens sei es demnach gewesen, Immobilien von Vertriebenen, hauptsächlich von Kurd:innen und Christ:innen, zu kaufen und das Eigentum an mit der Türkei verbundene Fraktionen und Organisationen zu übertragen.

Lokale Quellen bestätigten, dass Einwohner:innen von Serêkaniyê und deren Verbündete zahlreiche Vertriebene mit hochpreisigen Kaufangeboten für Immobilien angesprochen hätten. Das Komitee für Vertriebene aus Serêkaniyê bezeichnete diese Initiativen als „systematische Politik des demografischen Wandels“ und betonte, dass sie gegen internationales Recht verstoßen.

Vorgehen berührt 10.-März-Abkommen und internationales Recht

Das Komitee erklärte, dass unter Besatzungsbedingungen durchgeführte Immobilientransaktionen ungültig seien, und warnte, dass die Beteiligten wegen „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zur Rechenschaft gezogen werden könnten.

Es forderte die Vertriebenen auf, ihre Immobilien nicht zu verkaufen, und appellierte an die Behörden in Damaskus, die Bestimmungen des Abkommens vom 10. März einzuhalten und solche Maßnahmen in den besetzten Gebieten zu unterlassen. Die Ermöglichung einer sicheren Rückkehr der Vertriebenen, insbesondere in die aktuell türkisch besetzten Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), ist ein integraler Bestandteil der zwischen der QSD und der selbsternannten Übergangsregierung in Damaskus geschlossenen Vereinbarung.

Kaum Aussicht auf Rückkehr

Mehr als 200.000 Menschen mussten seit 2019 aus Serêkaniyê und Girê Spî (Tall Abyad) fliehen und leben nach wie vor größtenteils in Zelten und gemieteten Unterkünften unter prekären wirtschaftlichen Bedingungen. Die anhaltende Sicherheitsinstabilität in der besetzten Region, die Präsenz bewaffneter Gruppen, die fehlende politische Vertretung und die anhaltenden Zusammenstöße erschweren es den Vertriebenen, in ihre Heimat zurückzukehren.

Die Zusammenstöße zwischen von der Türkei unterstützten bewaffneten Gruppen und die anhaltende türkische Militärpräsenz machen eine Rückkehr zu einer riskanten Option.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/gesprache-in-damaskus-aushandlungen-fur-die-zukunft-syriens-47023 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/turkei-verfolgt-expansionistische-politik-im-nahen-osten-45882 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/keine-ruckkehr-der-vertriebenen-ohne-ende-der-besatzung-45741 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/permanent-peoples-tribunal-spricht-turkei-schuldig-45730

 

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PAJK würdigt die Gefallenen Emine Erciyes, Ekîn Amara Toldar und Zîn Zagros

11. September 2025 - 14:00

Die drei Kommandantinnen der Verbände freier Frauen (YJA Star) Emine Erciyes, Ekîn Amara Toldar und Zîn Zagros haben am 20. April 2020 durch einen türkischen Angriff ih Gare in Südkurdistan ihr Leben verloren. In einem Nachruf würdigt die Partei der freien Frauen Kurdistans (PAJK) die drei Gefallenen: „Die Genossinnen Emine Erciyes, Ş. Ekin Amara Toldar und Ş. Zîn Zagros haben uns durch ihr Leben und ihren Kampf in unserer Freiheitsbewegung ein großartiges, unvergessliches und unverzichtbares Vermächtnis hinterlassen.“ Sie sprachen den Hinterbliebenen sowie den Völkern der Türkei und Kurdistans ihr aufrichtiges Beileid aus.

Die PAJK-Koordination bringt einleitend ihren Respekt, ihre Liebe und ihre Dankbarkeit gegenüber den Gefallenen zum Ausdruck. Sie schreibt: „Jede unserer Genossinnen hat gemeinsam zum Kampf für ein freies Kurdistan, eine freie Menschheit und die Freiheit der Frauen beigetragen, unseren sozialistischen Kampf erweitert und ihm mit ihrer eigenen Farbe große Bedeutung verliehen. Das große Vermächtnis der Freiheit, das sie uns hinterlassen haben, zu schützen, dauerhaft zu bewahren und zum Sieg zu führen, ist unsere größte Pflicht, unsere Verantwortung und der Sinn unseres Lebens.“

Die Suche nach Wahrheit

Die internationalistische Kommandantin Emine habe sich als Turkmenin der Freiheitsbewegung Kurdistans angeschlossen, da sie in dem Nationalismus und Konservatismus in ihrer Heimatregion keine sinnvolle Perspektive habe erkennen können. „Stattdessen suchte sie nach dem Sinn des Lebens, seiner magischen und leidenschaftlichen Wahrheit. Diese Suche führte sie zu Rêber Apo [Abdullah Öcalan, Anm. d. Red.], der PKK und den Guerillas. Als Guerillakämpferin im Freiheitskampf setzte sie diese geheimnisvolle Suche und dieses Streben fort“, heißt es in dem Nachruf.

Vor allem ihr gelebter Internationalismus wird hervorgehoben. Sie habe auf „großartige Weise die Geschwisterlichkeit der Völker, die Realität der demokratischen Nation und der demokratischen Moderne mit sozialistischer Leitung“ in sich verbunden. In diesem Sinne habe sie viele Begabungen und Begeisterung für die unterschiedlichsten Bereiche gezeigt. Lieder, Theater und Poesie haben sie ebenso berührt wie der Guerillakampf und die Berge, mal habe sie als große Kommandantin mal als Erzieherin gewirkt.

