«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Pflegegrad 1 ohne Pflegegeld: Trotzdem 131 Euro pro Monat
Pflegegrad 1 bedeutet: kein Pflegegeld, keine Pflegesachleistungen. Mit smarten Bausteinen lässt sich dennoch spürbare Entlastung organisieren – allen voran mit dem Entlastungsbetrag von 131 Euro pro Monat seit 01.01.2025. Wer die Regeln kennt, kombiniert zusätzlich Hausnotruf, Pflegehilfsmittel, Wohnungsumbauten, digitale Pflege-Apps und bei Bedarf häusliche Krankenpflege der Krankenkasse.
Was mit Pflegegrad 1 tatsächlich drin istDer Entlastungsbetrag steht auch in Pflegegrad 1 zu. Er wird nach dem Erstattungsprinzip gezahlt: Rechnung einreichen, Geld zurückbekommen oder direkt über den Anbieter mit der Kasse abrechnen lassen. Unverbrauchte Beträge können bis zum 30. Juni des Folgejahres genutzt werden.
Zusätzlich gibt es 42 Euro monatlich für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. Wohnumfeldverbesserungen werden pro Maßnahme mit bis zu 4.180 Euro bezuschusst. Ein Hausnotruf wird in der Regel mit bis zu 25,50 Euro im Monat gefördert.
Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) sind mit bis zu 53 Euro monatlich inklusive Unterstützungsleistungen möglich. In ambulant betreuten Wohngruppen kommt der Wohngruppenzuschlag von 224 Euro pro Monat hinzu. Bei vollstationärer Pflege gibt es in Pflegegrad 1 einen Zuschuss von 131 Euro monatlich.
Wofür der Entlastungsbetrag eingesetzt werden kannZugelassen sind anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag, etwa haushaltsnahe Hilfen, Alltagsbegleitung oder Betreuungsgruppen. Auch teilstationäre Angebote wie Tages- oder Nachtpflege sowie Eigenanteile bei der Kurzzeitpflege können darüber laufen.
Besonderheit in Pflegegrad 1: Der Entlastungsbetrag darf auch für notwendige Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes genutzt werden – einschließlich körperbezogener Pflege –, sofern der Anbieter anerkannt ist. In den Pflegegraden 2 bis 5 ist das so nicht möglich.
Sinnvolle KombinationsoptionenMit dem Entlastungsbetrag lassen sich in der Praxis zwei bis drei Stunden einfache Pflege oder Haushalt pro Monat über einen ambulanten Dienst finanzieren, vorausgesetzt, der Anbieter ist landesrechtlich anerkannt. Auch teilstationäre Angebote wie Tages- oder Kurzzeitpflege werden bezahlbarer, weil der Entlastungsbetrag anteilig Hotel- und Investitionskosten abfedert – so sind planbare Entlastungsphasen für Angehörige möglich, obwohl Pflegegrad 1 keine eigenen Budgets hierfür hat.
Parallel laufen die 42 Euro für Verbrauchs-Pflegehilfsmittel und der Zuschuss für den Hausnotruf zusätzlich, ohne das 131-Euro-Budget anzutasten; Hygiene und Notfallkette bleiben damit gesichert. Einmalige Wohnumfeldverbesserungen senken den Pflegeaufwand dauerhaft, während kleinere, wiederkehrende Hilfen weiterhin flexibel aus dem Entlastungsbetrag organisiert werden.
Digitale PflegeaufwendungenDigitale Pflegeanwendungen stärken die Selbstständigkeit, etwa durch Sturzprävention oder Gedächtnistraining, und passen damit gut zu den Zielen in Pflegegrad 1. Bei akuten Erkrankungen oder zur Sicherung der Behandlung kann der Arzt unabhängig vom Pflegegrad häusliche Krankenpflege verordnen; sie läuft über die Krankenkasse und ergänzt den Entlastungsbetrag sinnvoll.
Was nicht geht – und was oft übersehen wirdPflegegrad 1 hat keinen Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Verhinderungs- oder teilstationäre Pflegebudgets. Umwidmungen wie die 40-Prozent-Regel greifen erst ab Pflegegrad 2.
Entscheidend sind anerkannte Anbieter, saubere Belege und die Frist zum 30. Juni des Folgejahres. Wer in einer ambulant betreuten Wohngruppe lebt, kann den Wohngruppenzuschlag unabhängig von weiteren Leistungen in Pflegegrad 1 erhalten.
Wichtigste Beträge 2025 kurz erklärtDer Entlastungsbetrag beträgt 131 Euro im Monat und ist flexibel einsetzbar, mit Übertrag bis zum 30.06. des Folgejahres. Für Verbrauchs-Hilfsmittel stehen zusätzlich 42 Euro monatlich zur Verfügung. Ein Hausnotruf wird in der Regel mit bis zu 25,50 Euro pro Monat bezuschusst.
Wohnumfeldverbesserungen werden pro Maßnahme mit bis zu 4.180 Euro gefördert. Digitale Pflegeanwendungen sind mit bis zu 53 Euro monatlich inklusive Unterstützungsleistungen abrechenbar. In ambulant betreuten Wohngruppen gibt es einen Wohngruppenzuschlag von 224 Euro im Monat; bei Gründung ist eine Anschubfinanzierung von 2.613 Euro pro Person möglich. In der vollstationären Pflege erhalten Personen mit Pflegegrad 1 zudem einen Zuschuss von 131 Euro pro Monat.
Praxisbeispiel: Frau K.Frau K., 81, Pflegegrad 1, lebt allein. Den Entlastungsbetrag von 131 € nutzt sie für eine anerkannte Alltagsbegleitung: einmal pro Woche leichte Haushaltshilfe und Einkaufen; der Dienst rechnet direkt mit der Pflegekasse ab, etwa 3–4 Stunden monatlich ohne Vorfinanzierung. Parallel laufen Hilfsmittel zum Verbrauch (bis 42 €) und ein bezuschusster Hausnotruf, sodass das 131-€-Budget frei bleibt.
Im Juni bündelt sie angesparte Reste für zwei Tage Tagespflege und deckt dort Hotel-/Investitionskosten. Ergebnis: spürbare Entlastung und planbare Pausen für die Angehörigen – ganz ohne Pflegegeld.
Der Beitrag Pflegegrad 1 ohne Pflegegeld: Trotzdem 131 Euro pro Monat erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente 63 auch ohne 45 Beitragsjahre
Viele Versicherte gehen noch immer davon aus, dass die „Rente mit 63“ nur mit 45 Beitragsjahren funktioniert. Das war einmal – und gilt nur noch für ältere Jahrgänge.
Wer 1964 oder später geboren wurde, kann zwar weiterhin bereits ab 63 eine Altersrente beziehen, benötigt dafür aber nicht zwingend 45 Jahre. Entscheidend ist, welche Rentenart Sie wählen und wie früh Sie starten wollen. Richtig geplant, lassen sich teure Fehlentscheidungen vermeiden – und ein früher, finanziell tragfähiger Ruhestand bleibt realistisch.
Für die jüngeren Jahrgänge gilt zugleich: Eine abschlagsfreie „Rente mit 63“ gibt es nicht mehr; die frühere Ausnahmeregel für besonders langjährig Versicherte ist stufenweise angehoben worden und liegt für den Jahrgang 1964 bei 65 Jahren.
Was „Rente mit 63“ heute tatsächlich bedeutetHinter dem Schlagwort verbergen sich zwei unterschiedliche Altersrenten mit je eigenen Spielregeln. Erstens die Altersrente für langjährig Versicherte: Sie setzt mindestens 35 Jahre Wartezeit voraus und kann ab 63 beantragt werden – stets mit dauerhaften Abschlägen von 0,3 Prozent pro vorgezogenem Monat; bei vier Jahren Vorziehen (63 statt 67) sind das 14,4 Prozent.
Zweitens die Altersrente für schwerbehinderte Menschen: Mit anerkanntem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und 35 Jahren Wartezeit ist sie regulär ab 65 ohne Abschläge, vorzeitig – je nach Jahrgang – bereits ab 62 mit Abschlägen möglich.
Altersrente für langjährig Versicherte: Voraussetzungen, Beginn und AbschlägeWer die große Wartezeit von 35 Jahren erfüllt, kann die Altersrente für langjährig Versicherte schon mit 63 starten. Maßgeblich ist der Jahrgang: Ab Geburtsjahr 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei 67 Jahren.
Jeder Monat vor diesem regulären Alter mindert die spätere Monatsrente dauerhaft um 0,3 Prozent; der maximale Abzug bei 48 Monaten Vorziehung beträgt damit 14,4 Prozent. Diese Minderung bleibt für die gesamte Laufzeit der Rente bestehen – sie verschwindet also nicht mit Erreichen der Regelaltersgrenze.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen: früher starten mit AnerkennungIst bei Rentenbeginn ein GdB von mindestens 50 festgestellt und sind 35 Wartejahre erfüllt, eröffnet diese Rentenart einen früheren, teils deutlich entspannteren Einstieg.
Für Jahrgänge 1964 und jünger ist der abschlagsfreie Start mit 65 möglich; der frühestmögliche Beginn liegt bei 62 – dann mit dauerhaften Abschlägen von 0,3 Prozent je Monat, also bis zu 10,8 Prozent bei drei Jahren Vorziehen.
Rechtsgrundlagen finden sich in § 37 SGB VI in Verbindung mit § 236a SGB VI sowie in den Auskünften der Deutschen Rentenversicherung.
Was für die 35-Jahre-Wartezeit zählt – und warum das wichtig istDie 35 Jahre setzen sich nicht nur aus klassischen Beschäftigungszeiten mit Pflichtbeiträgen zusammen. Anzurechnen sind auch Kindererziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, Zeiten nicht erwerbsmäßiger Pflege, Zeiten mit Arbeitslosengeld oder Krankengeld sowie Anrechnungszeiten für Schule und Studium. Schul- und Hochschulzeiten gelten ab dem 17. Geburtstag und werden insgesamt bis maximal acht Jahre berücksichtigt.
Diese Zeiten erhöhen zwar nicht zwingend die Rentenhöhe, sie helfen aber beim Erreichen der 35-Jahre-Schwelle – und damit beim Zugang zur Rente ab 63.
Hinzuverdienst und Teilrente: mehr Freiheit seit 2023 – mit FallstrickenSeit dem 1. Januar 2023 sind die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten vollständig entfallen. Wer eine Altersvoll- oder Teilrente bezieht, darf grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdienen.
Das erleichtert den gleitenden Übergang: Viele reduzieren zunächst die Arbeitszeit und kompensieren mit Rente und Lohn. Wichtig bleibt aber die Wahl zwischen Voll- und Teilrente, denn sie hat sozialrechtliche Folgen.
Ein zentraler Punkt ist das Krankengeld: Wer eine Vollrente wegen Alters bezieht, hat nach § 50 SGB V keinen Anspruch auf Krankengeld. Bei einer Teilrente (beispielsweise 99,99 Prozent) kann der Anspruch dagegen bestehen – vorausgesetzt, die Teilrente läuft bereits vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit und die Beschäftigung ist krankenversicherungspflichtig; Minijobs genügen nicht.
Dieser Unterschied ist für weiterbeschäftigte Rentnerinnen und Rentner finanziell erheblich. Lassen Sie sich hierzu unbedingt individuell von Ihrer Krankenkasse beraten und stellen Sie die Weichen rechtzeitig.
Abschläge planen und – wenn gewünscht – ausgleichenAbschläge sind lebenslang. Wer sie vermeiden oder reduzieren möchte, hat zwei Stellschrauben. Erstens: den Rentenbeginn verschieben. Zweitens: die gesetzlich vorgesehene Ausgleichszahlung nach § 187a SGB VI nutzen.
Ab 50 Jahren können Sie auf Basis einer besonderen Auskunft der Deutschen Rentenversicherung freiwillige Beiträge leisten, um künftige Abschläge ganz oder teilweise zu kompensieren.
Ob sich das steuerlich und finanziell lohnt, hängt von Ihrer Lebenserwartung, dem Steuersatz und der geplanten Erwerbstätigkeit ab. Holen Sie dafür eine Rentenauskunft und – idealerweise – eine neutrale Beratung ein.
Rechenbeispiel: Jahrgang 1964, Rentenstart mit 63Angenommen, die voraussichtliche Bruttorente zum Regelalter beträgt 1 800 Euro im Monat. Wer vier Jahre früher, also 48 Monate vor der persönlichen Altersgrenze von 67, in Rente geht, trägt einen Abschlag von 14,4 Prozent.
14,4 Prozent von 1 800 Euro sind 259,20 Euro (1 800 × 0,144 = 259,20). Die Monatsrente sinkt damit dauerhaft auf 1 540,80 Euro.
Der Betrag wird lebenslang gezahlt – nur die jährlichen Rentenanpassungen verändern das Niveau. Gleichzeitig fließt die Rente aber vier Jahre früher. Ob sich das unter dem Strich rechnet, hängt von Ihrer Erwerbs- und Lebensplanung, vom Hinzuverdienst und der Steuerlast ab.
Praxisleitfaden: So gehen Sie vorPrüfen Sie zunächst Ihre Wartezeit in der aktuellen Rentenauskunft und klären Sie fehlende Zeiten – etwa Schul-, Studien-, Kindererziehungs-, Pflege- oder Krankheitszeiten – zeitnah nach.
Stellen Sie parallel fest, ob ein GdB 50 vorliegt oder erreichbar ist; die Feststellung muss rechtzeitig vor Rentenbeginn erfolgen, wenn Sie die Schwerbehindertenrente nutzen wollen.
Überlegen Sie, ob ein Teilrentenbezug zu Ihrer Erwerbsplanung passt und ob Sie damit sozialversicherungsrechtliche Vorteile – insbesondere beim Krankengeld – erhalten. Rechnen Sie schließlich verschiedene Starttermine durch, nutzen Sie den Rentenbeginn- und Rentenhöhenrechner der DRV und lassen Sie sich bei Bedarf eine besondere Auskunft zu möglichen Ausgleichszahlungen erstellen.
Stimmen Sie das Vorgehen mit Steuerberatung und – sofern Sie weiterarbeiten – mit der Krankenkasse und Ihrem Arbeitgeber ab.
Fazit: Mit System statt Mythen in den RuhestandDie Rente ab 63 ist auch ohne 45 Jahre Beiträge möglich – über die Altersrente für langjährig Versicherte oder, bei anerkannter Schwerbehinderung, über die spezielle Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Beide Wege sind mit dauerhaften Abschlägen verbunden, wenn der Start vor dem regulären Alter erfolgt. Wer seine rentenrechtlichen Zeiten prüft, die Rechtslage korrekt einordnet, den Hinzuverdienst klug nutzt und bei Bedarf Ausgleichszahlungen plant, kann den optimalen Zeitpunkt finden – und teure Irrtümer vermeiden.
Die Erkenntnis bleibt: Nicht die alte Chiffre „Rente mit 63“, sondern eine ehrliche Bestandsaufnahme Ihrer Zeiten, eine saubere Berechnung der Abschläge und eine frühzeitige Strategie entscheiden über einen entspannten Start in den Ruhestand.
Hinweis: Die genannten Altersgrenzen, Wartezeiten und Regelungen stammen aus den aktuellen Informationen der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesregierung (Stand 2025). Individuelle Abweichungen sind möglich; maßgeblich sind Ihre Rentenauskunft und die jeweils einschlägigen Bestimmungen im SGB VI sowie § 50 SGB V
Der Beitrag Rente 63 auch ohne 45 Beitragsjahre erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: Gericht verweigerte Rentenpunkte – Wer jetzt besonders aufpassen muss
Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg stellt klar: Wer Krankengeld bezieht, das auf einem Arbeitsvertrag mit mehr als 30 Wochenstunden basiert, erhält für die Pflegezeit keine zusätzlichen Rentenpunkte. Auch dann nicht, wenn die Pflege zu Hause täglich und im erheblichen Umfang geleistet wird.
