GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp

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Aktualisiert: vor 34 Minuten 42 Sekunden

Welche Jahrgänge können nach 45 Arbeitsjahren in Rente gehen?

9. Oktober 2025 - 10:11
Lesedauer 4 Minuten

Die kurze Antwort klingt simpel: Wer 45 anrechenbare Versicherungsjahre vorweisen kann, hat Anspruch auf die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“.

Die längere, wichtigere Antwort lautet: Ob Sie damit tatsächlich jetzt in Rente gehen können, hängt vom Geburtsjahrgang und einer Reihe von Detailregeln ab. Denn die oft zitierte „Rente mit 63“ gibt es für viele Jahrgänge so nicht mehr – die Altersgrenze wurde stufenweise angehoben.

45 Jahre: Versicherungsjahre – nicht nur Erwerbsjahre

„45 Arbeitsjahre“ meint rechtlich 45 Jahre an Versicherungszeiten. Dazu zählen vor allem Pflichtbeiträge aus Beschäftigung oder Selbstständigkeit, aber auch bestimmte Zeiten der Kindererziehung, Pflege, Wehr- oder Zivildienst sowie Monate mit Entgeltersatzleistungen (etwa Krankengeld). Freiwillige Beiträge können anrechenbar sein, wenn zuvor ausreichend Pflichtbeiträge geleistet wurden.

Nicht alles zählt: Anrechnungszeiten wie Schul- oder Studienzeiten bleiben für diese spezielle Rente unberücksichtigt, ebenso Zeiten mit Hartz IV bzw. Bürgergeld. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) listet diese Details ausdrücklich auf.

Tabelle: Diese Jahrgänge können nach 45 Jahren Arbeit in Rente gehen Altersrente für besonders langjährig Versicherte – Abschlagsfreie Altersgrenze bei 45 Versicherungsjahren Geburtsjahrgang Abschlagsfreie Altersgrenze 1952 und früher 63 Jahre 1953 63 Jahre und 2 Monate 1954 63 Jahre und 4 Monate 1955 63 Jahre und 6 Monate 1956 63 Jahre und 8 Monate 1957 63 Jahre und 10 Monate 1958 64 Jahre 1959 64 Jahre und 2 Monate 1960 64 Jahre und 4 Monate 1961 64 Jahre und 6 Monate 1962 64 Jahre und 8 Monate 1963 64 Jahre und 10 Monate 1964 und später 65 Jahre

Hinweis: Grundlage ist die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ mit 45 Versicherungsjahren; die Altersgrenzen wurden für die Jahrgänge 1953–1963 stufenweise angehoben, ab Jahrgang 1964 gilt 65 Jahre abschlagsfrei.

Die Altersgrenze: Von 63 schrittweise auf 65

Kern der Frage nach den „Jahrgängen“ ist die jeweils geltende Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente nach 45 Jahren. Für vor 1953 Geborene lag sie bei 63 Jahren.

Seit dem Geburtsjahrgang 1953 steigt die Grenze pro Jahrgang um zwei Monate. Damit ergibt sich: Jahrgang 1957 erreicht die Grenze bei 63 Jahren und 10 Monaten; Jahrgang 1958 bei 64; Jahrgang 1963 bei 64 Jahren und 10 Monaten.

Ab Jahrgang 1964 ist die abschlagsfreie Altersgrenze 65 Jahre – und bleibt es auch für alle später Geborenen. Diese Staffelung ist in den amtlichen Hinweisen zur gesetzlichen Regelung (§ 236b SGB VI bzw. ab 1964 § 38 SGB VI) dokumentiert und wird von der Bundesregierung in ihrem Faktenpapier so erläutert.

„Rente mit 63“ – nur noch als Begriff aus der Übergangszeit

Der Begriff hält sich, die Realität nicht: Mit 63 und 45 Jahren in Rente gehen – abschlagsfrei – konnten nur die vor 1953 Geborenen.

Alle nachfolgenden Jahrgänge mussten bzw. müssen warten, bis sie ihre ansteigende Altersgrenze erreichen. Die Bundesregierung weist deshalb ausdrücklich darauf hin, dass die vielzitierte „Rente mit 63“ heute eine Rente mit 64 plus x Monaten oder – ab 1964 – eine Rente mit 65 ist.

Was genau für die 45 Jahre zählt – und was nicht

Für die 45-Jahre-Wartezeit berücksichtigt die DRV Pflichtbeiträge aus Beschäftigung oder Tätigkeit, Kindererziehungszeiten (inklusive Berücksichtigungszeiten bis zum 10. Geburtstag), Pflegezeiten, Wehr-/Zivildienst, Pflichtbeiträge oder Anrechnungszeiten während des Bezugs von bestimmten Sozialleistungen (zum Beispiel Krankengeld) sowie – unter Bedingungen – freiwillige Beiträge.

Nicht mitzählen unter anderem Zeiten mit Arbeitslosengeld II und bestimmte durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelte Monate. Diese Abgrenzung ist entscheidend, weil sie erklärt, warum „45 Jahre Arbeit“ im Alltag nicht immer „45 Jahre für die Rente“ bedeuten.

Sperrfrist kurz vor dem Rentenstart: die Zwei-Jahres-Regel

Ein oft übersehener Stolperstein ist die Zwei-Jahres-Regel: Arbeitslosengeld I zählt grundsätzlich zur 45-Jahre-Wartezeit mit – aber in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur, wenn die Arbeitslosigkeit wegen Insolvenz oder vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers eingetreten ist.

Ohne diese enge Rückausnahme bleiben ALG-I-Monate in dieser Schlussphase unberücksichtigt. Diese Sperre ist gesetzlich in § 51 Abs. 3a SGB VI verankert und durch Rechtsprechung bestätigt; sie soll Frühverrentungsanreize dämpfen. Ebenfalls heikel: Freiwillige Beiträge in den letzten zwei Jahren werden nicht mitgezählt, wenn parallel eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit vorliegt. Wer die 45-Jahre-Marke anpeilt, sollte diese Regeln frühzeitig einplanen.

Was das für die Jahrgänge konkret heißt

Praktisch bedeutet das: Wer etwa 1961 geboren ist, kann die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte mit 64 Jahren und 6 Monaten beziehen, sofern die 45 Jahre tatsächlich zusammenkommen. 1963 Geborene erreichen die Grenze mit 64 Jahren und 10 Monaten.

Ab Jahrgang 1964 ist der Einstieg mit 65 möglich – früher nicht, auch nicht gegen Abschläge, denn diese Rentenart lässt keine vorzeitige Inanspruchnahme zu. Wer die Wartezeit nicht erfüllt, kann gegebenenfalls auf die Altersrente für langjährig Versicherte (35 Jahre) ausweichen – dort ist ein früherer Beginn ab 63 möglich, allerdings dauerhaft mit Abschlägen.

Planung und Timing: worauf es ankommt

Für Versicherte knapp unterhalb der 45-Jahre-Schwelle entscheidet oft das Feintuning: Zählen Kindererziehungs- und Pflegezeiten korrekt? Lässt sich eine drohende Lücke über versicherungspflichtige Beschäftigung schließen, statt auf rein freiwillige Beiträge zu setzen?

Steht ein Jobverlust an, der die Zwei-Jahres-Regel berührt – und liegt dafür tatsächlich ein Insolvenz- oder Schließungstatbestand vor? Die offiziellen Rechner und Auskünfte der DRV helfen, den exakten Rentenbeginn für den eigenen Jahrgang zu ermitteln und die Wartezeit-Monate sauber zu prüfen.

Fazit

Welche Jahrgänge nach 45 Jahren in Rente gehen können, lässt sich so zusammenfassen: Alle – aber nicht alle gleich früh. Für die Jahrgänge 1953 bis 1963 wurde die Altersgrenze von 63 stufenweise angehoben; seit Jahrgang 1964 liegt sie bei 65 Jahren.

Entscheidend ist, was tatsächlich zu den 45 Jahren zählt und wie Sonderregeln kurz vor dem Rentenstart wirken. Wer rechtzeitig plant und die Regeln kennt, kann die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte zielgenau erreichen.

Quellen (Auswahl):
Deutsche Rentenversicherung – „Altersrenten für langjährig und besonders langjährig Versicherte“ (inkl. Auflistung der anrechenbaren Zeiten und Zwei-Jahres-Regel) sowie Online-Rechner; Gesetzesgrundlagen und Fachhinweise zu § 236b/§ 38/§ 51 SGB VI; Faktenpapier der Bundesregierung zur „Rente mit 63“.

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Bürgergeld-Bezieher aufgepasst: Viele Aufrechnungsbescheide des Jobcenters falsch

9. Oktober 2025 - 9:30
Lesedauer 2 Minuten

Viele Bürgergeld-Aufrechnungsbescheide des Jobcenters sind falsch wegen fehlender Aufrechnungslage. Nur bei bestandskräftigen Erstattungsforderungen dürfen Jobcenter aufrechnen.

Mit wegweisendem Urteil gibt der 16. Senat des LSG Bayern (Urt. v. 15.02.2024 – L 16 AS 451/22 -) bekannt,, dass Aufrechnungsentscheidungen der Jobcenter aufzuheben sind, wenn die Gegenforderung (d.h. die Erstattungsforderung des Jobcenters ) nicht bestandskräftig und eine vorläufige Vollstreckbarkeit nicht angeordnet war. Denn eine rechtmäßige Aufrechnungsverfügung setzt eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB) voraus.

Eine solche liegt aber – nur vor, wenn die Gegenforderung (hier: Erstattungsforderung des SGB II-Leistungsträgers) bestandskräftig ist oder für sofort vollziehbar erklärt wurde.

Vorliegend fehlt das Bestehen einer Aufrechnungslage

Auch die Aufrechnung im SGB II folgt grundsätzlich den Regeln der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Voraussetzung für eine Aufrechnung ist eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB), eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB) und eine Pfändbarkeit der Hauptforderung (§ 394 BGB).
Das Jobcenter kann zwar als SGB II-Leistungsträger gegen Ansprüche des Klägers auf Arbeitslosengeld II aufrechnen und hat gegen den Leistungsanspruch des Klägers aufgerechnet.

Dem Jobcenter stand noch kein bestandskräftiger oder für sofort vollziehbar erklärter Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X gegen den Kläger zu

Ihm stand jedoch (noch) kein bestandskräftiger oder für sofort vollziehbar erklärter Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X gegen den Kläger zu, weshalb die erforderliche Aufrechnungslage iSd § 43 SGB II iVm § 387 BGB nicht gegeben war.

Zwar genügt es, dass die Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, erfüllbar ist, zugleich muss die öffentlich-rechtliche Gegenforderung jedoch bestandskräftig oder für sofort vollstreckbar erklärt worden sein (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 07.02.2022 – L 6 AS 587/21 B ER -).

Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung, in der ausgeführt wird, dass die Aufrechnung ab Bestehen einer Aufrechnungslage – Bestandskraft des Erstattungs- oder Ersatzanspruchs – längstens bis zum Ablauf von drei Jahren erklärt und vollzogen werden kann (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 117).

Hieran fehlt es aber, da die Gegenforderung, hier die Erstattungsforderung gemäß § 50 SGB X , mit Widerspruch und Anfechtungsklage im streitgegenständlichen Berufungsverfahren angefochten ist und sie nicht gemäß § 39 SGB II sofort vollziehbar ist.

Anmerkung vom Bürgergeld Experten Detlef Brock

1. Wahnsinns richtige Entscheidung, in diesem Sinne auch das LSG Hessen, Beschluss vom 07.02.2022 – L 6 AS 587/21 B ER – sowie das LSG Thüringen, Urteil vom 27.03.2024 – L 9 AS 906/22 – n. veröffentlicht – Revision anhängig beim BSG – B 4 AS 18/24 R – Termin wurde aufgehoben

2. LSG Thüringen, Urteil vom 27.03.2024 – L 9 AS 906/22 – n. veröffentlicht –

Danach gilt:

Ein Widerspruch gegen einen Erstattungsbescheid des Jobcenters hat gemäß § 86a Abs 1 SGG aufschiebende Wirkung und weil kein Fall des § 39 SGB 2 vorliegt, kann mit der Forderung aus einem Erstattungsbescheid nur aufgerechnet werden, wenn dieser bestandskräftig geworden ist oder der Leistungsträger die sofortige Vollziehung nach § 86a Abs 2 Nr 5 SGG angeordnet hat.

Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.

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Bürgergeld: Jobcenter muss eine Termineinladung beweisen – Gutes Urteil

9. Oktober 2025 - 9:27
Lesedauer 2 Minuten

Kommen Bürgergeld-Bezieher nicht zu einem Termin beim Jobcenter, dann kann das Kürzungen der Leistungen zur Folge haben – begründet mit einer Verletzung der Mitwirkungspflicht.

Das Landessozialgericht Sachsen fällte eine wichtige Entscheidung für Leistungsberechtigte: Das Jobcenter muss beweisen, dass die Betroffenen die Einladung erhalten haben – ansonsten liegt keine Verletzung der Mitwirkung vor. (Az. L 3 AS 64/18)

Zum Tatbestand

Das Jobcenter Leipzig behauptete, einem Leistungsbezieher am 07. April 2014 einen Brief geschickt zu haben mit dem Meldetermin zum 15.04.2014. Der Mann kam jedoch nicht.

Das Jobcenter kürzte ihm daraufhin den Regelsatz um zehn Prozent, und das für drei Monate. Das war seinerzeit bei Hartz IV möglich, beim Bürgergeld würde beim ersten Nichterscheinen zu einem Termin die zehnprozentige Kürzung für einen Monat gelten.

Widerspruch abgelehnt

Der Betroffene ließ sich das nicht gefallen. Er legte Widerspruch ein und stellte einen Überprüfungsantrag gegen die Sanktion.

Er begründete dies damit, dass er sich nicht erinnern könne, eine entsprechende Einladung erhalten zu haben, und außerdem enthalte der Sanktionsbescheid keine Rechtsfolgenbelehrung. Das Jobcenter wies den Widerspruch zurück.

Das Sozialgericht stimmt dem Jobcenter zu

Der Betroffene ging den nächsten Schritt und legte Klage beim Sozialgericht Leipzig ein. Diese blieb erfolglos, denn das Gericht vertrat den Standpunkt, die Sanktion sei zu Recht erfolgt.

Der Leistungsbezieher ging am 22. Januar 2018 in Berufung vor dem Landesgericht Sachsen. In der zweiten Instanz führte sein Anliegen zum Erfolg.

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Sozialhilfe: Im Einzelfall Anspruch auf Übernahme unangemessener Kosten der Unterkunft länger als 6 Monate

Beweislast liegt beim Jobcenter

Das Landessozialgericht Sachsen entschied, das Sozialgericht Leipzig habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es verwies auf den Paragrafen 37 Abs 2 im Sozialgesetzbuch X.

