«Vielleicht ist es jemand der uns nie um Hilfe bitten würde. Jemand der jetzt gerade vor uns herläuft oder neben uns steht. Jemand der darauf verzichtet zu leben um an etwas glauben zu können. Aber vielleicht ist es genau das was wir alle wollen. An jemanden oder an etwas zu glauben, damit es uns gut geht. Um zu versuchen, glücklich zu sein.» (-Filmzitat)
ANF NEWS (Firatnews Agency) - kurdische Nachrichtenagentur
DAANES: Zum Dialog mit allen Akteuren in Syrien bereit
Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) ist nach dem Sturz des Assad-Regimes zu einem Dialog und zur Zusammenarbeit mit allen Akteuren in Syrien bereit. Das erklärten die Exekutivratsvorsitzenden Evîn Siwêd und Hisên Osman auf einer Pressekonferenz in Raqqa. Evin Siwêd bezeichnete das Ende der Assad-Regierung als historischen Meilenstein und gratulierte allen Syrerinnen und Syrern:
„Nach 14 Jahren des Kampfes und Widerstands ist das autoritäre syrische Regime mit all seinen Institutionen und seiner Armee zusammengebrochen. Dieses Regime basierte auf der Marginalisierung der nationalen und kulturellen Identitäten der syrischen Bevölkerung, der Unterdrückung demokratischer Kräfte und der Verweigerung der Rechte aller Bevölkerungsgruppen Syriens. Es förderte ethnischen und religiösen Fanatismus, der Syrien an den Rand des Abgrunds brachte und den Tod von Hunderttausenden sowie die Vertreibung von Millionen zur Folge hatte.
Die Regionen Nord- und Ostsyriens waren unter diesem Regime stark von Unterdrückung und Gewalt betroffen. Tausende Menschen sind gefallen und wir haben unermessliches Leid ertragen, um unsere Bevölkerung zu schützen und die Würde der Menschen zu bewahren. In den vergangenen Jahren der Revolution haben wir trotz zahlreicher lokaler und internationaler Versuche, eine friedliche Lösung der syrischen Krise zu finden, festgestellt, dass das Regime unentwegt an seiner ausgrenzenden Politik festhielt und ernsthaften und konstruktiven Dialogen aus dem Weg ging. Es setzte auf eine Strategie des Zeitgewinns, was die syrische Krise weiter verschärfte. Die Tragödien, die Syrien heute erlebt, sind das direkte Ergebnis dieses ungerechten Regimes.“
„Wir sind ein integraler Bestandteil des syrischen Gefüges“
Die DAANES habe sich von Beginn an um einen Dialog zur Lösung der Probleme in Syrien bemüht, sagte Evin Siwêd: „Doch das syrische Regime hat auf diese Bemühungen nicht reagiert und trägt daher die volle Verantwortung für das, was das Land durchmachen musste.
Angesichts der heutigen Veränderungen bekräftigen wir unsere Prinzipien, die uns während der vergangenen Jahre geleitet haben. Wir sind ein integraler Bestandteil des syrischen Gefüges und der syrischen Geografie und setzen uns weiterhin für die Einheit des syrischen Volkes und des syrischen Territoriums ein. Dabei bleiben wir dem friedlichen Dialog verpflichtet, um Lösungen zu finden, die keinen Akteur ausschließen.
Wir verpflichten uns zu einer führenden Rolle beim Aufbau eines demokratischen und pluralistischen Syriens, das die Rechte aller Syrerinnen und Syrer ohne Diskriminierung garantiert. Gleichzeitig rufen wir alle politischen Kräfte in Syrien auf, die Vergangenheit kritisch zu betrachten und die notwendigen Lehren daraus zu ziehen, um gemeinsam das Land aus seiner tiefen Krise zu führen.
Lassen Sie uns diese neue Phase in der Geschichte Syriens als Chance nutzen, um ein neues Kapitel aufzuschlagen, das auf Zusammenarbeit und Konsens basiert und die Interessen aller Syrerinnen und Syrer dient. Wir fordern alle Akteure auf, die ausgrenzende Politik des vergangenen Regimes hinter sich zu lassen.
Noch einmal gratulieren wir allen Syrerinnen und Syrern zu diesem großartigen Tag und bekräftigen, dass wir als Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien bereit sind, die Hand des Dialogs auszustrecken und mit allen syrischen Akteuren zusammenzuarbeiten, um die Zukunft Syriens gemeinsam zu gestalten. Es lebe ein freies und stolzes Syrien! Es lebe die Geschwisterlichkeit der Völker!“
Minbic wird an drei Fronten angegriffen - UPDATE
Der selbstverwaltete Kanton Minbic (Manbidsch) in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien wird von der Türkei-gesteuerten „Syrischen Nationalarmee“ (SNA) aus nördlicher, westlicher und südlicher Richtung angegriffen. Der Militärrat Minbic, ein Mitgliedsverband der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), erwidert die Angriffe.
Angriff auf Dorf im Norden von Minbic am Sonntag
Der Militärrat Minbic erklärte in einer aktuellen Mitteilung, dass die Region im Zuge der Entwicklungen in Syrien seit zwölf Tagen von der SNA mit türkischer Luftunterstützung angegriffen wird. Bisher hätten die Angreifer zurückgeschlagen werden können, in den letzten zwei Tagen seien die Angriffe intensiviert worden. Es gebe weiterhin heftige Kämpfe an mehreren Fronten. Heute sei die SNA mit Panzerwagen und Unterstützung der türkischen Armee bis zum südlichen Stadtrand vorgerückt und dabei auf einen Hinterhalt des Militärrats gestoßen. Zeitgleich seien Dschihadisten innerhalb der Stadt aktiviert worden, um Angst und Chaos zu verbreiten und psychologischen Druck auszuüben. „Aktuell gehen die Kämpfe am Eingang der Stadt weiter“, so der Militärrat.
Minbic ist der einzige verbliebene Kanton der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien westlich des Euphrat. 2018 wurde Efrîn von der Türkei besetzt, vor einer Woche besetzten SNA-Proxys auch die Region Şehba und die Stadt Tel Rifat. In Minbic und den umliegenden Siedlungen leben rund 500.000 Menschen. Die Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Araber:innen, wobei Kurd:innen, Turkmen:innen, Tscherkess:innen und Tschetschen:innen bedeutende Minderheiten bilden. Der Kanton Minbic wurde 2016 von den QSD vom IS befreit und war das erste selbstverwaltete Gebiet in Nord- und Ostsyrien ohne mehrheitlich kurdische Bevölkerung.
Grafik © Rojava Information Center
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/selbstverwaltung-ruft-ausnahmezustand-in-nord-und-ostsyrien-aus-44542 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-bekraftigen-widerstand-gegen-minbic-invasion-44533 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/aktuelle-lage-in-minbic-44529 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-und-ypj-aussern-sich-zum-krieg-in-syrien-44521
Entwicklungen nach dem Sturz von Assad
Die Ära des Baath-Regimes in Syrien ist nach 51 Jahren beendet worden. Die Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) verkündete die Einnahme von Damaskus. Berichten zufolge soll Präsident Baschar al-Assad das Land verlassen haben. An vielen Orten Syriens gingen Menschen auf die Straßen und feierten den Sturz des Regimes. Das Militärgefängnis Sednaya bei Damaskus, in dem seit 2008 Zehntausende Menschen gefoltert und hingerichtet wurden, ist laut Berichten befreit worden.
Soldaten in den Irak geflohen
Der irakische Regierungssprecher Basim Avadi teilte mit, dass 2000 Soldaten der syrischen Regierungstruppen in den Irak geflohen sind. Der Grenzübertritt sei mit Genehmigung der irakischen Regierung erfolgt.
Flugverbindungen unterbrochen
Der Leiter des internationalen Flughafens in Hewlêr (Erbil) teilte mit, dass Flüge aus der Hauptstadt der Kurdistan-Region im Irak nach Damaskus bis auf weiteres gestrichen wurden. In einer Mitteilung des irakischen Verkehrsministeriums hieß es, dass es aufgrund der Entwicklungen in Syrien vorläufig keine Flüge mehr nach Beirut gebe.
Einsturz der syrischen Währung
Die syrische Währung erfährt nach dem Sturz der Regierung in Damaskus einen extremen Wertverlust. Gegenüber dem US-Dollar wurde ein Einsturz der Syrischen Lira von 42 Prozent verzeichnet. Ein Dollar entspricht demnach 22.000 Lira.