„Sie wurde zu einer Linie menschlicher und sozialer Einheit, die sogar den Internationalismus überstieg und die ethischen und ästhetischen Werte der Demokratischen Nation als Identität einer freien Frau verkörperte. Mit ihrem großen Herzen trotzte sie der verborgenen Geschichte der Kurd:innen über Jahrtausende und den hundert Jahren der Verleugnung und Vernichtung. Sie wusste, wie man die Wege und Pfade beschreitet, die einst von den Göttinnen der Geschichte und den vereinten Revolutionären wie Hakis und Kemals mit Begeisterung, Freude, Entschlossenheit und Beharrlichkeit eröffnet wurden“, beschreibt die PAJK die Persönlichkeit und Ausstrahlung von Emine Erciyes.

„Sie war die fröhliche und kreative freie Guerillera der Berge und Wälder“

Durch das intensive Studium der Schriften Adbullah Öcalans habe Emine, so schreibt die PAJK, sich mit den Ideen vereint und die Werte der Frauenfreiheit verkörpert. In ihren Beziehungen zu den männlichen wie weiblichen Genoss:innen habe sie diese Werte stets geteilt und eine „Aura der Bewunderung und Liebe unter ihren Genoss:innen“ geschaffen.

Emine Erciyes hat sich 1996 der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angeschlossen. Wie die Frauenpartei schreibt, hat sie sich in der langen Zeit stets weiter entwickelt und viele Verantwortungen und Aufgaben übernommen: „Ihr sich ständig vertiefender Geist, ihr Herz, das zu lieben und zu teilen wusste, ihre willensstarke, hartnäckige und kämpferische Persönlichkeit schufen einen enormen Wert sowohl in der Genossinnenschaft der Frauen als auch in der sozialistischen Genoss:innenschaft unter den Völkern.

Sie beteiligte sich an nahezu allen Bereichen unseres Kampfes, übernahm große Verantwortung und erfüllte diese mit großer Ernsthaftigkeit und Überzeugung. Durch ihre Rollen in der Führung und Koordination der PAJK sowie im Kommandorat und Zentralkommando der YJA Star vertrat sie erfolgreich die Linie der PAJK und der YJA Star. Sie widmete sich mit großem Einsatz und Wertschätzung dem Aufbau der Frauenpartei und der Frauenarmee und stärkte und erweiterte mit ihrer Leitungskraft und Genoss:innenschaft ihr Umfeld. Ihre Kameradschaft war eine Ehre.“

Pionierinnen des Frauenfreiheitskampfes

Ekîn Amara Toldar und Zîn Zagros würdigt die Koordination der Frauenpartei als „Pionierinnen unseres Freiheitskampfes der Frauen und unseres Freiheitskampfes für Kurdistan“. Sie seien kameradschaftlich, entschlossen und beharrlich im Kampf gewesen und hätten ein starkes und entschiedenes Bewusstsein für die Freiheit zum Ausdruck gebracht. „Sie schätzten ein ehrenhaftes und sinnvolles Leben über alles und lebten jeden Moment ihrer Jugend bewusst, voller Glauben und Licht. Sie lehnten den giftigen Sirup des Kolonialismus und des kapitalistischen Lebens ab und wandten sich dem reinen und freien Atem der Berge zu“, heißt es in dem Nachruf.

Zum Ende schreibt die PAJK: „Die Genossinnen Emine, Ekin und Zîn, deren Wege sich in diesem Kampf auf den heiligen Bergen der Freiheit kreuzten, gaben gemeinsam ihren letzten Atemzug und wurden gemeinsam unsterblich. Dass sie gemeinsam ihren letzten Atemzug gaben, verpflichtet uns, durch die Einheit in der Genossinnenschaft der Frauen, in der Freiheit der Frauen und in der Schwesternschaft der Völker zu wachsen. Ihr letzter Atemzug gebietet uns, erfolgreich zu sein.“

https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/hpg-erinnern-an-kommandantinnen-emine-erciyes-zin-zagros-und-ekin-amara-toldar-47860

 

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ISIG-Bericht: Mindestens 194 „Arbeitsmorde“ im August

11. September 2025 - 14:00

Die Beobachtungsstelle für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ISIG) hat ihre August-Daten für „berufsbedingte Todesfälle“ in der Türkei und Nordkurdistan veröffentlicht. Dem Bericht zufolge haben innerhalb eines Monats mindestens 194 Arbeiter:innen ihr Leben verloren. Damit steigt die Zahl der in den ersten acht Monaten des Jahres 2025 bei Arbeitsunfällen getöteten Menschen auf 1.359.

In dem Bericht heißt es, dass unter den Toten 13 Kinder, 19 Frauen und sechs Wanderarbeiter seien. Istanbul verzeichnete die höchste Zahl an Todesfällen, während auch in Antalya, Sivas (ku. Sêwas), Giresun, Balıkesir, Gurgum (auch Mereş, tr. Maraş), Muğla, Samsun, Kocaeli, Riha (tr. Urfa), Çorum, Denizli, Amed (tr. Diyarbakır), Izmir, Kayseri, Manisa, Mersin, Rize, Sakarya und Tekirdağ mehrere Menschen bei der oder durch Arbeit starben.

Die Betrachtung der Verteilung absoluter Fallzahlen nach Berufen ergab, dass in der Industrie 60 Arbeiter:innen ihr Leben verloren, 45 in der Landwirtschaft, 44 im Baugewerbe und 43 im Dienstleistungssektor.