Laut diesem müsse eine Behörde (das Jobcenter) den Zugang eines Schreibens beweisen, wenn derjenige, an den es gerichtet war, abstreitet, es erhalten zu haben.

Dies gelte, so führte das Landessozialgericht aus, auch, wenn der Betroffene in der Vergangenheit nicht ausnahmslos die Wahrheit gesagt hätte.

Was bedeutet das für Bürgergeld-Bezieher?

Bürgergeld-Bezieher können so auf eine juristische Grundlage verweisen, die ihre Rechte stützt.

Das Jobcenter ist in der Beweispflicht, den Nachweis zu erbringen, dass eine Mitteilung der Behörde den Empfänger erreicht hat, wenn der Leistungsberechtigte dies bestreitet.

Wie wird der Zugang bewiesen?

Eine persönliche Übergabe mit Quittierung durch einen Boten gilt ebenso als Nachweis wie die Übersendung per Einschreiben mit Benachrichtigungskarte.

Ein Einwurfeinschreiben gilt zwar, laut Bundesgerichtshof, ebenfalls als beweissicherer Zugang und gilt einen Tag nach Einwurf als zugegangen. (BGH, Urteil vom 25.01.2012, Aktenzeichen: VIII ZR 95/11).

In konkreten Fällen, und zwar gerade im Arbeits- und Sozialrecht, entschieden jedoch Gerichte, dass ein Einwurfeinschreiben keinen Zugang nachweist.

Einfache Postzustellung ist kein Beweis

Ein mit einfachem Brief übersandtes Schreiben des Jobcenters gilt nicht als Nachweis des Zugangs. Wenn das Jobcenter Euch wegen eines “versäumten Termins” sanktionieren will, und die Einladung mit einfachem Brief geschickt hat – dann seid Ihr auf der sicheren Seite.

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Bürgergeld: Bürgergeld gestoppt wegen Bareinzahlung – Gericht fällt hartes Urteil

8. Oktober 2025 - 17:26
Lesedauer 2 Minuten

Ein Kunsthändler aus Bayern bezog Leistungen nach dem SGB II. Nach einer vorläufigen Bewilligung verlangte das Jobcenter Geld zurück und setzte später sogar für mehrere Monate auf 0 Euro fest.

Begründung: nicht schlüssige Unterlagen, widersprüchliche EKS-Angaben im Vergleich zu den Kontoauszügen – und mehrere Bareinzahlungen, deren Herkunft der Mann nicht belegen konnte. Das Bayerische Landessozialgericht (Az. L 7 AS 404/22) bestätigte im Ergebnis:

Bareinzahlungen ohne Herkunftsnachweis dürfen als Einkommen berücksichtigt werden. Nur für August 2016 bekam der Kläger einen kleinen Teilerfolg (32,53 Euro).

Warum das Urteil wichtig ist

Das Gericht stärkt eine Linie, die viele Betroffene hart trifft: Wer Geld bar aufs Konto bringt, muss lückenlos belegen, woher es stammt. Gelingt das nicht, darf das Jobcenter diese Beträge als Einkommen anrechnen – mit der Folge, dass Leistungsansprüche entfallen oder Rückforderungen drohen.

Besonders brisant ist das für Haushalte, in denen Angehörige „mal eben“ mit Bargeld aushelfen oder Selbstständige Kassenumsätze unpräzise verbuchen.

Mitwirkungspflichten ernst nehmen

Im Verfahren hatte das Gericht wiederholt Unterlagen angefordert: vollständige Kontoauszüge, Kassenbuch, Versicherungs- und KdU-Nachweise. Weil die EKS nicht zu den Kontoauszügen passte und Belege fehlten, durfte das Jobcenter nach § 41a SGB II (a. F.) die Leistungen im Zweifel auf Null festsetzen und bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Genau daran scheitern in der Praxis viele Fälle: Es reicht nicht, pauschal zu erklären, es handle sich um „Umbuchungen“ oder „Geschenke“. Ohne belegbare Verträge, Quittungen oder Überweisungsnachweise gehen Unklarheiten zulasten der Leistungsberechtigten.

Kosten der Unterkunft: Fälligkeit statt Durchschnitt

Interessant am Urteil ist auch der Blick auf die KdU im Eigenheim einer gemischten Bedarfsgemeinschaft. Maßgeblich ist die monatliche Fälligkeit einzelner Posten (etwa Abfallgebühren, Versicherungen, Wasser) – Durchschnittswerte bilden ist unzulässig.

Außerdem gilt das Kopfteilprinzip: Die Kosten werden pro Kopf aufgeteilt, auch wenn nicht alle Mitglieder SGB II beziehen. Für August 2016 ergab sich so ein kleiner ungedeckter Bedarf, der dem Kläger 32,53 Euro sicherte – und die Rückforderung für diesen Monat leicht minderte.

Verjährung: Häufiger Irrtum

Der Kläger berief sich auf Verjährung – ohne Erfolg. Wichtig: Die Frist nach § 50 Abs. 4 SGB X beginnt erst nach Ablauf des Jahres, in dem der Erstattungsbescheid bestandskräftig wird. Solange hierüber gestritten wird, läuft die Uhr nicht.

Was das für Betroffene bedeutet

Das Urteil ist kein exotischer Einzelfall, sondern liefert handfeste Leitplanken für den Alltag mit Jobcenter. Besonders Selbstständige und Familien, die sich mit Bargeld aushelfen, sollten die Botschaft ernst nehmen: Bargeld ist riskant, wenn die Dokumentation fehlt.

Problem So sichern Sie sich ab Bareinzahlungen aufs Privatkonto Wenn möglich Überweisung statt bar. Bei Bargeld: Sofort Belege sichern (Quittung, Herkunftsnachweis, Kassenbericht). Unterstützung durch Angehörige Schenkungsvertrag oder Darlehensvertrag schriftlich festhalten (Datum, Betrag, Zweck, Rückzahlungsmodalitäten). Am besten per Überweisung mit klarem Verwendungszweck. „Umbuchungen“ zwischen eigenen Konten Konto-zu-Konto-Nachweise aufbewahren, Buchungsvermerke eindeutig halten. EKS passt nicht zu Kontoauszügen Kassenbuch sauber führen, Einnahmen/Ausgaben zeitnah verbuchen. EKS nur mit vollständigen Belegen abgeben. KdU im Eigenheim / gemischte BG Fälligkeiten je Monat belegen (Bescheide, Rechnungen, Zahlungsnachweise). Kopfteil im Blick behalten. Verjährung falsch eingeschätzt Fristen prüfen: Verjährung läuft erst nach Bestandskraft. Vorher nicht auf „Zeit heilt alles“ vertrauen. Zusammenfassung und Fazit

Das LSG macht unmissverständlich klar: Transparenz schlägt Bargeld. Wer Leistungen bezieht und bar einzahlt, trägt die Beweislast. Ohne saubere Papiere drohen Nullfestsetzung und Rückforderung.

Zugleich zeigt der Mini-Erfolg im August: Sorgfältig dokumentierte KdU und stimmige Unterlagen können den Anspruch retten – wenn auch manchmal nur im Detail. Für Betroffene heißt das: präventiv handeln, Belege sammeln und gegenüber dem Jobcenter proaktiv erklären, bevor die Anrechnung zuschlägt.

Die Revision ist nicht zugelassen – die Linie dürfte sich also in der Praxis fortsetzen.

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Schwerbehinderung: Nur mit dem richtigen Befundbericht zum Schwerbehindertenausweis

8. Oktober 2025 - 17:18
Lesedauer 4 Minuten

Wer einen Schwerbehindertenausweis oder eine Erwerbsminderungsrente beantragt, erwartet oft eine persönliche Begutachtung. In der Praxis geschieht das jedoch selten. Häufig fällt die Entscheidung ausschließlich auf Basis der Unterlagen – und hier hat ein Dokument besonderes Gewicht: der medizinische Befundbericht Ihres Haus- oder Facharztes.

Er ist Nachweis, Kompass und Übersetzer Ihrer gesundheitlichen Situation zugleich. Ein präziser, aktueller und aussagekräftiger Befundbericht kann den Unterschied machen zwischen einer zügigen Bewilligung und einem langen, belastenden Verfahren.

Warum die Akte meist wichtiger ist als der Termin

Im Schwerbehindertenrecht und auch bei Rentenverfahren stützen die zuständigen Stellen ihre Entscheidung in der Regel auf die Angaben im Antrag und die dazugehörigen medizinischen Belege.

Ein persönlicher Gutachtertermin wird nur ausnahmsweise veranlasst. Das bedeutet: Was nicht im Befundbericht steht, kann praktisch nicht berücksichtigt werden. Umso problematischer ist es, dass Befundberichte in der Beratungspraxis häufig zu knapp ausfallen. Das liegt selten an fehlendem guten Willen, sondern oft daran, dass nicht klar ist, welche Informationen für die Entscheidungsträger tatsächlich handlungsrelevant sind.

Was einen Befundbericht stark macht

Ein guter Befundbericht erzählt die medizinische Geschichte nicht in blumigen Worten, sondern in belastbaren Fakten. Er verknüpft Diagnosen mit konkreten Auswirkungen im Alltag, ordnet den Verlauf zeitlich ein, dokumentiert Maßnahmen und beschreibt nachvollziehbar, was künftig zu erwarten ist. Entscheidend ist nicht die Seitenzahl, sondern die Klarheit. Präzision schlägt Umfang.

Behandlungsdauer und Aktualität

Für die Bewertung eines Antrags ist die zeitliche Einordnung zentral. Seit wann bestehen die Beschwerden, seit wann befinden Sie sich in ärztlicher Behandlung, wie hat sich der Zustand entwickelt?

Ein Befundbericht, der diese Fragen beantwortet, macht Verlauf und Stabilität der Erkrankung sichtbar. Ebenso wichtig ist die Aktualität: Veraltete Berichte verlieren an Beweiskraft, weil sie den aktuellen Zustand nicht widerspiegeln. Ein frischer Bericht dokumentiert den Status quo – und genau der ist entscheidend.

Korrekt wiedergegebene Diagnosen

Diagnosen sind die Grundlage, auf der alles weitere aufbaut. Fehler können passieren, deshalb lohnt sich der genaue Blick: Stimmen die Diagnosen mit den Arztbriefen und der Patientenakte überein? Sind Nebendiagnosen oder Komorbiditäten aufgeführt, wenn sie funktionelle Auswirkungen haben? Korrektheit schafft Vertrauen und verhindert Missverständnisse, die später aufwendig korrigiert werden müssten.

Funktionseinschränkungen wichtig

Nichts wiegt im Befundbericht schwerer als die Beschreibung der funktionellen Einschränkungen – also der Frage, was die Erkrankung konkret im Leben der betroffenen Person bedeutet. Diagnosen allein sagen wenig darüber, ob langes Sitzen möglich ist, ob eine Tätigkeit im Stehen durchführbar bleibt, wie belastbar Konzentration und Antrieb sind oder wie sich eine psychische Erkrankung in typischen Alltagssituationen bemerkbar macht.

Für die Entscheidung der Behörden sind diese alltagsnahen, prüfbaren Angaben maßgeblich. Je genauer die Funktionsbeeinträchtigungen beschrieben werden – mit Beispielen, typischen Belastungsgrenzen und tagesformabhängigen Schwankungen – desto realistischer kann der Grad der Beeinträchtigung eingeschätzt werden.

Dokumentierte Maßnahmen und deren Wirkung

Ein vollständiger Befundbericht zeigt nicht nur, was ist, sondern auch, was unternommen wurde. Wurde eine Reha absolviert, Krankengymnastik oder Ergotherapie verordnet, Psychotherapie begonnen oder fortgeführt? Welche Medikamente werden eingenommen, in welcher Dosierung, mit welchen Nebenwirkungen und welchem Nutzen?

Solche Angaben verdeutlichen, dass Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden und wie der Körper oder die Psyche darauf reagieren. Sie zeichnen ein dynamisches Bild, das Fortschritte, Stagnation oder Verschlechterung nachvollziehbar macht.

Realistische Prognose mit Blick auf das Ziel

Prognosen sind keine Glaskugel, aber sie lenken die Entscheidung, vor allem wenn der Antrag ein konkretes Ziel verfolgt. Wer beispielsweise eine Parkerleichterung anstrebt, braucht belastbare Informationen zur Gehstrecke ohne Unterbrechung. Kann jemand weniger als hundert Meter am Stück gehen, gehört diese Angabe – fachlich begründet – in den Befundbericht.

Wer eine Erwerbsminderungsrente beantragt, profitiert von einer Prognose zur mittelfristigen Leistungsfähigkeit unter üblichen Arbeitsbedingungen. Eine klare Zielorientierung erhöht die Aussagekraft und verkürzt oft das Verfahren.
Wie das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt gelingt

Nicht jede Praxis reagiert begeistert, wenn es um Detailwünsche für Befundberichte geht. Dennoch lohnt sich ein sachliches, respektvolles Gespräch. Hilfreich ist, vorab zu erklären, dass die Entscheidungsträger weniger medizinische Fachtermini als vielmehr die funktionellen Auswirkungen benötigen.

Bitten Sie darum, zentrale Punkte knapp und präzise zu dokumentieren: den Verlauf, die Diagnose, die konkreten Einschränkungen, die bisherigen Maßnahmen mit Wirkung und Nebenwirkungen sowie eine Prognose, die erkennbar auf das Antragsziel bezogen ist. Ärztinnen und Ärzte sind Verbündete – je klarer der Auftrag, desto besser das Ergebnis.

Qualität statt Seitenzahlen

Ein starker Befundbericht muss nicht lang sein. Entscheidend ist, dass er die richtigen Informationen enthält und diese nachvollziehbar strukturiert. Eine halbe Seite, die die funktionellen Grenzen präzise erfasst, ist wertvoller als drei Seiten, die sich im Allgemeinplatz verlieren. Schlank, stichhaltig, aktuell – das sind die Eigenschaften, die Verfahren beschleunigen und Entscheidungen erleichtern.

Typische Folgen lückenhafter Berichte

Fehlen wesentliche Angaben, müssen Behörden nachfordern, weitere Gutachten einholen oder Termine veranlassen. Das kostet Zeit, Nerven und im Zweifel auch Geld. Es erhöht zudem das Risiko von Ablehnungen, gegen die anschließend Widerspruch oder Klage nötig werden.

Ein vollständiger Befundbericht verringert diese Unsicherheiten erheblich und führt nicht selten zu schnellen, belastbaren Entscheidungen – im Idealfall ohne Rechtsmittel.

Persönliche Beratung bleibt wichtig

So individuell wie Erkrankungen und Lebenslagen sind, so individuell sollte auch die Unterstützung sein. Eine persönliche Beratung hilft, die eigenen Ziele zu schärfen, die passenden Unterlagen zusammenzustellen und typische Fallstricke zu vermeiden. Wer sich frühzeitig Unterstützung holt, steigert die Chancen auf ein zügiges, faires Ergebnis.

