«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Unfallversicherung: Kaffeeholen im Sozialraum unfallversichert – Urteil
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können ausnahmsweise beim Kaffeeholen im Sozialraum eines Betriebes unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz stehen. Dies gilt etwa dann, wenn eine Beschäftigte wegen eines nass gewischten Bodens im Sozialraum stürzt und sich damit eine „besondere betriebliche Gefahr“ verwirklicht hat, urteilte am Mittwoch, 24. September 2025, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B2 U 11/23 R).
Grundsätzlich sei aber der beabsichtigte Verzehr von Genussmitteln wie Kaffee eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit und damit nicht unfallversichert.
Was wurde verhandelt?Geklagt hatte eine bei einem Finanzamt in Osthessen beschäftigte Verwaltungsangestellte. Wie jeden Tag wollte die Frau auch am 25. Februar 2021 sich eine halbe Stunde vor Feierabend noch am Getränkeautomaten im Sozialraum der Behörde einen Kaffee holen. Beim Betreten des Raums war der Boden feucht gewischt und nass. Ein Schild wies auch auf die erhöhte Unfallgefahr hin. Dennoch rutschte die Frau aus. Infolge ihres Sturzes erlitt sie einen Bruch des dritten Lendenwirbelkörpers.
Die Unfallkasse Hessen lehnte die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall ab. Das Kaffeeholen stelle eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar, die nicht unter dem Unfallversicherungsschutz stehe.
Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Sturz in einer Kantine auch nicht unfallversichert. Dies müsse dann für den Sozialraum ebenfalls gelten, sobald deren Tür durchschritten werde.
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) gab der Klägerin recht. So diene die Nahrungsaufnahme der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit.
BSG: Ausrutschen auf gewischtem Boden als betriebliche GefahrDas BSG gab der Klägerin jedoch aus anderen Gründen recht. Die Verwaltungsangestellte habe einen versicherten Arbeitsunfall erlitten. Grundsätzlich stehe der Konsum von Genussmitteln jedoch nicht unter Versicherungsschutz. Denn es handele sich hierbei um einen eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Es gebe jedoch auch Ausnahmen.
Wolle ein Arbeitnehmer mit dem Kaffeekonsum etwa seine Schläfrigkeit überwinden und damit die Arbeitsfähigkeit aufrechterhalten, könne ausnahmsweise auch der Konsum des Genussmittels unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Der Kaffeekonsum sei dann der Arbeit zuzurechnen. Dieser betriebliche Zusammenhang des Genussmittelkonsums habe das LSG aber nicht festgestellt.
Allerdings habe sich mit dem Sturz auf nassem Boden eine „besondere Betriebsgefahr“ verwirklicht, so dass ein Arbeitsunfall vorliege. Der Arbeitgeber habe die Getränkeversorgung in dem Sozialraum verortet, wo Beschäftigte sich auch untereinander austauschen können. Damit gehöre der Sozialraum generell zur Versicherungssphäre des Arbeitgebers. fle
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Änderungen beim Krankengeld: Neue Rechengrößen ab 2026 und weitere Anpassungen
ie Bundesregierung hat am 6. August 2025 den Entwurf des „Gesetzes zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ beschlossen.
Darin stecken zwei für das Krankengeld zentrale Anpassungen ab 2026: Die verlängerte Bezugsdauer beim Kinderkrankengeld wird für das Kalenderjahr 2026 fortgeschrieben, und für bestimmte Beschäftigte mit Wohnsitz im Ausland wird die Berechnung des Krankengelds auf eine Bruttolohnbasis umgestellt, um Doppelbelastungen zu vermeiden.
Der Entwurf wurde am 11. September 2025 in erster Lesung im Bundestag beraten; vorgesehen ist ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2026.
Kinderkrankengeld: Die erhöhte Anspruchsdauer bleibt 2026 erhaltenEltern konnten in den Jahren 2024 und 2025 pro Kind je Elternteil bis zu 15 Arbeitstage (Alleinerziehende bis zu 30) Kinderkrankengeld beziehen; bei mehreren Kindern galten Obergrenzen von 35 beziehungsweise 70 Tagen.
Diese pandemiebedingt angehobenen Werte werden nach Regierungsentwurf explizit auch für das Jahr 2026 gelten.
Wichtig: Damit fällt die zuvor drohende Rückkehr auf die niedrigeren Regelsätze (10 bzw. 20 Tage; Gesamtdeckel 25/50) aus.
Für Familien bedeutet das planbare Entlastung auch im kommenden Jahr. Die Zahlenbasis stammt aus der aktuellen BMG-FAQ, die gesetzliche Verlängerung für 2026 ist im Gesetzentwurf festgehalten.
Grenzgängerinnen und Grenzgänger: Berechnungsschutz gegen Steuer-DoppelbelastungNeu ist eine Klarstellung für Beschäftigte mit Wohnsitz im Ausland, deren Krankengeld nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Ansässigkeitsstaat besteuert werden kann: In diesen Fällen wird Krankengeld – ebenso Mutterschaftsgeld und der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, analog auch Verletztengeld – auf Basis des Bruttolohns berechnet.
Ziel ist, eine übermäßige Belastung und damit verbundene Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu vermeiden. Die neue Berechnungslogik gilt ausdrücklich für die betroffenen Konstellationen ab 2026.
Krankengeld Höchstbeträge: Neue Rechengrößen ab 2026Unabhängig von inhaltlichen Gesetzesänderungen steigen 2026 die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung. Die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung liegt nach dem BMAS-Referentenentwurf bei 69.750 Euro pro Jahr beziehungsweise 5.812,50 Euro pro Monat; die Versicherungspflichtgrenze steigt auf 77.400 Euro.
Da Krankengeld auf 70 Prozent des regelmäßigen Brutto bis höchstens 90 Prozent des Netto gedeckelt ist und zugleich die Beitragsbemessungsgrenze als Kappungsgrenze wirkt, erhöht sich damit rechnerisch auch der maximal erreichbare Krankengeldbetrag.
Die exakten Tageshöchstwerte legt die Selbstverwaltung jährlich fest; im Jahr 2025 lag der kalendertägliche Höchstbetrag bei 128,63 Euro. Für 2026 ist – entsprechend der höheren Bemessungswerte – ein Anstieg zu erwarten.
Was gleich bleibt: Anspruch, Berechnung und Dauer des KrankengeldesAn den Grundsätzen ändert das Jahr 2026 nichts. Gesetzlich Versicherte erhalten Krankengeld grundsätzlich ab der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit, nachdem zuvor der Arbeitgeber bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung leistet.
Die Höhe beträgt 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelts (soweit beitragspflichtig), jedoch nicht mehr als 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts; von der Leistung werden die Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung einbehalten.
Beim Kinderkrankengeld gelten weiterhin die speziellen Regeln (Regel: 90 Prozent des Netto). Die maximale Bezugsdauer ist auf 78 Wochen innerhalb einer Dreijahresfrist für dieselbe Erkrankung begrenzt; die Zeit der Entgeltfortzahlung wird dabei angerechnet.
Was bedeutet das für den Alltag von Krankengeld-Beziehern?Für Eltern schafft die Fortschreibung der erhöhten Kinderkrankentage bis Ende 2026 Verlässlichkeit – insbesondere in Betreuungssituationen, in denen kurzfristige Ausfälle organisiert werden müssen. Unternehmen sollten weiterhin mit entsprechenden Freistellungen rechnen und interne Prozesse zur eAU sowie zur Bescheinigung von Kinderkrankentagen aktuell halten.
Für international mobile Beschäftigte beseitigt die Bruttolohn-Berechnung in Doppelbesteuerungsfällen eine Ungerechtigkeit, die bislang zu spürbaren Nachteilen führen konnte. Und für alle Versicherten an der Beitragsbemessungsgrenze steigt der theoretische Krankengeld-Höchstbetrag mit den neuen Rechengrößen – ohne dass dies etwas an den bekannten Prozentformeln und Obergrenzen ändert.
Rechtsstand und Quellenlage: Kabinettsentwurf vom 06.08.2025; 1. Lesung Bundestag am 11.09.2025. Die beschriebenen Anpassungen sind im Gesetzentwurf dokumentiert; die Rechengrößen 2026 beruhen auf dem veröffentlichten BMAS-Entwurf. Für Detailfragen zu individuellen Ansprüchen bleibt der Blick in die §§ 45, 47, 48 SGB V und die späteren amtlichen Bekanntmachungen der Sozialversicherung maßgeblich.
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Krankengeld: Immer noch Krank nach der Aussteuerung – Das kannst Du jetzt tun
Die Krankenkasse zahlt bis zu eineinhalb Jahre Krankengeld. Danach gelten Sie als “ausgesteuert”. Sie erhalten also kein weiteres Krankengeld mehr – auch nicht, wenn Sie krank sind. Wie geht es weiter, wenn keine Nahtlosigkeitsregelung greift?
Arbeitsagentur und KrankheitNach dem Auslaufen des Krankengeldes bekommen Menschen, die nicht wieder arbeiten, in der Regel Geld von der Arbeitsagentur.
Was passiert, wenn Sie wieder krank werden, während Sie diese Leistungen bekommen? Hier müssen Sie einiges beachten, damit Sie keine bösen Überraschungen erleben.
Neue Krankheit oder alte Krankheit?Wenn Sie neu erkranken, dann haben Sie bei der Agentur für Arbeit weniger Probleme, genauer gesagt dann, wenn die neue Erkrankung in keinem Zusammenhang mit der alten steht.
Ist dies der Fall, dann haben Sie sogar die Möglichkeit, wieder Krankengeld zu beziehen.
Arbeitslos und arbeitsunfähig?Schwieriger wird es, wenn Sie wegen der Erkrankung arbeitsunfähig werden. Da der Bezug von Arbeitslosengeld bedeutet, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, also erwerbsfähig zu sein, wird die Agentur Sie mittelfristig dazu drängen, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beantragen.
Arbeitslosengeld wird dann aber nur gezahlt, wenn die Nahtlosigkeitsregelung greift.
Die alte Krankheit flammt wieder auf?Was passiert aber, wenn Sie die Aussteuerung hinter sich haben, Arbeitslosengeld beziehen, die alte Krankheit wieder aufflammt und Sie nicht unter die Nahtlosigkeitsregelung fallen?
Nicht dauerhaft krankschreiben und kein Krankengeld?Jetzt haben Sie ein Problem. Sie sind krank, dürfen sich aber erstens nicht dauerhaft krankschreiben lassen, weil Sie sonst kein Arbeitslosengeld mehr bekommen – und damit auch keine Krankenversicherung.
Sie erhalten zweitend auch kein Krankengeld, da nach der Aussteuerung für die alte Krankheit eine dreijährige Blockfrist gilt.
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Bis zu sechs Wochen arbeitsunfähigBeim Arbeitslosengeld können Sie sich bis zu sechs Wochen krankschreiben lassen, ohne dass es verfällt.
Das gilt dann, wenn Versicherte erst während des Bezugs des Arbeitslosengeldes krank geschrieben wurden.
Falls Ihre Gesundheit es zulässt, können Sie sich für die Zeiten arbeitsunfähig schreiben, in denen Sie im Krankenhaus sind und so an der Sechs-Wochenfrist vorbei schlittern.
Das ist aber keine Lösung auf Dauer und wird spätestens dann problematisch, wenn Sie zwischenzeitlich arbeitsfähig gemeldet sind und die Agentur Sie in eine Maßnahme oder auf eine Stelle vermittelt, die Sie nicht leisten können. Sie sollten sich in diesem Fall unbedingt eine Wohlfahrtsorganisation informieren und sich sozialrechtlich beraten lassen.
Liegt eine Familienversicherung vor?Wenn Ihr Partner in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, haben Sie die Möglichkeit, sich über eine Familienversicherung abzusichern. Dann bleibt zumindest die Krankenkasse verhalten, auch wenn das Arbeitslosengeld verfällt.
Freiwillige Versicherung oder BürgergeldHaben Sie keinen Partner, über den eine Familienversicherung möglich ist, dann müssen Sie sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichern.
Oder -wenn dies finanziell nicht möglich ist können Sie Bürgergeld beantragen.
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Bürgergeld Versagungsbescheid rechtswidrig, wenn das Jobcenter keine Entscheidung über den Leistungsanspruch selbst getroffen ha
Gem. § 66 Abs. 1 SGB I kann das Jobcenter ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind.
Das Jobcenter forderte folgende Unterlagen von der Klägerin zur Vorlage auf:– Nachweise über die seit 1. März 2018 gezahlte Miete
– detaillierte Angaben, wovon die Klägerin in den letzten Monaten gelebt habe
– Erklärung, ob und wann sich die Klägerin seit März 2018 in der T. aufgehalten habe, einschließlich Vorlage des Reisepasses
– (übersetzte) Nachweise zum Ausgang des vorgetragenen Klageverfahrens in der T.
– Nachweise über Eigentumsverhältnisse an dem bzw. an den Häusern in N.
– ungeschwärzte, geordnete Kontoauszüge für den Zeitraum 1. Dezember 2015 bis 30. April 2016.
Die Klägerin hat die angeforderten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat sie lediglich vorgetragen, dass sich ihre Vermieterin mit Mietforderungen bislang zurückgehalten habe, dass sie zunächst von angespartem Geld und dann von geliehenem Geld gelebt habe und dass sie weder Reisepass noch übersetztes Scheidungsurteil vorlegen könne.
In dem Versagungsbescheid hat das Jobcenter jedoch – nicht nur – auf das Fehlen derjenigen Unterlagen abgestellt, zu deren Vorlage die Klägerin aufgefordert worden war.
