Produktivitätsfortschritt muss allen nützen! Radikal Umfair-teilen!

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Helmut S. - ADMIN
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Produktivitätsfortschritt muss allen nützen! Radikal Umfair-teilen!
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Produktivitätsfortschritt muss allen nützen!

Den Krisen-Amoklauf stoppen! Radikal Umfair-teilen!

von Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken (IVG)

Netzwerk-Info Gewerkschaftslinke

  • Armut_Neoliberalismus_Kapitalismus_Schande_perverses_Geldsystem_Altersarmut_Kritisches_Netzwerk_Kinderarmut_Wuerde_Verarmung_Marktradikalismus_Turbokapitalismus_Homo_oeconimicus.pngProfite runter – Löhne rauf
  • Arbeitszeit und Belastung senken
  • 30-Stunden-Woche bei vollem Entgelt- und Personalausgleich
  • Volle Rente mit 60 Jahren

Sind diese Forderungen unrealisierbare Wunschträume? Nein!

Sie sind dringend nötig, wenn Rationalisierungsschübe wie Industrie 4.0 nicht zu Massenarbeitslosigkeit, Massenelend und zur Marginalisierung der Gewerkschaften führen sollen.

► Prekäre Beschäftigung und Armut steigt

Deutschland ist wieder Exportweltmeister. 2016 wurden für fast 300 Mrd. € mehr Waren aus- als eingeführt. Das sind fast 10% des gesamten Bruttoinlandsprodukts. Gleichzeitig wächst die Armut. Laut Bericht der Wohlfahrtsverbände sind 12,9 Millionen Deutsche arm. Jedes 7. Kind ist von Hartz IV abhängig. Neben „Altersarmut“, „Krankenarmut“, „Kinderarmut“, „Hartz IV-Armut“, „Mieterarmut“ macht sich „Arbeitsarmut“ breit.

Mehr als 1,5 Millionen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben und sind auf Hartz IV-Aufstockung ihres Lohnes angewiesen. Fast 3 Millionen müssen einen Zweit- oder sogar Dritt-Job annehmen, um über die Runden zu kommen. Mehr als ein Viertel aller Beschäftigten arbeitet im Niedriglohnbereich.

Die Stammbelegschaften der tarifgesicherten Betriebe schrumpfen. Prekäre Beschäftigung wird tendenziell zum Normalzustand. Das Eine bedingt das Andere. Lohn- und Sozialdumping sind Treibstoff der Exportmaschine. Mit den 10 % Waren und Dienstleistungen, die mehr exportiert, als importiert werden, könnte die Armut deutschlandweit, von jetzt auf nachher, komplett beseitigt werden. Umfair-teilen im eigenen Land, mehr Inlandsnachfrage würde die Exportabhängigkeit verringern, die uns als vermeintlicher „Sachzwang“ vorgehalten wird, um die Arbeit immer noch billiger und immer noch mehr Menschen arm zu machen.

► Umfair-teilen international

Dies könnte weltweit Hunger und Krankheiten beseitigen, die Menschen mit sauberem Wasser und ausreichend Energie versorgen, die Umwelt nicht nur schonen, sondern schrittweise sanieren. Es ist genug da, um allen Menschen der Welt zukunftsorientierte Bildung und kulturelle Entfaltung zu ermöglichen, alte und kranke Menschen menschenwürdig zu versorgen und Vieles mehr. Sinnvolle Arbeit gäbe es in Hülle und Fülle.

ulrich_schneider_kein_wohlstand_fuer_alle_wie_sich_deutschland_selber_zerlegt_kritisches_netzwerk_armut_neoliberalismus_paritaetischer_wohlfahrtsverband_soziale_gerechtigkeit.jpgWohlstand für alle ist möglich. Potenziell lebt die Menschheit im Überfluss, aber unter kapitalistischen Bedingungen [s. KN-Anmerk. 1] werden die Leute arm, wenn die Lager übervoll sind und deshalb Arbeitslosigkeit wächst. In den reichen Industrieländern gibt es eine beträchtliche Überproduktion, weil die Massenkaufkraft nicht ausreicht, dass die Menschen kaufen können, was sie produzieren. Aber die „Rezepte“ von Unternehmern und Regierung verschärfen diesen Widerspruch immer mehr.