Reaktionen aus Nord- und Ostsyrien
Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat am Sonntagmorgen den Ausnahmezustand ausgerufen. Die Außenbeauftragte Ilham Ehmed begrüßte den Sturz der Assad-Regierung und forderte ein Ende der Kämpfe und einen Dialog über das weitere Vorgehen. In Syrien sei eine neue Seite aufgeschlagen worden, erklärte Ehmed in einer ersten Stellungnahme: „Wir erklären das Ende des Despotismus, lassen die Vergangenheit zurück und öffnen eine neue Seite in der Hoffnung auf vereinte Bemühungen für eine gerechtere und demokratische Zukunft der Völker Syriens.“
Der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, erklärte in einer kurzen Stellungnahme auf X, der Sturz des autoritären Regimes in Damaskus sei ein historischer Moment: „Dieser Wandel ist eine Chance, ein neues Syrien aufzubauen, das auf Demokratie und Gerechtigkeit beruht und die Rechte aller gewährleistet.“
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/selbstverwaltung-ruft-ausnahmezustand-in-nord-und-ostsyrien-aus-44542 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/assad-aus-damaskus-geflohen-ministerprasident-zu-machtubergabe-bereit-44540 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/salih-muslim-wir-wollen-keine-feindschaft-sondern-eine-losung-44539
Selbstverwaltung ruft Ausnahmezustand in Nord- und Ostsyrien aus
Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat nach dem Sturz des Assad-Regimes den Ausnahmezustand ausgerufen. In einer Mitteilung an die Bevölkerung, die Sicherheitskräfte, die Jugend und alle Institutionen, Parteien und Organisationen forderte die DAANES, sich nicht auf Provokationen einzulassen und sich auf den Schutz der Städte und Dörfer in der Autonomieregion zu konzentrieren.
Heftige Gefechte in Minbic
Unterdessen gehen die Angriffe der von der Türkei gesteuerten Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) auf den Kanton Minbic (Manbidsch) und weitere Gebiete in Nord- und Ostsyrien weiter. Der Militärrat von Minbic leistet Gegenwehr, an den Fronten Richtung al-Bab und Aleppo kommt es zu heftigen Gefechten. Diverse Infiltrationsversuche der SNA im Norden, Westen und Süden von Minbic konnten vom Militärrat zurückgeschlagen werden.
Die Selbstverwaltung von Minbic weist daraufhin, dass die Angriffe der SNA von falscher Propaganda begleitet werden. Ebu Şêxo Mihemed und Xalid Bekro erklärten als Mitglieder der Kantonsverwaltung gegenüber ANF, dass die seit Tagen andauernden Berichte über den Fall von Minbic Teil einer systematischen Desinformationskampagne sind und nicht der Wahrheit entsprechen. Die Bevölkerung der multiethnischen Region halte an ihrem Zusammenleben fest und leiste Widerstand.
Militärrat von Deir ez-Zor dementiert Rückzug
Der Militärrat von Deir ez-Zor hat Berichte über einen Rückzug seiner Kräfte dementiert. In einer Mitteilung erklärte der Mitgliedsverband der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), dass derartige Meldungen falsch seien und der Militärrat weiter die Bevölkerung und die Region schütze.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/assad-aus-damaskus-geflohen-ministerprasident-zu-machtubergabe-bereit-44540 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/salih-muslim-wir-wollen-keine-feindschaft-sondern-eine-losung-44539 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/deir-ez-zor-qsd-erlassen-generalamnestie-44536
Demonstrationen für Rojava
In vielen europäischen Ländern haben am Samstag Demonstrationen gegen die Angriffe der Türkei und ihrer dschihadistischen Proxys auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien stattgefunden.
Hamburg
In Hamburg fand eine Demonstration vom Hauptbahnhof zur Sternschanze mit etwa 800 Teilnehmenden statt. Bei der Auftaktkundgebung sprach nach einer Schweigeminute eine Vertreterin der PYD, die erklärte, man werde die Revolution in Rojava, die Frauenbefreiung , Basisdemokratie und Vielfalt verteidigen. Yavuz Fersoğlu von der Linken Altona analysierte die aktuelle Situation in Rojava und Syrien. Norbert Hackbusch, Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft, erklärte die Solidarität der Linken mit den Errungenschaften der Revolution.
Die Demonstration startete in Richtung Stephansplatz und vielen Parolen, die Menge rief immer wieder „Biji Berxwedana Rojava“ und „Terrorist Erdogan“. In Redebeiträgen wurde gefordert, dass die Bundesrepublik das genozidale Regime von Erdogan nicht länger unterstützt. Am Gefängnis Holstenglacis wurden die politischen Gefangenen Kadri Saka und Kenan Ayas gegrüßt. Die Demonstration endete vor der Roten Flora an der Sternschanze, wo linke Gruppen wie die iL, das Offene Antifatreffen und Zora ihre Solidarität zum Ausdruck brachten.
Magdeburg
In Magdeburg veranstaltete die internationalistische Jugendkommune eine Kundgebung zu den aktuellen Geschehnissen in Nord und Ostsyrien und den Angriffen auf Rojava. Auf dem Bahnhofvorplatz versammelten sich etwa 50 Menschen, um für eine demokratische Lösung in Syrien zu protestieren. Trotz des regnerischen Wetters war der Protest kraftvoll und kämpferisch. Einige Menschen, die den Weihnachtsmarkt besuchten oder aus dem Bahnhof kamen, blieben stehen, schauten neugierig und ließen sich von ihrem Weihnachtsrausch ablenken. Denn mit den Angriffen der islamistischen Milizen ist in einem weiteren Land ein Krieg aufgeflammt. So wiesen die Redebeiträge daraufhin, dass die demokratische Selbstverwaltung in Rojava schon seit langem von türkischen militärischen Kräften angegriffen wird, sich nun aber ein Kriegsgeschehen entwickelt, wie seit 2019 nicht mehr. Außerdem wurde die Absurdität aufgedeckt, dass in den deutschen Medien so wenig über die Selbstverwaltung gesprochen wird, obwohl hier unter großen Opfer die Terrormiliz „IslamischerStaat“ (IS) besiegt und damit auch Europa vor Angriffen bewahrt wurde. Es ging um die falsche Moral, dass der deutsche Staat einerseits Menschen in Länder des Nahen und Mittleren Ostens abschiebt, andererseits den türkischen Staat und seine kriegerischen Machenschaften unterstützt und finanziert. Es wurde laut zu internationaler Solidarität aufgerufen. Weiter gab es Redebeiträge der jungen Frauenkommune über die Situation von Frauen, die mit ihren Kindern genau in diesem Moment von islamistischen Banden entführt, verschleppt und missbraucht werden. Genauso wurde auch erwähnt, wie hunderte Frauen in den bewaffneten Widerstand gingen, um die Errungenschaften der Frauenrevolution in Kurdistan zu verteidigen. „Nieder mit dem Krieg, nieder mit dem Faschismus, nieder mit dem Patriarchat!“, rief ein Redner im gleichen Sinne.
Zudem wurde gegen die Verhaftung von zwei kurdischen Aktivisten vor wenigen Wochen in Magdeburg protestiert und erklärt, dass die kurdische Freiheitsbewegung in Deutschland im Einklang mit dem türkischen Staat kriminalisiert wird.
„Mit dieser Kundgebung konnte die ernste, bedrohliche Lage der Gesellschaften in Syrien thematisiert und ein wichtiges Zeichen des Protests gesetzt werden“, erklärten die Veranstalter:innen. Auch in den kommenden Tagen soll der Widerstand nicht abbrechen und weitere Aktionen in Solidarität mit den demokratischen Kräften in Syrien umgesetzt werden. Denn für die internationalistische Jugendkommune in Magdeburg bedeute Internationalismus der Schulterschluss mit Menschen, die für ein freies Leben kämpfen, auf der ganzen Welt.
Bodensee
Basel
Dresden
Frankfurt am Main
Kassel
Freiburg
Ulm
Wien
Kiel
Berlin
Erfurt
Stuttgart
Bremen
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Gründungsfeier der PKK in Nürnberg
Etwas verspätet, aber umso freudiger feierten am Samstag Kurd:innen und ihre internationalen Freund:innen das 46. Jubiläum der PKK-Gründung. Nach einer Schweigeminute hatte der Schriftsteller und Politiker Aziz Tunç, Mitglied in der Demokratische Aleviten-Föderation (Feda) als Gastredner das Wort.
