GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp

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Aktualisiert: vor 51 Minuten 16 Sekunden

Rente: 38 Euro Zuschuss pro Monat – Viele Rentner wissen das nicht

11. Oktober 2025 - 10:47
Lesedauer 2 Minuten

Viele Rentnerinnen und Rentner in Deutschland leben in bitterer Armut. Oft liegt die Rente sogar unter dem im Grundgesetz garantierten Existenzminimum. Der Verein “Ein Herz für Rentner e.V.” setzt sich dafür ein, die Lebenssituation bedürftiger Senioren zu verbessern und hilft mit finanziellen Zuschüssen.

Dr. Utz Anhalt zum Rentenzuschuss Altersarmut in Deutschland

Die aktuelle Situation zeigt, dass viele Rentner in Deutschland mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Die Ursachen reichen von unzureichenden Renten bis hin zu ungedeckten Kosten für den Lebensunterhalt. Insbesondere Rentnerinnen, von denen 70 Prozent betroffen sind, sehen sich mit einer Rente von unter 900 Euro konfrontiert.

Hilfe in der Not

Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Rentnerinnen und Rentner ab 58 Jahren in finanziellen Notlagen zu unterstützen. Der Verein unterstützt nicht nur finanziell, sondern bietet auch soziale Veranstaltungen an, um die Betroffenen aus der Einsamkeit zu holen.

Welche Hilfen können beantragt werden?

Diese finanziellen Zuschüsse kann der Verein für Rentnerinnen und Rentner anbieten:

  • Zuzahlungen zu Medikamenten, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden,
  • Brillen,
  • Fahrkarten,
  • Nebenkosten- und Stromnachzahlungen,
  • Waschmaschinen,
  • Kühlschränke,
  • Betten,
  • Matratzen,
  • Möbel,
  • Schuhe,
  • Kleidung,
  • Fernseher,
  • Essen auf Rädern
  • Hausnotrufe
  • Kleidung
Welche weiteren Unterstützungen können Rentner erhalten?
  • eine monatliche Unterstützung in Höhe von 38 Euro
  • eine Obst- und Gemüsebox alle zwei Wochen, direkt an die Haustür geliefert
  • weitere Soforthilfen nach Bedarf
  • Veranstaltungsangebote gegen zermürbende Einsamkeit
Obst- und Gemüsekisten: Ein Zeichen der Wertschätzung

Ein besonderes Angebot von “Ein Herz für Rentner e.V.” ist die regelmäßige Lieferung von frischem Obst und Gemüse direkt nach Hause. Dieser Service zielt darauf ab, den Senioren den Gang zur Tafel zu ersparen und ihnen eine respektvolle Versorgung zu ermöglichen.

Patenschaften für soziale Teilhabe

Durch Patenschaften in Höhe von 38 Euro pro Monat ermöglicht die Organisation den Senioren die Teilnahme am sozialen Leben. Dies kann den Besuch im Zoo, im Café oder den Kauf einer Tageszeitung beinhalten – Aktivitäten, die das Wohlbefinden und die Lebensqualität steigern.

Wer kann einen Antrag stellen?

Die finanzielle Unterstützung von richtet sich an Senioren ab 58 Jahren mit Renten zwischen 500 und ca. 960 Euro. Auch Frauen ab 70 Jahren, die mindestens zwei Kinder großgezogen haben, werden unterstützt, selbst wenn ihre Rente unterhalb des Mindestbetrags liegt.

Wichtig: Die einzige Voraussetzung ist, dass staatliche Sozialleistungen wie Grundsicherung im Alter oder Wohngeld beantragt wurden.

Kontakt und Unterstützung

Rentnerinnen und Rentner, die eine Unterstützung von “Ein Herz für Rentner e.V.”  beantragen möchten, sollten Kontakt aufnehmen. Der Verein benötigt Unterlagen wie den aktuellen Rentenbescheid, Grundsicherungs- oder Wohngeldbescheid, die mit einem ausgefüllten Antragsformular eingereicht werden können, damit auch nur diejenigen einen Rentenzuschuss erhalten, die ihn benötigen.

Wo und wie kann ein Antrag gestellt werden?

Einen Antrag können bedürftige Rentnerinnen und Rentner direkt online stellen. Das Antragsformular befindet sich hier. Das Formular kann am Computer ausgefüllt, ausgedruckt und dann per Post an die im Formular angegebene Adresse geschickt werden.

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Kommt bald die Kündigung? Diese 3 Anzeichen zeigen es Dir

11. Oktober 2025 - 10:21
Lesedauer 4 Minuten

Unerwartete Kündigungen treffen Menschen oft mit voller Wucht. Wer Anzeichen übersieht, läuft Gefahr, unvorbereitet in Verhandlungen oder gar in einen Rechtsstreit zu geraten.

Frühzeitige Wachsamkeit schafft Handlungsspielraum sagt der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Lange aus Hannover: “Sie können Gespräche strukturiert führen, Beweise sichern, Verbündete einbinden und rechtliche Fristen wahren. Zugleich hilft ein nüchterner Blick auf Muster im Arbeitsalltag, zwischen normalen Reibungen und strategischer Trennungsvorbereitung zu unterscheiden.”

Erstes Anzeichen: Der Ton kippt – Distanz, Schweigen, subtile Ausgrenzung

Wenn sich Vorgesetzte oder Personalabteilung spürbar distanzieren, sich kaum noch erkundigen, grüßen oder spontan das Gespräch suchen, ist das selten bloß Zufall.

Solche Stimmungswechsel zeigen sich oft leise, sagt Lange. “Einladungen zu Besprechungen versiegen, informelle Abstimmungen versanden, Feedback bleibt aus.”

Wichtig ist, diese Veränderungen nicht wegzuwischen, mahnt der Anwalt. Dokumentieren Sie Datum, Situation und Beteiligte. Wer Entwicklungen über Wochen nachvollziehbar festhält, erkennt Muster – und kann später konkret belegen, dass die Beziehungsebene bereits vor der eigentlichen Kündigung belastet war.

Zweites Anzeichen: Vorbereitungsschritte – Abmahnungen, BEM-Einladung, Umstrukturierung

Ein klassisches Frühwarnsignal sind gehäufte oder „gebündelt“ überreichte Abmahnungen. Abmahnungen dienen rechtlich der Hinweis- und Warnfunktion: Der Arbeitgeber rügt ein konkretes Fehlverhalten und kündigt an, dass Wiederholungen den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährden können.

Erst wenn diese Warnfunktion erfüllt ist, ebnet die Abmahnung typischerweise den Weg zu einer verhaltensbedingten Kündigung. Inhaltlich unpräzise oder verspätete Rügen sind angreifbar; umgekehrt kann eine wirksame Abmahnung im Wiederholungsfall die Position des Arbeitgebers stärken.

Rechtlich ist die Abmahnung damit “kein Selbstzweck, sondern ein Baustein im Eskalationsschema vor einer verhaltensbedingten Kündigung”, warnt der Anwalt.

Häufig trifft es Beschäftigte mit längeren oder wiederholten Erkrankungen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber – unabhängig von der Betriebsgröße – ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten, sobald innerhalb von zwölf Monaten mehr als sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit anfallen.

Das BEM soll Wege zu leidensgerechter Beschäftigung, Anpassungen des Arbeitsplatzes oder anderen Hilfen eröffnen und eine Kündigung vermeiden. Fehlt ein ordnungsgemäßes BEM, ist eine spätere krankheitsbedingte Kündigung nicht automatisch unwirksam, der Arbeitgeber trägt dann aber eine erhöhte Darlegungslast, warum mildere Mittel nicht in Betracht kamen.

Auch betriebliche Veränderungen sind deutliche Vorboten: Wird umstrukturiert, outgesourct oder schrittweise ein Aufgabenbündel entkernt, kann das der Vorbereitung einer betriebsbedingten Kündigung dienen.

Solche Kündigungen setzen nach dem Kündigungsschutzgesetz eine soziale Rechtfertigung voraus; insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen ist eine korrekte Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern vorgeschrieben.

Entscheidend sind Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung. Wer feststellt, dass zentrale Aufgaben entzogen werden, sollte frühzeitig prüfen lassen, ob die Auswahl und die behauptete „Entbehrlichkeit“ der Stelle tragfähig sind.

Drittes Anzeichen: „Cold Firing“ – Kaltstellen statt Klartext

Statt offen zu kündigen, entziehen manche Arbeitgeber schrittweise Verantwortung, reduzieren die Kommunikation auf das Nötigste und schließen Betroffene von Runden aus, die für Sichtbarkeit und Einfluss wichtig sind.

Dieses Kaltstellen untergräbt fachliche Relevanz, zermürbt psychisch und zielt nicht selten darauf, eine Eigenkündigung zu provozieren.

Für Beschäftigte ist das riskant: “Eine eigenmächtige Beendigung löst regelmäßig eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aus, sofern kein „wichtiger Grund“ vorliegt. Wer sich drängen lässt, verzichtet zudem oft auf Verhandlungsspielräume bei Abfindung oder Zeugnis”, so Lange.

Was Betroffene jetzt konkret tun sollten

Wer Anzeichen erkennt, braucht Struktur statt Alarm. Beginnen Sie mit einer lückenlosen Chronik: Welche Aufgaben wurden wann verlagert? Welche Besprechungen fanden ohne Sie statt? Welche Absprachen, Mails, Chat-Protokolle belegen das?

Diese Dokumentation verschafft Ihnen in Gesprächen Glaubwürdigkeit und in einem späteren Verfahren Beweisnähe. Suchen Sie danach das Gespräch – zunächst sachlich mit der direkten Führungskraft. Fragen Sie offen nach der Erwartungslage, bitten Sie um schriftliches Feedback und vereinbaren Sie Nachsteuerungstermine.

Bleibt der Eindruck der Ausgrenzung, beziehen Sie die Personalabteilung und – sofern vorhanden – den Betriebsrat ein. Der Betriebsrat hat vor jeder Kündigung ein Anhörungsrecht; eine Kündigung ohne ordnungsgemäße Anhörung ist unwirksam.

Gesundheitsfälle verdienen besondere Sorgfalt. Bei einer BEM-Einladung ist die Teilnahme freiwillig, doch taktisch oft ratsam: Wer ein ordnungsgemäßes Angebot ohne tragfähigen Grund ablehnt, nimmt dem Arbeitgeber ein wichtiges Argument gegen die Verhältnismäßigkeit nicht unbedingt aus der Hand.

Umgekehrt kann ein korrekt geführtes BEM sinnvolle Anpassungen eröffnen – oder dem Arbeitgeber zumindest abverlangen, Alternativen zur Beendigung substantiiert zu prüfen.

Der rechtliche Rahmen in Kürze – die wichtigsten Stellschrauben

Ob eine Kündigung „sozial gerechtfertigt“ ist, beurteilt das Kündigungsschutzgesetz. Es unterscheidet personen-, verhaltens- und betriebsbedingte Kündigungen.

Der allgemeine Kündigungsschutz greift, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und im Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind. In Kleinbetrieben unterhalb dieses Schwellenwerts gelten zwar die allgemeinen zivilrechtlichen Schranken, aber nicht die volle Sozialrechtfertigung des KSchG.

Für die Praxis heißt das: “Prüfen Sie immer sowohl die Wartezeit als auch die Betriebsgröße – einschließlich der anteiligen Anrechnung von Teilzeitkräften”, rät der Fachanwalt.

Bei betriebsbedingten Kündigungen ist die Sozialauswahl Dreh- und Angelpunkt. Der Arbeitgeber muss unter vergleichbaren Beschäftigten diejenigen auswählen, die sozial am wenigsten schutzbedürftig sind; Ausnahmen gelten etwa für Beschäftigte mit besonderen Kenntnissen oder Leistungen, deren Verbleib im berechtigten Unternehmensinteresse liegt.

Fehler in der Vergleichsgruppenbildung oder in der Gewichtung der Kriterien sind häufige Angriffspunkte.

Vor jeder Kündigung muss – sofern vorhanden – der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört werden. Fehlt die Anhörung oder ist sie inhaltlich unzureichend, ist die Kündigung unwirksam. Diese formale Hürde ist mehr als eine Förmelei; sie verschafft dem Betriebsrat Einfluss und Beschäftigten eine zusätzliche Schutzschicht.

Im Krankheitsfall ist das BEM ein gesetzlich verankerter Schutz

Es ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung, konkretisiert aber den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Ohne BEM muss der Arbeitgeber im Prozess besonders detailliert darlegen, dass es keine zumutbaren Alternativen zur Beendigung gab.

Zentral sind schließlich Fristen und Folgekosten: Wer eine Kündigung angreifen will, muss binnen drei Wochen ab Zugang Kündigungsschutzklage erheben.

Versäumt man diese Frist, gilt die Kündigung in aller Regel als wirksam. Wer seinerseits selbst kündigt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, sofern kein anerkannter wichtiger Grund vorliegt.

Diese beiden Dinge – Drei-Wochen-Frist und Sperrzeit – bestimmen den taktischen Korridor in nahezu jedem Fall.

Verhandlung statt Rückzug: So drehen Sie die Dynamik

Die im Video beschriebenen Situationen zeigen, wie Arbeitgeber ihre Verhandlungsposition stärken, indem sie Karten zurückhalten: Wer Aufgaben entzieht, Kommunikation verknappt und Abmahnungen streut, bringt Beschäftigte in die Defensive – mit dem Ziel, dass sie von selbst gehen oder zumindest günstig verhandeln.

Dem begegnen Sie am wirksamsten, indem Sie Ihre Ansprüche selbstbewusst geltend machen, gleichzeitig gesprächs- und lösungsfähig bleiben und den rechtlichen Rahmen kennen.

Häufig führt erst diese aktive Gegenwehr dazu, dass Arbeitgeber offenlegen, was sie tatsächlich wollen – sei es ein Aufhebungsvertrag, eine Versetzung oder eine einvernehmliche Trennung mit Abfindung und gutem Zeugnis.

Fazit: Wachsam, strukturiert, professionell

Wer Schwingungen ernst nimmt, kann Kurs halten. Beobachten Sie Veränderungen, sichern Sie Belege, holen Sie sich früh fachlichen Rat – insbesondere, wenn Aufgaben entzogen werden, mehrere Abmahnungen im Raum stehen oder ein BEM ansteht.

Kennen Sie Ihre Eckpfeiler: Geltungsbereich des Kündigungsschutzes, Sozialauswahl, Anhörung des Betriebsrats, Drei-Wochen-Frist und Sperrzeit. Mit dieser Basis verhandeln Sie auf Augenhöhe – und verhindern, dass „Cold Firing“ zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird.

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Kündigung: Die Abfindung mit simplen Tricks verdoppeln

11. Oktober 2025 - 10:19
Lesedauer 5 Minuten

Das Versprechen klingt spektakulär: Einfach nichts tun, abwarten, den Arbeitgeber kommen lassen – und am Ende deutlich mehr Abfindung erzielen.

Hinter dieser zugespitzten Darstellung steckt ein erprobtes Verhandlungsmuster aus der arbeitsrechtlichen Praxis: Wer nicht vorschnell signalisiert, dass er gehen will, sondern die Initiative beim Arbeitgeber belässt und sich frühzeitig professionelle Unterstützung sichert, erhöht oft spürbar seinen finanziellen Spielraum.

Fachanwältinnen und Fachanwälte nutzen neben Rechtspositionen auch taktische Hebel, um Arbeitgebern die Risiken einer Kündigungsschutzklage oder langer Prozesse vor Augen zu führen – ein Effekt, der in vielen Fällen zu besseren Angeboten führt als spontane Eigenverhandlungen, sagt der Rechtsanwalt Christian Lange aus Hannover.

Erst die Gegenseite reden lassen, dann prüfen – nicht vorschnell zustimmen

Lange rät, im ersten Gespräch mit dem Arbeitgeber zurückhaltend zu bleiben: keine Forderung nennen, kein sofortiges Ja oder Nein, sondern Zeit gewinnen. Dieses „sich bedeckt halten“ ist ein klassischer Verhandlungsansatz.

Wer gleich Zustimmung oder eine konkrete Forderung ausspricht, nimmt sich Verhandlungsspielraum; wer signalisiert, dass ihm sein Arbeitsplatz grundsätzlich wichtig ist, zwingt den Arbeitgeber, sein Anliegen (Trennung) zu untermauern – oft mit einem ersten finanziellen Anreiz.

Arbeitsrechtliche Praxisratgeber bestätigen, dass Beschäftigte erste Angebote nicht übereilt akzeptieren sollten und Bedenkzeit einfordern dürfen; frühes Interesse an einer Trennung kann den angebotenen Betrag drücken.

Warum der erste Vorschlag selten der beste ist

Arbeitgeber kalkulieren das Eröffnungsangebot in der Regel defensiv. Sie wissen nicht sicher, ob die Gegenseite rechtlich standhält, ob Klage erhoben wird oder wie hoch der Imageschaden eines Prozesses sein könnte.

Daher sind Erstangebote häufig ein Test – weniger ein Endpunkt. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Lange sagt, dass Abfindungshöhen Verhandlungssache sind und je nach Kündigungsrisiko, Betriebsgröße, Position der Beschäftigten und individueller Verhandlungsstärke beträchtlich variieren.

“Üblich sind Spannbreiten zwischen einem halben und einem ganzen Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, doch die tatsächliche Summe kann – je nach Drucklage – deutlich darüber liegen”, so der Anwalt.

Sobald ein erfahrener Fachanwalt eingeschaltet ist, verändert sich die Dynamik. Für Arbeitgeber steigt das Risiko, dass formale Fehler bei Kündigungen, sozialrechtliche Besonderheiten oder prozessuale Angriffspunkte konsequent genutzt werden.

Lange rät, vor einer Unterschrift anwaltlichen Rat einzuholen; Juristinnen und Juristen können nicht nur realistische Bandbreiten einschätzen, sondern auch strategisch Druck aufbauen, indem sie die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage ausleuchten.

“Ein rechtlich belastbares Drohpotenzial – also die glaubhafte Bereitschaft, zu klagen – ist einer der wichtigsten Hebel für höhere Abfindungen”, betont der Arbeitsrechtsexperte.

Verhandlungsmacht durch Kündigungsschutz: Wenn Kündigen schwer fällt, steigen die Chancen

Je unsicherer oder riskanter eine arbeitgeberseitige Kündigung wäre, desto eher lohnt es sich für den Arbeitgeber, „Friedensgeld“ zu zahlen. Besteht allgemeiner Kündigungsschutz (in der Regel nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit in Betrieben mit mehr als zehn Vollzeitäquivalenten), sind soziale Rechtfertigung, Auswahlrichtlinien und formale Vorgaben zu beachten; Fehler können zur Unwirksamkeit führen.

