«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Kein Arbeitslosengeld 1 nach sechs Wochen Urlaub
Das Landesgericht Berlin-Brandenburg entschied in einem Berufungsverfahren: Bei einem fortdauernden Auslandsaufenthalt gibt es keinen Anspruch mehr auf die Zahlung von Arbeitslosengeld. (L 18 AL 5 /22)
Was war passiert?Eine seit 25 Jahren Beschäftigte meldete sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Sie teilte dabei mit, dass sie sich vom 11. Februar bis 7. April 2020 im Ausland aufhalten werde. Die Agentur vermerkte: „Abmeldung ab 100220 besprochen. Auf erneute persönliche Arbeitslosmeldung nach Rückkehr hingewiesen.”
Per Email informierte die Klägerin am 3. Januar 2020 die Agentur, dass sie bereits am 31. März 2020 zurückkehre. Die Behörde antwortete ihr umgehend, dass die Abmeldung dann für diese Zeit erfolge und sie sich nach der Rückkehr arbeitslos melden solle.
Leistungsanspruch ändert sich durch Ereignisse in der ZukunftIn einer Anmerkung stand: „Ihr Leistungsanspruch ändert sich durch Ereignisse in der Zukunft (z.B. Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Umfang ab 15 Stunden wöchentlich). Ihr Leistungsanspruch wurde daher bis auf weiteres festgesetzt.
Über die in der Zukunft liegende Änderung Ihres Leistungsanspruchs erhalten Sie einen gesonderten Bescheid (z.B. Aufhebungsbescheid zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme).“
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– Recht auf Urlaubsgeld beim Bürgergeld?
Die Betroffene flog am 10. Februar 2020 nach Trinidad und konnte wegen eines Flugverbots während der Corona-Pandemie nicht zurück. Am 27. März 2020 meldete sie dies per Email der Behörde und fragte, ob sie jetzt am 1. April 2020 Arbeitslosengeld bekäme.
Keine telefonische Arbeitslosmeldung aus dem AuslandDie Agentur informierte sie, dass eine telefonische Arbeitslosmeldung wegen des Auslandsaufenthalts nicht möglich sei. Die Klägerin solle sich sofort nach ihrer Rückkehr arbeitslos melden. Erst am 28. Juni 2020 konnte die Betroffene zurückfliegen.
Erneute ArbeitslosigkeitsmeldungAm 29. Juni 2020 meldete sie sich dann erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Behörde nahm die Gewährung von ALG I ab 11. Februar zurück: Die Klägerin sei wegen Auslandsaufenthalts ab diesem Tag nicht mehr arbeitslos gewesen, die Ortsabwesenheit sei von vorneherein für mindestens sechs Wochen veranschlagt gewesen.
Der Restanspruch wurde ihr ab dem 29. Juni 2020 bewilligt.
Keine Rückkehr wegen Corona-PandemieDie Klägerin legte Widerspruch ein mit der Begründung, sie sei wegen der Corona-Pandemie an der Rückreise gehindert gewesen. Die Behörde wies den Widerspruch als unbegründet zurück.
Die Abmeldung während des Auslandsaufenthalts sei mit ihr besprochen worden, und sie hätte seit dem 11. Februar nicht für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestanden und sei damit nicht arbeitslos gewesen.
Der Fall ging vor das Sozialgericht, wo die Klägerin argumentierte: “Die Beklagte habe durch ein Nichteingehen auf die mitgeteilten Ortsabwesenheitszeiten ihr Vertrauen in den zuerkannten Anspruch auch während ihres Urlaubs gestärkt. Trotz Kenntnis der Beklagten von der Urlaubslänge habe sie Leistungen ab 1. Februar 2020 gewährt.”
Auch hätte die Behörde es unterlassen, sie über die maximal mögliche Abwesenheit zu informieren, so dass sie ihren Urlaub kürzer geplant hätte. “Die Beklagte habe durch ein Nichteingehen auf die mitgeteilten Ortsabwesenheitszeiten ihr Vertrauen in den zuerkannten Anspruch auch während ihres Urlaubs gestärkt.”
Sie argumentierte, die Merkblätter hätten keine ausreichenden Hinweise erhalten, die Leistungen ab Februar 2020 hätte sie so verstehen müssen, dass Leistungen gewährt würden.
Wie argumentierte die Behörde?Die Behörde trug vor, es habe keine falsche Beratung gegeben. Die Klägerin habe einen mehr als drei Wochen währenden Urlaub geplant, und mehrfach ausgehändigte Merkblätter hätten ausreichend über die Regelungen zur Ortsabwesenheit informiert.
Demnach habe sie gewusst, dass eine mehr als sechswöchige Ortsabwesenheit zum Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führe.
Kein Anspruch bei AuslandsaufenthaltDas Landessozialgericht lehnte einen Anspruch der Klägerin ab. Die Anmerkung hätte sich ersichtlich auf die Ortsabwesenheit bezogen, und über eine Arbeitslosmeldung nach Rückkehr sei sie in Kenntnis gewesen. Auf einen erforderlichen erneuten Antrag sei sie mehrfach hingewiesen worden.
“Sie wusste (…) dass ein auf der Bewilligung beruhender Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen kommen würde, sobald sie sich im Ausland aufhalten würde bzw. sie wusste dies nicht, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hatte.” (Hinweis: Tacheles)
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Schwerbehinderung: Dieses Urteil macht Mut – GdB hochgestuft und die Kosten werden erstattet
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Az. L 6 SB 210/22 B) entschied, dass die Landeskasse die Auslagen für ein von der Klägerin beauftragtes Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und ihre Beschwerdekosten übernehmen muss. Damit stärkt das Gericht die Position von Betroffenen, die um einen höheren Grad der Behinderung (GdB) ringen.
Warum das Urteil vielen Lesern bares Geld spartWer einen höheren GdB anstrebt, steht oft vor der Frage: Lohnt sich ein zusätzliches Gutachten auf eigene Initiative? Ein ausführliches fachärztliches Gutachten kostet schnell mehrere tausend Euro. Das LSG stellt nun klar: Fördert das Gutachten die gerichtliche Aufklärung entscheidend, zahlt die Staatskasse. Die Klägerin profitierte also doppelt:
- Sie erhielt einen Gesamt GdB von 50 statt 40.
- Sie musste die Gutachter und Anwaltskosten nicht selbst tragen.
Die Klägerin aus Duisburg wollte mindestens GdB 50 und das Merkzeichen G. Das Sozialgericht holte zwei Gutachten ein.
Beide Experten sahen nur GdB 40. Daraufhin beantragte die Klägerin nach § 109 SGG ein drittes, unabhängiges Gutachten. Die neue Sachverständige bewertete ihre psychischen Einschränkungen deutlich schwerer und schlug einen Gesamt GdB von 50 vor.
Der Beklagte akzeptierte daraufhin einen Vergleich, jedoch erst ab Januar 2022. Die Klägerin wollte zusätzlich die Gutachtenkosten ersetzt haben. Das Sozialgericht lehnte ab. Es meinte, das Gutachten habe lediglich eine spätere Verschlimmerung bestätigt.
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Gutachten förderte die Sachaufklärung
Die Richter betonten: Das Wunschgutachten zeigte relevante Fakten, die bereits seit der Antragsstellung 2018 vorlagen. Es bestätigte nicht nur eine Verschlechterung, sondern belegt eine falsche Bewertung der Vorgutachten. Damit habe es das Verfahren maßgeblich beeinflusst.
Kosten als Teil der Gerichtshaltung
Nach § 109 SGG entscheidet das Gericht per Ermessensbeschluss über die Kostentragung. Für das LSG gehört ein notwendiges Gutachten ebenso zur „Gerichtshaltung“ wie Papier oder Dolmetscherhonorare. Folglich zahlt die Landeskasse, wenn das Gutachten den Prozess voranbringt.
Analogien zum Straf- und OWi-Verfahren
Für die Erstattung der Beschwerdekosten überträgt das LSG den Rechtsgedanken des § 467 StPO (i. V. m. § 46 OWiG) auf das Sozialrecht: Gewinnt die Klägerin, trägt die Staatskasse ihre Anwalts- und Verfahrenskosten, auch wenn sie selbst nicht Partei ist.
Kosten sparen, Verhandlungsmacht stärken, Verfahren steuern – so profitieren SieGeringeres Kostenrisiko: Wer ein Gutachten für nötig hält, kann eher zugreifen.
Stärkeres Druckmittel: Abweichende Einschätzungen unabhängiger Expertinnen und Experten erhöhen die Vergleichsbereitschaft der Behörde.
Planbare Strategie: Der Beschluss hilft, früh die Weichen zu stellen und unnötige Instanzen zu vermeiden.
- Lücken im Gerichtsgutachten erkennen. Fehlen Diagnosen oder werden sie zu niedrig bewertet?
- Fachdisziplin exakt wählen. Das neue Gutachten muss eine andere Perspektive bieten, hier war es die Psychiatrie.
- Unabhängigkeit sichern. Benennen Sie einen Gutachter, der/die weder für die Behörde noch für das Gericht zuvor tätig war.
Der Beschluss wirkt über das Schwerbehindertenrecht hinaus. Auch in Renten, Pflege oder Erwerbsminderungsverfahren können Gutachten nach § 109 SGG entscheidend sein. Für Bürgergeld Beziehende bedeutet jeder zusätzliche GdB-Punkt mehr Schutz, etwa beim Vermögensfreibetrag oder bei Mehrbedarfen für behinderungsbedingte Ernährung.
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Schwerbehinderung: Hammer-Urteil – BAG kippt Präventionspflicht in der Probezeit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat festgelegt: In den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses („Wartezeit“ nach § 1 Abs. 1 KSchG) müssen Arbeitgeber vor einer ordentlichen Kündigung gegenüber schwerbehinderten oder gleichgestellten Beschäftigten kein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX einleiten.
Maßgeblich ist das Urteil vom 03. April 2025 (2 AZR 178/24), das eine inklusionsfreundliche Linie in Teilen der Instanzrechtsprechung ausbremst.
Was hat das BAG entschieden – und warum?Kern der Entscheidung: § 167 Abs. 1 SGB IX knüpft sprachlich und systematisch an die Kündigungsgründe des KSchG an („personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt“). Weil das KSchG in der Wartezeit nicht gilt, gilt auch die Pflicht zum Präventionsverfahren nicht. Zugleich betont das Gericht, dass das unterlassene Präventionsverfahren keine formale Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung ist.
Brisant ist außerdem, dass der Senat klarstellt: Auch im Kleinbetrieb (§ 23 Abs. 1 KSchG) ist ein Präventionsverfahren vor ordentlicher Kündigung nicht erforderlich, weil dort das KSchG generell nicht greift.
Warum ist das problematisch?1. Schutzlücke am sensibelsten Punkt.
Gerade die ersten Monate entscheiden über das Gelingen einer Beschäftigung und über das Ankommen mit Behinderung im Betrieb. Ohne Präventionspflicht entfällt der strukturierte Austausch mit Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat und Integrationsamt, der praktische Lösungen (Arbeitsplatzausstattung, Umsetzung, Schulung) oft erst auf den Tisch bringt.
Das konterkariert den Anspruch wirksamer Teilhabe am Arbeitsleben und die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention.
2. Rückabwicklung instanzlicher Öffnungen.
Teile der Instanzgerichte hatten in der Wartezeit bereits für Prävention plädiert und auf unionsrechtliche Anforderungen an „angemessene Vorkehrungen“ verwiesen. Mit der BAG-Entscheidung wird dieser inklusionsfreundliche Ansatz gestoppt.
3. Signalwirkung in Kleinbetrieben.
Wo selten Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung existieren, wären niedrigschwellige Präventionsgespräche besonders sinnvoll. Genau dort erklärt das BAG sie für entbehrlich.
- AGG-Schutz: Eine Kündigung darf nicht wegen der Behinderung erfolgen. Wer Indizien für Benachteiligung vorträgt, verlagert die Beweislast auf den Arbeitgeber. Das gilt auch in der Wartezeit.
- Angemessene Vorkehrungen/Arbeitsplatzzugang: Arbeitgeber müssen zumutbare Anpassungen prüfen und umsetzen (z. B. Hilfsmittel, Arbeitsorganisation, Umsetzung auf geeignete freie Stellen), sofern dies verhältnismäßig ist.
- Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (SBV): Wo eine SBV besteht, ist sie vor jeder Kündigung zu beteiligen; unterlassene Beteiligung macht die Kündigung unwirksam (§ 178 Abs. 2 S. 3 SGB IX). Das gilt unabhängig von Wartezeit oder Betriebsgröße.
- Besonderer Kündigungsschutz ab Monat 7: Die Zustimmung des Integrationsamts nach § 168 SGB IX greift erst nach sechs Monaten. Die vierwöchige Mindestkündigungsfrist des § 169 SGB IX gilt in der Wartezeit ebenfalls noch nicht.
Wichtig für die Einordnung: Entschieden hat das BAG am 03.04.2025 (2 AZR 178/24). Viele Fachbeiträge erschienen erst im August 2025. Für die Praxis zählt das Urteilsdatum, nicht das Veröffentlichungs- oder Kommentar-Datum.
Praxis: So wehren sich Betroffene nach einer Probezeit-KündigungDrei-Wochen-Frist: Kündigungsschutzklage binnen drei Wochen ab Zugang erheben, sonst wird die Kündigung wirksam (§ 4 KSchG). Bei unverschuldetem Fristversäumnis kommt eine nachträgliche Zulassung in Betracht (§ 5 KSchG).
Indizien sichern: Schriftverkehr, Leistungsbeurteilungen, Aussagen zur Behinderung und zu abgelehnten Anpassungen, fehlende SBV-Beteiligung dokumentieren. Das stützt Ansprüche nach dem AGG und erhöht Vergleichsdruck.
Vorkehrungen verlangen: Schriftlich konkrete, zumutbare Anpassungen anregen (Hilfsmittel, Aufgabenstruktur, Arbeitszeit- oder Einsatzwechsel, Umsetzung auf passende freie Stellen); ggf. Fördermöglichkeiten der Integrationsämter nutzen.
SBV & Beratung einbinden: Gibt es eine SBV, sofort informieren. Ansonsten frühzeitig Fachberatung (Sozialverbände, spezialisierte Anwaltschaft) einschalten.
Die Entscheidung ist kein Freifahrtschein. Wer Kündigungen vorschnell ausspricht, riskiert AGG-Haftung, Prozessnachteile und Reputationsschäden. Arbeitgeber sollten dokumentieren, dass angemessene Vorkehrungen geprüft wurden, dass – falls vorhanden – SBV/Betriebsrat beteiligt wurden und dass weniger einschneidende Maßnahmen erwogen wurden.
Auch ohne Präventionspflicht bleibt der Grundsatz der Benachteiligungsfreiheit und der Unterstützungspflichten gegenüber schwerbehinderten Beschäftigten bestehen.
Politischer HandlungsbedarfDas BAG liest § 167 Abs. 1 SGB IX eng am KSchG entlang – mit der Folge, dass Prävention dort ausfällt, wo sie am nötigsten wäre: am Beginn der Beschäftigung und im Kleinbetrieb. Eine gesetzliche Klarstellung, dass Prävention unabhängig von der Anwendbarkeit des KSchG anzustoßen ist, würde Rechtsschutz und betriebliche Praxis harmonisieren, ohne Arbeitgeber mit formalen Unwirksamkeitsfolgen zu überziehen.