Fazit

Der medizinische Befundbericht ist das zentrale Dokument im Schwerbehinderten- und Rentenverfahren. Er bringt Diagnose, Verlauf, funktionelle Einschränkungen, Behandlungsversuche und Prognose in eine klare, entscheidungsrelevante Form.

Wenn diese Dinge präzise, aktuell und zielorientiert dargestellt sind, steigen die Erfolgsaussichten erheblich – häufig ohne Widerspruch, ohne Klage und ohne zusätzliche Begutachtung. Genau davon profitieren am Ende alle Beteiligten.

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Ohne Bewerbungsbemühungen wird kein Wohngeld mehr gezahlt – Urteil

8. Oktober 2025 - 7:26
Lesedauer < 1 Minute

Auch das Wohngeld ist an die Aufnahme an einer “zumutbaren Beschäftigung” geknüpft, wie das Verwaltungsgericht in Berlin urteilte. Wer sich nicht um einen Arbeitsplatz nachweislich bemüht, dem kann das Wohngeld gestrichen werden.

Unterlässt ein erwerbsfähiger Antragsteller ernsthafte Bewerbungsbemühungen, ist der Wunsch nach Wohngeld als unangemessen und sozialwidrig anzusehen, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem Urteil (Az.: VG 21 K 170/20).

Damit hat das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg zu Recht den Wohngeldantrag eines gelernten Informatikers als missbräuchlich abgelehnt.

Ohne ernsthafte Bewerbungsbemühungen kein Wohngeld

Der 1959 geborene, arbeitslose Mann arbeitete nach seinem Informatikstudium zunächst als Systemprogrammierer und EDV-Dozent und zuletzt bis 2014 als Nachhilfelehrer für Mathematik und Englisch.

Seinen Lebensunterhalt bestreitet er aus familiären Zuwendungen. Als Mieter bewohnt er allein ein Einfamilienhaus mit mindestens 90 Quadratmetern Wohnfläche und vier Zimmern.

Das Verwaltungsgericht hielt den ablehnenden Wohngeldbescheid des Bezirksamtes mit Urteil vom 18. Januar 2022 für rechtmäßig.

Die Inanspruchnahme der Sozialleistung sei hier unzumutbar und sozialwidrig. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei es einem Wohngeldantragsteller zuzumuten, zunächst zu versuchen, die finanziellen Belastungen aus eigenen Mitteln aufzubringen.

Verwaltungsgericht Berlin: Informatiker ist Arbeit zumutbar

Der Kläger befinde sich in einem Alter, in dem eine Erwerbstätigkeit zumindest im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung ohne weiteres möglich und zumutbar sei.

Er habe jedoch keine ernsthaften Bemühungen um eine Arbeitsstelle nachgewiesen. Bei den vorgelegten Bewerbungen habe es sich um nichtssagende Scheinbewerbungen gehandelt.

Ein für ihn gut geeignetes Stellenangebot als Junior Software Tester in Niedersachsen habe er mit dem Hinweis auf den auswärtigen Arbeitsort abgelehnt, ohne jedoch nachzufragen, ob die Tätigkeit nicht auch in Berlin ausgeübt werden könne, rügte das Gericht. fle/mwo

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Bürgergeld: Bei unzureichender Angemessenheitsprüfung muss Jobcenter höhere Miete zahlen

8. Oktober 2025 - 7:24
Lesedauer 2 Minuten

Im Eilverfahren sind bei unzureichender Angemessenheitsprüfung durch das Jobcenter regelmäßig vorläufig höhere Mietkosten anzuordnen

Keine pauschale Begrenzung der Unterkunftskosten auf die frühere Miete, wenn das Jobcenter keine tragfähige Angemessenheitsprüfung vorgenommen hat und die neue Miete sich innerhalb der WoGG -basierten Grenzwerte bewegt.

RA Niklas Sander kommentiert einen Beschluss des Sozialgerichts Aurich vom 23.09.2025 – S 55 AS 99/25 ER . Das Gericht führt aus:

Werden vom Jobcenter unrealistische KdU-Werte festgesetzt und wird dies im Eilverfahren glaubhaft gemacht, können auch im Eilverfahren höhere Angemessenheitswerte nach dem WoGG berücksichtigt werden.

Die Berechnung hat dann systematisch in der Reihenfolge „Tabellenwert + Klimakomponente + 10 % Sicherheitszuschlag“ zu erfolgen.

Leitsätze von Rechtsanwalt Niklas Sander :

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist auf die um die sogenannte „Klimakomponente“ erhöhten Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz der sogenannte „Sicherheitszuschlag“ von zehn Prozent zu berechnen.

Ein Umzug ohne vorherige Zusicherung nach § 22 Abs.  4 SGB II schließt eine vorläufige Übernahme angemessener, erhöhter KdU nicht grundsätzlich aus, sofern der neue Bedarf sich innerhalb der zumutbaren Angemessenheitsgrenzen bewegt.

Eine pauschale Begrenzung der Unterkunftskosten auf die frühere Miete ist nicht zulässig, wenn der Leistungsträger keine tragfähige Angemessenheitsprüfung vorgenommen hat und die neue Miete sich innerhalb der WoGG-basierten Grenzwerte bewegt.

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind bei unzureichender Angemessenheitsprüfung durch den Leistungsträger regelmäßig vorläufig höhere KdU-Leistungen anzuordnen, um eine existenzielle Notlage zu vermeiden.

Aus dem Beschluss- Zitat:

“Die zugrunde zu legenden Werte des § 12 Wohngeldgesetz sind dabei zur Überzeugung des erkennenden Gerichtes unter Berücksichtigung der sogenannten „Klimakomponente“ des § 12 Abs. 7 WoGG zu bestimmen.

Dies folgt aus dem Wortlaut der gesetzlichen Norm, wonach diese Beträge bei der Bestimmung der entsprechenden Werte zu berücksichtigen sind. Zum anderen bedingen auch die gesetzgeberischen Motive bezüglich der Regelung des Wohngeldgesetzes eine Erhöhung der Tabellenwerte (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.01.2024 – L 32 AS 1179/23 B ER ).

Der mit der Gewährung von Wohngeld als Sozialleistung verfolgte Zweck ist ein anderer als derjenige der Leistungen nach dem SGB II. Die Heranziehung von Werten aus dem Wohngeldgesetz ist nur dann möglich, wenn keinerlei andere Grundlage für die Leistungen der angemessenen Unterkunftskosten erkennbar ist. Inwieweit dies im Bereich des Antragsgegners der Fall ist, bedarf durch das Gericht im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. Wie bereits ausgeführt, ist der Antrag der Antragsteller ausdrücklich auf die Gewährung von Leistungen unter Zugrundelegung der Wohngeldtabellenwerte erhöht um die Klimakomponente gerichtet. Diese ist einzubeziehen.

Die Klimakomponente dient pauschal dem Ziel, aufgrund von flächendeckender Gebäudesanierungen in energetischer Hinsicht zu erwartenden Preissteigerungen entgegenzuwirken. Daher sollen diese Werte pauschal die Höchstbeträge der Tabelle zu § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz erhöhen (vgl. hierzu detailliert Sozialgericht Oldenburg, Urteil vom 20.06.2024 – S 37 AS 506/23 zitiert nach juris).

Dieser Gesichtspunkt gilt im Rahmen der Beschränkung der Leistungen nach dem SGB II ebenfalls. Die zu erwartende Preissteigerung auf dem Wohnungsmarkt aufgrund von Sanierungsaufwendungen wirkt sich auf sämtliche Gruppen von geringverdienenden Bürgern aus, Wohngeldbezieher wie auch Bürgergeldempfänger (ebenso SG Landshut, Beschluss vom 16.07.2024 – S 7 AS 166/24 ER; vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.02.2025 – L 18 AS 78/25 B ER, jeweils zitiert nach juris).

Diesen zutreffenden Überlegungen der Instanzgerichtsbarkeit schließt sich das erkennende Gericht an.”

Anmerkung von Detlef Brock

Eilrechtsschutz gegen die Begrenzung der Kosten der Unterkunft auf die Werte nach § 12 WoGG

Der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende trägt die objektive Beweislast dafür, dass die dem Leistungsberechtigten tatsächlich entstehenden Kosten für Unterkunft und Heizung nicht angemessen sind ( SG Landshut, Beschluss v. 16.07.2024 – S 7 AS 166/24 ER – ).

Bürgergeld: Eilverfahren gegen die Begrenzung der Kosten der Unterkunft auf die Werte nach § 12 WoGG

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Schwerbehinderung & Rente: Dann ist der frühere Rentenstart möglich

7. Oktober 2025 - 19:40
Lesedauer 3 Minuten

Viele Betroffene mit anerkanntem Grad der Behinderung (GdB) fragen sich: Eröffnet mir die Schwerbehinderung einen früheren Renteneintritt – und wenn ja, zu welchen Bedingungen? Die Antwort ist für die Lebensplanung zentral.

Denn die „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“ ermöglicht einen früheren Start – teils ohne Abschläge. Gleichzeitig gelten strenge Voraussetzungen und Fristen, die häufig unterschätzt werden.

Was gilt als Schwerbehinderung – und warum ist das wichtig?

Der GdB wird vom Versorgungsamt in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgestellt. Erst ab GdB 50 gilt man als schwerbehindert. Dieser Status ist der Türöffner für Nachteilsausgleiche – und auch für die spezielle Altersrente.

Entscheidend: Der GdB ≥ 50 muss am Tag des Rentenbeginns vorliegen. Wird der GdB später herabgestuft, bleibt die einmal bewilligte Rente bestehen.

Voraussetzungen für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Neben der Schwerbehinderung müssen mindestens 35 Versicherungsjahre (Wartezeit) erreicht sein. Dazu zählen u. a. Pflicht- und freiwillige Beiträge, Kindererziehungszeiten, Zeiten der Pflege sowie bestimmte Anrechnungszeiten (z. B. Arbeitslosigkeit). Wer diese Hürde nimmt, kann die Rentenart beantragen.

Ab wann geht’s früher – mit oder ohne Abschlag?

Für Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt:

  • Abschlagsfrei: mit 65 Jahren in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
  • Frühestmöglicher Beginn mit Abschlägen: mit 62 Jahren.

Die Abschläge betragen 0,3 % je vorgezogenem Monat, maximal 10,8 % bei drei Jahren Vorziehen. Sie sind dauerhaft – auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze.

Beispiel

Wer 1964 geboren ist und die Voraussetzungen erfüllt, kann:

  • mit 65 ohne Abschläge starten oder
  • bereits mit 62 beginnen – dann 10,8 % lebenslanger Abschlag.

Gut zu wissen: Abschläge lassen sich durch freiwillige Ausgleichszahlungen ganz oder teilweise kompensieren. Das kann sich lohnen, wenn der frühere Rentenstart gesundheitlich notwendig ist, aber die Kürzung zu hoch ausfallen würde.

Häufige Missverständnisse – hier die Klarstellung

Für vorgezogene Altersrenten – also auch für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor Erreichen der Regelaltersgrenze – gelten seit dem 1. Januar 2023 keine Hinzuverdienstgrenzen mehr; ein Nebenjob ist damit in beliebiger Höhe möglich.

Achtung: Erwerbsminderungsrenten sind davon ausgenommen, hier bestehen weiterhin Grenzen. Wichtig ist außerdem: Eine bloße Gleichstellung, etwa bei einem GdB von 30 oder 40, eröffnet keinen Zugang zu dieser Rentenart; erforderlich ist der formale Nachweis einer Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 zum Rentenbeginn. Unterhalb dieser Schwelle gibt es keine „Jobverlust-Rente“.

In Betracht kommen vielmehr andere Altersrenten, insbesondere die Altersrente für langjährig Versicherte nach 35 Versicherungsjahren, die frühestens ab 63 beansprucht werden kann, jedoch mit teils deutlichen Abschlägen verbunden ist, sowie die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Versicherungsjahren, die abschlagsfrei vor der Regelaltersgrenze möglich ist; für Geburtsjahrgänge ab 1964 liegt die abschlagsfreie Altersgrenze bei 65 Jahren.

Antrag, Fristen, Nachweise: So vermeiden Sie Geldverlust

Den Rentenantrag sollten Sie idealerweise drei Monate vor dem geplanten Rentenbeginn stellen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wirkt die Rente rückwirkend ab Monatsbeginn, sofern der Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Monat gestellt wird, in dem die Voraussetzungen erstmals vorlagen; wer später beantragt, erhält die Rente erst ab dem Antragsmonat.

Wichtig für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen: Der GdB von mindestens 50 muss spätestens am Rentenstichtag feststehen. Der Bescheid oder Ausweis kann zwar nachgereicht werden, maßgeblich ist jedoch der tatsächliche Status am Stichtag.

2025/2026: Gibt es Änderungen?

Eine Sonderänderung nur für diese Rentenart in 2025 gibt es nicht. Es läuft weiterhin die langfristig festgelegte Anhebung der Altersgrenzen: abschlagsfrei von 63 auf 65, frühestmöglich mit Abschlag von 60 auf 62. Für Jahrgänge ab 1964 ist der Zielstand erreicht: 65 ohne Abschläge, 62 mit Abschlägen.

Vorteile – und wo man aufpassen muss

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen schafft Planungssicherheit und Flexibilität, wenn die Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Aber: Dauerhafte Abschläge sind ein echtes Pfund. Ein individueller Rentencheck (z. B. bei Beratungsstellen) und ggf. Ausgleichszahlungen können viel Geld wert sein.

Kurzüberblick Kriterium Regelung (Jg. ab 1964) Mindest-GdB 50 (am Rentenbeginn) Wartezeit 35 Jahre Abschlagsfrei 65 Jahre Frühestmöglich mit Abschlag 62 Jahre (max. 10,8 %) Abschlag je Monat 0,3 % Hinzuverdienst vor Regelaltersgrenze unbegrenzt GdB sinkt nach Rentenstart kein Einfluss auf laufende Rente Antrag/Rückwirkung bis 3 Monate rückwirkend, sonst ab Antragsmonat Fazit

Wer GdB ≥ 50 nachweist und 35 Versicherungsjahre erreicht, kann zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente – oder bis zu drei Jahre noch früher mit dauerhaften Abschlägen. Die Regeln sind klar, die Fallstricke liegen bei Fristen, Nachweisen und der Abschlagshöhe. Tipp: Früh planen, Renteninformation prüfen, Beratungsangebot nutzen – und ggf. Abschläge gezielt ausgleichen.