Diese Entscheidung betrifft primär Menschen, die beruflich stark eingebunden sind und gleichzeitig Angehörige pflegen – und nun durch Krankheit gezwungen sind, ihre Arbeit zeitweise zu unterbrechen. Viele gehen davon aus, dass die Pflege in dieser Phase automatisch rentenrechtlich anerkannt wird. Doch genau das ist nicht immer der Fall. Das Urteil zeigt auf, wie schnell hier eine Rentenschutzlücke entsteht – und was Pflegepersonen unternehmen können, um sich davor zu schützen.
Das Urteil in KürzeNicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die Krankengeld auf Grundlage eines Arbeitsentgelts für eine Beschäftigung im Umfang von mehr als 30 Stunden wöchentlich beziehen, sind nicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI als Pflegeperson versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung.
(Landessozialgericht BadenWürttemberg, Urteil vom 30.04.2025, Az.: L 5 R 3093/24)
Im zugrunde liegenden Fall pflegte ein Vater seinen Sohn mit Pflegegrad 2 in der häuslichen Umgebung. Die tägliche Pflegetätigkeit betrug nachweislich rund 28 Stunden pro Woche – ein erheblicher Einsatz, der normalerweise mit Rentenpunkten honoriert wird. Doch zur selben Zeit bezog der Vater Krankengeld, weil er krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Das Krankengeld wurde von der Krankenkasse auf Grundlage eines Arbeitsvertrags mit mehr als 30 Wochenstunden berechnet.
Und genau hier lag das Problem: Die Pflegekasse verweigerte die Meldung der Pflegezeit an die Rentenversicherung, mit der Begründung, die 30-Stunden-Grenze sei überschritten. Der Vater klagte – zunächst vor dem Sozialgericht, dann in der Berufung vor dem LSG – und verlor. Das Gericht bestätigte: Wer Krankengeld auf Basis einer regulären Tätigkeit von mehr als 30 Wochenstunden bezieht, hat keinen Anspruch auf die zusätzlichen Rentenversicherungszeiten aus der Pflege.
Was bedeutet das Urteil konkret für pflegende Angehörige?Die Entscheidung mag auf den ersten Blick unverständlich wirken. Schließlich handelt es sich bei pflegenden Angehörigen um Menschen, die ihre Zeit, Kraft und Gesundheit für andere einsetzen – oft unter großen persönlichen Belastungen. Umso bitterer ist es, wenn dieser Einsatz im Rentenrecht keine Berücksichtigung findet.
Kernpunkt der Entscheidung ist die gesetzlich festgelegte 30-Stunden-Grenze. Wer mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig ist – und sei es nur auf dem Papier – hat laut § 3 Satz 3 SGB VI keinen Anspruch auf Rentenpunkte für Pflege. Diese Grenze gilt unabhängig davon, ob tatsächlich gearbeitet wird. Das heißt: Auch wenn Du durch Krankheit freigestellt bist und nicht zur Arbeit gehst, bleibt der Arbeitsvertrag mit seiner Wochenarbeitszeit entscheidend.
Das LSG argumentierte, dass Krankengeldbezieher bereits über die Krankenversicherung rentenversichert seien. Sie erhielten Pflichtbeiträge, berechnet auf Grundlage von 80 % des bisherigen Bruttogehalts. Damit seien sie grundsätzlich abgesichert – eine doppelte Rentenversicherungspflicht über die Pflegezeit sei daher nicht notwendig. Gleichzeitig will der Gesetzgeber mit der 30-Stunden-Regel sicherstellen, dass nur diejenigen zusätzlich abgesichert werden, die ihre Erwerbstätigkeit wegen der Pflege einschränken – und nicht aus anderen Gründen, etwa wegen Krankheit.
Ein weiterer Gedanke der Richter: Wer trotz Krankengeld zusätzlich Rentenpunkte über die Pflegezeit bekommen würde, wäre gegenüber anderen Pflegepersonen, die nur teilweise berufstätig sind, übermäßig privilegiert. Auch das sollte vermieden werden.
Lesen Sie auch:
- Rente früher beantragen: So verringern sie die Rentenlücke 2025
- Mindest-Rente von 2.800 Euro ohne Beitragszahlung ohne Abschlag vor Gericht
Die 30-Stunden-Grenze ist keine juristische Willkür, sondern politisch gewollt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass jemand, der mehr als 30 Stunden pro Woche arbeitet, nicht zusätzlich rentenrechtlich über die Pflege gefördert werden muss.
Diese Regel soll klare Verhältnisse schaffen und verhindern, dass eine berufliche Vollzeittätigkeit plus Pflege zu einer doppelten Rentenförderung führt.
In der Praxis führt diese Regelung jedoch zu Grauzonen und Härtefällen. Etwa dann, wenn jemand durch Krankheit nicht mehr arbeitet, aber formal weiter in einem Arbeitsverhältnis mit über 30 Stunden steckt. Genau das war hier der Fall.
Der Kläger arbeitete tatsächlich nicht – er pflegte. Doch da sein Krankengeld auf einem Vertrag mit über 30 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit basierte, wurde seine Pflegetätigkeit nicht rentenrechtlich anerkannt.
Dass er selbst argumentierte, seine effektive Krankengeldberechnung hätte eher 28 Wochenstunden entsprochen, überzeugte das Gericht nicht. Maßgeblich sei allein die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit – nicht das faktisch gezahlte Krankengeld.
Wie kannst Du als Pflegeperson Rentenlücken vermeiden?Auch wenn das Urteil enttäuschend ist, bietet es eine wichtige Orientierung: Pflegepersonen sollten frühzeitig prüfen, ob ihre Pflegezeiten tatsächlich zu Rentenansprüchen führen – und was sie unternehmen können, wenn das nicht der Fall ist.
Wer plant, Angehörige zu pflegen und gleichzeitig beruflich aktiv bleibt, sollte überlegen, die vertragliche Arbeitszeit auf 30 Stunden oder weniger zu reduzieren.
Dies ist besonders wichtig, wenn absehbar ist, dass es zu einer Arbeitsunfähigkeit (z. B. durch eigene Erkrankung) kommen kann. Denn im Krankheitsfall zählt der letzte offizielle Arbeitsvertrag – auch dann, wenn faktisch nicht gearbeitet wird.
Ebenso kann es sinnvoll sein, sich bei der Deutschen Rentenversicherung über freiwillige Beiträge zu informieren. Wer keine rentenrechtliche Anerkennung der Pflegezeit bekommt, kann durch gezielte Einzahlungen Versorgungslücken schließen.
Nicht zuletzt empfiehlt sich eine individuelle Beratung durch Pflegestützpunkte, Sozialverbände oder Rentenberater. Viele gesetzliche Krankenkassen und Pflegekassen bieten ebenfalls kostenfreie Beratungen an – allerdings oft nur auf Nachfrage.
Was ist mit Bürgergeld und Pflege?Viele Bürgergeld Beziehende übernehmen Pflegeaufgaben für Angehörige. In diesen Fällen kann das Jobcenter die Pflegezeit an die Rentenversicherung melden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Wichtig ist auch hier: Die Grenze von 30 Wochenstunden darf nicht überschritten werden.
Wenn Du etwa einen Minijob hast und gleichzeitig regelmäßig einen Angehörigen pflegst, hast Du gute Chancen, dass die Pflegezeit angerechnet wird. Das gilt insbesondere dann, wenn Du mindestens 10 Stunden pro Woche an mindestens zwei Tagen pflegst und ein anerkannter Pflegegrad (ab Stufe 2) vorliegt.
Wichtig: Achte darauf, dass die Pflegekasse oder das Jobcenter die Zeiten korrekt melden. Lass Dir die Meldung schriftlich bestätigen und prüfe regelmäßig Dein Rentenkonto.
Der Beitrag Rente: Gericht verweigerte Rentenpunkte – Wer jetzt besonders aufpassen muss erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Schwerbehinderung: Anspruch auf Kosten für ein Rollstuhlfahrrad
Kosten für ein Rollstuhlfahrrad (Tandemfahrrad, bei dem der Fahrende hinten sitzt und vorn ein Rollstuhl arretiert werden kann) als soziale Teilhabeleistung
Mit wegweisendem Urteil stärkt der 8. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts die Rechte Behinderter bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.
Eine Schwerbehinderte, die an einer infantilen Zerebralparese mit spastischer Tetraparese und dyskinetischer Bewegungsstörung, einer ausgeprägten Sprechstörung leidet, der ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Merkzeichen „G“, „aG“ und „H“ zuerkannt worden waren und die in einer eigenen Wohnung lebt, hat Anspruch auf die Übernahme der Kosten für ein Rollstuhlfahrrad (Tandemfahrrad, bei dem der Fahrende hinten sitzt und vorn ein Rollstuhl arretiert werden kann).
Das gibt aktuell das Sächsische Landessozialgericht Urteil vom 14. November 2024 (L 8 SO 50/22 – nicht veröffentlicht) bekannt.
Soziale Teilhabeleistung zur Eingliederung in die GesellschaftEin Anspruch auf Übernahme der Kosten für ein Hilfsmittel in Form eines Rollstuhlfahrrades als soziale Teilhabeleistung zur Eingliederung in die Gesellschaft kann bestehen, wenn es erforderlich ist, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen.
Dies ist der Fall, wenn das Rollstuhlfahrrad nicht nur als reines Transportmittel zur Erweiterung des Bewegungsradius genutzt wird, sondern durch dessen Nutzung gerade die soziale Interaktion mit Familienmitgliedern, Assistenten oder Freunden auf gemeinsamen Wegstrecken sowohl zur Erledigung alltäglicher Aufgaben als auch auf gemeinsamen Ausflügen gesteigert wird.
Einkäufe mit dem Rollstuhl waren nicht – nicht bewältigen – Rollstuhlfahrrad für gemeinsame Ausflüge mit FreundenDie schwerbehinderte Klägerin hatte geltend gemacht, Einkäufe mit dem Rollstuhl nicht bewältigen zu können und das Rollstuhlfahrrad zudem für gemeinsame Ausflüge mit Freunden zu benötigen. Das Sozialgericht hatte der Klage stattgegeben. Der 8. Senat hat die hiergegen gerichtete Berufung der Behörde zurückgewiesen.
Anmerkung vom VerfasserIn diesem Zusammenhang möchte ich auf folgende Entscheidung hinweisen:
Kosten für ein Erwachsenendreirad können als Leistung zur sozialen Teilhabe von der Behörde zu übernehmen sein, denn ein Erwachsenendreirad deckt nicht allein die Mobilität ab, sondern kann auch der eigenständigen und selbstbestimmten Lebensführung im Rahmen des Teilhabeziels Soziale Teilhabe dienen ( SG Lüneburg, Urt. v. 10.06.2025 – S 38 SO 96/23 – )
PraxistippBehinderten Menschen sollen nicht in die Rolle eines Bittstellers gedrängt werden, die UN-BRK Artikel 19 (Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft ) ist als Auslegungshilfe im nationalen Recht heranzuziehen (BVerfG vom 30. Januar 2020 – 2 BvR 1005/18 – ).
Nach Art 19 UN-BRK ermöglichen die Vertragsstaaten behinderten Menschen eine unabhängige Lebensführung.
Auch in diesem Licht betrachtet sind die personenzentrierten Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 104 Abs. 1 SGB IX an der Besonderheit des Einzelfalls zu messen und nach Abs. 2 ist Wünschen der Leistungsberechtigten zu entsprechen, soweit diese angemessen sind.
Der Beitrag Schwerbehinderung: Anspruch auf Kosten für ein Rollstuhlfahrrad erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Schwerbehinderung: Abschlagsfrei in Rente ab GdB 50: Dann ist das möglich
Wer als schwerbehindert gilt, kann eine spezielle Altersrente beziehen: die „Altersrente für schwerbehinderte Menschen“. Dafür müssen zwei Hürden genommen werden: Zum Rentenbeginn muss ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegen, und es braucht eine Mindestversicherungszeit („Wartezeit“) von 35 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Diese Rente kann – je nach Jahrgang – früher beginnen als die reguläre Altersrente, und sie kann je nach Erreichen der maßgeblichen Altersgrenzen sogar ohne Abschläge fließen. Maßgeblich ist § 236a SGB VI; die Deutsche Rentenversicherung (DRV) erläutert die Voraussetzungen und Altersgrenzen ausführlich.
Die Altersgrenzen im Überblick – und was „abschlagsfrei“ heißtDie Altersgrenze für den abschlagsfreien Bezug dieser Rente wird seit einigen Jahren stufenweise angehoben. Für Versicherte der Jahrgänge 1964 und jünger gilt: abschlagsfrei mit 65 Jahren; mit Abschlägen ist der Start bereits ab 62 möglich.
Für die Jahrgänge 1952 bis 1963 steigt die Grenze zum abschlagsfreien Bezug schrittweise von 63 auf 65 Jahre; die Grenze für den frühestmöglichen Start mit Abschlägen steigt parallel von 60 auf 62 Jahre.
Pro Monat, den man vor der maßgeblichen Altersgrenze in Rente geht, beträgt der dauerhafte Abschlag 0,3 Prozent – maximal 10,8 Prozent bei 36 Monaten.
Ein Beispiel macht es konkretDie DRV nennt etwa den Jahrgang 1962: Wer 2025 seinen 63. Geburtstag feiert, erreicht die persönliche Altersgrenze für den abschlagsfreien Bezug erst mit 64 Jahren und 10 Monaten. Ein Beginn bis zu drei Jahre früher ist möglich, dann aber mit den genannten Abschlägen.
Tabelle: Wer kann mit Schwerbehinderung GdB 50 in Rente gehen? Geburtsjahrgang Abschlagsfreie Rente (Altersgrenze) 1952 und früher 63 Jahre 1953 63 Jahre + 7 Monate 1954 63 Jahre + 8 Monate 1955 63 Jahre + 9 Monate 1956 63 Jahre + 10 Monate 1957 63 Jahre + 11 Monate 1958 64 Jahre 1959 64 Jahre + 2 Monate 1960 64 Jahre + 4 Monate 1961 64 Jahre + 6 Monate 1962 64 Jahre + 8 Monate 1963 64 Jahre + 10 Monate 1964 und jünger 65 Jahre Was zur Wartezeit zählt – und was nichtFür die Wartezeit von 35 Jahren werden nicht nur klassische Pflichtbeiträge aus Beschäftigung berücksichtigt. Angerechnet werden beispielsweise freiwillige Beiträge, Zeiten der Kindererziehung, Phasen der häuslichen Pflege sowie bestimmte Anrechnungs- und Ersatzzeiten (etwa Zeiten von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Ausbildung/Studium).
Entscheidend ist die Summe rentenrechtlich maßgeblicher Monate, wie sie im Versicherungskonto ausgewiesen ist. Ein höherer GdB als 50 erhöht die Rentenhöhe im Übrigen nicht; der Nachteilsausgleich besteht hier in der Möglichkeit des früheren Rentenbeginns.
Wichtiges Timing: Schwerbehinderung muss zum Rentenstart vorliegenDie Schwerbehinderteneigenschaft muss zum Rentenbeginn bestehen; ob sie später wegfällt, spielt für den laufenden Anspruch keine Rolle. Wer „nur“ gleichgestellt ist (GdB 30/40 mit Gleichstellung), erfüllt die Voraussetzung nicht; gefordert ist ein festgestellter GdB von mindestens 50.
Alternative Wege zur Abschlagsfreiheit – 45 BeitragsjahreNeben der Schwerbehindertenrente gibt es die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (45 Jahre). Je nach Jahrgang kann sie ebenfalls abschlagsfrei früher liegen als die reguläre Altersrente.