Die ISIG

Die Beobachtungsstelle für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (ISIG) ist eine seit 2011 bestehende Netzwerkorganisation von Arbeitnehmer:innen aus verschiedenen Sektoren, Branchen und Berufen, sowie deren Familien. Sie kämpft für gesunde und sichere Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Die Türkei – ein gefährliches Land für Arbeiter:innen

Die Türkei weist im internationalen Vergleich eine überdurchschnittlich hohe Zahl tödlicher Arbeitsunfälle auf und gilt als eines der gefährlichsten Länder bezüglich der Arbeitsbedingungen. Die offiziellen Zahlen, die von staatlichen Stellen veröffentlicht werden, werden gemeinhin als deutlich zu niedrig eingeschätzt. Sie stehen oft in gravierendem Gegensatz zu Zahlen unabhängiger Beobachtungsstellen oder von Gewerkschaften, die von „Arbeitsmorden“ sprechen. Besonders betroffen sind prekär Beschäftigte.

https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/turkei-mindestens-177-tote-durch-lohnarbeit-im-mai-46656 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/kinderarbeit-in-der-turkei-kostet-60-kinder-jahrlich-das-leben-45286 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/bittere-ausbeutung-von-saisonarbeiter-innen-in-der-turkei-38574

 

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Öztürk: Öcalans Recht auf Hoffnung muss anerkannt werden

11. September 2025 - 12:00

Das Ministerkomitee des Europarates wird am 15. September eine Sitzung darüber beginnen, ob das „Recht auf Hoffnung“ von den Imrali-Gefangenen Abdullah Öcalan, Emin Gurban, Civan Boltan und Hayati Kaytan anerkannt wird.

Raziye Öztürk von der Istanbuler Anwaltskanzlei Asrin, die Äcalan juristisch vertritt, hat ANF in diesem Kontext Fragen zu den Verpflichtungen der Türkei als Mitglied des Europarats und zur Nichtumsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) beantwortet. Insbesondere im Fall Öcalan, betont die Rechtsanwältin, sei die Türkei ihren Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit nicht nachgekommen.


Versäumnisse seitens der Türkei

Die Mitgliedschaft im Europarat ist mit Anforderungen und Verpflichtungen verbunden. Zu diesen gehörten vor allem die Verpflichtung zur Förderung der Menschenrechte, zur Schaffung eines Rechtsstaats und zur Förderung der Demokratie, führte Öztürk aus. Eine entsprechende Praxis sei bisher, so die Anwältin, jedoch sowohl aus der Sicht des Ministerkomitees, eines Gremiums des Europarats, als auch aus der Sicht der Türkei äußerst erfolglos gewesen.

„Lebenslange Haft ohne Bewährung verstößt gegen die Standards des Europarates“

Öztürk erklärte, dass die Weigerung der Türkei, die Urteile des EGMR umzusetzen, werde im Fall Öcalan sehr deutlich. Seine Todesstrafe wurde 2002 in lebenslange Haft mit verschärften Bedingungen umgewandelt, was aufgrund späterer Gesetzesänderungen die Möglichkeit einer Freilassung ausschloss, was insbesondere politische Gefangene beträfe. Die Rechtsanwältin stellte klar, dass dies mit den Standards des Europarates unvereinbar sei.

„Die Türkei ignoriert die Urteile“

Sie betonte, dass das Urteil des EGMR zum „Recht auf Hoffnung“ die Türkei zu Reformen veranlassen sollte. Der Gerichtshof entschied, dass niemand ohne Hoffnung auf Freilassung bis zu seinem Tod in Haft gehalten werden darf und dass nach spätestens 25 Jahren ein Überprüfungsmechanismus ablaufen müsse. Auch Berichte des Europäische Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) kritisierten Öcalans Haftbedingungen als Menschenrechtsverletzung.

„Die Haltung des Ministerkomitees war politisch motiviert“

Obwohl das Urteil des EGMR bereits 2014 ergangen sei, habe sich das Ministerkomitee des Europarates sieben Jahre lang nicht mit damit befasst, ob es umgesetzt werde. Öztürk hält dies für eine Haltung, die an sich bereits einer Duldung von Folter gleichkomme. Sie sagte, das Komitee habe unter politischem Einfluss gehandelt und es versäumt, seine eigenen Standards durchzusetzen.

„Wäre das Urteil des EGMR umgesetzt worden, wäre die Situation anders“

Auch sei immer noch kein Überprüfungsmechanismus eingerichtet worden, obwohl Abdullah Öcalan seine Strafe bereits sehr mehr als 25 Jahren verbüßt. Angesichts seiner Rolle und seiner Beiträge zum Frieden argumentierte Öztürk, dass ihm seine körperliche Freiheit bereits gewährt worden sein sollte.

„Öcalan ist ein wichtiger Gesprächspartner“

Öztürk betonte, dass Öcalan ein wichtiger Gesprächspartner für die Demokratisierung und den Frieden in der Türkei sei. Damit diese Prozesse effektiv voranschreiten können, müsse er physisch frei sein, mit seinen Gesprächspartner:innen kommunizieren und am Dialog teilnehmen können.

Sie kritisierte die sogenannten Aktionspläne der Türkei gegenüber dem EGMR bezüglich der Stärkung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit sowie internationaler Standards als keine wirklichen Maßnahmen enthaltend und bezeichnete sie als eine Form der Verleugnung. Sie sagte, dass die Kurd:innen und alle Friedensbefürwortenden sowohl die Umsetzung des Rechts als auch die Freilassung ihres politischen Repräsentanten fordern.

Diskriminierende Gesetze abschaffen

Die Abschaffung diskriminierender Gesetze und die Einhaltung der Urteile des EGMR hält die Juristin für wesentliche Schritte zur demokratischen Integration. Sie merkte diesem Zusammenhang an, dass die Vorschläge der DEM-Partei und von Rechtsexpert:innen zur Änderung dieser Gesetze leicht im Parlament zur Abstimmung gebracht werden könnten.