In dieser Lage zahlen Unternehmen häufig Abfindungen, um Prozesse zu vermeiden. Praxisquellen heben hervor, dass gerade bei zweifelhaften Kündigungsgründen oder besonderem Kündigungsschutz (z. B. Schwerbehinderung, Schwangerschaft, Betriebsratsmandat) deutlich über der „Regelabfindung“ verhandelt werden kann.

Keine automatische Abfindung – aber mehrere rechtliche Anknüpfungspunkte

Ein verbreitetes Missverständnis lautet, jede Kündigung löse automatisch einen Abfindungsanspruch aus. Das stimmt nicht. Ein gesetzlicher Anspruch entsteht nur in eng umrissenen Konstellationen, etwa bei betriebsbedingter Kündigung mit Abfindungsangebot nach § 1a KSchG, bei gerichtlicher Auflösung nach §§ 9, 10 KSchG oder über Sozialpläne, Tarif- oder Betriebsvereinbarungen.

In vielen Fällen wird eine Abfindung schlicht freiwillig vereinbart, um Rechtsunsicherheiten zu befrieden. Seröse Fachquellen unterstreichen diese Differenzierung immer wieder, weil falsche Erwartungen häufig zu taktischen Fehlern führen.

Faustformeln und Bandbreiten: Orientierung – keine Garantie

Als grobe Verhandlungslinie hat sich in der Praxis die Orientierung an „0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr“ etabliert; sie spiegelt auch die gesetzliche Berechnungsgröße im Rahmen des § 1a KSchG wider.

Für Führungskräfte oder in stark streitbefangenen Fällen werden jedoch nicht selten ganze Monatsgehälter pro Jahr, Aufstockungsfaktoren, Sockelbeträge oder Multiplikatoren für Restlaufzeiten verhandelt.

“Die tatsächliche Höhe hängt von Risiken im Kündigungsschutzprozess, wirtschaftlicher Lage des Arbeitgebers, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, familienbezogenen Faktoren und individuellen Zielen der Parteien ab”, betont Lange.

Wann Gerichte Abfindungen festsetzen – und wie hoch sie ausfallen können

Kommt es zum Kündigungsschutzprozess und stellt das Gericht fest, dass Fortsetzung unzumutbar ist, kann es das Arbeitsverhältnis auf Antrag gegen Abfindung auflösen. Die gesetzlichen Obergrenzen staffeln sich nach Alter und Betriebszugehörigkeit und reichen – in besonderen Konstellationen – bis zu 18 Monatsverdiensten; bei jüngeren Beschäftigten liegt die Regelobergrenze niedriger.

Auch gerichtliche Vergleiche in Güte- oder Kammerterminen führen häufig zu Abfindungen, die sich an den Prozessrisiken orientieren. Arbeitgeber kalkulieren dabei nicht nur den möglichen Ausgang, sondern auch Lohnfortzahlungsrisiken während des Verfahrens.

Zeit ist Geld – Risiken langwieriger Hängepartien

Das Problem zäher, monatelanger „Vorgespräche“ ohne klare Strategie ist real: Während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch überlegen, können Arbeitgeber Kündigungsgründe sammeln, Abmahnungen aussprechen, Umstrukturierungen vorantreiben oder schlicht den psychologischen Druck erhöhen.

Der Rechtsanwalt rät deshalb, Angebote zügig rechtlich prüfen zu lassen und nicht in offene Schwebephasen zu geraten, in denen Fristen verstreichen oder belastende Vorgänge dokumentiert werden. Wer Bedenkzeit braucht, sollte sie formell vereinbaren und parallel Beratung einholen.

Rechtsschutzversicherung früh einbinden: Deckung klären, bevor Kosten eskalieren

Viele Arbeitnehmer verfügen über eine private Rechtsschutzversicherung mit Baustein „Berufsrechtsschutz“.

Wichtig ist, vor anwaltlichen Schritten eine Deckungszusage einzuholen; sonst bleiben Betroffene womöglich auf Gebühren sitzen. Fachbeiträge berichten, dass Versicherer Deckung häufig prüfen oder anfangs begrenzen (etwa nur außergerichtlich) und dass eine Kündigungsandrohung oder ein vorgelegter Aufhebungsvertrag bereits einen Rechtsschutzfall auslösen kann – eine Praxis, die auch gerichtlich bestätigt wurde, wenn der Arbeitgeber erkennbar die Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreibt.

Anwälte übernehmen die Deckungsanfrage oft als Service, was den Einstieg in professionelle Verhandlungen erleichtert.

Drei-Wochen-Frist nach Zugang der Kündigung: Der wohl wichtigste Stichtag

Ergeht eine schriftliche Kündigung, muss eine Kündigungsschutzklage grundsätzlich binnen drei Wochen beim Arbeitsgericht eingehen; versäumt die Arbeitnehmerseite diese Frist, gilt die Kündigung in aller Regel als wirksam, selbst wenn sie materiell angreifbar gewesen wäre. Nachträgliche Zulassung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, etwa bei unverschuldetem Fristversäumnis.

Dieser Termin ist strategisch wichtig: Wer klagt, schafft Druck und kann in Güteverhandlungen bessere Konditionen erzielen; wer ihn verpasst, vergibt zentrale Hebel.

Steuerfragen mitdenken: Fünftelregelung nur noch über die Steuererklärung

Abfindungen sind lohnsteuerpflichtig und können den persönlichen Steuersatz durch die progressive Einkommensteuer stark erhöhen. Die sogenannte Fünftelregelung mildert diesen Effekt, indem sie eine ermäßigte Besteuerung für außerordentliche Einkünfte vorsieht.

Seit 1. Januar 2025 wird die Begünstigung nicht mehr automatisch im Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber berücksichtigt; Beschäftigte müssen den Steuervorteil über ihre Steuererklärung geltend machen. Wer Auszahlungszeitpunkt, Zuflussjahr und Gestaltung (etwa Teilzahlungen) plant, kann Liquidität und Steuerlast beeinflussen und sollte rechtzeitig steuerlichen Rat einholen.

Sperrzeiten, Sozialleistungen und Fristen: Nebeneffekte im Blick behalten

Ein Aufhebungsvertrag kann arbeitsagenturrechtliche Folgen haben: Wer das Arbeitsverhältnis freiwillig beendet oder eine vom Arbeitgeber gewünschte Beendigung aktiv unterschreibt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, sofern kein wichtiger Grund oder sozial anerkannter Druck (z. B. betriebsbedingte Kündigungsandrohung mit Frist) dokumentiert ist.

Deshalb raten Ratgeber, vor Unterzeichnung arbeits- und sozialrechtliche Konsequenzen prüfen zu lassen und gegebenenfalls vertragliche Formulierungen so zu wählen, dass eine Sperrzeit vermieden oder verkürzt wird.

Praktische Schritte für Beschäftigte in einer drohenden Trennungssituation

Wer Signale erhält, dass der Arbeitgeber „über eine Trennung sprechen“ möchte, sollte den Gesprächsverlauf dokumentieren, nichts übereilt unterschreiben, formell Bedenkzeit verlangen und parallel arbeitsrechtliche Beratung einholen.

Es empfiehlt sich, die Rechtsschutzversicherung unverzüglich zu informieren, den Deckungsumfang zu klären und – falls später eine Kündigung ergeht – die Drei-Wochen-Frist im Kalender zu blockieren.

Erst wenn die eigene Rechtsposition geklärt ist, lohnt sich eine strukturierte Reaktion auf das Angebot des Arbeitgebers; in vielen Fällen führt bereits die bloße Einschaltung eines Fachanwalts zu nachgebesserten Angeboten.

Fazit: Ruhe bewahren, Expertise sichern, Hebel nutzen

Die Strategie – “Kopf schräg legen, nichts sagen, Arbeitgeber arbeiten lassen” – ist mehr als ein Gag. Sie spiegelt den Kern erfolgreicher Abfindungsverhandlungen: eigene Kündigungsrisiken prüfen, nicht vorschnell verzichten, professionelle Unterstützung organisieren, Fristen wahren und steuerliche wie sozialrechtliche Folgewirkungen mitdenken. Wer so vorgeht, verwandelt ein anfänglich niedriges Angebot häufig in eine deutlich bessere Lösung – manchmal tatsächlich in Größenordnungen, die das „Verdoppeln“  nicht völlig unrealistisch erscheinen lassen.

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Schwerbehinderung: So kannst Du den Grad der Behinderung erhöhen

11. Oktober 2025 - 10:02
Lesedauer 5 Minuten

Wer seinen Grad der Behinderung (GdB) erhöhen lassen möchte, steht nicht nur vor Formalitäten, sondern vor einem rechtlich und medizinisch geprägten Verfahren. Maßgeblich ist dabei nicht die Diagnose an sich, sondern wie stark die gesundheitlichen Einschränkungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aktuell beeinträchtigen.

Der GdB wird in Zehnerschritten von 10 bis 100 festgestellt und richtet sich nach bundeseinheitlichen „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“, die der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) als Anlage beigefügt sind. Ab einem GdB von 50 gilt man als schwerbehindert.

Rechtsgrundlagen und Zuständigkeit

Rechtsanker des Verfahrens ist § 152 SGB IX. Zuständig sind die in den Ländern dafür benannten Behörden (häufig Versorgungsämter bzw. Landesämter für Soziales). Auf Antrag wird das Vorliegen einer Behinderung und der GdB festgestellt; zugleich können die sogenannten „gesundheitlichen Merkmale“ (Merkzeichen) für Nachteilsausgleiche geprüft werden. Die Feststellung orientiert sich an der VersMedV.

Wann ein Erhöhungsantrag sinnvoll ist

Ein Antrag auf Neufeststellung – landläufig als Verschlimmerungs- oder Änderungsantrag bezeichnet – ist angezeigt, wenn sich die gesundheitliche Situation wesentlich verschlechtert hat oder neue, zusätzliche Gesundheitsstörungen hinzugekommen sind, deren Auswirkungen voraussichtlich länger als sechs Monate anhalten.

Rechtlich zählen ausschließlich die funktionellen Einschränkungen zum Zeitpunkt der Antragstellung; vergangene Leiden wirken nur, sofern sie aktuell zu Beeinträchtigungen führen.

Gute Vorbereitung: Unterlagen, die überzeugen

Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen, ist dabei aber auf Mitwirkung angewiesen. Wer Leistungen beantragt, muss alle erheblichen Tatsachen angeben und auf Verlangen der Behörde die Einholung ärztlicher Auskünfte ermöglichen.

“In der Praxis beschleunigen aktuelle, aussagekräftige Befunde, Facharztberichte, Reha-Entlassungsberichte, OP-Berichte und Verlaufsdokumentationen die Bewertung”, berichtet der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Sinnvoll sei es zudem, “die alltagsrelevanten Teilhabeeinschränkungen konkret zu schildern (z. B. Wege-, Belastungs-, Konzentrations-, Greif-, Sitz- und Stehfähigkeiten), weil genau diese Auswirkungen bewertet werden – nicht allein die Diagnose”, so Anhalt.

Diese Umstände sprechen für eine Erhöhung des Grades der Behinderung Voraussetzung Worum es konkret geht Wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands Seit dem letzten Bescheid haben Intensität, Häufigkeit oder Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen spürbar zugenommen und beeinträchtigen die Teilhabe stärker. Hinzutreten neuer Gesundheitsstörungen Zusätzliche, eigenständige Erkrankungen oder Unfallfolgen führen zu weiteren funktionellen Einschränkungen in anderen Lebensbereichen. Dauerhaftigkeit der Beeinträchtigung Die gesundheitlichen Auswirkungen sind voraussichtlich länger als sechs Monate gegeben; vorübergehende Beschwerden genügen nicht. Messbare Funktionsverluste Objektiv fassbare Verschlechterungen, etwa reduzierte Belastbarkeit, eingeschränkte Mobilität, geringere Greif-, Seh-, Hör- oder kognitive Leistungen. Teilhaberelevanz im Alltag und Beruf Nachweisbare zusätzliche Einschränkungen bei Wegstrecken, Selbstversorgung, Kommunikation, Konzentration, Arbeitsfähigkeit oder sozialer Interaktion. Therapie- und Medikamentennebenwirkungen Anhaltende Nebenwirkungen (z. B. Fatigue, Neuropathien, kognitive Defizite) verursachen selbst relevante Funktionsbeeinträchtigungen. Chronisches Fortschreiten oder Stadiumswechsel Bei chronischen Leiden liegt ein dokumentierter Verlauf mit Verschlechterung oder eine Einstufung in ein höheres Krankheitsstadium vor. Wechselwirkungen mehrerer Leiden (Gesamt-GdB) Mehrere Beeinträchtigungen verstärken sich in ihrer Auswirkung; der Gesamt-GdB steigt, obwohl Einzelgrade nicht addiert werden. Persistierende Beeinträchtigungen nach Heilungsbewährung Nach Ablauf einer Heilungsbewährung bleiben erhebliche Einschränkungen bestehen, die eine höhere dauerhafte Bewertung rechtfertigen. Versagen oder notwendige Intensivierung von Hilfen Trotz Hilfsmitteln, Reha oder Anpassungen bleibt eine deutlich geminderte Funktionsfähigkeit; wiederholte Eingriffe oder Therapien waren erforderlich. Erhebliche Sinnesverschlechterung Deutlich geminderte Seh- oder Hörleistung mit praktischen Auswirkungen, etwa Orientierungsproblemen, Kommunikationshindernissen oder Sturzrisiken. Psychische oder neurokognitive Verschlechterung Zunehmende Angst-, Depressions-, Belastungs- oder Aufmerksamkeitsstörungen mit spürbaren Folgen für Tagesstruktur, Teilhabe und Belastbarkeit. Neue, bisher unberücksichtigte Befunde Aktuelle fachärztliche Berichte, OP- und Reha-Entlassungsberichte oder Verlaufsdokumentationen belegen eine geänderte Sachlage. Erfüllung zusätzlicher gesundheitlicher Merkmale (Merkzeichen) Kriterien für Merkzeichen wie G, aG, H, Bl oder Gl sind nun erfüllt; dies weist auf eine gravierendere Teilhabeeinschränkung hin und kann die Gesamtbewertung beeinflussen. Wesentliche Änderung der Verhältnisse im Rechtssinn Seit dem bestandskräftigen Bescheid hat sich die Sachlage so verändert, dass eine Neufeststellung sachlich geboten ist. Antragstellung in der Praxis

Der Antrag kann je nach Bundesland online, per Formular oder schriftlich gestellt werden. Er ist bei der zuständigen Landesbehörde einzureichen; vielerorts wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieselben Formulare auch für Verschlimmerungsfälle genutzt werden.

Wichtig ist das Aktenzeichen des letzten Bescheids anzugeben. Der GdB wirkt grundsätzlich ab Antragseingang; auf besonderen Antrag kann auch ein früherer Zeitpunkt festgestellt werden, wenn hierfür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird.

So wird der Gesamt-GdB gebildet

Die Bildung des Gesamt-GdB folgt festen Grundsätzen: Einzelgrade werden nicht addiert. Ausgangspunkt ist in der Regel der höchste Einzel-GdB; weitere Funktionsbeeinträchtigungen erhöhen den Gesamt-GdB, wenn und soweit sie die Teilhabebeeinträchtigung insgesamt verstärken oder in andere Lebensbereiche hineinwirken.

Ausschlaggebend sind stets die konkreten Auswirkungen im Einzelfall. Diese Methodik ist Teil A der VersMedV und wird in behördlichen Leitfäden wiederholt hervorgehoben.

Heilungsbewährung und befristete Bewertungen

Bei einigen Erkrankungen, insbesondere nach Tumorbehandlungen, wird eine sogenannte Heilungsbewährung berücksichtigt. Während dieser Zeit – häufig fünf Jahre, teils kürzer – kann vorübergehend ein höherer GdB festgesetzt werden, der nach Ablauf überprüft und nicht selten abgesenkt wird, sofern keine anhaltenden Beeinträchtigungen verbleiben.

Dies erklärt, warum es zu zeitlich befristeten oder später reduzierten Feststellungen kommen kann.

Merkzeichen gezielt mitbeantragen

Neben dem GdB sind für Nachteilsausgleiche oft die Merkzeichen entscheidend, etwa für Mobilität, Seh-/Hör- oder Orientierungsbeeinträchtigungen.

Diese „gesundheitlichen Merkmale“ können zugleich mit dem Erhöhungsantrag oder bei späterem Eintritt gesondert festgestellt werden. Sie werden – wie der GdB – nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen beurteilt.

Transparenz schaffen: Akteneinsicht und Begründung

Wer verstehen möchte, wie die Behörde gewertet hat, kann Einsicht in die Verfahrensakte verlangen, einschließlich der sozialmedizinischen Stellungnahmen.

Entwürfe sind bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens ausgenommen; danach besteht ein umfassender Anspruch, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte erforderlich ist. Die Akteneinsicht hilft, Widersprüche fundiert zu begründen.

Risiken im Blick behalten

Jede Neufeststellung eröffnet die umfassende Überprüfung des gesamten Gesundheitszustands. In der Praxis kann das – etwa nach erfolgreicher Therapie oder mit Ablauf der Heilungsbewährung – zu einer Herabstufung des GdB oder zum Wegfall von Merkzeichen führen. Daher kann “jeder Antrag auf Neubewertung (sog. Verschlimmerungsantrag) auch zur Reduzierung oder gar Aberkennung des Behinderungsgrades führen”, mahnt der Sozialrechtsexperte.

Rechtsgrundlage für nachträgliche Änderungen bestandskräftiger Bescheide ist § 48 SGB X bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse.

Der Bescheid: Wirkung, Rückwirkung, Fristen

Der erhöhte GdB gilt in der Regel ab dem Tag der Antragstellung; auf Antrag ist eine frühere Feststellung möglich, wenn hierfür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Gegen ablehnende oder zu niedrige Bescheide kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden.

Wird der Widerspruch zurückgewiesen, läuft für die Klage beim Sozialgericht ebenfalls eine Monatsfrist. Reagiert die Behörde über längere Zeit gar nicht, ist nach sechs Monaten (im Antragsverfahren) beziehungsweise nach drei Monaten (im Widerspruchsverfahren) die sogenannte Untätigkeitsklage möglich.

Praktische Hinweise für eine solide Begründung

Wer seinen Erhöhungsantrag erfolgversprechend vorbereiten will, sollte den Verlauf seit dem letzten Bescheid strukturiert darlegen: Welche Beschwerden haben zugenommen, welche neuen Diagnosen bestehen, welche Therapien fanden statt, welche Nebenwirkungen treten auf, und welche Tätigkeiten des Alltags, Berufs oder der Mobilität sind konkret erschwert.

Hilfreich ist, die eigene Schilderung mit aktuellen Befunden zu unterlegen und die Behörde ausdrücklich zu ermächtigen, Unterlagen bei behandelnden Stellen anzufordern. Das beschleunigt das Verfahren und erfüllt die Mitwirkungspflichten nach dem Sozialgesetzbuch.