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Rente 2025: Zurechnungszeit – so kann die EM-Rente um mehr als 500 Euro monatlich steigen

7. Oktober 2025 - 18:47
Lesedauer 3 Minuten

Wer eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) bewilligt bekommt, profitiert von der Zurechnungszeit. Diese fiktive Zeit so tut, als hätten Sie weitergearbeitet und Beiträge gezahlt – bis zu einem gesetzlich festgelegten Alter.

Dadurch steigt die EM-Rente häufig deutlich. Der Effekt wirkt später in die Altersrente hinein. Sie erfahren, wie die Zurechnungszeit 2025 funktioniert, welche Regeln gelten und wie groß der Unterschied in Euro sein kann.

Zurechnungszeit: Definition und Rechtsgrundlage

Die Zurechnungszeit ist eine gesetzlich definierte fiktive Beitragszeit. Sie wird einer EM-Rente oder einer Hinterbliebenenrente zugerechnet, wenn der Versicherte das 67. Lebensjahr noch nicht erreicht hat.

Beginn ist der Eintritt der Erwerbsminderung. Ende ist ein gesetzlich festgelegtes Alter, das schrittweise steigt. Grundlage ist § 59 SGB VI in Verbindung mit der Übergangsregelung.

2025: Ende der Zurechnungszeit bei 66 Jahren und 2 Monaten

Für Rentenzugänge im Jahr 2025 läuft die Zurechnungszeit bis zur Vollendung von 66 Jahren und 2 Monaten. Diese Stufe folgt der allgemeinen Anhebung der Regelaltersgrenze und gilt auch für Renten wegen Todes. Das festgelegte Ende ist wichtig für die spätere Berechnung der zusätzlichen Entgeltpunkte.

Warum die Zurechnungszeit die EM-Rente anhebt

Die Rentenformel multipliziert persönliche Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert und weiteren Faktoren. Die Zurechnungszeit erhöht die Entgeltpunkte, weil sie beitragspflichtige Zeiten ersetzt, die wegen Krankheit fehlen.

Folge: mehr persönliche Entgeltpunkte, höhere EM-Rente. Der aktuelle Rentenwert liegt seit 1. Juli 2025 bundesweit bei 40,79 Euro je Entgeltpunkt.

Beispielrechnung: So entsteht ein Plus von rund 550 Euro

Ein Versicherter wird im Oktober 2025 voll erwerbsgemindert. Bis dahin hat er 30,0000 Entgeltpunkte erworben. Die Zurechnungszeit reicht vom Leistungsfall bis 66 Jahre + 2 Monate.

Das sind 194 Kalendermonate. Aus dem bisherigen Versicherungsverlauf ergibt sich ein Gesamtleistungswert je Monat. Multipliziert mit 194 Monaten entstehen zusätzliche Entgeltpunkte.

Vereinfachtes Rechenbeispiel mit den im Jahr 2025 geltenden Werten:
  • Bisher erworbene Entgeltpunkte: 30,0000
  • Zusatz aus Zurechnungszeit: ≈ 15,1563 EP (194 Monate × Monatsfaktor aus dem bisherigen Durchschnitt)
  • Entgeltpunkte vor Abschlag: ≈ 45,1563 EP
  • Zugangsfaktor bei 10,8 % Abschlag: 0,892
  • Persönliche Entgeltpunkte: ≈ 40,2794
  • Rente: 40,2794 × 40,79 € ≈ 1.643 € monatlich

Ohne Zurechnungszeit ergäbe sich bei 30,0000 EP und demselben Abschlag eine Rente von rund 1.091 €. Die Differenz liegt bei etwa 551 € im Monat. Das zeigt die Größenordnung des Effekts – die individuellen Werte hängen immer vom tatsächlichen Versicherungsverlauf ab.

Besitzschutz: EM-Rente wirkt in die spätere Altersrente nach

Wer aus der EM-Rente in eine Altersrente wechselt, profitiert vom Besitzschutz. Beginnt die Altersrente innerhalb von 24 Monaten nach Ende der EM-Rente, dürfen die persönlichen Entgeltpunkte der neuen Rente nicht niedriger sein als die der EM-Rente.

Damit wirken die durch die Zurechnungszeit aufgebauten Entgeltpunkte in die Altersrente hinein. Rechtsgrundlage ist § 88 SGB VI.

Abschlag: Warum trotz Minderung ein Plus bleibt

EM-Renten haben oft Zugangsfaktoren unter 1, also Abschläge. 10,8 % sind ein häufiger Wert, wenn die EM-Rente deutlich vor dem individuellen Rentenalter startet. Die Zurechnungszeit überkompensiert diesen Abschlag häufig, weil sie viele zusätzliche Monate mit Durchschnittswerten ansetzt.

Im Endeffekt bleibt deshalb oft ein deutlicher Vorteil. Der finanzielle Effekt hängt vom bisherigen Durchschnittsverdienst und vom Zeitpunkt des Leistungsfalls ab.

Sonderregel: Entgeltpunkte nach Eintritt der EM (20-Jahres-Klausel)

Grundsätzlich fließen nach Eintritt der vollen EM keine neuen eigenen Beiträge in die laufende EM-Rente ein. Eine wichtige Ausnahme sieht § 75 Abs. 3 SGB VI vor:

Nach 20 Jahren mit Beitrags- und Anrechnungszeiten nach Eintritt der vollen EM kann die Rentenversicherung die EM-Rente neu feststellen und zusätzliche Entgeltpunkte berücksichtigen. Diese Regel betrifft Einzelfälle mit längeren Zeiten unter besonderen Konstellationen.

Wartezeiten und die Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Die Zurechnungszeit ist Anrechnungszeit im Sinne des SGB VI. Sie hilft, die Wartezeit von 35 Jahren zu erfüllen, die z. B. für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wichtig ist.

Wer früh eine dauerhafte EM-Rente erhält, erreicht die Wartezeit mitunter allein durch die Summe aus Beitrags-, Anrechnungs- und Zurechnungszeiten. Prüfen Sie Ihren Versicherungsverlauf und lassen Sie sich die Wartezeit schriftlich bestätigen.

Praxis: So prüfen Sie Ihren eigenen Bescheid

Prüfen Sie zunächst Ihren Versicherungsverlauf: Stimmen alle Zeiten, Entgelte und Anrechnungszeiten? Kontrollieren Sie außerdem den Leistungsfall, also den dokumentierten Beginn der Erwerbsminderung, denn ab diesem Datum läuft die Zurechnungszeit.

Überprüfen Sie anschließend ihr Ende: Bei Rentenbeginn im Jahr 2025 muss sie bis zur Vollendung von 66 Jahren und 2 Monaten reichen. Beachten Sie den Besitzschutz und lassen Sie die Altersrente innerhalb von 24 Monaten nach der EM-Rente beginnen, damit die persönlichen Entgeltpunkte erhalten bleiben.

Für die Berechnung gilt seit dem 1. Juli 2025 ein Rentenwert von 40,79 Euro je Entgeltpunkt.

Bei Unklarheiten lohnt eine Renten­auskunft oder eine unabhängige Prüfung des Bescheids. Das ist besonders sinnvoll, wenn die Zurechnungszeit viele Jahre umfasst oder der Versicherungsverlauf Lücken aufweist.

Fazit: Zurechnungszeit gezielt nutzen und Fehler vermeiden

Die Zurechnungszeit ist 2025 ein zentrales Instrument, das EM-Renten spürbar anheben kann. Sie ersetzt fehlende Beitragszeiten mit Durchschnittswerten und sorgt damit für mehr Entgeltpunkte – oft trotz Abschlag. Wer später in die Altersrente wechselt, sichert sich über den Besitzschutz häufig denselben Zahlbetrag.

Prüfen Sie deshalb Beginn und Ende der Zurechnungszeit in Ihrem Bescheid und lassen Sie die Wartezeiten für mögliche Altersrentenvarianten bestätigen. So vermeiden Sie Einbußen und nutzen Ihre Ansprüche vollständig.

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Wo gibt es Rabatte mit dem Schwerbehindertenausweis?

7. Oktober 2025 - 7:53
Lesedauer 4 Minuten

Menschen mit Schwerbehinderung haben in Deutschland Anspruch auf zahlreiche Vergünstigungen – einige sind gesetzlich geregelt, andere werden freiwillig von Unternehmen und Kommunen gewährt. Dieser Überblick ordnet die wichtigsten Bereiche ein, erklärt Voraussetzungen und nennt aktuelle Beträge sowie typische Nachweise.

Mobilität im Nahverkehr: Freifahrt mit Wertmarke – und was sie kostet

Für viele Inhaberinnen und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises ist die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr der wohl bekannteste Nachteilsausgleich. Voraussetzung ist in der Regel das Beiblatt zum Ausweis mit gültiger Wertmarke; anspruchsberechtigt sind insbesondere Personen mit den Merkzeichen G, aG, H, Bl oder Gl.

Seit dem 1. Januar 2025 beträgt die Eigenbeteiligung für die Wertmarke 104 Euro pro Jahr oder 53 Euro für ein halbes Jahr. Menschen mit bestimmten Merkzeichen oder mit Sozialleistungen erhalten die Wertmarke kostenfrei.

Wichtig ist zudem das sogenannte Wahlrecht: Wer die Kfz-Steuerermäßigung nach Merkzeichen G oder Gl nutzt, kann die unentgeltliche ÖPNV-Beförderung nicht gleichzeitig in Anspruch nehmen; bei den Merkzeichen aG, H oder Bl ist die Kombination von Kfz-Steuerbefreiung und Freifahrt möglich. Diese Regelungen werden von Ländern und Kommunen einheitlich umgesetzt.

Tabelle: Rabatte mit dem Schwerbehindertenausweis Überblick: Rabatte und Nachteilsausgleiche mit dem Schwerbehindertenausweis Bereich Vergünstigung / Details ÖPNV (Nahverkehr) Unentgeltliche Beförderung mit Beiblatt und Wertmarke für berechtigte Merkzeichen (u. a. G, aG, H, Bl, Gl); Eigenbeteiligung derzeit 104 € pro Jahr bzw. 53 € pro Halbjahr; in bestimmten Fällen kostenfreie Wertmarke; Wahlrecht zur Kfz-Steuerermäßigung beachten. Bahnreisen (Fern- & Nahverkehr) Begleitperson fährt in Deutschland mit Merkzeichen „B“ kostenfrei mit; Nachweis über den Ausweis genügt; grenzüberschreitend je nach Bahnunternehmen/Regelwerk. Kultur, Freizeit, Sport Ermäßigter oder freier Eintritt in Museen, Kinos, Zoos, Freizeitparks; Begleitperson oft frei bei Merkzeichen „B“; Konditionen variieren je Anbieter. Kurtaxe am Urlaubsort Ermäßigungen oder Befreiungen nach kommunaler Satzung; häufig ab höherem GdB (z. B. ab 80); Begleitperson teils frei. Rundfunkbeitrag Bei Merkzeichen „RF“ ermäßigter Drittelbeitrag (aktuell 6,12 € pro Monat) statt Vollbeitrag. Telekommunikation Telekom-Sozialtarif im Festnetz mit monatlichem Guthaben (derzeit typischerweise 6,94 € bzw. 8,72 € netto); andere Anbieter meist ohne vergleichbare Rabatte. Kfz-Steuer Vollständige Befreiung bei aG, H oder Bl; 50 % Ermäßigung bei G oder Gl; Kombination mit ÖPNV-Freifahrt je nach Merkzeichen unterschiedlich zulässig. Post Blindensendungen (z. B. Braille) im In- und Ausland portofrei; Zusatzleistungen können kostenpflichtig sein. Einkommensteuer Behinderten-Pauschbeträge je nach GdB (für Hilflose/Blinde/Taubblinde 7.400 € jährlich); zusätzliche Fahrtkostenpauschalen (900 € bzw. 4.500 €) ohne Einzelkostennachweis. Mitgliedschaften & Sonstiges Freiwillige Rabatte wie ermäßigte ADAC-Beiträge (z. B. ab GdB 50), BahnCard-Ermäßigungen (häufig ab GdB 70) oder Herstellerrabatte beim Autokauf; Bedingungen und Nachweise je Anbieter. Praxis-Hinweise Ausweis sowie ggf. Beiblatt/Wertmarke mitführen und aktiv nach Ermäßigungen fragen; Bedingungen und Nachweise vorab auf Websites von Anbietern/Kommunen prüfen, da freiwillige Leistungen sich ändern können. Bahnreisen: Begleitperson fährt kostenfrei – auch im Fernverkehr

Ist im Ausweis das Merkzeichen „B“ („Begleitperson erforderlich“) eingetragen, reist die Begleitperson innerhalb Deutschlands in der Regel kostenlos mit – und zwar sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr der Bahn.

Einige Städte erläutern diese Praxis ausdrücklich in ihren Serviceinformationen; bei grenzüberschreitenden Fahrten innerhalb der EU kann die Mitnahme der Begleitperson ebenfalls möglich sein, wenn die Fahrkarte in Deutschland gekauft wurde und die ausländische Bahn die Einstufung anerkennt.

Für reine Inlandsfahrten in anderen EU-Ländern gilt die deutsche Regel allerdings normalerweise nicht.

Kultur, Freizeit, Sport: Ermäßigter oder freier Eintritt – oft inklusive Begleitperson

Viele Kultureinrichtungen und Freizeitangebote reduzieren Eintrittspreise für Menschen mit Behinderung oder gewähren die kostenfreie Mitnahme einer Begleitperson bei Merkzeichen B. Staatliche Museen, große Häuser wie die Bundeskunsthalle oder das Deutsche Technikmuseum benennen diese Regel offen.

Auch große Kinoketten wie CinemaxX stellen Begleitpersonen bei entsprechendem Merkzeichen eine Freikarte aus. In Zoos, Freizeitparks und saisonalen Formaten (wie dem Christmas Garden) reicht die Spanne von ermäßigten bis hin zu freien Tickets; Details variieren nach Anbieter und Saison.

Da es sich rechtlich um freiwillige Leistungen handelt, empfiehlt sich stets der Blick in die aktuellen Besucherinformationen der Einrichtung.

Kurtaxe am Urlaubsort: Lokale Satzungen regeln die Ermäßigung

Die Erhebung der Kurabgabe (Kurtaxe) richtet sich nach kommunalen Satzungen – entsprechend unterschiedlich sind die Nachlässe. Auf Sylt etwa erhalten Schwerbehinderte ab GdB 80 Prozent eine Ermäßigung; die eingetragene Begleitperson ist frei.

Andere Orte erstatten einen Teilbetrag oder halbieren die Abgabe für bestimmte Grade oder Merkzeichen. Wer eine Reise plant, sollte die jeweilige Gemeindeseite konsultieren – dort stehen die konkreten Sätze und Befreiungstatbestände.

Kommunikation und Medien: Rundfunkbeitrag und Telekom-Sozialtarif

Menschen mit dem Merkzeichen RF zahlen keinen vollen Rundfunkbeitrag, sondern einen ermäßigten Drittelbeitrag.