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Bürgergeld: Anspruch auf Bürgergeld trotz Ortsabwesenheit
Das Sozialgericht Stuttgart stellte bereits zu Hartz-IV-Zeiten klar: § 7 Abs. 4a SGB II a. F. gilt nicht für schwangere Leistungsberechtigte, wenn Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) greifen. In solchen Fällen darf der Bürgergeld-Anspruch nicht wegen Ortsabwesenheit versagt werden. (Az: S 12 AS 1909/10)
Der Fall: Schwangerschaft, Umzug und LeistungsaufhebungDie Klägerin erhielt Leistungen nach dem SGB II und war schwanger – dem Jobcenter war das unbekannt. Auf ärztlichen Rat zog sie aus gesundheitlichen Gründen zur Betreuung zu den Eltern ihres Partners. Diese wohnten außerhalb des bisherigen Zuständigkeitsbereichs.
Position des Jobcenters: Leistungsausschluss wegen § 7 Abs. 4a SGB II a. F.Das Jobcenter hob die Leistungen für zwei Monate auf und verlangte Erstattung. Begründung: Die Klägerin sei in den Bereich eines anderen Trägers gezogen, ohne dies mitzuteilen. Damit liege ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4a SGB II a. F. vor.
Entscheidung des Gerichts: Mutterschutz geht vorDas Gericht folgte dem nicht und entschied:
- § 7 Abs. 4a SGB II a. F. ist auf Schwangere mit Beschäftigungsverbot nach MuSchG nicht anwendbar.
- Keine Eingliederung – keine Ortsbindung: Ist eine Eingliederung in Arbeit ausgeschlossen, besteht kein Anlass, die Handlungsfreiheit einzuschränken. Das gilt besonders, wenn nach § 10 Abs. 1 SGB II keine Erwerbstätigkeit zumutbar ist.
Bei der Klägerin wäre eine Arbeitsaufnahme unzulässig gewesen, weil sie gegen zwingende Arbeitsschutzvorschriften des MuSchG verstoßen hätte.
Aktueller Rechtsstand seit Bürgergeld: § 7b SGB II + ErreichbarkeitsverordnungSeit 01.07.2023 gilt § 7b SGB II. Zum 08.08.2023 trat ergänzend die Erreichbarkeitsverordnung (ErrV) in Kraft.
Ortsabwesenheit aus wichtigem Grund: Ärztlich verordnete Maßnahme§ 7b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II nennt als wichtigen Grund für Ortsabwesenheit eine ärztlich verordnete Maßnahme.
Nach § 5 Abs. 1 ErrV umfasst dies die gesamte Behandlungsdauer inklusive An- und Abreisetage.
Damit wirkt die Stuttgarter Linie fort: Nimmt eine Leistungsberechtigte an einer medizinischen Maßnahme/Reha teil, ist das ein ausdrücklich genannter wichtiger Grund. Ein Leistungsausschluss allein wegen Ortsabwesenheit kommt dann nicht in Betracht.
Keine Zusicherung nötig bei medizinisch veranlasster OrtsabwesenheitSchwangere Leistungsberechtigte benötigen keine vorherige Zusicherung des Jobcenters, wenn sie wegen einer ärztlich verordneten Maßnahme ( § 7b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II ) ortsabwesend sind.
Greifen Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG und raten Ärztinnen/Ärzte aus gesundheitlichen Gründen dazu, den Wohnort vorübergehend zu verlassen (z. B. Betreuung beim werdenden Vater), ist – nach der hier vertretenen Meinung – ebenfalls keine Zusicherung zur Ortsabwesenheit erforderlich.
Das Stuttgarter Urteil war wegweisend: Es schützt schwangere Leistungsberechtigte vor pauschalem Leistungsausschluss bei notwendiger Ortsabwesenheit. Mit § 7b SGB II und der ErrV ist der medizinische Grund heute noch klarer geregelt.
Empfehlung für Betroffene: So gehen Sie vor- Vorab mit dem Jobcenter sprechen: Vorhaben und medizinische Notwendigkeit kurz darlegen.
- Nachweise beilegen: Ärztliche Verordnung, Hinweise zu Beschäftigungsverbot/Behandlungsplan, voraussichtliche Dauer inkl. Reisezeiten.
- Bei Ablehnung schnell handeln: Verweigert das Jobcenter die Ortsabwesenheit, umgehend einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht beantragen.
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Bürgergeld: Das Jobcenter verlangt jetzt die Kontoauszüge der letzten 5 Monate
Ein Bürgergeld-Betroffener, dem sein örtliches Jobcenter schon zuvor den Bewilligungszeitraum auf lediglich drei Monate verkürzt hatte, erhielt Anfang Juli nun die Aufforderung, ungeschwärzte Auszüge sämtlicher Giro- und Sparkonten für volle fünf Monate vorzulegen – und das mitten in einem laufenden Widerspruchsverfahren.
Das Jobcenter begründet die Forderung damit, dass die bisher eingereichten Auszüge „nicht ausreichend“ seien. Zugleich mahnt sie an, dass Schwärzungen von Textstellen die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen hinderten und stellt eine Frist, nach deren Ablauf „aufgrund des bekannten Sachverhalts“ entschieden werde.
Was das Gesetz wirklich vorsiehtDie Rechtsgrundlagen für eine Einsichtnahme in Kontobewegungen sind eindeutig benannt: § 60 Abs. 1 SGB I verpflichtet Leistungsberechtigte zur Mitwirkung, während § 67a Abs. 1 S. 1 SGB X die Erhebung und Verarbeitung von Sozialdaten nur zulässt, wenn sie zur Aufgabenerfüllung „erforderlich“ ist.
Dass Jobcenter routinemäßig drei Monate Kontoauszüge verlangen dürfen, hat das Bundessozialgericht bereits 2007 und 2008 bestätigt; das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis in späteren Entscheidungen nicht beanstandet, solange sensible Daten geschwärzt werden können.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat diese Rechtsprechung 2021 in ihre Fachlichen Weisungen übernommen. Seither gilt: Drei Monate sind Regelfall, längere Zeiträume bleiben Ausnahmen, die ein begründeter Verdacht auf Leistungsmissbrauch rechtfertigen muss.
Im aktuellen, im April 2025 überarbeiteten Weiterbewilligungsantrag (WBA) ist die dreimonatige Vorlagepflicht ausdrücklich als „erforderliche Anlage“ verankert.
Drei statt fünf MonateWeil der Antrag unseres Protagonisten schon bewilligt ist, verlagert sich die Auseinandersetzung in das Widerspruchsverfahren. Hier geht es nicht mehr um die erstmalige Prüfung der Hilfebedürftigkeit, sondern um die Frage, ob der verkürzte Bewilligungszeitraum rechtmäßig war.
Für eine erneute Datenerhebung müssten deshalb Anhaltspunkte vorliegen, die über die ursprüngliche Entscheidung hinausgehen. Solche Verdachtsmomente benennt die Sachbearbeitung jedoch nicht. Auch das Argument der „uneingeschränkten Erreichbarkeit“ – eine in der Fachpraxis unbekannte Steigerung der gesetzlich geregelten Orts- und Telefonpräsenz – liefert keine tragfähige Grundlage, wie Sozialrechtlerinnen immer wieder betonen.
Nach herrschender Meinung dürfen Kontoauszüge in einem laufenden Widerspruchsverfahren nur angefordert werden, wenn gerade der Gegenstand des Streits ohne diese Unterlagen nicht aufklärbar ist.
Anders als bei einer fehlenden Mitwirkung im Erst- oder Weiterbewilligungsprozess würde eine Verweigerung hier nicht unmittelbar die laufenden Leistungen gefährden, wohl aber die Erfolgsaussichten des Widerspruchs.
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Widerspruchsverfahren und MitwirkungspflichtenDas Jobcenter stützt sich in seinem Brief auf dieselbe Rechtsfolgenbelehrung, die es auch bei Anträgen einsetzt. Doch der Kontext ist ein anderer. Mit Blick auf § 41 SGB II ist der Regelfall ein zwölfmonatiger Bewilligungszeitraum; eine Verkürzung hat Ausnahmecharakter und muss sorgfältig begründet werden.
Fehlen diese Gründe oder werden sie erst nachträglich konstruiert, kann ein Gericht die Entscheidung aufheben. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass viele Betroffene die intensive Datennachforderung als Druckmittel empfinden und deshalb rasch umfangreicher Auskunft erteilen, als das Gesetz vorsieht.
Kontobewegungen sind hochsensible Informationen: Sie offenbaren nicht nur Einkünfte, sondern oft auch Mitgliedschaften, Krankheitsdaten oder politische Überzeugungen. Die Spruchpraxis der Gerichte erlaubt daher Schwärzungen genau jener Angaben, die Rückschlüsse auf besonders geschützte Lebensbereiche zulassen.
Jobcenter dürfen Kopien zudem nur so lange speichern, wie sie zur Entscheidung notwendig sind; anschließend müssen sie vernichtet oder – wenn sie als Nachweis dienen – datensparsam archiviert werden.
Was also tun?Juristischer Rat ist in Fällen wie diesem kein Luxus, sondern oft die schnellste Abkürzung zum Ziel. Ein Beratungsschein ermöglicht einkommensarmen Beschwerdeführern nahezu kostenfreie anwaltliche Hilfe. Fachleute raten, zunächst die Rechtsgrundlage schriftlich einzufordern und gleichzeitig Akteneinsicht nach Art. 15 DSGVO zu beantragen: Steht dort kein hinreichender Verdacht, stärkt das die eigene Position erheblich.
Lehnt das Jobcenter den Widerspruch schließlich ab, bleibt der Weg zum Sozialgericht – notfalls im einstweiligen Rechtsschutz, wenn die Existenz bedroht ist.
FazitDie Geschichte zeigt, wie leicht sich Verwaltungspraxis verselbständigt, wenn formale Anforderungen mit neuen Kontrollideen vermischt werden. Das Sozialrecht gesteht den Behörden weitreichende Einsichts- und Prüfungsrechte zu, setzt ihnen aber auch Grenzen: ohne Anlass keine Ausforschung, ohne Verdacht keine Verlängerung des Prüfungszeitraums.
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Rente vor dem Umbruch: Sechs Schritte mit großer Wirkung
Die Debatte über die Rente nimmt Fahrt auf. Ein von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche berufener Ökonomen-Beraterkreis hat ein Impulspapier vorgelegt. Die Autorinnen und Autoren skizzieren sechs Eingriffe, die das System dauerhaft entlasten sollen. Das könnte in Zukunft bedeuten:
Mehr Rentenalter-Dynamik, gedämpfte Rentensteigerungen und ein Pflicht-Vorsorgekonto stehen zur Diskussion. Gesetzt ist das nicht – aber es setzt den politischen Rahmen für 2026 und danach.
Rentenalter an Lebenserwartung koppelnDer Vorschlag ist klar: Steigt die fernere Lebenserwartung, steigt automatisch das Rentenalter. Zwei Drittel der gewonnenen Lebensjahre gehen in Arbeit, ein Drittel in den Ruhestand. Ab 2031 würde das Rentenalter etwa alle zehn Jahre um ein halbes Jahr steigen. Die Marke von 69 Jahren läge demnach in den frühen 2070er Jahren. Ziel ist Planbarkeit ohne jährliche Grundsatzdebatten. Politisch beschlossen ist das nicht.
Rentenerhöhungen: Preise statt LöhneHeute orientieren sich Bestandsrenten an der Lohnentwicklung. So partizipieren Renten an Produktivitätszuwächsen. Der Beraterkreis schlägt vor, Bestandsrenten künftig nur an die Inflation anzupassen. Die Kaufkraft bliebe gesichert, die Rentenkassen würden aber weniger belastet. Für Neurentner gälte weiter die Rentenformel, Änderungen wären politisch zu regeln.
Standardrentner neu definieren: 47 statt 45 JahreDie Haltelinie von 48 Prozent basiert auf einem Standardrentner mit 45 Beitragsjahren. Da die Regelaltersgrenze auf 67 steigt, soll der Standard künftig 47 Beitragsjahre ansetzen. Das dämpft die finanziellen Wirkungen der Haltelinie. Auch das ist ein Vorschlag, kein Beschluss.
Nachhaltigkeitsfaktor zurück in die FormelDer Nachhaltigkeitsfaktor koppelt Rentenanpassungen an das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern. In Alterungsphasen wirkt er bremsend. Die Autorinnen und Autoren fordern seine Wiedereinsetzung, gegebenenfalls mit stärkerem Gewicht. Begründung: automatische Stabilisierung und weniger Ad-hoc-Politik.
Rente mit 63 beschneiden, Mütterrente nicht ausweitenFrühverrentung soll es nur noch über enge Härtefallregeln geben. Die „Rente mit 63“ in heutiger Form soll entfallen. Vorzeitige Zugänge sollen zudem versicherungsmathematisch „korrekt“ bepreist werden, also mit höheren Abschlägen. Zugleich soll die Mütterrente nicht weiter ausgedehnt werden. Diese Linie richtet sich gegen Pläne, Leistungen auszuweiten.
Pflicht-Vorsorgekonto für alle ErwerbstätigenDer Kreis empfiehlt ein verpflichtendes Altersvorsorgekonto für alle Erwerbstätigen. Einzahlungen fließen in staatlich zertifizierte, breit gestreute Fonds. Ein Opt-out in private Angebote soll möglich sein. Die Einbeziehung weiterer Gruppen in die gesetzliche Rente lehnen die Autoren ab; die Kapitaldeckung soll die Umlage ergänzen.
Was bedeutet das konkret für Sie?Zunächst: Es handelt sich um ein Impulspapier, keine Gesetzesvorlage. Die Vorschläge setzen die Agenda. Über Inhalte entscheidet der Gesetzgeber. In der Koalition gibt es Widerspruch gegen ein höheres Rentenalter. Kurzfristige Änderungen zum 1. Januar 2026 sind möglich, aber offen. Rechnen Sie mit zügigen Verhandlungen.
Wenn Sie einen früheren Rentenbeginn planen, prüfen Sie Ihren Versicherungsverlauf. Wichtig sind Wartezeiten und Lücken. Frühere Zugänge könnten teurer werden. Wer die 45-Jahre-Wartezeit anpeilt, sollte Zeitpunkte genau kalkulieren. Härtefall-Türen bleiben nach den Vorschlägen zwar offen. Der Zugang würde aber enger und stärker belegt.
Wenn Sie bereits Rente beziehen, betreffen Sie primär die Anpassungsregeln. Eine reine Preisbindung schützt Ihre Kaufkraft. Sie nimmt Ihnen aber die Beteiligung an künftigen Lohnsteigerungen. Prüfen Sie deshalb zusätzliches Einkommen und Freibeträge, etwa aus Minijob und Hinzuverdienst. Das senkt die Abhängigkeit von der jährlichen Rentenanpassung.