Für jüngere Jahrgänge (ab 1964) fällt die abschlagsfreie Altersgrenze hier wie bei der Schwerbehindertenrente auf 65 Jahre; für ältere Kohorten gelten noch stufenweise niedrigere Altersgrenzen. Die DRV nimmt bei Antragstellung eine „Günstigerprüfung“ vor und zahlt die für Sie vorteilhaftere Altersrente.
Abschläge mindern – oder ausgleichenWer die Rente bis zu drei Jahre vorzieht, muss mit dauerhaften Abschlägen rechnen. Diese lassen sich – zumindest teilweise – durch zusätzliche Beiträge im Vorfeld ausgleichen; die rechtliche Grundlage dafür findet sich in § 187a SGB VI, den die DRV in ihren Fachhinweisen erläutert. Ob sich das lohnt, ist eine Rechenfrage des Einzelfalls.
Hinzuverdienst und AntragspraxisSeit 1. Januar 2023 gilt: Bei Altersrenten gibt es keine Hinzuverdienstgrenzen mehr; ein Nebenverdienst kürzt die Rente nicht. Den Antrag sollten Sie rund drei Monate vor dem gewünschten Rentenbeginn stellen, nachdem Sie Ihr Versicherungskonto geklärt haben. Die DRV bietet dafür Online-Dienste und Beratung.
Fazit: Der Fahrplan zur abschlagsfreien SchwerbehindertenrenteAbschlagsfrei geht es mit GdB 50 grundsätzlich dann, wenn Sie die Wartezeit von 35 Jahren erfüllen und Ihre persönliche Altersgrenze erreicht haben. Für Jahrgänge ab 1964 liegt diese Grenze bei 65 Jahren; bei älteren Jahrgängen gelten Übergangsstufen.
Wer früher starten möchte, kann das – mit dauerhaften Abschlägen von bis zu 10,8 Prozent. Entscheidend ist eine rechtzeitig festgestellte Schwerbehinderung zum Rentenbeginn und ein sauber geklärtes Versicherungskonto. Für die konkrete Datumsberechnung lohnt der Blick in die persönliche Rentenauskunft oder eine individuelle Beratung bei der DRV.
Der Beitrag Schwerbehinderung: Abschlagsfrei in Rente ab GdB 50: Dann ist das möglich erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
GEZ: Rundfunkbeitrag kann mehr als 3 Jahre rückwirkend verlangt werden
Ob verpasste Ummeldung nach dem Umzug, nie beantwortete Post vom Beitragsservice oder schlicht vergessen: Immer wieder erreichen Menschen rückwirkende Forderungen für den Rundfunkbeitrag.
Im Alltag ist dann entscheidend, wie weit solche Nachforderungen zurückreichen dürfen – und was sie für Betroffene praktisch bedeuten. Juristisch geht es um Verjährungsfristen, deren Beginn, Hemmung und – nach einem Bescheid – um sehr lange Vollstreckungszeiträume.
Die Grundregel: Drei Jahre regelmäßige VerjährungFür Rundfunkbeiträge gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das schreibt § 7 Abs. 4 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags ausdrücklich fest.
Damit richtet sich die zeitliche Grenze einer Nachforderung nach § 195 BGB, der eine Frist von drei Jahren vorsieht. Mit anderen Worten: Ohne Besonderheiten kann der Beitragsservice grundsätzlich Beiträge für die vergangenen drei Jahre festsetzen.
Wann die Uhr zu laufen beginntEntscheidend ist nicht nur die Länge, sondern auch der Start der Frist. Nach den Regeln der regelmäßigen Verjährung beginnt sie grundsätzlich mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger – hier die zuständige Landesrundfunkanstalt – von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Verwaltungsgerichte wenden diese BGB-Grundsätze auch im Rundfunkbeitragsrecht an. Damit kann der konkrete Verjährungsbeginn je nach Fall variieren, etwa wenn die Kenntnis erst später vorlag.
Hemmung und Neubeginn: Warum es mehr als drei Jahre werden könnenSelbst wenn drei Jahre als Regel gelten, kann die Verjährung gehemmt oder neu begonnen werden. Ein zentraler Punkt ist der Festsetzungsbescheid: Er unterbricht die bloße Forderungsphase und sorgt dafür, dass die Verjährung der Festsetzung nicht weiterläuft, solange das Verfahren über den Bescheid andauert.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt klar, dass verwaltungsrechtliche Hemmungsregeln – wie sie etwa in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder stehen – im Beitragsrecht herangezogen werden können. Dadurch lassen sich auch Konstellationen erklären, in denen ältere Zeiträume noch wirksam festgesetzt werden.
Nach dem Bescheid: 30 Jahre für die VollstreckungIst ein Festsetzungsbescheid bestandskräftig, wird die Forderung „titulierbar“ und kann im Verwaltungsvollstreckungsverfahren beigetrieben werden. Für die Vollstreckung solcher titulierten Ansprüche gilt eine 30-jährige Verjährungsfrist.
Das folgt aus § 197 BGB und wird in der verwaltungsgerichtlichen Praxis für rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide bestätigt. Praktisch bedeutet das: Die eigentliche Nachforderung ist zwar an der Drei-Jahres-Grenze orientiert, doch ein wirksam erlassener und unanfechtbarer Bescheid kann sehr lange vollstreckt werden.
Festsetzungsbescheid, Säumniszuschlag und VollstreckungBleiben Beiträge aus, verschickt die zuständige Landesrundfunkanstalt bzw. der Beitragsservice einen Festsetzungsbescheid. Mit ihm wird zugleich ein Säumniszuschlag fällig – gesetzlich geregelt als ein Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens jedoch acht Euro.
Der Bescheid ist die notwendige Grundlage für eine Vollstreckung durch die zuständige Behörde oder den Gerichtsvollzieher. Wer den Bescheid erhält, sollte Fristen im Blick behalten, denn mit Eintritt der Bestandskraft verlängern sich – wie gezeigt – die rechtlichen Spielräume des Gläubigers erheblich.
Rückwirkende Befreiung und Ermäßigung: Entlastung bis zu drei JahreNicht jede rückwirkende Forderung muss voll durchschlagen. Wer in einem zurückliegenden Zeitraum die Voraussetzungen für eine Befreiung oder Ermäßigung erfüllt hat – zum Beispiel als Empfänger bestimmter Sozialleistungen –, kann diese Entlastung rückwirkend beantragen. Rückwirkend berücksichtigt der Beitragsservice maximal drei Jahre ab Antragstellung, sofern die Voraussetzungen damals bereits vorlagen und belegt werden. Das kann im Einzelfall zu Erstattungen führen.
Typische Alltagsszenarien – und ihre rechtliche ÜbersetzungHäufig entsteht Streit nach einem Umzug, wenn die Anmeldung versäumt wurde. Die Beitragspflicht knüpft nicht an ein Gerät, sondern an das Innehaben einer Wohnung an und beginnt mit dem ersten des Einzugsmonats.
Wer verspätet reagiert, muss regelmäßig damit rechnen, dass der Beitragsservice Beiträge für nicht verjährte Monate nachfordert und diese per Bescheid festsetzt. Je nachdem, wann die Anstalt die nötige Kenntnis erlangt hat und ob verfahrensrechtliche Hemmungen greifen, können auch weiter zurückliegende Monate noch erfasst werden.
Wer bereits einen Bescheid hat, muss überdies die 30-jährige Vollstreckungsfrist im Blick behalten.
Was Betroffene praktisch tun könnenSobald Post vom Beitragsservice kommt, lohnt ein strukturierter Blick: Stimmt der Zeitraum? Liegt bereits ein Festsetzungsbescheid vor und ist er innerhalb der Rechtsbehelfsfrist angreifbar?
Kommen Befreiung oder Ermäßigung – auch rückwirkend – in Betracht, und sind die Nachweise verfügbar? Bei Zahlungsrückständen sind zudem Zahlungsvereinbarungen möglich; sie sollten frühzeitig angegangen werden, um Vollstreckung zu vermeiden. Parallel ist es sinnvoll, den Säumniszuschlag nachzuvollziehen und die eigenen Fristen zu wahren.
Fazit: Drei Jahre – mit wichtigen HakenDie zentrale Leitlinie lautet: Rundfunkbeiträge können grundsätzlich drei Jahre rückwirkend festgesetzt werden. Diese Grenze ist allerdings kein starres Maximum, denn der Verjährungsbeginn hängt vom Kenntnisstand der Behörde ab, und Verfahrensschritte wie der Erlass eines Festsetzungsbescheids hemmen die Verjährung.
Liegt ein bestandskräftiger Bescheid vor, kann dessen Vollstreckung bis zu 30 Jahre betrieben werden. Wer Post erhält, sollte Fristen prüfen, mögliche Entlastungen ausschöpfen und frühzeitig reagieren – nicht zuletzt, um zusätzlichen Kosten und einer langen Vollstreckungsdauer vorzubeugen.
Der Beitrag GEZ: Rundfunkbeitrag kann mehr als 3 Jahre rückwirkend verlangt werden erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bürgergeld: Jobcenter muss Renovierung der Wohnung übernehmen
Wenn Sozialhilfe- oder Bürgergeldempfänger eine neue Wohnung finden, die den Mietobergrenzen entspricht, muss der Mieter oft eine Einzugsrenovierung übernehmen, da die Wohnung sonst nicht vermietet werden kann. Muss das Jobcenter die Renovierungskosten übernehmen? Der Kieler Anwalt für Sozialrecht Helge Hildebrandt weist auf ein entsprechendes Urteil hin, an das sich die Jobcenter halten müssen.
Häufig unrenovierte WohnungenDie Wohnsituation hat sich in den letzten Jahren verändert, insbesondere was den Zustand von Wohnungen innerhalb der Mietobergrenzen betrifft. Immer häufiger werden Wohnungen in unrenoviertem Zustand angeboten, was zu Unsicherheiten bei den Mietern führt. Wer Bürgergeld oder Sozialhilfe bezieht, kann sich eine teure Renovierung nicht leisten.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Kosten einer Einzugsrenovierung als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Jobcenter übernehmen zu lassen, unabhängig davon, ob die Renovierung im Mietvertrag vereinbart wurde, wie der Kieler Rechtsanwalt betont.
Lesen Sie auch:
– Bürgergeld: Renovierungskosten vom Jobcenter erstatten lassen
Die entscheidende Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist allerdings, dass die Renovierung notwendig ist, um die Bewohnbarkeit herzustellen, und “ortsüblich” ist. Die Erforderlichkeit orientiert sich dabei am Ausstattungsstandard im unteren Wohnungssegment, was einen einfachen Wand- und Fußbodenbelag einschließt.
“Ortsüblichkeit” der EinzugsrenovierungDie “Ortsüblichkeit” wird ebenfalls am unteren Wohnungssegment gemessen. Es muss festgestellt werden, ob es üblich ist, dass Wohnungen in unrenoviertem Zustand im räumlichen Vergleichsbereich übergeben werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es an angemessenem Wohnraum innerhalb der Mietübergrenzen mangelt.
Hinweis an das JobcenterHildebrandt empfiehlt, das Jobcenter bei der Beantragung der Kostenzusage für die neue Wohnung auf den Renovierungsbedarf hinzuweisen. Dieser Hinweis ermöglicht es dem Jobcenter, die Gesamtkosten der Unterkunft einschließlich der Renovierungskosten zu beurteilen. Dieser Hinweis stützt sich auf Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) und des Sozialgerichts Schleswig.
So hat das BSG in seinem Urteil vom 16.12.2008 (B 4 AS 49/07 R) entschieden, dass im Rahmen des Antrages auf Zusicherung der Kosten der neuen Unterkunft eine Angabe zum Renovierungsbedarf verlangt werden kann. (BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 4 AS 49/07 R , BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R; B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R, SG Schleswig, Urteil vom 09.05.2012, S 3 AS 393/08).
Der Beitrag Bürgergeld: Jobcenter muss Renovierung der Wohnung übernehmen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rundfunkbeitrag: Bundesverfassungsgericht zieht formale Grenzen – GEZ
Das Bundesverfassungsgericht hat die jüngste Verfassungsbeschwerde gegen den Rundfunkbeitrag nicht zur Entscheidung angenommen. Damit scheiterte ein sächsischer Kläger endgültig mit dem Versuch, sich seiner Zahlungspflicht für die Jahre 2014 und 2015 zu entziehen.
Seine zentrale These, fehlende Staatsferne und mangelnde Transparenz in den Aufsichtsgremien des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) brächten das gesamte Finanzierungssystem zu Fall, fand zwar in Karlsruhe „nachvollziehbare“ Ansätze – doch die Richterinnen und Richter ließen sie aus formellen Gründen nicht mehr inhaltlich prüfen.
Der lange Weg des KlägersDer Beschwerdeführer verweigerte bereits 2014 die Zahlung, erhob Widerspruch und zog vor das Verwaltungsgericht Leipzig. Dort gab man ihm teilweise Recht: Der MDR‑Staatsvertrag von damals gewährleiste tatsächlich keine genügend staatsferne Besetzung von Rundfunk‑ und Verwaltungsrat.
Die Beiträge blieben dennoch fällig, weil weder die Gremienentscheidungen rückwirkend nichtig seien noch die Höhe des Beitrags im MDR‑Staatsvertrag, sondern im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt werde. Auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht ließ keine Berufung zu. Erst danach wandte sich der Mann an das Bundesverfassungsgericht.
Transparenz als PrüfsteinKern seiner Beschwerde waren die verdeckten Programmbeschwerde‑Verfahren: Sitzungen der Ausschüsse seien nicht öffentlich, Tagesordnungen und Protokolle würden nicht bereitgestellt.
Unter diesen Umständen, so das Argument, könne die Öffentlichkeit nicht kontrollieren, ob der MDR Programmvielfalt wirklich sichere. Ohne Vielfalt fehle aber der individuelle Vorteil, der die Beitragspflicht rechtfertige.
Warum Karlsruhe nicht eingestiegen istDie Richter stellten klar, dass eine substanzielle Debatte über Staatsferne und Transparenz möglich wäre – aber nicht mehr in diesem Verfahren. Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz hätte der Kläger seine Einwände schon im Berufungszulassungsantrag beim Oberverwaltungsgericht detailliert vortragen müssen.
Weil er das versäumte, fehlte die prozessuale Vorprägung; das Bundesverfassungsgericht darf keine Tatsacheninstanz ersetzen. Es ließ die Beschwerde daher als unzulässig liegen.
Offene Türen und unbeantwortete FragenBemerkenswert ist, dass Karlsruhe die Bedenken nicht für offensichtlich unbegründet erklärte. Vielmehr verweist es ausdrücklich darauf, dass die Frage, ob eine nicht staatsferne oder intransparente Gremienarbeit die Beitragspflicht entfallen lassen kann, „dahinstehen“ müsse, weil sie erst in den Fachgerichten geklärt werden solle.
Damit bleibt eine dogmatische Lücke offen: Könnte mangelnde Kontrolle künftig doch ein Einfallstor für Beitragsbefreiungen werden? Medienrechtler halten den Weg grundsätzlich für gangbar, wenn Betroffene das Verfahren sauber aufbauen.
Konsequenzen für BeitragszahlerPraktisch ändert die Entscheidung zunächst nichts: Der Rundfunkbeitrag bleibt verfassungsgemäß erhoben, die Summe von 18,36 Euro wird weiter eingezogen.
Auch an der Beitragsschuld pro Wohnung rüttelt Karlsruhe nicht – sie hat das Modell bereits 2018 und 2021 bestätigt, zuletzt sogar eine Blockade der Beitragserhöhung als Verstoß gegen die Rundfunkfreiheit gewertet.
Reformdruck wächst dennochDer Fall zeigt, dass insbesondere die Transparenz der Aufsicht zunehmend zum Politikum wird. Die Länder bereiten derzeit ein Reformpaket vor, das neben Struktur‑ und Sparauflagen auch strengere Regeln für Veröffentlichungspflichten der Räte vorsieht.