Der Europarat braucht strukturelle Reformen

Abschließend argumentierte Raziye Öztürk, dass die langjährige Nichtumsetzung der Urteile des EGMR auch eine Krise für den Europarat darstelle. Das Ministerkomitee müsse Reformen durchlaufen, um seine Ineffizienz zu überwinden. Sie fügte hinzu, dass die Türkei dies nicht als Sanktion, sondern als Zusammenarbeit mit dem Europarat betrachten sollte, was das Land stärken und nicht schwächen würde.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/europaische-linke-Ocalans-isolation-muss-beendet-werden-47888 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/eutcc-recht-auf-hoffnung-fur-Ocalan-und-andere-gefangene-garantieren-47876 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kurdische-organisationen-mobilisieren-fur-recht-auf-hoffnung-in-strassburg-47526

 

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TJA: Wir werden die Natur weiterhin verteidigen

11. September 2025 - 12:00

In der Provinz Şirnex (tr. Şırnak) Ht am Dienstag und Mittwoch eine zweitägige Protestaktion gegen die zunehmende ökologische Zerstörung in der Region stattgefunden. Nach einem Marsch durch die Innenstadt sind die Demonstrierenden in die ländliche Region Besta gezogen und haben dort ein Protestcamp errichtet. Auch die Bewegung freier Frauen (TJA) hat sich an der Aktion beteiligt und eine Erklärung veröffentlicht, in der sie versprach, ihren ökologischen Kampf gegen die Zerstörung fortzusetzen. Das Camp ist gestern Abend beendet worden.

Naturzerstörung als Teil von Spezialkrieg

In ihrer Veröffentlichung vom Mittwoch setzte die TJA die Angriffe auf die Natur Kurdistans in den Kontext spezieller Kriegsführung: „Die ökologische Plünderung, die ein Aspekt der speziellen Kriegspolitik zur Zerstörung der Natur Kurdistans und seines historischen Gedächtnisses ist, zeigt sich jeden Tag in unterschiedlichen Formen. Die Berge Besta, Cudi und Gabar, die sowohl historische als auch natürliche Schätze Kurdistans sind, werden seit Jahren durch diese Politik geplündert.“

Im Namen der Industrie und des Fortschritts würde die Umwelt der Region de facto aus Sicherheitsgründen zerstört, was jegliches Leben ernsthaft bedrohe. Aus diesem Grund werde die Frauenbewegung ihren Kampf für die Natur weiterführen. Auch die umfassende Beteiligung der Bevölkerung an dem Protest sei „ein Beweis für ihre Entschlossenheit, sich für ein demokratisches und soziales Leben gegen die Zerstörung einzusetzen“.

„Die ökologische Zerstörung in Kurdistan bedroht die Welt“

Die TJA bezeichnete die Mahnwache abschließend als einen „Aufruf zum Leben“ und bezog sich hierin auf die globale Klimakrise und die geteilte Verantwortung der Weltbevölkerung. Im Schluss der Erklärung hieß es: „Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft: Diese ökologische Zerstörung in Kurdistan ist nicht nur ein lokales Problem, sondern eine Bedrohung für die gemeinsame Zukunft der ganzen Welt. Die Verteidigung der Natur ist ein integraler Bestandteil des globalen Kampfes gegen die Klimakrise. Dieser Aufruf zum Leben, der in Besta erhebt, muss beachtet werden, und unsere Solidarität muss gestärkt werden.“

Protestcamp in Besta

In der bergigen Besta-Region in der nordkurdischen Provinz Şirnex hat am Dienstag und Mittwoch eine Mahnwache gegen die systematischen Eingriffe in die Natur stattgefunden. Unter dem Motto „Kein Platz für Ökozid – wir marschieren gegen die Ausbeutung der Natur“ hatten sich im Tal zahlreiche Menschen am Dienstagabend nach einer Demonstration zu einem Protestcamp versammelt. Besta gilt als sensibler Natur- und Kulturraum, steht aber gleichzeitig im Fokus von Abholzungen, Bergbauprojekten und militärischen Maßnahmen. Für die Protestierenden ist der Ort ein Sinnbild für die Umweltzerstörung, die sie dem türkischen Staat vorwerfen.

Organisiert wurde die Aktion von der Plattform Demokratischer Institutionen. Im Zentrum der Mahnwache steht eine sogenannte „Freiheitsbühne“, auf der Vertreter:innen politischer Parteien, zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie Anwohner:innen ihre Kritik am Staat und Forderungen formulieren konnten. In den Redebeiträgen wurde deutlich, dass es nicht nur um Umweltpolitik geht – sondern auch um politische Selbstbestimmung, kulturelle Identität und das Recht auf ein Leben im Einklang mit der Natur.

https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/klagelied-fur-besta-47890 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/mahnwache-gegen-Okozid-wir-bleiben-bis-der-kahlschlag-endet-47882 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/protest-in-Sirnex-frieden-beginnt-in-cudi-gabar-und-besta-47878

 

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Internationaler Aufruf vor dem Prozess gegen Ayşe Gökkan

11. September 2025 - 10:00

Der Prozess gegen die inhaftierte Politikerin und Frauenrechtlerin Ayşe Gökkan beginnt am Donnerstag um 10:00 Uhr vor dem 9. Schwurgericht in Amed (tr. Diyarbakır). Im Vorfeld des Prozesses sind sowohl aus der Türkei als auch aus der internationalen Gemeinschaft Unterstützungsbekundungen abgegeben worden.

Ayşe Gökkan ist ehemalige Sprecherin der Bewegung freier Frauen (TJA), war Bürgermeisterin der Stadt Nisêbîn (Nusaybin) und ist Journalistin, Frauen- und Menschenrechtlerin. Sie wurde rund 80 Mal festgenommen und ist bereits seit 2021 in Haft.

Die Gerichtsverfahren gegen Gökkan werden nun neu aufgerollt. 2021 war sie Gökkan von einem türkischen Gericht wegen angeblicher „Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation und wissentlicher und vorsätzlicher Unterstützung einer illegalen Organisation“ zu 26 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das damalige Verfahren und insbesondere die Beweisführung mittels geheimer Zeugen, wird landläufig als unfair und keinen rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechend kritisiert.