Wenn es zum Streit kommt

Widerspruch und Klage sollten medizinisch untermauert sein. Häufig lohnt es sich, vor dem Gang zum Gericht Akteneinsicht zu nehmen, um die tragenden Erwägungen des ärztlichen Dienstes nachzuvollziehen und gezielt zu entkräften. Beratungsstellen, Behindertenverbände und Fachanwältinnen und Fachanwälte für Sozialrecht kennen die Versorgungsmedizinischen Grundsätze und die einschlägige Rechtsprechung zur Bildung des Gesamt-GdB und können bei der Argumentation unterstützen.

Fazit

Der Weg zu einem höheren GdB ist kein Mysterium, aber er verlangt Präzision. Entscheidend ist, die tatsächlichen Auswirkungen auf die Teilhabe aktuell und nachvollziehbar zu dokumentieren, die Versorgungsmedizinischen Grundsätze im Blick zu haben und die eigenen Rechte – von der Mitwirkung über die Akteneinsicht bis zu Widerspruch, Klage und Untätigkeitsklage – konsequent zu nutzen.

Wer die Chancen sorgfältig abwägt und die Risiken einer Neufeststellung kennt, verbessert die Aussichten auf eine sachgerechte Entscheidung.

Der Beitrag Schwerbehinderung: So kannst Du den Grad der Behinderung erhöhen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

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Schwerbehinderung: Wohngeld-Falle bedeutet volle Kosten für Wertmarke und Rundfunkbeitrag

11. Oktober 2025 - 10:00
Lesedauer 2 Minuten

Menschen mit Schwerbehinderung müssen voll für Rundfunkbeitrag und Wertmarke zahlen, wenn sie statt Grudnsicherung Wohngeld erhalten. Ein Leser von gegen-hartz.de bat uns, „zum nachfolgenden Sachverhalt zu recherchieren und diesbezüglich ihre Recherche zu veröffentlichen, da im System eine Mogelpackung zum Nachteil Tausender Behinderter verborgen ist.“

Schwerbehinderung und Merkzeichen

Der Betroffene hat einen Grad der Behinderung von 90, mit einer beidseitigen Beinamputation ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Im Schwerbehindertenausweis sind außerdem die Merkzeichen G / AG / B eingetragen.

Mehrkosten durch Umstellung auf Wohngeld

Er bezog Grundsicherung, doch diese wurde wegen Vorrangigkeit auf Wohngeld umgestellt.

Er schreibt: „Bei sogenannter Grundsicherung wurde die Wertmarke für den Nahverkehr kostenfrei von Amts wegen ausgegeben, auch erfolgte auf entsprechenden Antrag eine GEZ Befreiung. Beide vorgenannten Vergünstigungen entfallen beim Wohngeld ersatzlos zu Lasten der Schwerbehinderten.“

Staatlich sanktionierte Lastenabwälzung

Der Betroffene schließt: „Am ehesten könnte man diesen Sachverhalt als staatlich sanktionierte Lastenabwälzung bezeichnen, was wohl nicht korrekt ist nach GG und auch sicher nicht so gewollt ist durch die Sozialgesetzbücher?“

Die Wertmarke für den öffentlichen Personennahverkehr beträgt 104,00 Euro pro Jahr. Kostenlos ist sie mit den Merkzeichen Bl oder H, außerdem für kriegs- oder wehrdienstgeschädigte Menschen.

Kostenfreie Wertmarke gilt nicht bei allen Sozialleistungen

Kostenlos ist sie zudem bei folgenden Sozialleistungen: Grundsicherung / Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch XII oder Bürgergeld nach dem Sozialgesetzbuch II. Auch Wohngeld ist eine Sozialleistung, doch hier müssen Sie die Wertmarke regulär bezahlen.

Wann gilt eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag?

Eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag auf Antrag ist bei den Sozialleistungen Grundsicherung und Bürgergeld möglich. Bei Arbeitslosengeld, Wohngeld oder Übergangsgeld gibt es keinen Anspruch auf eine Befreiung.

Verlust beim Wohngeld

Anspruch auf Wohngeld haben Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können, aber Probleme haben, aus eigenen Mitteln die Kosten der Wohnung zu decken.

Diese können einen Zuschuss erhalten, das Wohngeld, abhängig vor allem vom Gesamteinkommen des Haushalts, der Anzahl der Bewohner und der Höhe der Mieten in der jeweiligen Wohnlage.

Bei Bürgergeld und Grundsicherung werden die Kosten der Unterkunft und Heizung bis zu der Grenze übernommen, die die zuständige Behörde beziehungsweise die Kommune als angemessen ansieht.

Vom Zuschuss auf die Miete, den Wohngeldberechtigte erhalten, müssen Sie gleich wieder den Rundfunkbeitrag und die Kosten für die Wertmarkte abziehen, die sie voll bezahlen müssen.

Eine Mogelpackung?

Der Rundfunkbeitrag beträgt 18,36 Euro pro Monat für einen Wohnung. Das ist gesetzlich geregelt. 91,00 Euro Kosten pro Jahr für eine Wertmarke sind 7,58 Euro pro Monat.

Das sind jeden Monat 26,21 Euro Mehrkosten pro Monat, die bei der Umstellung von Grundsicherung auf Wohngeld fällig werden.
Das Wohngeld beträgt derzeit im Schnitt rund 370,00 Euro pro Monat. Im Januar 2025 wurde es angepasst, und seitdem bekommen die Betroffenen rund 15 Prozent mehr als zuvor, also circa 30,00 Euro.

Von diesem Plus bleiben dann – im Vergleich zur Grundsicherung nach Abzug der Kosten für den Rundfunk und die Wertmarke – bleiben also gerade einmal 3,79 Euro übrig.

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Rente: Neue EU-KFZ-Richtlinie trifft vielfach Rentner

11. Oktober 2025 - 9:16
Lesedauer 3 Minuten

Die EU-Kommission hat einen Legislativvorschlag zur Änderung der Richtlinie 2014/45/EU eingebracht. Betroffen von dieser Neuregelung können besonders Menschen sein, die eine Rente beziehen, von Bürgergeld abhängig sind oder nur über ein geringes Einkommen verfügen.

Dr. Utz Anhalt: Neue End-of-Live-Richtline trifft vor allem Rentnerinnen und Rentner Was ist genau geplant?

Die EU will, dass Pkw´s und leichte Nutzfahrzeuge ab einem Alter von zehn Jahren künftig jährlich zur Hauptuntersuchung (HU) müssen. Auf diese Weise will Brüssel nach eigenen Berechnungen die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten europaweit um rund ein Prozent reduzieren und zugleich Manipulationen an Kilometerständen sowie defekte Abgassysteme früher aufdecken.

Vor Inkrafttreten muss das Vorhaben jedoch sowohl das Europäische Parlament als auch den Rat der Mitgliedstaaten passieren.

Wie viele Fahrzeuge – und Halter – wären betroffen?

Allein in Deutschland wären mehr als 23 Millionen Pkw betroffen; das entspricht knapp der Hälfte des gesamten Bestands. Hinter diesen Zahlen stehen vor allem Menschen, die sich keinen Neuwagen leisten können.

Gerade Rentnerinnen und Rentner im ländlichen Raum sind häufig auf ältere Autos angewiesen, um Arzttermine, Einkäufe oder den Besuch von Angehörigen erledigen zu können.

Was würde eine jährliche HU kosten?

Für die reine Prüfgebühr verlangen deutsche Prüforganisationen, abhängig von Bundesland und Anbieter, zwischen etwa 80 und 150 Euro. Hinzu kommen bei älteren Autos regelmäßig Reparaturen, die nötig sind, um die Plakette zu erhalten.

Rechnet man konservativ mit durchschnittlich 300 Euro pro Jahr für Verschleißteile und Instandsetzung, landet ein 74-jähriger Rentner mit einem 15-Jahre-alten Kleinwagen schnell bei rund 420 Euro jährlich – eine Summe, die sich spürbar in einem durchschnittlichen Altersrentenbezug von knapp 1 100 Euro netto bemerkbar macht.

Deutschlandweit ergäbe sich, so der ADAC, eine Mehrbelastung von bis zu 1,8 Milliarden Euro pro Jahr.

Bringt die zusätzliche Prüfung wirklich mehr Sicherheit?

Nach Daten des Statistischen Bundesamts waren 2023 weniger als ein Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle primär auf technische Defekte zurückzuführen.

Studien der Verkehrsunfallforschung an der TU Dresden zeigen zudem keinen messbaren Rückgang der Unfallzahlen in Ländern, die ihre Prüffristen bereits verkürzt haben.

Der ADAC bewertet den Vorstoß daher als unverhältnismäßig: Der Aufwand stehe “in keinem tragfähigen Verhältnis zum prognostizierten Sicherheitsgewinn.”

Deutliche Kritik von Verbänden

Die Kritik dagegen ist in Deutschland breit: Mehrere Europa- und Bundestagsabgeordnete unterschiedlicher Parteien kritisieren den Plan als „unnötige Belastung“.

Auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe und der Automobilclub von Deutschland weisen auf bereits strenge Prüfvorgaben in Deutschland hin. Der ADAC mahnt, dass eine Verkürzung der Prüffrist nicht die Frequenz, sondern die Qualität der Kontrollen verbessere.

Wie reagiert die Bundesregierung?

Der Bundesverkehrsminister hat in ersten Stellungnahmen durchblicken lassen, dass er „keinen unmittelbaren Handlungsbedarf“ sehe, weil das deutsche Zwei-Jahres-System gut funktioniere. Auch mehrere Landesverkehrsminister, etwa in Bayern und Brandenburg, fordern eine belastbare Begründung aus Brüssel, bevor man die nationale Praxis aufgibt.

Warum trifft der Plan besonders Rentnerinnen und Rentner?

Die Altersgruppe 65 plus verfügt zwar häufiger über ein Auto als noch vor zehn Jahren, doch ihr Nettobudget ist begrenzt.

Durchschnittlich erhalten Männer 1 309 Euro und Frauen 888 Euro Altersrente. Steigende Lebenshaltungs- und Energie­kosten haben bereits große Teile dieser Einkommen aufgezehrt. Eine verpflichtende jährliche HU könnte somit zur Wahl zwischen Mobilität und anderen Grundausgaben wie Heizung oder Medikamente werden.

Welche Alternativen werden diskutiert?

Verkehrsexperten schlagen vor, gezielt sicherheitsrelevante Komponenten – etwa Bremsen, Lenkung und Leuchtanlagen – digital zu überwachen und die Prüffrist ansonsten beizubehalten.

Denkbar wäre ebenso ein sozial gestaffeltes System, das Rentner mit kleiner Pension bei den Prüfgebühren entlastet. Andere Stimmen plädieren dafür, Ressourcen lieber in wirksamere Maßnahmen wie flächen­deckende Abbiegeassistenten für Lkw oder bessere Radwege zu investieren.

Wie geht es jetzt weiter?

Im anstehenden Gesetzgebungsprozess können Parlament und Rat den Entwurf noch ändern oder ganz kippen. Erfahrungsgemäß dauert eine solche Revision der HU-Richtlinie mindestens zwei Jahre; eine Umsetzung in nationales Recht wäre frühestens 2027 realistisch.

Sollte Deutschland die Pläne ablehnen, müsste die Bundesregierung entweder eine Ausnahmeregel erwirken oder gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren riskieren. Betroffene Auto­halter haben daher noch Zeit – doch die Debatte um Kosten, Nutzen und soziale Gerechtigkeit dürfte sich weiter zuspitzen.

Fazit

“Mehr Sicherheit ist ein legitimes Ziel, doch der jetzige Vorschlag droht, die Schwächsten am Steuer zu überfordern”, mahnt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt. Rentnerinnen und Rentner oder auch Geringverdiener, die ihr Fahrzeug für den Alltag brauchen, “wären von jährlich hunderten Euro Zusatzkosten betroffen, während der nachweisbare Sicherheitsgewinn gering bleibt”.

Ob Berlin und Brüssel einen Mittelweg finden, hängt nun davon ab, ob es gelingt, nachvollziehbare Fakten und soziale Fairness in Einklang zu bringen. Die Bundesregierung sollte dann sich überlegen, wie man die Kosten für Rentner und Menschen mit geringem Einkommen sozial abfedern kann, so die Forderung des Experten.

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EM-Rente: Erwerbsminderungsrente auch bei Burnout

11. Oktober 2025 - 9:09
Lesedauer 4 Minuten

Wer einen Burnout erlebt, erlebt auch, dass beinahe nichts mehr geht. Ob Betroffenne eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) bekommen, entscheidet sich nicht daran, ob er oder sie aktuell arbeitsunfähig krankgeschrieben ist, sondern daran, wie viele Stunden man unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch arbeiten kann.

Wer also auf Dauer weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig ist, gilt als voll erwerbsgemindert; bei drei bis unter sechs Stunden liegt teilweise Erwerbsminderung vor.

Ab sechs Stunden täglich besteht in der Regel kein Anspruch. Maßgeblich ist also das Restleistungsvermögen – nicht der bisherige Beruf, sondern die Einsatzfähigkeit in jedem Job.

Zählt Burnout als Krankheit?

„Burn-out“ ist in der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern als „berufsbezogenes Phänomen“ definiert: ein Syndrom infolge chronischen, nicht erfolgreich bewältigten Arbeitsstresses, gekennzeichnet durch Erschöpfung, innere Distanz/Zynismus gegenüber der Arbeit und verminderte Leistungsfähigkeit.

“In der Praxis wird die gesundheitliche Beeinträchtigung häufig als Depression, Angst- oder Anpassungsstörung diagnostiziert – genau diese Diagnosen bilden dann die medizinische Grundlage für eine EM-Rente, wenn sie das Restleistungsvermögen genügend einschränken”, sagt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Wichtig hierbei ist: Entscheidend ist nicht das Etikett „Burnout“, sondern die belegbare funktionelle Einschränkung infolge einer anerkannten Erkrankung, so Anhalt.

Wann die EM-Rente möglich ist: Medizinische Prüfung und Stundengrenzen

Die DRV prüft den Gesundheitszustand anhand ärztlicher Unterlagen und – falls nötig – eigener Gutachten. Ergebnis der Prüfung ist eine Einschätzung, wie viele Stunden täglich noch gearbeitet werden kann. Daraus folgt die Zuordnung zu voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Ohne entsprechende medizinische Unterlagen und eine nachvollziehbare, längerfristige Einschränkung der Belastbarkeit – etwa bei schweren depressiven Episoden mit Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und sozialer Rückzugstendenz – wird ein Rentenanspruch nicht begründet.

Versicherungsrechtliche Hürden: Wartezeit und Pflichtbeiträge
Neben der medizinischen Seite müssen versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein.

Regelmäßig sind das mindestens fünf Versicherungsjahre (allgemeine Wartezeit) und mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung.

Es gibt vorzeitige Erfüllungen, etwa nach Arbeitsunfall oder bei Berufsanfängern unter bestimmten Voraussetzungen. Diese Regeln sind entscheidend, weil ein an sich berechtigter Antrag bei fehlender Wartezeit scheitern kann.

„Reha vor Rente“: Was zuerst geprüft wird

Grundsatz der gesetzlichen Rentenversicherung ist „Reha vor Rente“. Bevor eine Rente bewilligt wird, prüft die DRV, ob medizinische oder berufliche Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit wiederherstellen kann. Gerade bei psychischen Erkrankungen – zu denen Burnout-Konstellationen häufig zählen – wird eine psychosomatische Reha oder eine stufenweise Wiedereingliederung (Hamburger Modell) oft vorgeschaltet.

Erst wenn Reha keine ausreichende Besserung erwarten lässt, kommt die EM-Rente in Betracht.

Teilweise, volle EM-Rente – und die „Arbeitsmarktrente“

Wer noch drei bis unter sechs Stunden leistungsfähig ist, erhält grundsätzlich teilweise EM-Rente. Ist diese Teilzeitfähigkeit zwar medizinisch vorhanden, aber kein geeigneter Teilzeitarbeitsplatz verfügbar („verschlossener Teilzeitarbeitsmarkt“), kann ausnahmsweise eine volle Rente gezahlt werden – umgangssprachlich „Arbeitsmarktrente“.

Diese Konstellation ist in der Regel befristet, weil sie an die Lage des Arbeitsmarktes anknüpft.

Befristet oder dauerhaft? Wie lange die EM-Rente gezahlt wird

EM-Renten werden meist zunächst befristet bewilligt, typischerweise für bis zu drei Jahre. Bleibt die Erwerbsminderung bestehen, kann verlängert werden; bei auf Dauer unwahrscheinlicher Besserung wird eine unbefristete Rente gezahlt.

Wichtig für die Rentenhöhe: Bei EM-Renten fallen in der Regel Abschläge an; 2025 ist eine abschlagsfreie EM-Rente erst ab 65 Jahren möglich, der maximale Abschlag liegt bei 10,8 %.

Hinzuverdienst: Was 2025 erlaubt ist

Wer eine volle EM-Rente bezieht, darf trotzdem begrenzt hinzuverdienen. Seit 2023 ist die Grenze dynamisch an die Bezugsgröße gekoppelt; 2025 liegt sie bei 19.661,25 Euro pro Jahr.

Bei teilweiser EM-Rente wird die Grenze individuell aus den höchsten beitragspflichtigen Verdiensten der letzten 15 Jahre berechnet; mindestens sind 2025 39.322,50 Euro möglich. Überschreitungen führen zu Anrechnungen, nicht zwingend zum Wegfall der Rente – entscheidend ist die Spitzabrechnung.

Aber Achtung: Wer dauerhaft über sein medizinisch festgestelltes Restleistungsvermögen arbeitet, riskiert eine Neubewertung des Anspruchs.

Antragstellung in der Praxis: Nachweise, Gutachten, typische Stolpersteine

Formal gibt es eine EM-Rente nur auf Antrag. Empfehlenswert ist ein sauber aufgebautes medizinisches Dossier: Haus- und Facharztberichte, Psychotherapie- und Klinikberichte, nachvollziehbar dokumentierte Verlaufsschwere und Therapieversuche, ggf. Reha-Entlassungsberichte.

Die DRV zieht bei Bedarf weitere Gutachten bei. In der Begutachtung zählt nicht allein die Diagnose, sondern die funktionelle Einschränkung im Alltag und im Erwerbsleben – etwa Durchhaltefähigkeit, Belastbarkeit, Anpassungs- und Konzentrationsvermögen. Fehlerquellen sind unvollständige Unterlagen, zu kurze Beobachtungszeiträume oder ein zu optimistischer Reha-Plan trotz persistierender Symptomatik.