Sollten künftige Gremien nicht nur plural, sondern auch öffentlich nachvollziehbar arbeiten, könnten sie viel juristischen Sprengstoff entschärfen – und zugleich Vertrauen in eine Institution zurückgewinnen, deren Legitimität sich letztlich am gelebten Abstand zur Politik bemisst.
AusblickDie jetzt gescheiterte Beschwerde ist kein Freibrief für die Rundfunkanstalten. Sie erinnert daran, dass Staatsferne nicht nur eine Satzungsvorgabe ist, sondern ein verfassungsrechtlicher Prüfmaßstab bleibt. Wer ihn ernst nimmt, kann mehr Transparenz wagen – wer ihn ignoriert, riskiert den nächsten, diesmal formell unangreifbaren Gang nach Karlsruhe.
Architektur des öffentlich‑rechtlichen RundfunksSeit 1949 schützt Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk als Garant einer von Staat und Markt unabhängigen, vielfältigen Meinungsbildung.
Zur Finanzierung wurde 2013 der geräteunabhängige Rundfunkbeitrag eingeführt, der derzeit monatlich 18,36 Euro beträgt.
Eine von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beschlossene Beitragsstabilisierung bis 2027 hat die Summe vorerst eingefroren, nachdem eine geplante Erhöhung auf 18,94 Euro politisch gescheitert war.
Der Beitrag Rundfunkbeitrag: Bundesverfassungsgericht zieht formale Grenzen – GEZ erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Was bringt eine Schwerbehinderung bei der Steuererklärung?
Eine anerkannte Schwerbehinderung kann Ihre Einkommensteuer spürbar senken. Im Steuerrecht ist es dabei wichtig, zwischen dem sozialrechtlichen Status „schwerbehindert“ und den steuerlichen Vergünstigungen zu unterscheiden: Schwerbehindert im Sinne des § 2 SGB IX ist, wer einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 hat; daneben gibt es weitere Nachteilsausgleiche, die an sogenannte Merkzeichen wie G, aG, H, Bl oder TBl anknüpfen.
Für die Steuer zählen sowohl der festgestellte GdB als auch vorhandene Merkzeichen.
Der Behinderten-Pauschbetrag als wichtigster SteuervorteilEin großer Vorteil ist der Behinderten-Pauschbetrag. Er ersetzt typische, behinderungsbedingte Mehraufwendungen pauschal, ohne dass Sie Einzelbelege einreichen müssen. Anspruch besteht bereits ab GdB 20; die Höhe steigt stufenweise an und reicht von 384 Euro (GdB 20) bis 2.840 Euro (GdB 100) pro Jahr.
Für Blinde, Taubblinde und hilflose Menschen gilt ein erhöhter Pauschbetrag von 7.400 Euro, der den gestaffelten Pauschbetrag ersetzt. Das Wahlrecht, den Pauschbetrag statt einzelner Kosten zu nutzen, kann je Veranlagungsjahr nur einheitlich ausgeübt werden.
Tabelle: Alle Steuererleichterungen 2025 bei einer Schwerbehinderung Steuererleichterung bei Behinderung Kurzbeschreibung Behinderten-Pauschbetrag (§ 33b EStG) Ab GdB 20; je nach GdB 384 € bis 2.840 € pro Jahr. Für hilflose Menschen (Merkzeichen H) sowie Blinde/Taubblinde 7.400 € p.a. Ersetzt typische laufende behinderungsbedingte Mehraufwendungen; Nachweis durch Feststellungsbescheid/Schwerbehindertenausweis. Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG) Unentgeltliche Pflege in der Wohnung der pflegebedürftigen oder der pflegenden Person: 600 € (Pflegegrad 2), 1.100 € (PG 3), 1.800 € (PG 4/5 oder Hilflosigkeit) je Pflegeperson und Jahr; keine Pflegevergütung bezogen. Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale (§ 33 Abs. 2a EStG) Pauschal für private, behinderungsbedingte Fahrten: 900 € p.a. bei GdB ≥ 80 oder GdB ≥ 70 + Merkzeichen G; 4.500 € p.a. bei Merkzeichen aG/Bl/TBl/H. Kein Einzelnachweis der Fahrten erforderlich. Arbeitsweg:
tatsächliche Kosten statt Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 2 EStG) Bei GdB ≥ 70 oder GdB ≥ 50 + Merkzeichen G: Wahlrecht, statt Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten anzusetzen; ohne Einzelnachweis anerkannt: 0,30 €/gefahrener km; einschließlich notwendiger Parkgebühren. Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) Besondere behinderungsbedingte Aufwendungen (z. B. Heilbehandlungen, Hilfsmittel, barrierefreier Umbau) abziehbar, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen; private behinderungsbedingte Fahrten sind durch die Pauschale abgegolten. Übertragung des Pauschbetrags bei Kindern Behinderten-Pauschbetrag und ggf. Fahrtkostenpauschale des Kindes können ganz/teilweise auf die Eltern übertragen werden, wenn Kindergeld/Kinderfreibetrag zusteht; steuerliche Identifikationsnummer des Kindes angeben. Kinder mit Behinderung: Kindergeld/Kinderfreibetrag ohne Altersgrenze Zeitlich unbegrenzte Berücksichtigung möglich, wenn das Kind sich wegen der Behinderung nicht selbst unterhalten kann und die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist. § 35a EStG: haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen Zusätzlich möglich: 20 % der haushaltsnahen Dienstleistungen inkl. Pflege/Betreuung bis max. 4.000 € p.a.; Handwerkerleistungen 20 % bis max. 1.200 € (nur Arbeitskosten). Keine Doppelbegünstigung, wenn dieselben Kosten bereits als außergewöhnliche Belastungen abgezogen wurden. Pflege-Pauschbetrag für unentgeltlich Pflegende
Pflegen Sie eine Person unentgeltlich in Ihrer oder in deren Wohnung, können Sie zusätzlich einen Pflege-Pauschbetrag beanspruchen. Dieser beträgt 600 Euro bei Pflegegrad 2, 1.100 Euro bei Pflegegrad 3 sowie 1.800 Euro bei Pflegegrad 4 oder 5; auch bei „Hilflosigkeit“ steht der Betrag von 1.800 Euro zu. Maßgeblich ist der höchste im Kalenderjahr festgestellte Pflegegrad; der Betrag ist ein Jahresbetrag. Voraussetzung ist, dass keine Einnahmen für die Pflege bezogen werden.
Fahrtkosten: Pauschalen für Privatfahrten und Sonderregeln für den ArbeitswegFür private Fahrten aufgrund der Behinderung gibt es eine eigenständige behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale. Wer das Merkzeichen aG, Bl, TBl oder H hat, kann jährlich 4.500 Euro geltend machen (entspricht 15.000 km à 0,30 Euro). Bei GdB 80 oder GdB 70 mit Merkzeichen G beträgt die Pauschale 900 Euro pro Jahr. Ein Einzelnachweis der Fahrten ist dafür nicht erforderlich.
Auch beim Arbeitsweg gelten Erleichterungen: Bei einem GdB von mindestens 70 oder bei GdB 50 mit erheblicher Gehbehinderung dürfen statt der Entfernungspauschale die tatsächlich gefahrenen Kilometer mit 0,30 Euro je Kilometer angesetzt werden. Das kann insbesondere bei kurzen Entfernungen oder häufiger Pkw-Nutzung vorteilhaft sein.
Einzelkosten als außergewöhnliche Belastungen – und die Grenze der „zumutbaren Belastung“Neben Pauschalen können außergewöhnliche, behinderungsbedingte Aufwendungen – etwa Heilbehandlungen, Hilfsmittel oder Umbauten – als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein.
Hier wirkt sich allerdings nur der Teil aus, der die sogenannte zumutbare Eigenbelastung übersteigt. Wer den Behinderten-Pauschbetrag nutzt, kann die darin abgegoltenen typischen laufenden Mehraufwendungen nicht zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen geltend machen; darüber hinausgehende, besondere Aufwendungen bleiben aber daneben möglich.
Nachweise und Eintragung in der SteuererklärungDer Behinderten-Pauschbetrag und die Fahrtkostenpauschale werden in der „Anlage Außergewöhnliche Belastungen“ eingetragen; dort finden sich auch die Zeilen für den Hinterbliebenen- und den Pflege-Pauschbetrag.
Wer die Pauschbeträge erstmals beantragt, muss den GdB bzw. das Merkzeichen nachweisen, etwa durch Feststellungsbescheid oder Schwerbehindertenausweis; bei Pflege ist der Bescheid zum Pflegegrad maßgeblich. In späteren Jahren sind Nachweise nur bei Änderungen erforderlich.
Unterjähriger Vorteil über die Lohnsteuer und Übertragung beim KindDamit sich der Behinderten-Pauschbetrag schon während des Jahres im Nettogehalt auswirkt, kann er als Freibetrag in die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) eingetragen werden; alternativ erfolgt die Berücksichtigung im Rahmen der Steuererklärung.
Steht der Pauschbetrag einem Kind zu, für das Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, kann er auf die Eltern übertragen werden; grundsätzlich je zur Hälfte, auf gemeinsamen Antrag auch abweichend, Voraussetzung ist die Angabe der steuerlichen Identifikationsnummer des Kindes.
Was „Schwerbehinderung“ über den Pauschbetrag hinaus bedeutetDer sozialrechtliche Status „schwerbehindert“ (GdB ≥ 50) ist häufig der Schlüssel zu höheren steuerlichen Vergünstigungen, vor allem über Merkzeichen, die die Höhe der Fahrtkostenpauschale bestimmen, und zu Erleichterungen beim Arbeitsweg. Steuerlich relevant bleiben jedoch auch niedrigere GdB-Stufen, weil der gestaffelte Behinderten-Pauschbetrag bereits bei GdB 20 beginnt und ohne weitere Voraussetzungen gewährt wird.
Fazit: Pauschalen gezielt nutzen, Besonderheiten ergänzenWer eine anerkannte Schwerbehinderung oder einen festgestellten GdB hat, kann die Steuerlast mithilfe von Pauschbeträgen deutlich reduzieren.
In vielen Fällen ist der pauschale Ansatz komfortabel und planbar; bei hohen, außergewöhnlichen Einzelkosten kann es sinnvoll sein, zusätzlich die Abziehbarkeit als außergewöhnliche Belastungen zu prüfen.
Entscheidend für den vollen Vorteil sind korrekte Nachweise, die richtige Eintragung in der „Anlage Außergewöhnliche Belastungen“ – und, wenn gewünscht, eine unterjährige Entlastung über ELStAM.
Der Beitrag Was bringt eine Schwerbehinderung bei der Steuererklärung? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Erwerbsminderungsrente: EM-Rentner dürfen 20.763 Euro pro Jahr ab 2026 dazuverdienen
Erwerbsgeminderte Rentnerinnen und Rentner können künftig deutlich entspannter hinzuverdienen. Ab dem Jahr 2026 greifen höhere, zudem dynamisierte Hinzuverdienstgrenzen.
Ziel der Neuregelungen ist klar: Erwerbsarbeit soll sich für Menschen mit voller oder teilweiser Erwerbsminderung stärker lohnen, ohne dass die laufende Rente vorschnell gekürzt wird.
Volle Erwerbsminderung: 20.763,75 Euro pro Jahr anrechnungsfreiFür Bezieherinnen und Bezieher einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gilt ab 2026 ein anrechnungsfreier Jahres-Hinzuverdienst von 20.763,75 Euro. Hergeleitet wird die Schwelle aus dem 14-fachen der monatlichen Bezugsgröße und einem Faktor von 0,375.
Bei einer monatlichen Bezugsgröße von 3.955 Euro ergibt sich: 14 × 3.955 Euro × 0,375 = 20.763,75 Euro. Bis zu diesem Bruttojahresverdienst bleibt die volle EM-Rente ungekürzt.
Wesentlich ist der Jahresbezug: Maßgeblich ist nicht, wie sich das Einkommen über die Monate verteilt, sondern was im Kalenderjahr insgesamt zufließt.
Eine „monatliche Hinzuverdienstgrenze“, die man aus dem Jahresbetrag ableiten könnte, gibt es nicht. Das eröffnet Flexibilität, etwa für projektförmige Tätigkeiten, saisonale Einsätze oder schwankende Arbeitszeiten.
Teilweise Erwerbsminderung: Mindestens 41.527,50 Euro anrechnungsfreiNoch großzügiger fällt die Mindestgrenze bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung aus. Hier liegt der anrechnungsfreie Jahres-Hinzuverdienst ab 2026 bei mindestens 41.527,50 Euro.
Die Berechnung folgt demselben Schema, jedoch mit dem Faktor 0,75: 14 × 3.955 Euro × 0,75 = 41.527,50 Euro. Dieser Betrag bezieht sich auf den Bruttojahresverdienst.
Für viele Betroffene, die trotz teilweiser Erwerbsminderung in nennenswertem Umfang erwerbstätig sind, ist das ein spürbarer Spielraum. Er honoriert die oft bestehende Restleistungsfähigkeit und erleichtert das Halten eines Arbeitsplatzes – ohne sofortige rentenrechtliche Abzüge.
Individuelle Grenzen können deutlich höher liegenÜber die Mindestschwellen hinaus sind im Einzelfall höhere Hinzuverdienstgrenzen möglich. Maßgeblich sind dann insbesondere die in den letzten Jahren vor Rentenbeginn erworbenen Entgeltpunkte. Bei einem im Beispiel angenommenen Durchschnitt von 1,5 Entgeltpunkten in den 15 Jahren vor Rentenbeginn kann sich die individuelle Grenze für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf rund 57.676 Euro erhöhen.
Das zeigt, wie stark die persönliche Versicherungsbiografie die zulässige Hinzuverdienstspanne beeinflussen kann.
Wer seine eigenen Entgeltpunkte und deren Wirkung auf die individuelle Grenze einschätzen möchte, sollte die Renteninformationen und Versicherungsverläufe zur Hand nehmen oder eine qualifizierte Beratung nutzen. Die gesetzlichen Mindestgrenzen bieten Orientierung – die konkret zulässige Grenze kann aber darüber liegen.
Jahresgrenzen statt Monatsgrenzen: Was das praktisch bedeutetDie Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a SGB VI sind Jahresgrenzen. Dieser Grundsatz ist für die Praxis entscheidend. Er bedeutet, dass eine Verteilung des Hinzuverdienstes über das Jahr frei gestaltet werden kann, solange der Jahresgesamtbetrag die zulässige Grenze nicht überschreitet. Ein „Monatsbudget“ existiert nicht.
Besonders relevant wird das beim Rentenbeginn unterjährig. Beginnt eine volle EM-Rente etwa am 1. Oktober 2025, kann der für 2025 geltende Jahres-Hinzuverdienst noch bis zum 31. Dezember 2025 vollständig ausgeschöpft werden.
Ab dem 1. Januar 2026 gilt dann die neue, höhere Jahresgrenze. Ein gestaffelter Jahreswechsel mit zwei getrennten Jahreskontingenten ist die Folge. Für Betroffene empfiehlt sich daher eine vorausschauende Planung der Erwerbstätigkeit im vierten Quartal und zum Jahreswechsel.
Automatische Anpassung mit der LohnentwicklungDie Ausgestaltung als dynamische Grenze verleiht dem System Stabilität und Fairness. Steigt die Bezugsgröße zum 1. Januar, steigen die Hinzuverdienstgrenzen automatisch nach.
Es braucht keine gesonderten Anträge, Beschlüsse oder Mitteilungen, um in den Genuss der höheren Schwelle zu kommen. Das schützt den realen Wert der anrechnungsfreien Beträge und verhindert, dass sie durch allgemeine Einkommensentwicklungen entwertet werden.