Es hat auch auf das Fehlen von Unterlagen abgestellt, die er nicht angefordert hatte, namentlich eine Verlustanzeige des Passes, Klärung der Eigentumsverhältnisse am Grundeigentum und Darlegung zu Miteigentumsanteilen an Eigentumswohnungen in der T..
Des weiteren hat das Jobcenter im Rahmen des Widerspruchsbescheides ersichtlich auch die Hilfebedürftigkeit der Klägerin geprüft und unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe das Vorliegen einer Notlage nicht plausibel und widerspruchsfrei dargelegt, obwohl sie die Beweislast dafür trage. Der Sachverhalt sei unglaubwürdig dargestellt worden. Offenbar sei weder die Miete tatsächlich geschuldet gewesen, noch seien Nachweise über Schulden bei Freunden vorgelegt worden. Offensichtlich sei die Klägerin seit Monaten in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbstständig zu sichern.
Das Landessozialgericht Hamburg hat nun mit Urteil vom 20.05.2025 – L 4 AS 106/23 D – festgestellt, dass der Versagungsbescheid des Jobcenters rechtswidrig ist.
1. Die Versagung von Leistung beinhaltet nämlich – anders als hier geschehen – keine Entscheidung über den Leistungsanspruch selbst.
2. Voraussetzung für eine Versagung nach § 66 Abs. 1 SGB I ist es nämlich gerade, dass die Ermittlungen und damit auch die Prüfung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen im Hinblick auf die unterlassene Mitwirkung noch nicht abgeschlossen sind.
3. Wenn das Nichtvorliegen der Leistungsvoraussetzungen feststeht oder das Jobcenter die Angaben des Hilfesuchenden für unwahr hält, darf das Jobcenter die Leistung – nicht versagen – , sondern es hat vielmehr die vom Hilfesuchenden gemachten Angaben zu würdigen und anschließend über den geltend gemachten Anspruch als solchen zu entscheiden.
So ist es hier jedoch gerade nicht geschehen – Fehler des JobcentersObwohl das Jobcenter offenbar davon ausging, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht vorlagen, ist er weiterhin nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 SGB I vorgegangen, anstatt über den Anspruch als solchen zu entscheiden.
Vor diesem Hintergrund kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Versagungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben war.
Anmerkung vom Bürgergeld Experten Detlef Brock1.Ein Versagungsbescheid trifft – keine Aussage zu einzelnen Leistungsvoraussetzungen – , sondern zur fehlenden Mitwirkung des Antragstellers im Verwaltungsverfahren. Beim Versagungsbescheid sind im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren lediglich Mitwirkungshandlungen zu berücksichtigen, die bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erfolgen.
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Jobcenter-Bürgergeld-Rechner mit rechtlich falschen Ergebnissen
Der neue Bürgergeld-Rechner des Jobcenters München soll Klarheit schaffen, ob sich ein Antrag lohnt. In der Praxis sorgt er jedoch für Verwirrung – und liefert im Test von Sozialrecht-Justament sogar ein falsches Ergebnis.
Besonders problematisch: Ein rechtlich unzutreffender Vorhinweis, fehlende Korrekturmöglichkeiten und eine Auswertung, die ihre Rechenschritte verschweigt. Für Betroffene kann es dazu führen, Ansprüche nicht in Anspruch zu nehmen.
Rechtlich daneben: „Erst Wohngeld/KiZ prüfen“Bereits vor dem Start der Berechnung blendet das Tool den Hinweis ein, man müsse zunächst prüfen, ob ein Anspruch auf Wohngeld oder Kinderzuschlag besteht; erst danach solle ein Bürgergeld-Antrag gestellt werden. Das klingt behördlich korrekt – ist es aber nicht.
Natürlich kann und darf Bürgergeld beantragt werden, wenn das Einkommen nicht zum Leben reicht.
Die Vorverlagerung auf andere Leistungen ist weder praxistauglich noch rechtlich geboten; in München mit teils extrem langen Wohngeld-Bearbeitungszeiten wirkt der Hinweis sogar zynisch.
UX aus der Sackgasse: keine „Zurück“-FunktionDer Rechner arbeitet wie eine Antragsstrecke. Wer sich verklickt oder eine Eingabe präzisieren will, kann nicht einfach einen Schritt zurück – es bleibt nur der Neustart.
Das ist schlechter Standard und widerspricht grundlegenden Qualitätskriterien für Sozialleistungsrechner, wonach Eingaben schnell korrigierbar und Ergebnis-/Eingabemaske zugänglich sein müssen.
Altersabfrage macht korrekte Berechnung unmöglichBesonders gravierend: Kinder im Alter von 15 und 16 werden in einem Topf erfasst. Das ignoriert, dass der Alleinerziehenden-Mehrbedarf von 36 % nur gilt, solange zwei Kinder unter 16 sind – sind beide 16, entfällt er. Durch die undifferenzierte Altersgruppe ist eine rechtskonforme Berechnung schlicht nicht möglich.
Dokumentierter Test: korrekt wären 90,56 € – der Rechner liefert etwas anderesDer Test von Sozialrecht-Justament zeigt die Schwächen des Rechners konkret auf:
Testeingabe (Kurzfassung) Korrektes Ergebnis vs. Rechner-Output Alleinerziehende, Bruttolohn 3.100 €, Nettolohn 2.300 €, Teilrente 300 €; Kind 16: Unterhalt 400 €; Kind 19 (Schüler): Erwerb 300 € (brutto = netto); Unterkunft: 1.300 € Nettokaltmiete, 200 € Nebenkosten, 120 € Heizung. Rechtlich korrekt: Anspruch 90,56 € Bürgergeld; mit Kindersofortzuschlag 100,56 €. Rechner München: anderes, falsches und intransparentesErgebnis; die Herleitung bleibt verborgen.Die Autorinnen der Fachanalyse haben die Eingabe mehrfach wiederholt – das Resultat blieb falsch und nicht nachvollziehbar. Wer auf dieser Basis Entscheidungen trifft, läuft Gefahr, Ansprüche zu verschenken.
Intransparente Ergebnisdarstellung: „Glauben Sie uns einfach“Der Rechner zeigt kein Rechenprotokoll, keine Absetzungsbeträge, keine Herleitung. Genau das macht Tools für Beratung und Selbsthilfe unbrauchbar. Gute Rechner legen mindestens Kernschritte offen; hier bleibt es bei einer vagen Auskunft.
Für Nutzer ist nicht überprüfbar, warum ein bestimmter Betrag herauskommt – ein klarer Verstoß gegen die geforderten Transparenzkriterien.
Warum das problematisch istDer Rechner setzt an der falschen Stelle an: Der vorgeschaltete Hinweis drängt Ratsuchende vom Bürgergeld weg, obwohl ein Anspruch bestehen kann – in einer Stadt wie München mit teils monatelangen Wohngeld-Bearbeitungszeiten ist das ein reales Risiko.
Zugleich ist das Tool fehleranfällig, weil eine „Zurück“-Funktion fehlt: Wer sich vertippt oder eine Angabe präzisieren will, muss von vorn beginnen – Fehleingaben werden so wahrscheinlicher und lassen sich nicht schnell korrigieren.
Schwerer wiegen die Rechtsfolgen der undifferenzierten Alterslogik, die eine korrekte Mehrbedarfsprüfung verhindert und im Ergebnis dreistellige Eurobeträge pro Monat kosten kann.
Und schließlich bleibt ohne nachvollziehbares Rechenprotokoll unklar, welche Angaben das Ergebnis treiben – statt aufzuklären, entmündigt der Rechner die Ratsuchenden.
Was Betroffene jetzt tun solltenWer Hilfe benötigt, sollte das Bürgergeld trotzdem beantragen – Punkt. Lassen Sie sich nicht von vorgeschalteten Vorprüfungshinweisen verunsichern. Prüfen Sie das Ergebnis anschließend gegen: Nutzen Sie transparente Werkzeuge oder lassen Sie die Berechnung in einer Beratungsstelle nachvollziehen.
Seriöse Rechner legen ihre Rechenschritte offen; alles andere ist nicht belastbar. Achten Sie außerdem auf Details: Gerade bei Alleinerziehenden entscheiden die exakten Altersgrenzen der Kinder über den Mehrbedarf – vereinfachte Altersfelder führen schnell zu spürbaren Fehlbeträgen.
Unser FazitVom Münchner Bürgergeld-Rechner ist aktuell abzuraten. Der rechtlich falsche Vorhinweis, die fehlende Korrekturfunktion, die fehlerhafte Altersabfrage und eine intransparente Ergebnisdarstellung machen ihn für Ratsuchende wie Beratungsprofis unbrauchbar. Wer sich auf das Tool verlässt, riskiert Fehlentscheidungen – und im Zweifel weniger Geld im Portemonnaie.
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Rente im Oktober 2025: Warum es diesmal auf den Wohnort ankommt
Für Millionen Seniorinnen und Senioren ist der Monatsletzte der entscheidende Moment im Haushaltsplan. Dann landet die gesetzliche Rente auf dem Konto, und mit ihr die Sicherheit, Mieten, Energie, Versicherungen und Kredite zuverlässig bedienen zu können.
Normalerweise läuft dieser Prozess geräuschlos im Hintergrund. Im Oktober 2025 sorgt jedoch ein regionaler Feiertag für eine Verschiebung, die in der Praxis spürbar ist. Entscheidend ist, wo jemand wohnt – nicht, welche Rentenart gezahlt wird.
Rechtliche Grundlage: Warum die Rente am Monatsende fällig istDie Fälligkeit der gesetzlichen Rente ist eindeutig geregelt. Nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erfolgt die Zahlung am Monatsletzten. Trifft dieser Termin auf einen Samstag, Sonntag oder einen bundesweiten Bankfeiertag, rückt der Zahltag automatisch auf den vorherigen Bankarbeitstag.
Der 31. Oktober 2025 fällt auf einen Freitag und wäre bundesweit ein normaler Banktag. Dennoch kommt es zu Abweichungen, weil der Reformationstag in mehreren Bundesländern gesetzlicher Feiertag ist und dort die Bankgeschäfte ruhen.
Reformationstag am 31.10.: So wirkt der Feiertag auf den ZahltagMaßgeblich für die Vorverlegung ist der Wohnort der Rentenbezieherinnen und -bezieher. In den Ländern, in denen der Reformationstag Gesetzeskraft hat, wird die Zahlung vorgezogen, damit sie nicht auf einen örtlichen Nicht-Banktag fällt.
Wer in einem dieser Bundesländer lebt, sieht die Rente bereits am Donnerstag, dem 30. Oktober 2025, auf dem Konto. In allen anderen Ländern bleibt es beim regulären Termin am Freitag, dem 31. Oktober 2025.
Region Zahltag Oktober 2025 Hamburg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen 30.10.2025 (Donnerstag) Übrige Bundesländer 31.10.2025 (Freitag) Wohnort statt Versicherungssitz: Wer tatsächlich früher dran istFür die Praxis zählt der Ort, an dem die Rentnerin oder der Rentner gemeldet ist. Sitzt die Deutsche Rentenversicherung in einem anderen Bundesland oder arbeitet der Renten Service der Deutschen Post bundesweit, ändert das nichts.
Entscheidend ist, ob der 31. Oktober am Wohnsitz ein Feiertag ist. Damit wird die Vorverlegung nachvollziehbar und planbar, ohne dass Betroffene aktiv werden müssen. Die Zahlung wird automatisch angepasst, um jeden Zahlungsverzug zu vermeiden.
Vorschüssig oder nachschüssig: Die richtige Einordnung der GutschriftHäufig führt die Zuordnung auf dem Kontoauszug zu Fragen. Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt des Rentenbeginns. Vor dem 1. April 2004 begonnene Renten werden nachschüssig gezahlt und stehen damit für den abgelaufenen Monat.
Ab dem 1. April 2004 gilt die vorschüssige Zahlung, sodass die Ende Oktober verbuchte Rente bereits die Leistung für November 2025 ist. Beide Systeme sind gleichwertig, unterscheiden sich aber in der rechtlichen Zuordnung.
Rentenbeginn Zuordnung im Oktober 2025 vor 01.04.2004 Zahlung nachschüssig – Leistung für Oktober 2025 ab 01.04.2004 Zahlung vorschüssig – Leistung für November 2025 Kontoführung am Monatsende: Wie sich ein Tag Unterschied auswirktDer Tagesvorsprung in den Reformationstagsländern kann spürbar sein, wenn Daueraufträge, Mieten oder Darlehensraten genau am Monatsende terminiert sind. Wer knapp kalkuliert, profitiert von der früheren Wertstellung am Donnerstag.
In allen übrigen Ländern bleibt der Freitag als regulärer Bankarbeitstag der maßgebliche Termin. Wichtig ist, die Valuta im Onlinebanking zu prüfen, bevor größere Zahlungen freigegeben werden. So lassen sich unnötige Rücklastschriften und Mahnkosten vermeiden, gerade wenn Institute Lastschriften früh am Morgen verarbeiten.
Gesetzliche Rente versus andere Versorgungswege: Was nicht automatisch giltNicht jede Rentenleistung folgt der Logik der gesetzlichen Rentenversicherung. Betriebsrenten, private Rentenverträge oder berufsständische Versorgungswerke haben häufig eigene Fälligkeiten und Valutaregeln.
Wer mehrere Versorgungsquellen kombiniert, sollte die jeweiligen Vertragsunterlagen im Blick behalten. Für die gesetzliche Rente bleibt die Botschaft eindeutig: Sie wird zuverlässig und fristgerecht überwiesen – die Vorverlegung in den Feiertagsländern dient allein der Sicherstellung des pünktlichen Geldeingangs.