Übergang vom Krankengeld: Nahtlosigkeitsregelung und Reha-/Renten-Umdeutung

Wenn das Krankengeld nach 72 Wochen ausläuft und die Erwerbsfähigkeit weiterhin erheblich eingeschränkt ist, kann die Nahtlosigkeitsregelung (§ 145 SGB III) den Lebensunterhalt sichern: Es wird vorübergehend Arbeitslosengeld gezahlt, bis über Reha oder Rente entschieden ist.

Häufig fordern Krankenkassen oder Agentur für Arbeit zur Reha-Beantragung auf – rechtlich kann ein Reha-Antrag unter bestimmten Voraussetzungen nach § 116 SGB VI als Rentenantrag gelten, wenn eine erfolgreiche Rehabilitation nicht zu erwarten ist oder ohne Erfolg blieb. Das kann für den Rentenbeginn wichtig sein.

Realistische Erfolgsaussichten bei Burnout

Psychische Erkrankungen sind seit Jahren die häufigste Ursache neu bewilligter EM-Renten. Aktuelle Auswertungen zeigen, dass rund vier von zehn neuen EM-Renten auf psychische Störungen entfallen.

Das zeigt die Realität vieler „Burnout-Fälle“, die sich diagnostisch als depressive, Angst- oder Anpassungsstörungen verfestigen und die Erwerbsfähigkeit nachhaltig begrenzen. Entscheidend bleibt, dass die Beschwerden dauerhaft sind, leitliniengerecht behandelt wurden und dennoch wesentliche Einschränkungen der Leistungsfähigkeit fortbestehen.

Was heißt das konkret für Betroffene?

Wer sich wegen massiver Erschöpfung und psychischer Beschwerden „ausgebrannt“ fühlt, kann grundsätzlich eine EM-Rente erhalten – wenn die funktionellen Einschränkungen so gravierend und anhaltend sind, dass die Stundengrenzen unterschritten werden und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Weg führt in aller Regel über Diagnostik, Therapie, Reha und eine gründliche Dokumentation der verbleibenden Leistungsfähigkeit. Während des Verfahrens können sozialrechtliche Überbrückungen – Nahtlosigkeitsregelung – und rechtstechnische Details wie die Umdeutung eines Reha- in einen Rentenantrag wichtig werden.

Wer abschätzen möchte, ob eher eine befristete oder unbefristete Rente in Betracht kommt, sollte den Therapieverlauf und die Prognose mit behandelnden Fachärztinnen und Fachärzten offen besprechen.

Fazit

Ja, eine EM-Rente wegen „Burnout“ ist möglich – nicht wegen des Schlagworts, sondern wegen der konkret nachgewiesenen psychischen Erkrankung und deren funktioneller Folgen.

Maßstab sind die Restleistungsfähigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die versicherungsrechtlichen Zeiten, der Grundsatz „Reha vor Rente“ und – falls bewilligt – die Hinzuverdienstregeln. Wer gut dokumentiert, Therapie und Reha ausschöpft und die sozialrechtlichen Stellschrauben kennt, verbessert seine Chancen auf eine sachgerechte Entscheidung der DRV.

Hinweis: Individuelle Fälle unterscheiden sich. Für eine belastbare Einschätzung lohnt die persönliche Beratung bei der DRV oder bei Sozialverbänden (z. B. VdK/SoVD) sowie fachlicher Rat durch Ärztinnen/Ärzte und – bei strittigen Verfahren – durch spezialisierte Renten- oder Sozialrechtsberatung.

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Rente bei Schwerbehinderung: Erst jetzt lohnt sich die Altersrente

11. Oktober 2025 - 9:07
Lesedauer 3 Minuten

Für Menschen mit einer Schwerbehinderung hat der deutsche Gesetzgeber Regelungen geschaffen, die einen vorzeitigen Beginn der Rente unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen.

Wann können Menschen mit einer Behinderung in Rente gehen, ohne Abschläge hinnehmen zu müssen. Wir zeigen, wann dies der Fall ist.

Was ist eine Schwerbehinderung?

Eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn das Versorgungsamt eine Behinderung von mindestens 50 Prozent feststellt.

Menschen mit diesem Status erhalten einen Schwerbehindertenausweis, der ihnen verschiedene Vergünstigungen und Rechte gewährt.

Wichtig: Der Status der Schwerbehinderung muss zum Zeitpunkt des Rentenbeginns bestehen. Änderungen nach diesem Zeitpunkt haben keinen Einfluss mehr auf den bereits gewährten Rentenanspruch.

Voraussetzungen für die Rente mit Schwerbehinderung

Die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen, ist an spezifische Voraussetzungen gebunden.

Die wesentlichen Kriterien sind das Geburtsjahr der betreffenden Person und die Anzahl der Versicherungsjahre.

Für einen rentenberechtigten Schwerbehinderten ist generell eine Mindestversicherungszeit von 35 Jahren erforderlich. Zu dieser Wartezeit zählen unter anderem:

  • Beiträge aus Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit
  • Freiwillig gezahlte Beiträge zur Rentenversicherung
  • Zeiten der Kindererziehung bis zu drei Jahre pro Kind
  • Nicht erwerbsmäßige häusliche Pflegezeiten
  • Anrechnungszeiten, zum Beispiel aufgrund von Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit oder Krankheit
  • Berücksichtigungszeiten wie die Erziehung von Kindern unter zehn Jahren

Diese verschiedenen Zeiten zu sammeln und nachzuweisen, kann komplex sein, daher ist eine frühzeitige Beratung durch die Deutsche Rentenversicherung oder einen unabhängigen Rentenberater empfehlenswert.

Der Schwerbehindertenausweis allein genügt nicht

Ein weiterer Irrglaube ist, dass der Besitz eines Schwerbehindertenausweises ausreicht, um früher in Rente zu gehen. Tatsächlich müssen neben dem Grad der Behinderung von mindestens 50 (GdB 50) zusätzlich mindestens 35 Versicherungsjahre bei der Deutschen Rentenversicherung nachgewiesen werden.

In diese Versicherungsjahre fließen nicht nur Arbeitszeiten, sondern, wie bereits aufgeführt, auch Zeiten der Kindererziehung, Krankheitsphasen, Pflegezeiten oder der Versorgungsausgleich ein.

Altersgrenzen und finanzielle Abschläge

Die Regelungen sehen verschiedene Altersgrenzen für den Rentenbeginn vor, die je nach Geburtsjahr der Person variieren:

  • Für Jahrgänge ab 1964: Es ist möglich, ab 65 Jahren ohne finanzielle Abschläge in Rente zu gehen. Wer jedoch bereits ab 62 Jahren in Rente gehen möchte, muss mit dauerhaften Abschlägen rechnen.
  • Für Jahrgänge zwischen 1952 und 1963: Die Altersgrenze für eine abschlagsfreie Rente steigt schrittweise von 63 auf 65 Jahre. Entsprechend erhöht sich die Altersgrenze für eine vorgezogene Rente mit Abschlägen von 60 auf 62 Jahre.

Für jeden Monat, der vor der regulären Altersgrenze in Rente gegangen wird, erfolgt ein Abschlag von 0,3 Prozent des Rentenbetrags, bis zu einem Höchstwert von 10,8 Prozent. Diese Abschläge sind permanent und reduzieren die Rente für den Rest des Lebens.

Zusätzliche Rentenoptionen und Erhöhungen

Neben der regulären Altersrente für Schwerbehinderte gibt es weitere Rentenarten, die spezielle Bedingungen für einen früheren Rentenbeginn ohne Abschläge bieten. Zum Beispiel kann die Altersrente für besonders langjährig Versicherte in Anspruch genommen werden, wenn sehr lange Versicherungszeiten vorliegen.

Rentenerhöhungen, die regelmäßig stattfinden, orientieren sich an der allgemeinen Lohnentwicklung in Deutschland. Diese Anpassungen helfen, die Kaufkraft der Renten zu erhalten. Darüber hinaus gibt es verschiedene Zuschüsse und Unterstützungsmöglichkeiten, wie den Härtefallfonds, die finanzielle Unterstützung bieten können.

Flexi-Rente und Nebenverdienste

Die Flexi-Rente ist ein relativ neues Konzept, das es Rentnern ermöglicht, weiterhin zu arbeiten und Einkommen zu erzielen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird, solange bestimmte Hinzuverdienstgrenzen eingehalten werden. Dies bietet besonders für Menschen, die trotz Schwerbehinderung weiterhin teilweise arbeitsfähig sind, eine flexible Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt aufzubessern.

Rententabelle: Rente bei einer Schwerbehinderung Jahr­gang Alter (Jahr + Monate) Renten­beginn zwischen (Monat/Jahr) 1958 64 01/2022–01/2023 1959 64 + 2 03/2023–03/2024 1960 64 + 4 05/2024–05/2025 1961 64 + 6 07/2025–07/2026 1962 64 + 8 09/2026–09/2027 1963 64 + 10 11/2027–11/2028 Ab 1964 65 Ab 1/2029; immer nach Vollendung des 65. Lebensjahres Tabelle: Vorzeitiger Rentenstart für schwerbehinderte Menschen

Bei einem früheren Beginn der Rente müssen auch schwerbehinderte Rentnerinnen und Rentner Abschläge in Kauf nehmen. In der nachfolgenden Tabelle sind diese Abschläge aufgelistet.

1 Jahr früher in Rente: 3,6 Prozent Abschlag Jahr­gang Alter (Jahr + Monate) Renten­beginn zwischen (Monat/Jahr) 1959 63 + 2 03/2022–03/2023 1960 63 + 4 05/2023–05/2024 1961 63 + 6 07/2024–07/2025 1962 63 + 8 09/2025–09/2026 1963 63 + 10 11/2026–11/2027 1964 64 01/2028–01/2029 2 Jahre früher Rente: 7,2 Prozent Abschlag Jahr­gang Alter (Jahr + Monate) Renten­beginn zwischen (Monat/Jahr) 1960 62 + 4 05/2022–05/2023 1961 62 + 6 07/2023–07/2024 1962 62 + 8 09/2024–09/2025 1963 62 + 10 11/2025–11/2026 1964 63 01/2027–01/2028 3  Jahre früher Rente: 10,8 Prozent Abschlag Jahr­gang Alter (Jahr + Monate) Renten­beginn zwischen (Monat/Jahr) 1961 61 + 6 07/2022–07/2023 1962 61 + 8 09/2023–09/2024 1963 61 + 10 11/2024–11/2025 1964 62 01/2026–01/2027 Vor der Rente beraten lassen

Die Regelungen zur Rente mit Schwerbehinderung erkennen die besonderen Lebenssituationen an, denen schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben gegenüberstehen.

Daher soll es Betroffenen ermöglicht werden, früher in Rente zu gehen. Zuvor sollte man sich jedoch von einem Sozialverband wie dem Paritätischem oder dem SOVD beraten lassen.

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Bürgergeld: Jobcenter dürfen Einnahmen aus der Stellplatzvermietung anrechnen

11. Oktober 2025 - 8:48
Lesedauer 3 Minuten

Einnahmen aus der Vermietung eines im Eigentum stehenden Stellplatzes der Bürgergeld Empfängerin sind anrechenbares Einkommen, wovon die 30 Euro Versicherungspauschale abzusetzen ist (LSG Hamburg, Urt. v. 10.07.2025 – L 4 AS 294/24 -).

Einnahmen aus Vermietung

Grundsätzlich sind alle Einnahmen in Geld als Einkommen zu berücksichtigen. Dazu gehören auch Einnahmen aus Vermietung. Einnahmen aus der Stellplatzvermietung unterfallen auch keiner der in § 11 a SGB II genannten Ausnahmen.

Dem steht nicht entgegen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG, Urt. v. 06.08.2014 – B 4 AS 37/13 R – ), wonach Einnahmen aus der Untervermietung eines vom Leistungsberechtigten als Teil der Unterkunft angemieteten Stellplatzes nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, sondern die zu berücksichtigenden Unterkunftskosten mindern.

Denn abgesehen davon, dass es hier – anders als in dem dem genannten Urteil zugrundeliegenden Fall – nicht um die Untervermietung eines von der Klägerin angemieteten Stellplatzes geht, sondern um die Vermietung eines in ihrem Eigentum stehenden Stellplatzes, würde sich auch bei einer Berücksichtigung der Mieteinnahme nicht als Einkommen, sondern als Minderung der Unterkunftskosten kein höherer Leistungsanspruch der Klägerin ergeben.

Im Gegenteil stünde die Klägerin dann im Ergebnis sogar schlechter, da in diesem Fall kein Freibetrag gelten und die Mieteinnahmen in voller Höhe mindernd wirken würden, der Anspruch sich in den Monaten mit Einkommen also nicht nur um 195 Euro, sondern um die vollen 225 Euro reduzieren würde.

Bürgergeld Bezieherin vertritt die Auffassung, sie habe die Einnahmen aus der Stellplatzvermietung für Reparaturen ihrer Wohnung vorgesehen

Der 4. Senat des LSG Hamburg folgt nicht dieser Auffassung, denn wie eine Einnahme verwendet wird, ändert nichts an ihrem Charakter als Einkommen.

Gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II sind vom Einkommen zwar die mit der Einkommenserzielung verbundenen notwendigen Ausgaben abzuziehen, ein Zusammenhang zwischen Kosten für notwendige Reparaturen der Eigentumswohnung und der Vermietung des Stellplatzes ist – aber nicht erkennbar.

Einnahmen aus Vermietung kein Erwerbseinkommen

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht ferner dargelegt, dass die Absetzung eines Freibetrags von 100 Euro nach § 11b Abs. 2 SGB II hier nicht in Betracht kommt, da es sich nicht um – Erwerbseinkommen – handelt.

Anmerkung von Detlef Brock

1. Einnahmen aus Vermietung unterfallen auch keiner der in § 11 a SGB II genannten Ausnahmen ( vgl. BSG, Urt. v. 17.07.2024 – B 7 AS 7/23 R – ).

Extratipp vom Sozialrechtsexperten

Zur Übernahme der Grundbesitzabgaben eines im Eigentum stehenden Gargenstellplatzes der Bürgergeld Empfängerin durch das Jobcenter

Für Wohneigentum bei Bürgergeld Bezug gelten bei der Kostenübernahme die selben Maßstäbe wie für Mieter, um eine Gleichbehandlung sicherzustellen. Das schließt grundsätzlich auch Grundbesitzabgaben mit ein.

Bei Garagen oder Stellplätzen ist entscheidend, ob die Wohnung oder das Haus ohne die Garage bzw. den Stellplatz hätte angemietet oder erworben werden können oder ob die Garage/der Stellplatz rechtlich und tatsächlich separat gekündigt oder verkauft werden kann (fehlende Abtrennbarkeit).

Liegt eine solche untrennbare Einheit vor, sind die Garagenkosten als Teil der Unterkunftskosten zu berücksichtigen, sofern die Gesamtkosten der Unterkunft angemessen sind. Eine Verpflichtung zur Untervermietung der Garage besteht in diesem Fall nicht.

Grundbesitzabgaben eines im Eigentum stehenden Gargenstellplatzes der Bürgergeld Empfängerin sind im Falle einer fehlenden Abtrennbarkeit übernahmefähig vom Jobcenter, soweit insgesamt die abstrakten Angemessenheitsgrenzen im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht überschritten werden!

Entscheidend ist i.S.e. „Alles-oder-nichts“, ob es dem Leistungsberechtigten möglich ist, seinen Wohnraumbedarf zu decken, ohne zugleich zur Zahlung von Kosten für die Garage/einen Stellplatz verpflichtet zu sein ( LSG NRW – L 12 AS 18/22 NZB – ).

Das ist dann nicht der Fall, wenn die Wohnung nicht ohne Garage/Stellplatz an mietbar ist und dieser auch nicht separat gekündigt werden kann (vgl. BSG Urteil vom 19.05.2021 – B 14 AS 39/20 R -).

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Bürgergeld: Jobcenter darf eine Einmalzahlung nicht auf 6 Monate anrechnen

11. Oktober 2025 - 8:43
Lesedauer 3 Minuten

Das Bundessozialgericht hat sich grundlegend zur Frage geäußert, wie Betriebskostenguthaben beim Arbeitslosengeld II (Bürgergeld) zu berücksichtigen sind.

Es geht dabei um die Frage, ob eine solche Rückzahlung als einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten verteilt werden darf oder ob sie nur in einem bestimmten Monat oder in unmittelbar folgenden Monaten berücksichtigt werden muss.

Rückzahlungen oder Guthaben, die die Wohnkosten mindern

Das Gericht stellte klar, dass Rückzahlungen oder Gutschriften aus Betriebskostenabrechnungen (oder vergleichbaren Posten), die unmittelbar die Ausgaben für Unterkunft und Heizung reduzieren, nicht monatsübergreifend verteilt werden dürfen.

Sie sind zwar grundsätzlich als Einkommen zu verstehen, sollen jedoch nach den Regelungen des § 22 Abs. 3 SGB II ausschließlich die Bedarfe für Unterkunft und Heizung ab dem Folgemonat ihres Zuflusses mindern. Eine Verteilung auf mehrere Monate findet nicht statt.

Diese Entscheidung ist besonders wichtig für Leistungsempfänger, denen aufgrund eines größeren Guthabens für einen Monat eventuell gar keine Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Nun steht aber fest, dass eine solche Summe nicht künstlich „gestreckt“ werden darf.

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Was das Bundessozialgericht angeordnet hat

Die für diesen Rechtsstreit relevanten Urteile der Vorinstanzen wurden aufgehoben oder abgeändert. Das Bundessozialgericht verurteilte den beklagten Leistungsträger dazu, Ansprüche auf Arbeitslosengeld II in Form von Leistungen für Unterkunft und Heizung in einer höheren Summe festzusetzen, nämlich 124,07 Euro pro Kläger (anstelle der zuvor angesetzten 93,05 Euro). Bereits ausgezahlte 120,26 Euro werden auf diese Ansprüche angerechnet.

Hintergründe und Streit um die Betriebskostenabrechnung

Im Mittelpunkt standen zwei Eheleute, Jahrgänge 1958 und 1968, nach einer vorläufigen Bewilligung von Arbeitslosengeld II eine endgültige Festsetzung und Zahlung höherer Leistungen forderten. Strittig war konkret, wie sich ein Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung auf den Bedarf für Unterkunft und Heizung auswirkt.

Seit 2001 wohnen sie in einer 91,4 Quadratmeter großen Wohnung in Berlin. Dort lebten sie zunächst mit allen Kindern, ab Januar 2016 mit zwei Söhnen der Jahrgänge 1989 und 1996. Die Kosten für Wohnung und Gasheizung lagen ab Januar 2016 insgesamt bei 680,37 Euro monatlich.

Der Ehemann verdiente zwischen Dezember 2014 und Juli 2016 Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Auch einer der Söhne war ab Februar 2016 berufstätig.