Für die Praxis bedeutet das: Wer seine Erwerbstätigkeit im Rahmen der geltenden Regeln organisiert, kann davon ausgehen, dass sich der zulässige Spielraum regelmäßig nach oben bewegt – immer vorausgesetzt, die Bezugsgröße steigt tatsächlich.
Auswirkungen für Beschäftigte, Arbeitgeber und FamilienFür erwerbsgeminderte Beschäftigte schafft die Anhebung Planungssicherheit und erkennbar mehr Luft, um am Arbeitsleben teilzuhaben. Viele, die bislang mit Blick auf mögliche Rentenkürzungen zögerten, können künftig zusätzliche Stunden übernehmen, befristete Projekte annehmen oder saisonal eingespannt werden, ohne sofort gegen Grenzen zu stoßen. Das betrifft nicht nur die finanzielle Seite, sondern auch soziale Teilhabe, berufliche Perspektiven und Stabilität im Lebensalltag.
Was Betroffene beachten solltenTrotz aller Erleichterungen bleibt die korrekte Einordnung des Hinzuverdienstes entscheidend. Maßgeblich ist der Bruttojahresverdienst. Die Grenzen betreffen die Frage, ob und in welchem Umfang die Rente gekürzt würde – sie ersetzen keine steuerlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Regeln, die für das jeweilige Beschäftigungsverhältnis separat gelten.
Wer nahe an die Grenze heranreicht oder von schwankenden Einkommen betroffen ist, sollte seine Einkünfte sorgfältig dokumentieren und die Entwicklung über das Kalenderjahr im Blick behalten.
Für Bezieherinnen und Bezieher einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung lohnt sich zudem die Prüfung, ob die individuelle Grenze über der Mindestgrenze liegt. Die eigene Entgeltpunktzahl der maßgeblichen Jahre kann hier den Ausschlag geben.
Fazit: Mehr Spielraum, weniger KürzungsrisikoAb 2026 verbessern sich die Perspektiven für erwerbsgeminderte Rentnerinnen und Rentner spürbar. Für die volle EM-Rente bleibt ein Jahres-Hinzuverdienst von 20.763,75 Euro anrechnungsfrei; bei teilweiser Erwerbsminderung liegt die Mindestgrenze bei 41.527,50 Euro, mit der Möglichkeit deutlich höherer individueller Grenzen.
Weil die Werte an die Bezugsgröße gekoppelt sind, steigen sie automatisch mit – ein Plus an Verlässlichkeit und Gerechtigkeit.
Wer erwerbstätig bleiben kann und möchte, gewinnt damit mehr finanziellen und organisatorischen Spielraum, ohne die Sicherheit der Rente zu riskieren.
Der Beitrag Erwerbsminderungsrente: EM-Rentner dürfen 20.763 Euro pro Jahr ab 2026 dazuverdienen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente: Versorgungsausgleich nach Scheidung – Fehler kosten hunderte Euro
Viele staunen erst beim Blick in den Rentenbescheid: Die Rente fällt niedriger aus als gedacht. Das passiert, wenn Daten im Verfahren gefehlt haben, wenn der Wortlaut des familiengerichtlichen Beschlusses (Tenor) anders umgesetzt wird als vorgesehen oder wenn spätere Gesetzesänderungen die Werte verschieben.
Seit 2024/2025 ist klarer geregelt, wie solche Fälle korrigiert werden können. Entscheidend ist, welches Vorgehen passt, ab wann es wirkt und in welchen Konstellationen sich der Aufwand wirklich lohnt.
Grundrenten-Entgeltpunkte und alte Entscheidungen: Was Gerichte derzeit sagenDie zusätzlichen Entgeltpunkte aus der Grundrente gehören zur gesetzlichen Rentenversicherung. Deshalb werden sie grundsätzlich im Versorgungsausgleich berücksichtigt. Ältere, bereits rechtskräftige Entscheidungen lassen sich aber nur öffnen, wenn die strengen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abänderung erfüllt sind.
Dazu braucht es eine klar nachweisbare, spürbare Wertänderung – bloße Vermutungen oder pauschale Neubewertungen reichen nicht aus. Folge: Gerichte fordern konkrete Belege für Veränderungen innerhalb der gesetzlichen Systeme. Betriebs- oder Privatversorgungen, die schon extern geteilt wurden, werden deshalb nur noch selten komplett neu aufgerollt.
Abänderung: starkes Werkzeug mit hohen Hürden – und Wirkung erst ab AntragMit einer Abänderung kann man Veränderungen berücksichtigen, die nach der Ehezeit eingetreten sind. Das gelingt aber nur, wenn zwei Hürden gleichzeitig genommen werden: Erstens muss sich der Wert um mindestens fünf Prozent verändert haben, und zweitens muss zusätzlich ein gesetzlicher Mindestbetrag erreicht werden – in der Regel ein Prozent der Bezugsgröße (bei Kapitalwerten 120 Prozent der Bezugsgröße).
Sind beide Schwellen überschritten, darf das Gericht die alte Entscheidung für dieses konkrete Anrecht neu fassen. Wichtig für die Praxis: Die Abänderung wirkt nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Monat nach Antragseingang. Frühestens gestellt werden kann der Antrag zwölf Monate vor dem voraussichtlichen Rentenbeginn. Wer später dran ist, verschenkt dauerhaft Geld.
Anpassung nach Todesfall: Kürzung kann enden – unter engen BedingungenStirbt die ausgleichsberechtigte Person, kann die laufende Kürzung der Rente der ausgleichspflichtigen Person beendet werden.
Das Gesetz zieht hier eine klare Grenze: Eine Anpassung kommt nur in Betracht, wenn aus dem übertragenen Anrecht höchstens 36 Monate Leistungen geflossen sind. Die Entlastung greift ab dem Folgemonat. Hinterbliebenenleistungen aus dem übertragenen Anrecht bleiben unberührt; es geht ausschließlich darum, die fortlaufende Kürzung der anderen Rente zu stoppen.
Wenn der Rentenbescheid nicht zum Gerichtsbeschluss passt: Fehler korrigieren, aber nicht beim FamiliengerichtOft liegt das Problem nicht im Beschluss, sondern in der Umsetzung. Weicht der Rentenbescheid vom Tenor ab, ist nicht das Familiengericht zuständig. Dann läuft die Korrektur über das Sozialverwaltungsverfahren. Auch ein bereits bestandskräftiger Bescheid lässt sich überprüfen, wenn er von Anfang an rechtswidrig war. Lässt sich der Fehler belegen, wird der Bescheid neu berechnet und korrigiert. Das ist rechtlich kein „zweiter Versorgungsausgleich“, sondern schlicht die Berichtigung eines Verwaltungsfehlers.
Wo Korrekturen heute realistische Chancen habenGute Aussichten bestehen dort, wo sich Werte innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung objektiv verschoben haben und das nachweisbar ist. Das kann zum Beispiel passieren durch gesetzliche Aufwertungen von Kindererziehungszeiten in älteren Beschlüssen oder – je nach Fallgruppe – durch Grundrenten-Entgeltpunkte, wenn die doppelte Schwelle tatsächlich überschritten wird.
Häufig führen auch Fehler bei der ersten Umsetzung im Rentenbescheid zu Korrekturen, sobald Widerspruch oder Überprüfung sauber begründet und fristgerecht auf den Weg gebracht werden.
Warum viele Anträge scheitern – und manche unerwartet Erfolg habenZahlreiche Abänderungsanträge scheitern an den gesetzlichen Hürden. Unterschiede in der „Dynamik“ allein – etwa wenn eine extern geteilte Betriebsrente anders steigt als die gesetzliche Rente – genügen nicht. Ohne belegbare Wertänderung und einen klar festgelegten Stichtag bleibt die Tür zu.
Umgekehrt können Fälle, die zunächst aussichtslos wirken, erfolgreich sein, wenn sich Rechenfehler nachweisen lassen oder wenn gesetzlich ausgelöste Sprünge den Ausgleichswert tatsächlich deutlich verändern. Die aktuelle Linie erhöht daher nicht automatisch die Erfolgsquote, sie grenzt nur genauer ein, in welchen Konstellationen Anträge durchgehen.
Was sich seit 2024 konkret verändert hat – und warum Timing alles istGrundrenten-Entgeltpunkte sind inzwischen eindeutig: Sie sind ausgleichsreif innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung. Für eine Abänderung zählen sie aber nur, wenn die doppelte Schwelle überschritten wird und die jeweiligen Übergangsvorschriften passen. Der Fokus der Abänderung liegt weiterhin auf den Regelsystemen der gesetzlichen Sicherung; extern geteilte Betriebs- oder Privatversorgungen werden nur noch selten komplett neu bewertet.
Immer wichtiger wird das Timing: Die Wirkung setzt ausschließlich für die Zukunft ein, und ein Abänderungsantrag ist frühestens ein Jahr vor dem erwarteten Rentenbeginn möglich. Wer diese Frist verpasst, lässt Monat für Monat Geld liegen.
Der Beitrag Rente: Versorgungsausgleich nach Scheidung – Fehler kosten hunderte Euro erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bürgergeld: Bei emotionalen Instabilitäten muss das Jobcenter höhere Miete zahlen
Das Gericht spricht einer alleinerziehenden Mutter und ihrer Tochter trotz unangemessener Kosten der Unterkunft eine Verlängerung des Übergangszeitraums um sechs Monate zu, da ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist.
In einer wegweisenden Einzelfallentscheidung hat das Gericht bekannt gegeben, dass das Jobcenter die tatsächlichen Mietkosten übernehmen muss, wenn für eine Alleinerziehende und ihre Tochter ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist.
Grundsätzlich werden unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 S. 7 SGB II sechs Monate lang gewährt. Ist dem Leistungsberechtigten aus gesundheitlichen Gründen ein Wohnungswechsel unzumutbar, so verlängert sich dieser Zeitraum angemessen. Das Jobcenter trägt die Beweislast dafür, dass ausreichend Wohnraum bis zur Angemessenheitsgrenze zur Verfügung steht.
Verlängerung des Übergangszeitraums aus gesundheitlichen Gründen wegen Unzumutbarkeit des UmzugsDie Sechs-Monatsfrist ist kein starrer Zeitraum; vielmehr sind Abweichungen nach oben und nach unten zulässig, wie schon dem Wortlaut der Norm zu entnehmen ist (vgl BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 28/12 R – ).
Die gesundheitlichen Beschwerden der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus Mutter und Tochter rechtfertigen – ausnahmsweise die weitere Übernahme selbst unangemessener Mietkosten durch die Behörde nach § 22 Abs. 1 Satz 7 SGB II, weil den Klägerinnen ein Wohnungswechsel nicht zumutbar war.
Unzumutbarkeit eines Umzuges aus gesundheitlichen GründenDer vorliegende Fall rechtfertigt die Annahme eines seltenen Ausnahmefalles der Unzumutbarkeit eines Umzuges aus gesundheitlichen Gründen unter Berücksichtigung der hierzu in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Ansichten. An die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit sind strenge Anforderungen zu stellen ( BSG Rechtsprechung )
Was für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheit der Unterkunftskosten gilt, gilt auch für die Zumutbarkeit eines Umzuges bei unangemessen hohen Unterkunftskosten
Denn Gewährleistet wird nicht der Verbleib in einer konkreten Unterkunft bzw dem unmittelbaren Wohnumfeld, vielmehr soll sozialer Entwurzelung oder einer Entwertung als elementar qualifizierter Kontakte und Lebensgewohnheiten vorgebeugt werden. Ein Umzug innerhalb des örtlichen Vergleichsraums – hier des Landes Berlin – ermöglicht grundsätzlich wegen der für die Vergleichsraumbildung vorausgesetzten Vernetzung, soziale Bindungen auch nach Umzügen aufrecht zu erhalten (vgl BSG 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R – ).
Ein Wechsel in Wohnquartiere, die in einer in angemessener Zeit überwindbaren Entfernung gelegen sind, ist regelmäßig nicht unzumutbar; Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wie sie Erwerbstätigen oder Schülern zugemutet werden, sind hinzunehmen (vgl BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/06 R – ).
Einschränkungen der Obliegenheit zur Senkung unangemessener Mietkosten im Sinne subjektiver Unzumutbarkeit bedürfen besonderer BegründungWenn sich ein Hilfebedürftiger zum Beispiel darauf beruft, sich zum Beispiel örtlich nicht verändern oder seine Wohnung nicht aufgeben zu können, müssen hierfür besondere Gründe vorliegen, die einen Ausnahmefall begründen können. Hierfür kommen insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle in Betracht.
Dazu gehört etwa die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, die möglichst nicht durch einen Wohnungswechsel zu einem Schulwechsel gezwungen werden sollten; ebenso kann auf Alleinerziehende Rücksicht genommen werden, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte.
Ähnliches kann für kranke, behinderte oder pflegebedürftige Menschen bzw. für die sie betreuenden Familienangehörigen gelten, die zur Sicherstellung der Teilhabe behinderter Menschen ebenfalls auf eine besondere wohnungsnahe Infrastruktur angewiesen sind.
Bei beiden Klägern lag nach Überzeugung des Senats eine subjektive Unzumutbarkeit des Umzuges vorGestützt hat das Gericht seine Auffassung auf erstellte gerichtliche Sachverständigengutachten, einer ambulanten Untersuchung sowie einschlägiger Vorbefunde der behandelnden Ärzte.
Der Mutter war es zwar (nur) zumutbar, aufgrund der von ihm festgestellten Leiden (Depression; Ich-strukturelle Defizite) in eine andere Wohnung im näheren, vertrauten und „fußläufig“ erreichbaren Umfeld und im weiteren Umkreis im selben Stadtbezirk, nicht aber in einen anderen Bezirk B, umzuziehen.
Aber nach Einschätzung des behandelnden Kinder- und Jugendpsychiaters war der Tochter ein Umzug aufgrund einer emotionalen Instabilität gänzlich unzumutbar.
FazitZur Überzeugung des Gerichts ist von einer subjektiven Unzumutbarkeit der Kostensenkung für beide Klägerinnen auszugehen und waren in dieser Zeit die tatsächlichen KdUH als Bedarf (jeweils kopfanteilig) zu berücksichtigen.
Anmerkung Sozialrechtsexperte von Tacheles e. V.In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob sich aus Einzelfallumständen ein abweichender Leistungsanspruch ergibt.
1. Insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle können es als unzumutbar erscheinen lassen, das nähere Umfeld oder gar die aktuell genutzte Wohnung zu verlassen. 1. Maßgebend sein können hier die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld von minderjährigen schulpflichtigen Kindern, die Rücksichtnahme auf eine besondere Infrastruktur bei Alleinerziehenden (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R ; BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – )
2. die Ermöglichung des Verbleibs eines betreuenden Familienangehörigen im Umfeld von Pflegebedürftigen (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 15.06.2016 – B 4 AS 36/15 R -; BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – )
3. behinderungsbedingte Zugangshemmnisse zum Wohnungsmarkt (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 06.10.2022 – B 8 SO 7/21 R -),
4. der besondere Ausstattungsbedarf der Wohnung eines Allergikers (vgl. dazu beispielsweise: LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 11.08.2005 – L 7 AS 164/05 ER – ), sonstige gesundheitliche Gründe, die eine besondere Infrastruktur oder ein spezielles soziales Umfeld erfordern (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 15.06.2016 – B 4 AS 36/15 R – ).
Praxistipp zum SGB XII – Unzumutbarkeit eines Umzuges insbesondere aus gesundheitlichen GründenBei älteren, kranken Menschen erkennt das Bundessozialgericht an, dass sie typisierend immobiler als der Durchschnitt der Bevölkerung sind, weil mit zunehmendem Alter die Anpassungsfähigkeit weiter abnimmt und die Anfälligkeit für Erkrankungen zunimmt und dass wegen des erfahrungsgemäß veränderten Aktionsradius die Wohnung und Wohnumgebung für das körperliche und psychische Wohl des alten Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnen ( BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 24/08 R –).