Regionale Feiertage, bundesweite Wirkung: Das steckt hinter der VerschiebungDer Oktober 2025 zeigt exemplarisch, wie regionale Feiertage bundesweit spürbar werden, ohne die Stabilität des Systems zu beeinträchtigen. Ein bundesweit identischer Fälligkeitstag trifft auf unterschiedliche Bankarbeitstage vor Ort.
Daraus entsteht die Verschiebung um einen Tag in neun Ländern. Der Mechanismus ist bewusst einfach gehalten: Fällt der Fälligkeitstag auf einen lokalen Feiertag, wird vorgezogen. Damit bleibt die Rentenzahlung für alle Beteiligten verlässlich planbar.
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Nach 40 Jahren Rechtsstreit mit 101 Jahren endlich Rente
Manchmal verdichten sich gesellschaftliche Fragen in einem einzelnen Lebenslauf. Der Fall der 101-jährigen Celeste Lucas da Silva aus Brasilien ist ein solcher Moment.
Nach vierzig Jahren juristischer Auseinandersetzungen erhält die rüstige Bäuerin im hohen Alter endlich eine eigene Altersrente. Der Vorgang ist bewegend, weil er die Härten alter Rechtslagen sichtbar macht, die Beharrlichkeit einer Frau würdigt und zugleich zeigt, wie lang der Weg vom Gesetzestext zur gelebten Gerechtigkeit sein kann.
Ein Leben zwischen Hofarbeit und FürsorgeCeleste Lucas da Silva wurde am 15. November 1923 im Norden Brasiliens geboren. Ihre Biografie ist geprägt von harter landwirtschaftlicher Arbeit und familiärer Verantwortung. Früh verheiratet, zog sie gemeinsam mit ihrem Mann 15 Kinder groß.
Über Jahrzehnte arbeiteten beide Seite an Seite auf dem Bauernhof, pflanzten, ernteten, hielten den Betrieb am Laufen – ein Alltag, der weder Lohnzettel noch Stundenzettel kannte, aber unzweifelhaft Erwerbstätigkeit war. Als ihr Mann 1985 starb, war er bereits Rentner.
Celeste bezog fortan eine Witwenrente, die jedoch kaum zum Leben reichte. Später gab sie den Hof auf und zog zu ihren Töchtern in die Stadt – finanziell unabhängig wurde sie dadurch nicht.
Nur eine Person in einer Ehe durfte Rente beziehenAls Celeste mit 65 Jahren ihre eigene Rente beantragen wollte, prallte sie auf eine Regelung, die heute befremdlich wirkt: Nach damals geltendem brasilianischem Recht durfte in Ehen faktisch nur eine Person einen Altersrentenanspruch realisieren – in der Praxis war das meist der Mann.
Für die Bäuerin bedeutete das: Trotz eines Lebens voller Arbeit ging sie leer aus. Diese Konstellation steht exemplarisch für eine Zeit, in der Erwerbsarbeit in der Landwirtschaft – vor allem die von Frauen – strukturell unterschätzt und rechtlich unzureichend erfasst wurde. Die Folge war keine bloße Lücke im Formular, sondern eine langjährige soziale Benachteiligung.
Das Gesetz wurde geändert – und wurde zum Stolperstein der PraxisInzwischen hat sich die Gesetzeslage in Brasilien verändert. Für die Landbevölkerung gilt heute: Wer mindestens 15 Jahre Tätigkeit in der Landwirtschaft nachweisen kann, hat Anspruch auf eine Rente; das Mindestalter liegt bei 60 Jahren für Männer und 55 Jahren für Frauen.
Für Celeste hätte das die späte Genugtuung sein können. Mit 97 Jahren stellte sie – unterstützt von ihren Töchtern – erneut einen Antrag. Ein Gericht erkannte zwar an, dass sie die erforderliche Tätigkeit geleistet hatte, wies den Antrag dennoch ab. Begründung: Celeste lebe nicht mehr auf dem Land, sondern inzwischen in der Stadt.
Diese Entscheidung dokumentiert einen juristischen Formalismus, der die Lebenswirklichkeit verfehlt. Ob jemand Anspruch auf eine Landrente hat, muss sich an der geleisteten Arbeit und den geltenden Kriterien orientieren – nicht an der Postleitzahl im hohen Alter.
Durch die Instanzen zum RechtCeleste akzeptierte die Ablehnung nicht. Sie ging in die nächste Instanz, beharrte auf der Anerkennung der eigenen Lebensleistung – und bekam 2025 recht. Ein Gericht sprach ihr den Rentenanspruch endlich zu. Bewegend ist nicht nur das Ergebnis, sondern die Haltung: eine über Hundertjährige, die sich nicht mit einem offenkundig unbilligen Bescheid abfindet, sondern auf ihrem Recht besteht.
Bitter bleibt, dass die Rente nicht rückwirkend gewährt wird. Für Celeste bedeutet das zwar eine späte finanzielle Erleichterung, aber keine Kompensation für die Jahrzehnte, in denen sie auf eine angemessene eigene Alterssicherung warten musste.
Auch in Deutschland möglich?Ein vergleichbarer Rechtsweg ist in Deutschland kaum denkbar. Denn Alterssicherung darf nicht nur formal korrekt, sondern muss auch materiell gerecht sein. Für die Praxis bedeutet das, atypische Erwerbsbiografien ernst zu nehmen, Beweismittel pragmatisch zu würdigen und Verfahren so zu gestalten, dass Menschen nicht an formalen Hürden scheitern. Recht, das an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht, verfehlt seinen Zweck.
Dass der Fall durch ein brasilianisches Nachrichtenportal öffentlich wurde und in Deutschland aufgegriffen wurde, ist mehr als ein Randaspekt. Öffentlichkeit schafft Korrektiv.
Wo Einzelfälle sichtbar werden, wächst der Druck, Strukturen zu verbessern. Die Geschichte von Celeste Lucas da Silva hat deshalb auch jenseits des konkreten Urteils Wirkung: Sie erinnert daran, dass soziale Sicherungssysteme nur so gut sind, wie sie die Vielfalt gelebter Arbeitswelten abbilden.
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Schwerbehinderung und Wohngeld-Plus: Mit diesem Trick steigt der Betrag sofort
Mit dem Wohngeld-Plus hat der Gesetzgeber drei Stellschrauben eingebaut, die den Wohn-Zuschuss spürbar nach oben treiben: Heizkostenkomponente, richtige Haushaltsgröße und Einkommen, das nicht angerechnet wird.
Besonders stark für Betroffene mit Schwerbehinderung: Pro anerkannter Person werden 1.800 Euro jährlich vom wohngeldrechtlichen Einkommen abgezogen. Und seit dem 1. Januar 2025 greifen dynamisierte Werte – im Schnitt bedeutet das rund 15 % bzw. etwa 30 Euro mehr pro Monat.
Heizkostenkomponente: Pauschaler Zuschlag statt Beleg-StressSeit Wohngeld-Plus werden Heizkosten dauerhaft pauschal berücksichtigt. Der Zuschlag hängt nur von der Haushaltsgröße ab – Quittungen sammeln entfällt. In der Praxis erhöht die Heizkostenkomponente die berücksichtigungsfähige Miete/Belastung oberhalb der üblichen Miethöchstbeträge.
Zusammen mit der bereits bestehenden CO₂-Entlastungskomponente bildet sie ein Paket, das besonders in größeren oder schlechter gedämmten Wohnungen spürbar wirkt. Tipp: Auch bei Fernwärme oder zentraler Heizkostenumlage greift die Pauschale.
Klimakomponente on topKommt eine energetische Sanierung hinzu, hilft die Klimakomponente als Pauschalzuschlag – pauschal 0,40 € je Quadratmeter. Sie fängt energetikabedingte Mietsteigerungen ab und kann den Zahlbetrag zusätzlich anschieben.
Haushaltsmitglieder: Wer zählt, kassiert – und zwar doppeltJe mehr berücksichtigungsfähige Haushaltsmitglieder, desto höher sind sowohl Miethöchstbeträge als auch Heizkostenpauschalen. Als Haushaltsmitglied gilt, wer den Wohnraum gemeinsam bewohnt und dort den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen hat: Partnerinnen, Kinder (inkl. Pflege-/Stiefkinder), weitere Angehörige.
Wichtig für Menschen mit Behinderung: Auch besondere Wohnformen (z. B. ambulant betreutes Wohnen oder Heimbewohnerinnen) können unter bestimmten Voraussetzungen wohngeldrechtlich berücksichtigt werden – entscheidend ist, dass die Unterbringung nicht nur vorübergehend ist.
Achtung Ausschlüsse: Wer vorrangige Leistungen mit Unterkunftsanteil bezieht (z. B. Bürgergeld mit KdU, Sozialhilfe-KdU, BAB/BAföG im KdU-Teil), ist in der Regel vom Wohngeld ausgeschlossen. Lehnt die vorrangige Stelle den Antrag ab, kann Wohngeld (auch rückwirkend) wieder Thema sein – Ablehnungsbescheid einreichen.
Einkommen clever drücken: Was nicht zählt – und was Sie absetzen dürfenWohngeld rechnet mit dem positiven Jahreseinkommen nach Steuerrecht – aber mit zahlreichen Ausnahmen und Freibeträgen. Wer hier sauber trennt, erhöht den Zuschuss oft um zweistellige Beträge im Monat.
Zählt als Einkommen (typisch) Zählt nicht als Einkommen (typisch) Löhne/Gehälter, Renten, Gewinne aus Selbstständigkeit (jeweils positiv nach § 2 EStG) Pflegegeld bei der gepflegten Person Unterhalt, Unterhaltsvorschuss, steuerpflichtige Lohnersatzleistungen Kindergeld und Kinderzuschlag Positive Kapital-/Vermietungseinkünfte Elterngeld-Sockelbetrag (300 €/Monat) Bestimmte steuerfreie Einnahmen nach WoGG (einzelfallabhängig) Darlehen (z. B. Studien-/Bildungskredite) Wohngeld selbst (ist kein Einkommen)Rechtsgrundlagen: § 14 WoGG (Jahreseinkommen) und Verwaltungspraxis der Länder/Verbände; speziell für Pflegegeld existiert eine klare Nichtanrechnung bei der gepflegten Person.
Der Turbo für Schwerbehinderte: 1.800 € Freibetrag pro JahrFür jedes schwerbehinderte Haushaltsmitglied gibt es 1.800 € jährlichen Freibetrag. Das senkt das Gesamteinkommen (maßgeblich fürs Wohngeld) und hebt damit den Zahlbetrag – oder eröffnet Anspruch überhaupt erst. Voraussetzungen laut Gesetz:
GdB 100, oder
GdB < 100 und Pflegebedürftigkeit nach SGB XI mit häuslicher/teilstationärer Pflege (inkl. Kurzzeitpflege).
Wichtig: Der Freibetrag gilt pro Person und nur für zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder – also nicht für vom Wohngeld ausgeschlossene Personen. Nachweis: Schwerbehindertenausweis bzw. GdB-/Pflegegrad-Bescheid.
Dynamisierte Höchstbeträge 2025: Mehr Luft nach obenZum 01.01.2025 wurden die Miethöchstbeträge sowie Pauschalen aktualisiert. Das sorgt dafür, dass in vielen Kommunen mehr Miete/Belastung in die Rechnung eingeht – gerade für 3- bis 5-Personen-Haushalte relevant. Prüfen Sie die Mietenstufe Ihrer Gemeinde und die zugehörige Spalte 2025.
Rechenbeispiel: Wie aus Papier Freibeträge bares Geld machenAusgangslage: Zwei Personen, davon eine mit GdB 100. Kaltmiete 750 €, kalte NK 100 €, 70 m² in Mietenstufe IV, Nettolohn gesamt 2.100 € brutto-bereinigt fürs Wohngeld.
- Heizkostenkomponente: Zuschlag nach Haushaltsgröße → berücksichtigungsfähige Miete steigt pauschal.
- Klimakomponente (falls Sanierung): 0,40 €/m² → 28 € monatlich zusätzlich berücksichtigungsfähig.
- Freibetrag Schwerbehinderung: 1.800 € p. a. → 150 € p. m. werden vom wohngeldrechtlichen Einkommen abgezogen.
Effekt: Höhere zuschussfähige Kosten und niedrigeres Einkommen → deutlich höherer Zahlbetrag als ohne Freibetrag und Pauschalen. (Exakte Höhe hängt von Gemeinde-Mietenstufe und Detailwerten ab – Wohngeldrechner nutzen!)
Antragstaktik: So schöpfen Sie den Zahlbetrag ausHaushaltsgröße wasserdicht belegen: Meldebescheinigungen, Betreuungs-/Mietverträge; bei besonderen Wohnformen zusätzlich Einzugs-/Trägernachweise.
Freibeträge aktiv geltend machen: § 17-Freibetrag ankreuzen, Ausweis/Bescheide beifügen; gilt je Person.
Pauschalen wirken lassen: Heiz-/Klimakomponente laufen ohne Einzelbelege – aber Wohnfläche korrekt angeben.
Vorrang prüfen: Bei Ablehnung vorrangiger Leistungen (BAB/BAföG/KdU) Wohngeld beantragen bzw. neu berechnen lassen. Ablehnungsbescheid mit einreichen.