Wenn Sie ein mittleres Einkommen haben, kann das Pflicht-Vorsorgekonto Ihre Sparquote vorgeben. Das mindert Gestaltungsspielräume im Budget. Dafür wächst ein kapitalgedeckter Baustein. Wer schon privat spart, müsste die neue Struktur in das eigene Portfolio einpassen.
Was jetzt wichtig wirdBehalten Sie die politische Reaktion im Blick. Das Papier stammt aus dem Umfeld des Wirtschaftsministeriums. Es legt Tempo nahe und nennt internationale Beispiele wie Dänemark und Schweden. Arbeits- und Sozialressorts werden eigene Linien setzen. Kompromisse sind wahrscheinlich: dynamisches Rentenalter mit sozialer Flankierung, vorsichtige Rückkehr des Nachhaltigkeitsfaktors, begrenzte Kapitaldeckung. Konkrete Paragrafen fehlen noch.
Ihre nächsten SchritteSichern Sie Ihren Versicherungsverlauf bei der Deutschen Rentenversicherung. Fordern Sie eine Kontenklärung an. Halten Sie Nachweise für Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten und Zeiten mit Teilzeit bereit. Wer den vorzeitigen Ruhestand plant, sollte Alternativen prüfen: längerer Verbleib mit Teilrente, Zuverdienst, Stufenmodell im Job. Lassen Sie sich Beratungsfristen geben und holen Sie Rentenauskünfte schriftlich ein.
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Pflegegrad erhöhen: So setzt man die Höherstufung durch
Wer mehr Pflege braucht, darf sich nicht mit einem zu niedrigen Pflegegrad zufriedengeben. Eine Höherstufung ist möglich – und oft nötig, damit Pflegegeld, Sachleistung, Kombinationsleistung, Verhinderungs- und Kurzzeitpflege im richtigen Umfang fließen. Entscheidend sind drei Dinge: der richtige Zeitpunkt für den Antrag, belastbare Nachweise für den gestiegenen Bedarf und ein sauber begründeter Widerspruch, falls die Pflegekasse bremst.
Wann lohnt der Höherstufungsantrag?Ein Antrag auf Höherstufung ist sinnvoll, wenn sich die Selbstständigkeit dauerhaft (voraussichtlich mindestens sechs Monate) verschlechtert hat – etwa durch neue Diagnosen, häufigere Stürze, nächtliche Hilfe, stärkere Einschränkungen bei Körperpflege/Anziehen/Essen, mehr Hilfe bei Medikamenten, Injektionen, Wund- oder Katheterversorgung, häufige Arzt-/Therapiewege oder ausgeprägte kognitive/psychische Probleme.
Maßgeblich sind die sechs Bewertungsmodule des MD-Begutachtungsinstruments; besonders gewichtet werden Selbstversorgung (40 %) und der Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen (20 %). Wer hier real Punkte hinzugewinnt, überschreitet oft die nächste Pflegegrad-Schwelle. (Zur Systematik unten mehr.)
Wichtig: Leistungen steigen nicht automatisch mit der Verschlechterung – sie steigen ab Antrag. Wer zuwartet, verliert Geld für jeden Monat ohne Antrag.
Leistungsbeginn: Ab wann wirkt die Höherstufung?Pflegeleistungen gibt es auf Antrag. Die höheren Leistungen laufen ab Beginn des Monats der Antragstellung, frühestens ab dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen tatsächlich vorlagen. Darum: Höherstufung sofort beantragen, nicht „erst mal abwarten“. (§ 33 SGB XI.)
So prüft der MD den Pflegegrad – und wo die Punkte herkommenDie Pflegekasse beauftragt den Medizinischen Dienst (MD) mit der Begutachtung. Standard ist der Hausbesuch; zulässig sind – mit klaren Voraussetzungen – auch strukturierte Telefon- und Videobegutachtungen. Bewertet wird in sechs Modulen, die zu 0–100 Punkten führen. Ab 12,5 Punkten liegt Pflegebedürftigkeit vor, die Pflegegrad-Schwellen sind:
PG 1: 12,5–<27 | PG 2: 27–<47,5 | PG 3: 47,5–<70 | PG 4: 70–<90 | PG 5: ≥90 (bzw. besondere Bedarfskonstellation).
Nur der höhere Wert aus Modul 2 (kognitive/kommunikative Fähigkeiten) oder Modul 3 (Verhaltensweisen/psychische Problemlagen) fließt ein; die übrigen Module (1, 4, 5, 6) werden voll gewichtet.
Für Höherstufungen entscheiden oft Alltags-Basics (Waschen, Ankleiden, Toilettengang, Essen/Trinken) und Therapie/Medikation/Wunden mehr als seltene „Highlight-Situationen“. Genau dort muss die Dokumentation sitzen.
Unterlagen, die den MD überzeugen:Halten Sie zum Termin (und für den Widerspruch) Kopien bereit:
- Pflegetagebuch über mindestens 14 Tage (besser 28): Uhrzeiten, Dauer, konkrete Handgriffe, nächtliche Hilfe, Belastungsspitzen.
Arzt- und Entlassungsberichte, Diagnosen mit Funktionsbezug (z. B. neurologische Ausfälle), Therapiepläne (Physio/Ergo/Logo), Wund-/Sturzprotokolle, Schmerz-Scores. - Medikamentenplan inkl. Injektionen/Infusionen, Blutzucker/Blutdruck-Handling, Verbandswechsel.
- Pflegerische Nachweise: Protokolle nach § 37 Abs. 3 SGB XI (Beratungseinsätze), Pflegedienst-Dokumentation (wenn vorhanden).
- Hilfsmittel: Verordnungen/Bewilligungen (z. B. Duschstuhl, Pflegebett, Inkontinenz, Gehhilfen), Anpassungen im Wohnumfeld.
- Alltagsbelege: Fotos kurzer Distanzen/engem Bad, Notruf-Auslösungen, Termin-/Fahrtenlisten zu Ärzten/Therapien.
Legen Sie die Unterlagen modulbezogen in einem dünnen Hefter ab („M4 Selbstversorgung“, „M5 Therapieanforderungen“ …). So findet die Gutachterin die Belege sofort.
Pflegetagebuch: So zeigen Sie den Mehrbedarf nachvollziehbarDokumentieren Sie realistisch, nicht „heldenhaft“. Beispiel statt Floskel: „Oberkörper waschen 10 min mit kompletter Übernahme; Unterkörper 12 min mit Lagerung; Ankleiden Unterteil 8 min mit 2×Aufstehen, starker Luftnot“. Notieren Sie Nächte (Aufstehen, Umlagern, Inkontinenz). Führen Sie Schwankungen (gute/schlechte Tage) mit. Entscheidend ist, welche Tätigkeiten ohne Hilfe nicht gelingen – nicht, wie „tapfer“ improvisiert wird.
Fristen, die Sie kennen und durchsetzen solltenBescheid der Pflegekasse: spätestens 25 Arbeitstage nach Antragseingang. Wird die Frist (ohne Ihre Mitverzögerung) gerissen, stehen 70 € je begonnene Woche zu – gesondert verlangen.
Begutachtung schneller bei Krankenhaus/Reha/Hospiz/Palliativfällen (5 Arbeitstage) oder bei angekündigter Pflegezeit/Familienpflegezeit (10 Arbeitstage).
Widerspruchsfrist: 1 Monat ab Bekanntgabe des Bescheids. Seit 01.01.2025 gilt: Schriftliche (und elektronische) Bescheide gelten am 4. Tag nach Absendung als zugegangen (Zustellfiktion). Fehlt/fehltte die Rechtsbehelfsbelehrung, gilt in der Regel 1 Jahr.
Untätigkeitsklage: Kommt innerhalb von 3 Monaten kein Widerspruchsbescheid, kann Klage auf Entscheidung erhoben werden.
- Frist sichern: „Fristwahrender Widerspruch“ in Textform (Brief, Fax; elektronisch nur bei eröffnetem e-Zugang) mit Datum des Bescheids und Ihrer Versicherungs-/Aktennummer.
- Gutachten anfordern: Fordern Sie das vollständige MD-Gutachten und die zugrunde gelegten Unterlagen an. Prüfen Sie Punktwerte und die Begründung je Modul.
- Begründung modulgenau: Arbeiten Sie mit Ihrem Pflegetagebuch und Belegen pro Modul durch, wo der Bedarf unterschätzt wurde (z. B. „M4 Selbstversorgung: Körperpflege vollständig zu übernehmen; MD setzte ‘überwiegend selbständig’ = falsch. Nachweise: Pflegedienstdoku 05–08/2025, Fotos Bad, Wundversorgung“).
- Anträge formulieren: „Neufeststellung“ mit erneuter persönlicher Begutachtung beantragen; hilfsweise Befristung prüfen lassen, wenn absehbare Änderung; Fristversäumnis-Pauschale verlangen (70 €/Woche), falls einschlägig.
- Entscheidung abwarten – dann ggf. Klagen: Bei Zurückweisung bleibt die Klage innerhalb eines Monats.
Ist der Bescheid bereits unanfechtbar, kann ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X falsche Entscheidungen korrigieren. Bei Erfolg werden Leistungen rückwirkend nachgezahlt – grundsätzlich bis zu vier Jahre, gerechnet ab Beginn des Jahres der Antragstellung. Das ersetzt keinen laufenden Widerspruch, ist aber der Rettungsanker, wenn Fristen vorbei sind.
Kinder & besondere KonstellationenFür Kinder gelten in der Begutachtung altersangepasste Kriterien; bei sehr kleinen Kindern gibt es Sonderzuordnungen. Eltern sollten die realen Mehrbedarfe (Therapie- und Arzttermine, Lagerung, Füttern, Sonden-/Stomapflege, Anfälle, Nachtüberwachung) konsequent modulbezogen dokumentieren und zum Termin mitbringen.
Häufige KurzfragenMuss ich den MD in die Wohnung lassen?
Die Regelbegutachtung findet im Wohnbereich statt. Videotelefonie/Telefon sind nur unter klaren Voraussetzungen möglich; Sie dürfen einen Hausbesuch wünschen.
Darf ich jemand dabeihaben?
Ja – Angehörige, Pflegeperson, rechtliche Betreuung oder ein(e) Beistand sind sinnvoll.
Elektronisch widersprechen?
Nur, wenn die Kasse elektronischen Zugang eröffnet hat (z. B. DE-Mail/BEA/eBO). Sicher ist schriftlich (Post/Fax) mit Nachweis.
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Bürgergeld: Vorverrentung kehrt zurück – Das droht nach dem Schutzende
Bis zum 31. Dezember 2026 gilt ein klarer Schutz. Jobcenter dürfen keine vorgezogene Altersrente erzwingen. Ab dem 1. Januar 2027 endet diese Befristung automatisch. Ohne neue Regel kann die frühere Praxis zurückkehren. Das bedeutet: Rente früher, aber dauerhaft gekürzt. Hier erfahren Sie, wer betroffen wäre, wie hoch die Abschläge sind und welche Ausnahmen helfen.
Rechtslage bis 31.12.2026: Keine Pflicht zur VorverrentungSeit dem 1. Januar 2023 besteht keine Pflicht zur vorgezogenen Altersrente. Bürgergeld-Beziehende müssen keinen solchen Antrag stellen. Diese Abkehr von der Zwangsverrentung ist befristet. Der Schutz endet mit Ablauf des Jahres 2026. Die reguläre, ungekürzte Rente bleibt vorrangig. Erreichen Sie die Regelaltersgrenze, ist der Antrag verpflichtend.
Ab 2027 möglich: Aufforderung zur vorgezogenen RenteLäuft die Befristung aus, kehrt die alte Logik zurück. Jobcenter können dann wieder auffordern. Die Aufforderung richtet sich auf vorrangige Leistungen. Dazu gehört die vorgezogene Altersrente bei erfüllter Wartezeit. In der Vergangenheit wurden Anträge teils sogar stellvertretend eingereicht. Ob dies wieder geschieht, hängt von der dann gültigen Rechtslage ab. Klar ist jedoch: Ein früherer Rentenstart führt zu dauerhaften Kürzungen.
Wer besonders gefährdet wäreIm Fokus stehen Menschen zwischen 63 und 66 Jahren. Die Wartezeit von 35 Jahren ist entscheidend. Viele haben Zeiten mit niedrigen Löhnen. Andere haben Lücken im Versicherungsverlauf. Abschläge treffen diese Gruppen besonders hart. Auch kurz vor der Regelaltersgrenze sind Verluste spürbar. Wenige Monate können deutliche Einbußen auslösen.
Abschläge verstehen: 0,3 Prozent pro MonatDer Rentenabschlag folgt einer einfachen Formel. Jeder vorgezogene Monat kostet 0,3 Prozent. Zwölf Monate ergeben 3,6 Prozent. 24 Monate bedeuten 7,2 Prozent. 36 Monate ergeben 10,8 Prozent. 48 Monate führen zu 14,4 Prozent. Die Kürzung gilt lebenslang. Sie endet nicht nach Erreichen der Regelaltersgrenze.
Beispielrechnungen: So wirken die Kürzungen konkretNehmen wir eine erwartete Rente von 1.200 Euro. Der Start vier Jahre früher senkt die Rente um 14,4 Prozent. Das sind 172,80 Euro pro Monat. Jährlich fehlen 2.073,60 Euro. Bei 1.000 Euro reduziert sich die Rente um 144 Euro. Übrig bleiben 856 Euro. Bei 1.500 Euro sind es 216 Euro weniger. Das ergibt 1.284 Euro. Diese Verluste summieren sich dauerhaft. Sie belasten jedes Jahr Ihres Ruhestands.
Rentenzugang in der Praxis: Viele starten mit AbschlägenDie Zugänge zeigen einen belastbaren Trend. Ein erheblicher Anteil beginnt bereits mit Kürzungen. Viele Versicherte ziehen den Rentenbeginn deutlich vor. Im Durchschnitt liegen die Vorziehungen im Bereich von gut zweieinhalb Jahren. Das bestätigt, wie verbreitet Abschläge heute sind. Eine Rückkehr der Zwangsverrentung würde diesen Trend verstärken.
Folgen für das HaushaltseinkommenDie Kürzung trifft nicht isoliert. Sie wirkt auf das gesamte Haushaltsbudget. Strom, Heizung und Miete bleiben konstant. Die gekürzte Rente deckt den Bedarf oft nicht. Dann rücken ergänzende Leistungen in den Fokus. Dazu zählen Wohngeld oder Grundsicherung im Alter. Die Abhängigkeit vom Bürgergeld sinkt zwar in der Statistik. Die Bedürftigkeit verschiebt sich jedoch nur in andere Systeme.
Unbilligkeitsgründe: Wichtige Schutzklauseln kennenAuch nach 2026 gelten Ausnahmen. Diese Ausnahmen nennt man Unbilligkeitsgründe. Sie greifen, wenn der Rentenantrag unzumutbar wäre. Ein Beispiel ist eine unmittelbar bevorstehende abschlagsfreie Rente. Auch ein laufendes sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis kann schützen. Gleiches gilt für eine nachweisbar bevorstehende Arbeitsaufnahme.
Reicht die vorgezogene Rente absehbar nicht zum Lebensunterhalt, kann das berücksichtigt werden. Lassen Sie diese Punkte früh prüfen. So vermeiden Sie vorschnelle Schritte.