Leben alte Menschen in einer etwas zu teuren, vom Sozialamt bezahlten Wohnung, können sie nicht generell zum Umzug aufgefordert werden ist die Hauptaussage des Urteils des Bundessozialgerichts.
Der Beitrag Bürgergeld: Bei emotionalen Instabilitäten muss das Jobcenter höhere Miete zahlen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bürgergeld: Jobcenter verschärft Vorgaben – Coaching wird zur Pflicht
Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre Fachlichen Weisungen zu den Förderinstrumenten nach § 16e und § 16i SGB II überarbeitet. Das beschäftigungsbegleitende Coaching, wird als “integraler und grundsätzlich verpflichtender Bestandteil der Förderung” festgeschrieben – sowohl bei der Eingliederung von Bürgergeld-Beziehern nach § 16e als auch bei der Teilhabe am Arbeitsmarkt nach § 16i.
Die neuen Weisungen sind in der Fassung „Stand: 05.08.2025“ veröffentlicht; eine begleitende BA-Weisung vom 20. August 2025 setzt die Änderungen mit Verweis auf Ergebnisse der IAB-Evaluation in Kraft.
Was sich ändert – und warumAuslöser ist die mehrjährige Evaluation der Förderleistungen durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
Deren Fazit: Die Instrumente erreichen ihre Zielgruppen und wirken – zugleich besteht Nachsteuerungsbedarf beim Förderelement Coaching, bei der Ansprache unterrepräsentierter Gruppen und beim Übergangsmanagement aus dem geförderten in ein ungefördertes Arbeitsverhältnis. Die BA greift diese Punkte nun auf und verankert sie in den Weisungen.
Coaching als Pflicht: Ohne Teilnahme keine FörderungDie Verschärfung lautet in beiden Instrumenten gleichlautend: Die Teilnahme an einer ganzheitlichen beschäftigungsbegleitenden Betreuung ist grundsätzlich verpflichtend. Wer die Teilnahme von vornherein ablehnt, soll nicht gefördert werden. Diese Aussage steht nun unmissverständlich in den aktualisierten Textfassungen zu § 16e und § 16i.
Zuweisung ohne Rechtsfolgenbelehrung – was das für Betroffene bedeutetWichtig für Leistungsberechtigte: Die Zuweisung in die Coaching-Maßnahme erfolgt weiterhin ohne Rechtsfolgenbelehrung. Die „grundsätzliche Teilnahme“ wird im Kooperationsplan festgehalten, die konkreten Coaching-Modalitäten legt das Jobcenter separat fest.
Wer die Betreuung nicht aufnimmt oder abbricht, wird nicht automatisch sanktioniert; das Jobcenter muss zunächst beraten, Rahmenbedingungen anpassen und auf Fortsetzung hinwirken. Parallel bleibt es aber dabei, dass die Weigerung, das geförderte Arbeitsverhältnis aufzunehmen oder fortzuführen, als Pflichtverletzung geprüft werden kann.
Diese Differenzierung schafft Rechtssicherheit: Das Arbeitsverhältnis ist mit RFB abzusichern, die Coaching-Zuweisung selbst nicht – gleichwohl ist Coaching faktische Fördervoraussetzung.
Inhalt, Umfang und Qualität: Professionalisierung der Coach-RolleDie Weisungen beschreiben Aufgaben und Anforderungsprofil der Coaches deutlich ausführlicher. Coaching soll Probleme am Arbeitsplatz frühzeitig adressieren, arbeitsplatzbezogene Anforderungen übersetzen, bei Behördengängen unterstützen und gezielt Anschlussperspektiven in ungeförderter Beschäftigung aufbauen.
Verbindliche Erstgespräche zwischen Coach, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Beginn der Maßnahme sind vorgesehen. Zugleich grenzt die BA die Rolle ab: Fachliche Einarbeitung bleibt Aufgabe des Betriebs; das Coaching fokussiert auf Stabilisierung, Problemlösung, Qualifizierungsschritte und Übergänge.
Organisation: Kein AVGS-Coaching mehr, Arbeitgeber-Coaching ausgeschlossenNeu ist auch die klare Abgrenzung bei der Durchführung. Coaching darf nicht über AVGS-Maßnahmen nach § 45 SGB III oder eingekaufte Standardmaßnahmen nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB III erbracht werden. Ebenfalls ausgeschlossen ist eine Betreuung durch den eigenen Arbeitgeber, es sei denn, dieser verfügt über eine rechtlich und organisatorisch getrennte Einheit, die eine unabhängige Begleitung gewährleistet.
Möglich ist die Umsetzung durch eigenes Personal des Jobcenters oder durch beauftragte Dritte; sogar die Beauftragung eines anderen Jobcenters ist eröffnet.
Kosten und Unterstützung: Maßnahmekosten, Fahrt- und KinderbetreuungMit der Pflicht zur Teilnahme verknüpft die BA klare Aussagen zur Finanzierung. Förderfähig sind die Kosten der Maßnahmeinhalte sowie teilnehmerbezogene Ausgaben wie notwendige Fahrkosten und zusätzliche Kinderbetreuungskosten, etwa wenn Termine außerhalb der Arbeitszeiten liegen.
Schärferer Fokus auf unterrepräsentierte GruppenDie BA verlangt, bei Planung und Besetzung geförderter Stellen spezifische Personengruppen gezielt zu berücksichtigen: Alleinerziehende, Mütter in Paar-Bedarfsgemeinschaften, Frauen nach längerer Familienphase, Leistungsberechtigte ohne Berufsabschluss, mit Migrationshintergrund oder geringen Deutschkenntnissen.
Übergänge statt Sackgasse: Absolventenmanagement und ArbeitgeberkontaktNeu betont wird das „Absolventenmanagement“: Jobcenter sollen rechtzeitig vor Auslaufen der Förderung Anschlussperspektiven entwickeln, den Arbeitgeber früh einbinden und Wechsel in ungeförderte Beschäftigung aktiv vorbereiten. Coaching ist damit nicht nur „Problemfeuerwehr“, sondern Brücke aus geförderter in reguläre Arbeit.
Konsequenzen für Betroffene und BetriebeFür Leistungsberechtigte gilt: Wer eine Förderung nach § 16e oder § 16i anstrebt, muss das Coaching akzeptieren und aktiv nutzen. Verabredete Termine sind verbindlich, Hürden sind früh zu benennen, damit das Jobcenter Lösungen (z. B. Kinderbetreuung, Fahrkosten) finanzieren kann. Für Arbeitgeber heißt das: Geförderte Beschäftigung kommt mit einem professionellen Begleitprozess.
Der Beitrag Bürgergeld: Jobcenter verschärft Vorgaben – Coaching wird zur Pflicht erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rentenpanne: Millionenfach falsche Abzüge bei der Rente
Viele Rentnerinnen und Rentner haben sich in den vergangenen Wochen irritiert die Augen gerieben: Die Nettozahlung war spürbar niedriger, die Pflegeversicherungsbeiträge dagegen höher als gewohnt.
Auslöser ist eine Änderung, die die Bundesregierung zur Jahresmitte beschlossen hat — mit Rückwirkung auf den Jahresbeginn. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat die neuen Sätze nicht nur in der laufenden Zahlung umgesetzt, sondern zugleich Nachholbeträge für die Monate Januar bis Juni eingezogen. Das führte bei Millionen von Rentnerinnen und Rentnern zu überraschend hohen Abzügen im Juli und teils auch im August.
Was genau sich geändert hatInhalt der Reform ist ein höherer Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung. Für Versicherte mit Kindern beträgt der allgemeine Beitrag nun 3,6 Prozent des Bruttoeinkommens. Kinderlose zahlen zusätzlich einen gesetzlichen Zuschlag von 0,6 Prozentpunkten, also insgesamt 4,2 Prozent.
Für Rentnerinnen und Rentner wird dieser Beitrag — wie bisher — direkt von der Bruttorente einbehalten und an die Pflegekasse abgeführt.
An einem einfachen Rechenbeispiel lässt sich die Größenordnung verdeutlichen: Bei einer monatlichen Bruttorente von 1.500 Euro ergibt der Satz von 3,6 Prozent eine laufende Belastung von 54 Euro, der Satz von 4,2 Prozent eine Belastung von 63 Euro.
Welche Differenz sich im Einzelfall ergibt, hängt davon ab, von welchem alten Satz man kam — die Nachzahlung für das erste Halbjahr summiert sich aus genau dieser Differenz, multipliziert mit der Zahl der rückwirkend betroffenen Monate.
Rückwirkung und Nachzahlung: warum der Juli so weh tatBesonders spürbar war die Umstellung, weil die DRV die rückwirkenden Beträge in kurzer Frist eingezogen hat.
Wer im Juli seine Rentenzahlung erhielt, fand darauf nicht nur den neuen, höheren Monatsbeitrag, sondern zusätzlich die Nachforderung für die Monate Januar bis Juni.
Je nach Rentenhöhe und Familienstand ergab das einen zusätzlichen zweistelligen Betrag pro Monat, der gebündelt vom Juli-Zufluss abging. In etlichen Fällen kam es darüber hinaus zu Rechen- und Zuordnungsfehlern, sodass Summen vom Konto abflossen, die mit den zuvor verschickten Informationsschreiben nicht übereinstimmten.
Fehler bei der Umstellung: was die Rentenversicherung einräumtDie DRV hat offen zugegeben, dass es in der kurzen Umstellungsphase zu Fehlern gekommen ist. Hintergrund sind die schiere Menge der Fälle — rund 22 Millionen laufende Renten — und die technische Aktualisierung der Berechnungsprogramme.
In der Folge wurden teilweise zu hohe Beiträge abgebucht oder alte und neue Sätze versehentlich gleichzeitig verrechnet. Für Betroffene bedeutete das: Abzüge, die über der rechtlich geschuldeten Höhe lagen. Auch wenn es im Einzelfall „nur“ um einige Euro geht, ist die Erwartung klar: Der Einzug muss korrekt sein, Differenzen sind zu erstatten.
Reaktionen und ZuständigkeitenIm Bundestag ist das Vorgehen nicht ohne Widerspruch geblieben. Abgeordnete haben per Kleiner Anfrage Auskunft verlangt, warum die höheren Pflegebeiträge rückwirkend erhoben wurden, welche Gesamtsumme zusätzlich eingezogen wurde und wie die Bundesregierung sicherstellt, dass Fehler zügig korrigiert werden.
Oppositionsstimmen fordern nun eine rasche, unkomplizierte Erstattung zu viel abgebuchter Beträge.
Das federführende Ressort verweist auf den gesetzlichen Auftrag: Gilt eine Änderung ab Januar, muss sie in der laufenden Zahlung umgesetzt und für das erste Halbjahr nacherhoben werden. Parallel arbeitet die Rentenversicherung an Korrekturen, wo es zu fehlerhaften Lastschriften kam.
Was Betroffene jetzt tun solltenWer eine Rentenzahlung für Juli oder August erhalten hat, sollte die Abzüge zur Pflegeversicherung mit der Zahlung im Juni vergleichen und prüfen, ob zusätzlich eine Nachforderung ausgewiesen wurde.
Stimmen die Beträge nicht mit der Mitteilung der DRV überein oder erscheint die Summe überhöht, empfiehlt sich die umgehende Kontaktaufnahme mit der Rentenversicherung. Sinnvoll ist es, Kontoauszüge, Rentenbezugsmitteilungen und ggf. den Nachweis über die Kinderzahl bereitzuhalten.
So lassen sich Unstimmigkeiten schneller klären. Auch wenn es „nur“ um wenige Euro geht: Es ist Ihr gutes Recht, eine korrekte Abrechnung zu verlangen.
Der Fall zeigt SchwächenDer Fall zeigt, wie komplex und fehleranfällig die Schnittstelle zwischen Gesetzgebung, IT-Umsetzung und Massenverwaltung ist. Das mindert die Akzeptanz notwendiger Reformen.
Behörden müssen Umstellungen so planen, dass Rechenfehler die Ausnahme bleiben, und sie brauchen Verfahren, die Erstattungen schnell auf den Weg bringen. Die Politik wiederum ist gut beraten, Rückwirkungen maßvoll zu gestalten und Übergänge so zu timen, dass Betroffene nicht durch gebündelte Nachforderungen überrumpelt werden.
Für Menschen in Rente zählt jeder Euro. Wer seine Abrechnungen aufmerksam prüft, Unstimmigkeiten meldet und auf Korrekturen besteht, stärkt nicht nur die eigenen Ansprüche, sondern auch die Funktionsfähigkeit des Systems. Fehler können passieren — sie müssen aber korrigiert werden.
Der Beitrag Rentenpanne: Millionenfach falsche Abzüge bei der Rente erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Altersunterschied führte zu einer Kürzung der Witwenrente – Urteil
Ein großer Altersunterschied zwischen Ehepartnern kann dazu führen, dass die betriebliche Witwenrente schrumpft. Pensionsordnungen dürfen bei einem Altersunterschied von über 15 Jahren jedes Jahr darüber die Rente im fünf Prozent kürzen. So urteilte das Arbeitsgericht Köln (Az.: 7 Ca 6880/15).
Die Witwe ist 30 Jahre jünger als der EhemannDer Ehemann starb im Alter von 70 Jahren. Die Witwe war fast 30 Jahre jünger und nahm die betriebliche Witwenrente des Gatten in Anspruch. Dabei bekam sie eine Überraschung, denn der Arbeitgeber zahlte lediglich 30 Prozent der vollen Witwenrente aus.
Arbeitgeber kürzt Witwenrente um 70 ProzentEr bezog sich auf eine geltende Pensionsordnung. Dieser zufolge kürzte der Betrieb die Witwenrente bei einem Unterschied von mehr als 15 Jahren für jedes Jahr um fünf Prozent, und bei der Witwe waren das ganze 70 Prozent weniger Bezüge.
Benachteiligung wegen des AltersDie Witwe klagte vor dem Arbeitsgericht Köln und sah eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen ihres Alters. Das Arbeitsgericht entschied, dass zwar eine Benachteiligung wegen des Alters vorliege, doch diese sei ebenso sachlich begründet wie zulässig.
Der Grund liege darin, dass der Arbeitgeber die Betriebsrenten kalkullieren müsse, auch in Hinblick auf andere Arbeitnehmer und zukünftige Betriebsrentner.
Wie sieht es bei der gesetzlichen Witwenrente aus?Bei der gesetzlichen Witwenrente werden Hinterbliebene zwar nicht benachteiligt, wenn ein großer Altersunterschied zum verstorbenen Partner vorliegt. Es gibt aber eine andere Benachteiligung aufgrund des Alters, und das ist das Lebensalter der Hinterbliebenen, unabhängig vom Alter des verstorbenen Partners.
Wer jünger als 47 Jahre ist, keine Erwerbsminderung hat und auch keine Kinder großzieht, erhält nur eine kleine Witwenrente in Höhe von 25 Prozent der Rente des Verstorbenen. Kinderlose Hinterbliebene ohne Erwerbsminderung erhalten eine große Witwenrente in Höhe von 55 Prozent der Rente des Partners erst, wenn sie 47 Jahre oder älter sind.
Lesen Sie auch:
Rentenkürzung auch bei elf Jahren AltersunterschiedDas Bundesarbeitsgericht stellte später klar, dass bereits ein Altersabstand von elf Jahren ausreicht, um eine Kürzung der betrieblichen Witwenrente zu rechtfertigen. Die Voraussetzung sei lediglich, dass die Hinterbliebenenrente nicht völlig ausgeschlossen würde. (3 AZR 400/17)
Womit lässt sich die Kürzung rechtfertigen?Wenn eine Witwe / ein Witwer im gleichen Alter plus / minus einige Jahre ist wie der verstorbene Partner, dann deckt sich die Dauer des Rentenbeginns grob mit der Zeit, in der der Arbeitgeber auch dem Verstorbenen die Rente gezahlt hätte.