Aktuell liegt dieser bei 6,12 Euro monatlich. Zusätzlich bietet die Deutsche Telekom im Festnetz einen freiwilligen Sozialtarif, der – je nach Nachweis – ein monatliches Gesprächsguthaben gewährt; die Verbraucherzentrale beziffert die Ermäßigung derzeit auf 6,94 Euro netto (Sozialtarif 1) bzw. 8,72 Euro netto (Sozialtarif 2).

Andere große Anbieter gewähren vergleichbare Rabatte in der Regel nicht.

Kfz-Steuer: Befreiung oder Halbierung – je nach Merkzeichen

Bei der Kraftfahrzeugsteuer sind die Nachlässe gesetzlich normiert. Menschen mit den Merkzeichen aG, H oder Bl können ihr auf sie zugelassenes Fahrzeug vollständig von der Kfz-Steuer befreien lassen; Inhaberinnen und Inhaber der Merkzeichen G oder Gl erhalten in der Regel eine Ermäßigung um 50 Prozent.

Wer die Halbierung in Anspruch nimmt, kann die ÖPNV-Freifahrt nicht gleichzeitig nutzen; bei der vollständigen Befreiung (aG, H, Bl) ist die Kombination zulässig. Zuständig ist das Hauptzollamt.

Post und Information: Blindensendungen portofrei

Für blinde Menschen und einschlägige Organisationen transportiert die Deutsche Post sogenannte Blindensendungen im In- und Ausland portofrei. Dazu zählen Sendungen in Brailleschrift sowie bestimmte Datenträger; Zusatzleistungen wie Einschreiben können gesondert berechnet werden.

Steuern: Pauschbeträge und Fahrtkostenpauschale entlasten das Einkommen

Steuerlich werden behinderungsbedingte Mehraufwendungen über Pauschbeträge abgegolten. Der Behinderten-Pauschbetrag steht bereits ab GdB 20 zu und steigt stufenweise; für hilflose Menschen sowie blinde und taubblinde Personen beträgt er 7.400 Euro jährlich.

Zusätzlich gibt es eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale: 900 Euro für Menschen mit GdB mindestens 80 oder GdB 70 mit Merkzeichen G; 4.500 Euro für Menschen mit den Merkzeichen aG, Bl, TBl oder H. Diese Beträge gelten unabhängig vom individuellen Kostennachweis und kommen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zur Anwendung.

Mitgliedschaften und sonstige Rabatte: Beispiele aus der Praxis

Abseits gesetzlicher Nachteilsausgleiche bieten Verbände und Unternehmen teils eigenständig Ermäßigungen. Der ADAC reduziert den Beitrag für Mitglieder mit einem GdB von mindestens 50; bei der Bahn sind für Schwerbehinderte ermäßigte BahnCards erhältlich (Nachweis, oft ab GdB 70).

Auch beim Autokauf gewähren manche Hersteller Rabatte bei Vorlage des Ausweises, allerdings ohne Rechtsanspruch und mit individuellen Bedingungen wie Mindesthaltedauer.

Solche Angebote sind freiwillig und können sich ändern; maßgeblich sind jeweils die aktuellen Konditionen des Anbieters.

So klappt es im Alltag: Drei Hinweise für die Praxis

Im Alltag bewährt sich, den Ausweis – bei Freifahrt zusätzlich Beiblatt und Wertmarke – stets griffbereit zu haben und beim Ticket- oder Kassenkauf aktiv nach Ermäßigungen zu fragen, denn freiwillige Rabatte werden nicht immer proaktiv angeboten.

Wer mit Begleitung reist, sollte auf das Merkzeichen B verweisen; im Bahnverkehr reicht in der Regel der Eintrag im Ausweis als Nachweis. Für Reisen ins Ausland empfiehlt sich ein Blick in die länderspezifischen Regelungen sowie der Kauf von Tickets in Deutschland, wenn die kostenfreie Mitnahme einer Begleitperson grenzüberschreitend genutzt werden soll.

Hinweis: Viele Vergünstigungen – insbesondere in Kultur, Freizeit und Tourismus – sind freiwillige Angebote. Konditionen, Nachweise und Höhe der Rabatte können sich ändern oder regional differieren. Es lohnt sich, die Website der jeweiligen Einrichtung oder Kommune vorab zu prüfen und die aktuellen Nachweise mitzuführen.

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Falle: Krankengeld fällt nach Eingliederungsmaßnahme geringer aus – Urteil

7. Oktober 2025 - 7:26
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Bleibt eine Maßnahme der Rentenversicherung zur Eingliederung ins Arbeitsleben ohne Erfolg, dann fällt ein anschließendes Krankengeld geringer aus. Anders als beim Krankengeld üblich ist dann nicht das frühere Brutto-, sondern das frühere Nettoeinkommen Maßstab der Berechnung, wie am 18. September 2025 das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied (Az.: B 3 KR 7/24 R).

Krankengeld fällt nach Eingliederungsmaßnahme geringer aus

Der Kläger hatte eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben begonnen.

Die Rentenversicherung zahlte für diese Zeit sogenanntes Übergangsgeld. Dessen Höhe hängt von der jeweiligen Lebenssituation ab und wird nach dem vorausgehenden Nettoeinkommen berechnet.

Die Maßnahme wurde vorzeitig abgebrochen, und der Kläger erhielt Krankengeld. Dies berechnete die Krankenkasse nun ebenfalls nach dem Nettoeinkommen vor der Eingliederungsmaßnahme. Damit war der Kläger nicht einverstanden; sein Krankengeld müsse wie üblich 70 Prozent des vorausgehenden Bruttoeinkommens betragen. Doch die Krankenkasse weigerte sich, weshalb der Betroffene sich durch alle Instanzen kämpfte.

Schließlich musste das Bundessozialgericht ein Urteil fällen, dass allerdings nicht zugunsten des Klägers ausfiel.

BSG verweist auf „Ersatzfunktion“ gegenüber geringerem Übergangsgeld

Das BSG wies die Klage nämlich ab. Für Versicherte, die nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen, lasse das Gesetz eine abweichende Berechnung zu.

Zur Begründung verwiesen die Kasseler Richter auf den Zweck des Krankengeldes, das vorausgehende Einkommen weitgehend zu ersetzen. Vorausgehendes Einkommen sei hier aber das nach dem Nettoeinkommen berechnete Übergangsgeld gewesen. Würde nun das Krankengeld nach dem früheren Bruttoeinkommen berechnet, würde es höher ausfallen als das Übergangsgeld. Dies sei mit der „Ersatzfunktion“ des Krankengeldes nicht vereinbar. mwo/fle

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Krankschreibung: Kündigung nach der Krankmeldung wurde zum Eigentor – Urteil

7. Oktober 2025 - 7:25
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Wenn ein Arbeitnehmer wegen Krankheit arbeitsunfähig ist, dann besteht keine Pflicht zur Arbeitsleistung, und er darf der Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber darf ihm nicht mit Kündigung drohen, sondern dies stellt eine verbotene Maßregelung dar.

So urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt gegen eine Zeitarbeitsfirma, die eine krankgeschriebene Arbeitnehmerin zur Arbeit aufgefordert hatte. (Az: 6 AZR 189/08)

Personalchefin fordert Arbeit trotz Krankschreibung

Die Betroffene war wegen eines Wegeunfalls medizinisch bestätigt arbeitsunfähig und hatte die ärztliche Krankschreibung ihrem Arbeitgeber auch zukommen lassen. Die zuständige Personalchefin verlangte von der Arbeitnehmerin in einem Telefongespräch auf, trotz ihrer ärztlich bescheinigten Erkrankung zu arbeiten. Die Vorgesetzte behauptete, dem Arzt sei es egal, wenn die Betroffene trotz Krankschreibung arbeite.

Drohung und Kündigung

Die Arbeitnehmerin lehnte es ab, trotz Krankschreibung zur Arbeit zu erscheinen. Die Personalchefin drohte ihr deshalb mit Kündigung. Es handelte sich nicht um eine leere Drohung, denn die Kündigung erfolgte tatsächlich gleich am folgenden Tag.

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Es geht vor das Bundesarbeitsgericht

Die Betroffene klagte vor dem Arbeitsgericht, und der Fall ging durch alle Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht. Dort stellten sich die Richter im Grundsatz hinter die erkrankte und gekündigte Arbeitnehmerin. Sie erklärten die gesetzlichen Grundlagen und die Rechte des Arbeitnehmers im Falle einer Erkrankung.

Unzulässige Maßregelung

Die Richter bezeichneten das Verhalten der Personalchefin als unzulässige Maßregelung. Sie stellten klar, dass ein Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden dürfe, wenn er sein Recht in Anspruch nehme, nicht zur Arbeit zu kommen, wenn er arbeitsunfähig sei. Eine aus dieser unzulässigen Maßregelung abgeleitete Kündigung sei unwirksam.

Was gilt im Arbeitsrecht?

Vorgesetzte dürfen Sie nicht zwingen, trotz Krankschreibung zu arbeiten. Durch eine Krankschreibung sind Sie von der Arbeitspflicht entbunden. Zugleich hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Diese beinhaltet, dass er Ihre Genesung nicht gefährden darf.

Personalchefin versucht Druck aufzubauen

Die Personalchefin versuchte in diesem Fall, Druck auszuüben, mit der Behauptung, dem Arzt sei es egal, ob die Betroffene zur Arbeit ginge. Weil es dem Arzt egal sei, könne die Vorgesetzte die Arbeitnehmerin zur Arbeit verpflichten, so die Logik dahinter.

Krankschreibung heißt nicht Arbeitsverbot

Was steckt tatsächlich hinter einer solchen Drohkulisse? Eine Krankschreibung bedeutet nicht automatisch ein vom Arzt verhängtes Arbeitsverbot. Sie können also trotz Krankschreibung arbeiten, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen und die Arbeit Ihre Genesung nicht gefährdet.

Sie allein entscheiden, ob Sie sich arbeitsfähig fühlen

Die Techniker Krankenkasse erläutert dazu: „Grundsätzlich stellt eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kein Arbeitsverbot dar, sondern gibt eine ärztliche Prognose ab, wie der Krankheitsverlauf erwartet wird. Das bedeutet, aus rechtlicher Sicht können Beschäftigte trotz Krankschreibung arbeiten, wenn sie sich arbeitsfähig fühlen.“

Ob Sie sich arbeitsfähig fühlen, entscheiden aber ausschließlich Sie selbst und nicht der Arbeitgeber.

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Schwerbehinderung: Sozialhilfe muss Therapie-Tandem mit Elektrounterstützung zahlen

7. Oktober 2025 - 7:16
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16-jähriger Schwerstbehinderter hat Recht auf persönliche Mobilität nach Art. 20 UN-BRK
Artikel 20 der UN-Behindertenrechtskonvention zielt darauf, die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen mit größtmöglicher Unabhängigkeit im Sinne von Selbstbestimmung sicherzustellen und verpflichtet die Vertragsstaaten mit Blick darauf zu wirksamen Maßnahmen. Beispielhaft zählt Artikel 20 einzelne Maßnahmen auf.

So sollen die Vertragsstaaten die persönliche Mobilität zu erschwinglichen Kosten und mit Wahlmöglichkeiten, die sich auf die Art und Weise sowie den Zeitpunkt beziehen, erleichtern. Weiterhin soll der Zugang zu hochwertigen Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien, menschlicher und tierischer Hilfe sowie zu Mittelspersonen erleichtert werden; auch dadurch, dass die vorgenannte Unterstützung zu erschwinglichen Preisen erfolgt.

Therapie-Tandem mit Elektrounterstützung als Leistungen zur Teilhabe

An einer Erkrankung aus dem Autismus-Spektrum mit Störungen der Kommunikation und sozialen Interaktion leidender 16 jähriger 1,85 m groß und ca. 90 kg schwer leidender Jugendlicher hat Anspruch auf ein Therapie-Tandem mit Elektrounterstützung als Hilfsmittel der GKV zum Behinderungsausgleich (so ganz aktuell das Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss v. 24.07.2025 – L 2 SO 1152/25 -).

Voraussetzungen für ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich

Bei der Prüfung eines Anspruchs auf ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich dürfe das zu befriedigende Grundbedürfnis der Erschließung des Nahbereichs nicht zu eng gefasst werden in Bezug auf die Art und Weise, wie sich Versicherte den Nahbereich der Wohnung zumutbar und in angemessener Weise erschlössen.

Dies folge unter Beachtung der Teilhabeziele des SGB IX, insbesondere die Selbstbestimmung der behinderten Menschen und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern, aus dem verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) als Grundrecht und objektive Wertentscheidung i.V.m. dem Recht auf persönliche Mobilität nach Art. 20 UN-BRK.

Dem sei dadurch Rechnung zu tragen, dass im Rahmen des Behinderungsausgleichs zu prüfen sei, ob der Nahbereich ohne ein Hilfsmittel nicht in zumutbarer und angemessener Weise erschlossen werden könne und insbesondere durch welche Ausführung der Leistung diese Erschließung des Nahbereichs für einen behinderten Menschen durch ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich verbessert, vereinfacht oder erleichtert werden könne.

Ausführungen des Gerichts

1. Das Therapie-Tandem ist erforderlich, um ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens nach Erschließung des Nahbereichs der Wohnung zu erfüllen.

2. Die Versorgung mit dem Hilfsmittel Therapie-Tandem ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es bei der Benutzung durch den Kläger und den „Tandem-Partner“ im öffentlichen Straßenverkehr zu Eigengefährdungen und Fremdgefährdungen kommen könne, denn es ist seitens des Klägers unwidersprochen oder gar widerlegt vorgetragen worden, dass der Kläger und seine Eltern seit ca. fünf Jahren ein entsprechendes Therapie-Tandem leihweise nutzen.

In diesem langen „Erfahrungszeitraum“ kam es offenbar kein einziges Mal während der Nutzung des Fahrrades zu einer von der Behörde in den Blick genommenen Gefahrensituation im öffentlichen Straßenverkehr.

3. Das Therapie-Tandem ist geeignet, dem Wunsch des Klägers nach erheblicher Verbesserung seiner Mobilität im Nahbereich zu entsprechen. Mit diesem Hilfsmittel sei es ihm möglich, sich durch eigene körperliche Bewegung den Nahbereich zu erschließen. Er könne auf dem Therapie-Tandem mittreten und dadurch mit eigener Muskelkraft (gemeinsam mit dem Tandem-Partner) allgemeine Versorgungswege, z.B. zum Bäcker, zum Einkaufen, ebenso wie die gesundheitserhaltenden Wege zu Ärzten zurücklegen bzw. auch einfach gefahrlos „an die frische Luft“ kommen. Dabei stütze sich das Gericht auf die glaubhafte und nachvollziehbare Darstellung der Mutter des Klägers, die eben diesen Einsatzzweck des Hilfsmittels bestätigt habe.