Danach zeigten im stimmungsvoll geschmückten Saal die Folklore-Gruppen des Medya Volkshauses Govend-Darbietungen und wurden mit reichem Applaus belohnt.
Auf der Leinwand konnte man mit einer eindrucksvollen Filmvorführung die wichtigsten Etappen der PKK nacherleben. Das Publikum quittierte die Erinnerungen mit stehendem Applaus und „Bijî Serok Apo!“-Rufen.
Musikalisch wurde das Programm durch Beiträge von Koma Hezex, Mizgin Özdemir, Onur Evin und Rotinda begleitet. Bald strömten alle in die Mitte zum gemeinsamen Kreistanz.
Es war eine ausgelassene, fröhliche Feier, bei der auch kulinarisch einiges geboten wurde. Immer wieder schallten Parolen durch den großen Saal, die die PKK hochleben ließen. Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entstehung verbindet die Partei Millionen von Menschen und gibt Hoffnung auf ein freies, selbstbestimmtes Leben. Nicht umsonst heißt es: „Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier“. Es ist eine transnationale Bewegung, die nicht mehr zu stoppen ist.
Mit dem Ruf „Es lebe der Widerstand der Guerilla“ gingen auch Grüße an die Guerilla der Volksverteidigungskräfte (HPG) und Verbände freier Frauen (YJA Star), die den Invasoren und Besatzern trotzen. Die Freiheitsguerilla ist ihre Lebensversicherung, das wissen alle Kurd:innen. Viele haben Brüder und Schwestern, die in die kurdischen Berge Widerstand leisten. Manche haben dort ihr Leben gelassen. Als Rotinda sein wohl bekanntestes Lied „Ha gerîla“ anstimmte, gab es im Saal kein Halten mehr, viele sangen mit.
Gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen in Syrien und im gesamten Nahen Osten ist die in Reden und Parolen oft wiederholte Forderung nach einer Freilassung von Abdullah Öcalan dringender denn je. Wenn gerufen wird „Kein Leben ohne Rêber Apo“, spiegelt sich darin die tiefe Überzeugung, dass der Gründer der PKK wie kein anderer die Macht und das politische Geschick hat, für eine Lösung der „kurdischen Frage“ zu sorgen. Wo Kurd:innen feiern, ist Öcalans Portrait allgegenwärtig an den Wänden, aber wichtiger noch: Rêber Apo ist in den Herzen. Mit ihm verbindet sich die Hoffnung auf ein Zusammenleben der Völker in einer Demokratischen Nation, die nichts zu tun hat mit einem Nationalstaat, der sich von Gewalt und Rassismus ernährt.
Es war eine gelungene Feier, die den Zusammenhalt stärkte. Thema vieler Gespräche war natürlich auch der derzeitige Kampf der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ in Nord- und Ostsyrien, den alle aufmerksam verfolgen. Ebenso die Anteilnahme und Sorge um die vielen, die aufgrund der dschihadistischen Angriffe fliehen müssen. Die kurdische Rothalbmondorganisation Heyva Sor a Kurdistanê war deshalb an prominenter Stelle mit einem Büchertisch vertreten und bat um Spenden für die Notleidenden.
https://anfdeutsch.com/hintergrund/pkk-wenn-du-leben-willst-dann-lebe-in-freiheit-39972
Assad aus Damaskus geflohen – Ministerpräsident zu Machtübergabe bereit
Syriens Präsident Baschar al-Assad hat die Hauptstadt Damaskus offenbar auf der Flucht vor den eindringenden Dschihadisten mit unbekanntem Ziel verlassen. Das sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), Rami Abdurrahman, der Deutschen Presse-Agentur. Er berief sich dabei auf syrische Offiziere in Damaskus.
Die Dschihadistenallianz unter Führung der Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) erklärte in sozialen Medien, der „Tyrann“ sei geflohen und die Hauptstadt von ihm „befreit“. Der 8. Dezember markiere das Ende einer dunklen Ära. „Dies ist der Moment, auf den die Vertriebenen und die Häftlinge lang gewartet haben, der Moment der Heimkehr und der Moment von Freiheit nach Jahrzehnten der Unterdrückung und des Leids.“
Der syrische Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali ist eigenen Angaben zufolge weiterhin im Land und will bei einem Machtwechsel kooperieren. Er sei bereit, die Regierungsgeschäfte an jede Führung abzugeben, die das syrische Volk bestimme, sagte Al-Dschalali in einem Video auf Facebook, das er laut eigener Aussage in seinem Zuhause aufzeichnete.
Die Bürgerinnen und Bürger rief er bei den laufenden Entwicklungen auf, zu kooperieren und kein öffentliches Eigentum zu beschädigen. Syrien könne ein „normaler Staat sein“ mit freundschaftlichen Beziehungen mit seinen Nachbarn. Er selbst habe kein Interesse an einem politischen Amt oder anderen Privilegien. „Wir glauben, dass Syrien allen Syrern gehört.“ Die Berichte über Assads Flucht aus Damaskus erwähnte Al-Dschalali in seiner Videobotschaft nicht.
In der Nacht zum Sonntag waren HTS-Söldner in die Hauptstadt eingedrungen. Bei ihrem Vormarsch befreiten sie auch die Insassen des Militärgefängnisses Sednaja am Stadtrand von Damaskus. Die syrische Armeeführung soll derweil ihre Offiziere darüber informiert haben, dass die Herrschaft von Präsident Assad beendet sei, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Offizier berichtete.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/syrien-homs-gefallen-hts-dringt-in-damaskus-ein-44537 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/evakuierungen-aus-Sehba-gehen-weiter-44534 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-bekraftigen-widerstand-gegen-minbic-invasion-44533
Salih Muslim: Wir wollen keine Feindschaft, sondern eine Lösung
Seit dem 27. November hat sich die Lage in Syrien schlagartig verändert. In einem raschen Vormarsch hat der Al-Qaida-Ableger Hayat Tahrir al-Sham (HTS) einen großen Teil Syriens erobert und steht bereits in Damaskus. Hinter der Offensive steht die Türkei, deren dschihadistische Proxy-Truppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) die Einnahme von Aleppo unterstützt hat und sich anschließend gegen die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) wandte. Inzwischen ist der Kanton Efrîn-Şehba zerschlagen; zehntausende Menschen sind auf der Flucht. Währenddessen halten sich die selbstverwalteten Viertel Şêxmeqsûd und Eşrefiyê im von HTS besetzten Aleppo. Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben bei Verhandlungen offenbar erreicht, dass die Dschihadistenallianz nicht gegen die kurdischen Stadtteile vorgeht. Dies dürfte die Türkei schwer verärgert haben. Ob HTS dauerhaft von der türkischen Agenda abgewichen ist, bleibt abzuwarten. Der kurdische Politiker Salih Muslim (PYD) gibt im ANF-Interview eine Einschätzung zu den aktuellen Entwicklungen.
Was bedeutet die mit dem Angriff auf Aleppo am 27. November eingetretene neue Situation für Syrien?
Diese Angriffe werden von HTS, früher al-Nusra genannt, durchgeführt. Auch die SNA war oder ist an der Offensive beteiligt. HTS ist organisiert und diszipliniert, bei der sogenannten SNA dagegen handelt es sich um eine vom türkischen Staat geschaffene Söldnertruppe, die vom Kurdenhass gespeist wird. Sie erhält ihre Befehle aus Ankara. Innerhalb der SNA gibt es viele Gruppierungen, bei denen es sich ausnahmslos um kriminelle Banden handelt. Kurzum; den Angriff haben SNA und HTS gemeinsam gestartet, kontrolliert und angeführt wird er aber von letzterer.
Wie verlaufen die Konfliktlinien, werden neue Allianzen gebildet?
Russland, die Hisbollah und der Iran bilden eine Front. Auf der anderen Seite steht die HTS, die über gute Beziehungen zum türkischen Staat verfügt. Und dann gibt es noch uns, also die Dynamiken Syriens, die unter dem Dach der Selbstverwaltung agieren.
Besteht unter den derzeitigen Umständen die Möglichkeit, dass der IS in der Region ebenfalls aktiver wird?