Vorläufige Leistungsbewilligung vom Jobcenter

Weil die genauen Einkünfte im Zeitpunkt der Beantragung nicht feststanden, bewilligte das Jobcenter die Leistungen vorläufig. Dabei wurde zunächst ein fiktives Einkommen des Ehemanns angerechnet, was zu monatlichen Zahlungen an die Kläger und den Sohn führte.

Später – als feststand, dass der Sohn genügend eigenes Einkommen erzielte – rechnete man dessen Bedarf heraus. Den Klägern selbst wurden schließlich vorläufig 120,26 Euro als Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt.

Neuberechnung löst hohe Rückforderungen aus

Im Februar 2016 erhielt der Ehemann dann eine Gutschrift über 744,46 Euro aus einer Betriebskostenabrechnung für den Zeitraum Mai 2014 bis April 2015. Das Jobcenter erfuhr davon im Juli 2016, als die Kläger die Unterlagen einreichten. Daraufhin entschied der Beklagte, diese 744,46 Euro auf sechs Monate zu verteilen. Im Ergebnis wurde für bestimmte Monate ein geringerer Leistungsanspruch (bzw. gar keiner) errechnet, was bei den Klägern hohe Rückforderungen auslöste.

Die Eheleute erhoben nur für Juni 2016 Klage, weil sie für diesen Monat ihren vollen Bedarf für Unterkunft und Heizung (170,09 Euro pro Person) geltend machen wollten. Ihrer Auffassung nach hätte das Guthaben sich entweder vollständig auf März 2016 oder anteilig noch auf April 2016 auswirken dürfen, nicht aber monatsweise bis in den Juni hinein. In zwei Instanzen unterlagen sie zunächst, ehe das Bundessozialgericht ihnen recht gab.

Warum das Guthaben nicht auf sechs Monate verteilt werden darf

Die entscheidenden Vorschriften liegen in § 19, § 7 ff. und § 22 SGB II. Das BSG stellte fest, dass Rückzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 3 SGB II ausschließlich vom jeweiligen Bedarf für Unterkunft und Heizung abgezogen werden dürfen.

Eine Anrechnung als Einmalzahlung gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II, die bei sonstigem Einkommen eine Verteilung auf mehrere Monate zulässt, kommt hier nicht in Betracht. § 22 Abs. 3 SGB II ist eine spezielle Regelung, die allein für die Frage gilt, wie mit Betriebskostenguthaben umzugehen ist.

Würde man diese Gutschriften in die allgemeine Systematik der Einkommensanrechnung integrieren, so das Gericht, verliefe der vom Gesetzgeber gewollte Mechanismus ins Leere: Es soll nämlich sichergestellt werden, dass die Kommunen, die tatsächlich die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung tragen, unmittelbar entlastet werden und nicht über eine künstliche Verteilung in mehreren Monaten.

Verteilung der Summe auf mehrere Monate nicht zulässig

Das Urteil bekräftigt damit die Rechtsauffassung, dass solche Rückzahlungen zwar als Einkommen gelten, aber in genau demjenigen Monat, der auf den tatsächlichen Zufluss folgt, bzw. in den Folgemonaten so lange angerechnet werden, bis sie aufgebraucht sind.

Ein systematisches Verteilen der Summe auf ein halbes Jahr, um den Ausfall eines kompletten Leistungsmonats zu verhindern, ist nicht zulässig. Für den konkreten Rechtsfall bedeutete dies, dass das schon im Februar 2016 ausgezahlte Guthaben höchstens für März und eventuell April 2016 zu einer Minderung des Unterkunftsbedarfs führen konnte, nicht aber erst im Juni.

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Schwerbehinderung bei psychischer Erkrankung: Das steht Ihnen wirklich zu

10. Oktober 2025 - 17:25
Lesedauer 3 Minuten

Auch psychische Erkrankungen können einen Grad der Behinderung (GdB) begründen – vom niedrigsten bis zum höchsten. Besonders ab einem GdB von 50 gelten dann zahlreiche Sonderregelungen, um Nachteile auszugleichen. Entscheidend ist immer, wie stark die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist, nicht die Diagnose allein.

Es kommt auf den Einzelfall an

Gerade bei Behinderungen mit psychischer Ursache kommt es stark auf den Einzelfall an. Die Versorgungsmedizin liefert Anhaltswerte zur Einordnung, starre Schemata gibt es aber nicht. Betroffene ringen daher nicht selten vor den Sozialgerichten um eine höhere Einstufung, als die zuständige Behörde zunächst festsetzt.

Rechtsgrundlagen: Was gilt?

Das Sozialgesetzbuch IX stellt klar: Auch seelische Beeinträchtigungen können eine Behinderung sein, wenn sie voraussichtlich länger als sechs Monate die gleichberechtigte Teilhabe verhindern. Die Feststellung des GdB regelt § 152 SGB IX.

Bewertet wird nach der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“. Zuständig ist die nach Landesrecht bestimmte Feststellungsbehörde (oft „Versorgungsamt“ bzw. Landesamt für Soziales).

Wichtig: Behördlich festgestellt wird ein GdB erst ab 20. Leichtere Beeinträchtigungen können zwar versorgungsmedizinisch mit 0–20 „bewertet“ werden, einen Bescheid gibt es aber frühestens ab GdB 20.

Entscheidend sind die Auswirkungen – nicht die Diagnose

Eine psychische Erkrankung kann eine Behinderung begründen. Maßgeblich ist, wie stark die Folgen der Erkrankung die Teilhabe im Alltag einschränken (Arbeit, Lernen, Kommunikation, Orientierung, Selbstversorgung, soziale Kontakte).

Wie schränken psychische Erkrankungen ein?

Einschränkungen können von gering bis erheblich reichen: Antriebsminderung oder Hyperaktivität, Angst- und Erstickungsgefühle, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, ausgeprägte Schuldgefühle, Verfolgungswahn, Benommenheit, fehlendes Selbstwertgefühl, Interessenverlust, bis hin zu Selbst- oder Fremdgefährdung.

Welche Krankheiten nennt die Versorgungsmedizin?

Die VersMedV listet unter „Nervensystem und Psyche“ u. a. Persönlichkeitsstörungen (z. B. emotional instabile/Borderline, paranoide), psychotische Störungen, Angststörungen, Depressionen, bipolare Störungen, Zwangs- und Anpassungsstörungen. Die Liste ist nicht abschließend – entscheidend bleibt die Auswirkung.

GdB-Stufen bei psychischen Störungen (Anhaltswerte der VersMedV)

Leichte Störungen: 0–20
Stärker behindernde Störungen (z. B. ausgeprägte Depressionen, schwere Phobien/Hypochondrie) mit deutlichen Alltagsproblemen: 30–40
Schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten: 50–70
Schwere Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten: 80–100

In den höheren Stufen stehen typischerweise massive Probleme der sozialen und beruflichen Anpassung im Vordergrund (z. B. anhaltende Psychosen, schwere therapieresistente Depressionen). Häufig liegen bereits psychiatrische Behandlungen, Psychotherapien und teils stationäre Aufenthalte vor.

Gleichstellung bei GdB 30/40: wichtiger Schutz im Job

Wer „nur“ GdB 30 oder 40 hat, kann sich bei der Agentur für Arbeit gleichstellen lassen, wenn sonst der Arbeitsplatz gefährdet ist oder eine Einstellung scheitert.

Gleichgestellte genießen u. a. besonderen Kündigungsschutz und werden schwerbehinderten Menschen arbeitsrechtlich weitgehend gleichgestellt – ohne dass die Schwerbehinderteneigenschaft im Übrigen vorliegt.

Nachteilsausgleiche ab GdB 50 (Schwerbehinderteneigenschaft)

Mit GdB 50 gilt man als schwerbehinderter Mensch. Damit verbunden sind zahlreiche Rechte; vieles hängt zusätzlich von Merkzeichen ab (siehe unten).

Bereich Wichtige Nachteilsausgleiche ab GdB 50 Arbeitsrecht Besonderer Kündigungsschutz (Zustimmung Integrationsamt), Zusatzurlaub (idR 5 Tage/Jahr bei Vollzeit), Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung/Arbeitsplatzgestaltung Steuern Behinderten-Pauschbetrag (Höhe staffelt sich nach GdB) Mobilität/ÖPNV Ermäßigungen/Unentgeltliche Beförderung bei passenden Merkzeichen (G/B/aG/H/Bl/Gl) Rente Zugang zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) Sonstiges Parkerleichterungen, Rundfunkbeitrags-Ermäßigung/-Befreiung (RF), vorrangige Reha-Leistungen etc. – je nach Merkzeichen Merkzeichen entscheiden mit

Viele Vorteile hängen nicht nur am GdB, sondern an Merkzeichen, die zusätzliche Bedarfe abbilden:

Merkzeichen Was es bedeutet / typischer Vorteil G erhebliche Gehbehinderung → ÖPNV-Ermäßigung/Freifahrt (mit Wertmarke) aG außergewöhnliche Gehbehinderung → Parkerleichterungen, höhere Mobilitätsvorteile B ständige Begleitung nötig → kostenfreie Mitnahme einer Begleitperson H Hilflosigkeit → erhöhter Steuer-Pauschbetrag, ÖPNV-Freifahrt Bl blind → unentgeltliche Beförderung, erhöhte Pauschbeträge Gl gehörlos → Nachteilsausgleiche im ÖPNV/Steuerbereich RF Ermäßigung/Befreiung vom Rundfunkbeitrag (sofern Voraussetzungen erfüllt) Verfahren, Unterlagen & BEM: Was ist zu beachten?

Der Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) wird bei der jeweils zuständigen Feststellungsbehörde gestellt, deren Bezeichnung je nach Bundesland variiert.

Zwar gilt der Amtsermittlungsgrundsatz und die Behörde klärt den Sachverhalt von sich aus, in der Praxis sind jedoch aktuelle fachärztliche Befunde sowie Therapie- und Klinikberichte entscheidend, damit die tatsächlichen Teilhabeeinschränkungen realistisch abgebildet werden.

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist kein GdB-abhängiger Vorteil, sondern vom Arbeitgeber anzubieten, sobald Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind – unabhängig davon, ob ein GdB oder die Schwerbehinderteneigenschaft vorliegt.

Widerspruch und Klage: Fristen kennen – Rechte nutzen

Die Behörde liegt nicht immer richtig. Widersprüche und Klagen sind häufig erfolgreich, wenn Befunde nachgereicht oder Gutachten präzisieren.

Widerspruch: innerhalb 1 Monats nach Bekanntgabe des Bescheids.
Klage (beim Sozialgericht): ebenfalls 1 Monat nach Widerspruchsbescheid.
Ausnahme: 3 Monate, wenn die Bekanntgabe im Ausland erfolgt.
Wer die Fristen wahrt und medizinisch nachlegt, verbessert seine Chancen deutlich.

Realität vs. Theorie

In der Praxis widersprechen sich Atteste, Symptome schwanken, Gutachten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Gerade deshalb lohnt es sich, Behandlungsverläufe sauber zu dokumentieren, Angehörigenberichte beizufügen und auf Alltagsauswirkungen (Arbeitsfähigkeit, Tagesstruktur, soziale Interaktion) konkret einzugehen.

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Schwerbehinderung: Unbefristeter Schwerbehindertenausweis ist in diesen Fällen möglich

10. Oktober 2025 - 17:22
Lesedauer 2 Minuten

Schwerbehinderte können selbst dann keinen unbefristeten Schwerbehindertenausweis beanspruchen, wenn die Behinderung voraussichtlich unumkehrbar ist. So entschied das Thüringische Landessozialbericht gegen einen gehörlosen Mann. (L 5 SB 1259/19).

Behörde lehnt Antrag ab

Der Betroffene ist gehörlos und hat deshalb einen Grad der Behinderung von 100. Trotzdem wurde sein Schwerbehindertenausweis auf fünf Jahre befristet. Er beantragte einen unbefristeten Ausweis und begründete dies damit, dass seine Gehörlosigkeit unumkehrbar sei.

Die zuständige Behörde lehnte den Antrag ab und verwies dabei auf das Sozialgesetzbuch IX.

Sozialgesetz: Ausweis sollte immer befristet sein

Dort steht im Paragrafen 152 zu “Feststellung der Behinderung, Ausweis” im Absatz 5:

“Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. (…) Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.”

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Ausnahmefälle bei der Befristung des Ausweises

Der Fall ging vor das Sozialgericht und schließlich vor das Landessozialgericht. Der Betroffene argumentierte, dass in anderen Landkreisen in vergleichbaren Fällen ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis ausgestellt würde.

Das sei zwar richtig, erklärten die Richter des Landessozialgerichtes, und eine einheitliche Verwaltungspraxis sei auch wünschenswert, doch entsteht daraus keine rechtlich einklagbare Verpflichtung.

Der Gesetzestext im Paragrafen 152 sagt eindeutig, dass die Gültigkeit des Ausweises befristet werden soll. Dies bezieht sich auf den Ausweis und nicht auf die diesem zugrunde liegende Behinderung.

Wenn die Schwerbehinderung unverändert vorliegt, dann müssen Sie als Betroffener nach Ablauf der Ausweisfrist lediglich einen neuen Ausweis beantragen – und nicht etwa Ihren Grad der Behinderung neu prüfen lassen. Es handelt sich also um eine reine Formalie.

Unterschiedliche Vorgaben bei den zuständigen Ämtern

Tatsächlich sind nicht nur in den jeweiligen Landkreisen, sondern auch in den einzelnen Bundesländern die Vorgaben unterschiedlich, ob der Schwerbehindertenausweis befristet oder unbefristet ausgestellt wird.

In Niedersachsen gilt etwa laut dem Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie ausdrücklich: “Sofern nach ärztlicher Einschätzung keine Verbesserung der gesundheitlichen Situation zu erwarten ist, wird der Ausweis unbefristet ausgestellt.”

Versorgungsämter können je nach Fall entscheiden

Rechtlich können die zuständigen Behörden, also meist die Versorgungsämter, einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis ausstellen, müssen dies aber nicht.

Die Versorgungsämter haben diese Möglichkeit, wenn eine Behinderung als dauerhaft eingestuft wird und eine Besserung des Zustands äußerst unwahrscheinlich ist. Beides ist zwar bei dem gehörlosen Mann aus Thüringen gegeben, doch ein Rechtsanspruch auf einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis entsteht deshalb nicht.

Unbefristet nur in außergewöhnlichen Fällen

Ein weiteres Urteil stellte klar, dass auch bei unbefristeter Feststellung einer Schwerbehinderung der Schwerbehindertenausweis grundsätzlich nur befristet ausgestellt wird. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 8 SB 2527/21).

Auch in diesem Urteil bezogen sich die Richter auf die Formulierung im Paragrafen 152, Absatz 5 Satz 3 des Sozialgesetzbuches IX, nach dem die Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises befristet werden solle. Das Wort “solle” bedeute, dass die Ämter den Ausweis in der Regel befristen müssen, davon jedoch in außergewöhnlichen Fällen abweichen könnten.

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Bürgergeld: Das verändert der neue Vermittlungsvorrang

10. Oktober 2025 - 16:23
Lesedauer 3 Minuten

Die neue Koalition kündigt die Rückkehr des Vermittlungsvorrangs an. Übersetzt heißt das: Wer Bürgergeld bzw. künftig „neue Grundsicherung“ bezieht und arbeitsfähig ist, soll wieder vorrangig in einen passenden Job vermittelt werden – Weiterbildung tritt zurück.

Parallel fordert der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung genau das Gegenteil: mehr Ermessensspielraum in den Jobcentern, damit Qualifizierung nicht zum Anhängsel, sondern zur Chance wird.

Zwischen politischem Schlagwort und Praxisalltag klafft eine Lücke, die Betroffene spüren werden – bei Beratung, Pflichten und Perspektiven.

Zurück in die Kurzfristlogik?

Der alte Vermittlungsvorrang stand für schnelle Platzierungen – oftmals in befristete, niedrig bezahlte oder fachfremde Arbeit. Die Folgen kennen viele: häufiger Jobwechsel, wenig Aufstieg, kaum Schutz vor Armut trotz Arbeit. Das Bürgergeld sollte das aufbrechen: Wer einen Berufsabschluss nachholt oder sich gezielt qualifiziert, sollte nicht benachteiligt sein.

Mit der angekündigten Reform droht nun der Rückschritt in die „Erstbeste-Stelle“-Logik. Das mag kurzfristig Quoten hübschen, löst aber weder den Fachkräftemangel noch die Einkommenssorgen in Bedarfsgemeinschaften.

Was sich in den Jobcentern verschiebt

Wenn der Vorrang wieder gilt, verschieben sich Gewichte im Gespräch am Schreibtisch: Weg vom „Was passt zu Ihrer Qualifikation?“ hin zu „Welche Stelle nehmen Sie sofort an?“. Fallmanager:innen bekämen weniger Zeit für Profiling, Matching und flankierende Hilfen (Kinderbetreuung, Gesundheitscoaching, Schulden- und Suchtberatung).

Gleichzeitig würden Pflichten härter: Wer eine zumutbare Stelle ablehnt, riskiert schneller Leistungsminderungen. Die Koalition verspricht Ausnahmen für gesundheitlich eingeschränkte Menschen – in der Praxis bleibt aber die Beweislast häufig bei den Leistungsbeziehenden.

Weiterbildung: Von der Perspektive zum Privileg?

Das Weiterbildungsgeld von 150 Euro im Monat und die Prämien bei Abschluss hatten ein klares Signal gesetzt: Lernen lohnt sich. Mit der Rückkehr des Vorrangs kann Weiterbildung wieder zum „Nice to have“ werden – möglich, aber nur wenn keine Arbeitsaufnahme „im Weg steht“.

Gerade für Ältere ohne formal anerkannten Abschluss, Alleinerziehende und Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiografien wäre das fatal.

Wer dauerhaft raus war, braucht oft mehr als einen Schnellstart: Orientierung, Teilqualifizierungen, ggf. einen anerkannten Abschluss. Kurzfristige Vermittlung ersetzt diese Bausteine nicht.

Mehr Ermessensspielraum – oder mehr Willkür?

Der Beirat rät, den Jobcentern das professionelle Urteil zu überlassen: Wo bringt eine schnelle Vermittlung wirklich etwas? Wo zahlt sich Weiterbildung absehbar aus? Das klingt vernünftig – allerdings nur, wenn Ermessensentscheidungen sauber begründet, kontrolliert und transparent sind.

Ein echtes Qualitätsversprechen wäre: verbindliche Kriterien, begleitende Evaluation, klare Rechtsbehelfe, Schulungen für Fallmanager:innen – und eine Beratung auf Augenhöhe. Ohne diese Leitplanken wird „Ermessen“ sonst zur Lotterie, abhängig von Personalmangel, lokalen Arbeitsmarktchancen oder persönlicher Haltung.