4. Als ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens sei das Erschließen eines körperlichen Freiraums und in Bezug auf Bewegungsmöglichkeiten das Grundbedürfnis der Erschließung des Nahbereichs der Wohnung von Versicherten mit einem Hilfsmittel anerkannt. Maßgebend für den von der GKV insoweit zu gewährleistenden Behinderungsausgleich sei grundsätzlich der Bewegungsradius, den ein nicht behinderter Mensch üblicherweise noch zu Fuß erreiche. In den Nahbereich einbezogen sei zumindest der Raum, in dem die üblichen Alltagsgeschäfte in erforderlichem Umfang erledigt würden. Hierzu gehörten nach einem abstrakten Maßstab die allgemeinen Versorgungswege (Einkauf, Post, Bank) ebenso wie die gesundheitserhaltenden Wege (Aufsuchen von Ärzten, Therapeuten, Apotheken) und auch elementare Freizeitwege.

Recht auf persönliche Mobilität nach Art. 20 UN-BRK – Selbstbestimmung der behinderten Menschen

Bei der Prüfung eines Anspruchs auf ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich dürfe das zu befriedigende Grundbedürfnis der Erschließung des Nahbereichs nicht zu eng gefasst werden in Bezug auf die Art und Weise, wie sich Versicherte den Nahbereich der Wohnung zumutbar und in angemessener Weise erschlössen. Dies folge unter Beachtung der Teilhabeziele des SGB IX, insbesondere die Selbstbestimmung der behinderten Menschen und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern, aus dem verfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) als Grundrecht und objektive Wertentscheidung i.V.m. dem Recht auf persönliche Mobilität nach Art. 20 UN-BRK.

Dem sei dadurch Rechnung zu tragen, dass im Rahmen des Behinderungsausgleichs zu prüfen sei, ob der Nahbereich ohne ein Hilfsmittel nicht in zumutbarer und angemessener Weise erschlossen werden könne und insbesondere durch welche Ausführung der Leistung diese Erschließung des Nahbereichs für einen behinderten Menschen durch ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich verbessert, vereinfacht oder erleichtert werden könne. Hinzu komme gegebenenfalls die Prüfung, ob eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig sei.

5. Dabei sei dem Wunsch- und Wahlrecht des behinderten Menschen volle Wirkung zu verschaffen. Dies bedeute auch, dass die Leistung dem Leistungsberechtigten viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung der Lebensumstände lasse und die Selbstbestimmung fördere.

Praxistipp

Kosten für ein Rollstuhlfahrrad (Tandemfahrrad, bei dem der Fahrende hinten sitzt und vorn ein Rollstuhl arretiert werden kann) als Leistung der sozialen Teilhabe ( Sächsisches LSG, Urteil vom 14.11.2024 – L 8 SO 50/22 – unveröffentlicht – )

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Bürgergeld: Eilhammer aus Berlin – KdU wieder rauf aber nur bis Abschnittsende

6. Oktober 2025 - 18:13
Lesedauer 2 Minuten

Mit einem frischen Beschluss stärkt das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg die Rechte von Bürgergeld-Beziehenden im Eilverfahren – setzt aber zugleich deutliche Grenzen. Wer sich gegen eine Kürzung der Unterkunftskosten mitten im Bewilligungszeitraum wehrt, kann sich die höheren Zahlbeträge ab Eingang des Eilantrags beim Sozialgericht sichern.

Für künftige Bewilligungsabschnitte gilt das jedoch nicht automatisch: Hier ist ein neuer Rechtsschutzantrag nötig.

Worum ging es?

Das Jobcenter hatte die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) innerhalb eines laufenden Bewilligungsabschnitts abgesenkt. Zuvor waren 1.200 Euro monatlich vorläufig anerkannt; nach einem Umzug legte die Behörde einen niedrigeren Betrag zugrunde. Die Betroffenen zogen vor Gericht und verlangten im Eilverfahren „höheres Bürgergeld ab Antragseingang“.

Das LSG gab ihnen teilweise Recht: Die aufschiebende Wirkung der Klage wurde angeordnet, sodass das Jobcenter bis zum Ende des betreffenden Bewilligungsabschnitts wieder höhere KdU berücksichtigen musste – allerdings nur bis zur gerichtlich festgelegten Obergrenze von 1.040,30 Euro monatlich.

Eilverfahren: Was gilt ab wann?

Wichtig ist die zeitliche Schiene. Das Gericht stellte klar: Ab Eingang des Eilantrags beim Sozialgericht dürfen gekürzte Leistungen wieder vorläufig höher fließen, sofern die Kürzung voraussichtlich rechtswidrig war.

Das heißt konkret: Der frühere – für die Betroffenen günstigere – Zustand lebt auf. Aber: Dieser Schutz reicht nur bis zum Ende des laufenden Bewilligungszeitraums. Wer auch für einen folgenden Abschnitt (z. B. ab Jahreswechsel) höhere KdU sichern will, muss erneut einstweiligen Rechtsschutz beantragen.

Karenzzeit ist kein Freifahrtschein

Brisant ist der Beschluss mit Blick auf die Karenzzeit im Bürgergeld. Sie soll eigentlich den Druck vom Wohnungsmarkt nehmen, indem Bestandsmieten im ersten Jahr des Leistungsbezugs grundsätzlich anerkannt werden. Das LSG bremst überzogene Erwartungen: Wer in der Karenzzeit in eine teurere Wohnung umzieht, bekommt die höheren Kosten nur bei vorheriger Zusicherung des Jobcenters.

Ohne Zusicherung gilt die Angemessenheitsgrenze – selbst wenn die bisherige (teils höhere) Miete in der Karenzzeit vollständig übernommen wurde. Die Botschaft ist eindeutig: Erst Zusicherung einholen, dann umziehen.

Wie ermittelt das Gericht die „angemessenen“ KdU?

Im Eilverfahren greift der Senat zur Ersatzbemessung, wenn der Träger kein schlüssiges Konzept zur Mietobergrenze vorlegt oder die Klärung im Eilverfahren nicht leistbar ist. Dann werden die tatsächlichen Unterkunftskosten bis zu den Werten des Wohngeldgesetzes (WoGG) plus 10 % angesetzt.

So kam das LSG hier auf einen Bruttowarm-Höchstbetrag von 1.040,30 Euro. Mehr gibt es im einstweiligen Rechtsschutz nicht – der Rest bleibt Streitstoff für das Hauptsacheverfahren.

Was heißt das für Betroffene?

Wer im laufenden Abschnitt eine Kürzung kassiert, sollte schnell handeln: Eilantrag stellen und ab Antragseingang die höheren Zahlbeträge sichern. Wer dagegen ohne Zusicherung in eine teure Wohnung umzieht, riskiert Deckelungen – auch in der Karenzzeit.

Der Beschluss ist damit Doppelbotschaft: starker kurzfristiger Schutz gegen Kürzungen einerseits, klare Leitplanken für Umzüge und Mietobergrenzen andererseits.

Auf einen Blick

Kernaussage Konkrete Folge Höheres Bürgergeld ab Antragseingang im Eilverfahren Gekürzte KdU können ab Eingang des Eilantrags wieder vorläufig höher fließen. Begrenzung auf den aktuellen Bewilligungszeitraum Für spätere Abschnitte ist ein neuer Eilantrag nötig. Karenzzeit ≠ Blankoscheck Umzug ohne Zusicherung ⇒ nur angemessene KdU werden anerkannt. WoGG + 10 % als Obergrenze Im Eilverfahren Deckel bei 1.040,30 € in diesem Fall. Fazit

Das LSG stärkt Bürgergeld-Beziehende, die sich zügig gegen Kürzungen wehren – und schützt so die Existenzsicherung ab Antragseingang.

Gleichzeitig macht das Gericht klar: Die Karenzzeit legitimiert keine kostspieligen Umzüge auf Jobcenter-Rechnung. Wer klug vorgeht, holt sich im Eilverfahren schnell wieder angemessene Zahlbeträge – und vermeidet teure Fallstricke durch fehlende Zusicherungen.

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Bürgergeld: Jobcenter stoppt Bürgergeld wegen Darlehen – Urteil kippt zahllose Bescheide

6. Oktober 2025 - 18:11
Lesedauer 2 Minuten

Leistungsberechtigte sind nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I verpflichtet, dem Jobcenter alle leistungsrelevanten Tatsachen mitzuteilen – dazu gehören auch Angaben zu privaten Darlehen, die das verfügbare Einkommen beeinflussen können. Kommt eine Person dieser Mitwirkung nicht nach, kann (nicht „muss“!) das Jobcenter gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I die Leistung bis zur Nachholung ganz oder teilweise versagen.

Das Wort “kann” zeigt: Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung. Bei dieser Prüfung muss das Jobcenter insbesondere klären, welche Angaben fehlen, ob diese Angaben für die Leistungsberechnung entscheidend sind, ob eine Teilversagung ausreichen würde, um die Mitwirkung zu erreichen, und welche Folgen eine vollständige Versagung für den Lebensunterhalt hat. Werden diese Punkte nicht nachvollziehbar abgewogen oder dokumentiert, ist der Bescheid rechtswidrig.

Das Urteil des LSG Hamburg (Az. L 4 AS 269/18)

Im entschiedenen Fall fehlten ausschließlich Auskünfte über ein Darlehen; sämtliche anderen Unterlagen lagen vor oder hätten durch das Jobcenter selbst beschafft werden können (z. B. Rentenauskunft). Trotzdem wurden die Leistungen vollständig verweigert. Das Gericht hob den Bescheid auf, weil:

  1. Ermessensnichtgebrauch – Vollversagung ohne jede Abwägung.
  2. Abwägungsdefizit – finanzielle Interessen des Klägers blieben unberücksichtigt.
  3. Formelhafte Begründung – Standardsätze wie „Gleichbehandlung“ und „Sparsamkeit“ ohne Einzelfallbezug.
  4. Unrichtiger Sachverhalt – pauschale Behauptung fehlender Mitwirkung, obwohl nur Darlehensdaten offenstanden.
Weitere Rechtsprechung: LSG NRW (Az. L 2 AS 1918/21 B)

Auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen stellte klar: Versagungsbescheide sind aufzuheben, wenn das Jobcenter eine Teilversagung gar nicht prüft. Eine vollständige Streichung der Leistung ist nur zulässig, wenn die fehlenden Angaben so fundamental sind, dass selbst eine vorläufige Berechnung unmöglich ist – das ist selten der Fall.

Typische Ermessensfehler im Detail Fehlerart Beschreibung & Folgen Ermessensmissbrauch Sachfremdes Motiv (z. B. Abschreckung) → Bescheid rechtswidrig Abwägungs­disproportionalität Relevante Punkte falsch gewichtet → Bescheid aufheben/ändern Formelhafte Wendungen Nur Textbausteine, keine Einzelfallprüfung → Verstoß gegen Begründungspflicht (§ 35 VwVfG) Ermessensunterschreitung Behörde prüft keine Alternativen → Entscheidung fehlerhaft Ermessensnichtgebrauch Vollversagung ohne Abwägung → Bescheid muss aufgehoben werden Was gilt bei „subjektiver Unmöglichkeit“?

Der Bürgergeld-Experte Detlef Brock betont: Verlangt das Jobcenter Unterlagen, deren Beschaffung für die betroffene Person subjektiv unmöglich ist, entfällt die Mitwirkungspflicht. Eine Versagung in solchen Fällen ist immer rechtswidrig (vgl. gegen-hartz.de, Abruf 06.08.2025).

Vorgehensweise bei Versagungsbescheiden
  1. Fristgerechter Widerspruch (innerhalb eines Monats).
  2. Akteneinsicht verlangen, um die tatsächliche Sachlage zu prüfen.
  3. Fehlende Unterlagen nachreichen, sofern beschaffbar.
  4. Einstweiliger Rechtsschutz (§ 86b SGG) beim Sozialgericht beantragen, wenn der Lebensunterhalt gefährdet ist.
  5. Beratung durch Sozialberatungsstellen oder Fachanwält\innen nutzen.
    Tipp: Reagiert das Jobcenter drei Monate lang nicht, ist eine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) möglich.
Häufige Fehlerquellen in der Praxis
  • Unvollständig ausgefüllte Ermittlungsbögen.
  • Fehlendes Bewusstsein, dass § 66 SGB I keinen Automatismus darstellt.
  • Zeitdruck und standardisierte Textbausteine ohne Fallprüfung.

Diese Versäumnisse ließen sich durch bessere Schulungen und sorgfältigere Aktenarbeit vermeiden. Eine fundierte Ermessensausübung spart allen Beteiligten Zeit, Geld und Nerven.

Fazit

Versagung nur bei echter Mitwirkungsverletzung: Fehlt lediglich eine Angabe (z. B. zu einem Darlehen), ist eine Komplettversagung unverhältnismäßig.
Ermessensprüfung dokumentieren: Das Jobcenter muss nachvollziehbar darlegen, warum es sich für Voll- oder Teilversagung entschieden hat.

Bescheide mit Standardfloskeln sind angreifbar: Sie verletzen die Begründungspflicht und offenbaren oftmals einen Ermessensfehler.
Betroffene sollten aktiv werden: Widerspruch und einstweiliger Rechtsschutz sichern den Lebensunterhalt – häufig endet das Verfahren mit der Aufhebung des Versagungsbescheids.

Kurzum: Wenn das Jobcenter ohne gründliche Ermessensprüfung Leistungen streicht, stehen die Chancen gut, den Bescheid erfolgreich anzufechten.

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Schwerbehinderung: Die 2-Monats-Falle – Darum scheitern so viele Hilfsmittel-Anträge

6. Oktober 2025 - 17:42
Lesedauer 3 Minuten

Ob Rollstuhl, Hörgerät oder Orthese: Die Frage, ob die Krankenkasse ein Hilfsmittel übernimmt, ist für viele Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung existenziell. Gleichzeitig erleben Betroffene immer wieder Verzögerungen oder Ablehnungen.

Dabei gibt es klare Regeln – und effektive Wege, den eigenen Anspruch durchzusetzen.

Der Grundsatz: Erst prüfen, dann genehmigen – aber mit klaren Fristen

Stellen Versicherte einen Antrag auf ein Hilfsmittel, muss die Krankenkasse entscheiden. Wie lange sie dafür Zeit hat, hängt vom Zweck des Hilfsmittels ab. Dabei sind zwei Rechtsbereiche zu unterscheiden: die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und das Rehabilitationsrecht (SGB IX).