Selbstverständlich. Sobald die Offensive startete, setzten auch schon die IS-Attacken ein. Der IS hat Dörfer und Gebiete im Osten von Homs unter seine Kontrolle gebracht und weitet auch andernorts seinen Einflussbereich aus. In den Wüstenregionen war er ohnehin präsent. Da sich diese Gebiete direkt an der Grenze zur Autonomieregion befinden, stellt der IS eine direkte Bedrohung für uns dar. Unsere Kräfte werden sich in dieser Situation bis Deir ez-Zor ausbreiten.
Wenn die Waage in die Richtung der Bildung einer neuen Regierung in Syrien verlagert, wird HTS eine entsprechende Position einnehmen? Hat sich ihre Sicht auf HTS verändert?
Seit Beginn des Syrienkrieges haben alle immer wieder von einer politischen Lösung gesprochen. Die Kurdinnen und Kurden wurden aus den Gesprächen für eine solche Lösung herausgehalten, weil der türkische Staat die Führungsrolle innehatte. Es konnte keine Lösung gefunden werden, weil man sich mit uns nicht an einen Tisch setzen wollte. Jetzt ändert sich die Situation. Die HTS äußert sich anders. Wenn sich HTS in der Praxis ändert und nicht mehr unter dem Kommando des türkischen Staates steht, können wir miteinander reden und verhandeln. HTS spricht von Einheit und sagt, man habe aus den Fehlern von 2012 oder der Vergangenheit gelernt; propagiert ein Syrien mit unterschiedlichen Identitäten, sowohl in religiöser als auch in ethnischer Hinsicht. Nach den meisten Interpretationen und Einschätzungen wird ein föderales System aus drei Regionen für Syrien angestrebt. Es ist die Rede von einer föderalen Struktur, die aus einer sunnitischen Region im Westen, einer kurdischen Region im Osten und einer aus den Regimegebieten bestehenden Region geschaffen werden soll. Ich weiß nicht, inwieweit es verwirklicht wird, aber es ist klar, dass nun definitiv eine neue Ära eingeleitet werden wird.
Gibt es Gespräche oder Kontakte zwischen Ihnen und HTS?
Es gibt einige Gespräche über Vermittler und die Koalition. Wir hatten Kontakte in Aleppo, um Gefechte in den kurdischen Vierteln zu verhindern. Es gibt solche Kontakte und sie sagen, dass sie nicht die Absicht haben, uns anzugreifen, aber wir wissen nicht, was in Zukunft passieren wird.
Laut verschiedenen Meinungen seien die Dschihadisten-Offensiven durch Syrien auf die Schwächung des Irans und Russlands zurückzuführen. Es wird auch behauptet, dass es ein internationales Abkommen gebe, an dem Russland beteiligt sein soll. Was denken Sie, ist passiert?
Ich denke, es ist hier von einem gut vorbereiteten Plan zu sprechen. Sobald der Gaza-Krieg begann, sagte jeder voraus, dass neue Entwicklungen folgen werden. Es ist der Beginn der Errichtung des sogenannten Greater Middle East Project. Dieses Projekt wird umgesetzt. Die Gleichgewichte im neuen Nahen Osten werden sich ändern. Ich denke, die jüngsten Entwicklungen zeigen dies. Israel hat der HAMAS und der Hisbollah schwere Schläge versetzt. Es hat den Libanon umgestaltet. Jetzt soll Syrien umgestaltet werden.
Welchen Einfluss hat Israel auf die aktuellen Entwicklungen in Syrien?
Es geht nicht um direkten Einfluss, sondern Israel als Großmacht. So ist zum Beispiel die Schwächung der Hisbollah die Ursache dafür, dass Aleppo gefallen ist. Das ist das Ergebnis der Angriffe Israels. Ob man will oder nicht, es gibt die Angriffe und die aktuelle Situation stehen miteinander in Verbindung.
Wenn man an Syrien denkt, dann fallen einem gleich zwei weitere Mächte ein: Iran und Russland. Wie sehen Sie deren Position?
Der Iran hat immer von Expansion und islamischer Eroberung gesprochen. Ich denke aber, dass er sich jetzt etwas nach innen kehrt.
Und Russland?
Ich kann es nicht sagen, aber es bringt hohe Kosten mit sich, wenn sich Russland hinstellt und für andere kämpft. Russland steht mit der Ukraine ohnehin bereits unter großem Druck. Russland wird sicherlich gezwungen sein, aufgrund der türkischen Erpressungspolitik seine Beziehungen zu diesem Land zu überprüfen.
Was sind Ihrer Meinung nach die Pläne der USA?
Die USA verfolgen ihr Greater Middle East Project. Das ist ein Projekt der NATO, bei dem die USA federführend sind.
Wie werden sich die Beziehungen der Selbstverwaltung zu den USA und Russland vor dem Hintergrund der veränderten Situation gestalten?
Wie sich diese Beziehungen entwickeln, hängt von der Haltung dieser Staaten ab. Es gibt einige Tatsachen, die man feststellen muss: Bis jetzt wurde keine Lösung für Syrien gefunden, weil die Kurden von jeder Debatte um eine Lösung ferngehalten wurden. Jetzt sind sie dazu gezwungen, die Kurden bei der Lösung zu berücksichtigen. Außerdem hat man erkannt, dass die kurdische Frage ein Problem des gesamten Nahen Ostens ist. Ohne die Lösung der kurdischen Frage können die Probleme im Nahen Osten nicht beseitigt werden. Alle haben verstanden, dass es zwingend notwendig ist, diese Frage zu lösen. Die Selbstverwaltung ist Partei und Teil der Lösung. Feindseligkeit weiter zu pflegen, wäre nichts anderes als Realitätsverweigerung. Die Kurden in Syrien sehen sich als Teil des Landes und wollen eine Lösung. Sie sind niemandem gegenüber feindlich gesinnt. Daher sollten sich die in den Syrien-Krieg verwickelten Mächte nun rational verhalten und diese Realität und das Zusammenleben akzeptieren. Das gilt am stärksten für die Türkei.
Was bedeuten die Botschaften von Israel in Bezug auf die kurdische Frage?
Es gibt eine Realität, die niemand ignorieren kann. Das jüdische Volk ist Teil des Nahen Ostens. Man mag einiges an der Politik Israels nicht akzeptieren und kritisieren, aber das ändert nichts an der Realität. Wenn es uns als natürliche Verbündete angesehen hätte, dann hätte es das Notwenige bereits getan. So etwas ist mit Sicherheit nicht geschehen.
Werden die Astana-Gespräche noch weiter fortgesetzt werden?
Ich glaube nicht, dass die Astana-Gespräche fortgesetzt werden. Wir wurden im Vorfeld der ersten Astana-Gespräche eingeladen, aber das Vorgehen der Türkei hat alles verhindert. Astana hat einen anderen Weg eingeschlagen. Es hat sich in eine andere Richtung entwickelt, und das, was wir gerade in Syrien sehen, ist das Ergebnis. Wenn es wirklich so gelaufen wäre, wie anfangs besprochen, hätte es eine Lösung geben können. Ich glaube nicht, dass die Gespräche nach den aktuellen Ereignissen weitergehen werden.
Wie ist es um die Präsenz der QSD westlich des Euphrat, in Minbic und Deir ez-Zor bestellt?
Minbic ist ohnehin ein Teil der selbstverwalteten Gebiete. Man sollte es nicht mit Aleppo oder Tall Rifaat vergleichen. Unsere Kräfte verteidigen Minbic.
Was ist Ihrer Meinung nach die Lösung für die Krise?
Als die Revolution in Syrien begann, haben wir uns die Werte der Revolution zu eigen gemacht. Wir haben die Lösung im Sinne einer demokratischen Nation verteidigt und uns entsprechend organisiert. Wir haben eine Selbstverwaltung, an der alle Glaubensrichtungen und Völker beteiligt sind, aufgebaut. Wir haben ein Beispiel für das Zusammenleben geschaffen. Die anderen Seiten in diesem Konflikt haben dies nicht akzeptiert. Der türkische Staat stand dabei an vorderster Front gegen uns. Man hat uns den Krieg aufgezwungen, und dieser Krieg dauert bis heute an. Wir haben dagegen Widerstand geleistet, und jetzt hat jeder erkannt, dass unser Projekt legitim und nachhaltig ist. Natürlich ist die Selbstverteidigung für uns sehr wichtig. Wir setzen sie um und verstärken sie. Wir haben eine wichtige Praxis als Beispiel für die unterdrückten Völker geschaffen. Ich denke, der von uns entwickelte Gesellschaftsvertrag ist beispielhaft.