Breite Unterstützung

TJA Frauenrechtsaktivistinnen rufen zur zahlreichen Teilnahme an der Verhandlung auf. Gleichzeitig fordern die in der Schweiz ansässige Paul Grüninger Stiftung, das Europäische Bürgerforum und verschiedene Menschenrechtsaktivist:innen die „vollständige Freisprechung und sofortige Freilassung“ von Ayşe Gökkan.

In einer schriftlichen Erklärung schreibt die Stiftung, dass das Urteil das Ziel verfolge, „Gökkans legale, friedliche und lange Zeit erfolgreiche politische Arbeit zu behindern. Ayse Gökkan hat sich unter anderem mit Wort und Tat im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen engagiert.“ Sie betont die Unschuld der politischen Gefangenen.

Auch internationale Menschenrechtsaktivist:innen appellieren an das Justizministerium und das 9. Strafgericht von Diyarbakır und fordern den Freispruch und die Freilassung von Ayşe Gökkan.

Die Unterzeichnenden des Appells sind:

Dr. Thomas Schmidinger – Nahost-Experte, Universität Wien/Universität Kurdistan Hewlêr

Julie Ward – ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments (2014–2020), Mitglied des FEMM-Ausschusses

Maryam Namazie – Frauenrechtsaktivistin

Montserrat Cervera Rodon – Associació Ca la Dona (Barcelona)

Tina Leisch – Film- und Theaterregisseurin, Wien

Dr. Berivan Aslan – Mitglied des Wiener Stadtrats

Ayşe Gökkan

Ayse Gökkan war unter anderem ab 2009 mehrere Jahre als Mitglied der mittlerweile verbotenen Partei der demokratischen Gesellschaft (DTP) Bürgermeisterin von Nisêbîn, was an der türkisch-syrischen Staatsgrenze liegt. Ihr Lokalpolitik hat zivilgesellschaftlich große Erfolge vorzuweisen.

So senkte sich die Zahl der Feminizide im letzten Jahr ihrer Amtszeit auf Null, wozu das von Gökkan gegründete Frauenhaus in der Stadt seinen Beitrag leistete. Auch protestierte sie vehement mit einem Sitz- und Hungerstreik gegen den Bau der Grenzmauer nach Qamişlo, die einerseits den Verkehr kurdischer Familien unterbindet und andererseits Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien sie Flucht verunmöglichen sollte.

Sie bestand außerdem darauf, Amtsgeschäfte auch in Kurmancî abzuwickeln, der Familiensprache von 80 Prozent der Bürger:innen der Stadt. Insbesondere aber die Recherche und Publikation der von türkischen Sicherheitskräften aus Polizei und Militär ausgeübte sexistische Gewalt, ließ sie noch stärker ins Visier staatlicher Verfolgung geraten.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/ayse-gokkan-ich-bin-angeklagt-weil-ich-kurdin-bin-39116 https://deutsch.anf-news.com/frauen/hungerstreik-gegen-mauerbau-prozess-gegen-ayse-gokkan-wird-neu-aufgerollt-39101 https://deutsch.anf-news.com/frauen/ayse-gokkan-im-gefangnis-misshandelt-37409

 

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Pena.ger e.V. – Von Geflüchteten für Geflüchtete

11. September 2025 - 8:00

Die Gründung von Pena.ger e.V. erfolgte im Dezember 2023 vor dem Hintergrund massiver haushaltspolitischer Kürzungen im Bereich der Migrations- und Geflüchtetenberatung. Zugleich war sie eine direkte Reaktion auf den Tod von Hogir Alay, einem jungen kurdischen Geflüchteten, dessen Schicksal auf erschütternde Weise die strukturellen Defizite im Umgang mit Schutzsuchenden sichtbar machte.

Der Name Pena.ger leitet sich aus den kurdischen Begriffen „Pena“ (Schutz, Hilfe) und „Ger“ (Suche, Suchender) ab und steht sinnbildlich für das zentrale Anliegen des Vereins: eine verlässliche, unterstützende Anlaufstelle für Schutzsuchende zu schaffen, die Orientierung im komplexen deutschen Asyl- und Unterstützungssystem bietet.

Hogir Alay

Hogir Alay wurde im November 2023 erhängt in einem Waldstück nahe seiner Unterkunft in Kusel (Rheinland-Pfalz) aufgefunden. Offiziell wurde sein Tod als Suizid eingestuft, doch die Umstände bleiben bis heute ungeklärt. Bekannt ist, dass er sich wiederholt in akuter psychischer Not befand und vergeblich versuchte, Hilfe zu erhalten.

Isolation, Perspektivlosigkeit und fehlende soziale Anbindung prägten seine Lebensrealität in der Geflüchtetenunterkunft. Bedingungen, unter denen viele Menschen in Sammelunterkünften in Deutschland leben müssen.

Initiative Hogir Alay

Entstehungsgeschichte

Die Geschichte von Hogir Alay steht für ein systemisches Versagen. Für Pena.ger e.V. war sein Tod ein schmerzhafter, aber entschlossener Ausgangspunkt: Das bestehende Unterstützungsangebot musste nicht nur gesichert, sondern strukturell gestärkt und langfristig weiterentwickelt werden.

Der Tod von Hogir Alay steht sinnbildlich für ein System, das schutzsuchende Menschen immer wieder im Stich lässt. Sein tragisches Schicksal war ein Weckruf: Niemand darf mit seiner Not allein bleiben. Die Gründung von Pena.ger e.V. war eine unmittelbare Reaktion auf diese strukturellen Missstände mit dem Ziel, betroffene Menschen frühzeitig zu erreichen, ihnen konkrete Unterstützung anzubieten und neue Perspektiven zu schaffen, wo zuvor Hoffnungslosigkeit herrschte.

Erfolgreiches Ehrenamt

Seit der Gründung von Pena.ger – vor 21 Monaten – konnte bereits ein beachtlicher Beitrag in den Bereichen Beratung, Sichtbarkeit und Empowerment geleistet werden. Während viele Berater:innen anderweitig vollzeitbeschäftigt sind, gelang ihnen in dieser Zeit dennoch auf ehrenamtlicher Basis die mehrsprachige Beratung von über 3.000 Ratsuchenden per E-Mail, über X sowie über Instagram.