Erwerbsminderungsrente: Ein getrenntes SystemDie Zwangsverrentung betrifft Altersrenten. Die Erwerbsminderungsrente funktioniert anders. Hier entscheidet die Leistungsfähigkeit, nicht das Alter. Ergänzende Hilfen laufen häufig über die Grundsicherung. Verwechseln Sie die Systeme nicht. Eine Aufforderung zur Altersrente ersetzt keine Prüfung der Erwerbsfähigkeit.
Was Sie jetzt vorbereiten solltenSichten Sie Ihre Rentenunterlagen. Prüfen Sie die Renteninformation und Wartezeiten. Klären Sie Lücken mit der Rentenversicherung. Simulieren Sie Szenarien für 12, 24, 36 und 48 Monate Vorziehung. Stellen Sie Ausgaben und Einnahmen gegenüber. Berücksichtigen Sie Kaltmiete, Heizung und Nebenkosten. Legen Sie Bescheide und Verträge geordnet ab. Dokumentieren Sie Beschäftigung und mögliche Arbeitsaufnahmen schriftlich. So reagieren Sie bei Bedarf schnell und belegt.
Beratung nutzen: Fristen einhalten, Rechte sichernErhalten Sie eine Aufforderung, handeln Sie strukturiert. Prüfen Sie Fristen genau. Suchen Sie fachkundige Beratung. Reichen Sie Belege zu Unbilligkeitsgründen ein. Widerspruch und Eilantrag können sinnvoll sein. Ziel ist Zeitgewinn und eine inhaltliche Prüfung. Notieren Sie jede Kommunikation mit dem Jobcenter. Fassen Sie Gespräche schriftlich zusammen. So bleibt der Vorgang belastbar dokumentiert.
Praxisblick: Zwangsverrentung spart selten wirklich KostenEine erzwungene Vorverrentung löst Armut nicht. Niedrige Renten bleiben niedrig. Ergänzende Leistungen werden dadurch nicht entbehrlich. Die Verantwortung wechselt nur die Verwaltungsebene. Für Betroffene entsteht keine reale Entlastung. Das spricht für klare und faire Ausnahmen. Und für Lösungen, die Einkommen stabilisieren.
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Schwerbehinderung: EuGH stärkt Eltern – Arbeitgeber müssen Arbeitszeiten anpassen
Eltern, die ein behindertes Kind versorgen, dürfen im Beruf keine Nachteile erleiden. Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass sich der Schutz vor Benachteiligung wegen einer Behinderung auch auf Mütter und Väter erstreckt, die die Pflege und Betreuung eines behinderten Kindes sicherstellen müssen.
Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitsorganisation und -zeiten so zu gestalten, dass die notwendige Versorgung möglich bleibt, sofern das Unternehmen dadurch nicht unverhältnismäßig belastet wird.
Die Entscheidung in KlartextIm Ausgangsfall wollte eine Arbeitnehmerin wegen täglicher Behandlungs- und Betreuungszeiten ihres schwerbehinderten Kindes ausschließlich vormittags arbeiten. Der Arbeitgeber lehnte das ab. Der EuGH stärkt nun Eltern in vergleichbaren Situationen: Wird jemand schlechter gestellt, weil er die Behinderung eines nahen Angehörigen kompensieren muss, liegt eine unzulässige mittelbare Benachteiligung vor.
Daraus folgt eine Pflicht des Arbeitgebers, angemessene Vorkehrungen zu treffen – etwa bei Dienstplänen, Schichtfolgen, Einsätzen vor Ort oder im Homeoffice. Welche konkrete Lösung passt, hängt vom Einzelfall ab; Unternehmen müssen aber ernsthaft prüfen, welche Varianten zu einer verlässlichen Kinderbetreuung führen, ohne den Betrieb über Gebühr zu belasten.
Was heißt „angemessene Vorkehrungen“?Angemessene Vorkehrungen sind organisatorische Anpassungen, die Beschäftigten die Vereinbarkeit von Pflege und Arbeit tatsächlich ermöglichen. Dazu zählen verlässliche Vormittags- oder Nachmittagsfenster, Gleitzeit mit definierten Kernzeiten, ein verabredetes Kontingent an Homeoffice-Tagen, ein längerer Planungs- und Tauschvorlauf im Schichtbetrieb oder eine Versetzung auf gleichwertige, planbare Tätigkeiten.
Der Arbeitgeber kann nicht pauschal mit „geht nicht“ antworten, sondern muss prüfen, dokumentieren und begründen, warum eine bestimmte Maßnahme machbar oder unzumutbar ist.
Die Grenze: Unverhältnismäßige BelastungNicht jede gewünschte Lösung muss umgesetzt werden. Unverhältnismäßig kann eine Maßnahme sein, wenn sie die Funktionsfähigkeit des Betriebs gravierend beeinträchtigt, etwa wegen zwingender Sicherheitsanforderungen, stark begrenzter Personaldecke oder unverhältnismäßiger Mehrkosten.
Maßstab sind Größe, Struktur und Ressourcen des Unternehmens. Entscheidend bleibt: Der Arbeitgeber muss Alternativen prüfen und nachvollziehbar darlegen, warum sie nicht in Betracht kommen.
Einordnung ins deutsche RechtDas Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet mittelbare Benachteiligungen wegen einer Behinderung. Dieses Diskriminierungsverbot greift auch, wenn ein Elternteil Nachteile erleidet, weil er die Behinderung des Kindes ausgleicht. Die EuGH-Linie verpflichtet deutsche Gerichte, das AGG entsprechend auszulegen.
Für die Praxis bedeutet das: Wo die Betreuung nachweislich nur mit einer bestimmten Organisation der Arbeitszeit gelingt, erhöht sich der Druck auf Arbeitgeber, tragfähige Lösungen zu entwickeln und zu vereinbaren.
Verhältnis zu Pflegezeit und FamilienpflegezeitDie Entscheidung ändert nichts an bestehenden Freistellungsrechten, sondern ergänzt sie. Kurzzeitige Arbeitsverhinderungen, Pflegezeit und Familienpflegezeit bleiben wichtige Instrumente, wenn Pflege vorübergehend oder in längeren Blöcken organisiert wird.
Reicht eine Freistellung nicht aus oder ist sie nicht zweckmäßig, greift der Anspruch auf zumutbare Anpassungen im laufenden Arbeitsverhältnis.
So setzen Eltern ihre Rechte umWer die Arbeitsbedingungen anpassen muss, sollte zunächst die tatsächlichen Anforderungen sauber belegen: Therapie-, Förder- und Behandlungstermine, ärztliche Bescheinigungen zur Notwendigkeit der Anwesenheit, organisatorische Gründe der Familie und die Zeiten, in denen andere Betreuung nicht realisierbar ist.
Danach folgt ein konkreter Vorschlag, der zum Betrieb passt, etwa feste Vormittagsschichten von Montag bis Freitag, definierte Kernzeiten mit Gleitkorridor oder zwei verlässliche Homeoffice-Tage pro Woche. Sinnvoll ist ein schriftlicher Antrag mit kurzer Begründung, der einen realistischen Starttermin enthält und den Arbeitgeber um Stellungnahme binnen einer angemessenen Frist bittet.
Lehnt der Arbeitgeber ab, sollte man eine detaillierte Begründung verlangen und Gesprächs- bzw. Einigungsstellen im Betrieb einbinden, also Betriebs- oder Personalrat sowie – falls vorhanden – Gleichstellungs- oder Inklusionsbeauftragte. Wichtig sind außerdem Fristen: Ansprüche wegen Benachteiligung müssen zeitnah geltend gemacht und, falls nötig, gerichtlich verfolgt werden.
Für wen das Urteil besonders wichtig istBesonders profitieren Eltern in Schicht- und Wechseldiensten, weil planbare Zeitfenster Betreuungslücken zuverlässig schließen. Alleinerziehende mit Nachmittags-Therapien gewinnen Gestaltungsspielraum, wenn Vormittagsmodelle oder fixe Kernzeiten eingeführt werden.
Im öffentlichen Dienst, im Sozial- und Gesundheitswesen sowie im Handel bestehen häufig organisatorische Alternativen, die ohne Substanzverlust genutzt werden können. Auch in Teilzeit- und Minijob-Konstellationen gelten die Grundsätze uneingeschränkt.
FazitDer EuGH setzt ein deutliches Signal: Pflege und Betreuung behinderter Kinder sind keine Privatangelegenheit, die Beschäftigte allein schultern müssen, sondern ein rechtlich geschütztes Anliegen. Arbeitgeber müssen praktikable Lösungen suchen und ermöglichen, solange dies verhältnismäßig bleibt.
Wer seine Bedarfe gut dokumentiert, konkrete Modelle vorschlägt und die betrieblichen Möglichkeiten einbezieht, verbessert die Chancen auf eine rechtssichere, alltagstaugliche Vereinbarung.
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Schwerbehinderung: Ab 1. Januar 2026 fällt der wichtige Vertrauensschutz
Ab dem 1. Januar 2026 gilt für die Altersrente schwerbehinderter Menschen ein neues Regelwerk. Der bislang geltende Vertrauensschutz – also das Recht, bereits vor dem 62. Geburtstag oder mit geringeren Abschlägen vorzeitig in den Ruhestand zu treten – wird ersatzlos gestrichen.
Für Betroffene bedeutet das: Ein abschlagsfreier Rentenbeginn ist erst ab 65 Jahren möglich, ein vorzeitiger Eintritt mit Abschlägen frühestens ab 62. Die Neuregelung betrifft nach Schätzungen rund acht Millionen Schwerbehinderte in Deutschland und führt bei vielen zu dauerhaften Einbußen von bis zu 10,8 Prozent der gesamten Altersrente.
Warum die Reform gerade jetzt greiftHintergrund der Reform ist die stufenweise Anhebung der Altersgrenzen, die der Gesetzgeber bereits 2007 beschlossen, aber für den besonders schutzbedürftigen Personenkreis der Schwerbehinderten lange ausgesetzt hatte. Mit dem Jahrgang 1964 wird nun erstmals eine Generation 62 Jahre alt, die keinen Bestandsschutz mehr genießt.
Damit greift § 37 SGB VI künftig ohne Übergangsregel: Rentenbezug ohne Abschläge ist erst mit 65 Jahren möglich, die vorzeitige Inanspruchnahme bleibt auf 62 Jahre limitiert und wird mit einem dauerhaften Abschlag sanktioniert.
Wer ist betroffen und welche Voraussetzungen gelten?Die strengeren Vorgaben treffen alle Versicherten, die 1964 oder später geboren wurden, einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 nachweisen und insgesamt 35 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen.
Für sie entfällt die bisherige Möglichkeit, bereits mit 60 Jahren – manchmal sogar noch früher – den Ruhestand zu wählen. Damit rückt die Schwerbehindertenrente näher an die regulären Altersgrenzen heran, ohne jedoch einen vollständigen Gleichklang herzustellen.
Mit jeder vorgezogenen Rentenmonat reduziert sich der Rentenwert dauerhaft um 0,3 Prozent. Wer den möglichen Rahmen von 36 Monaten voll ausschöpft, landet bei einem lebenslangen Abschlag von 10,8 Prozent.
Rechnet man diese Kürzung auf eine Brutto-Rente von 1 750 Euro hoch, sinkt die Zahlung um etwa 189 Euro pro Monat – und zwar für den gesamten Ruhestand. Parallel dazu fehlen Beitragszeiten, weil Betroffene früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden; das dämpft die spätere Rentenhöhe zusätzlich.
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– Schwerbehinderung: Alle Steuervorteile für behinderte Menschen in 2025
Langfristige Einkommenseffekte und versteckte FallstrickeVersicherte, die ihre Rente drei Jahre vorziehen, verzichten nicht nur auf den vollen Monatsbetrag. Geringere Rentensteigerungen, höhere Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung und der Verlust weiterer Entgeltpunkte verschärfen die Lücke im Alter.
Wer auf ergänzende Erwerbstätigkeit angewiesen ist, muss außerdem die Hinzuverdienstgrenzen der Teil- oder Flexi-Rente beachten – eine komplexe Materie, die unbedingte Beratung erfordert.
Handlungsspielräume: Rente planen statt reagieren
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt empfiehlt, spätestens ab Mitte 50 eine individuelle Rentenstrategie zu entwickeln. Dazu gehört, die persönliche Rentenauskunft hochrechnen zu lassen, potenzielle Abschläge zu simulieren und Varianten wie Teilrente oder Flexi-Rente zu prüfen.
Wer weiterarbeitet, kann durch zusätzliche Beitragszeiten spätere Rentenkürzungen abmildern; ein steuer- und sozialabgabenfreier Minijob erhält den Arbeitnehmerstatus und sichert zusätzliche Entgeltpunkte ohne Abschlag.
Freiwillige Beiträge als PufferAb dem 50. Lebensjahr haben Versicherte die Möglichkeit, freiwillige Beiträge einzuzahlen. Mit ihnen lassen sich künftige Abschläge ganz oder teilweise kompensieren. Zwar erfordert das zunächst Liquidität, doch die Rendite fällt im Vergleich zu anderen Anlageformen oft attraktiv aus, weil sich die Einzahlungen unmittelbar und dauerhaft im Rentenbescheid niederschlagen.
Frühe Entscheidung erspart späte VerlusteDie Reform ist beschlossen, die Frist läuft. Für Geburtsjahrgänge ab 1964 ist der 1. Januar 2026 der entscheidende Stichtag. Wer schon heute durchrechnet, ob ein früher Rentenbeginn wirtschaftlich tragfähig ist, kann Alternativen entwickeln, Rücklagen bilden oder gezielt weiterarbeiten. Wer hingegen wartet, riskiert, erst kurz vor Renteneintritt von einer Kürzung zu erfahren, die sich dann nicht mehr kompensieren lässt.
FazitDer Wegfall des Vertrauensschutzes ist keine Randnotiz, sondern die gravierendste Änderung im Rentenrecht für schwerbehinderte Menschen seit fast zwei Jahrzehnten.
Er zwingt Millionen Betroffene dazu, ihre Ruhestandsplanung neu aufzusetzen. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig beraten zu lassen, reale Abschläge zu kalkulieren und gezielt Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Nur so lässt sich verhindern, dass die eigentlich als Ausgleich gedachte Schwerbehindertenrente selbst zur finanziellen Belastung wird.
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Rente ohne Abschläge: Folgende Jahrgänge können jetzt noch vor 67 in Rente gehen
Wer will nicht vor 67 abschlagsfrei in Rente gehen? Tatsächlich sieht das Sozialgesetzbuch (SGB VI) verschiedene Altersrentenarten vor, die es einzelnen Jahrgängen ermöglichen, ihre Rente früher zu beziehen. Doch wer genau profitiert von diesen Möglichkeiten, und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Was bedeutet „Regelaltersrente“ – und wer kann noch mit 65 in Rente gehen?Die Regelaltersrente ist die bekannteste und am häufigsten in Anspruch genommene Rentenart in Deutschland. Aktuell wird das reguläre Renteneintrittsalter für Geburtsjahrgänge bis 1963 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Grundlage hierfür ist § 235 SGB VI, der eine Übergangsregelung vorsieht:
- Geburtsjahrgänge bis 31. Dezember 1946: konnten noch mit 65 Jahren in Rente gehen.