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/syrien-homs-gefallen-hts-dringt-in-damaskus-ein-44537 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/vier-tote-bei-is-angriff-in-Sedade-verletzte-in-minbic-44535 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/qsd-und-ypj-aussern-sich-zum-krieg-in-syrien-44521 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/wir-werden-alle-opfer-fur-ein-dezentrales-pluralistisches-syrien-bringen-43803
Syrien: Homs gefallen, HTS dringt in Damaskus ein
Die Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham hat eigenen Angaben nach eine Offensive auf Damaskus gestartet. Wie die Dschihadistenallianz am Sonntagmorgen im Online-Dienst Telegram schrieb, dringen ihre Söldner in die syrische Hauptstadt vor. Das sagte auch der Leiter der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), Rami Abdurrahman, der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor besetzte die islamistische Miliz am Samstagabend die Stadt Homs.
Einwohnende und Presseleute in Damaskus berichten von lauten Explosionen und schwerem Maschinengewehrfeuer in der Stadt. Das Sicherheitspersonal und die Armee hätten sich vom Internationalen Flughafen Damaskus zurückgezogen, erklärte Abdurrahman. Zuvor sollen sich verschiedene HTS-Fraktionen aus dem Süden und dem Norden der Hauptstadt genähert und sie eingekreist haben. Aus Angst vor den vorrückenden Dschihadisten sind viele Menschen aus Damaskus geflohen.
Gefangene befreit, Spekulationen über Flucht Assads
Die Milizführung von HTS erklärte zudem, sie sei in das Sednaja-Gefängnis am Stadtrand von Damaskus eingedrungen. SOHR teilte mit, die Türen des Gefängnisses seien für „Tausende Häftlinge“ geöffnet worden, die „während der gesamten Herrschaft des Regimes“ vom Sicherheitsapparat gefangen genommen worden seien. Darüber hinaus gibt es unbestätigte Berichte, wonach der syrische Präsident Baschar al-Assad das Land verlassen haben soll.
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Deir ez-Zor: QSD erlassen Generalamnestie
Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben eine Generalamnestie für gesuchte Personen in Deir ez-Zor erlassen. „Während unsere Kräfte in Deir ez-Zor vorrücken, um die Region angesichts der sich entwickelnden Situation zu sichern, rufen wir eine allgemeine Amnestie ohne Ausnahme in diesen Gebieten aus“, schrieb QSD-Generalkommandant Mazlum Abdi am Samstagabend auf X. Er rief alle Kräfte zur Kooperation auf, um „die Sicherheit und den Frieden aufrechtzuerhalten“, und wies darauf hin, dass er auf die Rolle der lokalen Bevölkerung und der Stammesführer angewiesen sei, um Chaos zu verhindern und die Region zu schützen.
Die Generalamnestie folgt auf die Übernahme der ostsyrischen Stadt Deir ez-Zor durch die QSD. Das Bündnis, dessen Rückgrat die kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ bilden, rückte am Freitag im Stadtkern sowie in umliegenden Gemeinden westlich des Euphrat ein, nachdem Regierungstruppen sich zuvor zurückgezogen haben. Die Stadt, früher Hochburg der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt zwischen Syrien und dem Irak. Im Jahr 2017 wurde sie von der syrischen Armee mit Unterstützung Russlands zurückerobert. Weite Teile des Umlands der Stadt, darunter etliche Gemeinden, sind bereits seit Jahren Teil der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES).
Kämpfer des Militärrats von Deir ez-Zor auf dem Weg ins Stadtzentrum. Der Militärrat ist ein Mitgliedsverband der QSD | Video © ANHA
Unterdessen dauert der Vormarsch der Dschihadistenallianzen Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und „Syrische Nationalarmee“ (SNA) in Syrien weiter an. Nach dem Fall von Aleppo, Tel Rifat (Tall Rifaat), Hama und Daraa durch eine von der Türkei orchestrierte Islamisteninvasion wurde nun auch Homs eingenommen. Die drittgrößte Stadt Syriens liegt zwischen Aleppo im Norden und der Hauptstadt Damaskus im Süden. Sollte Homs fallen, wäre auch die Verbindung der Hauptstadt Damaskus zu den syrischen Mittelmeerhäfen abgeschnitten. Auch Damaskus selbst wird offenbar derzeit von HTS/SNA-Terroristen eingekreist.
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Vier Tote bei IS-Angriff in Şedadê, Verletzte in Minbic
Bei einem Angriff der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sind in Şedadê (asch-Schaddadi) vier Mitglieder der Selbstverteidigungskräfte HXP (Erka Xweparastin) getötet worden. Die Einheit befand sich nach Angaben der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) auf Patrouillenfahrt in einem Dorf im Osten der südlich von Hesekê gelegenen Stadt, als ein Anschlag auf ihr Fahrzeug verübt wurde. Die sofort eingeleitete Fahndung nach den geflüchteten IS-Terroristen verlief bisher ohne Erfolg.
Derweil wurden aus Minbic (Manbidsch) zwei Verletzte im Zuge mehrerer Bombardements durch die türkische Armee und ihre Proxy-Truppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) gemeldet. Laut dem Militärrat des von einer Invasion der Türkei und ihren Verbündeten bedrohten Kantons nahmen Besatzer die Dörfer Jeb Makhzum und Jablat al-Hamrah unter Artilleriefeuer. Eine 23-jährige Frau und ein 48 Jahre alter Mann kamen mit Verletzungen in ein Krankenhaus.
Der Kanton Minbic sieht sich derzeit massiven Angriffen aus der türkisch-dschihadistischen Besatzungszone ausgesetzt. SNA-Söldner attackieren die Region sowohl aus dem Norden als auch aus West und Süd. Mehrere Versuche der Angreifer, Minbic zu überrennen, scheiterten bisher am hartnäckigen Widerstand des Militärrats und anderer Mitgliedsverbände der QSD.
Foto: Kämpfer mit Fahne der Erka Xweparastin, auch „Hêzên Xweparastinê“ (kurz HXP) © ANHA / Archivbild
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Evakuierungen aus Şehba gehen weiter
Nach einer Unterbrechung der Evakuierungen aus dem zerschlagenen Kanton Efrîn-Şehba haben am Samstag erneut zahlreiche Menschen die von Dschihadisten besetzte Region verlassen. Fünfzig Busse haben über tausend Zivilist:innen aus Dörfern im südöstlich von Efrîn-Stadt gelegenen Kreis Şêrawa gebracht, teilten die Behörden der Autonomieregion von Nord- und Ostsyrien (AANES) mit.
Die Fahrzeuge seien bereits am Mittwoch an einem Sammelpunkt in der wenige Kilometer nördlich von Aleppo gelegenen und bis vor kurzem noch selbstverwalteten Gemeinde Ehdas eingetroffen, um die eingeschlossene Bevölkerung in sichere Gebiete zu transportieren. Die unter dem Kommando der Türkei stehende Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) habe die zuvor von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) mit dem Al-Qaida-Ableger Hayat Tahrir al-Sham (HTS) vereinbarte Evakuierung verhindert, hieß es.
Mittlerweile befinden sich die 50 Fahrzeuge auf dem Weg Richtung Tabqa, Raqqa und andere Städte in der AANES. An Bord befinden sich demnach Bewohnende der Dörfer Ziyaret, Gundê Mezin, Eqîbê, Bênê und Dêr Cemal (Dayr al-Jimal), darunter Frauen, Kinder, Kranke und Verletzte. Tausende weitere Menschen warteten bei Minusgraden noch immer auf eine Ausreise aus Şehba. Am Sonntag sollen weitere Zivilist:innen aus der Besatzungszone in die Autonomieregion gebracht werden. Zehntausende Vertriebene sind bereits in Nord- und Ostsyrien eingetroffen, die meisten stammen aus Tel Rifat.
Berichte über Gräueltaten
Tel Rifat (Tall Rifat) war bis vor wenigen Tagen noch das Zentrum des Kantons Efrîn-Şehba. Seit rund einer Woche befinden sich die Stadt und umliegende Gemeinden unter Besatzung der SNA. Die dschihadistische Proxy-Truppe des NATO-Mitglieds Türkei hatte vor rund einer Woche eine Offensive gegen die AANES begonnen, während ihr „großer Bruder“ HTS (Hayat Tahrir al-Sham) einen Großangriff gegen das syrische Regime startete. Der Volksrat von Efrîn-Şehba entschied sich zur Aufgabe der Region, um Massaker an der Bevölkerung zu verhindern. Dennoch liegen Berichte über Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie Plünderungen, Entführungen und Hinrichtungen durch pro-türkische Söldner vor.