Was das konkret für dich bedeutet

Betroffene sollten sich darauf einstellen, dass Stellenvorschläge wieder häufiger und verbindlicher werden. Wer qualifizieren will, braucht starke Argumente: ein plausibles Berufsbild, realistische Dauer, klare Vermittlungsaussichten – und am besten bereits einen Bildungsträger sowie Kinderbetreuung im Blick.

Wichtig: Rechte kennen und Fristen halten. Gegen unpassende Zuweisungen kann man sich wehren, aber nur mit Begründung und, falls nötig, ärztlichen Nachweisen. Beratungsgespräche sollten aktiv genutzt werden: Lebenslauf aktualisieren, Kompetenzen sichtbar machen, Gesundheitsbelastungen dokumentieren.

Heute vs. geplant – die wichtigsten Punkte im Überblick Heute (Bürgergeld) Geplant (Grundsicherung neu) Weiterbildungsgeld: 150 € mtl. zusätzlich bei abschlussorientierter Qualifizierung; Prämien möglich. Weiterbildung bleibt möglich, steht aber unter stärkerem Vermittlungsdruck; Priorität auf zeitnahe Arbeitsaufnahme. Vorrang-Regel: Vermittlungsvorrang ausgesetzt – Qualifizierung kann gleichrangig oder vorrangig sein, wenn sinnvoll. Vermittlungsvorrang kehrt zurück – zumutbare Jobangebote haben grundsätzlich Priorität vor längeren Qualifizierungen. Konsequenzen: Ablehnung unpassender Maßnahmen sanktionierbar, aber mehr Spielraum für Profiling/Coaching. Konsequenzen verschärft: schnellere Leistungsminderungen bei Ablehnung zumutbarer Arbeit; Ausnahmen für gesundheitlich stark Eingeschränkte angekündigt. Was wäre eine faire Balance?

Eine kluge Reform würde dreierlei sichern:

  1. Qualifizierung mit Zielklarheit: Weiterbildung, wenn ein Abschluss oder eine Teilqualifizierung realistisch in Arbeit führt.
  2. Vermittlung mit Qualitätsfilter: Vorrang für Beschäftigungen mit Mindeststandards (Tarifbindung, Perspektive, zumindest mittelfristige Stabilität).
  3. Verbindliche Beratung: Rechtsfeste Gesprächsstandards, die dokumentieren, warum Vermittlung oder Weiterbildung sinnvoller ist – und wie Zwischenschritte (Praktika, Teilzeit, Coaching) aussehen.
Unser Fazit

Die Rückkehr des Vermittlungsvorrangs ist politisch schnell erklärt, fachlich aber riskant. Sie droht, kurzfristige Statistikerfolge über nachhaltige Integration zu stellen.

Wer es ernst meint mit Fachkräftesicherung und armutsfester Erwerbsarbeit, setzt auf passgenaue Qualifizierung, klare Zumutbarkeitsregeln und starke Beratung – nicht auf die Wiederauflage von Druck als Allheilmittel. Betroffene brauchen keine symbolischen Debatten, sondern belastbare Wege aus dem Leistungsbezug: Schritt für Schritt, aber mit echtem Ziel.

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Bürgergeld: 1 053 Euro monatlich für einen Single-Haushalt

10. Oktober 2025 - 16:20
Lesedauer 4 Minuten

Die durchschnittliche Höhe des Bürgergelds für alleinstehende Leistungsberechtigte liegt nach der jüngsten Jobcenter-Statistik bei 1 053 Euro im Monat. Doch dieser Mittelwert kaschiert erhebliche regionale Unterschiede: In Köln fließen im Schnitt 1 136 Euro, in Magdeburg lediglich 1 020 Euro – eine Spanne von mehr als 100 Euro.

Verantwortlich dafür ist, dass nur der Regelsatz überall identisch ist; alle übrigen Komponenten werden vor Ort festgelegt und orientieren sich an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten.

Wer vom Bürgergeld lebt

Von den knapp 2,91 Millionen Bedarfsgemeinschaften, die Ende April 2025 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bezogen, waren fast 1,66 Millionen Single-Haushalte. Damit bestreiten gut 57 Prozent aller Empfängerinnen und Empfänger ihren Alltag allein. Die zweitgrößte Gruppe bilden Alleinerziehende mit gut einer halben Million Fällen.

Diese Struktur ist für die Jobcenter von praktischer Bedeutung, weil die Bedarfsberechnung für Singles besonders klar geregelt ist und sich unterschiedliche Stadt- und Mietniveaus so transparent abbilden lassen.

Unter der Armutsgefährdungsschwelle

Gemessen an der europaweit üblichen Armutsgefährdungsschwelle – sie liegt bei 60 Prozent des mittleren verfügbaren Haushaltseinkommens – verfehlt das Bürgergeld für Singles den Wert deutlich. Laut Destatis mussten alleinlebende Personen 2024 monatlich 1 381 Euro netto zur Verfügung haben, um nicht als armutsgefährdet zu gelten.

Der durchschnittliche Bürgergeldbezug von 1 053 Euro unterschreitet diese Marke um mehr als 300 Euro und verdeutlicht, dass die Sozialleistung zwar das Existenzminimum sichern soll, aber keine echte Teilhabe garantiert.

Die starre Größe im System: der Regelsatz

Knapp die Hälfte des durchschnittlichen Leistungsvolumens entfällt auf den bundeseinheitlichen Regelsatz von derzeit 563 Euro für Alleinstehende. Schon vor dem Start des Bürgergelds am 1. Januar 2023 wurde dessen Höhe intensiv diskutiert.

Der Paritätische Gesamtverband bezifferte in mehreren Expertisen den notwendigen Bedarf auf mindestens 813 Euro und begründete den Aufschlag unter anderem mit gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen. Die Bundesregierung blieb jedoch bei der konservativen Fortschreibung und ließ den Regelsatz 2025 – trotz hoher Inflation in den Vorjahren – unverändert.

Wer arbeitet und Einkommen erzielt, profitiert nur bedingt: Vom Verdienst bleiben pauschal 100 Euro anrechnungsfrei, alles darüber reduziert das Bürgergeld anteilig. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich Arbeit immer lohnt, gleichzeitig aber die Grundsicherung nur den tatsächlichen Bedarf deckt.

Wohnkosten als Unsicherheitsfaktor

Der mit Abstand größte Variationsfaktor sind die „Kosten der Unterkunft und Heizung“ (KdU). In München erkennen die Behörden für eine 50-Quadratmeter-Wohnung Bruttokaltmieten bis 890 Euro als angemessen an, während Leipzig für 45 Quadratmeter lediglich 346 Euro zugrunde legt.

Allerdings entspricht die Obergrenze nicht automatisch dem ausgezahlten Betrag: In der bayerischen Landeshauptstadt erhielt ein Single im Schnitt 545 Euro KdU – rund 40 Prozent weniger als die zulässige Höchstmiete. Hier zeigt sich, dass viele Leistungsbeziehende in teils kleineren, aber vor allem günstigeren Wohnungen leben müssen.

Weil die Mietobergrenzen an den lokalen Wohnungsmarkt geknüpft sind, erklärt sich auch das Stadt-Ranking der Jobcenter-Zahlungen. Metropolen wie Hamburg (1 163 Euro), Frankfurt am Main (1 141 Euro) oder Stuttgart (1 149 Euro) liegen an der Spitze, ländlich geprägte Regionen und ostdeutsche Städte wie Görlitz (968 Euro) oder Leipzig (984 Euro) am unteren Ende.

Stadt Mietobergrenze* für einen 1-Person-Haushalt (Bruttokaltmiete/Monat) Berlin 449 € Hamburg 573 € München 890 € Köln 677 € Frankfurt a. M. 786 € Düsseldorf 546 € Stuttgart 556 € Leipzig 346 € Dortmund 570 € Essen 472 € Bremen 539 € Hannover 470 €

*Die Werte gelten für Wohnungen bis 50 m² (in Leipzig bis 45 m²) und beziehen sich auf die vom jeweiligen Jobcenter als „angemessen“ anerkannte Bruttokaltmiete; Heiz- und Warmwasserkosten kommen ggf. noch hinzu. Regionale Anpassungen und künftige Fortschreibungen sind möglich.

Die Tabelle zeigt, wie stark die zulässigen Mieten zwischen den Kommunen variieren – von nur 346 Euro in Leipzig bis hin zu fast 900 Euro in München. Grund dafür sind die sehr unterschiedlichen Wohnungsmärkte und die daraus abgeleiteten Richtwerte, die jedes Jobcenter eigenständig festlegt.

Energie und Mehrbedarfe

Zusätzlich zu Miete und Nebenkosten übernimmt das Jobcenter die Heizkosten in tatsächlicher, soweit angemessener Höhe. Die Angemessenheit definieren Kommunen in eigenen Richtlinien: München sieht bei Fernwärme 3,28 Euro pro Quadratmeter als Richtwert, womit für eine 50-Quadratmeter-Wohnung bis zu 164 Euro möglich wären. Weil Verbrauchs- und Versorgungsstruktur stark variieren, schwanken auch diese Beträge erheblich.

Darüber hinaus können Mehrbedarfe geltend gemacht werden – etwa für eine kostenaufwändige Ernährung, für Schwangerschaft oder für den Betrieb eines stromfressenden Durchlauferhitzers. Diese Zuschläge betragen zwischen ein und höchstens 60 Prozent des Regelsatzes und werden individuell geprüft.

Vom Hartz-IV-Erbe zur Bürgergeld-Reform

Mit dem Bürgergeld endete zum Jahreswechsel 2022/23 das Hartz-IV-System. Die Reform versprach höhere Freibeträge, eine halbjährige Karenzzeit für Wohn- und Vermögensprüfung sowie einen stärkeren Fokus auf Qualifizierung statt Sanktionen. Diese Neuregelungen sollen aber nunmehr aufgeweicht oder gar abgeschafft werden.

Gleichzeitig halten Sozialverbände die Leistung nach wie vor für zu niedrig. Die Debatte bewegt sich damit zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite steht die Sorge vor fehlenden Arbeitsanreizen, auf der anderen die Forderung nach einem existenz- und teilhabesichernden Regelsatz.

Aussichten

Für den Herbst 2025 hat das Bundesarbeitsministerium eine erneute Evaluation angekündigt. Dabei sollen insbesondere die Wirkung der Karenzzeit, die Effekte der höheren Freibeträge und die Dynamisierung des Regelsatzes überprüft werden.

Während die Regierungsparteien auf einen robusten Arbeitsmarkt verweisen, mahnen Verbände wie der Paritätische spätestens zur nächsten Fortschreibung Anfang 2026 eine substanzielle Erhöhung an.

Ob und in welchem Umfang die Leistungssätze steigen, wird nicht zuletzt von der Inflationsentwicklung abhängen – und davon, ob es der Politik gelingt, bezahlbaren Wohnraum gerade in den Ballungszentren zu schaffen.

Bis dahin bleibt das Bürgergeld für alleinstehende Hilfebedürftige eine Unterstützung, die unter der offiziellen Armutsgrenze liegt und stark davon abhängt, in welcher Stadt man wohnt.

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3.000 Euro Rente – geht das?

10. Oktober 2025 - 15:43
Lesedauer 4 Minuten

3.000 Euro Rente – geht das? Was hinter den 3.000 Euro steckt
Wer von „3.000 Euro Rente“ spricht, meint meistens die monatliche Zahlung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Diese Summe gibt es jedoch in zwei Varianten: als Bruttorente vor Abzügen und als Nettorente nach Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach Steuern. Zwischen beiden Beträgen kann – je nach Krankenkasse, Kinderstatus und Steuerprofil – eine spürbare Lücke liegen.

Wie die gesetzliche Rente berechnet wird

Die Höhe einer Altersrente folgt einer klaren Formel: Entgeltpunkte × Zugangsfaktor × aktueller Rentenwert × Rentenartfaktor. Für die reguläre Altersrente sind Zugangsfaktor und Rentenartfaktor in der Regel 1,0. Entscheidend sind damit die Entgeltpunkte, also das Verhältnis des eigenen versicherten Einkommens zum jeweiligen Durchschnittsentgelt eines Jahres, und der aktuelle Rentenwert, der pro Punkt die monatliche Bruttorente festlegt. Zum 1. Juli 2025 liegt der aktuelle Rentenwert bei 40,79 Euro; zuvor betrug er 39,32 Euro.

Die Rechengrößen 2025: Lohnmaßstab, Obergrenzen und Beitragssatz

Ein voller Entgeltpunkt entsteht, wenn das eigene Bruttojahreseinkommen dem Durchschnittsentgelt entspricht. Dieser Maßstab beträgt für 2025 vorläufig 50.493 Euro.

Wer mehr verdient, sammelt anteilig mehr Punkte; eine Obergrenze setzt die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung von 96.600 Euro pro Jahr. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt 2025 unverändert 18,6 Prozent.

Rechenweg zur 3.000-Euro-Rente

Um 3.000 Euro Bruttorente zu erreichen, braucht es bei einem Rentenwert von 40,79 Euro rund 73,55 Entgeltpunkte. Ein Jahr genau auf Durchschnittslohn bringt einen Punkt; oberhalb des Durchschnitts geht es schneller, aber nur bis zur Kappung an der Beitragsbemessungsgrenze.

2025 lassen sich damit maximal rund 1,91 Punkte pro Jahr erzielen. Wer also dauerhaft am Limit verdient, würde rechnerisch gut 38 bis 39 Versicherungsjahre benötigen, um allein in der gesetzlichen Rente die Marke von 3.000 Euro brutto zu erreichen. In einer langen, gut bezahlten Erwerbsbiografie ist das möglich – aber anspruchsvoll.

Kindererziehungszeiten, Karrierebrüche und Aufwertungstatbestände

Die Rechnung gilt für „glatte“ Erwerbsbiografien. In der Praxis beeinflussen Kindererziehungszeiten, Pflege, Arbeitslosigkeit, Teilzeitphasen oder Weiterbildungen die Punktesumme.

Für Kinder zählen pauschale Entgeltpunkte: Für vor 1992 geborene Kinder werden bis zu 2,5 Entgeltpunkte angerechnet, für ab 1992 geborene Kinder bis zu 3,0. Das hilft insbesondere bei unterbrochenen Erwerbsverläufen, ersetzt aber keine jahrzehntelangen Höchstbeiträge.

Brutto ist nicht Netto: Kranken- und Pflegeversicherung

Von der Bruttorente gehen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab. In der Krankenversicherung der Rentner tragen Rentnerin oder Rentner und Rentenversicherung jeweils die Hälfte des allgemeinen Satzes von 14,6 Prozent sowie des kassenindividuellen Zusatzbeitrags.

Der durchschnittliche Zusatzbeitrag liegt 2025 bei 2,5 Prozent; einzelne Kassen liegen teils darüber. Den Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen Rentenbeziehende selbst – 2025 im Regelfall 3,6 Prozent, für Kinderlose über 23 Jahre 4,2 Prozent.

Bei einer Bruttorente von 3.000 Euro ergibt das – allein für Sozialbeiträge – grob 8,55 Prozent Krankenversicherung und 3,6 bis 4,2 Prozent Pflegeversicherung, also etwa 12 bis 13 Prozent Abzüge, bevor die Steuer ins Spiel kommt.

Steuern: Der Besteuerungsanteil entscheidet

Ob und wie viel Einkommensteuer anfällt, hängt vor allem vom Rentenbeginn ab. Für Neurentnerinnen und -rentner 2025 sind 83,5 Prozent der Jahresbruttorente steuerpflichtig; der individuelle Rentenfreibetrag beträgt damit 16,5 Prozent des ersten vollen Jahresbetrags und bleibt lebenslang als absoluter Wert bestehen.

Zusätzlich wirkt der Grundfreibetrag von 12.096 Euro (bei Zusammenveranlagung 24.192 Euro), dazu kommen typische Abzüge wie die als Sonderausgaben berücksichtigten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Bei 3.000 Euro Bruttorente im Monat entsteht regelmäßig ein zu versteuerndes Einkommen – die konkrete Steuerlast hängt jedoch von Familienstand, Kirchensteuer, weiteren Einkünften und abzugsfähigen Aufwendungen ab.

Wie realistisch sind 3.000 Euro – ein Blick auf die Statistik

Im Bestand der gesetzlichen Renten sind sehr hohe Zahlbeträge die Ausnahme. Nach amtlichen Veröffentlichungen lagen die durchschnittlichen Zahlbeträge zuletzt deutlich darunter; besonders hohe Altersrenten ab etwa 2.700 Euro werden nur von einem kleinen Anteil der Neurentner erreicht.

Ein Teil der Bevölkerung verfügt zwar über zusätzliche betriebliche oder private Renten, doch bezogen auf die gesetzliche Rente allein bleibt die 3.000-Euro-Marke ein ambitioniertes Ziel, das vor allem bei sehr langen und sehr gut bezahlten Erwerbsbiografien erreicht wird.

Früher, regulär oder später in Rente – was das für die Höhe bedeutet

Wer vor der Regelaltersgrenze geht, erhält dauerhaft Abschläge von 0,3 Prozent pro Monat, maximal 14,4 Prozent. Umgekehrt erhöhen Zuschläge bei einem späteren Rentenbeginn die Rente um 0,5 Prozent je Monat.

Die landläufige „Rente mit 63“ ist heute eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 45 Jahren Wartezeit; die Altersgrenze steigt allerdings je nach Jahrgang an und liegt perspektivisch bei 65 Jahren. Wer die Marke von 3.000 Euro anstrebt, sollte die Effekte des Zugangsfaktors unbedingt einplanen.

Mehrsäulig denken: Betriebsrenten, Basis-/Riester-Renten und Kapitalentnahme

Die 3.000 Euro lassen sich deutlich leichter erreichen, wenn mehrere Säulen zusammenspielen. Eine üppige Betriebsrente oder private Leibrenten können die gesetzliche Rente ergänzen; zu beachten ist hierbei, dass auf Betriebsrenten in der Regel der volle GKV- und Pflegebeitrag fällig wird, ohne hälftigen Zuschuss der Rentenversicherung.

Alternativ oder ergänzend kann ein Wertpapier-Entnahmeplan im Ruhestand laufende Erträge liefern; dieser Baustein ist flexibel, unterliegt aber Kapitalmarktrisiken und steuerlichen Regeln für Kapitalerträge. Welche Kombination Sinn ergibt, ist individuell – entscheidend ist, früh und planvoll vorzusorgen und Förderwege sowie

Beispielhafte Einordnung – was man grob im Erwerbsleben leisten muss

Zur Orientierung: Für 3.000 Euro Bruttorente braucht es, wie gezeigt, rund 73,5 Entgeltpunkte. Über 45 Versicherungsjahre entspricht das im Mittel etwa 1,63 Punkten pro Jahr. Bezogen auf den 2025er Lohnmaßstab heißt das eine durchschnittliche Jahresvergütung in der Größenordnung von gut 82.000 Euro – über Jahrzehnte hinweg und ohne längere Lücken.