Darüber hinaus hat sich Pena.ger an zahlreichen Veranstaltungen beteiligt – sei es durch Fachvorträge, Diskussionsbeiträge oder Informationsstände. Die thematische Bandbreite reichte von Flucht und Migration bis hin zu antikurdischem Rassismus in Deutschland.

Antikurdischer Rassismus

Rassismus ist kein individuelles Vorurteil oder bloßes Fehlverhalten, sondern ein strukturierendes Ordnungssystem, das gesellschaftliche Macht- und Herrschaftsverhältnisse legitimiert. Er funktioniert über die Konstruktion von ,Migrationsanderen‘, denen bestimmte Merkmale zugeschrieben werden, – wie etwa Herkunft, Sprache, Religion oder Kultur – und deren gesellschaftliche Stellung dadurch systematisch abgewertet oder ausgeschlossen wird.

Rassismus strukturiert somit nicht nur das Denken, sondern auch Institutionen, Gesetze, Medien und soziale Praxen (vgl. Mecheril et al. 2010). Rassismus tritt nicht einheitlich auf, sondern in verschiedenen Formen, sodass auch von Rassismen gesprochen wird, etwa antimuslimischer Rassismus, antischwarzer Rassismus, antiasiatischer Rassismus oder antikurdischer Rassismus. Diese Formen unterscheiden sich historisch und inhaltlich, folgen jedoch einer gemeinsamen Logik: Sie teilen Menschen in vermeintlich homogene Gruppen ein, werten sie ab und rechtfertigen so Ungleichheit, Ausgrenzung und Gewalt.

Antikurdischer Rassismus ist eine spezifische Form des Rassismus, die Kurd:innen kollektiv entrechtet, abwertet und kriminalisiert; historisch wie gegenwärtig. Er ist nicht bloß ein Vorurteil, sondern Teil eines gewaltvollen politischen Projekts: der Leugnung kurdischer Existenz im Kontext der modernen Nationalstaatsbildung im Mittleren Osten (Jasim 2024 in belltower.news).

Verleugnung und Herabsetzung

Der zentrale Mechanismus des antikurdischen Rassismus ist die Dialektik von Verleugnung und Herabsetzung. Einerseits wird kurdische Existenz verleugnet: Geschichte, Sprache und Kultur werden unterdrückt oder ausgelöscht. Dies zeigt sich etwa in der Kriminalisierung der kurdischen Sprache, in Deportationen und in militärischen Vernichtungskampagnen in den Hauptsiedlungsgebieten in der Türkei, im Iran, im Irak und in Syrien.

Andererseits wird kurdische Identität herabgesetzt: Kurd:innen werden als „Staatsfeinde“, „Separatisten“ oder „Terroristen“ stigmatisiert und als Bedrohung für die nationale Einheit und das gesellschaftliche Zusammenleben dargestellt (vgl. ebd.).

Die Auseinandersetzung mit antikurdischem Rassismus, insbesondere im Kontext der Geflüchtetenarbeit, nimmt einen hohen Stellenwert in der Arbeit von Pena.ger ein. Auch Hogir Alay war doppelten rassistischen Verhältnissen ausgesetzt: dem Rassismus der deutschen Dominanzgesellschaft und jenem, den er als geflüchteter Kurde erfahren hat. Dieser äußerte sich nicht nur im Alltag, sondern auch innerhalb der Geflüchtetenunterkunft durch das dortige Personal und durch Übersetzer:innen, wie sein Vater berichtete.

Sowohl konkret und praktisch als auch politisch und gesellschaftlich

Ein besonderer Meilenstein war der Aufbau eines bundesweiten Sprachmittler:innen-Pools. Dieser Pool ermöglicht es, Ratsuchende, die keinen Zugang zu Sprachmittlung haben, zuverlässig zu begleiten und zu unterstützen. Eine detaillierte Darstellung dieses Projektes erfolgt im weiteren Verlauf des Artikels. Auf unter anderem ministerialer Ebene hat Pena.ger wiederholt auf die prekären Bedingungen in Unterkünften für Geflüchtete hingewiesen und so Missstände sichtbar gemacht.

Damit zeigt sich: Pena.ger leistet nicht nur direkte Unterstützung für Ratsuchende, sondern setzt sich gleichzeitig auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene dafür ein, die Rahmenbedingungen für Geflüchtete und Migrant:innen nachhaltig zu verbessern. Die Gründung als gemeinnütziger Verein soll diese Arbeit künftig auf eine noch stabilere und langfristigere Basis stellen.

Das Selbstverständnis von Pena.ger

Pena.ger e.V. ist eine unabhängige Struktur zur mehrsprachigen, niedrigschwelligen Erst- und Verweisberatung für Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung: Queere und LGBTQIA+-Geflüchtete, geflüchteten Frauen, Geflüchtete mit Behinderung oder psychosozialem Unterstützungsbedarf, Neuzugewanderten sowie bereits länger in Deutschland lebenden Migrant:innen. Weitere Adressant:innen von Pena.ger e.V. sind Multiplikator:innen, darunter auch haupt- und ehrenamtlich Engagierte in der Geflüchtetenarbeit.

Im Zentrum steht die zeit- und ortsunabhängige Bereitstellung von Orientierungshilfen, die gezielte Weitervermittlung an lokale Fachstellen sowie die Beantwortung von Fragen zum laufenden Asylverfahren. Das Angebot richtet sich an Ratsuchende mit Unterstützungsbedarf in behördlichen, sozialen und alltagspraktischen Fragen. Besonderes Augenmerk liegt auf einer begleitenden Beratungspraxis auf Augenhöhe, die Handlungsfähigkeit stärkt und den Zugang zu bestehenden Hilfestrukturen erleichtert.