- Ab 1947 geborene Personen: Das Renteneintrittsalter wird je nach Geburtsjahr in Monats- oder Zweimonatsschritten angehoben, sodass sich der Rentenbeginn sukzessive Richtung 67 Jahre verschiebt.
Ein Beispiel: Wer 1957 geboren ist, erreicht die Regelaltersgrenze mit 65 Jahren und 11 Monaten.
Ab 1959 erfolgt die Anhebung sogar in Zweimonatsschritten. Entscheidend ist stets, dass mindestens 5 Beitragsjahre (die allgemeine Wartezeit) vorliegen.
Für Betroffene bedeutet dies: Wer nicht die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente (etwa durch Schwerbehinderung oder langjährige Versicherungszeiten) erfüllt, wird – je nach Geburtsjahr – oftmals erst ab etwa 66 oder 67 Jahren regulär in Rente gehen können.
Was ist die Altersrente für langjährig Versicherte – und wie wirken sich Abschläge aus?Neben der Regelaltersrente existiert die Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236 SGB VI. Sie steht all jenen Versicherten offen, die mindestens 35 Versicherungsjahre (Wartezeit) in der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen können. Interessant hierbei:
- Frühestmöglicher Rentenbeginn: Ab dem 63. Lebensjahr.
- Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme: Für jeden Monat, den man früher als die reguläre Altersgrenze (gemäß Tabelle des jeweiligen Geburtsjahres) in Rente geht, fallen 0,3 % Rentenabschlag an.
Diese Abschläge können sich schnell summieren. Wer beispielsweise für sein Geburtsjahr eine reguläre Altersgrenze von 66 Jahren und 4 Monaten hat, erhält bei einem Rentenbeginn mit 63 oft deutlich über 10 % Rentenkürzung – im Extremfall bis zu 14,4 %. Es ist daher ratsam, sich genau auszurechnen, ob man sich die vorzeitige Rente leisten kann und will.
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Wann greift die „Rente mit 63“? – Die Altersrente für besonders langjährig VersicherteImmer wieder ist in der Öffentlichkeit von der „Rente mit 63“ die Rede. Gemeint ist damit die Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b SGB VI. Ihr wichtigstes Merkmal:
- Voraussetzung: 45 Versicherungsjahre (Wartezeit), also noch einmal deutlich mehr als die 35 Jahre bei der „normalen“ Altersrente für langjährig Versicherte.
- Abschlagsfreiheit: Wer diese Rente beansprucht und die Wartezeit erfüllt, geht – je nach Geburtsjahr – in der Regel zwei Jahre vor der eigenen Regelaltersgrenze in Rente und erhält trotzdem keinen Abschlag.
Wichtig zu wissen: Der zunächst echte Rentenbeginn „mit 63“ war nur für ganz bestimmte Geburtsjahrgänge (vor 1953) möglich. Für spätere Jahrgänge verschiebt sich die Grenze schrittweise nach hinten. Ein Beispiel:
- Für den Geburtsjahrgang 1961 ist der abschlagsfreie Rentenbeginn erst mit 64 Jahren und 6 Monaten möglich.
Entscheidend ist, ob die 45 Versicherungsjahre voll erreicht werden. Akademikerinnen und Akademiker, die länger studiert haben, erreichen z.B. diesen Wert oft nicht. Wer allerdings parallel zur beruflichen Tätigkeit studiert oder bestimmte Zeiten anrechnen lassen kann, sollte sich beraten lassen, ob eine Chance besteht, diese Rente in Anspruch zu nehmen.
Welche Rolle spielt eine Schwerbehinderung beim früheren Rentenbeginn?Eine weitere Möglichkeit, vor dem 67. Lebensjahr in den Ruhestand zu gehen, ist die Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Die Rechtsgrundlage dafür bildet § 236a SGB VI. Sie richtet sich an Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50. Zudem müssen mindestens 35 Versicherungsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegen.
Wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann – je nach Geburtsjahr – bereits:
- Frühestens ab 60 Jahren (bei älteren Jahrgängen) oder
- ab 61 bzw. 62 Jahren (bei jüngeren Jahrgängen)
in die Rente starten, allerdings mit Abschlägen.
Die Abschläge liegen bei 0,3 % pro Monat vorzeitigem Rentenbezug und können sich auf maximal 10,8 % (36 Monate) oder sogar mehr summieren, wenn die Anhebung der Altersgrenzen berücksichtigt wird.
Auch hier finden sich detaillierte Tabellenwerte, die vom Geburtsjahr abhängen. Ab dem Geburtsjahrgang 1964 gilt für schwerbehinderte Menschen ein frühestmöglicher Beginn mit 62 Jahren und ein regulärer Beginn mit 65 Jahren.
Warum fallen manche Übergangsregelungen zukünftig weg?Interessanterweise „sterben“ manche Übergangsregelungen sukzessive aus. Das betrifft beispielsweise diejenigen, die vor dem 1. Januar 1952 oder 1953 geboren sind und deshalb besonders günstige Rentenregelungen wahrnehmen konnten. Nachrückende Jahrgänge unterliegen verschärften Regeln, was im Wesentlichen zwei Gründe hat:
- Anhebung des Rentenalters: Die schrittweise Erhöhung von 65 auf 67 Jahre verteilt sich über verschiedene Geburtsjahrgänge.
- Wegfall von Sonderklauseln: Vertrauensschutzregelungen galten nur für bestimmte Personengruppen. Mit Abschluss der Übergangsfristen können sich künftige Rentnerinnen und Rentner nicht mehr darauf berufen.
Ab dem Geburtsjahr 1964 wird die Regelaltersgrenze generell bei 67 Jahren liegen, wobei für Schwerbehinderte dann feste Grenzen bei 62 bzw. 65 Jahren bestehen. Damit entfällt die bisherige Staffelung mit monatlichen oder zweimonatlichen Erhöhungen für diese Jahrgänge.
Wie plane ich meinen optimalen Rentenbeginn?Da sich die Regelaltersgrenzen und Sonderregelungen je nach Geburtsjahr deutlich unterscheiden, ist eine sorgfältige Planung entscheidend. Folgende Schritte werden empfohlen:
- Renteninformation oder Rentenauskunft anfordern:
- Die Renteninformation ist eine kurze Übersicht, die meisten Versicherten regelmäßig erhalten.
- Die ausführlichere Rentenauskunft zeigt bereits genauer, welche Wartezeiten erfüllt sind und welche Rentenhöhe zu welchem Zeitpunkt möglich wäre.
- Wartezeiten prüfen:
- Reicht es für 35 Beitragsjahre (Altersrente für langjährig Versicherte)?
- Werden 45 Beitragsjahre erreicht (Rente für besonders langjährig Versicherte)?
- Liegt ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr vor (Altersrente für schwerbehinderte Menschen)?
- Finanzielle Konsequenzen berechnen:
- Wer früher in Rente geht, muss Abschläge in Kauf nehmen (außer bei Erfüllung der 45 Versicherungsjahre) – diese können lebenslang gelten.
- Ggf. lohnt es sich, ein oder zwei Jahre länger zu arbeiten, um Abschläge zu reduzieren oder um die 45 Jahre zu erreichen.
- Professionellen Rat einholen:
- Die Deutsche Rentenversicherung bietet kostenfreie Auskünfte und Beratungen.
- Spezialisierte Rentenberater liefern eine detaillierte Berechnung unterschiedlicher Rentenbeginn. So lässt sich feststellen, welche Option (Abschläge versus früherer Rentenbeginn) letztlich die sinnvollste ist.
Wer vor dem 67. Lebensjahr in Rente gehen möchte, hat in bestimmten Fällen noch immer die Chance dazu. Allerdings hängt diese Möglichkeit stark vom Geburtsjahr und den persönlichen Versicherungszeiten ab. Die Regelaltersrenteverschiebt sich für jüngere Jahrgänge immer näher an das 67. Lebensjahr heran.
Eine frühere Rente ist weiterhin über die Altersrente für langjährig Versicherte (35 Beitragsjahre) oder die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (45 Beitragsjahre) denkbar.
Schwerbehinderte Menschen können ihre Rente wiederum dank § 236a SGB VI zu einem noch früheren Zeitpunkt in Anspruch nehmen.
Wer also in den kommenden Jahren beabsichtigt, in Rente zu gehen, sollte sich bereits ein bis zwei Jahre im Voraus mit seiner Rentenauskunft beschäftigen. Nur so lässt sich klären, wann und wie der Renteneintritt am sinnvollsten ist.
Denn je nach Geburtsjahr kann das frühere Aufhören zu höheren Abschlägen führen, die bis ans Lebensende gelten.
Umgekehrt kann ein längeres Durchhalten helfen, Abschläge zu umgehen – oder die 45 Versicherungsjahre zu erreichen und damit ganz abschlagsfrei früher in Rente zu gehen.
In jedem Fall lohnt es sich, frühzeitig die richtige Strategie zu erarbeiten und im Zweifel auch eine professionelle Rentenberatung in Anspruch zu nehmen. So lassen sich unangenehme Überraschungen vermeiden und der Schritt in den Ruhestand optimal vorbereiten.
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Kurz vor der Rente arbeitslos: Diese Fehler kosten bares Geld
Wer wenige Jahre vor der Altersrente arbeitslos wird, braucht Struktur. Ziel ist ein lückenloser Zahlungsfluss und stabile Rentenpunkte. Im besten Fall überbrücken Sie bis zu 42 Monate. Das gelingt mit der maximalen ALG-I-Dauer, mit sauberer Verfügbarkeit und mit der richtigen Strategie bei Krankheit. Jede Entscheidung hat Folgen für Höhe und Dauer der Leistungen.
ALG I maximal nutzen: Dauer, Anspruch, TimingArbeitslosengeld I ist die zentrale Säule. Prüfen Sie zuerst die Anspruchsdauer. Ab einem höheren Lebensalter ist eine Bezugsdauer von bis zu 24 Monaten möglich. Die genaue Länge hängt von Ihrem Alter und Ihren Vorversicherungszeiten ab. Maßgeblich sind die versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten vor der Arbeitslosigkeit.
Sichern Sie deshalb früh alle Nachweise. Fordern Sie fehlende Bescheinigungen beim Arbeitgeber an. Achten Sie auf rechtzeitige Meldungen bei der Agentur für Arbeit. Versäumen Sie Fristen nicht. Sonst drohen Sperrzeiten oder Leistungslücken.
Wichtig ist Ihre Verfügbarkeit. Sie müssen für mindestens 15 Stunden pro Woche einsetzbar sein. Diese Grenze steuert den Zugang zum regulären ALG I. Wer sich nur für sehr wenig Stunden anbietet, riskiert Kürzungen. Legen Sie Einschränkungen sachlich dar.
Nutzen Sie ärztliche Unterlagen, wenn gesundheitliche Gründe bestehen. Stimmen Sie jede Änderung der Wochenstunden vorher ab. So vermeiden Sie Überraschungen bei der Höhe des ALG I.
3,5 Jahre denken: Was die 42 Monate bedeutenDie 42 Monate sind eine Zielmarke. Die Basis bilden bis zu 24 Monate ALG I. Dazu kommen Zeiträume, in denen krankheitsbedingte Leistungen greifen. Erkranken Sie während des laufenden ALG-I-Bezugs, zahlt die Agentur das ALG I bis zu sechs Wochen weiter. Danach übernimmt in der Regel die Krankenkasse mit Krankengeld.
Beide Phasen schützen Ihren Versicherungsschutz und sichern Beiträge für die Rente. Wer vor der Arbeitslosigkeit längere Krankheitszeiten hatte, kann bereits zuvor Krankengeld bezogen haben. In Summe lassen sich so bis zu rund 3,5 Jahre überbrücken. Entscheidend ist die Reihenfolge der Anträge und die lückenlose Dokumentation.
Rentenpunkte sichern: So wirkt ALG I auf die RenteALG I ist rentenrechtlich wertvoll. Die Agentur für Arbeit meldet Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung. Grundlage ist ein fiktives Entgelt. Es orientiert sich am früheren Brutto. Dadurch entstehen Rentenpunkte. Diese Punkte erhöhen die spätere Altersrente. Auch Krankengeld löst Pflichtbeiträge aus.
Die Krankenkasse führt diese Beiträge ab. So bleibt der Rentenanspruch stabil, obwohl kein normales Gehalt fließt. Wer stattdessen in eine EM-Rente gedrängt wird, riskiert häufig eine niedrigere Altersrente. Prüfen Sie daher immer die Wirkungen auf die Rente, bevor Sie zustimmen.
Krankheit im ALG I: Nahtlosigkeit richtig anwendenViele Betroffene sind gesundheitlich eingeschränkt. Dann hilft die Nahtlosigkeitsregelung. Sie greift, wenn Ihre Erwerbsfähigkeit voraussichtlich länger stark gemindert ist. Sie erhalten trotzdem ALG I, solange die Rentenversicherung keine abschließende Entscheidung zur Erwerbsminderung getroffen hat.
Das sichert Einkommen, bis Reha oder Begutachtung abgeschlossen sind. Stellen Sie dazu die nötigen Anträge zügig. Halten Sie ärztliche Befunde bereit. Notieren Sie Diagnosen, Einschränkungen und den zeitlichen Verlauf. So vermeiden Sie Rückfragen und Verzögerungen.
Wichtig ist die Abgrenzung zum regulären ALG I. Sind Sie aus Sicht der Agentur grundsätzlich vermittelbar, gelten die üblichen Pflichten. Dann nehmen Sie Termine wahr und reagieren auf Vermittlungsvorschläge. Passen Tätigkeiten nicht zu Ihren gesundheitlichen Grenzen, legen Sie dies sachlich dar. Reichen Sie Nachweise nach. So schützen Sie sich vor Sanktionen und fehlerhaften Ablehnungen.
Reha-Aufforderung und EM-Rente: Druck korrekt begegnenIn der Praxis kommt es zu Aufforderungen zur Reha. Diese Schreiben haben Gewicht. Folgen Sie ihnen fristgerecht. Ansonsten kann die Zahlung ruhen. Wird eine Reha als aussichtslos gewertet, kann der Antrag in einen EM-Rentenantrag übergehen.
Das verkürzt den ALG-I-Zeitraum. Prüfen Sie deshalb jeden Schritt. Fordern Sie die Rechtsgrundlage an. Sichern Sie Beratung, bevor Sie umsteuern. Ziel bleibt der lückenlose Leistungsbezug, ohne die Rente langfristig zu schwächen.
Sperrzeit vermeiden: Entscheidungen sauber begründenEine eigenständige Kündigung kann teuer werden. Ohne wichtigen Grund droht eine zwölfwöchige Sperrzeit. Diese Zeit mindert die Gesamtdauer des Anspruchs. Prüfen Sie daher Alternativen. Ein Aufhebungsvertrag kann passen, wenn ein wichtiger Grund dokumentiert ist. Lassen Sie Formulierungen prüfen.
Klären Sie Abfindungen und Urlaubsabgeltungen. Beides kann zu Ruhenszeiten führen. Planen Sie das Enddatum Ihrer Beschäftigung exakt. Stimmen Sie den nahtlosen Übergang in ALG I rechtzeitig ab.