Zweck / Rechtsgrundlage Frist & Folge Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung (z. B. Stützkorsett während laufender Therapie) – § 13 Abs. 3a SGB V 3 Wochen (ohne MD) bzw. 5 Wochen (mit Medizinischem Dienst). Verpasst die Kasse die Frist ohne rechtzeitige, begründete Mitteilung samt neuem Entscheidungstermin, gilt der Antrag als genehmigt (Genehmigungsfiktion). Behinderung vorbeugen / Behinderung ausgleichen (z. B. Hörgeräte, Rollstühle, Prothesen) – § 18 SGB IX Entscheidung spätestens innerhalb von 2 Monaten. Erst nach Ablauf dieser 2 Monate greift eine Genehmigungsfiktion – ebenfalls nur, wenn keine rechtzeitige, begründete Verlängerungsmitteilung kommt.

Wichtig: Die oft gehörte Aussage „die Kasse informiert, wenn es länger dauert“ reicht nicht. Eine bloße Hinhaltetaktik ist unzulässig. Die Krankenkasse muss konkret begründen, warum sie mehr Zeit braucht, und einen neuen, bestimmten Entscheidungstermin nennen.

Wenn die Frist verstrichen ist: Genehmigungsfiktion und Kostenerstattung

Hält die Kasse die Frist nicht ein und erfüllt die oben genannten Voraussetzungen nicht, gilt die Leistung als genehmigt. Wer sich das Hilfsmittel nach Fristablauf selbst beschafft, hat Anspruch auf Kostenerstattung in notwendiger Höhe. Gleiches gilt, wenn eine Ablehnung sich nachweislich als rechtswidrig erweist.

Praxistipp: Holen Sie sich vor einer Selbstbeschaffung idealerweise eine ärztliche Verordnung und dokumentieren Sie die Fristüberschreitung (Eingangsbestätigung des Antrags, fehlende oder unzureichende Verlängerungsmitteilung).

Ablehnung erhalten – was nun?

Kommt ein ablehnender Bescheid, können Versicherte Widerspruch einlegen. Die Frist beträgt einen Monat, mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung. Fehlt diese, bleibt dafür ein Jahr Zeit.

Form: Der Widerspruch muss schriftlich mit Unterschrift (Brief, Fax) oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse eingelegt werden. Eine E-Mail genügt nur, wenn die Kasse den elektronischen Zugang ausdrücklich eröffnet hat (qualifizierte elektronische Form). Für den Anfang reicht ein kurzes Widerspruchsschreiben; die Begründung können Sie nachreichen.

Inhaltlich zählt die medizinische Argumentation. Stimmen Sie sich mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten ab und legen Sie Befunde, Verläufe und eine alltagsbezogene Begründung vor:

Wobei genau hilft das Hilfsmittel? Welche Teilhabeeinschränkungen bestehen ohne? Gibt es Alternativen – und warum sind sie ungeeignet?

Nachweis nicht vergessen: Versenden Sie den Widerspruch nach Möglichkeit per Einschreiben mit Rückschein oder geben Sie ihn vor Ort zur Niederschrift ab. So können Sie die fristgerechte Einlegung belegen.

Wenn die Kasse schweigt: Untätigkeitsklage

Dauert das Widerspruchsverfahren länger als drei Monate, dürfen Sie Untätigkeitsklage beim Sozialgericht erheben. Das Gericht prüft dann, ob die Kasse verzögert und verpflichtet sie zur Entscheidung. Eine Klage gegen einen ablehnenden Widerspruchsbescheid muss innerhalb von einem Monat eingelegt werden.

In der ersten Instanz besteht kein Anwaltszwang – fachkundige Unterstützung durch eine Sozialrechtskanzlei oder Beratungsstellen ist dennoch empfehlenswert.

Zuzahlungen – was Sie selbst tragen müssen

Für von der GKV bewilligte Hilfsmittel fällt grundsätzlich eine Zuzahlung von 10 % des Abgabepreises an, mindestens 5 € und höchstens 10 € – pro Hilfsmittel. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sind in der Regel befreit, ebenso Versicherte, die ihre Belastungsgrenze erreicht haben. Prüfen Sie, ob eine Befreiung greift.

Pflegehilfsmittel nicht verwechseln

Nicht jedes benötigte Produkt ist ein Hilfsmittel der Krankenversicherung. Pflegehilfsmittel (z. B. zum Verbrauch wie Handschuhe, Desinfektionsmittel, saugende Bettschutzeinlagen) laufen über die Pflegekasse nach § 40 SGB XI – mit anderen Voraussetzungen und eigenen Antragswegen. Die Abgrenzung spart Ärger und Zeit.

Check zum Schluss – so sichern Sie Ihren Anspruch
  1. Zweck klären: Behandlung sichern (SGB V) oder Behinderung ausgleichen/vorbeugen (SGB IX)?
  2. Frist im Blick: 3/5 Wochen (SGB V) oder 2 Monate (SGB IX).
  3. Verzögerungsbrief prüfen: Begründet? Konkreter neuer Termin? Sonst läuft die Frist weiter.
  4. Dokumente sammeln: Verordnung, Befunde, Alltagsschilderungen.
  5. Widerspruch fristgerecht, formwirksam – Begründung nachreichen.
  6. Nachweis sichern: Einschreiben/Rückschein oder Niederschrift.
  7. Gericht: Untätigkeitsklage nach 3 Monaten; Klage binnen 1 Monat nach Widerspruchsbescheid.

Fazit: Mit klarer Fristenkontrolle, guter medizinischer Begründung und sauberer Form wackelt fast jede pauschale Ablehnung. Wer die Regeln kennt, bringt die Krankenkasse in die Pflicht – und kommt schneller an das Hilfsmittel, das den Alltag wirklich erleichtert.

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Rente: Versorgungsausgleich trotz Pfändung: Dieses Urteil ändert alles

6. Oktober 2025 - 17:35
Lesedauer 3 Minuten

Eine Pfändung an der Rente – und dann kommt die Scheidung mit Versorgungsausgleich. Darf die Rentenversicherung das Anrecht trotzdem intern teilen? Und wer haftet, wenn das Familiengericht von der Pfändung nichts erfährt?

Genau darum ging es in einem Verfahren aus Wiesbaden, das bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) getragen wurde. Die Botschaft der Gerichte ist deutlich: Eine Pfändung blockiert den Versorgungsausgleich nicht. Der Ausgleich erfolgt – aber unter Beachtung der Beschränkungen, die aus Pfändung und Überweisung folgen.

Und: Eine generelle Informationspflicht des Versorgungsträgers gegenüber dem Familiengericht im Interesse des Pfändungsgläubigers gibt es nicht.

Worum es konkret ging

Eine Gläubigerin hatte gegen die Rentenansprüche eines Mannes gepfändet. Währenddessen lief dessen Scheidungsverfahren. Das Familiengericht führte den Versorgungsausgleich durch und teilte das Anrecht intern.

Die Gläubigerin fühlte sich dadurch benachteiligt und verlangte Schadensersatz – in Höhe der Differenz zwischen dem, was sie aus der Pfändung ohne Ausgleich erhalten hätte, und dem, was tatsächlich geflossen ist (Zeitraum Juni bis Dezember 2015). Sie argumentierte, die zuständige Zusatzversorgungskasse hätte das Familiengericht über die Pfändung informieren müssen.

Die Entscheidungen der Gerichte

Das Amtsgericht Wiesbaden wies die Klage ab. Begründung: Selbst bei einer Information des Gerichts wäre kein sicherer Mehrertrag für die Gläubigerin entstanden, denn der Versorgungsausgleich ist rechtlich zulässig – auch bei gepfändeten Anrechten. Das Landgericht Wiesbaden (5 S 9/19) bestätigte:

Das Pfändungspfandrecht verbietet den Versorgungsausgleich nicht, es begrenzt ihn nur. Die begehrte Zahlung von knapp 1.959,25 Euro blieb aus.

Der BGH (XII ZR 28/20) hat diese Linie später klargezogen: Gepfändete und zur Einziehung überwiesene Versorgungsanrechte können im Versorgungsausgleich durch interne Teilung ausgeglichen werden. Ein Zahlungsverbot an den Schuldner steht dem nicht entgegen.

Eine allgemeine Pflicht des Versorgungsträgers, das Familiengericht proaktiv über die Pfändung zu informieren, besteht nicht. Für die Gläubigerin bedeutete das: kein Schadensersatz, weil ihre Rechtsposition durch die (unter Pfändungsbeschränkungen) zulässige Teilung nicht verletzt wurde.

Was heißt das für die Praxis?

Der Fall macht zweierlei deutlich: Erstens genießt der Versorgungsausgleich als Teil der Scheidungsfolgen hohes Gewicht – auch neben der Zwangsvollstreckung. Zweitens sind Pfändungsgläubiger gut beraten, ihre Rechte aktiv zu sichern, statt auf eine „automatische“ Beteiligung des Versorgungsträgers zu hoffen.

Entscheidend ist die ordnungsgemäße Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner sowie die fortlaufende Kontrolle der Zahlflüsse. Kommt es zur internen Teilung, können sich vollstreckungsrechtliche Reibungsverluste (z. B. Teilungskosten) ergeben – die hat der Gläubiger grundsätzlich hinzunehmen.

Schnellüberblick: Versorgungsausgleich & Pfändung Frage Kurzantwort Sperrt eine Pfändung den Versorgungsausgleich? Nein. Der Ausgleich findet statt – unter den Beschränkungen aus Pfändung/Überweisung. Muss der Versorgungsträger das Familiengericht über Pfändungen informieren? Nein, keine generelle Informationspflicht zugunsten des Pfändungsgläubigers. Hat der Gläubiger Anspruch auf Schadensersatz, wenn nicht informiert wurde? Regelmäßig nein, wenn der Ausgleich rechtmäßig war und kein kausaler Mehrschaden nachweisbar ist. Was bedeutet „interne Teilung“? Aufteilung des Anrechts im Versorgungssystem; Zahlungen an den ausgleichsberechtigten Ex-Partner entstehen innerhalb des Trägers. Und die Pfändung? Bleibt bestehen; der Träger zahlt unter Beachtung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Tipps für Gläubigerinnen und Gläubiger

Wer pfändet, braucht Sorgfalt und Timing. Wichtig ist, dass der Pfändungsbeschluss wirksam zugestellt wird und die Drittschuldnererklärung vollständig vorliegt. Läuft parallel eine Scheidung, sollte der Gläubiger aktiv kommunizieren – mit Drittschuldner und ggf. mit dem eigenen Vollstreckungsorgan.

Denn der Versorgungsausgleich lässt sich nicht per Pfändung „wegdrücken“, sondern nur in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen begrenzen.

Was Betroffene wissen sollten

Wer sich scheiden lässt, kann sich nicht darauf verlassen, dass eine Pfändung die Rententeilung verhindert. Umgekehrt bedeutet die Teilung nicht, dass Gläubiger leer ausgehen. Es geht um Ausgleich, nicht um Vorrang um jeden Preis.

Das Familiengericht muss beide Interessen – Ausgleichsberechtigte/r und Pfändungsgläubiger/in – fair austarieren. Am Ende steht häufig ein Ergebnis, das für beide Seiten zumutbar ist, auch wenn niemand „alles“ bekommt.

Fazit

Die Wiesbadener Entscheidungen, bestätigt durch den BGH, schaffen Rechtssicherheit: Pfändung und Versorgungsausgleich schließen einander nicht aus. Sie greifen ineinander – mit klaren Spielregeln. Für Gläubiger heißt das: Rechte sichern, Zustellungen sauber dokumentieren, Zahlungen prüfen.

Für Ausgleichsberechtigte: Anspruch prüfen und durchsetzen, selbst wenn eine Pfändung im Raum steht. Für alle Beteiligten gilt: Wer die Mechanik versteht, verliert kein Geld durch vermeidbare Fehler.

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EM-Rente rückwirkend – muss ich jetzt Krankengeld zurückzahlen?

6. Oktober 2025 - 13:56
Lesedauer 4 Minuten

Wer einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellt, braucht Geduld. Zwischen Antragstellung und Bescheid verstreichen nicht selten mehrere Monate. Häufig schließt sich sogar ein Widerspruchs- oder Klageverfahren an, sodass ein Jahr und mehr vergehen kann.

In dieser Zeit sichern die meisten Betroffenen ihren Lebensunterhalt zunächst mit Krankengeld und – falls der Rentenbescheid weiter auf sich warten lässt – später mit Arbeitslosengeld. Manche landen nach Auslaufen dieser Ansprüche beim Jobcenter und erhalten Bürgergeld. Diese Abfolge ist normal und rechtlich vorgesehen.

Die naheliegende Frage lautet dann: Was passiert, wenn die Erwerbsminderungsrente am Ende rückwirkend bewilligt wird? Drohen Rückforderungen? Oder gibt es eine Nachzahlung?

Übergangsleistungen bis zum Rentenbescheid: Krankengeld, ALG und Bürgergeld

Während der Prüfung des Rentenantrags greifen unterschiedliche Sicherungssysteme. Krankengeld fängt Beschäftigte auf, die wegen Krankheit länger arbeitsunfähig sind. Läuft das Krankengeld aus oder endet das Beschäftigungsverhältnis, folgt häufig Arbeitslosengeld, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

Ist auch dieses Kapitel abgeschlossen und der Bescheid weiterhin offen, springt das Jobcenter mit Bürgergeld ein. Jede dieser Leistungen hat eigene Anspruchsvoraussetzungen und Berechnungsregeln. Für Betroffene wichtig ist vor allem, dass sie in dieser Übergangszeit nicht ohne Absicherung bleiben.

Der entscheidende Moment: Rückwirkende Bewilligung der Rente

Wenn die Rentenversicherung die Erwerbsminderungsrente bewilligt und der Anspruch rückwirkend beginnt, entsteht oft eine Rentennachzahlung für die vergangenen Monate.

Gleichzeitig wurden in genau diesen Monaten bereits Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Bürgergeld gezahlt. Es liegt nahe anzunehmen, man müsse nun Teile dieser Leistungen zurückgeben. Genau hier sorgt das Sozialrecht für klare Verhältnisse – und nimmt den Druck von den Betroffenen.

Verrechnung erfolgt zwischen den Behörden – nicht mit dem Konto der Betroffenen

Die zentrale Botschaft lautet: Die beteiligten Leistungsträger verrechnen untereinander. Krankenkasse, Agentur für Arbeit, Jobcenter und Rentenversicherung stimmen ab, wer für welchen Zeitraum zuständig war und welche Beträge anzurechnen sind.

Damit vermeiden die Systeme eine Doppelzahlung für denselben Zeitraum. Für Versicherte ist entscheidend: Sie müssen selbst nichts zurückzahlen. Es gibt keine Pflicht, bereits erhaltenes Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Bürgergeld aus eigener Tasche zu erstatten. Die Ausgleichsmechanismen greifen ohne Mitwirkung der Betroffenen.