Hierbei legt Pena.ger besonderen Wert auf

▪ Niedrigschwelliger Zugang: Die digitale Beratung ist einfach nutzbar: ohne Termin und unabhängig vom Aufenthaltsort.

▪ Mehrsprachige Beratung.

▪ Kontaktformular: Ratsuchende können direkt und unkompliziert via Kontaktformular mit der Beratungsstelle in Kontakt treten, via Instagram oder per E-Mail – ohne Umwege.

▪ Schnelle Rückmeldung: Die Berater:innen bemühen sich, zeitnah und bedarfsgerecht zu antworten – in der Sprache, die die ratsuchende Person versteht.

Digitale Zugänge und Öffentlichkeitsarbeit

Die niedrigschwellige Erreichbarkeit von Pena.ger e.V. orientiert sich an den Lebensrealitäten der Ratsuchenden. Viele von ihnen bewegen sich alltäglich auf digitalen Plattformen, sodann die Kontaktaufnahme vorrangig über soziale Medien wie Instagram erfolgt. Dort informiert Pena.ger e.V. regelmäßig über asylrechtliche Fragestellungen, bestehende Unterstützungsangebote sowie aktuelle politische Entwicklungen.

Darüber hinaus engagiert sich der Verein in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, strukturelle Herausforderungen im Asyl- und Migrationssystem sichtbar zu machen und politische Diskurse um die Perspektiven geflüchteter Menschen zu erweitern.

Ferner nutzt Pena.ger e.V. digitale Plattformen zur Information, Sensibilisierung und Aufklärung zu gesellschaftlich relevanten Themen: unter anderen Asyl und Migration, Demokratie- und Menschenrechtsförderung, Fluchtursachen und globale Zusammenhänge, Frauenrechte sowie Rechte queerer und LGBTQIA+ Geflüchteter und Gleichstellung im Kontext von Flucht und Migration, Rassismus, Rechtsextremismus und Diskriminierungsprävention.

Sprachmittlung im Ehrenamtsnetzwerk

Im Rahmen der bundesweiten Vernetzungsarbeit hat Pena.ger e.V. ein ehrenamtliches Netzwerk an Sprachmittler:innen aufgebaut (s.o.). Diese begleiten ratsuchende Personen unter anderem bei Behördenterminen. Die Koordination erfolgt bedarfsorientiert und umfasst neben einer sorgfältigen Erhebung des Unterstützungsbedarfs im Vorfeld und einer individuellen Auswahl und Terminabstimmung auch die Schulung der Sprachmittler:innen zu Themen wie Datenschutz, Rollenverständnis und diskriminierungssensibler Kommunikation.

Dieses Angebot trägt dazu bei, Sprachbarrieren abzubauen und den Zugang zu institutioneller Unterstützung zu erleichtern.

Von Geflüchteten für Geflüchtete – das Motto des Vereins

Ein zentrales Anliegen von Pena.ger e.V. ist die aktive Einbindung geflüchteter Menschen nicht nur als Adressant:innen, sondern als Mitgestaltende. Partizipation wird dabei nicht als wohlwollendes Zusatzangebot verstanden, sondern als strukturelle Haltung: Geflüchtete sollen als Expert:innen in eigener Sache sichtbar, hörbar und wirksam werden.

Ziel ist es, durch qualifizierende Tätigkeiten im Rahmen der Vereinsarbeit konkrete Teilhabe- und Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen; auch mit Blick auf langfristige Perspektiven im Aufenthaltskontext. Schutz, Orientierung und rechtliche Information sollen dabei immer auch mit Empowerment, Selbstvertretung und Bleibeperspektiven verbunden sein.

Spenden, fördern, ermöglichen

Vor dem Hintergrund drastischer Kürzungen im Bereich der Migrationsberatung setzt sich Pena.ger e.V. dafür ein, akute Versorgungslücken zu schließen. Unterstützung, in Form von Spenden oder Fördermitgliedschaften, hilft dem Verein dabei, Ratsuchenden in besonders belastenden Situationen konkrete Hilfe zugänglich zu machen, wie zum Beispiel durch die Finanzierung anwaltlicher Erstberatung oder sprachlicher Begleitung in behördlichen Verfahren.

Pena.ger e.V. ist auf vielfältige Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements angewiesen. Ob als ehrenamtliche:r Sprachmittler:in, Berater:in oder durch finanzielle Unterstützung – jede Mithilfe stärkt die Arbeit mit geflüchteten Menschen. Sprachmittlung ermöglicht faire Verfahren und Zugänge, wo sprachliche Barrieren den Alltag erschweren. In der Beratung werden Menschen mit Erfahrung in sozialen, rechtlichen oder pädagogischen Bereichen gesucht, die Ratsuchende zum Beispiel bei Anträgen oder im Kontakt mit Behörden begleiten. Darüber hinaus freut sich Pena.ger e.V. über alle, die die Themen des Vereins in die Öffentlichkeit tragen oder Netzwerke mit ihm aufbaut.

Quellen

1) Mecheril, P./Castro Varela, M. do Mar/Dirim, İ./Kalpaka, A./Melter, C. (2010): Migrationspädagogik. Weinheim und Basel: Beltz Verlag.

2) Belltower News im Gespräch mit Dr.in Dastan Jasim (2024): So funktioniert antikurdischer Rassismus. https://www.belltower.news/interview-so-funktioniert-antikurdischer-rassismus-156173/ (Letzter Zugriff: 09.09.2025).