Je jünger die Hinterbliebene oder der Witwer ist, desto länger ist jedoch die Zeitspanne, in der der Arbeitgeber die Rente auszahlt, und dies kann bis zum Doppelten oder Dreifachen dessen liegen, was der Verstorbene an Jahren gehabt hätte.
Lebensabschnitt ohne Partner ist absehbarBei einem derart großen Altersunterschied sei von vorneherein klar, so das Bundesarbeitsgericht, dass der jüngere Partner einen Teil seines Lebens ohne den älteren Betriebsrenter verbringen müsste.
Die damit verbundenen finanziellen Risiken sollte der jüngere Partner selbst absichern, und es sei nicht Aufgabe des Arbeitgebers, dieses Risiko zu übernehmen.
Was lernen wir aus dem Urteil?Die betroffene Witwe traf die Rentenkürzung völlig unerwartet. Wenn ihre Ehepartner oder ihre Ehepartnerin ebenfalls in eine Betriebsrente einzahlt und Sie im Todesfall eine Witwenrente erwarten, sollten Sie bereits jetzt klären, wie die genauen Kondiitionen sind, damit Sie nicht negativ überrascht werden.
Der Beitrag Altersunterschied führte zu einer Kürzung der Witwenrente – Urteil erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Krankengeld: Neue Krankheit startet neue Blockfrist
Das Bundessozialgericht hat eine Trennlinie für die Dauer des Krankengeldes gezogen (Az.: B 1 KR 15/10 R): Endet eine Arbeitsunfähigkeit und tritt anschließend eine andere, eigenständige Erkrankung auf, beginnt mit dieser Zweiterkrankung eine neue Blockfrist.
Diese Blockfrist umfasst – gerechnet ab Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit – maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Der Entscheidung kommt in der Praxis weiterhin hohes Gewicht zu, weil Krankenkassen die Aussteuerung von Versicherten nicht selten auf frühere Krankheitszeiträume stützen und dabei die rechtlich relevante Zäsur zwischen erster und zweiter Erkrankung übersehen.
Der Fall: Herzkrankheit, später Handverletzung – und die Frage nach dem „Neustart“Die Klägerin war zunächst wegen einer Herzkranzgefäßerkrankung arbeitsunfähig und hatte Krankengeld erhalten. Nach einer Phase der Arbeitsfähigkeit verletzte sie sich an der Hand, wurde erneut arbeitsunfähig und erhielt wiederum Leistungen.
Im Zuge von Reha- und Klinikaufenthalten kam es später erneut zu kardialen Beschwerden und zu einer Operation. Die Krankenkasse beendete kurz darauf die Krankengeldzahlung mit der Begründung, der Anspruch sei bereits „aufgebraucht“, weil die 78-Wochen-Grenze aus der früheren, herzbedingten Blockfrist erreicht sei.
Die Gerichte gaben der Versicherten recht: Maßgeblich war die Handverletzung als neue, eigenständige Erkrankung nach einer arbeitsfähigen Phase; mit ihr hatte eine neue Dreijahresfrist begonnen, die nicht auf die frühere Herz-Blockfrist angerechnet werden durfte.
Rechtlicher Kern: „dieselbe Krankheit“ versus „hinzugetretene Krankheit“§ 48 Absatz 1 SGB V begrenzt das Krankengeld wegen derselben Krankheit auf längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren; wird während laufender Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzutreten, verlängert das die Leistungsdauer nicht. Das Bundessozialgericht präzisiert diese Zweiteilung: Tritt eine neue Erkrankung erst nach Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit auf, handelt es sich nicht um ein Hinzutreten, sondern um einen eigenständigen Entstehungstatbestand mit eigener Blockfrist.
Entscheidend ist damit die zeitliche Linie zwischen Ende der ersten und Beginn der zweiten Arbeitsunfähigkeit.
Ein Hinzutreten liegt demgegenüber nur vor, wenn zwei Diagnosen mindestens an einem Tag innerhalb derselben laufenden Arbeitsunfähigkeit nebeneinander bestehen; die zweite Diagnose „dockt“ dann an die bereits laufende Blockfrist an und verlängert sie nicht.
Praktische Relevanz: Zählweise, Ruhenszeiträume und die Systementscheidung des GesetzesDie 78 Wochen entsprechen 546 Kalendertagen; für die Berechnung ist wichtig, dass Ruhenszeiträume wie Entgeltfortzahlung oder Übergangsgeld grundsätzlich wie Krankengeldtage mitzählen. Der rechtliche Hintergrund dieser Begrenzung liegt im Sozialrecht:
Das Krankengeld soll typischerweise vorübergehende Erwerbsausfälle infolge behandelbarer Erkrankungen absichern, während bei dauerhafter Erwerbsminderung die Rentenversicherung greift.
Umso wichtiger ist die korrekte Einordnung, ob im Einzelfall eine neue Blockfrist ausgelöst wurde oder ob die Leistungsdauer innerhalb einer bereits laufenden Blockfrist verbraucht wird.
Warum das Urteil bis heute trägtDie Entscheidung des Bundessozialgerichts ist keine historische Fußnote, sondern bildet noch immer die Referenz für die tägliche Verwaltungspraxis.
Fachliche Rundschreiben der Kassen und neuere landessozialgerichtliche Entscheidungen orientieren sich an derselben Linie: Eine eigenständige Zweiterkrankung nach arbeitsfähiger Phase setzt den Zähler neu, ein bloßes Hinzutreten während bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht.
Der Beitrag Krankengeld: Neue Krankheit startet neue Blockfrist erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Krankengeld nach dem Krankengeld – Muss man dafür 6 Monate gesund bleiben?
Bis zu eineinhalb Jahre lang kann man Krankengeld von der Krankenkasse bekommen. Doch wie verhält es sich mit einem erneuten Anspruch auf Krankengeld? Muss man dafür wirklich sechs Monate am Stück gesund sein?
Was sind die Grundlagen für den Bezug von Krankengeld?In Deutschland beträgt der maximale Anspruch auf Krankengeld 78 Wochen. Diese Regelung gilt innerhalb einer sogenannten Blockfrist von drei Jahren.
Doch in der Realität erhalten die meisten Menschen nur 72 Wochen lang Krankengeld. Das liegt daran, dass die ersten sechs Wochen einer Krankheit der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet ist, bevor die Krankenkasse einspringt.
Nach dem Ende der Krankengeldzahlung sind weitere Sozialleistungen möglich, zum Beispiel von der Arbeitsagentur oder der Deutschen Rentenversicherung in Form einer Erwerbsminderungsrente.
Bei Erreichen eines bestimmten Alters besteht auch die Möglichkeit, in die Altersrente überzugehen.
Kann ich zweimal Krankengeld für die gleiche Krankheit erhalten?Ja, unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, erneut Krankengeld für die gleiche Erkrankung zu erhalten. Es gibt dabei zwei verschiedene Szenarien:
- Eine völlig neue Erkrankung tritt auf: Wenn nach einer abgeschlossenen Krankengeldphase eine neue, nicht verwandte Krankheit diagnostiziert wird, besteht ein neuer Anspruch auf bis zu 78 Wochen Krankengeld. Ein Beispiel wäre, wenn jemand nach einer überstandenen Depression an Krebs erkrankt.
- Die alte Krankheit kehrt zurück: Hier sind die Hürden höher. Ein neuer Anspruch entsteht nur, wenn die dreijährige Blockfrist abgelaufen ist und zusätzlich bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Zunächst muss die Blockfrist von drei Jahren, die mit der ersten Krankschreibung beginnt, abgelaufen sein.
Darüber hinaus fordert das Gesetz, dass Sie vor einem erneuten Krankengeldbezug mindestens sechs Monate lang nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig waren und in dieser Zeit entweder gearbeitet oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.
Muss ich sechs Monate am Stück gesund sein?Eine häufige Frage lautet, ob diese sechs Monate am Stück absolviert werden müssen oder ob sie sich über einen längeren Zeitraum verteilen können.
Das Gesetz spricht hier von “in der Zwischenzeit sechs Monate”, ohne eine durchgehende Periode zu verlangen.
Es ist daher ausreichend, wenn sich diese sechs Monate ohne Arbeitsunfähigkeit insgesamt über einen längeren Zeitraum hinweg zusammensetzen.
Welche Rolle spielt die Erwerbstätigkeit in diesen sechs Monaten?Neben der Tatsache, dass keine Krankmeldung für die ursprüngliche Erkrankung vorliegen darf, müssen Sie in diesen sechs Monaten auch erwerbstätig gewesen sein oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben. Das bedeutet, entweder arbeiten oder Arbeitslosengeld beziehen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich beim Bezug von Arbeitslosengeld nach dem Ende des Krankengeldes oft um eine besondere Form handelt: die Nahtlosigkeitsregelung.
Lesen Sie auch:
Was ist die Nahtlosigkeitsregelung?Die Nahtlosigkeitsregelung greift, wenn der Medizinische Dienst der Arbeitsagentur Sie als so krank einstuft, dass Sie in den nächsten sechs Monaten voraussichtlich nicht arbeiten können.
In dieser Phase beziehen Sie zwar Arbeitslosengeld, stehen aber nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, weshalb diese Zeit nicht auf die sechs Monate ohne Krankmeldung angerechnet wird.
Krankengeld auch für die selbe ErkrankungEs ist also möglich, zweimal Krankengeld zu erhalten, auch für dieselbe Krankheit.
Wichtig dabei ist, dass die dreijährige Blockfrist abgelaufen ist und dass zwischen den Krankheitsphasen mindestens sechs Monate liegen, in denen Sie nicht wegen dieser Krankheit krankgeschrieben waren und erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.
Ob diese sechs Monate am Stück oder verteilt liegen, ist dabei unerheblich. Jedoch zählt die Zeit, in der Sie aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung Arbeitslosengeld beziehen, nicht zu diesen sechs Monaten.
Praxisbeispiel: Krankengeld nach dem KrankengeldHerr Meier ist seit einem Jahr wegen einer schweren Rückenverletzung arbeitsunfähig und bezieht Krankengeld von seiner gesetzlichen Krankenkasse. Nach 78 Wochen endet sein Anspruch auf Krankengeld, und er wird von der Krankenkasse „ausgesteuert“. Er weiß jedoch, dass unter bestimmten Bedingungen ein erneuter Anspruch auf Krankengeld entstehen kann.
Voraussetzungen für erneuten Krankengeldbezug- Es muss eine neue Krankheit vorliegen, die nicht ursächlich mit der vorherigen Erkrankung zusammenhängt, oder
- Es muss ein neuer Dreijahreszeitraum begonnen haben.
Wie Herr Meier wieder Krankengeld bezieht:
- Beendigung der Arbeitsunfähigkeit durch erste Erkrankung: Nach 78 Wochen beendet der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeit für die Rückenverletzung. Herr Meier versucht, wieder in den Arbeitsalltag einzusteigen.
- Neue Erkrankung innerhalb kurzer Zeit: Zwei Monate nach seiner Rückkehr in den Job erleidet Herr Meier einen schweren Bandscheibenvorfall, der ihn erneut arbeitsunfähig macht. Da die neue Erkrankung nicht mit der vorherigen Rückenverletzung identisch ist, prüft die Krankenkasse seinen Anspruch auf Krankengeld.
- Erneuter Anspruch auf Krankengeld: Nach der ärztlichen Feststellung der neuen Arbeitsunfähigkeit stellt die Krankenkasse fest, dass Herr Meier einen erneuten Anspruch auf Krankengeld hat, da die neue Krankheit nicht ursächlich mit der ersten Erkrankung zusammenhängt.
- Prüfung der Dreijahresfrist: Wäre der Bandscheibenvorfall eine Folge der ersten Erkrankung gewesen, hätte Herr Meier nur dann einen neuen Anspruch gehabt, wenn der Dreijahreszeitraum seit Beginn der ersten Krankengeldzahlung abgelaufen wäre. In seinem Fall ist dies nicht nötig, da es sich um eine unabhängige Erkrankung handelt.
Herr Meier konnte erneut Krankengeld beziehen, da er an einer neuen Erkrankung litt, die nicht in ursächlichem Zusammenhang mit seiner ersten Erkrankung stand. Wäre die Erkrankung dieselbe gewesen, hätte er warten müssen, bis ein neuer Dreijahreszeitraum beginnt. Daher ist es wichtig, bei einer erneuten Arbeitsunfähigkeit auf die Unterscheidung der Diagnosen und die Fristen zu achten.
Der Beitrag Krankengeld nach dem Krankengeld – Muss man dafür 6 Monate gesund bleiben? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Knaller-Urteil: Grob fahrlässiges Herbeiführen einer Bürgergeld Überzahlung schließt Erlass nicht aus
Auch bei einer durch den Bürgergeldbezieher grob fahrlässig herbeigeführten Rückforderung des ALG II wegen eines die Freibeträge überschreitenden Vermögens kommt ein Erlass der Forderung nach § 44 SGB II bei atypischen Härtefällen in Betracht (BSG, Urteil B 14 AS 15/17 R).
Mit wegweisendem Urteil gibt das LSG Sachsen Az. L 7 AS 942/19 bekannt, dass kein Rechtsgrundsatz existiert, wonach grob fahrlässiges Herbeiführen der Überzahlung den Erlass der Forderung des Jobcenters (§ 44 SGB 2) ausschließt.
Grob fahrlässigen Verschweigen von freibetragsüberschreitendem Vermögen – Verbot des fiktiven VermögensverbrauchsDer 7. Senat des LSG Sachsen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Rechtsprechung des BSG vom 25.04.2018 unter dem Az.: B 14 AS 15/17 R zu berücksichtigen ist, wonach in den Konstellationen des grob fahrlässigen Verschweigens von freibetragsüberschreitendem Vermögen, welches wegen des Verbots des fiktiven Verbrauchs zu einem erheblichen, das einzusetzende tatsächlich vorhandene Vermögen überschreitenden Rückforderungsbetrag führt, zur Vermeidung atypischer Härtefälle von Gesetzes wegen die vorgesehene besondere Ausgleichsfunktion des Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Forderungserlass nach § 44 SGB II zu berücksichtigen ist.
Das Gericht betonteDas Gericht betont dabei, dass dieser besondere Hinweis des Bundessozialgerichts wäre überflüssig gewesen, käme ein Erlass in Konstellationen der grob fahrlässig herbeigeführten Rückforderung von vornherein nicht in Betracht.
Diese beiden Punkte sind vom Jobcenter in den angegriffenen Bescheiden nicht hinreichend in die originäre verwaltungsbehördliche Ermessensentscheidung eingestellt worden.
Vor diesem Hintergrund wären auf die Berufung des Klägers die angefochtenen Bescheide aufzuheben und das Jobcenter zur Neubescheidung zu verpflichten.
Dies könnte aber zur Folge haben, dass weitere gerichtliche, die Erlassangelegenheit in die Länge ziehende Streitigkeiten vorprogrammiert sein könnten.
FazitHier haben sich der Kläger und das Jobcenter auf einen Vergleich geeinigt.
Auch bei durch den Bürgergeld Bezieher grob fahrlässig herbeigeführter Rückforderung des ALG 2 wegen freibetragsüberschreitendem Vermögen- kommt ein Erlass der Forderung nach § 44 SGB 2 – bei atypischen Härtefällen in Betracht ( BSG, Urt. 25.04.2018 – B 14 AS 15/17 R – ).
Diese Entscheidung wurde erstritten vom RA Dr. Jens-Torsten Lehmann.
Anmerkung vom Bürgergeld Experten§ 44 SGB II verpflichtet das Jobcenter zu einer Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen, bei der die persönlichen und wirtschaftlichen Belange des Schuldners mit dem grundsätzlich gegebenen öffentlichen Interesse an der Einziehung von Forderungen der Leistungsträger abzuwägen sind.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der “Unbilligkeit” ragt in den Ermessensbereich hinein und ist im Rahmen einer einheitlichen Ermessensentscheidung zu würdigen ( vgl. dazu LSG München, Urteil v. 14.05.2024 – L 16 AS 536/21 – ).