Titelfoto: Ankunft von acht Familien aus Efrîn-Şehba an diesem Samstag in Til Birak (Tell Brak) © ANHA
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QSD bekräftigen Widerstand gegen Minbic-Invasion
Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben mit Blick auf die Eskalation der Angriffe auf Minbic (Manbidsch) ihren Widerstand gegen eine mögliche Invasion der Region bekräftigt. Einheiten des multiethnischen Bündnisses kämpften an drei Fronten gleichzeitig, um den Kanton in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (AANES) zu verteidigen, hieß es in einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme.
Seit 2022 wurde Minbic bereits vom türkischen Staat neben Tel Rifat (Tall Rifaat) als erstes Ziel für die nächste Großinvasion in Nord- und Ostsyrien benannt. Mit der Besetzung Tel Rifats und weiterer Gebiete in der Şehba-Region vor rund einer Woche steuern die Türkei und die unter dem Kommando des NATO-Landes stehende Dschihadisten-Truppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) nun Minbic an.
In den letzten Tagen wurden die Angriffe auf die Region bereits stufenweise intensiviert, jetzt zeichnet sich eine Eskalation ab. Im Norden, Westen und Süden der Stadt werden unter dem Schutz von türkischen Drohnen ländliche Gebiete bombardiert, gleichzeitig gibt es Vorstöße, die auf Infiltrationen von Dörfern am Rande der Kontaktlinie zur türkischen Besatzungszone abzielen.
Vom Militärrat von Minbic an diesem Samstag vor dem Dorf Jablat al-Hamrah in Brand geschossener Panzerwagen | Video via ANHA
Laut den QSD wurden bislang alle feindlichen Überfälle erfolgreich abgewehrt; Dutzende pro-türkische Söldner „ausgeschaltet“ und andere verletzt. „Außergewöhnlicher Widerstand“ werde von den Kämpferinnen und Kämpfern geleistet, den es zu würdigen gelte, betonte das Bündnis.
„Diese aggressiven Aktionen, die darauf abzielen, die Region zu besetzen und zu destabilisieren, sind Teil eines umfassenderen Besatzungsplans der Türkei auf syrischem Gebiet“, erklärten die QSD weiter. „Wir bekräftigen unsere unerschütterliche Entschlossenheit, die Menschen in der Region zu verteidigen und allen Formen der Aggression entgegenzutreten.“
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Frauen protestieren in Dersim gegen Zwangsverwaltung
In Dersim hat eine Frauendemonstration gegen die staatliche Zwangsverwaltung der kurdisch-alevitischen Provinzhauptstadt stattgefunden. Die Teilnehmerinnen protestierten gegen die Ernennung des Provinzgouverneurs zum städtischen Treuhänder und solidarisierten sich mit der abgesetzten Ko-Bürgermeisterin Birsen Orhan.
Birsen Orhan und Cevdet Konak waren im März 2024 für die DEM-Partei zu den Ko-Bürgermeister:innen von Dersim gewählt worden. Konak wurde im November in einem politischen Prozess zu einer Haftstrafe verurteilt, am 22. November ernannte das türkische Innenministerium einen Zwangsverwalter. Die DEM-Politikerin Birsen Orhan wurde danach zweimal festgenommen, einmal verhaftet und zuletzt unter Hausarrest gestellt und mit einem Auslandsreiseverbot belegt.
Die Demonstration in Dersim, zu der auch Frauen aus Adana, Mersin, Mêrdîn, Xarpêt, Cewlîg und Amed angereist waren, führte mit lauten „Jin Jiyan Azadî“-Rufe zum Rathaus, Die Sprecherin des Frauenrats der DEM-Partei, Halide Türkoğlu, sagte in einer Rede, das Zwangsverwaltungsregime richte sich sowohl gegen Frauen als auch gegen die kurdische Bevölkerung. „Als Frauen wollen wir frei und gleich leben. Wir beharren auf unserer Freiheit und sind mit unseren Gedanken und Herzen solidarisch gemeinsam auf der Straße. Das kann niemand verhindern. Wir solidarisieren uns mit Birsen Orhan.“
Eine der weiteren Rednerinnen war die abgesetzte Ko-Bürgermeisterin von Mêrdîn, Devrim Demir, die zum Widerstand aufrief. Seit den Kommunalwahlen im März sind bisher acht Gemeinden unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt worden. Die Bürgermeister:innen der DEM-regierten Gemeinden Colemêrg (Hakkari) Êlih (Batman), Mêrdin (Mardin), Xelfetî (Halfeti), Dersim (Tunceli) und Miks sowie die CHP-regierten Gemeinden Pulur (Ovacık) und Esenyurt wurden vom Innenministerium wegen vermeintlicher Verbindungen zur PKK abgesetzt.
Fotos © MA
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Ökozid in Südkurdistan
Die Plünderung und Zerstörung der Natur in Kurdistan durch das türkische AKP/MHP-Regime hat in den letzten neun Jahren ein grenzenloses Ausmaß erreicht. Der militärische, politische und juristische Vernichtungsfeldzug gegen das kurdische Volk geht mit kulturellem Genozid und gezieltem Ökozid einher. Die unter der AKP-Regierung in Nordkurdistan aus vermeintlichen „Sicherheitsgründen“ errichteten Militärbasen und Staudämme sind Teil dieses Vernichtungsprojekts. In Südkurdistan wird der Bevölkerung mit Unterstützung der PDK Vertreibung, Armut und Unterdrückung auferlegt. Dem türkischen Staat reicht es nicht, Kurdistan zu einer Kolonie zu machen. Unter seiner Besatzung wird die demografische Struktur verändert.
Der türkische Staatsterror trifft nicht nur das kurdische Volk, sondern auch die Natur Kurdistans. Durch militärische Sperrgebiete und Raubrodungen der Wälder in Botan sind der Lebensraum und das Einkommen der Bevölkerung in den letzten Jahren systematisch vernichtet worden. Den Raum übernehmen Ölkonzerne.
Konzept der speziellen Kriegsführung
Die Angriffe in Kurdistan folgen überall einem Konzept der speziellen Kriegsführung. Der türkische Staat wendet die in Nordkurdistan erprobte Kriegsstrategie der gesellschaftlichen Vernichtung und des Ökozids auf gleiche Weise auch in Südkurdistan an. 2022 wurden mindestens vier Millionen Bäume gefällt, um den Besatzungstruppen den Weg freizumachen. Die Zerstörung ist in den letzten Jahren auf die Spitze getrieben worden, Hunderte Dörfer wurden entvölkert.
Kurdistan wird entvölkert und vergiftet
Wie im Norden wird auch die Bevölkerung im Süden durch vielschichtige Angriffe vertrieben. Parallel zu der Tag und Nacht andauernden Bombardierung der Guerillagebiete und des Einsatzes verbotener Waffen werden die Zivilbevölkerung und die Natur angegriffen. Die türkische Armee bombardiert die Berge flächendeckend und vergiftet auf Dauer den Boden Südkurdistans.
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Hamburger Kurd:innen rufen zur Solidarität mit Rojava auf
In Hamburg lebende Kurd:innen und ihre Organisationen rufen zu einer Solidaritätsdemonstration mit Rojava und der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien am heutigen Samstag auf. Die Demonstration beginnt um 14 Uhr am Hachmannplatz und geht über Stephanplatz, Holstenglacis und Feldstraße bis zum Schulterblatt vor das autonome Zentrum Rote Flora. Es werden bis zu tausend Menschen erwartet.
Zum Hintergrund teilen die Veranstalter:innen mit: „Seit dem 27. November greifen protürkische Dschihadisten von Aleppo aus Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien an. Ziel ist die Vertreibung der kurdischen Bevölkerung wie zuletzt 2018 in Efrîn und 2019 in Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad). Diese Angriffe gehen mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher. Bisher wurden mehr 300 Menschen getötet und 120.000 Kurd:innen vertrieben. Der Nato-Partner Türkei spielt dabei eine entscheidende Rolle bei der Destabilisierung der autonomen Region. Die Bevölkerung ist massiven Übergriffen ausgesetzt. Es gibt bereits zahlreiche Berichte über Plünderungen und Folter. Aktivist:innen aus der Region befürchten eine humanitäre Katastrophe.