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Bürgergeld: Jobcenter beendet laufende Bewilligung wegen EM-Rente
Ein Jobcenter darf eine laufende Bürgergeld-Bewilligung aufheben, wenn andere Sozialleistungen den Bedarf vollständig decken. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigt. (AZ: L 18 AS 947/22)
Für Betroffene klärt das Urteil zwei Punkte: Die Aufhebung stützt sich auf § 48 SGB X. Und: Erhaltene Zahlungen anderer Träger gelten als bedarfsdeckend. Rückforderungen laufen dann zwischen den Behörden, nicht gegen Sie.
Der Fall in Kürze: EM-Rente und SGB XII statt BürgergeldEin langjähriger Leistungsbezieher erhielt eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rentenversicherung zahlte die Rente. Das Sozialamt ergänzte den Lebensunterhalt. Das Jobcenter hob die Bürgergeld-Bewilligung zum Folgemonat auf.
Der Kläger verlangte weiter Bürgergeld und einen Bildungsgutschein. Das LSG wies die Berufung zurück. Die Hilfebedürftigkeit war entfallen. Die Zuständigkeit lag ab Rentenbeginn nicht mehr beim Jobcenter.
Rechtlicher Kern: § 48 SGB X regelt die AufhebungLaufende Bewilligungen dürfen für die Zukunft aufgehoben werden, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Eine solche Änderung liegt vor, wenn andere Leistungen den gesamten Bedarf tragen.
Dann besteht keine Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II mehr. Die Aufhebung wirkt ab dem Zeitpunkt der Änderung. Das Gericht sah die Voraussetzungen als erfüllt an.
Wichtiges Korrektiv: Darlehen erhält Hilfebedürftigkeit aufrechtNicht jede Zahlung deckt den Bedarf endgültig. Leistungen, die Sie später zurückzahlen müssen, sind anders zu bewerten. Handelt es sich nur um ein Darlehen, bleibt Hilfebedürftigkeit oft bestehen. Das betrifft typische Überbrückungsdarlehen.
In solchen Fällen kann eine Aufhebung rechtswidrig sein. Prüfen Sie deshalb, ob Geldleistungen endgültig bewilligt oder nur geliehen sind.
Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X: Schutz vor DoppelbelastungZahlen andere Träger den Lebensunterhalt, gilt Ihr Anspruch gegenüber dem zuständigen Träger als erfüllt. Dieses Prinzip heißt Erfüllungsfiktion. Der Ausgleich erfolgt zwischen den Behörden. Forderungen richten sich nicht gegen Sie. Damit wird das Risiko behördeninterner Fehlzuordnungen nicht auf Betroffene verlagert. Das Urteil stellt dies klar heraus.
Zuständigkeitswechsel: Weiterbildungsgutscheine entfallen beim JobcenterMit der Feststellung voller Erwerbsminderung wechselt die Zuständigkeit. Das Jobcenter ist für Integration in Arbeit nicht mehr zuständig. Ansprüche auf Bildungsgutscheine aus dem SGB II scheiden dann aus.
Wer eine Umschulung anstrebt, muss das im passenden Rechtskreis klären. Dazu gehören SGB XII oder Reha-Träger, abhängig vom Einzelfall.
Übergangsmonate: So vermeiden Sie LeistungslückenWechsel zwischen Rechtskreisen führen oft zu zeitlichen Lücken. Das Gericht zeigt einen praktikablen Weg: Überbrückungsleistungen können den Zeitraum bis zur ersten Rentenzahlung schließen.
Beantragen Sie diese rechtzeitig. Stimmen Sie Termine mit allen Stellen ab. So verhindern Sie Unterbrechungen bei Miete und Lebensunterhalt.
Praxis-Check: Ist Ihre Aufhebung rechtmäßig?Fragen Sie zuerst: Wurde die Hilfebedürftigkeit tatsächlich beendet? Prüfen Sie Renten- oder Sozialhilfezahlungen. Sind diese endgültig oder nur darlehensweise gewährt?
Liegt die volle Bedarfsdeckung vor, ist eine Aufhebung zulässig. Fehlt eine volle Deckung, bleibt der Anspruch auf Bürgergeld bestehen. Dokumentieren Sie Zahlungen und Bescheide.
Rückforderungen: Nicht Ihre Baustelle – sondern die der TrägerKommt es zu Überschneidungen, gleichen die Träger das untereinander aus. Der Gesetzgeber verlangt eine einfache, verwaltungsökonomische Lösung. Das schützt Sie vor Doppelforderungen. Weist ein Träger auf eine vermeintliche „Doppelzahlung“ hin, verweisen Sie auf den behördeninternen Ausgleich. Lassen Sie Bescheide prüfen, wenn dennoch Forderungen an Sie gerichtet werden.
Was Betroffene jetzt konkret tun könnenLegen Sie Bescheide nebeneinander. Vergleichen Sie Zeiträume, Beträge und Rechtsgrundlagen. Sichern Sie Kontoauszüge und Bewilligungen. Fragen Sie beim Sozialamt nach, ob Leistungen als Zuschuss oder als Darlehen gewährt wurden.
Widersprechen Sie einer Aufhebung, wenn nur Darlehen geflossen sind. Verweisen Sie auf den fehlenden Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Suchen Sie Beratung, wenn Fristen laufen.
Einordnung für die Praxis von gegen-hartz.deDas Urteil schafft Klarheit im Dreieck aus Jobcenter, Rentenversicherung und Sozialamt. Es stärkt Betroffene in Übergangssituationen. Die Kernaussage lautet: Endgültige Leistungen beenden Hilfebedürftigkeit. Darlehen nicht.
Und: Der Kostenausgleich erfolgt zwischen den Behörden. Betroffene werden nicht doppelt belastet. Diese Leitlinien helfen, Aufhebungen und Rückforderungen sauber zu prüfen.
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Mehr Bürgergeld mit dem Härtefall-Mehrbedarf – Das wissen viele nicht
Die Regelleistungen des Bürgergeldes sind pauschaliert. Sie sollen daher nur einen pauschalierten Bedarf abdecken. In verschiedenen Lebenssituationen kann jedoch in Härtefällen ein Mehrbedarf entstehen.
Zu den Voraussetzungen schreibt das SGB II vor, das bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt wird, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.
Welche Vorraussetzungen gelten bei Härtefall-Anträgen?Allerdings werden nicht alle Härtefallbedarfe vom Jobcenter anerkannt. Die Regeln hierfür sind sehr eng gefasst. In Härtefällen muss ein unabweisbarer, besonderer Bedarf bestehen; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. In diesem Artikel beschreiben wir Beispiele, wann die Härtefallregelung greift.
Unterschied Härtefall und Antrag auf MehrbedarfIm Bürgergeld werden verschiedene Mehrbedarfe in besonderen, aber typischen Lebenslagen gezahlt. So existieren beispielsweise Mehrbedarfe in der Schwangerschaft, Mehrbedarfe für kostaufwendige Ernährung oder auch für Alleinerziehende. Mehrbedarfe sind demnach bereits im § 21 Abs. 2 bis 5 SGB II geregelt. Demnach muss ein regulärer Antrag auf Mehrbedarf gestellt werden.
Ein atypischer Bedarf liegt vor, wenn er in einer atypischen Lebenssituation entsteht und nicht durch bereits bestehende Mehrbedarfe gedeckt ist. Der Bedarf muss zudem unabweisbar sein.
Typischerweise tritt ein Bedarf im Rahmen eines Härtefalls in besonderen Situationen auf. Diese Situationen sind in ihrer Art nicht durch die Regelbedarfe abgedeckt. Es kann aber auch sein, dass der Bedarf bereits in den Regelleistungen enthalten ist, aber im Einzelfall nicht ausreicht, weil der Bedarf überdurchschnittlich hoch ist.
Dr. Utz Anhalt: Dann könnt ihr einen Mehrbedarf über die Härtefallregelung beantragen Ein Beispiel wann die Härtefallregelung nicht greiftEin Beispiel, wann die Härtefallregelung nicht greift: Die Waschmaschine ist kaputt und es muss eine neue angeschafft werden. Es entsteht ein höherer Bedarf, der aus den monatlichen Regelleistungen nicht bezahlt werden kann.
Grundsätzlich müssen solche Bedarfe aus den Regelleistungen angespart werden. Da dies aber nur den wenigsten möglich ist, können die Betroffenen beim Jobcenter ein Darlehen beantragen. Dieses Darlehen muss monatlich in kleinen Raten an das Jobcenter zurückgezahlt werden. In der Regel verrechnet die Behörde die Raten mit den monatlichen Leistungen.
Ausnahme: Die Waschmaschine muss im Rahmen der Erstausstattung angeschafft werden. Dafür gibt es einen Sonderzuschlag, der beantragt werden kann. Oder ein Ansparen kann nicht zugemutet werden. Mehr dazu weiter unten.
Beispiele, wann ein Härtefall-Antrag gestellt werden kannDa hier nicht alle atypischen Bedarfe aufgeführt werden können, haben wir die häufigsten zusammengestellt:
- Haushaltshilfe für körperlich eingeschränkte Menschen, wenn die Kosten nicht im Rahmen des SGB XII bereits erstattet werden.
- Erstattung der Kosten für die Ausübung des Umgangsrecht (z.B. Fahrten und Hotel)
- Mehrbedarf für Pflege- und Hygieneartikel bei gesundheitlichen Einschränkungen (muss vom Arzt bescheinigt sein!)
- Kosten für Nachhilfe, sofern keine kostenfreien Förderungen oder Nachhilfestunden genommen werden können und auch die Bildung- und Teilhabe Leistungen diese Kosten nicht bereits erstatten. Die Jobcenter erstatten diese Kosten demnach nur in Einzelfällen.
- Tablet/ PC Computer mit Internetfunktion für Schüler, die am Homeschooling teilnehmen. Jedoch wurde dieser Mehrbedarf durch die jeweiligen Urteile (Az.: L 7 AS 719/20 B ER, L 7 AS 720/20 B) während der Pandemie-Zeit anerkannt
- weitere individuelle Bedarfe
Es gibt auch andere Härtefallanträge, die z.B. durch die Behandlung beim Zahnarzt notwendig werden. Eine solche Situation tritt ein, wenn der Betroffene für den Zahnersatz zuzahlen muss, sich die Zuzahlung aber nicht leisten kann. Dann kann bei der Krankenkasse ein Härtefallantrag gestellt werden. Dieser Artikel beschreibt, welche Vorraussetzungen hierfür gegeben sein müssen.
Außergwöhnliche Belastung, aber kein HärtefallWann liegt eine außergewöhnliche finanzielle Belastung vor, die aber nicht als Härtefall gilt? In diesen Fällen wird das Jobcenter den Antrag ablehnen und auf andere Möglichkeiten verweisen.
- Schulmaterialen sowie Schulessen, da diese Leistungen durch die Regelleistungen sowie durch das Teilhabe- und Bildungspaket abgedeckt sind. Für Schulbücher kann unter Umständen ein Mehrbedarfsantrag gestellt werden. Allerdings macht der § 21 Abs. 6a SGB II und § 30 Abs. 9 SGB XII im gleichen Wortlaut ein paar Einschränkungen: „Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.“
- Schulfahrte (ist in den Regelleistungen)
- Kleidung und Schuhe in Übergröße (hier allerdings anderslautendes Urteil)
- Kinderkleidung im Wachstumsalter (Urteil BSG Az. B 14 AS 81/08 R)
Das Jobcenter wird bei einem Härtefall-Antrag immer prüfen, ob andere Leistungen anderer Leistungsträger geltend gemacht werden können. Diese könnten beispielsweise Unterhaltsvorschuss, Krankenkasse und Pflegekassen sein. Auch prüft die Behörde, um eigene Einsparungen dazu führen können, den zusätzlichen Bedarf zu decken.
Unabweisbarer Bedarf kann dann nicht angespart werdenEin weiteres wesentliches Kriterium zur Gewährung eines Härtfall-Mehrbedarfs ist, dass der Bedarf nicht durch die Regelleistungen eingespart werden kann, da der Bedarf 10 Prozent nach § 20 Abs. 2 Satz 1 den Regelbedarf übersteigt. Alle Bedarfe unterhalb dieser Grenze müssen durch Einsparung aus dem Regelbedarf gedeckt werden.
Jobcenter erwartet MitwirkungspflichtDas Jobcenter erwartet, dass die Betroffenen selbst dazu beitragen, den Mehrbedarf so gering wie möglich zu halten. So ist der Leistungsberechtigte beispielsweise verpflichtet, bei der Ausübung des Umgangsrechts die Kosten so gering wie möglich zu halten. Sie sollen immer das günstigste Verkehrsmittel mit Ermäßigung und die günstigste Unterkunft wählen.
Zu dem Thema Mehrbedarf beim Umgangsrecht haben wir hier einen Artikel veröffentlicht.
Härtefall-Anträge auch bei Aufstockende Bürgergeld-Leistungen?Wer Erwerbseinkommen erzielt und dieses mit dem Bürgergeld aufstockt, kann den Mehrbedarf für besondere laufende Bedarfe in Höhe des Erwerbstätigenfreibetrages nach § 11b SGB II, sofern dieser anerkannt wurde, vom monatlichen Einkommen abziehen.