Der Beitrag Knaller-Urteil: Grob fahrlässiges Herbeiführen einer Bürgergeld Überzahlung schließt Erlass nicht aus erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Erstattungsanspruch des Jobcenters 4143 Euro rechtswidrig beim Verzicht auf Bürgergeld
Die Erstattungsforderung (§ 34 SGB 2 – Ersatzanspruch bei sozialwidrigem Verhalten) des Jobcenters ist rechtswidrig, wenn die Hilfebedürftige mit der zu erwartenden Urlaubsabgeltung private Verbindlichkeiten getilgt hatte.
Und zugleich gegenüber dem JobCenter einen Verzicht auf Bürgergeld anzeigt hatte, ein sozialwidriges Verhalten i. S. d. Rechtsprechung des BSG liegt dann eben nicht vor so ausdrücklich das Gericht mit ausführlicher Begründung.
Eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB 2 muss die vom Jobcenter geforderten 4143 € nicht zurück zahlen, so aktuell ein Urteil aus Sachsen – Anhalt, denn der Erstattungsanspruch des Jobcenters war rechtswidrig, so der zuständige Rechtsanwalt.
Ein Leistungsverzicht für einen Monat aufgrund der zu erwartenden Urlaubsabgeltung ( einmalige Einnahme ) stelle kein sozialwidriges Verhalten dar , so aber das JobCenter.
Denn ein erklärter Leistungsverzicht eines Leistungsbeziehers, um die Anrechnung einer bevorstehenden Urlaubsabgeltung auf den ALG 2 Bezug zu verhindern, kann einen Erstattungsanspruch nach § 34 SGB II des JobCenters nicht begründen, wenn damit private Verbindlichkeiten wie Insolvenzschulden und Krankenversicherungsbeiträge getilgt wurden.
SGB II: Tilgung privater Schulden eines Leistungsbeziehers stellt kein sozialwidriges Verhalten dar im Sinne der Rechtsprechung des BundessozialgerichtsDes weiteren begründen die Tilgung privater Verbindlichkeiten in Absprache mit dem Innsolvenzverwalter und die Begleichung fälliger – durch den Leistungsvezicht entstandener – Krankenversicherunsbeiträge kein sozialwidriges Verhalten im Sinne des § 34 SGB II ( Rechtsprechung Bundessozialgericht ).
Ein für einen Anspruch nach § 34 SGB II erforderlicher eigener Verschuldensbeitrag des damaligen Ehemannes war nicht gegeben, da dieser selbst nicht über die zugeflossene Einnahme verfügen durfte bzw. tatsächlich darüber verfügt hat.
Hinsichtlich des Fehlens der Sozialwidrigkeit ist auch auf folgende Entscheidung hin zuweisen SG Magdeburg, Urteil vom 27. Januar 2021 – S 16 AS 1814/17 –
Dort hatte die Kammer das bereits für eine Sanktionierung nach § 31 Abs. 2 SGB II erforderliche Verschulden, an das geringere Anforderungen zu stellen sind als an den Verschuldensmaßstab § 34 SGB 2 bei der Klägerin nicht feststellen können.
FazitAllein der Umstand, dass der Hilfebedürftigen dabei bewusst gewesen sein dürfte, dass sie durch die Schuldentilgung womöglich früher wieder ihren Lebensunterhalt durch SGB II-Leistungen bestreiten muss und sie dieses in Kauf genommen hat, reicht aber allerdings nicht aus, um ein -sozialwidriges Verhalten – im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts begründen zu können.
Praxistipp zum SGB 2:SG Magdeburg, Urteil vom 27. Januar 2021 – S 16 AS 1814/17 –
Jobcenter: Bürgergeld-Sanktion rechtswidrig, wenn mit der Urlaubsabgeltung Schulden getilgt wurden
Der Beitrag Erstattungsanspruch des Jobcenters 4143 Euro rechtswidrig beim Verzicht auf Bürgergeld erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Welche Zuschüsse gibt es für den Umbau eines Badezimmers bei Schwerbehinderung?
Ein barrierearmes Bad ist für viele Menschen mit Schwerbehinderung wichtig, um zu Hause sicher und selbstständig leben zu können. Sozialrechtlich greifen dafür verschiedene Töpfe – je nach Ursache der Behinderung, Pflegegrad, Wohnsituation und Bundesland.
Ganz wichtig ist: Leistungen müssen in der Regel vor dem Baubeginn beantragt werden und die Zuständigkeiten sind klar zuordnen.
Pflegekasse: Der Zuschuss bei vorhandenem PflegegradFür anerkannte Pflegebedürftige (Pflegegrad 1–5) gewährt die Pflegekasse Zuschüsse bis zu 4.180 Euro je Maßnahme zur „Verbesserung des individuellen Wohnumfelds“. Dazu zählt ausdrücklich der pflegegerechte Badumbau – etwa zur Errichtung einer bodengleichen Dusche oder zur Umgestaltung von WC und Waschtisch.
Leben mehrere anspruchsberechtigte Personen in einem Haushalt, kann der Gesamtzuschuss auf bis zu 16.720 Euro steigen. Wird die Pflegesituation später deutlich verändert, ist ein erneuter Zuschuss möglich.
Die Pflegekasse muss Anträge grundsätzlich binnen drei Wochen, mit Gutachten binnen fünf Wochen, entscheiden; wird diese Frist ohne Begründung überschritten, gilt der Antrag als genehmigt. Diese Regelungen gelten seit 1. Januar 2025 mit der angepassten Zuschusshöhe.
Tabelle: Welche Förderungen sind möglich? Förderweg Wichtigste Bedingungen / Leistungsumfang Pflegekasse (SGB XI: „wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“) Bei Pflegegrad 1–5; Zuschuss bis zu 4.180 € je Maßnahme, im gemeinsamen Haushalt kumulierbar bis 16.720 €; Antrag und Genehmigung vor Baubeginn; typischerweise für bodengleiche Dusche, Anpassung von WC/Waschtisch, Türverbreiterung. Gesetzliche Unfallversicherung (BG/Unfallkasse) Wenn Behinderung Folge eines Arbeits-/Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit ist; Wohnungshilfe übernimmt erforderliche Umbaukosten häufig vollständig, unabhängig vom Einkommen; wiederholte Anpassungen möglich, wenn sich der Bedarf ändert. Eingliederungshilfe / Sozialamt (SGB IX/SGB XII) Behinderungsbedingte Wohnraumanpassung, wenn kein vorrangiger Träger zuständig ist oder Zuschüsse nicht ausreichen; individuelle Bedarfsermittlung; Einkommens-/Vermögensprüfung; kann Badumbau ganz oder teilweise fördern. Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V – Hilfsmittel) Hilfsmittel statt Baumaßnahmen: z. B. fest montierte Duschsitze, Halte-/Stützgriffe, Badewannenlifter; ärztliche Verordnung und Listung im Hilfsmittelverzeichnis erforderlich; keine Finanzierung von baulichen Eingriffen. KfW „Altersgerecht Umbauen“ – Kredit 159 Zinsgünstiger Kredit bis 50.000 € je Wohneinheit für barrierereduzierende Umbauten (auch ohne Pflegegrad); geeignet zur Finanzierung des Badumbaus; der frühere Zuschuss 455-B ist derzeit nicht verfügbar. Landes- und Kommunalprogramme Je nach Bundesland/Kommune Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen für Barriereabbau; Bedingungen und Höhen variieren; häufig über Wohnraumförderstellen oder Förderbanken (z. B. NRW.BANK, Bayern, Niedersachsen) zu beantragen. Steuerliche Entlastung (§ 35a EStG / § 33 EStG) 20 % der Arbeitskosten für Handwerker im Haushalt, max. 1.200 € p. a. (nicht bei steuerfreien Zuschüssen für denselben Aufwand); zusätzlich ggf. außergewöhnliche Belastungen bei medizinischer Notwendigkeit des Umbaus (Nachweise erforderlich). Gesetzliche Unfallversicherung: Volle Kosten, wenn die Ursache ein Arbeits- oder Wegeunfall istIst die Behinderung Folge eines Arbeits- oder Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit, ist die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft/Unfallkasse) zuständig.
Sie erbringt sogenannte Wohnungshilfe und kann erforderliche Umbaumaßnahmen – einschließlich Badumbau – in aller Regel in voller Höhe finanzieren, einkommensunabhängig und auch wiederholt, wenn sich der Bedarf ändert. Die Details sind in den Richtlinien der Unfallversicherung und bei den Berufsgenossenschaften beschrieben.
Eingliederungshilfe und Sozialhilfe: Wenn kein Pflegegrad (oder ergänzend)Liegt keiner Pflegegrad vor oder reicht der Pflegekassenzuschuss nicht, kommt – abhängig von Ziel und Notwendigkeit der Maßnahme – die Eingliederungshilfe nach SGB IX in Betracht.
Sie soll eine möglichst selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen und kann behinderungsbedingte Wohnraumanpassungen fördern.
In der Praxis entscheiden die örtlich zuständigen Träger nach individuellem Bedarf und Einkommens-/Vermögensregeln des SGB IX. Informationsblätter der Kommunen und Rechtsprechung bestätigen diese Zuständigkeit für behinderungsbedingte Umbauten.
Krankenkasse: Hilfsmittel ja, bauliche Eingriffe eher neinDie gesetzliche Krankenversicherung übernimmt Hilfsmittel wie fest montierte Duschsitze, Halte- und Stützgriffe oder Badewannenlifter, sofern diese im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind und verordnet wurden.
Das sind keine Baumaßnahmen im engeren Sinne, reduzieren aber häufig den Umfang eines Umbaus oder überbrücken die Zeit bis zur Baulösung. Für die Hilfsmittelversorgung ist die Listung im Verzeichnis des GKV-Spitzenverbands maßgeblich.
KfW-Förderung: Kredit aktiv, Zuschuss 2025 ausgesetztBundesweit gültig ist die KfW-Förderung für barrierereduzierende Maßnahmen. Aktiv ist 2025 der KfW-Kredit 159 „Altersgerecht Umbauen“ mit bis zu 50.000 Euro je Wohneinheit zu vergünstigten Konditionen – geeignet zur Finanzierung eines Badumbaus, auch ohne Pflegegrad.
Der frühere Investitionszuschuss 455-B ist derzeit nicht beantragbar; die KfW weist ausdrücklich darauf hin, dass aktuell keine Anträge angenommen werden. Verbraucherseiten und KfW-Hinweise führen dies u. a. auf die Haushaltslage 2025 zurück. Bereits bewilligte Anträge aus 2024 werden jedoch regulär ausgezahlt.
Länder- und Kommunalprogramme: Zusätzliche Darlehen und ZuschüsseErgänzend gibt es Landesprogramme und kommunale Förderungen, die Barriereabbau und Modernisierung unterstützen – häufig als zinsgünstige Darlehen mit Tilgungsnachlässen, teils mit Zusatzförderungen bei nachgewiesener Barrierefreiheit.
Beispiele sind Programme der NRW.BANK zur Modernisierung mit Barriereabbau sowie Förderangebote des Freistaats Bayern für behindertengerechte Anpassungen.
In Niedersachsen wird alters- und behindertengerechtes Wohnen im Rahmen der Wohnraumförderung unterstützt; Anlaufstellen wie die Region Hannover – Wohnberatung informieren zu lokalen Möglichkeiten und begleiten bei Anträgen. Die konkrete Ausgestaltung variiert, daher lohnt der Blick auf die Seiten der Landesförderbanken und Kommunen.
Rechte in Mietwohnungen: Zustimmungspflicht des Vermieters, Rückbau klärenMieterinnen und Mieter können nach § 554 BGB verlangen, dass der Vermieter bauliche Veränderungen erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen.
Die Zustimmung kann nur verweigert werden, wenn die Maßnahme unter Abwägung der Interessen unzumutbar ist. Vor Umsetzung sind Art und Umfang der Arbeiten genau zu beschreiben und eine Schriftform zu wählen. Häufig bleibt der Rückbau bei Auszug Sache der Mieter, sofern nichts anderes vereinbart wurde; Rückbaukosten werden regelmäßig nicht gefördert. Wer umbaut, sollte Einverständnis, Kostenübernahme und Rückbaufrage vertraglich fixieren.
Steuervorteile: Handwerkerbonus und außergewöhnliche BelastungenUnabhängig von Fördermitteln lässt sich die Steuerlast mindern. Für Handwerkerleistungen im Haushalt reduziert § 35a EStG die Einkommensteuer um 20 % der Arbeitskosten, maximal 1.200 Euro pro Jahr – allerdings nicht, wenn für dieselbe Maßnahme steuerfreie öffentliche Zuschüsse genutzt werden.
Darüber hinaus können behinderungsbedingte Umbaukosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG anerkannt werden, wenn die Maßnahme medizinisch notwendig ist und der erzielte Gegenwert hinter der Zwangsläufigkeit zurücktritt; das hat die Rechtsprechung wiederholt klargestellt.
Antrag und Ablauf: So gehen Sie vorIn der Praxis hat es sich bewährt, zuerst die Zuständigkeit zu klären: Pflegekasse bei Pflegegrad, Unfallversicherung bei Arbeitsunfall, sonst ggf. Eingliederungshilfe/Sozialamt.
Ein Pflege- oder Wohnberatungstermin hilft, die Notwendigkeit fachlich zu begründen und ein Umbaukonzept zu erarbeiten. Für den Pflegekassenzuschuss empfiehlt sich ein aussagekräftiger Antrag mit medizinischer Begründung, Kostenvoranschlag und Beschreibung der Funktionalität (z. B. sturzsichere, bodengleiche Dusche, ausreichende Bewegungsflächen, unterfahrbarer Waschtisch).
Die Entscheidung fällt binnen der gesetzlichen Fristen, bei Bedarf unter Einschaltung des MD-Gutachtens. Parallel kann – falls gewünscht – die Finanzierungslücke über den KfW-Kredit 159 geschlossen werden; Landesprogramme werden meist über Bewilligungsstellen vor Ort beantragt. Vor Baubeginn sollten zudem Mieterinnen und Mieter die Zustimmung des Vermieters schriftlich einholen.
Was gilt konkret im Bad?Förderfähige Badmaßnahmen orientieren sich am individuellen Bedarf: Im Mittelpunkt stehen rutschhemmende, schwellenfreie Duschbereiche, ausreichende Bewegungsflächen, sichere Greif- und Stützpunkte, anfahr- und unterfahrbare Sanitärobjekte sowie ergonomische Armaturen.
Die einschlägigen Planungsgrundlagen der DIN 18040-2 geben technische Anhaltspunkte, etwa zu Bewegungsflächen vor WC, Waschtisch und in der Dusche; sie sind kein Leistungsversprechen der Kostenträger, helfen aber bei Planung und Begründung.
Praxisnahe HinweiseErstens: Kumulieren ist begrenzt möglich. Pflegekassenzuschuss und KfW-Kredit können sich sinnvoll ergänzen; eine Doppelförderung desselben Aufwands durch mehrere Rehabilitationsträger ist hingegen regelmäßig ausgeschlossen.
Zweitens: Anträge stets vor Beginn stellen, Fristen beachten und Entscheidungen dokumentieren.
Drittens: Hilfsmittel der Krankenkasse können kurzfristig Sicherheit schaffen und den Umfang baulicher Eingriffe reduzieren.
Viertens: Regionale Beratung – etwa die Wohnberatung der Region Hannover – kennt lokale Programme, hilft bei der Antragstellung und bei der Abstimmung mit Vermietern.
Der Beitrag Welche Zuschüsse gibt es für den Umbau eines Badezimmers bei Schwerbehinderung? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.