Die SNA wurde von der Türkei aufgebaut, ausgerüstet und finanziert und wird als stellvertretendes Invasionskorps in den türkisch besetzten Gebieten Syriens eingesetzt. Die Terrororganisation HTS wiederum beherrscht gemeinsam mit der Türkei ein Protektorat in der Provinz Idlib und ,kontrolliert' auch Teile von Efrîn.“
Anmelder warnt vor neuer Form des IS-Terrors
„Wir verurteilen aufs Schärfste die Aggression des türkischen Staates und der von ihm unterstützten islamistischen Banden gegen syrisches Territorium“, sagte der Anmelder der Demonstration, Yavuz Fersoglu, in einer Mitteilung. „Wir appellieren auch an die internationale Gemeinschaft: Stoppt diese Aggression! Andernfalls wird eine neue Form des IS-Terrors gedeihen, die zu großen humanitären Katastrophen führen, eine Bedrohung für Syrien darstellen und schwerwiegende regionale und globale Folgen haben wird“, so der Jurist und Linkspolitiker Fersoglu.
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Aktuelle Lage in Minbic
Die Angriffe der türkischen Armee und ihrer dschihadistischen Proxy-Truppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA) auf den Kanton Minbic (Manbidsch) in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien dauern unvermindert an. Im Norden, Westen und Süden der Stadt werden ländliche Gebiete bombardiert. Die Angreifer versuchen immer wieder, in Dörfer vorzurücken. Der Militärrat von Minbic leistet Gegenwehr und hat bisher Dutzende Infiltrationsversuche vereitelt. Die SNA-Truppen feuern weiterhin schwere Artilleriegeschosse auf den Kanton ab, auch Drohnen kommen zum Einsatz.
Die syrischen Regierungstruppen haben sich aus Dörfern zwischen Aleppo und Minbic zurückgezogen. Die Bevölkerung ist dschihadistischen Angriffen ausgesetzt und wird vom Militärrat Minbic und weiteren Einheiten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) geschützt. Der Militärrat bemüht sich auch um die Versorgung der Dorfbewohner:innen mit dem Alltagsbedarf. ANF hat die aktuelle Situation an dieser Front gefilmt. Die Kämpfer:innen des Militärrats haben an mehreren Stellen Posten errichtet und treffen Sicherheitsmaßnahmen gegen bevorstehende Angriffe.
Minbic liegt 30 Kilometer südlich der türkischen Grenze und nimmt eine strategische Schlüsselposition in den Plänen der Türkei für eine Ausdehnung ihrer illegalen Besatzungszone in Nordsyrien ein. Die von der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (AANES) administrierte Stadt liegt an der wichtigen Autobahn M4, die das nördliche Syrien wie eine Lebensader durchzieht und bereits für den IS eine strategische Versorgungsroute darstellte.
Für die Verteidigung Minbics sorgen neben dem Militärrat auch die Enîya Kurdan (Kurdische Front) und die Revolutionäre Brigade Idlib. Diese sehen schon länger eine Intensivierung der Angriffe auf die Region. Die eskalierende Militärgewalt zielt auf eine Ausweitung der von der Türkei und ihren islamistischen Partnern betriebenen Besatzungszone in Nordsyrien ab. Seit der Besatzung von Tel Rifat und anderen Gebieten in der Şehba-Region durch die von Ankara gesteuerte SNA Anfang der Woche warnt die AANES vor einer bevorstehenden Offensive auf Minbic. Bei den Angriffen der SNA sind in den letzten Tagen mehrere Zivilist:innen getötet worden, der Militärrat von Minbic berichtete in der Nacht auf Samstag von drei gefallenen Kämpfer:innen.
„Defend Rojava“-Aktionen in Deutschland und der Schweiz
In Deutschland und der Schweiz haben am Freitag Protestaktionen gegen die fortgesetzten Angriffe türkischer Proxys auf die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien stattgefunden.
Demonstrationen in der Schweiz
„Defend Rojava“ in Bern
Bei einer internationalistischen Demonstration in Bern wurde darauf hingewiesen, dass die Türkei die Konflikte im Nahen Osten ausnutzt und den größten Angriff auf Rojava und Syrien seit 2019 gestartet habe. Die Aktivist:innen trugen ein Transparent mit der Aufschrift „Defend Rojava – Smash Turkish Fascism“ und eine große PKK-Fahne und riefen zur Solidarität mit Rojava auf. Die Demonstration führte vom Hauptbahnhof zur Reithalle.
Fackelmarsch in Winterthur
In Winterthur liefen Hunderte Menschen mit Fackeln durch die Stadt. Der kurdische Exilpolitiker Musa Farısoğulları, ehemaliger Parlamentsabgeordneter in der Türkei und Vorstandsmitglied des Europaverbands KCDK-E, sagte in einer Rede: „Als in Europa lebende Kurdinnen und Kurden und als Menschen, die die Revolution in Rojava als ihre eigene Revolution betrachten, tragen wir große Verantwortung. Wir müssen Rojava überall verteidigen und rufen alle Menschen zur Solidarität auf.“
Proteste in Deutschland
Polizei in Euskirchen interveniert gegen Flaggen der YPJ/YPG
Bei einer Kundgebung in Euskirchen berichtete die ehemalige HDP-Abgeordnete Nursel Aydoğan von den Angriffen auf Aleppo und die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien und sagte, dass die Bevölkerung in großer Gefahr. Als eine Sprecherin des Frauenverbands Kongra Star eine Rede hielt, wollte die Polizei Flaggen der YPG und YPJ beschlagnahmen. Die Teilnehmenden der Kundgebung wehrten sich dagegen und wurden von der Polizei eingekesselt. Nach Ausweiskontrollen wurde die Aktion beendet.
Saarbrücken
Darmstadt
Oberhausen
Dortmund
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Militärrat: Infiltration im Süden von Minbic verhindert
Der Militärrat Minbic (Manbidsch) hat nach eigenen Angaben in der vergangenen Nacht die Infiltration eines Dorfes durch türkische Proxys verhindert. Wie der Mitgliedsverband der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) mitteilte, wurde gegen zwei Uhr nachts der Versuch vereitelt, in das Dorf Til Eswed im Süden des Kantons Minbic einzudringen. Es kam zu einem kurzen Gefecht, woraufhin die Söldner geflüchtet seien.
Darüber hinaus teilte der Militärrat in der Nacht mit, dass der türkische Staat und seine Proxys seit Freitagmorgen den Norden, Osten und Süden bombardieren. Zudem sei eine Kamikaze-Drohne eingesetzt worden. Das Dorf Qerea sei zweimal von türkischen Kampfdrohnen bombardiert worden. Der Militärrat habe im Rahmen des Rechts auf Selbstverteidigung feindliche Stellungen in der Umgebung von al-Bab angegriffen, dabei seien Söldner getötet und verwundet worden. Drei Kämpfer:innen des Militärrats seien bei den feindlichen Angriffen gefallen.
Der Militärrat dementierte außerdem Berichte über das Vorrücken der SNA-Truppen bis nach Minbic und sprach von einem „medialen Krieg“. Die von Nachrichtenseiten der Söldner veröffentlichten Aufnahmen seien alt und entsprächen nicht dem aktuellen Stand.
Grafik © Rojava Information Center, 6. Dezember 2024
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Sabri Ok: Es wird Veränderungen geben
Sabri Ok hat sich als Exekutivratsmitglied der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) bei Stêrk TV zu aktuellen Themen geäußert. Auf eine Frage zum Krieg im Nahen Osten und der Ausweitung auf Syrien sagte Ok in dem Interview:
Wir sprechen hier über ein sehr komplexes Thema. Vor hundert Jahren wurden nicht so viele Staaten ohne Grund oder umsonst gegründet. Diese Staaten entstanden nicht durch den Willen der arabischen Gemeinschaft. Im Nahen Osten wurden Nationalstaaten im Einklang mit den Zielen, Strategien und Interessen der Hegemonialmächte gegründet, damit es Krieg, Tod und gegenseitiges Abschlachten gibt, damit sie nicht stark werden und nicht die Wahrheit erreichen. Der Anteil der Kurdinnen und Kurden ist die ungelöste kurdische Frage und dass Kurdistan in vier Teile geteilt ist.