► Mit Exportüberschuss wird Armut exportiert

Auch der vermeintliche Ausweg des Exportüberschusses ist ein Irrweg. Mit den Waren wird Armut gleich mit exportiert. Exportüberschüsse der einen Länder sind die Handelsbilanzdefizite der anderen. Der Länder, die in immer weitere Verschuldung getrieben werden. Aber je größere Teile ihres Volkseinkommens sie für den Schuldendienst aufwenden, desto weniger bleibt für den Wareneinkauf. So untergräbt sich der Exportüberschuss tendenziell selber. Mit der Konsequenz, dass immer weitere Märkte erschlossen, immer mehr Länder in die Verschuldung getrieben werden müssen.

So wird der Virus in die entlegensten Teile der Welt verbreitet. Von wo die Armut unweigerlich zurückkommt, wenn die kapitalistische Logik [s. KN-Anmerk. 2] nicht durchbrochen wird. Es ist der gewerkschaftliche Grundgedanke, die Konkurrenz der abhängig Beschäftigten untereinander zu unterbinden und der Unternehmer-Profitgier Solidarität entgegenzusetzen. Gegenwärtige Praxis ist jedoch (im Gegenteil), die Solidarität der Standortkonkurrenz zu opfern. Wenn wir hier nicht umdenken, werden wir untergehen.

► Arbeitszeitverkürzung spielt beim Umfair-teilen objektiv eine zentrale Rolle

Sie ist nicht so einfach auszuhebeln wie z. B. Lohnerhöhungen durch Inflation. Und – sie ist eigentlich bereits Realität. Die durchschnittliche Arbeitszeit der Beschäftigten ist von 2004 bis 2015 um über 4 % gesunken, allerdings ohne Lohnausgleich und meist unfreiwillig. Von Freiwilligkeit kann keine Rede sein, wenn Leute in (Zwangs)-Teilzeit arbeiten, weil sie keinen Vollzeitjob bekommen, oder wenn sie ihre Arbeitszeit reduzieren, weil sie den Stress bei Vollzeit nicht mehr aushalten, oder weil die Sozialleistungen, die sie bekommen, so gering sind, dass sie diese mit Minijobs aufbessern müssen.

Erst recht dürften die 2,8 Millionen Arbeitslosen, deren Arbeitszeit auf null Stunden reduziert ist, oder die als Hartz IV-Empfänger zu sogenannten 1-€-Jobs verpflichtet werden, nicht freiwillig in dieser Lage sein. Die Zahl der Menschen, die in den „Genuss“ derartiger Arbeitszeitverkürzung kommen, wird dramatisch ansteigen, wenn nicht stattdessen die Regelarbeitszeit für alle gesenkt wird.

► Arbeitszeitverkürzung nützt allen

  • Die Regelarbeitszeit bei vollem Entgeltausgleich verkürzen, heißt den Stundenlohn für alle erhöhen. Das nützt auch den TeilzeitlerInnen.
  • Regelarbeitszeitverkürzung bei vollem Personalausgleich für alle, das ist auch ein Stück Entlastung für die, die durch den Job überstresst sind.
  • Sie schafft Aufstockungs-Spielräume für (Zwangs)-Teilzeitler/Innen, die das wollen, weil Stundenbedarf entsteht.
  • Und natürlich nützt es denen, die für das gleiche Geld weniger arbeiten müssen.
  • Kurz, sie nützt allen, auch denen, die das nicht auf den ersten Blick erkennen.
  • Vor allem aber wird sie gebraucht, weil Rationalisierungsschübe in völlig neuer Qualität (z.B. Industrie 4.0 - hier und hier) verheerende Auswirkungen haben werden, wenn sie unterbleibt.
  • 30-Stunden-Woche und Rente mit 60 – selbst das wird auf Dauer nicht reichen, aber es wäre ein Anfang.
  • Gewerkschaftliche Strategien dürfen nicht nur aus „Abfragen der Bedürfnisse der Kolleg/Innen“ entspringen. Das selektive Befrieden einzelner Gruppen (wie Schichtarbeiter) wird sich sogar als kontraproduktiv erweisen, wenn dadurch eine notwendige große Bewegung aller (ohne die ein großer Erfolg nicht möglich sein wird) unterbleibt.
  • Es geht um das Erkennen gesellschaftlicher Notwendigkeit. Objektive Aufgabe der Gewerkschaften ist es, in diesem Sinn aufzuklären, dann wird auch eine große Bewegung möglich.