Teilzeit, Minijob, Nebeneinkünfte: Auswirkungen beachtenNebeneinkünfte können den Anspruch verändern. Prüfen Sie Freibeträge und Anrechnung. Melden Sie jeden Zuverdienst vorab. Stimmen Sie Arbeitszeit und Erreichbarkeit mit Ihrer Vermittlerin ab. Achten Sie darauf, dass die 15-Stunden-Grenze nicht unterschritten wird, wenn Sie reguläres ALG I nutzen. Bei gesundheitlichen Einschränkungen kann die Nahtlosigkeit sinnvoller sein. Treffen Sie die Wahl bewusst. Halten Sie jede Vereinbarung schriftlich fest.
Übergang in die Altersrente: Startmonat richtig wählenDas Ende der 42 Monate fällt oft nahe an den Rentenstart. Wählen Sie den Startmonat strategisch. Prüfen Sie, ob Sie Abschläge vermeiden können. Prüfen Sie auch, ob 45 Beitragsjahre erreichbar sind. Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten zählen häufig mit. Fehlen wenige Monate, können gezielte Beschäftigungszeiten helfen.
Auch freiwillige Beiträge sind in Einzelfällen denkbar. Lassen Sie sich den Rentenverlauf ausdrucken. Korrigieren Sie Lücken sofort. Jede geklärte Zeit zahlt auf die endgültige Ruhestandsplanung ein.
Schritt-für-Schritt-Plan: So behalten Sie die KontrolleMelden Sie sich umgehend arbeitsuchend. Beantragen Sie ALG I fristgerecht. Prüfen Sie die Anspruchsdauer und die Höhe. Halten Sie die 15-Stunden-Grenze ein oder nutzen Sie die Nahtlosigkeit. Reichen Sie Befunde vollständig ein. Reagieren Sie auf Reha-Aufforderungen innerhalb der Frist. Legen Sie Widerspruch ein, wenn Bewertungen offenkundig falsch sind.
Vermeiden Sie eine Eigenkündigung ohne Beratung. Klären Sie Abfindungen und Ruhenszeiten schriftlich. Planen Sie den Rentenstartmonat mit Blick auf Abschläge und Beitragsjahre. So erreichen Sie Ihr Ziel: durchgehendes Einkommen, gesicherte Rentenpunkte und ein sauberer Übergang in die Altersrente.
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Schwerbehinderung: Größere und teurere Wohnung kann angemessen sein
Wer mit Schwerbehinderung lebt, benötigt oft mehr Platz. Türen müssen breiter sein. Hilfsmittel benötigen Bewegungsflächen. Pflegedienste benötigen Stellflächen. In der Grundsicherung kann das höhere Wohnkosten rechtfertigen. Die starre Grenze der Kommune gilt dann nicht immer. Das zeigen Urteile und klare Regeln. Sie erfahren hier, wann Träger Mehrkosten übernehmen und wie Sie vorgehen.
Angemessenheit ist kein starrer Deckel„Angemessen“ richtet sich nach lokalen Konzepten. Diese berechnen Mietpreise und Wohnflächen. Für Menschen mit Behinderung gelten jedoch Ausnahmen. Erforderlich ist eine Einzelfallprüfung. Zugangshemmnisse auf dem Wohnungsmarkt zählen mit. Wer wegen Behinderung schwer fündig wird, darf keine Nachteile tragen. Dann können höhere Quadratmeterpreise zulässig sein.
Barrierefrei kostet oft mehr – und darf mehr kostenBarrierefreie Wohnungen sind häufig teurer. Ursachen sind Umbauten, Aufzüge und Grundrisse. Solche Mehrkosten dürfen anerkannt werden. Maßgeblich ist der behinderungsbedingte Bedarf. Entscheidend sind konkrete Gründe der Person. Steigt der Preis wegen Barrierefreiheit, muss der Träger dies beachten.
Mehr Wohnfläche: Häufig bis zu 15 m² zusätzlichViele Richtwerte kennen Zuschläge. Für Rollstuhlnutzer oder Blinde werden oft 15 m² mehr akzeptiert. Auch bei hohem Pflegebedarf sind Zuschläge möglich. Ein Automatismus besteht jedoch nicht. Der Bedarf muss nachvollziehbar belegt sein. Die Wohnung muss insgesamt noch angemessen sein.
Nachweise: So überzeugen Sie die LeistungsstelleLegen Sie den Schwerbehindertenausweis vor. Nennen Sie Merkzeichen und Pflegegrad. Fügen Sie ein ärztliches Attest hinzu. Beschreiben Sie Hilfsmittel mit Maßen. Erklären Sie Abläufe der Pflege zu Hause. Zeigen Sie, warum Standardflächen nicht reichen. Dokumentieren Sie Besichtigungen und Absagen. So belegen Sie Zugangshemmnisse plausibel.
Zusicherung vor dem Mietvertrag einholenPlanen Sie einen Umzug, sprechen Sie zuerst mit dem Träger. Bitten Sie um eine schriftliche Zusicherung. Das ist wichtig oberhalb der Richtwerte. Ohne Zusicherung drohen Leistungslücken. Nennen Sie Objekt, Größe und Kaltmiete. Fügen Sie Grundriss und Bedarfslage bei. Verlangen Sie eine begründete Entscheidung.
Karenzzeit verschafft Zeit – mit GrenzenSeit der Reform gilt eine Karenzzeit. Im ersten Jahr zählen die tatsächlichen Wohnkosten. Das gilt in der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Es gilt auch in der Grundsicherung im Alter. Heizkosten werden gesondert geprüft. Danach greift wieder die Angemessenheit. Unterbrechungen verändern die Fristen. Eine neue Karenzzeit beginnt nicht sofort.
Eigenheim: Diese Posten sind regelmäßig anerkennbarAuch Eigentümer können Leistungen erhalten. Anerkennbar sind angemessene Schuldzinsen. Hinzu kommen Grundsteuer und Erbbauzins. Die Wohngebäudeversicherung zählt ebenfalls. Übliche Nebenkosten sind wie bei Mietern zu behandeln. Unabweisbare Reparaturen können übernommen werden. Notwendig ist stets die Erforderlichkeit. Holen Sie Zusagen vorher ein.
Rechtsprechung stärkt den EinzelfallGerichte betonen die Einzelfallprüfung. Barrierebedarfe wiegen schwer. Wer wegen Behinderung seltene Angebote findet, bekommt mehr Zeit. Höhere Mieten können dann angemessen sein. Auch größere Flächen sind möglich. Entscheidend sind Belege und Marktlage. Dokumentierte Suchbemühungen helfen.
Praxis: So setzen Sie Ihren Anspruch durchStarten Sie mit einer kurzen Bedarfsdarstellung. Listen Sie Hilfsmittel und Bewegungsflächen. Fügen Sie Atteste und Bescheinigungen bei. Beschreiben Sie die Wohnungssuche detailliert. Heben Sie Barriere-Mehrkosten hervor. Bitten Sie um eine schriftliche Zusicherung. Benennen Sie die konkrete Wohnung. Verlangen Sie eine Entscheidung mit Begründung. Legen Sie Widerspruch ein, falls nötig. Reichen Sie fehlende Unterlagen sofort nach.
Häufige Fehler vermeidenSchließen Sie keinen Vertrag ohne Zusicherung. Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Aussagen. Legen Sie Ablehnungen nicht ungeprüft hin. Prüfen Sie Richtwerte der Kommune genau. Passen Sie die Begründung daran an. Halten Sie Fristen strikt ein. Bewahren Sie Nachweise geordnet auf.
Beispiel: Rollstuhl und ambulanter PflegedienstEine alleinlebende Person nutzt einen Aktivrollstuhl. Zusätzlich kommt täglich ein Pflegedienst. Die Standardfläche genügt nicht. Der Flur benötigt Wendeflächen. Bad und Küche benötigen Bewegungsradien. Die Pflegekraft benötigt Platz für Hilfsmittel. Hier ist ein Zuschlag plausibel. Eine höhere Nettokaltmiete kann angemessen sein.
Beratung und Rechtsschutz nutzenHolen Sie Unterstützung bei Sozialverbänden. Lassen Sie Anträge vorab prüfen. Bitten Sie um Formulierungshilfen. Nutzen Sie unabhängige Beratung. Bei Ablehnung hilft Widerspruch. Reichen Sie neue Nachweise zeitnah ein. Bei Eilbedürftigkeit prüfen Sie Eilanträge. So sichern Sie die Unterkunft.
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Schwerbehinderung: Warum GdB 50 oft unerreichbar bleibt
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat den Antrag eines Beschäftigten auf Erhöhung seines Grades der Behinderung (GdB) von 40 auf 50 abgelehnt (Urteil vom 9. Dezember 2021, Az. L 6 SB 2855/20).
Obwohl der Mann über dauerhafte Schmerzen, eine leichte Depression und weitere Leiden klagte, sah das Gericht keine „wesentlichen Änderungen“ seines Gesundheitszustands. Die Entscheidung zeigt: Ohne belastbare Befunde und nachvollziehbare Teilhabe-Einschränkungen bleibt der ersehnte Schwerbehindertenstatus häufig außer Reichweite.
Ein Mann klagt auf mehr AnerkennungDer Kläger, Mitte 40, arbeitet in Vollzeit, treibt gern Fußball, Rad- und sogar Ski, lebt allein und kommt laut Gutachten im Alltag gut zurecht. Sein bisheriger Gesamt-GdB lag bei 40. Mit Verweis auf chronische Rückenschmerzen, eine leichtere Depression, Asthma, Bluthochdruck und Nierensteine beantragte er, als „schwerbehindert“ im Sinne des § 2 SGB IX anerkannt zu werden – das bedeutet einen GdB von mindestens 50.
Sowohl das Sozialgericht Reutlingen (Urteil vom 5. August 2020) als auch das nächsthöhere Landessozialgericht wiesen die Klage ab und legten dem Mann zusätzlich seine außergerichtlichen Kosten auf.
Was das Gericht sah – und was nichtPsyche: Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen, einer Art amtlicher Tabelle, wird ein GdB 50 erst bei „schweren psychischen Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten“ vergeben. Die Richter stuften die Depression des Klägers aber nur als „leicht bis mittelgradig“ ein.
Wirbelsäule und Schmerz: Bildgebende Verfahren zeigten zwar Verschleiß, jedoch nur geringe Bewegungseinschränkungen. Weder Bandscheibenvorfälle noch neurologische Ausfälle wurden festgestellt.
Weitere Erkrankungen: Asthma, Bluthochdruck und das wiederkehrende Nierensteinleiden waren laut Befund jeweils leicht ausgeprägt – deshalb erhielten sie keinen eigenen GdB-Zuschlag.
Teilhabe: Besonders gewichtig war die aktive Lebensführung des Klägers: Vollzeitjob, regelmäßiger Sport, selbstständiger Haushalt. Das Gericht wertete diese Punkte als starken Hinweis darauf, dass alltägliche Aktivitäten kaum eingeschränkt sind.
Unter dem Strich sahen die Richter „keine wesentliche Änderung“ seines Gesamtzustands, die eine Anhebung um mindestens zehn Punkte rechtfertigen würde – das ist die gesetzliche Mindestschwelle für eine Neufeststellung.
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Das Urteil unterstreicht einen harten Fakt: Selbst wer Schmerzen und seelische Belastungen täglich spürt, muss sie gegenüber der Behörde oder dem Gericht beweisen können. Subjektiver Leidensdruck allein genügt nicht.
Hinzu kommt, dass Aktivität häufig als Gegenargument gilt. Ein Vollzeitjob dient vielen zum Lebensunterhalt – doch vor Gericht kann er als Signal gewertet werden, dass gravierende Funktionsstörungen fehlen.
Beginnen Sie damit, ein möglichst genaues Schmerz- und Aktivitätstagebuch zu führen: Notieren Sie täglich, wann und wo die Schmerzen auftreten, welche Belastungen sie auslösen oder verstärken und wie stark sie sind.
Parallel dazu sollten Sie sich frühzeitig aussagekräftige Facharzt- sowie Reha-Berichte sichern, denn nur objektive Befunde belegen gegenüber Versorgungsamt oder Gericht, wie stark Ihre Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist.
Lassen Sie außerdem psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen fachärztlich diagnostizieren und konsequent behandeln, damit Sie später belastbare Gutachten von Psychiater*innen vorlegen können.
Wichtig ist auch, dass Sie nicht nur Beschwerden schildern, sondern konkrete Teilhabeprobleme herausstellen – etwa Fehlzeiten im Job, Unterstützung im Haushalt oder Hilfe bei der Kinderbetreuung.
Und stellen Sie einen neuen Antrag auf Höherstufung Ihres GdB erst dann, wenn sich Ihr Gesundheitszustand wirklich messbar verschlechtert hat, beispielsweise durch ein frisches MRT, einen stationären Krankenhausbericht oder andere aktuelle Befunde.
Kritik: Hohe Hürden trotz spürbaren LeidensDie Entscheidung zeigt den enormen Nachweisdruck für chronische Schmerzpatient*innen. Zwar sollen die Versorgungsmedizinischen Grundsätze bundesweit vergleichbare Entscheidungen sichern, doch sie bilden lange Leidenswege oft nur unzureichend ab. Gerade chronische Schmerzen verändern das Leben meist schleichend.
Dass Sport-Hobbys oder ein nötiger Arbeitsplatz als „Gegen-Indiz“ für schwere Einschränkungen gelten, führt Betroffene in ein Dilemma: Wer sich trotz Schmerzen bewegt, um beweglich zu bleiben oder Geld zu verdienen, riskiert schlechtere Anerkennung.
Zudem bleibt offen, ob die Tabellen der VersMedV ausreichend Raum für komplexe Mehrfachbelastungen bieten. Fachverbände fordern seit Langem, psychosomatische Zusammenhänge stärker zu berücksichtigen und nachvollziehbare Kriterien für Schmerzsyndrome zu entwickeln.
Hilfe holen und Fristen wahrenBeratung: Unabhängige Sozialrechts-Beratung bieten zum Beispiel der VdK (www.vdk.de) und der SoVD (www.sovd.de). Beide Verbände vertreten Mitglieder notfalls auch vor Gericht.
Widerspruch: Gegen einen Ablehnungsbescheid können Betroffene innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch erheben. Danach bleibt nur die Klage beim Sozialgericht (Frist: ein weiterer Monat nach Widerspruchsbescheid).
Kosten: Wer kein Verbandsmitglied ist, kann für das Gerichtsverfahren Prozesskostenhilfe beantragen, wenn die eigenen Mittel gering sind.
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Bürgergeld-Eilantrag abgelehnt – Bareinzahlungen zerstören die Hilfebedürftigkeit
Kernbotschaft vorweg: Wer im Eilverfahren Bürgergeld will, muss Hilfebedürftigkeit lückenlos belegen. Mehrere nicht erklärte Bareinzahlungen auf das eigene Konto sprechen gegen diesen Anspruch. So entschied das Landessozialgericht (LSG) Hessen im Februar 2025 (Az. L 6 AS 503/24 B ER). Der Senat verneinte einen Anordnungsgrund und stellte ernsthafte Zweifel am Erfolg in der Hauptsache fest. Der Antrag blieb damit ohne Erfolg.