Es wird Veränderungen geben
Nach hundert Jahren ist diese Strategie ausgelaufen. Es wird Veränderungen geben. Diese Veränderungen werden entweder durch demokratische Kräfte und die Gesellschaft herbeigeführt, wofür gekämpft wird. Vor allem das Paradigma von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] ist in dieser Hinsicht wegweisend. Auf der anderen Seite sind die Hegemonialmächte und die kapitalistische Moderne, die Veränderungen auf Grundlage ihrer langfristigen Interessen durchsetzen wollen. Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert seit über einem Jahr an und beschränkt sich nicht auf Gaza, Palästina und Israel. Er weitete sich von Tag zu Tag aus, und nach und nach wurden andere Mächte einbezogen. Israel versetzte der Hamas mit Unterstützung der Hegemonialmächte, insbesondere der USA, einen schweren Schlag. In welchem Zustand das palästinensische Volk sich jetzt befindet, ist allgemein bekannt. Danach nahm Israel die Hisbollah ins Visier. Wiederum getragen von internationalen Kräften und fortschrittlichster Technologie versetzte es der Hisbollah schwere Schläge. Es scheint, dass sie den Libanon nach ihren eigenen Interessen umgestaltet haben. Die USA, Großbritannien, Europa und Israel haben die Hisbollah im Libanon neutralisiert, um zu verhindern, dass sie amerikanische und israelische Interessen gefährdet.
Der türkische Staat hat drei Fünftel des syrischen Territoriums besetzt
Die Situation in Syrien hängt damit zusammen. Das syrische Regime ist angeschlagen, die Hisbollah wurde getroffen, und sie haben den Iran ins Visier genommen, sodass der Iran in Syrien nicht mehr die Rolle spielen kann, die er früher gespielt hat. Der türkische Staat ist immer auf der Suche nach einer Gelegenheit. Er kalkuliert, wie er seine Pläne für Syrien zum Erfolg führen kann. Er hat Zehntausende Bandenmitglieder von Daesh und ihre Versionen in Idlib auf syrischem Boden unterstützt. HTS besteht im Wesentlichen aus Daesh. Der türkische Staat sagt, dass die territoriale Integrität in Syrien gewahrt werden muss, aber er hat drei Fünftel des syrischen Territoriums besetzt. Er hat es nicht nur besetzt, sondern auch annektiert und dort sein eigenes Staatssystem eingeführt. Er hat Schulen eröffnet, die Verwaltung übernommen, Gouverneure ernannt und es in jeder Hinsicht annektiert. Bahceli sagte vor ein paar Tagen auch, dass Aleppo eine türkische Stadt sei. Diese osmanische Denkweise sieht die Gesellschaften des Nahen Ostens immer noch als ihre Provinzen an und geht bevormundend mit ihnen um.
Zusammenleben als demokratische Nation
Einerseits sagen sie, sie verteidigen die territoriale Integrität Syriens, andererseits besetzen sie drei Fünftel davon. Sie sagen, sie wollen keine Krisen und kein Chaos, aber diese Krisen und dieses Chaos werden von Banden verursacht, die vom türkischen Staat unterstützt werden. Sie tun das Gegenteil von dem, was sie sagen. Der türkische Staat behauptete, Israel bereite einen Angriff auf syrisches Gebiet vor, aber es ist klar, dass er selbst solche Vorbereitungen getroffen hat. Die USA, Großbritannien und Israel führten Gespräche mit dem türkischen Staat. Wir wissen nicht, ob sie diese Angriffe gemeinsam geplant haben, aber der türkische Staat hat seine eigenen Pläne für Syrien. Es ist nicht klar, wie sich Syrien entwickeln wird. Es herrscht eine außergewöhnliche Situation. Seit Beginn des Krieges in Syrien haben wir unseren Kampf auf das Paradigma von Rêber Apo gestützt. Wir haben uns auf alle Gesellschaften, Identitäten und Überzeugungen gestützt, die auf der Grundlage einer demokratischen Nation zusammenleben, Nationalismus vermeiden und gemeinsam ein demokratisches Leben aufbauen.
Erdogan zwingt Assad zu Verhandlungen
Rojava hat in dieser Frage eine ernsthafte Haltung eingenommen. Die Selbstverwaltung hat immer gesagt, dass sie nicht für die Auflösung Syriens ist. Sie wollen in einem demokratischen Syrien zusammenleben, als Kurden, Araber, Christen, Assyrer, Turkmenen und mit allen anderen Bevölkerungsgruppen. Das ist der richtige Ansatz. Aber der nationalstaatliche Geist sieht den positiven und demokratischen Ansatz von Rojava nicht und misst ihm keine Bedeutung bei. Das syrische Regime bestand immer auf sich selbst. Russland spielte keine große Rolle; der Iran versuchte es, aber entweder reichte seine Macht nicht aus oder es gab andere Hindernisse, sodass er keine Ergebnisse erzielen konnte. Der Boden für einen solchen Angriff in Syrien war damit geschaffen. Vor den Angriffen sagte Erdogan, er sei bereit, mit Assad zu verhandeln. Jetzt sagt er wieder, er sei offen für Gespräche. Im Grunde genommen sagt er, dass es ihnen gelungen ist, Assad mürbe zu machen; er ist verwundet und muss daher jetzt in Verhandlungen treten. Sie zwingen ihn zu Verhandlungen.
Damaskus muss die Realität anerkennen
Allgemein betrachtet streben die internationalen Mächte die Schaffung eines Syriens ohne eigenen Willen an, eines Syriens, das das bestehende System akzeptiert und ihm dient. Auch der türkische Staat möchte ein Syrien, das ihm passt. Es ist nicht klar, wie sich die Situation entwickeln wird. Egal wie spät es ist, Syrien muss sofort ein Modell in die Praxis umsetzen, in dem alle Kulturen, Identitäten, Glaubensrichtungen und Nationen auf der Grundlage einer demokratischen Nation zusammenleben können. Das ist der einzige Weg, um eine Lösung zu finden. Wenn es nicht geschieht, wird der syrische Staat Schaden davontragen. So wird es nicht weitergehen, es wird definitiv eine Veränderung geben. Wir wollen und es ist richtig, dass der syrische Staat diese Realität anerkennt, seine Augen und Ohren öffnet, die er bisher verschlossen hat, und an einer Lösung arbeitet. Wenn er es nicht tut, ist schwer abzuschätzen, wohin Syrien sich entwickeln wird. Der türkische Staat wird diese Banden in vollem Umfang nutzen.
HTS kann auch für den türkischen Staat zum Problem werden
Aber es gibt noch weitere Aspekte. Man sollte sich daran erinnern, wie Daesh mit Lastwagen, Panzern und allen möglichen schweren Waffen vor aller Augen von Mosul nach Syrien kam. Sie wurden zu einer Plage für Rojava. Die Menschen in Rojava, insbesondere die Menschen in Kobane, leisteten großen Widerstand; die internationalen Mächte nahmen Daesh ins Visier und schließlich wurde ihr Wille weitgehend gebrochen. Das Schicksal von HTS wird dasselbe sein. Im Moment werden sie unterstützt und organisiert, und sie erobern Raum, aber sie werden beiseitegeschoben werden. Sie werden auch zu einer Plage für den türkischen Staat werden. Schließlich ist Syrien ein anderes Land; der türkische Staat kann nicht immer seine Agenda festlegen und anpassen. Dafür haben sie weder die Macht noch die Weisheit. Die Lösung besteht darin, dass der türkische Staat mit Rêber Apo verhandelt, um die kurdische Frage und seine internen Probleme zu lösen.
Das kurdische Volk ist zum ersten Mal ein wichtiger Faktor
Wenn man sich die hundertjährige Geschichte des türkischen Staates ansieht, kann man feststellen, dass er zum ersten Mal keine Rolle im Nahen Osten spielt; er ist von den Plänen der Hegemonialmächte ausgeschlossen. Im Gegenteil, das kurdische Volk ist zum ersten Mal ein wichtiger Faktor. Überall sind die Kurdinnen und Kurden stark. Wo es keine Zustimmung der Kurden gibt, ist im Namen der Demokratie und der Lösung keine Veränderung möglich. Es gibt zwar Gefahren, aber auch viele Chancen. Wenn das kurdische Volk und seine Kräfte den Willen haben und rechtzeitig die notwendigen Schritte unternehmen, können sie in Zukunft eine sehr entscheidende Rolle spielen. Aber der türkische Staat hat keine solche Chance. Er kann seine Zukunft nicht nur mit Daesh bestimmen.
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