Wer näher an der Beitragsbemessungsgrenze verdient, schafft die Punktzahl schneller; wer häufiger darunter liegt oder früher in Rente geht, braucht zusätzliche Bausteine.

Fazit

Die Antwort lautet: Ja, 3.000 Euro Rente sind möglich – aber als reine Bruttorente aus der gesetzlichen Versicherung erfordern sie sehr lange und sehr gut vergütete Erwerbsbiografien oder eine gezielte Kombination aus gesetzlicher Rente, Betriebs- und Privatrenten.

Zudem gilt: Brutto ist nicht Netto. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die nachgelagerte Besteuerung reduzieren die Auszahlung spürbar.

Wer die Marke anpeilt, sollte frühzeitig planen, Entgeltpunkte konsequent aufbauen, mögliche Erziehungs- und Pflegezeiten korrekt erfassen und betriebliche sowie private Vorsorge gezielt nutzen.

Die nüchterne Rechnung zeigt: Mit Disziplin, stabil hohen Einkommen und einer klugen Mehrsäulen-Strategie bleibt die 3.000-Euro-Marke erreichbar – aber sie ist kein Selbstläufer.

Hinweis: Alle Werte und Rechtsstände beziehen sich auf das Jahr 2025. Einzelne Kassen- und Steuerwerte können abweichen; maßgeblich sind die individuellen Bescheide und Tarife.

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Bürgergeld-Anspruch auch bei 1100 Euro Arbeitseinkommen

10. Oktober 2025 - 14:07
Lesedauer 3 Minuten

Wie viel Bürgergeld einer erwerbsfähigen Person mit 1.100 Euro Einkommen zusteht, hängt nicht nur von der bloßen Zahl „1.100“ ab. Entscheidend sind Regelsätze, Miet- und Heizkosten, die Freibeträge auf Erwerbseinkommen sowie mögliche Mehrbedarfe. Erst wenn all das zusammengedacht wird, ergibt sich der konkrete Auszahlungsbetrag. Im Folgenden erklären wir die Systematik Schritt für Schritt, zeigen die Rechenlogik und liefern ein anschauliches Beispiel.

Bedarf minus anrechenbares Einkommen

Bürgergeld kann eine aufstockende Leistung sein. Zunächst wird Ihr monatlicher Bedarf ermittelt: Er setzt sich aus dem Regelbedarf (für Lebensunterhalt) und den angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) zusammen; dazu können Mehrbedarfe kommen.

Auf diesen Gesamtbedarf wird anschließend Ihr anrechenbares Einkommen angerechnet. Nur die Differenz wird als Bürgergeld ausgezahlt. Die Jobcenter übernehmen die KdU in „angemessener“ Höhe nach örtlichen Richtwerten; was als angemessen gilt, legt jede Kommune anhand schlüssiger Konzepte fest.

Die Regelsätze 2025/2026

Nach den derzeit geltenden Regelbedarfen liegt der monatliche Satz für Alleinstehende und Alleinerziehende bei 563 Euro, für Partner in einer Bedarfsgemeinschaft bei 506 Euro je Person. Für Kinder gelten altersgestaffelte Beträge zwischen 357 Euro und 471 Euro. Diese Sätze gelten 2025 unverändert fort.

Brutto oder netto? Was die „1.100 Euro“ bedeuten

Bei Bürgergeld-Berechnungen ist wichtig zu unterscheiden: Die Freibeträge werden aus dem Bruttoverdienst ermittelt, anschließend vom Nettoverdienst abgezogen.

Erst dieses Ergebnis ist Ihr anrechenbares Einkommen, das den Bürgergeld-Anspruch mindert. Steuern, Sozialabgaben und notwendige Ausgaben mindern also zunächst das Nettoeinkommen; danach greift der Freibetrag aus dem Brutto.

Die Freibeträge auf Erwerbseinkommen – mit 1.100 Euro

Für erwerbstätige Bürgergeld-Beziehende gilt ein mehrstufiger Freibetrag: Die ersten 100 Euro im Monat sind stets frei. Vom Bruttoanteil zwischen 100 und 520 Euro bleiben 20 Prozent, vom Anteil 520 bis 1.000 Euro 30 Prozent und vom Anteil 1.000 bis 1.200 Euro 10 Prozent anrechnungsfrei.

Wer ein minderjähriges Kind im Haushalt hat, kann den 10-Prozent-Abschnitt sogar bis 1.500 Euro ausschöpfen. Diese Freibeträge werden vom Nettoeinkommen abgezogen und mindern so das anrechenbare Einkommen.

Für 1.100 Euro Brutto ergibt das einen Freibetrag von 338 Euro: 100 Euro Grundfreibetrag plus 20 % aus 420 Euro (= 84 Euro) plus 30 % aus 480 Euro (= 144 Euro) plus 10 % aus 100 Euro (= 10 Euro). Genau diese 338 Euro werden später vom Nettoverdienst abgezogen.

Beispielrechnung: alleinstehend, 1.100 Euro Bruttoverdienst

Nehmen wir eine alleinstehende Person ohne Mehrbedarfe, mit einer Warmmiete von 500 Euro (im Rahmen der örtlichen Angemessenheit). Der Regelbedarf beträgt 563 Euro; damit liegt der Gesamtbedarf bei 1.063 Euro (563 + 500). Der Freibetrag aus 1.100 Euro Brutto beläuft sich – wie gezeigt – auf 338 Euro.

Wie hoch ist nun das anrechenbare Einkommen? Das hängt vom Nettoverdienst ab, der je nach Steuerklasse und Abgaben leicht variiert. Beispielhaft mit einem Netto von 900 Euro ergäbe sich: 900 Euro minus 338 Euro Freibetrag gleich 562 Euro anrechenbares Einkommen.

Vom Gesamtbedarf 1.063 Euro abgezogen bliebe ein Bürgergeld-Anspruch von 501 Euro. Liegt das Netto etwas höher, zum Beispiel bei 950 Euro, wären 950 minus 338 = 612 Euro anrechenbar; der Anspruch läge dann bei 451 Euro.

Die Logik bleibt identisch: Bedarf minus (Netto – Freibetrag) = Auszahlungsbetrag.

Miete und Heizkosten entscheiden

In vielen Fällen bleibt trotz Arbeit ein beträchtlicher Bürgergeld-Anteil, weil die Miete den Bedarf stark erhöht. Wichtig ist, dass nur angemessene KdU berücksichtigt werden; was angemessen ist, richtet sich nach lokalen Richtwerten. Wer zu teuer wohnt, muss mit Aufforderungen zur Kostensenkung oder – nach einer Übergangszeit – mit einer Deckelung rechnen.

Mehrbedarfe können den Anspruch erhöhen

Neben Regelbedarf und KdU gibt es Mehrbedarfe, etwa für werdende Mütter, Alleinerziehende, Menschen mit bestimmten Behinderungen oder bei dezentraler Warmwassererzeugung. Solche Zuschläge erhöhen den Bedarf und damit auch den möglichen Bürgergeld-Anspruch. Welche Mehrbedarfe im Einzelfall greifen, ergibt sich aus den gesetzlichen Vorgaben und wird vom Jobcenter festgestellt. Offizielle Übersichten erläutern die Systematik.

Bedarfsgemeinschaft: Einkommen wird zusammen betrachtet

Leben Sie mit einem Partner oder mit Kindern zusammen, wird der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft ermittelt und das gesamte anrechenbare Einkommen dagegen gerechnet. Für Partner gilt 2025 ein Regelsatz von 506 Euro je Person; Kinder erhalten altersabhängige Regelsätze. Arbeiten Sie oder Ihr Partner, gelten die oben beschriebenen Freibeträge je Erwerbstätigem – die Summe entscheidet.

Was „1.100 Euro Einkommen“ nicht automatisch sagen

Wichtig ist, dass „1.100 Euro“ allein noch keine Auskunft über die Leistungshöhe geben. Erst mit den Parametern Nettoverdienst, Warmmiete, Haushaltskonstellation und Mehrbedarfen lässt sich der Anspruch beziffern. Einheitlich bleibt die Formel: Bürgergeld = Regelbedarf + angemessene KdU (+ Mehrbedarfe) – (Nettoverdienst – Freibetrag aus dem Brutto). Die Regelsätze 2025 und die Freibetragsstaffel sind dabei fix, die KdU lokal.

Fazit: Bei 1.100 Euro Brutto ist ein Aufstocken häufig realistisch

Wer 1.100 Euro brutto verdient, hat dank des Freibetrags von 338 Euro oft weiterhin einen Anspruch auf aufstockendes Bürgergeld, insbesondere wenn Miete und Heizung den Bedarf prägen. Für eine alleinstehende Person mit angemessener Warmmiete kann – je nach Nettoverdienst – ein dreistelliger Auszahlungsbetrag resultieren.

Die genaue Höhe hängt im Einzelfall von den genannten Faktoren ab; die Regelsätze 2025 und die Freibetragslogik liefern den verbindlichen Rahmen. Für eine belastbare Einzelfallprüfung helfen offizielle Rechner und die Beratung im zuständigen Jobcenter.

Hinweis zur Einordnung: Die in diesem Beitrag verwendeten Regelsätze und Freibeträge entsprechen dem Rechtsstand 2025; die Bundesregierung hat für 2026 eine erneute Nullrunde bei den Regelbedarfen angekündigt. Änderungen in der Gesetzgebung – auch bei Sanktionen oder Vermögensregeln – werden politisch diskutiert und sollten vor einer konkreten Antragstellung stets geprüft werden.

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Bürgergeld: Landessozialgericht gegen suggestive Fragen des Jobcenters

10. Oktober 2025 - 14:04
Lesedauer 4 Minuten

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Beschluss die vorläufige Gewährung von Bürgergeld und Krankenversicherungsleistungen neu geregelt und dabei eine Entscheidung des Sozialgerichts Berlin abgeändert.

Der Fall bezieht sich auf die Ansprüche eines Antragstellers auf vorläufige Leistungen in Form von Bürgergeld sowie die Übernahme von Schulden aus der Krankenversicherung. Das Gericht kritisierte zudem “die suggestiven Fragen und die fehlende Unterscheidung zwischen objektiven Tatsachen und subjektiven Einschätzungen” des Jobcenters.

Streit um Bürgergeld und Krankenversicherung

Der Antragsteller, geboren im Jahr 1965, bezog ab März 2023 neben Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld auch Bürgergeld. Anfang 2024 beantragte er eine erneute Zahlung von Bürgergeld.

Dieser Antrag wurde jedoch vom Jobcenter abgelehnt, da eine angeblich fehlende Mitwirkung des Antragstellers festgestellt wurde.

Der Antragsteller und seine ehemalige Lebensgefährtin gaben an, keine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, sondern lediglich in einem Untermietverhältnis zu wohnen. Diese Angaben führten zu einem Streit mit dem Jobcenter über den tatsächlichen Status der Bedarfsgemeinschaft.

Antragssteller verfügt über keine Einkünfte und hat Schulden

Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung machte der Antragsteller geltend, dass er über keine weiteren Einkünfte verfüge und die Rückstände bei der Krankenversicherung zu gravierenden Konsequenzen führen könnten.

Das Sozialgericht Berlin lehnte den Antrag zunächst ab. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller jedoch Beschwerde beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ein.

Entscheidung des Landessozialgerichts: Ansprüche auf Bürgergeld und Krankenversicherung anerkannt

Das Landessozialgericht gab der Beschwerde des Antragstellers teilweise statt. Dem Antragsteller wurde vorläufig Bürgergeld ab dem 5. September 2024 bis Ende des Jahres zugesprochen, sofern keine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache vorliegt.

Das Gericht entschied, dass das Jobcenter die aufgelaufenen Beitragsschulden zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe von 1.935,02 Euro direkt an die AOK Nordost zu überweisen habe. Auch die Versicherungspflicht des Antragstellers sei bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu melden.

Die Kosten des Verfahrens wurden zu drei Vierteln dem Jobcenter auferlegt. Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe des Antragstellers wurde jedoch abgelehnt, da die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt worden waren.

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Prüfung der Bedarfsgemeinschaft: Zeugenvernehmung als entscheidender Faktor

Ein wichtiger Punkt des Falles war die Frage, ob der Antragsteller und seine ehemalige Lebensgefährtin eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Das Jobcenter ging zunächst davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft vorliege, da der Antragsteller weiterhin in der Wohnung seiner ehemaligen Partnerin lebte.

Der Antragsteller hingegen argumentierte, dass es sich um ein Untermietverhältnis handele. Er legte hierzu einen Untermietvertrag sowie eidesstattliche Erklärungen vor, in denen er und die Zeugin betonten, dass keine finanzielle Abhängigkeit bestehe und sie getrennt wirtschafteten.

Persönliche Befragung der Zeugin notwendig

Das Gericht entschied, dass die Aussagen der Zeugin durch eine Zeugenvernehmung erhoben werden mussten, da dies zur Aufklärung des Sachverhalts unverzichtbar sei. Eine persönliche Befragung der Zeugin fand im September 2024 statt.

Diese Befragung war entscheidend, da die Angaben über die getrennte Haushaltsführung, den unabhängigen Einkauf und die eigenständige Wäschepflege des Antragstellers als glaubhaft angesehen wurden. Die Aussagen der Zeugin widersprachen damit den Annahmen des Jobcenters.

Prüfungen durch das Jobcenter und Mängel bei der Ermittlung

Während des Verfahrens hatte das Jobcenter mehrere Prüfungen durchgeführt, um die vermutete Bedarfsgemeinschaft zu überprüfen. Hausbesuche und Befragungen sollten Klarheit über den gemeinsamen Haushalt des Antragstellers und der Zeugin bringen.

Allerdings wurden die Protokolle dieser Besuche nicht von den beteiligten Mitarbeitenden des Jobcenters unterschrieben, was ihren Beweiswert minderte.

Der Inhalt der Prüfprotokolle war oft nicht belegt und enthielt nur allgemeine Einschätzungen ohne detaillierte Nachweise.

Gericht kritisiert die Beweiserhebung des Jobcenters

Das Gericht stellte klar, dass die Nutzung von suggestiven Fragen und die mangelnde Trennung zwischen objektiven Tatsachen und subjektiven Bewertungen in den Protokollen die Ermittlungsergebnisse unzuverlässig machten. Die Beweiserhebungen des Jobcenters waren somit nicht hinreichend, um eine Bedarfsgemeinschaft zu belegen.

Kriterien für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft

Nach der geltenden Rechtslage wird das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft in bestimmten Fällen vermutet, etwa wenn Partner über ein Jahr zusammenleben oder gemeinsam für Kinder oder andere Haushaltsangehörige sorgen.

Das Gericht betonte, dass diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um von einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen zu können. Das bloße Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt reicht nicht aus; es muss auch ein Wille zur gemeinsamen wirtschaftlichen Verantwortung bestehen.

Landessozialgericht sieht keine ausreichenden Hinweise

Das Landessozialgericht sah in diesem Fall keine ausreichenden Hinweise darauf, dass eine gemeinsame Haushaltsführung und finanzielle Verantwortung bestand.

Vielmehr wurden die trennenden Aspekte des Haushalts betont, wie getrennte Einkäufe, separat gehaltene Lebensmittelvorräte und die individuelle Aufteilung der Haushaltsaufgaben.

Diese deutlichen Hinweise auf eine Trennung der Lebensführung überzeugten das Gericht davon, dass es sich nicht um eine Bedarfsgemeinschaft handelte.

Bürgergeld als vorläufige Leistung zur Existenzsicherung

Das Gericht entschied, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Bürgergeld in voller Höhe habe, da die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit vorlagen. Der Antragsteller verfügte über keine ausreichenden finanziellen Mittel, um seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Auch das Einkommen der Zeugin konnte nicht angerechnet werden, da keine Bedarfsgemeinschaft bestand.

Die vorläufige Leistung von Bürgergeld sei notwendig, um dem Antragsteller ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern.

Das Gericht stellte klar, dass die Zahlung des Bürgergeldes keine darlehensweise Gewährung darstelle, sondern der Sicherstellung der laufenden Bedürfnisse des Antragstellers diene. Diese Entscheidung solle bis zur rechtskräftigen Klärung in der Hauptsache gelten.

Freiwillige Krankenversicherung und Beitragsübernahme

Neben der vorläufigen Gewährung von Bürgergeld entschied das Gericht auch über die Übernahme der aufgelaufenen Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung des Antragstellers. Die Beitragsschulden in Höhe von 1.935,02 Euro müsse das Jobcenter direkt an die AOK Nordost überweisen.

Dieser Schritt sei erforderlich, um eine drohende Kündigung der Krankenversicherung und damit einhergehende gravierende gesundheitliche Nachteile für den Antragsteller zu vermeiden.

Das Gericht wies darauf hin, dass die gesetzlichen Grundlagen in diesem Fall den Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung vorsehen, da keine gesetzliche Krankenversicherung besteht.

Der Anspruch auf Zuschuss entfällt, sobald das Jobcenter die endgültige Bewilligung von Bürgergeld vornimmt und die Versicherung kraft Gesetzes eintritt. Bis dahin ist jedoch die Beitragsübernahme notwendig, um eine Versorgungslücke zu verhindern.

Gericht kritisiert Handhabung des Jobcenters

Das Gericht kritisierte die Handhabung des Falles durch das Jobcenter in mehreren Punkten. Besonders hervorgehoben wurde die mangelnde Nachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidungen und die unzureichende Dokumentation der durchgeführten Hausbesuche.

Die suggestiven Fragen und die fehlende Unterscheidung zwischen objektiven Tatsachen und subjektiven Einschätzungen wurden als problematisch eingestuft.

Das Gericht stellte klar, dass die Sachverhaltsaufklärung durch das Jobcenter nicht ausreichend war, insbesondere im Hinblick auf die Trennung der Lebensverhältnisse des Antragstellers und der Zeugin.

Der Einsatz von Zeugenvernehmungen wurde als notwendig angesehen, um die Behauptungen des Antragstellers zu überprüfen, was vom Jobcenter jedoch nicht in ausreichendem Umfang veranlasst worden war.

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Wichtige Änderungen bei der Erwerbsminderungsrente ab 2026

10. Oktober 2025 - 13:17
Lesedauer 3 Minuten

Für Bezieherinnen und Bezieher einer Erwerbsminderungsrente (Em-Rente) bringt das Jahr 2026 vor allem drei spürbare Punkte: Erstens steigen die anrechnungsfreien Hinzuverdienstgrenzen, weil die maßgebliche Sozialversicherungs-Bezugsgröße angehoben wird.