Worum es im Fall gingDer Antragsteller verlangte Bürgergeld im einstweiligen Rechtsschutz. Gleichzeitig zeigten seine Kontoauszüge über Monate zahlreiche Bareinzahlungen und interne Umbuchungen. Teilbeträge stammten laut Vortrag aus dem Familienkreis.
Die Herkunft blieb aber unklar. Ein schriftlicher, konkreter Nachweis fehlte. Eine eidesstattliche Versicherung legte der Antragsteller nicht vor. Das Gericht sah deshalb sowohl Hilfebedürftigkeit als auch Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Warum Bareinzahlungen der Hilfebedürftigkeit entgegenstehenBürgergeld setzt voraus, dass der Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln gesichert werden kann. Wer fortlaufend Bargeld einzahlt, zeigt damit, dass eigene Mittel verfügbar sind oder gewesen sein könnten. Ohne präzise Herkunftsnachweise behandelt die Rechtsprechung solche Zuflüsse regelmäßig als Einkommen oder als Indiz gegen Hilfebedürftigkeit.
Genau das passierte hier: Die Vielzahl der Einzahlungen, ihr Umfang und die fehlende Aufklärung zum Ursprung ließen nach Ansicht des LSG auf bestehende Eigenmittel schließen. Damit entfiel die Grundlage für eine vorläufige Leistungsgewährung.
Die wichtigsten Feststellungen des GerichtsDer Senat verwies auf mehrere Bewegungen zwischen Konten und erhebliche Bargeldzuflüsse. Aus einem sogenannten F.-Konto flossen über 12.000 Euro. Anfang März 2024 sollen 7.000 Euro an den Vater zurückgeflossen sein. Ob es diese Rückzahlung gab, blieb offen. Auf dem Konto des Antragstellers verblieben laut Akte mehr als 5.000 Euro.
Noch im März 2024 überwies er wiederum einen Teil zurück auf das F.-Konto und transferierte im Juni 2024 fast 5.000 Euro auf das Girokonto. Zusätzlich dokumentierten die Kontoauszüge von Oktober 2024 bis Ende 2025 weitere Barzuflüsse im Umfang von 3.250 Euro. Der Antragsteller erklärte, das Geld sei verbraucht, unter anderem für Miete. Dem folgte der Senat nicht. Die Darstellung blieb pauschal und nicht belegt.
Eilverfahren: Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund – beides muss sitzenIm einstweiligen Rechtsschutz zählen zwei Punkte.
Erstens: der Anordnungsanspruch. Er verlangt eine auf Tatsachen gestützte Wahrscheinlichkeit, dass Bürgergeld in der Hauptsache zusteht.
Zweitens: der Anordnungsgrund. Er verlangt eine gegenwärtige Notlage, die keinen Aufschub erlaubt, etwa drohende Wohnungslosigkeit trotz nachweislich fehlender Mittel.
Beides muss schlüssig und belegbar sein.
Im hessischen Fall verneinte das Gericht schon die Hilfebedürftigkeit. Damit fehlte nicht nur der Anordnungsgrund, sondern von vornherein die materielle Basis für vorläufige Leistungen.
Darlehen von Angehörigen: So überzeugt der Nachweis – und so nichtBarzuschüsse aus der Familie sind nicht automatisch Darlehen. Wer eine Rückzahlungsverpflichtung behauptet, muss diese konkret nachweisen. Das gelingt mit einem schriftlichen Darlehensvertrag, klaren Rückzahlungsmodalitäten, Angaben zu Zinssatz (notfalls null Prozent, aber festgehalten), zu Fälligkeit und Raten, sowie mit Zahlungsbelegen, die die tatsächliche Geldbewegung zeigen.
Entscheidend ist die chronologische Zuordnung: Wer, wann, welchen Betrag, auf welchem Weg. Fehlt diese Struktur, wertet das Gericht die Zuflüsse schnell als verfügbares Einkommen. Im vorliegenden Fall fehlten konkrete Belege und eine eidesstattliche Versicherung. Das genügte nicht, um die behauptete Darlehensnatur glaubhaft zu machen.
Was Betroffene jetzt praktisch tun solltenWer Bürgergeld beantragt und gleichzeitig Bargeld einzahlt oder Familientransfers nutzt, benötigt von Anfang an eine wasserdichte Dokumentation. Dazu gehören Kontoauszüge ohne Lücken, Überweisungsbelege, nachvollziehbare Bargeldquittungen, ein schriftlicher Darlehensvertrag bei Geld von Angehörigen und – falls es schnell gehen muss – eine eidesstattliche Versicherung, die die Geldflüsse präzise bezeichnet.
Jede Angabe braucht Ort, Zeit, Betrag, Person. Die bloße Erklärung, das Geld sei „verbraucht“, reicht nicht. Es hilft, wesentliche Ausgaben mit Belegen zu hinterlegen, etwa Miete, Energie, Arznei, Versicherungen, Tilgungen. Je sauberer die Belegkette, desto eher erkennt das Gericht Hilfebedürftigkeit an.
Typische Fehler, die den Eilantrag scheitern lassenEin häufiger Fehler ist der pauschale Vortrag ohne Belege. Dazu zählt die fehlende eidesstattliche Versicherung, wenn Unterlagen (noch) nicht vollständig vorliegen. Ebenso problematisch sind Bargeldeinzahlungen ohne Herkunftsnachweis oder der bloße Hinweis auf „familiäre Hilfe“ ohne Vertrag, ohne Zahlungsfluss und ohne Rückzahlungsplan.
Wer Gelder zwischen eigenen Konten hin- und herbewegt, muss die Buchungen umso klarer erklären. Sonst entsteht der Eindruck, es stünden eigene Mittel zur Verfügung. Auch zeitliche Brüche schaden: Längere Phasen mit Einzahlungen, die zeitlich eng an den Antragszeitraum anschließen, schwächen den Vortrag der Bedürftigkeit.
Rechtlicher Rahmen in Kürze: Hilfebedürftigkeit ist TatsachensacheNach dem SGB II bekommt Bürgergeld, wer erwerbsfähig, hilfebedürftig und gewöhnlich in Deutschland ist. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen, Vermögen oder Unterstützung Dritter decken kann. Das ist keine abstrakte Rechtsfrage, sondern hängt von Fakten ab: Kontostände, Zuflüsse, Abflüsse, Verträge.
Wer Barmittel zuführt, ohne deren Herkunft zu belegen, trägt ein Risiko. Im Zweifel behandelt die Verwaltung solche Beträge als Einkommen. Das kann Leistungen mindern oder – wie hier – im Eilverfahren die Glaubhaftmachung scheitern lassen.
So bauen Sie eine tragfähige Beweisführung aufEine tragfähige Beweisführung beginnt mit vollständigen Kontoauszügen für alle relevanten Konten. Jede Bareinzahlung braucht eine Herkunftsangabe. Familientransfers sichern Sie mit Verträgen und Zahlungsnachweisen ab; Barübergaben dokumentieren Sie mit Empfangsbestätigungen. Anhand einer Zeitleiste ordnen Sie die Flüsse dem Bewilligungszeitraum zu.
Fügen Sie Mietkontoauszüge oder Quittungen bei, damit nachvollziehbar ist, wie das Geld verbraucht wurde. Stimmen die Summen, die Daten und die Empfänger, steigert das die Plausibilität. Ergänzen Sie – wenn nötig – eine eidesstattliche Versicherung, die jede Position kurz, aber exakt benennt.
Was der Beschluss für die Praxis bedeutetDer hessische Beschluss sendet ein klares Signal an Antragsteller und Jobcenter.
- Signal eins: Wer Bareinzahlungen tätigt, muss mit Nachfragen rechnen.
- Signal zwei: Im Eilverfahren zählt Beweisnähe. Wer die Vorgänge kennt, muss sie auch aufklären.
- Signal drei: Ohne belastbare Unterlagen kippt die Waage. Das Gericht prüft nicht nur Notlagen, sondern auch, ob eigene Mittel verfügbar waren. Fehlt der Nachweis, verneint es die Hilfebedürftigkeit – und damit den Anordnungsgrund.
Sichten Sie zuerst die Kontoauszüge der letzten Monate. Markieren Sie alle Bargeldzugänge. Halten Sie für jeden Zugang eine Herkunft fest. Bei Familienhilfe erstellen Sie sofort einen Darlehensvertrag, datiert, unterschrieben, mit Rückzahlungsplan. Sammeln Sie Quittungen für wesentliche Ausgaben und legen Sie eine Kurzübersicht an, die Einnahmen und Ausgaben zeitlich ordnet.
Ergänzen Sie eine eidesstattliche Versicherung, wenn sich einzelne Belege nicht kurzfristig beibringen lassen, und benennen Sie dort Beträge, Daten, Personen und Wege. Reichen Sie diese Unterlagen frühzeitig ein – am besten bereits mit dem Antrag, spätestens aber mit dem Eilantrag.
Einordnung der weiteren Rechtsprechung: Beweislast ernst nehmenDie jüngere Landessozialgerichtsbarkeit verlangt von Leistungsberechtigten einen aktiven Nachweis der Hilfebedürftigkeit. Das betrifft besonders Bareinzahlungen und familiäre Unterstützungen. Die Gerichte betonen, dass Zweifel zu Lasten der Antragsteller gehen können, wenn die Belege fehlen.
Das gilt auch dann, wenn in einem späteren Hauptsacheverfahren noch nachermittelt wird. Wer früh klar und vollständig vorträgt, verhindert Nachteile und signalisiert Mitwirkung. Genau daran scheiterte der hessische Fall: Der Vortrag blieb ungenau, die Beleglage dünn, die Erklärungen pauschal.
Rechtstipp zum Bürgergeld bei Bareinzahlungen- Lassen sich die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch auf Bürgergeld nicht ermitteln, trägt derjenige, der den Antrag gestellt hat, die Folgen eines fehlenden Nachweises (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil von 29.05.2024 – L 9 AS 975/22 – zu Bareinzahlungen als anrechenbares Einkommen.
- LSG Sachsen, Urt. v. 11.02.2025 – L 4 AS 677/19 – Auch im Verfahren über die abschließende Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II hat der Leistungsberechtigte nachzuweisen, dass er im fraglichen Bewilligungszeitraum tatsächlich hilfebedürftig war. Etwaige Zweifel daran gehen zu seinen Lasten ).
- Ein Bürgergeldempfänger muss beweisen, dass er 14.000 Euro Bargeld seinem Vater übergeben hat ( LSG BW, Urt. v. 05.03.2024 – L 2 AS 2270/23 – u. L 2 AS 2269/23 – )
Grundsätzlich trägt die objektive Beweislast für die Rechtswidrigkeit des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes das Jobcenter (vgl. LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 15. Februar 2018 – L 3 AS 4874/16 – ). Eine Beweislastumkehr lässt sich aber bei einer besonderen Nähe eines Beteiligten zum Beweis begründen.
Denn das ist anzunehmen, wenn in dessen persönlicher Sphäre oder in dessen Verantwortungssphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind und die zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts durch unterlassene Angaben oder unzureichende Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung erschwert oder verhindert wird (vgl. BSG Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4AS 41/15 R – ).
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Rente: Diese Renten-Kürzung bleibt lebenslang wenn man vor Regelalter startet
Teilrente klingt nach flexiblem Übergang. Sie wählen einen Prozentsatz der Rente und arbeiten weiter. Entscheidend ist der Zeitpunkt. Vor der Regelaltersgrenze kostet die Teilrente dauerhaft Geld.
Ab der Regelaltersgrenze wird sie zum finanziellen Hebel. Sie erfahren, wie Sie Kürzungen vermeiden, den Monatsbetrag erhöhen und welche Rechenschritte dahinterstehen.
Was „Teilrente“ rechtlich bedeutetTeilrente ist eine Altersrente in selbst gewählter Höhe. Der Anteil liegt zwischen 10 % und 99,99 %. Sie bestimmen die Stufe und können später anpassen. Die Regelaltersgrenze markiert die Grenze zwischen Abschlag und Bonus. Für den Jahrgang 1964 liegt sie bei 67 Jahren. Das bleibt so.
Vor der Regelaltersgrenze: Abschlag trifft jede ZahlungWer vor dem Regelalter eine Altersrente startet, erhält einen dauerhaften Abschlag. Er beträgt 0,3 % je vorgezogenem Monat, maximal 14,4 % bei 48 Monaten. Das gilt unabhängig davon, ob Sie 10 %, 50 % oder 99,99 % Teilrente wählen. Starten Sie mit 63 statt 67, sinkt der Rentenanspruch lebenslang.
Beispiel: Ohne Vorziehen lägen 1.600 € brutto an. Vier Jahre früher reduziert das auf rund 1.370 € brutto. Der Verlust beträgt etwa 230 € monatlich – dauerhaft.
Wichtig ist der Mechanismus: Der Abschlag entsteht durch den sogenannten Zugangsfaktor. Er verringert die persönlichen Entgeltpunkte. Der Abschlag bleibt bestehen. Er verschwindet später nicht wieder.
Neue Entgeltpunkte: Was wirklich gekürzt wird – und was nichtSie arbeiten trotz früher Teilrente weiter? Sie erwerben neue Entgeltpunkte. Diese Punkte zählen erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze in die Rente. Ab diesem Zeitpunkt werden sie ohne Abschlag berücksichtigt.
Warten Sie mit der Anrechnung sogar noch länger, steigt der Zugangsfaktor um 0,5 % je Monat. Neue Punkte, die erst nach der Regelaltersgrenze in die Rente einfließen, tragen also keinen alten Abschlag. Damit korrigieren Sie einen verbreiteten Irrtum.
Nach der Regelaltersgrenze: Teilrente als Rendite-HebelNach Erreichen des Regelalters dreht sich das Verhältnis. Sie können die Altersrente vollständig abschlagsfrei beziehen. Oder Sie wählen eine Teilrente, etwa 50 % oder 99,99 %. Den nicht abgerufenen Teil verzinsen Sie gesetzlich. Er wächst jeden Monat um 0,5 %. Das ergibt 6 % pro Jahr. Gleichzeitig erhöhen Beiträge aus Beschäftigung Ihre Entgeltpunkte.
Diese zusätzlichen Punkte werden jährlich zugeschlagen. Je später die Berücksichtigung erfolgt, desto höher der Faktor.
Ein Beispiel zeigt den Effekt: Mit 67 stehen 1.600 € brutto an. Sie nehmen 50 %. 800 € werden gezahlt, 800 € bleiben stehen. Nach 24 Monaten wächst der zurückgestellte Teil auf 896 €. Steigen Sie mit 69 auf 100 % um, liegt die Rente allein dadurch bei rund 1.696 € – zuzüglich der neuen Entgeltpunkte aus Arbeit. Das ist planbar, transparent und rechtlich abgesichert.
99,99 % Teilrente: Wofür sich der Minimal-Verzicht lohntDie Teilrente ab 99,99 % sichert formell den Status als Teilrentner. Ein minimaler Verzicht von 0,01 % genügt. Warum das wichtig ist: Sie können weiter Pflichtbeiträge zahlen und so neue Entgeltpunkte erwerben. Zudem bleibt der nicht bezogene Mini-Anteil bonusfähig.