Sonderbedarfe als einmalige BedarfeEs kann auch ein sogenannter Sonderbedarf für Bekleidung entstehen, der beim Jobcenter beantragt werden kann. Dieser Sonderbedarf entsteht, wenn außergewöhnliche Belastungen entstehen, die zwar nicht regelmäßig wiederkehren, aber auch nicht durch die Regelleistungen abgedeckt sind oder angespart werden kann. Ein Beispiel ist der Sonderbedarf für Bekleidung. Ein entsteht bei:
- Wohnungsbrand
- Hochwasser (Einrichtung und Bekleidung wurden zerstört)
- Diebstahl der Kleidung
- starke Gewichtsabnahme (bei der Sie mehrere Kleidergrößen überspringen,
- beispielsweise wegen einer schweren Krankheit)
- nach einer Obdachlosigkeit ist keine Bekleidung vorhanden
- nach einer längeren Haft ist keine Bekleidung vorhanden
- weitere Belastungssituationen, die begründet sind
Sonderbedarfe als Erstausstattung entstehen auch, wenn ein Schreibtisch für die Schule benötigt wird oder das Bett des eigenen Kindes zu klein geworden ist. Diese Bedarfe sind nicht mit Härtefallanträgen zu verwechseln.
Härtefall-Mehrbedarf durch steigende Stromkosten?Bei den steigenden Stromkosten könnte derzeit eine Härtefall-Situation entstehen. Die Sozialberatungsstelle Tacheles e.V. ist der Auffassung, dass Leistungsbeziehende deshalb einen Härtefall-Antrag stellen können. Weiteres dazu hier.
Härtefallregel ermöglicht neue WaschmaschineEin Bürgergeld-Bezieher hat sich zum Beispiel über diese Regelung vor einem Sozialgericht eine neue Waschmaschine erstritten. Das Jobcenter hatte den Antrag auf eine neue Waschmaschine zunächst abgelehnt. Das Sozialgericht bestätigte allerdings, dass der Ansparbetrag, der in den Regelleistungen enthalten ist, viel zu gering ist, um für eine neue Waschmaschine diesen Betrag anzusparen. Mehr zu dem Fall könnt ihr auch hier nachlesen.
Fazit: Das Jobcenter wird selten einen atypischen Mehrbedarf anerkennen. Viele Bedarfe müssen erst vor den Gerichten erstritten werden. Leistungsbeziehende sollten deshalb aufmerksam aktuelle Urteile verfolgen. Um auf dem Laufenden zu bleiben, eignet sich beispielsweise unser kostenfreier Newsletter. Hier berichten wir wöchentlich über neue Urteile und mögliche Ansprüche.
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Kein Pflegegeld trotz Pflegegrad: Das bedeutet das BSG-Urteil für Betroffene
Wer in einer besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe lebt, erhält kein Pflegegeld nach § 37 SGB XI, auch wenn ein Pflegegrad vorliegt.
Stattdessen gibt es nur die pauschale Beteiligung der Pflegekasse nach § 43a SGB XI, derzeit gedeckelt auf maximal 266 Euro pro Monat. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) im Verfahren B 3 P 9/22 R entschieden.
Die Richter stellten klar: Maßgeblich ist der Ort und die Struktur der Versorgung – nicht, wer die Leistungen bezahlt. Damit bleibt die Pauschalleistung auch dann begrenzt, wenn Betroffene die Eingliederungshilfe als Selbstzahler finanzieren.
Warum das Pflegegeld entfälltPflegegeld gibt es nur bei häuslicher Pflege. In besonderen Wohnformen nach § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI liegt aber keine häusliche Pflege vor, weil dort eine Gesamtversorgung bereitsteht, die einer vollstationären Einrichtung weitgehend entspricht.
Das ergibt sich aus Gesetz und aus den Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes: Entscheidend ist das vertraglich vereinbarte Leistungsangebot (Unterkunft, Verpflegung, Eingliederungshilfe, ggf. allgemeine Pflege), nicht die im Einzelfall tatsächlich abgerufene Leistung.
Gedeckelte Pauschale statt PflegegeldIn besonderen Wohnformen beteiligt sich die Pflegekasse nach § 43a SGB XI pauschal an pflegebedingten Aufwendungen pflegegradunabhängig und monatsweise gedeckelt. Das BSG bekräftigt damit seine Linie: § 43a ist ein Individualanspruch, aber eben begrenzt; er ersetzt das Pflegegeld nicht und wird nicht auf Pflegegeldhöhe „hochgezogen“.
Für Selbstzahler ändert sich daran nichts: Auch sie „erhalten“ Leistungen der Eingliederungshilfe im rechtlichen Sinn – nur ohne Kostenübernahme des Sozialhilfeträgers.
Verfassungsmäßigkeit: Keine Besserstellung für SelbstzahlerDer gesetzliche „Deckel“ verstößt nach Auffassung des BSG nicht gegen das Grundgesetz. Der Gesetzgeber darf Leistungen der Pflegeversicherung ortsspezifisch ausgestalten und die Schnittstelle zur Eingliederungshilfe eigenständig regeln.
Eine Sonderbehandlung von Selbstzahlern ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Wer pflegeversicherungsrechtlich in einer besonderen Wohnform lebt, fällt daher nicht in die Pflegegeld-Systematik – unabhängig von Einkommen oder Vermögen.
Wichtige Ausnahme: Pflegegeld bei AbwesenheitstagenTrotzdem kann es anteiliges Pflegegeld geben – und zwar für volle Tage, an denen die pflegebedürftige Person nicht in der besonderen Wohnform lebt, sondern häuslich gepflegt wird (inklusive An- und Abreisetag als volle Tage).
Das ergibt sich aus der Kombination von § 37 Abs. 2, § 38 Satz 5 und § 43a Satz 4 SGB XI. Für die Praxis bedeutet das: Wer etwa regelmäßig Wochenenden zu Hause verbringt und dort gepflegt wird, kann für diese Tage anteilig Pflegegeld beanspruchen.
Praktische Folgen für Betroffene und AngehörigeFür Bewohnerinnen und Bewohner besonderer Wohnformen – und ihre Angehörigen oder Betreuer – schafft das Urteil Planungssicherheit: In der Einrichtung ist mit der § 43a-Pauschale zu rechnen, nicht mit Pflegegeld.
Wer Pflegegeld nutzen möchte, benötigt eine Pflegesituation außerhalb der besonderen Wohnform. Bei Neu- oder Änderungsverträgen ist es daher sinnvoll, den Anwendungsbereich des Wohn- und Betreuungsvertrags (WBVG) und die Leistungs-/Vergütungsvereinbarungen genau zu prüfen, denn diese bestimmen, ob die Gesamtversorgung vorliegt und damit die Einordnung als besondere Wohnform greift.
Einordnung ins SystemDie Entscheidung reiht sich in die bestehende Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Pflegeversicherung und Eingliederungshilfe ein: Pflegeleistungen sind in besonderen Wohnformen Bestandteil der Eingliederungshilfe; die Pflegekasse beteiligt sich daran nur pauschal.
Diese Systementscheidung besteht seit Jahren und wurde vom BSG bereits in früheren Verfahren bestätigt. Neu ist hier die ausdrückliche Klarstellung für Selbstzahler und die erneute Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit der Deckelung.
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Pflegegeld: Sozialgericht legt für Verhinderungspflege neue Richtlinien jetzt fest
Die Verhinderungspflege soll Menschen entlasten, die Angehörige im häuslichen Umfeld pflegen. Welche Kriterien dafür gelten, hat das Sozialgericht Detmold in einem Urteil geklärt.
Leistungen der Verhinderungspflege können demnach nur bei Abwesenheit der Pflegeperson gezahlt werden. Die Verhinderungspflege diene dazu, die Pflege während der Erholungsphase zu sichern und solle nicht den Erholungsurlaub des oder der Pflegebedürftigen finanzieren. So urteilte das Gericht. (AZ: S 6 P 144 17)
Was bedeutet Verhinderungspflege?Verhinderungspflege bezeichnet eine Leistung der Pflegeversicherung. Diese soll pflegenden Angehörigen ermöglichen, sich zeitweise von einer erwerbsmäßigen Pflegeperson vertreten zu lassen, um sich zu erholen oder, wenn die Pflege aus anderen Gründen nicht möglich ist. In dieser Zeit übernimmt die Versicherung die Kosten für die Vertretung.
Was sind die Voraussetzungen?Der Pflegebedürftige muss mindestens Pflegegrad 2 haben, damit ein Anspruch auf Verhinderungspflege bestehen kann. Die Pflege muss im häuslichen Umfeld stattfinden, und das seit mindestens sechs Monaten.
Seit 2025 ist in manchen Fällen allerdings auch Verhinderungspflege möglich, wenn noch keine sechs Monate erreicht sind. Die Hauptpflegeperson muss als Pflegeperson eingetragen sein. Im entsprechenden Zeitraum muss die Pflegeperson an der Pflege gehindert sein.
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Wieviel zahlt die Pflegekasse?Die Verhinderungspflege beträgt pro Jahr bis zu 1.685 Euro. Seit 2025 kann sie mit der Kurzzeitpflege zusammen gelegt werden, und insgesamt liegt das Jahresbudget dann bei 3.539 Euro. Maximal sind sechs Wochen pro Jahr möglich, in bestimmten Fällens seit 2025 auch acht Wochen.
Verhinderungspflege für eigenen Urlaub beantragtDie Klägerin ist selbst pflegebedürftig und lebt in einer Einrichtung des betreuten Wohnens. Die Wochenende und Feiertage verbringt sie bei ihren Eltern. 2017 nahm sie an einer Gruppenreise für Menschen mit Behinderungen teil. Ihre eigenen Kosten lagen bei 2.601,55 Euro.
Sie stellte für die Eigenkosten einen Antrag, um ihr Leistungen der Verhinderungspflege sowie für Betreuungs- und Entlastungsleistungen zu gewähren. Die Pflegekasse lehnte dies jedoch ab und argumentierte, die gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht vorhanden.
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Es geht um den Erholungsurlaub der PflegepersonDie Betroffene scheiterte mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Detmold. Das Gericht erklärte, die Pflegekasse hätte völlig zu Recht die Verhinderungspflege abgelehnt. Denn diese diene dazu, die Kosten zu übernehmen, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs oder aus anderen Gründen die Pflege nicht ausüben könne. Das sei hier nicht der Fall.
Pflege soll in Erholungsphasen sichergestellt werdenWörtlich heißt es in der Urteilsbegründung: “Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass den Pflegepersonen ein hohes Maß an psychischer und physischer Anstrengung abverlangt wird und regelmäßige Erholungsphasen erforderlich sind.
In diesen Erholungsphasen soll die Pflege sichergestellt werden. Entscheidend ist daher, dass die Pflegeperson in einem bestimmten Zeitraum urlaubsbedingt die Pflege tatsächlich nicht durchführen kann und (zusätzliche) Kosten für die Sicherstellung der notwendigen Pflege des Pflegebedürftigen während der Zeit, in der die Pflegeperson “Urlaub von der Pflege” macht, entstehen.”
Pflege ist jederzeit gewährleistetDie Betroffene könnte in einer Einrichtung des betreuten Wohnens jederzeit auf die dortige Pflege zurückgreifen. Dies gelte auch, obwohl sie am Wochenende von ihren Eltern versorgt würde.
Denn, wenn diese verhindert seien, könnte sie von der Einrichtung versorgt werden. In diesem Fall bestünde kein Anspruch auf Verhinderungspflege, wie aus einem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe hervorginge (S 14 P 4109/15).
Es geht nicht um den Urlaub der PflegebedürftigenJedoch sei das Gesetz nicht dazu da, den Erholungsurlaub der pflegebedürftigen Person zu finanzieren. Leistungen der Verhinderungspflege könnten nur bei Abwesenheit der Pflegeperson gezahlt werden.
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Bürgergeld, Kindergeld, Rente, Wohngeld: Größter Sozialabbau seit Bestehen der Bundesrepublik
Immer mehr Einzelheiten der geplanten Sozialreformen werden bekannt. Zwar wird das Bürgergeld in den Medien immer wieder als Reizthema gepusht, doch die Pläne gehen weit darüber hinaus. Betroffen sind auch Wohngeld, Kinderzuschlag und Kindergeld.
Auch der Rente und der Krankenversicherung soll es an den Kragen gehen. CDU/CSU und SPD planen offensichtlich den größten Sozialstaatsabbau seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
Was soll beim Bürgergeld verschärft werden?Das Bürgergeld (SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende) wird mal wieder euphemistisch umbenannt. Sanktionen wegen Meldeversäumnissen sollen von bisher 10 Prozent auf 30 Prozent angehoben werden.
Bei Pflichtverletzungen entfällt die Staffelung der Sanktionshöhe, diese beträgt dann wieder einheitlich 30 Prozent.
Im Wiederholungsfall sollen Pflichtverletzungen als Arbeitsverweigerung gelten und zum Wegfall der Regelleistung führen.
Die Freibeträge für Erwerbseinkommen werden so geändert, dass möglichst viel davon angerechnet wird. Das schnellere Abschmelzen der Leistung soll dazu motivieren, mehr zu arbeiten.
Die Karenzzeit bei den Mietkosten und beim Vermögen wird angeschafft.
Die Angemessenheit der Mietkosten soll pauschaliert werden, möglicherweise auf der Grundlage der Angemessenheit der Miethöhe beim Wohngeld, das ebenfalls reduziert werden soll.
Unter dem Strich will die Bundesregierung so 5 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
Auch beim Wohngeld soll der Rotstift angesetzt werdenDie Zahl der Wohngeldberechtigten hat sich infolge des Wohngeld-Plus-Gesetzes ab 2023 nahezu verdoppelt, so wie auch die Ausgaben von Bund und Ländern dafür.
Die Bundesregierung will deshalb durch eine Änderung bei der Einkommensanrechnung die Zahl der Wohngeldberechtigten wieder massiv reduzieren, um Ausgaben einzusparen. Im Prinzip wird damit die Wohngeldreform von 2023 rückabgewickelt.