Zweitens verschiebt sich die sogenannte Zurechnungszeit, die die Rentenhöhe mitbestimmt, um einen weiteren Monat nach hinten. Drittens wird der seit 2024 eingeführte Zuschlag für Bestandsrentner ab Dezember 2025 dauerhaft in die laufende Rente integriert – mit Folgen, die ab 2026 praktisch wirksam werden.

Ergänzend gibt es Neuerungen wie die „Aktivrente“ für Altersrentner, die häufig mit der Erwerbsminderungsrente verwechselt wird, auf EM-Renten vor der Regelaltersgrenze aber nicht anwendbar ist.

Höhere Hinzuverdienstgrenzen: so werden sie 2026 berechnet

Rechtsgrundlage für den Zuverdienst ist § 96a SGB VI. Danach darf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe gezahlt werden, solange die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird.

Diese Grenze bemisst sich für die volle EM-Rente als drei Achtel der 14-fachen monatlichen Bezugsgröße. Für 2026 beträgt die Bezugsgröße 3.955 Euro pro Monat; daraus ergibt sich eine anrechnungsfreie Jahressumme von 20.763,75 Euro (14 × 3.955 € × 3/8). Maßgeblich ist immer die Jahressumme, nicht Einzelmonate.

Teilweise Erwerbsminderung: individuelle Grenzen und Mindestwert

Bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente ist die Hinzuverdienstgrenze höher und wird individuell hergeleitet; mindestens gilt sechs Achtel der 14-fachen Bezugsgröße.

Mit der Bezugsgröße 2026 entspricht das rechnerisch 41.527,50 Euro im Jahr; abhängig vom höchsten Verdienst in den 15 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung kann die individuelle Grenze jedoch darüber liegen. Welche Grenze konkret gilt, steht im Rentenbescheid bzw. kann die DRV mitteilen.

Wenn die Grenze überschritten wird: die 40-Prozent-Regel

Wird die jeweilige Hinzuverdienstgrenze überschritten, reduziert sich die Rentenzahlung anteilig. Gesetzlich festgelegt ist, dass 40 Prozent des über der Grenze liegenden Jahresbetrags – auf den Monat umgerechnet – von der Rente abgezogen werden. Erst wenn der Abzugsbetrag die volle Rente erreicht, ruht die Zahlung vollständig. Diese Systematik gilt seit der Reform der Hinzuverdienstregeln fort.

Zurechnungszeit: die stille Erhöhung um einen Monat

Die Zurechnungszeit tut so, als hätten Versicherte bis zu einem gesetzlich festgelegten Alter weiter Beiträge gezahlt; sie ist damit ein zentraler Rentensteigerer.

Der Zeitkorridor wird seit 2019 schrittweise verlängert. Für Rentenbeginne im Jahr 2026 endet die Zurechnungszeit mit 66 Jahren und 3 Monaten; langfristig steigt sie auf 67 Jahre an.

Das Stufenprogramm ist gesetzlich fixiert, die Tabelle mit den Jahrgängen und Endaltern ist in amtlichen DRV-Unterlagen dokumentiert.

Zuschlag für Bestandsrentner: ab Dezember 2025 dauerhaft integriert

Wer schon vor 2019 eine EM-Rente erhalten hat, bekommt seit 2024 einen Zuschlag. Ab Dezember 2025 wird dieser nicht mehr separat überwiesen, sondern als Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten dauerhaft in die laufende Rente integriert.

Damit greift die Neuberechnung ab 2026 in allen Monatszahlungen. Wichtig: Ab der Integration kann der Zuschlag bei anderen Leistungen als Einkommen zählen, etwa bei Hinterbliebenenrenten-Anrechnungen oder in der Grundsicherung – hier sind individuelle Auswirkungen möglich. Die DRV informiert die Betroffenen per Bescheid.

„Aktivrente“ ab 2026: wichtig für Altersrentner, nicht für EM-Rentner

Politisch neu ist die Aktivrente: Ab 1. Januar 2026 sollen Menschen nach Erreichen der Regelaltersgrenze bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen können; diskutiert wird zudem der Verzicht auf den Progressionsvorbehalt.

Das Vorhaben wurde von der Bundesregierung/Koalition beschlossen und breit berichtet. Für laufende EM-Renten vor der Regelaltersgrenze gilt das nicht. Erst nach automatischer Umwandlung der EM-Rente in die Regelaltersrente können Betroffene – sofern sie arbeiten – unter die Aktivrente fallen.

Umfeldfaktoren 2026: Rechengrößen, Beitragssatz, Mindestlohn und Minijob

Die Sozialversicherungs-Rechengrößen 2026 sind staatlich festgelegt; mit der höheren Bezugsgröße steigen – wie oben beschrieben – automatisch die EM-Hinzuverdienstgrenzen.

Gleichzeitig weist das Bundesarbeitsministerium aus, dass der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung 2026 bei 18,6 Prozent stabil bleibt. Zudem ist eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 13,90 Euro zum 1. Januar 2026 vorgesehen; damit steigt auch die dynamische Minijob-Grenze auf rund 602 Euro pro Monat.

Für EM-Rentner mit Minijob kann das den Zuverdienst organisatorisch erleichtern, ändert aber nichts an den rentenrechtlichen EM-Grenzen und Anrechnungsregeln.

Ausblick und Praxis

2026 bleibt es dabei, dass die EM-Rente bei Erreichen der Regelaltersgrenze automatisch in eine Altersrente umgewandelt wird. Bereits entstandene Abschläge aus der EM-Rente bleiben grundsätzlich bestehen; neue Abschläge entstehen beim Übergang nicht.

Wer einen Wechsel in eine vorgezogene Altersrente erwägt, sollte vorab die individuelle Berechnung prüfen lassen, da der gesetzliche Bestandsschutz zwar eine niedrigere Zahlung im direkten Übergang begrenzen kann, die langfristige Entscheidung aber gut abgewogen sein will.

Für das laufende Jahr empfiehlt sich, Bescheide zur Hinzuverdienstgrenze und zum integrierten Zuschlag genau zu prüfen und bei Unklarheiten direkt mit der DRV Rücksprache zu halten.

Stand: 10. Oktober 2025. Rechtsgrundlagen, amtliche Rechengrößen und DRV-Hinweise: § 96a und § 59 SGB VI, BMAS/DRV-Veröffentlichungen sowie DRV-Tabellen zur Zurechnungszeit. Einzelne politische Maßnahmen (z. B. Aktivrente) beruhen auf aktuellen Regierungsentscheidungen und Berichten; die konkrete Ausgestaltung erfolgt durch Gesetz- bzw. Verordnungsgebungsverfahren

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Krankengeld Trick? Kurz vor der Aussteuerung gesund schreiben lassen

10. Oktober 2025 - 12:54
Lesedauer 3 Minuten

Wenn die Krankenkasse bei derselben Erkrankung nach längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren nicht mehr zahlt, spricht man umgangssprachlich von der „Aussteuerung“.

In diese 78 Wochen eingerechnet sind bereits die ersten sechs Wochen der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Rechtsgrundlage ist § 48 SGB V; Die sechs Wochen Lohnfortzahlung werden dabei mitgezählt.

Ist es eine gute Idee, sich kurz vor der Aussteuerung “gesund schreiben zu lassen”, um den Krankengeld-Countdown anzuhalten? Wir geben hierzu Antworten.

„Gesundschreibung“ gibt es nicht – wohl aber die Rückkehr an den Arbeitsplatz

Eine formelle „Gesundschreibung“ existiert in Deutschland nicht. Ärztinnen und Ärzte stellen Arbeitsunfähigkeit fest; wird keine weitere Arbeitsunfähigkeit (AU) bescheinigt, gilt die Person als arbeitsfähig.

Wer sich vor Ablauf der AU wieder arbeitsfähig fühlt, darf grundsätzlich auch trotz noch laufender Krankschreibung arbeiten; eine separate Bescheinigung „gesund“ ist nicht nötig. Empfehlenswert ist, den Arzt zu informieren, damit die AU entsprechend angepasst wird.

Die entscheidende Weichenstellung: echte Genesung oder „taktisches“ Gesundmelden?

Kurz vor der Aussteuerung „gesund schreiben zu lassen“, um den Krankengeld-Countdown anzuhalten, ist in der Regel keine tragfähige Strategie.

Der 78-Wochen-Höchstzeitraum wird innerhalb einer fest definierten Blockfrist von drei Jahren gezählt; Unterbrechungen oder kurze Arbeitsphasen setzen diese Frist nicht zurück. Selbst wenn die Arbeit kurzfristig wieder aufgenommen wird, bleiben die bereits verbrauchten Wochen innerhalb derselben Blockfrist angerechnet.

Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt bestätigt, dass sich “die Blockfristen lückenlos aneinanderreihen und die Anspruchsdauer am Blockfristprinzip hängt.”

Wiedereingliederung: der sanfte, sozialrechtlich saubere Weg zurück

Wer sich noch nicht voll belastbar fühlt, sollte statt eines abrupten „Gesundmeldens“ die stufenweise Wiedereingliederung („Hamburger Modell“) prüfen. Während dieser Phase bleibt die Person formal arbeitsunfähig und behält in der Regel den Krankengeldanspruch; das Einkommen aus reduzierter Tätigkeit wird mit dem Krankengeld verrechnet.

So lässt sich unter medizinischer Begleitung testen, ob und wie eine Rückkehr möglich ist – ohne die sozialrechtlichen Risiken einer verfrühten vollen Arbeitsaufnahme.

Das verbreitete Missverständnis um „einen Tag arbeiten“

Häufig kursiert die Idee, man müsse nur kurz arbeiten, um Fristen zu „resetten“. Das trifft für Krankengeld nicht zu. Die 78-Wochen-Grenze richtet sich nach der Blockfrist, nicht nach der Länge einzelner Arbeitsunterbrechungen.

Auch bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gilt: Ein neuer Sechs-Wochen-Anspruch entsteht bei derselben Krankheit in der Regel erst nach einer sechsmonatigen „Gesundphase“ oder nach zwölf Monaten seit Beginn der ersten AU, nicht durch einen einzelnen Arbeitstag. Diese Regeln betreffen zwar die Lohnfortzahlung, verdeutlichen aber, warum taktische Mini-Rückkehrversuche selten helfen.

Was passiert nach der Aussteuerung? Die Nahtlosigkeitsregelung

Wer nach Aussteuerung weiterhin krank ist und dem Arbeitsmarkt nicht mindestens drei Stunden täglich zur Verfügung steht, kann unter der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 SGB III Arbeitslosengeld I beziehen, obwohl die übliche Verfügbarkeit fehlt.

In der Praxis fordert die Agentur für Arbeit häufig, innerhalb eines Monats Reha- oder Rentenleistungen zu beantragen, damit geklärt wird, ob und wie Erwerbsfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Diese Brücke soll den Übergang vom Krankengeld sichern und ist gerade dann wichtig, wenn eine schnelle Rückkehr in den Beruf nicht realistisch ist.

Kontinuität der Krankschreibung: Lücken vermeiden

Für durchgehende Leistungen ist eine lückenlose AU-Bescheinigung entscheidend. Rückwirkende Krankschreibungen sind grundsätzlich nicht möglich. Wer zwischendurch „gesund“ gemeldet ist und dann doch wieder krank wird, riskiert Leistungslücken und komplizierte Prüfungen, ob die erneute AU noch in dieselbe Blockfrist fällt oder einen neuen Anspruch auslöst. Sorgfältige Abstimmung mit der behandelnden Praxis hilft, formale Fehler zu vermeiden.

Strategische Abwägung: Wann ein vorzeitiges Ende der AU sinnvoll sein kann

Sinn machen kann eine vorzeitige Rückkehr, wenn die gesundheitliche Stabilisierung objektiv tragfähig ist und der Arbeitsplatz realistisch belastungsangemessen gestaltet werden kann. Wer dauerhaft vollschichtig arbeiten kann, braucht naturgemäß kein Krankengeld mehr und beendet das Verfahren sauber.

Wer dagegen nur „auf dem Papier“ gesund ist, riskiert, dass das Krankengeld endet, aber die Arbeitsfähigkeit im Alltag nicht trägt – mit der Folge erneuter Krankschreibung innerhalb derselben Blockfrist oder problematischer Auseinandersetzungen mit Arbeitgeber, Krankenkasse und Arbeitsagentur.

Auswirkungen auf Reha- und Rentenverfahren

„Taktische“ Gesundmeldungen kurz vor einer medizinischen Begutachtung oder vor Entscheidungen über Reha und Erwerbsminderungsrente können in der Gesamtwürdigung widersprüchlich wirken. Sozialmedizinisch kommt es darauf an, was tatsächlich leistbar ist.

Wer Belastungserprobungen braucht, sollte das transparent über Wiedereingliederung oder Rehamaßnahmen abbilden. Ein sauber dokumentierter Verlauf ist regelmäßig überzeugender als abrupte Richtungswechsel ohne medizinische Grundlage.

Praktische Schritte für Betroffene

Im Zentrum steht immer die medizinische Lage: Sprechen Sie frühzeitig mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über die realistische Belastbarkeit und über die Option einer stufenweisen Wiedereingliederung.

Stimmen Sie die sozialrechtlichen Folgen mit Krankenkasse und – bei absehbarem Ende des Krankengeldes – mit der Agentur für Arbeit ab, insbesondere im Hinblick auf die Nahtlosigkeitsregelung. Achten Sie darauf, dass AU-Bescheinigungen ohne Lücken fortgeführt werden, solange keine tragfähige Arbeitsfähigkeit vorliegt. Dokumentieren Sie Veränderungen und Vereinbarungen schriftlich.

Fazit

„Kurz vor Aussteuerung gesund schreiben lassen“ ist selten eine gute Lösung, wenn die Leistungsfähigkeit nicht nachhaltig wiederhergestellt ist. Die maßgeblichen Fristen des Krankengelds folgen dem Blockfrist-Prinzip, nicht kurzfristigen Unterbrechungen.

Wer noch nicht voll belastbar ist, fährt mit einer Wiedereingliederung und – falls nötig – der Nahtlosigkeitsregelung rechtssicherer. Wer tatsächlich stabil genesen ist, kann und sollte den Weg zurück in die reguläre Arbeit offen und sauber gehen. Die richtige Entscheidung ist damit keine taktische, sondern eine medizinisch fundierte und rechtlich gut abgestimmte.

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. In komplexen Einzelfällen – insbesondere bei strittiger Zuordnung zu Blockfristen oder parallelen Reha/Renten-Verfahren – empfiehlt sich fachkundige Beratung, etwa bei Krankenkasse, Sozialverband oder spezialisierten Beratungsstellen.

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Rente: Sieg vor Gericht – Hilfsantrag knackt Blockade der Rentenkasse

10. Oktober 2025 - 12:34
Lesedauer 2 Minuten

Die Deutsche Rentenversicherung muss einen Antrag auf Erwerbsminderung auch dann in der Sache prüfen und darüber entscheiden, wenn sie diesen für „querulatorisch“ hält. So entschied das Sozialgericht Braunschweig (S 36 R 298/21) am 11.01.2022. Betroffen war die DRV Nordbayern.

Gutachten sieht keine Erwerbsminderung

Die Klägerin stellte erstmals 2017 einen Antrag bei der Rentenversicherung, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Die Rentenversicherung beauftragte eine Gutachterin, um dies zu prüfen.

Diese stellte zwar mehrere Erkrankungen fest, sah aber trotzdem eine tägliche Leistungsfähigkeit von mehr als sechs Stunden für körperlich leichte Tätigkeiten und damit keine Erwerbsminderung.

Betroffene klagt ohne Erfolg

Die Betroffene legte erfolglos Widerspruch ein und erhob Klage vor dem Sozialgericht Braunschweig (S 13 R 432/18). Diese blieb ebenso erfolglos wie die folgende Berufung vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 9 R 360/19). Beide Gerichte urteilten, dass die vorhandenen ärztlichen Befunde zeigten, dass die Kriterien einer Erwerbsminderung nicht vorlägen.

Neuer Antrag auf Erwerbsminderung

Wenige Monate nach der Entscheidung des Landessozialgerichts beantragte die Betroffene am 24.11.2020 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Rentenkasse lehnte diesen mit Bescheid vom 23.01.2021 ab und begründete es damit, dass die Frau zuvor einen gleichen Antrag eingereicht habe, den die Versicherung mit bindendem Bescheid abgelehnt hätte. Seitdem hätten sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nicht geändert.

Betroffene sagt, ihr Zustand habe sich verschlechtert

Die Frau erhob Widerspruch und begründete diesen damit, dass sich ihre Gesundheit verschlechtert habe und sie sich aktuell in psychologischer Behandlung befinde.

Später legte sie einen aktuellen Befund ihrer Psychotherapeutin sowie weitere ärztliche Atteste vor, unter anderem im Februar 2021. Die Rentenversicherung wies den Widerspruch zurück.

Erneute Klage vor dem Sozialgericht

Die Betroffene klagte jetzt wieder vor dem Sozialgericht Braunschweig, um eine volle Erwerbsminderungsrente durchzusetzen. Die Rentenversicherung argumentierte, der neue Antrag sei „querulatorisch“.

Dies wird umgangssprachlich genutzt, um hartnäckige, als unbegründet eingeschätzte Anträge zu charakterisieren – für die Entscheidung war diese Bewertung aber nicht tragend.

Klare Ansage der Richter an die Rentenversicherung

Die Richter erklärten erst einmal, dass sie die Frage nicht klären könnten, ob die Betroffene Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente habe. Der Hauptantrag der Klägerin auf unmittelbare Rentengewährung war damit unzulässig.

Erfolg hatte der Hilfsantrag: Das Gericht verurteilte die DRV, über den Antrag vom 24.11.2020 in der Sache zu entscheiden.

Das Verhalten der Rentenkasse erklärten die Richter als rechtswidrig. Die Rentenversicherung habe keine Befugnis, per Verwaltungsakt vorab zu entscheiden, ob sie einen Antrag in der Sache prüft oder nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rentenkasse diesen Antrag als „querulatorisch“ ansieht – sie muss ihn in jedem Fall prüfen und bescheiden.

Neue Befunde sind zu prüfen

Ebenso hatte die Betroffene angegeben, dass sich ihr gesundheitlicher Zustand verschlechtert habe, und neue ärztliche Befunde vorgelegt. Die Rentenversicherung konnte daher nicht einfach behaupten, die Tatsachen seien unverändert wie beim zuvor gestellten Antrag, sondern musste die neuen Unterlagen berücksichtigen.

Rentenversicherung muss über Antrag entscheiden

Deshalb verurteilte das Sozialgericht die Rentenversicherung dazu, über den Antrag der Betroffenen auf Erwerbsminderung in der Sache zu entscheiden. Ob tatsächlich eine Erwerbsminderung vorliegt, blieb offen und ist nun im Verwaltungsverfahren – bei Bedarf mit neuer medizinischer Begutachtung – zu klären.

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