Spendenlisten veröffentlicht: Von wem die Parteien Geld bekamen
Besonders hohe Beträge flossen an CSU und CDU.
von Martin Reyher | abgeordnetenwatch.de
Mehr als 16,3 Mio. Euro haben die Bundestagsparteien im Jahr 2020 aus der Wirtschaft kassiert. Das zeigen Spendenlisten, die die Parlamentsverwaltung erst jetzt veröffentlicht hat.
Besonders hohe Beträge flossen an CSU und CDU.
Mit großer Verzögerung hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Rechenschaftsberichte von CDU, CSU, SPD, Grünen und AfD für das Jahr 2020 veröffentlicht (die Berichte von FDP und Linkspartei waren es bereits). In dem 271-seitigen Dokument enthalten sind unter anderem alle Spenden von mehr als 10.000 Euro – die allermeisten waren bislang unbekannt.
Unter den Spendernamen befinden sich zahlreiche große Unternehmen wie Allianz, Deutsche Vermögensberatung, Gröner Family Office GmbH, Sachsenmilch oder der Tabakkonzern Philip Morris. Viel Geld floss auch von Interessenverbänden, insbesondere aus der Metall- und Elektro-Industrie.
Von den Zuwendungen aus der Wirtschaft profitierte vor allem die CDU: Sie erhielt mit rund 8,8 Mio. Euro mehr Spenden von Unternehmen, Verbänden oder Vereinen - sogenannten “juristischen Personen” -, als alle anderen Bundestagsparteien zusammen. Auch die zehn höchsten Einzelspenden gingen mit zwei Ausnahmen an die CDU.
► Die zehn höchsten Parteispenden aus der Wirtschaft (2020):
• Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 343.000 Euro an die CSU
• Gröner Family Office GmbH: 500.000 Euro an die CDU
• Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG): 128.000 Euro an die CDU
• Südwestmetall: 100.000 Euro an die CDU
• Sachsenmilch: 100.000 Euro an die CDU
• Allfinanz Deutsche Vermögensberatung: 90.000 Euro an die CDU
• Verein der Bayerischen Chemischen Industrie: 62.000 Euro an die CSU
• Trumpf GmbH: 60.000 Euro an die CDU
• Juan Garcia Lax GmbH: 59.999 Euro an die CDU
• Metall NRW: 58.000 Euro an die CDU
Bei der CDU fallen darüber hinaus drei außergewöhnlich hohe Spenden von Privatpersonen auf. Diese stammen allesamt von Unternehmern aus der Immobilienwirtschaft. Christoph Alexander Kahl, Inhaber des Immobilienkonzerns Jamestown, überwies der Partei 331.290 Euro. Christoph Gröner (CG Gruppe) und Dietmar Bücher (Dietmar Bücher Schlüsselfertiges Bauen) spendeten 320.000 bzw. 179.000 Euro.
Nachfolgend aufgeführt sind die höchsten Spenden an die Bundestagsparteien aus der Wirtschaft (mehr als 25.000 Euro):
CDU:
Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 8,8 Mio. Euro
• Gröner Family Office GmbH: 500.000 Euro
• Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG): 128.000 Euro
• Südwestmetall: 100.000 Euro
• Sachsenmilch: 100.000 Euro
• Allfinanz Deutsche Vermögensberatung: 90.000 Euro
• Trumpf GmbH: 60.000 Euro
• Juan Garcia Lax GmbH: 59.999 Euro
• Metall NRW: 58.000 Euro
• Klartext Grafik, Messe, Event GmbH: 54.439 Euro
• WI Immobilienmanagment GmbH: 50.000 Euro (WI Bad Wörrishofen GmbH: 15.000 Euro)
• Lakestar Advisors Germany: 49.800 Euro
• Dr. Theiss Naturwaren; 49.000 Euro
• Evonik Industries: 45.000 Euro
• Ströer Deutsche Städte Medien GmbH: 43.914 Euro
• Marquard GmbH: 40.000 Euro
• Bundesverband private Anbieter sozialer Dienste: 39.200 Euro
• Heinrich Schmidt Holding: 38.000 Euro
• Groß & Partner Grundstücksgesellschaft: 32.000 Euro
• Wörwag Pharma GmbH: 31.000 Euro
• Allianz: 30.000 Euro
• Klinikum Döbeln: 30.000 Euro
• HanseMerkur: 25.000 Euro
• Verband der Chemischen Industrie: 25.000 Euro
• Griesemann Holding GmbH: 25.000 Euro
• Dr. August Wolff GmbH & Co. KG Arzneimittel: 25.000 Euro
• Dr. Helmut Rothenberger Holding GmbH: 25.000 Euro
• Dr. Kurt Wolff GmbH GmbH & Co. KG: 25.000 Euro
CSU:
Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 3,6 Mio. Euro
• Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 343.000 Euro