Rechtlich wird das dadurch abgesichert, dass Erstattungsansprüche zwischen den Trägern vorgesehen sind. In der Praxis bedeutet das: Geht eine Rentennachzahlung ein, werden aus dieser Nachzahlung zunächst die Erstattungsansprüche der Kassen oder Behörden bedient.

Was darüber hinaus verbleibt, wird an die bzw. den Versicherten ausgezahlt. Reicht die Nachzahlung nicht aus, um alle Erstattungsansprüche vollständig zu decken, ist das nicht das Problem der Betroffenen; es wird keine private Rückforderung bei ihnen ausgelöst.

Wenn die Rente niedriger ist als die Übergangsleistungen

Nicht selten fällt die Erwerbsminderungsrente niedriger aus als das zuvor gezahlte Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Das wirkt im ersten Moment beunruhigend. An der Nicht-Rückzahlung ändert das jedoch nichts.

Auch dann bleibt es dabei: Es entsteht kein persönlicher Rückzahlungsanspruch gegen die oder den Versicherten. Die Behörden klären den finanziellen Ausgleich untereinander. Für Betroffene bedeutet das Planungssicherheit, selbst wenn die laufende Rente künftig geringer ist als die zuvor erhaltenen Leistungen.

Wenn die Rente höher ist: Die Differenz bleibt bei Ihnen

Die erfreuliche Kehrseite: Liegt die bewilligte Rente für den rückwirkenden Zeitraum über den damals erhaltenen Übergangsleistungen, steht die Differenz den Betroffenen zu. In solchen Konstellationen resultiert aus der rückwirkenden Bewilligung eine Auszahlung an die oder den Versicherten.

Dieses Plus ist gewissermaßen der finanzielle Ausgleich dafür, dass die Rente im Nachhinein höher bewertet wurde als die übergangsweise gezahlten Leistungen.

Wie das in der Praxis aussieht

Stellen Sie sich vor, zwischen Juni und Oktober wurden monatlich 1.100 Euro Arbeitslosengeld gezahlt. Im Dezember bewilligt die Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente ab Juni in Höhe von 1.250 Euro monatlich.

Die Rentenversicherung ermittelt für die Monate Juni bis Oktober eine Nachzahlung. Aus dieser Nachzahlung erhält die Agentur für Arbeit für denselben Zeitraum ihren Erstattungsbetrag in Höhe der zuvor gezahlten 1.100 Euro pro Monat. Die Differenz von 150 Euro pro Monat bleibt bei der oder dem Versicherten und wird ausgezahlt.

Umgekehrt gilt: Fiele die Rente für diesen Zeitraum nur 950 Euro hoch aus, würde die Agentur für Arbeit ihren Erstattungsanspruch in Höhe von 950 Euro pro Monat direkt von der Rentenversicherung erhalten. Es gäbe keine Rückforderung gegenüber der oder dem Versicherten für die restlichen 150 Euro, die das Arbeitslosengeld damals höher war.

Auswirkungen auf den laufenden Bezug: Nahtloser Übergang

Mit dem Rentenbeginn endet die Zuständigkeit der anderen Leistungsträger. Krankengeld und Arbeitslosengeld werden ab dem maßgeblichen Rentenstart nicht mehr gezahlt. Beim Bürgergeld wird der Anspruch entsprechend angepasst.

Für den laufenden Monat stellt sich die Leistung in der Regel automatisch um. Relevant sind dann die monatliche Rentenzahlung sowie die damit verbundenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentnerinnen und Rentner. Änderungen müssen der Krankenkasse und – falls bisher Bürgergeld bezogen wurde – dem Jobcenter angezeigt werden, damit alle Unterlagen konsistent sind. Ein zusätzliches Zutun, um Rückzahlungen zu vermeiden, ist nicht erforderlich.

Was Betroffene dennoch im Blick behalten sollten

Auch wenn die Verrechnung ohne eigenes Eingreifen erfolgt, lohnt es sich, die Bescheide sorgfältig zu prüfen. Wichtig sind klare Zeiträume, nachvollziehbare Beträge und der Beginn der Rente. Bei Unklarheiten empfiehlt sich eine zeitnahe Rückfrage bei der jeweils genannten Stelle.

Wer während der Wartezeit den Überblick über Unterlagen, Krankschreibungen und Bescheide behält, erleichtert bei Rückfragen die Klärung. Unterstützung bieten Sozialverbände, Rentenberatungen und – bei rechtlichen Differenzen – Beratungsstellen oder Rechtsbeistände mit Schwerpunkt Sozialrecht.

Fazit: Rückwirkende Bewilligung bedeutet für Betroffene keinen Bumerang

Die wochen- oder monatelange Ungewissheit bis zum Rentenbescheid ist belastend. Umso wichtiger ist der rechtliche Schutzmechanismus, der doppelte Zahlungen verhindert, ohne die Betroffenen in die Rückzahlungspflicht zu nehmen.

Wird die Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt, verrechnen die Leistungsträger die bereits gezahlten Beträge untereinander.

Für die Versicherten gilt: Es gibt keine Rückforderung, selbst wenn die Rente niedriger ist als Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Ist die Rente höher, bleibt die Differenz bei den Betroffenen.

Damit steht fest: Unter diesem Gesichtspunkt kann eine rückwirkende Bewilligung nur gewinnen lassen – entweder durch eine Nachzahlung oder zumindest durch die Sicherheit, nichts zurückzahlen zu müssen.

Der Beitrag EM-Rente rückwirkend – muss ich jetzt Krankengeld zurückzahlen? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.

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Erst krank, dann arbeitslos und dann in Rente – So ist der beste Weg

6. Oktober 2025 - 13:44
Lesedauer 3 Minuten

Krankheit, Arbeitslosigkeit und Rente hängen oft eng zusammen. Jemand kann wegen einer Erkrankung seinen Beruf nicht mehr ausüben, fällt unter Arbeitslosengeld oder beantragt eine Erwerbsminderungsrente.

Dr. Utz Anhalt: So ist der richtige Weg

Oder die Krankheit geht über in eine Arbeitsunfähigkeit, und nach einiger Zeit der Arbeitslosigkeit ist das Rentenalter erreicht. Wichtig ist es, im sozialen System der Bundesrepublik die unterschiedliche Verantwortung der jeweiligen Leistungsträger zu kennen.

Lohnfortzahlung bei Krankheit

In einem regulären sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis haben Arbeitnehmer im Krankheitsfall laut dem Entgeldfortzahlungsgesetz Anspruch darauf, bei einer Erkrankung ihr sonstiges Gehalt von ihren Arbeitgeber:innen weiterzubekommen. Das gilt nicht unbegrenzt, sondern für sechs Wochen.

Die Krankenkasse zahlt Krankengeld

Die gesetzliche Krankenkasse zahlt nach den ersten sechs Wochen statt der Lohnfortzahlung des Arbeitgebers Krankengeld. Dieses wird, wenn nötig, für weitere 72 Wochen gewährleistet. Dieses Krankengeld gibt es auch, wenn jemand während der Krankenzeit arbeitslos wird. Der Anspruch entsteht nämlich mit dem Beginn der Krankheit.

Krank und arbeitslos?

Wer bereits länger als sechs Wochen krank war, bevor sein Arbeitsverhältnis endete und weiterhin krank geschrieben ist, erhält ebenfalls weiterhin Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse. Denn er oder sie bezog bereits Krankengeld, als das Arbeitsverhältnis noch bestand.

Frühzeitig Antrag auf Arbeitslosengeld stellen

Betroffene sollten sich bereits arbeitslos melden, wenn sie noch Krankengeld beziehen und bei Gesundung nicht wieder in ihren alten Job eintreten. Wenn diese Erkrankten wieder gesund und arbeitsfähig sind, haben sie Anspruch auf Arbeitslosengeld und können dieses beantragen.

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Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit

Betroffene erhalten Arbeitslosengeld aber nicht nur, wenn sie wieder gesunden, sondern auch, wenn die 72 Wochen Krankengeld der Krankenkasse vorüber sind. Die Krankenkassen informieren rund drei Monate vor dem Einstellen des Krankengeldes über das Ende des Auszahlung. Das ist die richtige Zeit, um Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit zu beantragen. Arbeitslosengeld nach Krankengeld liegt bei 60 Prozent des Nettogehalts vor der Arbeitsunfähigkeit.

Arbeitslosigkeit um Leistungslücken zu stopfen

Arbeitslosengeld kann auch zur Überbrückung gezahlt werden. Das gilt zum Beispiel, wenn jemand eine Erwerbsminderungsrente wegen Beeinträchtigung beantragt hat, der Antrag vom Rentenversicherungsträger aber noch nicht entschieden ist. Hier kann die Agentur für Arbeit einspringen.

Die Betroffenen bekommen in der Zeit der Überbrückung Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit und auch die Krankenkasse wird von der Agentur getragen.

Arbeitslosigkeit und Erwerbsminderungsrente

Ist jemand chronisch erkrankt, arbeitsunfähig und arbeitslos, dann kommt auch eine Erwerbsminderungsrente in Frage. Die ist möglich, wenn Betroffene die Regelaltersgrenze für eine Altersrente noch nicht erreicht haben. Außerdem ist Bedingung, mindestens fünf Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt zu haben, bevor die Erwerbsminderung eintrat.

In den fünf Jahren vor Beginn der Erwerbsminderung müssen drei Jahre oder mehr belegt sein, in denen die Betroffenen Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung zahlten.

Arbeitslosengeld und Frührente

Ab 63 Jahren ist es möglich, in Frührente zu gehen und eine Altersrente für langjährig Versicherte zu bekommen.

Das ist nur möglich, wenn die Betroffenen mindestens 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben, und es bedeutet immer eine Minderung der Rente. Arbeitslosigkeit in den zwei Jahren vor der Rente wird nicht als Versicherungsjahre berechnet.

Insofern kann es für Betroffene besser sein, vor der Altersrente Arbeitslosengeld I statt Frührente zu beantragen.

Denn oft ist das ALG I höher als die spätere Altersrente, und der Rentenabschlag ist geringer als bei einer Frührente. Die Agentur für Arbeit darf niemand dazu zwingen, Frührente statt Arbeitslosengeld I zu beantragen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Herr Schmidt, 58 Jahre alt, arbeitete seit über 30 Jahren als Maschinenbauingenieur. Aufgrund einer schweren chronischen Erkrankung wurde er arbeitsunfähig und erhielt zunächst sechs Wochen Lohnfortzahlung von seinem Arbeitgeber. Anschließend bezog er für die maximale Dauer von 72 Wochen Krankengeld von seiner gesetzlichen Krankenkasse.

Drei Monate vor dem Ende des Krankengeldbezugs informierte ihn seine Krankenkasse über das bevorstehende Auslaufen der Zahlungen. Da Herr Schmidt weiterhin nicht arbeitsfähig war, meldete er sich frühzeitig bei der Agentur für Arbeit und beantragte Arbeitslosengeld unter der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung. Diese Regelung ermöglicht es, Arbeitslosengeld zu beziehen, auch wenn man dem Arbeitsmarkt aufgrund von Krankheit nicht zur Verfügung stehen kann.
GEGEN HARTZ

Während des Bezugs von Arbeitslosengeld stellte Herr Schmidt einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der Deutschen Rentenversicherung. Nach eingehender Prüfung wurde ihm eine volle Erwerbsminderungsrente bewilligt. Da er die Voraussetzungen erfüllte, darunter mindestens fünf Jahre Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung und drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, konnte er diese Leistung in Anspruch nehmen.
GEGEN HARTZ

Durch dieses Vorgehen – zunächst Krankengeld, dann Arbeitslosengeld und schließlich die Erwerbsminderungsrente – konnte Herr Schmidt finanzielle Engpässe vermeiden und war während seiner gesamten Krankheitsphase sozial abgesichert. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, die unterschiedlichen Zuständigkeiten der Sozialleistungsträger zu kennen und rechtzeitig die notwendigen Anträge zu stellen, um nahtlose Übergänge zwischen den Leistungen zu gewährleisten.

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Sozialhilfe muss Kosten für Räumungsklage für armen Rentner nicht zahlen

6. Oktober 2025 - 13:19
Lesedauer 2 Minuten

Sozialhilfeträger müssen die Kosten einer Räumungsklage in der Regel nicht übernehmen. Nur wenn die Räumungsklage darauf zurückzuführen ist, dass eine Kommune die angemessenen Unterkunftskosten für einen Sozialhilfebezieher nicht, nicht in voller Höhe oder zu spät geleistet hat, müssen deren Kosten ausnahmsweise getragen werden, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Montag, 6. Oktober 2025, bekanntgegebenen Urteil (Az.: L 4 SO 38/25).

Rentner muss Kosten für Räumng selbst zahlen

Der klagende Sozialhilfebezieher hatte 36 Jahre lang in einer Mietwohnung in Kassel gewohnt. Als ihm von den neuen Eigentümern wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, kam es zum Räumungsverfahren. Das Amtsgericht verurteilte den heute 72-jährigen Mann zur Herausgabe der Wohnung und zur Tragung der Prozesskosten in Höhe von 1.270 Euro.

Der Kläger bezahlte im Oktober 2022 die Prozesskosten und zog kurz darauf in eine neue Wohnung um. Die Stadt Kassel übernahm im Rahmen der Sozialhilfe die Unterkunftskosten.

Im Jahr 2023 beantragte er bei dem Sozialhilfeträger die Erstattung der Kosten, die im Räumungsprozess entstanden sind. Die angespannte Wohnungssituation, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie seine persönliche Mittellosigkeit hätten zu der Situation beigetragen.

Sowohl die Stadt Kassel als nun auch das LSG lehnten die Übernahme der Kosten für die Räumungsklage ab.

LSG Darmstadt: Mieter hatte Räumung zu verschulden

Ein Sozialhilfeträger sei erst dann zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn er die zuvor angemessenen Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höhe oder verspätet geleistet hat und es deshalb zur Räumungsklage gekommen sei. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Stadt habe die Mietkosten der früheren Wohnung in tatsächlicher Höhe übernommen.

Auch sei die Stadt nicht zur Schuldenübernahme verpflichtet gewesen. Bereits bezahlte Prozesskosten stellten keine Mietschulden dar, für die der Sozialhilfeträger aufkommen müsste, urteilte am 27. August 2025 das LSG. Zum einen habe der Kläger die Kosten vor der Antragstellung bereits beglichen, ohne darauf hinzuweisen, hierzu nicht aus eigenen Kräften und Mitteln nicht in der Lage zu sein. Zum anderen habe er die ursprüngliche Wohnung zwischenzeitlich aufgegeben.

Das gesetzliche Ziel, die Schulden zu übernehmen, diene aber dem Erhalt der Wohnung. Werde diese nicht mehr bewohnt, könne dieses Ziel nicht mehr erreicht werden. fle

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