Manfred Jansen - Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften

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[1 - Anmerk. KN] Wohlstand für alle auf einem entsprechend hohen Level ist wahrscheinlich NUR im Kapitalismus möglich. Die Tatsache, dass sämtliche Volkswirtschaften weltweit vor Ausbruch des modernen Kapitalismus nur stagnierende Agrarwirtschaften waren und es den Menschen vor 300 Jahren nicht besser ging als den vor 2000 Jahren, spricht Bände. Der Kapitalismus dürfte also notwendig für "Wohlstand" für alle sein, aber eben leider nicht hinreichend, weil es auf dessen Steuerung ankommt (oder umgangssprachlich: was man daraus macht). Nun ist Neoliberalismus aber die Fehlsteuerung des Kapitalismus schlechthin und Ursache der sozialen Verwerfungen.

[2 - Anmerk. KN] Nein, das ist eben nicht die kapitalistische, sondern die neoliberale "Logik" - wobei im Kontext von "Logik" zu sprechen diesen Begriff ad absurdum führt. Diesbzgl. sei auf das Kapitel 1.3 des KN-Artikels "Das Kapitalistische Manifest" verwiesen, wo logisch nachgewiesen wird, dass der kapitalistische Wachstumsprozess auf die Vermeidung von Überproduktionskrisen angewiesen ist, indem die Massenkaufkraft durch steigende Löhne mit der Produktivität mitwächst und so die Gesellschaft durch Wohlstandszuwächse an der Effizienzsteigerung der Wirtschaft partizipiert.



► Quelle: Veröffentlicht als "Netzwerk-Info Gewerkschaftslinke" Extra zur Arbeitszeitverkürzung - APRIL 2017 bei labournet.de > Artikel als PDF.

► Bild- und Grafikquellen:

1. "Armut ist keine Schande und wachsende Verarmung der Menschheit ist ein Indikator für das zuverlässige Funktionieren des Neoliberalismus nebst eines perversen Geldsystems!". Grafik: Wilfried Kahrs / QPress.de .

2. "Kein Wohlstand für alle!? Wie sich Deutschland selber zerlegt und was wir dagegen tun können" von Ulrich Schneider. ISBN 978-3-86489-161-8. Westend Verlag. VK 18,00 €. Erscheinungstermin: 01.02.2017. Auch als eBook erhältlich.

Deutschland fällt auseinander

„Wohlstand für alle“ lautet seit Ludwig Erhard das zentrale Versprechen aller Regierungen. Tatsächlich jedoch werden seit Jahrzehnten die Reichen immer reicher, während immer größere Teile der Mittelschicht abgehängt werden und von der Hand in den Mund leben müssen. Deutschland fällt auseinander – sozial, regional und politisch. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen für alle kann längst keine Rede mehr sein. Das ist weder Zufall noch Schicksal, sondern das Ergebnis einer Politik, die sich immer stärker einem modernen Neoliberalismus verpflichtet sieht.

Als Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes weiß Ulrich Schneider genau wovon er spricht. Schonungslos dokumentiert er, wie es um die soziale Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Konsens in Deutschland wirklich bestellt ist. Und er stellt die wesentlichen Fragen: Wie es möglich ist, dass in einer Demokratie eine Politik Mehrheiten finden konnte, die wenige Reiche privilegiert, aber breite Bevölkerungsschichten benachteiligt, und die damit für immer größere Ungleichheit und Ungerechtigkeit sorgt? Schneider ist überzeugt: Es geht auch anders. Er zeigt, wo Sozial- und Steuerreformen ansetzen müssen, um den Wohlstand gerecht zu verteilen und die soziale Einheit dieses Land wieder herzustellen. (Klappentext)

3. Wandgraffito: "Wir machen Jobs die wir hassen und kaufen dann Scheisse, die wir nicht brauchen." Foto: Flickr-user redhope. Quelle: Flickr. Verbreitung mit CC-Lizenz Namensnennung-Nicht kommerziell 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0).