• Verein der Bayerischen Chemischen Industrie: 62.000 Euro
• Max Aicher GmbH: 54.300 Euro
• Bayerischer Industrieverband: 41.000 Euro
• Allianz: 30.000 Euro
• Schön Klinik SE: 30.000 Euro
• Wolfgang Weiss Immobilien: 25.000 Euro
SPD:
Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 1,9 Mio. Euro
• Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 50.001 Euro
• Evonik Industries: 40.000 Euro
• Dr. Theiss Naturwaren: 35.000 Euro
• Allianz: 30.000 Euro
• Südwestmetall: 25.000 Euro
FDP:
Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 1,3 Mio. Euro
• Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 50.001 Euro
• Südwestmetall: 50.000 Euro
• Ralph Dommermuth GmbH & Co. KG Beteiligungsgesellschaft: 48.000 Euro
• Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW: 40.000 Euro
• MOSOLF SE & Co. KG: 37.500 Euro
• Dr. Theiss Naturwaren GmbH: 35.000 Euro
• Aelius GmbH (Immobilien): 25.000 Euro
Grüne:
Spenden von Unternehmen, Verbänden etc.: 690.000 Euro
• Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie: 50.001 Euro
• Allianz Deutschland: 30.000 Euro
• Südwestmetall: 25.000 Euro
In den Spendenlisten von AfD und Linkspartei finden sich keine veröffentlichungspflichtigen Zuwendungen von Unternehmen, Verbänden und anderen Organisationen ("juristische Personen"). Die Linke nimmt nach eigenen Angaben keine Spenden aus der Wirtschaft an.
► Intransparente Parteienfinanzierung ist immer wieder Gegenstand von Kritik
Erst kürzlich forderte die Organisation für Zusammenarbeit und Sicherheit (OSZE) von Deutschland striktere Maßnahmen. Parteispenden müssten nicht nur schneller veröffentlicht, sondern auch bei einer bestimmten Höhe gedeckelt werden.
Eine Begrenzung von Parteispenden wird es für längere Zeit wohl nicht geben. Vor allem CDU, CSU und FDP haben sich wiederholt dagegen ausgesprochen. Die Ampel-Koalition plant jedoch eine frühere Veröffentlichung. So sollen Großspenden künftig bereits ab 35.000 Euro sofort nach ihrem Eingang öffentlich gemacht werden, bislang liegt die Grenze bei 50.000 Euro.
abgeordnetenwatch.de setzt sich für eine Sofortveröffentlichung schon ab 10.000 Euro ein. Dies würde dazu führen, dass die allermeisten Spenden zeitnah sichtbar würden – und nicht erst mit einer Verzögerung von teilweise mehr als zwei Jahren.
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Martin Reyher (bitte auch die äußerst interessanten Lesetipps weiter unten beachten!)
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Lesetipps:
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»Spendenlisten veröffentlicht: Von wem die Parteien Geld bekamen. Besonders hohe Beträge flossen an CSU und CDU.« von Martin Reyher | abgeordnetenwatch.de, im KN am 20. Mai 2022 >> weiter.
»Die Lobbyjobs ehemaliger Regierungsmitglieder: Was machen eigentl. Joschka Fischer, Roland Koch oder Rudolf Scharping?« von Martin Reyher | abgeordnetenwatch.de, im KN am 3. Mai 2022 >> weiter.
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► Quelle: Dieser Artikel wurde von Martin Reyher am 12. Mai 2022 erstveröffentlicht auf abgeordnetenwatch.de >> Artikel. Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0).
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1. Parteispenden von Unternehmen, Verbänden, Organisationen: Angaben der Parteien in den Rechenschaftsberichten 2020. Grafik: © abgeordnetenwatch.de Quelle: Deutscher Bundestag. Die Grafik ist Bestandteil der Originalveröffentlichung und wurden von abgeordnetenwatch erstellt.
2. Krötenwanderung: "Wenn Parteien oder Abgeordnete Spendengelder erhalten, handelt es sich nicht um Einflussnahme, Steuervermeidung oder Wahlkampfhilfe, sondern um "Krötenwanderung". Foto OHNE Textinlet: PaulaPaulsen. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto (ohne Text). Bildidee: Helmut Schnug. Bildbearbeitung: Wilfried Kahrs (WiKa).