Auch dem Kinderzuschlag geht es an den KragenBeim Kinderzuschlag sieht es ähnlich aus, hier stieg die Zahl der Bezugsberechtigten seit 2023 um mehr als 30 Prozent, was hauptsächlich auf die Zunahme von Familien mit 3 Kindern und mehr zurückgeht. Auch hier will man durch eine Änderung bei der Einkommensanrechnung die Zahl der Bezugsberechtigten massiv reduzieren und so Ausgaben einsparen.
Um dies umzusetzen und gleichzeitig Verwaltungskosten zu sparen, ist geplant, Wohngeld und Kinderzuschlag unter einer einheitlichen Berechnungsgrundlage zusammenzuführen.
Dazu soll offenbar die Zuständigkeit für den Kinderzuschlag vom Bund (aktuell ist die Familienkasse bei der Bundesagentur für Arbeit zuständig) auf die Länder übergehen, sodass die Kommunen zukünftig diese Kombinationsleistung berechnen und erbringen.
Unter dem Strich will die Bundesregierung damit beim Wohngeld und Kinderzuschlag insgesamt 4,5 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
Sozialabbau beim KindergeldDas Kindergeld soll an den steuerlichen Kinderfreibetrag gekoppelt werden, was zur Folge hat, dass es seltener erhöht wird und die Erhöhungen geringer ausfallen.
Das Kindergeld für im Ausland lebende Kinder soll zudem an die Unterhaltskosten des jeweiligen Landes angepasst werden, was bei Ländern mit niedrigeren Lebenshaltungskosten als jene in Deutschland eine entsprechende Reduzierung des Kindergeldes zur Folge haben wird.
Und wie sieht es bei der Rente aus?CDU/CSU und SPD hatten sich auf eine Beibehaltung des Rentenniveaus bis 2031 geeinigt, wie es danach weitergehen soll, weiß niemand. Eine Kommission soll bis Anfang 2027 Vorschläge dazu erarbeiten. Es wird erwartet, dass dazu auch eine stufenweise Senkung des Rentenniveaus gehört. Zudem wird der Beitragssatz zur Rentenversicherung bis 2035 voraussichtlich auf 22,3 Prozent steigen.
Höhere KrankenkassenbeiträgeBei der Krankenversicherung steigt der Zusatzbeitrag mittlerweile jährlich. Darüber hinaus sind sowohl Leistungseinsparungen für Grundsicherungsempfänger und Rentner im Gespräch, dazu soll eine sog. Basisversorgung eingeführt werden, als auch die Erschließung weiter Einnahmequellen, wie die Wiedereinführung der Praxisgebühr und Strafzahlungen für Facharztbesuche ohne hausärztliche Überweisung.
Ab wann soll der Sozialabbau beginnen?Nach derzeit vorliegenden Informationen soll der Referentenentwurf für Änderungen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Mitte bis Ende November 2025 veröffentlicht werden.
Für die erste Reformetappe zum 1. Juli 2026 ist nach jetzigem Kenntnisstand eine Umbenennung des SGB II in „Neue Grundsicherung“ vorgesehen.
Der Abschlussbericht ist laut Bundesarbeitsministerium für Ende 2025 angekündigt, die Umsetzung erster Maßnahmen soll ab 2026 durch die zuständigen Ressorts vorbereitet werden.
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So hoch ist die übliche Abfindung nach einer Kündigung
Eine verbreitete Annahme ist, dass eine Abfindung automatisch mit der Kündigung „mitkommt“. Das stimmt so nicht. Im deutschen Arbeitsrecht gibt es in der Regel keinen allgemeinen Rechtsanspruch auf eine Abfindung.
Abfindungen entstehen meist durch Verhandlungen – typischerweise im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder eines gerichtlichen Vergleichs im Kündigungsschutzprozess.
Eine Ausnahme bildet § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Bei betriebsbedingter Kündigung kann der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung eine Abfindung anbieten, wenn die Arbeitnehmerseite auf eine Klage verzichtet. Ein Automatismus ist das aber nicht.
Die verbreitete Faustformel: 0,5 Monatsgehälter pro BeschäftigungsjahrWenn von einer „üblichen Abfindung“ die Rede ist, orientieren sich Praxis und Verhandlung oft an einer Faustformel: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Diese Daumenregel stammt nicht aus der Luft, sondern stammt aus dem Abfindungssatz des § 1a KSchG. Angefangene Jahre von mehr als sechs Monaten werden dabei häufig aufgerundet. Wichtig ist: Es bleibt eine Orientierung, keine starre Pflicht.
Je nach Ausgangslage sind Faktoren von 0,25 bis 1,0 – in besonderen Konstellationen auch darüber – zu sehen.
Was den Betrag im Einzelfall treibtDie Verhandlungshöhe hängt maßgeblich von den Prozessrisiken ab: Je angreifbarer die Kündigung erscheint, desto eher zahlen Arbeitgeber mehr, um Planungssicherheit zu kaufen.
Einfluss haben außerdem Kündigungsgrund und Sozialdaten, die Größe und finanzielle Lage des Betriebs, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Gehaltsniveau samt variabler Bestandteile, eventuelle Sonderkündigungsschutzrechte sowie die Frage, ob ein Sozialplan oder Tarifvertrag greift.
In Sozialplänen werden oft feste Formeln vereinbart, die an die Betriebszugehörigkeit und persönliche Faktoren anknüpfen. In der Praxis werden deshalb über der 0,5-Faustformel auch Faktoren von 0,75, 1,0 oder mehr verhandelt, wenn die Karten für die Arbeitnehmerseite gut liegen.
Tabelle: Übliche Abfindung nach einer Kündigung Konstellation Abfindung (brutto) 3.000 € × 2 Jahre × Faktor 0,25 1.500 € 3.000 € × 2 Jahre × Faktor 0,5 3.000 € 3.000 € × 2 Jahre × Faktor 0,75 4.500 € 3.000 € × 2 Jahre × Faktor 1,0 6.000 € 4.000 € × 5 Jahre × Faktor 0,25 5.000 € 4.000 € × 5 Jahre × Faktor 0,5 10.000 € 4.000 € × 5 Jahre × Faktor 0,75 15.000 € 4.000 € × 5 Jahre × Faktor 1,0 20.000 € 5.000 € × 10 Jahre × Faktor 0,25 12.500 € 5.000 € × 10 Jahre × Faktor 0,5 25.000 € 5.000 € × 10 Jahre × Faktor 0,75 37.500 € 5.000 € × 10 Jahre × Faktor 1,0 50.000 € Höchstgrenzen im AuflösungsurteilKommt es im Kündigungsschutzprozess ausnahmsweise zu einem Auflösungsurteil (das Gericht beendet das Arbeitsverhältnis gegen Abfindung), setzt das Gesetz obere Grenzen: Regulär bis zu zwölf Monatsverdienste, bei älteren Beschäftigten mit langer Betriebszugehörigkeit bis zu fünfzehn oder achtzehn Monatsverdiensten. Diese Obergrenzen beschreiben nicht das „Übliche“, sondern markieren den gerichtlichen Rahmen in speziellen Fällen.
Wie wird gerechnet – und was ist ein „Monatsverdienst“?Für die Verhandlungspraxis hat sich eingebürgert, auf das Bruttomonatsgehalt abzustellen und regelmäßige Zulagen oder variable Vergütungsbestandteile sachgerecht einzubeziehen.
Ein Beispiel zeigt die Faustformel: Verdient jemand 4.000 Euro brutto im Monat und war sechs Jahre im Betrieb, ergibt sich als grober Richtwert eine Abfindung von 12.000 Euro.
Bei fünfzehn Jahren und 5.000 Euro Monatsgehalt läge der Richtwert bei 37.500 Euro. Ob dieser Wert am Ende passt, entscheidet jedoch die Gesamtlage des Falls.
Steuer und Sozialabgaben: Was netto übrig bleibtAbfindungen sind einkommensteuerpflichtig. Um die Progression abzufedern, sieht § 34 EStG die sogenannte Fünftelregelung vor. Seit 1. Januar 2025 berücksichtigen Arbeitgeber diese Begünstigung nicht mehr im Lohnsteuerabzug; sie wirkt erst über die Steuererklärung, was vor allem ein Liquiditätsthema ist.
An der grundsätzlichen Möglichkeit der Tarifermäßigung ändert sich nichts. Sozialversicherungsbeiträge fallen auf eine „echte“ Abfindung – also eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes – grundsätzlich nicht an; Vorsicht ist geboten, wenn Zahlungen in Wahrheit Entgeltbestandteile ersetzen oder Zeiträume der Weiterbeschäftigung abgelten.
Arbeitsagentur: Sperrzeit-Risiken bei AufhebungsverträgenWer anstelle einer Kündigung einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert grundsätzlich eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, wenn kein „wichtiger Grund“ vorliegt. In der Verwaltungspraxis wird ein wichtiger Grund eher anerkannt, wenn eine betriebsbedingte Kündigung konkret droht, die ordentliche Kündigungsfrist gewahrt bleibt und die Abfindungshöhe in einem nachvollziehbaren Rahmen liegt.
Unabhängig davon gilt: Die Sperrzeit dauert bei Arbeitsaufgabe regelmäßig zwölf Wochen; Details regeln die fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit. Eine Abfindung allein löst keine Sperrzeit aus, entscheidend ist der Grund der Beendigung und die Ausgestaltung des Vertrags.
Sonderfälle: Sozialplan, Turboklausel und AufstockungenBei Betriebsänderungen können Sozialpläne verbindliche Berechnungsformeln vorgeben und so zu deutlich höheren oder niedrigeren Ergebnissen führen als die gängige Faustformel.
Häufig finden sich außerdem Sprinter- bzw. Turboklauseln: Wer früher ausscheidet, erhöht seine Abfindung oder erhält eine zusätzliche Prämie.
Solche Klauseln sind zulässig, müssen aber schriftlich ausgeübt werden; sie sollten mit Blick auf Anschlussbeschäftigung und mögliche Sperrzeitfolgen bedacht werden.
Fazit: Was „üblich“ bei Abfindungen ist – und wie Sie es einordnenAls Marke für Verhandlungen hat sich 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr etabliert. Realistisch ist ein Korridor zwischen etwa 0,25 und 1,0 – je nach Kündigungsgrund, Beweislage, Verhandlungsmacht, Vergütungsstruktur, Schutzrechten und der Frage, ob ein Sozialplan gilt. Nach oben begrenzen in speziellen gerichtlichen Konstellationen die Auflösungsurteil-Grenzen von zwölf bis achtzehn Monatsverdiensten.
Was am Ende „üblich“ ist, bestimmt weniger eine Formel als die Chancen im Streit um die Wirksamkeit der Kündigung – und eine kluge Gestaltung mit Blick auf Steuer, Sozialversicherung und Arbeitsagentur
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Probearbeiten muss auch vom Arbeitgeber bezahlt werden
Viele Arbeitgeber möchten, dass potenzielle Arbeitnehmer eine Probezeit absolvieren, bevor sie einen Arbeitsvertrag abschließen. In diesen Fällen muss die Probearbeit vergütet werden. Im Anschluss an ein Probearbeitsverhältnis kann auch ein reguläres Arbeitsverhältnis eingeklagt werden.
Arbeitsrecht: Probearbeit muss nicht umsonst seinNach gefühlten 99 Bewerbungen hat es endlich geklappt. Ein Hotel lädt zum Probearbeiten ein. Jessica B. freut sich, endlich beweisen zu können, dass sie gute Arbeit leisten kann. Denn von Bürgergeld zu leben bedeutet, jeden Tag aufs Neue zu rechnen, ob man irgendwie über die Runden kommt.
Nachdem sie eine Woche zur Probe als Zimmermädchen in einem Hotel gearbeitet hatte, hörte sie auch auf Nachfrage nichts mehr von ihrem Chef. Also bewarb sich Jessica B. weiter. Nach einigen Bewerbungen wurde sie erneut zum Probearbeiten eingeladen.
Diesmal arbeitete sie drei Tage in einem Altenheim. Dort war auch eine Mitbewerberin zum Probearbeiten. Sie bekam einen Arbeitsvertrag. Jessica B. nicht.
Immer mehr Arbeitgeber nutzen die ProbearbeitProbearbeit heißt das neue Praktikum. Das Instrument der Probearbeitstage wird von Arbeitgebern gerne genutzt, um Arbeitssuchenden die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich bei einem ordnungsgemäß vereinbarten Probearbeitstag jedoch nicht um ein Probearbeitsverhältnis.
Probearbeit muss vergütet werdenDie Arbeitgeber gehen jedoch davon aus, dass die Probearbeit völlig kostenlos ist. Wenn man einen Arbeitsvertrag bekommt, sind die meisten froh darüber und verlangen keine Bezahlung für die Probearbeit. Doch wie im Fall von Jessica B. kann Probearbeit schnell zum “Ausbeutungshopping” werden.
Vordruck zum Eintreiben der Vergütung für die ProbearbeitDoch dagegen können sich Arbeitssuchende wehren. Wurde keine feste Vergütung im Vorfeld vereinbart, können Betroffene die übliche Vergütung geltend machen.
Am besten ist es, diese Forderung schriftlich mit der Festsetzung einer Zahlungspflicht zuzustellen. Hierfür hat unser Forum ein Formular entwickelt, das kostenlos verwendet werden kann. Hier gehts zum Vordruck.
Probearbeit gleich reguläres Arbeitsverhältnis?Es kann sogar sein, dass ein Arbeitsverhältnis entstanden ist. Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitgeber. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis erst nach schriftlicher Kündigung und Ablauf einer zweiwöchigen Kündigungsfrist.