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/tv-tipp-vorstellung-der-initiative-pena-ger-bei-Cira-fokus-40929 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/online-beratungsstelle-pena-ger-ruft-zur-unterstutzung-auf-45570 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/pena-ger-beim-dersim-festival-sprachmittler-innen-gesucht-46360 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/suizid-als-folge-eines-strukturellen-versagens-46374

 

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Klagelied für Besta

10. September 2025 - 19:00

Das Fällen von Bäumen für den Bergbau und die Ölförderung setzt seit fast neun Jahren das gesamte Leben in der Region Botan einer systematischen ökologischen Zerstörung aus. Nun haben sich Tausende versammelt, um „Stopp“ zu sagen. Nach einer großen Bündnisdemonstration in Şirnex (tr. Şirnak) hat sich eine Menschenmenge nach Besta begeben, wo massenhaft Bäume gefällt und aufgestapelt worden waren. Sie haben kurzerhand Zelte aufgebaut und ein Protestcamp errichtet, in dem sie gemeinsam kochen, tanzen und vor allem auf die Zerstörung aufmerksam machen.

Als einige Mütter die Holzstapel sahen, begannen sie gemeinsam Klagelieder zu singen, wobei sie für jeden Baum ein eigenes Klagelied anstimmten. Ayşe Akar sang ein traditionelles Stran (dt. Lied), um auf die anhaltende Zerstörung von Menschen und Bäumen in Botan aufmerksam zu machen und ein Ende des Massakers zu fordern. Sie sagte, dass sie als Mütter Widerstand leisten und zum stillen Schrei der in Cudi, Gabar und Besta gefällten Bäume werden würden.


Die Mutter Akar ist Teilnehmerin des Protests. Dies seien ihr Land, ihre Bäume und ihre Gärten gewesen, aber nichts sei mehr übrig, stellte sie ernüchtert fest und versprach, so lange wie nötig zu bleiben.

Als sie gesehen habe, wie die Bäume gefällt und beiseite geworfen wurden, sei sie am Boden zerstört gewesen. Obwohl sie ihre Tränen hinuntergeschluckt habe, habe sie das Gefühl gehabt, dass die Bäume ein Teil von ihnen waren. Und sollten die Bäume verschwinden, verschwänden auch sie. Die Geschehnisse stünden in Feindschaft zu Menschen und Natur, dieser wolle sie sich vehement widersetzen.

Ayşe Akar schloss mit den Worten, dass weder die Kurd:innen noch die Wälder zerstört werden könnten, dass sie aus ihren Häusern gekommen seien, um die Plünderung zu stoppen, und dass sie, nachdem sie diese Szene gesehen haben, alles tun würden, um die Bäume zu schützen, um jegliches weiteres Leiden zu verhindern.

https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/protestcamp-in-besta-diese-erde-gehort-uns-47883 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/mahnwache-gegen-Okozid-wir-bleiben-bis-der-kahlschlag-endet-47882 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/protest-in-Sirnex-frieden-beginnt-in-cudi-gabar-und-besta-47878

 

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Köln: „Langer Marsch“ für ein freies Leben gestartet

10. September 2025 - 18:00

Der jährliche „Lange Marsch“ kurdischer und internationalistischer Jugendlicher findet dieses Jahr unter dem Motto „Freiheit und Demokratie“ statt. Rund 150 aus mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien, haben sich aus diesem Grund am Dienstag im nordrhein-westfälischen Köln versammelt.

Gemeinsame Erklärung und Musik zum Auftakt

Nach ihrer Ankunft und Anmeldung im Demokratischen Kurdischen Kulturzentrum in Köln, begaben sich die Aktivist:innen zur Verlesung ihrer Erklärung zum Veranstaltungsort, dem Kölner Eurosaal. Im Anschluss an die Deklaration solgte ein kulturelles Programm: der TEV-ÇAND-Künstler Rêber Serhat betrat die Bühne, und die Veranstaltung wurde mit Liedern, begleitet von Gesängen und Parolen, fortgesetzt.

Erster Tourabschnitt am Mittwoch

Am frühen Mittwochmorgen versammelten sich die jungen Menschen dann auf dem Wiener Platz in Mülheim und begannen ihren Marsch mit einer Erklärung, in der sie die Freilassung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan forderten. Sie verwiesen darin insbesondere auf Abdullah Öcalans jüngste Botschaft, die die Menschen an die Bedeutung von Frieden, Freiheit und einer demokratischen Gesellschaft erinnert habe.

„Das konkreteste Beispiel dafür ist der jüngste Prozess, der mit Mut und Entschlossenheit von Rêber Öcalan [Abdullah Öcalan, Anm. d. Red.] initiiert wurde und eine paradigmatische Erneuerung signalisiert. Dieser Prozess bedeutet die Befreiung von den Dogmen der Vergangenheit, den Fesseln des realen Sozialismus und seinen Zwängen; er signalisiert eine neue Konzeption von Frieden, Freiheit und Demokratie“, hieß es in der Erklärung, die mit folgenden Worten schloss:

„Wir sind hier, um gemeinsam zu demonstrieren, die Revolution aufzubauen und einen konkreten Internationalismus zu leben. Mit den Worten von Rêber Öcalan: ‚Marschiert für Demokratie und Freiheit‘.“

Marsch über Düsseldorf nach Dortmund

Der Marsch wird drei Tage dauern und von Köln nach Düsseldorf und Dortmund führen. Die Teilnehmenden werden jeden Tag verschiedene Diskussionen und kulturelle Veranstaltungen abhalten. Abschließend wird eine Presseerklärung in fünf Sprachen veröffentlicht.

Am letzten Tag werden die Teilnehmenden das Kurdische Kulturfestival in Dortmund besuchen und gemeinsam die Videobotschaft ansehen, die Öcalan am 9. Juli nach 27 Jahren an die Öffentlichkeit gerichtet hat.

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https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/aufruf-der-jugend-zum-langen-marsch-fur-ein-freies-leben-47800 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/langer-marsch-der-kurdischen-jugend-fur-Ocalans-freiheit-47185 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/langer-marsch-zieht-durch-hamm-43622

 

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