Allerdings müssten die Betroffenen dann nachweisen, dass sie nach dem Probearbeitstag ihre Arbeitskraft nachweislich angeboten haben. Dazu müssten sie am Arbeitsplatz erscheinen.
Zeugen müssen dies bestätigen. Das glaubhafte Angebot der eigenen Arbeitskraft kann auch schriftlich erfolgen.
Darauf müssen Bürgergeld-Bezieher achtenWer Bürgergeld Leistungen bezieht, sollte die Probearbeit dem Jobcenter nachweislich schriftlich zu melden, damit:
- der Versicherungsschutz nicht gefährdet wird,
- der Verdacht der Schwarz-Arbeit entsteht, und
- Eingliederungshilfen beantragt werden können (z.B. um die Fahrtkosten geltend zu machen).
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Statt Bürgergeld: Neue Grundsicherung soll zum 1. Juli 2026 eingeführt werden
Nach derzeit vorliegenden Informationen soll der Referentenentwurf für Änderungen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Mitte bis Ende November 2025 veröffentlicht werden. Das berichtet der Sozialberater und Rechtsexperte Harald Thomé von Tacheles e.V.
In einer ersten Reformrunde ist vorgesehen, das SGB II zum 1. Juli 2026 unter der Bezeichnung „Neue Grundsicherung“ weiterzuführen und verschiedene Verschärfungen im Leistungs- und Sanktionsregime umzusetzen.
Der Fahrplan steht jedoch unter Vorbehalt: Kommt innerhalb der Bundesregierung keine Einigung zustande, kann sich das Verfahren verzögern.
Die Sozialstaatskommission als TaktgeberParallel tagt die „Kommission zur Sozialstaatsreform“. Sie ist als erweiterte Regierungskommission aus Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen zusammengesetzt und hat den Auftrag, Vorschläge zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Sozialstaats zu erarbeiten.
Der inhaltliche Fokus liegt auf steuerfinanzierten Leistungen wie Bürgergeld/SGB II, Sozialhilfe/SGB XII, Wohngeld und Kinderzuschlag.
Der Abschlussbericht ist laut Bundesarbeitsministerium für Ende 2025 angekündigt, die Umsetzung erster Maßnahmen soll ab 2026 durch die zuständigen Ressorts vorbereitet werden.
Beteiligung von Verbänden – angehört, aber nicht MitgliedAuffällig ist die institutionelle Zusammensetzung der Kommission: Wohlfahrts- und Sozialverbände oder NGOs sind nicht als Mitglieder berufen. Sie werden stattdessen in begleitenden Fach- und Stakeholdergesprächen angehört.
Auch der Deutsche Bundestag hält in einer aktuellen Drucksache fest, dass die Sitzungen nicht öffentlich sind und Gespräche mit Verbänden sowie externen Expertinnen und Experten als separate Formate stattfinden.
Was inhaltlich geprüft wirdEs soll eine systematische Strukturierung und mögliche Zusammenlegung von Leistungen geben. Es geht um die Frage, wo parallele Programme wie Wohngeld, Kinderzuschlag, SGB II und SGB XII überschneidungsfrei aufeinander abgestimmt oder zusammengeführt werden können – und wie Antrags- und Bewilligungsverfahren radikal vereinfacht werden.
Erste Reformrunde: Umbenennung und schärfere RegelnFür die erste Reformetappe zum 1. Juli 2026 ist nach jetzigem Informationsstand eine Umbenennung des SGB II in „Neue Grundsicherung“ vorgesehen.
Es sollen strengere Mitwirkungs- und Sanktionsmechanismen sowie digitale Verfahrensstandards eingeführt werden. Konkrete amtliche Entwürfe zu diesen Punkten sind noch nicht veröffentlicht; seriös ist daher eine vorsichtige Bewertung mit Blick auf mögliche Nachschärfungen im weiteren Kabinetts- und Parlamentsverfahren.
Zweite Reformrunde: KdU und Einkommen im Fokus – mit BundesratDie Ergebnisse der Kommission werden voraussichtlich in eine zweite Reformrunde münden, die besonders die Kosten der Unterkunft (KdU) sowie die Regeln zum anrechenbaren Einkommen adressiert.
Weil die KdU maßgeblich Kommunalhaushalte betreffen und die Bundesbeteiligung an Miet- und Heizkosten bundesstaatliche Finanzbeziehungen berührt, ist für entsprechende Gesetzesänderungen im Regelfall die Zustimmung des Bundesrats erforderlich.
Mit Inkrafttreten ist daher frühestens ab 2027 zu rechnen. Diese Einschätzung stützt sich auf die geltende Finanzarchitektur der KdU und die einschlägige Beteiligung der Länder- und Kommunalebene.
Nullrunde Bürgergeld 2026Für 2026 hat die Bundesregierung die Fortschreibung der Regelbedarfe per Verordnung auf bestehendem Niveau beschlossen („Nullrunde“).
Gleichzeitig erhöht der politische Druck – bis hin zu Mahnungen aus dem Amt des Bundespräsidenten – die Erwartungen an einen effizienteren, bürgerfreundlicheren und digitaleren Sozialstaat, jedoch ohne „Kettensägen“-Reform.
Was Betroffene kurzfristig wissen solltenKurzfristig bleiben Leistungen und Verfahren – abgesehen von der 2026 vorgesehenen Nullrunde – im Wesentlichen ersteinmal unverändert.
Ein konkreter Referentenentwurf zu den SGB II-Anpassungen ist für November 2025 in Aussicht gestellt, doch erst das anschließende Kabinetts-, Parlaments- und ggf. Bundesratsverfahren entscheidet über Inhalt und Datum des Inkrafttretens.
Für Betroffene empfiehlt sich, Bescheide und Fristen wie gewohnt zu beachten, bei anstehenden Wohnungswechseln weiterhin frühzeitig die KdU-Zuständigkeiten zu klären und mögliche Änderungen beim Zuverdienst im Blick zu behalten, sobald belastbare Gesetzestexte vorliegen.
Hinweis zur Quellenlage: Offizielle Aussagen zur Einsetzung, zum Arbeitsauftrag und zum Zeitplan der Sozialstaatskommission sind belegt; Details zur „Neuen Grundsicherung“ und zum konkreten Stichtag 1. Juli 2026 beruhen bislang auf Berichten aus internen Kreisen und des Sozialrechtsexperten Harald Thomé.
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Rundfunkbeitrag GEZ bei Schwerbehinderung drei Jahre rückwirkend zurückholen
Mit dem Merkzeichen RF sinkt der Rundfunkbeitrag von 18,36 auf 6,12 Euro im Monat. Diese Entlastung gilt nicht nur künftig. Sie kann für zurückliegende Monate ausgezahlt werden. Zurückliegende Zeiträume lassen sich bis zu drei Jahre ab Antragstellung berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen damals schon vorlagen und belegt sind.
Startpunkt klären: Ab wann zählt die ErmäßigungDie Ermäßigung bei Merkzeichen RF beginnt mit dem Datum der Zuerkennung des Merkzeichens. Maßgeblich ist der Eintritt der gesundheitlichen Voraussetzung, wie er im Bescheid steht. Liegt der Bescheid später vor, bleibt der frühere Zuerkennungszeitpunkt entscheidend.
Die Befreiung bei Sozialleistungen beginnt mit dem Leistungsbeginn des Nachweises. Beide Fälle unterscheiden sich im Startpunkt, nicht in der Rückwirkungsgrenze. Für die Erstattung bleibt die Dreijahresgrenze maßgeblich.
Dreijahresgrenze: Wie weit die Erstattung zurückreichtDie Erstattung erfasst höchstens drei Jahre vor dem Monat der Antragstellung. Der Zeitraum muss lückenlos mit Nachweisen unterlegt sein. Für Merkzeichen RF zählt der dokumentierte Beginn des RF-Zeitraums. Für Befreiungen wegen Sozialleistungen zählt der Leistungsbeginn auf dem Bewilligungsbescheid.
Wer den Antrag später stellt, verliert weiter zurückliegende Monate. Daher lohnt ein zeitnaher Antrag mit vollständigen Unterlagen.
Sonderregel bei Nebenwohnungen: Enge Frist beachtenFür Nebenwohnungen gilt eine zusätzliche Frist. Eine rückwirkende Befreiung wird hier in der Regel nur anerkannt, wenn der Antrag binnen drei Monaten nach Vorliegen der Voraussetzungen gestellt wird. Diese Frist ist strikt.
Wer sie verpasst, erhält die Nebenwohnungsbefreiung regelmäßig erst ab dem späteren Antrag. Hauptwohnungen sind davon nicht betroffen. Für Merkzeichen RF bleibt dort die allgemeine Dreijahresgrenze maßgeblich.
Nachweise, die Rückzahlungen tatsächlich auslösenEntscheidend sind klare, datierte Belege. Beim Merkzeichen RF reicht der Schwerbehindertenausweis mit RF-Eintrag, wenn Beginn und Gültigkeit ersichtlich sind. Alternativ genügt eine behördliche Bescheinigung mit Datum der Zuerkennung.
Bei Befreiungen wegen Sozialleistungen sind Bewilligungsbescheide mit Leistungsbeginn erforderlich. Alle Dokumente sollten den jeweiligen Zeitraum exakt abdecken. Fehlen Monate, kürzen die Anstalten die Erstattung genau um diese Lücken.
Wirtschaftlicher Effekt: So viel Geld fließt zurückDer Beitrag gilt pro Wohnung. Die Ersparnis liegt bei 12,24 Euro pro Monat. Auf ein Jahr gerechnet sind das 146,88 Euro. Wer die Dreijahresgrenze voll nutzt, erhält rund 441 Euro zurück, sofern die Voraussetzungen im gesamten Zeitraum vorlagen.
In Mehrpersonenhaushalten bleibt die Ersparnis identisch, weil der Beitrag wohnungsbezogen erhoben wird. Ein vollständiger, früh eingereichter Antrag beschleunigt die Auszahlung.
Antrag richtigstellen: Formulierung und UmfangDer Antrag sollte die Beitragsnummer, die Anschrift und den gewünschten Beginn benennen. Verweisen Sie auf den Zuerkennungszeitpunkt des Merkzeichens RF oder den Leistungsbeginn. Bitten Sie um Berücksichtigung ab diesem Datum.
Fordern Sie die Rückerstattung für die drei Jahre vor Antragstellung. Fügen Sie alle Nachweise als Kopie bei. Achten Sie auf durchgehende Zeiträume. Prüfen Sie nach Erhalt des Bescheids, ob der Startzeitpunkt korrekt berücksichtigt wurde.
Typische Fehler vermeiden: Drei Punkte entscheidenViele Rückerstattungen scheitern an unvollständigen Unterlagen. Unklare oder undatierte Atteste helfen nicht. Entscheidend ist die dokumentierte Zuerkennung oder der Leistungsbeginn. Ein weiterer Fehler ist ein zu später Antrag. Wer erst nach Jahren reagiert, verliert unwiederbringlich Zeiträume.
Schließlich sorgen Umzüge oft für Zuordnungsprobleme. Alte Beitragsnummern und Adressen sollten im Antrag mitgenannt werden, damit Erstattungen korrekt verbucht werden.
Wenn der Bescheid nicht passt: Widerspruch mit BelegenStimmt der anerkannte Zeitraum nicht, lohnt ein Widerspruch. Legen Sie den Bescheid, die Nachweise und eine kurze Begründung bei. Verweisen Sie auf den dokumentierten Beginn der Voraussetzung. Fordern Sie eine Korrektur der Zeiträume und der Erstattung.
Bleibt der Widerspruch erfolglos, kann eine Klage in Betracht kommen. In vielen Fällen reicht jedoch eine klare Nachreichung fehlender Belege.
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Schwerbehinderung: Anspruch auf Urlaubszuschuss vor Gericht errungen
Haben schwerbehinderte Menschen sich eine einwöchige Urlaubsreise mit dem Kreuzfahrtschiff in der Nordsee angespart und sind auf einen Rollstuhl angewiesen, können sie sich die Mehrkosten für eine notwendige Begleitperson als Eingliederungshilfeleistungen erstatten lassen, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 8 SO 13/20 R). Dies gelte zumindest dann, wenn der Urlaub „angemessen” ist.
Antrag auf Übernahme der Mehrkosten für eine BegleitpersonIm Streitfall ging es um einen Rollstuhlfahrer aus dem Landkreis Leipzig, der in einer eigenen Wohnung lebt und rund um die Uhr von drei Assistenzkräften unterstützt wird. Der auf Grundsicherung im Alter angewiesene Mann war zudem Behindertenbeauftragter des Landkreises.
2016 hatte er sich eine selbst angesparte einwöchige Urlaubsreise mit einem Kreuzfahrtschiff auf der Nordsee geleistet.
Die behinderungsbedingten Mehrkosten machte er beim Landkreis als Eingliederungshilfeträger geltend. Dabei ging es um insgesamt 2.015 Euro, die für die Reisekosten der notwendigen Assistenzkraft fällig wurden.
Ohne die Begleitperson habe er den Urlaub nicht durchführen können. Ein Ansparen für die Reisekosten der Begleitperson sei aber nicht möglich, da er dann über den geltenden Vermögensfreibeträgen liege.
Der Landkreis lehnte die Übernahme der Mehrkosten für die Begleitperson ab. Die Reise habe nur zur Erholung und nicht zur Teilhabe am sozialen Leben gedient.
Der Teilhabebedarf des Rollstuhlfahrers sei wegen seines wahrgenommenen Ehrenamtes sowieso mehr als gedeckt gewesen. Er könne zur Erholung ja auch Tagesausflüge im Raum Leipzig machen.
Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) lehnte mit Urteil vom 29. August 2019 den Anspruch auf Kostenübernahme für die Begleitperson ab (Az.: L 8 SO 6/18; JurAgentur-Meldung vom 9. September 2019).
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– Schwerbehinderung: Gericht legt neue Richtlinien für das Merkzeichen aG fest
Soziale Teilhabe kann Mehrkosten für Begleitperson umfassenDoch das BSG gab nun dem Kläger dem Grunde nach recht. Auch behinderte Menschen hätten ein „legitimes Bedürfnis” nach Urlaub. Die Eingliederungshilfe müsse zwar die eigenen Urlaubskosten des Rollstuhlfahrers nicht finanzieren.
Allerdings dürfe der Landkreis den behinderungsbedingten Mehrbedarf infolge der Urlaubsreise nicht einfach verweigern. Denn auch Freizeitaktivitäten und damit auch eine Urlaubsreise gehörten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Sei etwa eine Begleitperson zur Durchführung des Urlaubs notwendig, sei dies eine Leistung der Eingliederungshilfe.
Allerdings müsse die Reise angemessen sein. Als Maßstab sei hier der nicht-behinderte durchschnittliche Deutsche anzulegen. Danach sei es bei rund 70 Prozent aller Deutschen durchaus üblich, zumindest einmal pro Jahr für eine Woche Urlaub zu machen.
Allerdings müsse das LSG noch einmal prüfen, ob die Reise bei anderen Anbietern mit geringeren behinderungsbedingten Mehrkosten günstiger gewesen wäre. fle/mwo
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Kündigung: Recht auf höhere Abfindung nach Freistellung
Die Aufforderung des Arbeitgebers, die Bürotür zu schließen und „erst einmal zuhause zu bleiben“, kommt für viele Beschäftigte überraschend.
Arbeitsrechtlich handelt es sich dabei um eine einseitige Freistellung von der Arbeitspflicht bei fortbestehendem Vergütungsanspruch. Oft signalisiert dieser Schritt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte – sei es durch Aufhebungsvertrag oder nachfolgende Kündigung.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsteht in dieser Phase eine selten günstige Ausgangsposition, um die eigenen Interessen – vor allem die Höhe einer Abfindung – durchzusetzen. Zugleich lauern rechtliche und psychologische Risiken, die sich mit der richtigen Strategie jedoch beherrschen lassen.
Rechtlicher Hintergrund: Arbeitspflicht, Vergütung und Direktionsrecht
Nach deutschem Arbeitsrecht darf der Arbeitgeber Beschäftigte grundsätzlich nur vorübergehend und aus sachlichem Grund von der Arbeitspflicht entbinden.
“Längere Freistellungen sind möglich, wenn ein Kündigungsschutzprozess absehbar ist oder die Parteien einen Aufhebungsvertrag verhandeln. Der Vergütungsanspruch (§ 615 Satz 1 BGB) bleibt während einer einseitigen Freistellung vollständig erhalten; der Arbeitgeber trägt also die volle Lohnkostenschuld, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wird. Diese Konstellation erhöht den finanziellen Druck auf das Unternehmen sowie auf die verantwortlichen Personalabteilungen, rasch zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen”, bestätigt der Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Lange, aus Hannover gegenüber unserer Redaktion.
Druckmittel und Schutzschild: Warum die Freistellung Ihre Position stärktMit der Freistellung macht der Arbeitgeber öffentlich, dass er keinen Wert mehr auf die Leistung des Mitarbeiters legt. Kehrt der Beschäftigte später doch zurück – etwa nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage –, entsteht für das Management ein Gesichtsverlust.
Dieser Imageschaden führt oft zu höheren Vergleichsangeboten, um eine Rückkehr zu vermeiden.
Gleichzeitig sinkt das Risiko, dass sich das Unternehmen nachträglich auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe beruft: Wer nicht im Betrieb präsent ist, kann weder „Fehler“ begehen noch in fingierte Fallen geraten. Auch das Instrument der Abmahnung verliert seine Relevanz.
Für den Arbeitnehmer bedeutet das: weniger Angriffsfläche, mehr Verhandlungsruhe.
Kosten ohne Gegenleistung: ein internes Problem des ArbeitgebersJeder Gehaltslauf, der ohne Gegenleistung ausgezahlt wird, erzeugt intern kritische Nachfragen. Personalverantwortliche müssen erklären, warum Budgets belastet werden, obwohl die Arbeitskraft brachliegt. Dieser Rechtfertigungsdruck verschärft sich, je länger die Freistellung dauert.
Der Arbeitgeber wird daher bestrebt sein, das Thema abzuschließen – in der Regel durch ein Abfindungsangebot, das den Arbeitnehmer zur Vertragsbeendigung motiviert. Für die Verhandlungspartner auf Arbeitnehmerseite ist das ein klarer Vorteil.
Entfremdung, Nervosität und soziale IsolationDie räumliche Trennung vom Arbeitsplatz führt zu einer schleichenden Entfremdung beider Seiten. Kolleginnen und Kollegen gewöhnen sich an die Abwesenheit; das „Wir‐Gefühl“ zerbröckelt.
Ebenso kann beim freigestellten Arbeitnehmer Unruhe aufkommen: Wer morgens nicht mehr ins Büro fährt, fehlt plötzlich in eingespielten Routinen und sozialen Netzen. Hinzu kommt der Druck aus dem privaten Umfeld, das den abrupten Stillstand beruflicher Aktivitäten oft nicht einordnen kann.
Diese Nervosität ist verständlich, darf aber nicht die Verhandlungsstrategie dominieren. Wichtig ist, die Freistellungsphase produktiv zu nutzen – etwa für Weiterbildungen, Netzwerkpflege oder die Vorbereitung einer Kündigungsschutzklage –, statt vorschnell Zugeständnisse zu machen.
Der Kardinalfehler: Freistellung ohne schriftliche BestätigungGefährlich wird es, wenn Beschäftigte eine mündliche Freistellungsanweisung widerspruchslos akzeptieren, ohne sie schriftlich fixieren zu lassen. Fehlt eine beweissichere Dokumentation, kann der Arbeitgeber später behaupten, die Arbeitsleistung sei unentschuldigt verweigert worden – ein klassischer Ansatzpunkt für eine verhaltensbedingte Kündigung.
Wer sich unsicher ist, erscheint am nächsten Arbeitstag am Arbeitsplatz, bietet seine Leistung an und fordert eine schriftliche Freistellungsbestätigung.
Bleibt das Unternehmen eine eindeutige Erklärung schuldig, sollte man die Beratung durch eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einholen.
Strategie für erfolgreiche VerhandlungenWährend der Freistellung gilt: aktiv bleiben, aber keine Übererfüllung. “Beschäftigte schulden höchstens eine Tätigkeit mittlerer Art und Güte – mehr Performance erhöht lediglich das Frustrationspotenzial und schafft neue Fehlerquellen”, warnt Lange.
Zugleich sollte die eigene Marktfähigkeit gestärkt werden, um gegenüber dem Arbeitgeber selbstbewusst aufzutreten. Ein realistischer Abfindungsrahmen lässt sich anhand von Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Branchenüblichkeit und vorhandenen sozialen Faktoren berechnen.
Gelassenheit, Schriftform und klare ZieleDie einseitige Freistellung eröffnet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine komfortable, wenn auch emotional fordernde Verhandlungsposition. Wer sich nicht von Nervosität leiten lässt, schriftliche Nachweise einholt und den finanziellen Druck auf das Unternehmen kalkuliert nutzt, kann seinen Kündigungsschutz „teuer verkaufen“.
Die Freistellung ist kein Makel, sondern ein machtvolles Signal: Der Arbeitgeber möchte trennen und zahlt bereits dafür.
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Unterschätzte Nachteile beim Krankengeld durch Entgeltumwandlung
Bei der Entgeltumwandlung fließt ein Teil des Bruttogehalts in die betriebliche Altersvorsorge.
Was viele jedoch übersehen: Damit sinkt das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt – und genau daran orientiert sich die Höhe des gesetzlichen Krankengelds, das nach sechs Wochen Krankheit die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers ablöst.
Wer umwandelt, kann im Krankheitsfall spürbar weniger Geld bekommen. Rechtsgrundlage ist § 47 SGB V, der das Krankengeld als Anteil des „beitragspflichtigen“ regelmäßigen Arbeitsentgelts definiert.
Grund der MinderungKrankengeld beträgt grundsätzlich 70 Prozent des beitragspflichtigen Bruttolohns, gedeckelt auf maximal 90 Prozent des Nettoentgelts. Da die Entgeltumwandlung den beitragspflichtigen Bruttolohn reduziert, fällt auch das Krankengeld niedriger aus.
Das ist kein Randaspekt, sondern systembedingt: Was nicht der Beitragsberechnung unterliegt, zählt für die Krankengeldformel nicht mit. Krankenkassen erläutern diese Logik konsistent, die rechtliche Klammer bildet § 47 SGB V.
Wie die Kasse rechnet – und was bei „unregelmäßig“ giltFür die Berechnung bescheinigt der Arbeitgeber der Krankenkasse das Entgelt vor Umwandlung sowie die in den letzten zwölf Monaten umgewandelten Beträge. Bei unregelmäßiger Entgeltumwandlung – etwa wenn nur zeitweise umgewandelt wird oder Gehaltsbestandteile wie Dienstrad-Leasing schwanken – wird ein Zwölfmonatsdurchschnitt taggenau vom Regelentgelt abgezogen.
Das Ergebnis ist eine niedrigere Bemessungsgrundlage und damit weniger Krankengeld. Fachkommentare und Praxishinweise bestätigen dieses Vorgehen.
Deckelungen: Wann sich die Kürzung besonders bemerkbar machtNeben der 90-Prozent-Netto-Grenze gilt eine absolute Obergrenze je Kalendertag. Für 2025 liegt der Höchstbetrag bei 128,63 Euro pro Tag. Wer mit seinem beitragspflichtigen Lohn ohnehin nahe an diese Kappung heranreicht, spürt jede zusätzliche Minderung der Bemessungsgrundlage besonders.
Umgekehrt gilt: Liegt das beitragspflichtige Einkommen trotz Umwandlung klar oberhalb der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung, kann der Effekt im Einzelfall verpuffen, weil Beträge oberhalb der Grenze ohnehin nicht berücksichtigt werden.
Diese Bewertung folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 47 SGB V („soweit es der Beitragsberechnung unterliegt“) und den öffentlich ausgewiesenen Rechengrößen der Kassen.
Zeitlicher Ablauf: Lohnfortzahlung versus KrankengeldIn den ersten sechs Wochen zahlt der Arbeitgeber das vertragliche Entgelt weiter. Ab dem 43. Krankheitstag beginnt das Krankengeld – und erst dann greift die beschriebene Minderung aufgrund der Entgeltumwandlung voll auf die Leistungshöhe durch. Ratgeberseiten der Kassen und Verbraucherpublikationen stellen diesen Übergang klar dar.
Nettoeffekt: Weniger im Portemonnaie und FolgewirkungenZum spürbaren Minus beim Netto-Krankengeld kommt, dass von der Entgeltersatzleistung noch Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abgehen. Weil das Krankengeld auf der bereits gesunkenen Bemessungsgrundlage aufsetzt, verringert sich die tatsächliche Auszahlung zusätzlich. Das führt je nach Höhe der Umwandlung zu merklichen Versorgungslücken.
Rechtsprechung: Linie der SozialgerichteDie sozialgerichtliche Rechtsprechung hält an der engen Anknüpfung an das beitragspflichtige Entgelt fest: Regel- und Nettoentgelt sind aus demselben Entgeltbegriff abzuleiten; eine Sonderbehandlung umgewandelter Beträge findet ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nicht statt. Das stärkt die Praxis der Kassen, umgewandeltes Entgelt bei der Krankengeldberechnung außen vor zu lassen.
Praxisnahe Konsequenzen im Überblick – ohne SchönfärbereiFür Beschäftigte bedeutet das: Jede Entgeltumwandlung reduziert grundsätzlich die Basis für das Krankengeld. Das gilt besonders, wenn regelmäßig und in nennenswerter Höhe umgewandelt wird, wenn man nahe an die Tageshöchstbeträge heranreicht oder wenn schwankende Umwandlungen (z. B. Job-Bike-Leasing, variable Boni) den Zwölfmonatsdurchschnitt drücken. Verbraucherorganisationen weisen seit Jahren darauf hin, dass die Sozialabgabenfreiheit der Umwandlung systematisch zu geringeren Lohnersatzleistungen – ausdrücklich auch beim Krankengeld – führt.
Was Betroffene beachten solltenWer Entgelt umwandelt, sollte die mögliche Krankengeld-Lücke realistisch einplanen. Denkbar sind – je nach persönlicher Lage – ein geringerer Umwandlungsanteil, ein höherer Arbeitgeberzuschuss oder ein gezielter privater Krankentagegeld-Baustein, der ab dem 43. Tag einspringt. Orientierung zu Höhe, Grenzen und Rechenwegen bieten die Informationsseiten sowie Rechner der gesetzlichen Kassen.
Fazit: Entgeltumwandlung ist kein „free lunch“. Sie senkt das beitragspflichtige Gehalt – und damit automatisch das Krankengeld. Wer die betriebliche Altersvorsorge nutzt, sollte diese Wechselwirkung kennen und ihre finanziellen Folgen für längere Krankheitsphasen in die eigene Absicherung einkalkulieren.
Der Beitrag Unterschätzte Nachteile beim Krankengeld durch Entgeltumwandlung erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.