Das Modell ist vor allem nach der Regelaltersgrenze sinnvoll. Vor dem Regelalter würde der Abschlag auf die bereits gezahlte Rente greifen und damit den Gesamtnutzen schmälern.
Hinzuverdienst: Keine Deckel mehr seit 2023Seit 2023 gibt es bei vorgezogenen Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Sie dürfen neben Rente beliebig viel verdienen. Das macht die Teilrente als Steuer- und Beitragstaktik weniger zwingend als früher. Entscheidend bleibt jedoch der Zugangsfaktor. Vorziehen kostet, spätes Inanspruchnehmen bringt Zuschläge.
Praxis-Check: Zwei Wege im direkten VergleichWeg A: Start mit 63 (Jg. 1964), 50 % Teilrente.
Sie erhalten sofort 50 % der Rente. Der Abschlag von 14,4 % reduziert den Monatsbetrag dauerhaft. Sie arbeiten weiter und erwerben neue Punkte. Diese Punkte werden mit Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abschlag berücksichtigt. Der alte Abschlag auf die bis 63 erworbenen Punkte bleibt. Unterm Strich benötigen Sie strikte Rücklagen, um den früheren Zufluss später zu kompensieren.
Weg B: Start mit 67, 50 % Teilrente bis 69, danach 100 %.
Kein Abschlag. Der nicht bezogene Anteil wächst um 12 % in zwei Jahren. Zusätzliche Entgeltpunkte aus Arbeit erhöhen die Rente zusätzlich. Beim späteren Wechsel auf 100 % profitieren beide Effekte. Der Monatsbetrag liegt darüber, ohne dass Sie vorher Ausgleichszahlungen leisten mussten.
Starten Sie nicht vor Erfüllung entscheidender Monate. Ein frühes Datum reißt die Quote in der Krankenversicherung der Rentner. Das verteuert Beiträge über Jahre. Reichen Sie den Antrag rechtzeitig ein. Nachträgliche Nachzahlungen sind begrenzt. Prüfen Sie 45 Jahre Wartezeit sauber. Kinder- und Pflegezeiten zählen oft. Planen Sie den Startmonat strategisch.
Er sollte zur gewünschten Quote und zum Steuerjahr passen. Liegt ein GdB 50 vor, sichern Sie den Bescheid früh. Er öffnet den Weg in die günstigere Rente für Schwerbehinderte. Beenden Sie den Job nicht, bevor Zeiten belegt sind. Schließen Sie Lücken. Lassen Sie Zweifelsmonate schriftlich klären.
Was Sie konkret tun solltenLassen Sie eine Rentenauskunft erstellen. Prüfen Sie Zugangsfaktor, Entgeltpunkte und mögliche Zuschläge. Entscheiden Sie über Teil- oder Vollrente ab Regelalter. Nutzen Sie die 0,5 % pro Monat gezielt. Arbeiten Sie nach der Regelaltersgrenze weiter? Planen Sie den jährlichen Zuschlagstermin ein. Prüfen Sie Steuern und Krankenversicherung.
Eine 99,99 %-Teilrente kann hier Vorteile sichern. Wenn Sie zwingend früher starten müssen, rechnen Sie streng. Legen Sie die nötigen Rücklagen für den Abschlag fest. Oder gleichen Sie Abschläge mit freiwilligen Beiträgen aus, wenn das wirtschaftlich passt.
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Die letzten fünf Jahre vor der Rente sind wichtig
In der gesetzlichen Rentenversicherung zählen alle Jahre. Die Rentenhöhe folgt einer klaren Formel aus Entgeltpunkten, Zugangsfaktor, aktuellem Rentenwert und Rentenartfaktor. Entgeltpunkte entstehen Jahr für Jahr, indem Ihr individuelles Bruttoeinkommen mit dem Durchschnittsentgelt verglichen wird – ein „Sondergewicht“ für die letzten fünf Jahre gibt es nicht.
Gerade diese Schlussphase ist dennoch strategisch wichtig, weil Sie hier Abschläge vermeiden oder ausgleichen, Lücken schließen, Voraussetzungen für frühere Rentenarten erfüllen und steuerliche sowie krankenversicherungsrechtliche Weichen stellen können.
Der gesetzliche Rahmen 2025: Rentenwert, Alter, NiveauSeit 1. Juli 2025 beträgt der aktuelle Rentenwert 40,79 Euro pro Entgeltpunkt; damit sind die Renten um 3,74 Prozent gestiegen. Die Regelaltersgrenze steigt weiterhin stufenweise bis 67 Jahre (ab Jahrgang 1964).
Politisch wurde zudem festgelegt, das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 abzusichern („Rentenpaket II“). Für Ihre Planung bedeutet das: Die Spielregeln sind stabil, die Bewertung jedes zusätzlichen Entgeltpunkts ist transparent.
Vorzeitiger Ruhestand: Abschläge verstehen, Ausgleich nutzenWer früher in Altersrente geht, erhält dauerhaft einen Abschlag von 0,3 Prozent je Monat (maximal 14,4 Prozent bei vier Jahren). Umgekehrt erhöht ein späterer Rentenbeginn den Zahlbetrag um 0,5 Prozent je Monat, zusätzlich zu weiter erworbenen Entgeltpunkten.
Schon ab 50 können Sie künftige Abschläge ganz oder teilweise durch gezielte Sonderzahlungen ausgleichen (Formular V0210). Seit 1. Januar 2023 sind die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten vollständig entfallen – Zuverdienst führt also nicht mehr zur Kürzung. Das eröffnet neue Flexibilität, etwa für gleitende Übergänge.
Die 45-Jahre-Hürde: Was in den letzten 24 Monaten zählt – und was nichtBesonders sensibel ist die „abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte“ nach 45 Versicherungsjahren. Zeiten mit Arbeitslosengeld I zählen grundsätzlich mit, aber in den letzten 24 Monaten vor Rentenbeginn werden ALG-I-Monate nicht angerechnet – außer, die Arbeitslosigkeit beruht auf Insolvenz oder vollständiger Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers.
Diese Regel hat die Rechtsprechung bestätigt. Wer die 45 Jahre knapp verfehlt, sollte in den letzten zwei Jahren daher Arbeitslosigkeit möglichst vermeiden oder Alternativen planen.
Krankenversicherung im Ruhestand: Die 9/10-Regel im Blick behaltenOb Sie in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert sind, prüft die Kasse über die sogenannte 9/10-Regel: In der zweiten Hälfte Ihres Erwerbslebens müssen Sie zu mindestens 90 Prozent gesetzlich (auch familienversichert) gewesen sein.
Wer knapp darunter liegt, kann die Bilanz in den letzten Jahren vor Rentenbeginn noch verbessern, etwa durch versicherungspflichtige Beschäftigung. Gelingt der Sprung in die KVdR nicht, bleibt oft nur die teurere freiwillige Mitgliedschaft.
Einkommen und Beschäftigung feinjustieren: Midijobs, Pflege und LückenGerade in den Schlussjahren lohnt es sich, Erwerbseinkommen und Versicherungszeiten gezielt zu strukturieren. Im Midijob-Übergangsbereich von 556,01 bis 2.000 Euro monatlich fallen geringere Arbeitnehmerbeiträge an, Entgeltpunkte werden dennoch erworben – ein Instrument für Menschen, die vor dem Ruhestand stundenreduziert arbeiten möchten.
Wer Angehörige pflegt, kann unter Voraussetzungen rentenrechtlich gut gesicherte Zeiten mit Beiträgen erhalten. Ebenso lassen sich durch Kontenklärung fehlende Zeiten nachtragen; jedes beitragsfähige oder anrechenbare Monat bringt Sie bei 35- bzw. 45-Jahre-Wartezeiten voran.
Freiwillige Beiträge und Nachzahlungen: Kleine Beträge, große WirkungFreiwillige Beiträge können helfen, die 35-Jahre-Wartezeit zu erreichen oder Lücken zu schließen. Unter bestimmten Bedingungen werden freiwillige Beiträge sogar bei den 45 Jahren mitgezählt, sofern mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge vorliegen.
Nachzahlungen – etwa für Schul- und Ausbildungszeiten – sind ebenfalls möglich. In den letzten fünf Jahren lassen sich so Rentenzugang und -höhe noch spürbar beeinflussen.
Steuern rechtzeitig mitdenken: Langsamer Anstieg bis 2058Seit 2023 steigt der steuerpflichtige Anteil der neu beginnenden Renten nur noch um 0,5 Punkte pro Jahr; die Vollbesteuerung wird erst 2058 erreicht. Für einen Rentenbeginn 2025 bedeutet das einen Besteuerungsanteil von 83,5 Prozent und einen Rentenfreibetrag von 16,5 Prozent auf die erste volle Jahresrente.
Beiträge zur gesetzlichen Rente sind seit 2023 vollständig als Vorsorgeaufwendungen absetzbar. Wer in den letzten fünf Jahren noch ausgleicht, umschichtet oder bAV/privat vorsorgt, sollte die Steuerwirkung in die Rechnung einbeziehen.
Realistische Erwartungen: Was ein Entgeltpunkt heute wert istPlanung braucht Größenordnungen. Ein Entgeltpunkt bringt seit 1. Juli 2025 monatlich 40,79 Euro brutto.
Wer seine letzten Berufsjahre mit überdurchschnittlichem Einkommen, Beiträgen aus Midijob oder freiwilligen Zahlungen füllt, erhöht die Entgeltpunkte und damit die Ausgangsrente. Allerdings wirkt jeder zusätzliche Punkt „nur“ linear – Wunder sind in fünf Jahren nicht zu erwarten, kluge Optimierung schon.
Praktische Roadmap für die letzten fünf JahreFünf Jahre vor dem gewünschten Ruhestand lohnt eine Kontenklärung und die Prüfung, welche Rentenart realistisch ist.
Drei bis vier Jahre vorher wird die Weiche zwischen „früher starten mit Abschlag“ oder „später starten mit Zuschlag“ gestellt; eventuelle Ausgleichszahlungen sollten dann zeitlich und steuerlich geplant werden. In den letzten 24 Monaten ist bei der 45-Jahre-Rente besondere Vorsicht gegenüber ALG-I-Phasen geboten.
Zwölf Monate vor dem Zieltermin sollten Versicherungsverlauf, KVdR-Voraussetzungen und der konkrete Rentenantrag festgezurrt sein; wer länger arbeiten möchte, profitiert jeden Monat vom Zuschlag und von weiteren Entgeltpunkten.
Fazit: Die letzten fünf Jahre sind das ScharnierFür die Rentenhöhe zählt das Lebensarbeitsentgelt, nicht ein „Endspurt-Bonus“. Dennoch sind die letzten fünf Jahre das Scharnier zwischen Erwerbs- und Ruhestandsphase: Hier entscheiden Sie über Abschläge oder Zuschläge, sichern mit sauberem Versicherungskonto und KVdR-Status finanzielle Stabilität, vermeiden die 24-Monats-Falle beim ALG I und nutzen steuerliche Spielräume. Wer diese Phase aktiv gestaltet, bekommt nicht automatisch eine hohe Rente – aber verlässlich die beste Rente, die die eigene Biografie hergibt.
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Schwerbehinderung: 10 gute Vorteile mit dem neuen EU-Behindertenausweis
Mit der Einführung des europäischen Behindertenausweises und des europäischen Parkausweises für Menschen mit Behinderungen setzt die Europäische Union ein klares Zeichen: Inklusion und Barrierefreiheit werden auf gesamteuropäischer Ebene vorangetrieben. Aber was konkret bedeutet das für schwerbehinderte Menschen?
Was ist der europäische Behindertenausweis?Der europäische Behindertenausweis soll die Rechte von Menschen mit einer Schwerbehinderung in der gesamten EU stärken. Er ermöglicht beispielsweise bei Reisen innerhalb der EU gleiche Vorzugsbedingungen wie in den Heimatland. Dazu zählen:
- Ermäßigungen oder gebührenfreie Eintritte bei kulturellen und öffentlichen Einrichtungen.
- Bevorzugter Zugang zu Dienstleistungen oder Plätzen, beispielsweise in Museen oder bei Veranstaltungen.
- Reservierte Parkplätze für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
Ziel ist es, die Diskriminierung und bürokratische Hürden, die Menschen mit Behinderungen bei Reisen innerhalb der EU häufig begegnen, abzubauen und die Mobilität und Teilhabe zu fördern.
Wie profitieren Menschen mit Behinderungen von den neuen Ausweisen? Gleiche Rechte bei Reisen innerhalb der EUDer Behindertenausweis schafft die Grundlage für eine einheitliche Anerkennung von Nachweisen für Behinderungen in allen EU-Mitgliedsstaaten. Menschen mit Behinderungen sowie ihre Begleitpersonen und Assistentinnen können dieselben Vorzugsbedingungen nutzen wie nationale Ausweisinhaberinnen.
Erleichterung bei MobilitätsprogrammenFür Menschen, die aufgrund von Arbeit oder Studium in ein anderes EU-Land ziehen, gewährleistet die Richtlinie, dass sie weiterhin Zugang zu Leistungen erhalten, die sie in ihrem Heimatland in Anspruch nehmen können. Dies stärkt die berufliche und akademische Mobilität.
Barrierefreie Ausweise in physischer und digitaler FormDie nationalen Behörden sind verpflichtet, die Ausweise in einem barrierefreien Format auszustellen. Neben der physischen Form soll der Behindertenausweis, wenn möglich, auch digital verfügbar sein, um eine einfache Nutzung und Verwaltung zu gewährleisten. Diese Innovation erleichtert insbesondere Reisenden den Zugang zu Dienstleistungen.
Was ist die europäische Parkkarte für Menschen mit Behinderungen?Die Parkkarte ist eine Ergänzung zum Behindertenausweis und speziell für Menschen mit eingeschränkter Mobilität konzipiert. Sie bietet unter anderem:
- Reservierte Parkplätze in der gesamten EU.
- Physische und optionale digitale Ausführung, je nach Entscheidung der Mitgliedsstaaten.
Mitgliedsstaaten können eine Verwaltungsgebühr für die Ausstellung und Erneuerung der Parkkarte erheben. Zudem können Karteninhaber*innen mit besonderen Assistenzbedarfen den Buchstaben „A“ auf ihrer Karte vermerken lassen.
Obwohl die Einführung des europäischen Behindertenausweises und der Parkkarte ein bedeutender Fortschritt ist, bleiben einige Herausforderungen bestehen:
- Bürokratische Umsetzung: Die Verpflichtung, die Karten innerhalb von 90 Tagen auszustellen, könnte durch administrative Hürden erschwert werden, insbesondere bei komplexen medizinischen Prüfungen.
- Nationale Unterschiede: Die EU-Mitgliedsstaaten haben Spielraum bei der Umsetzung, beispielsweise bei den Kosten für verlorene oder beschädigte Karten. Dies könnte zu Ungleichheiten führen.
- Digitale Barrierefreiheit: Nicht alle Mitgliedsstaaten sind technisch darauf vorbereitet, die digitale Version der Karten sofort bereitzustellen.
Der EU-Schwerbehindertenausweis bietet eine Vielzahl von Vorteilen, die die Mobilität, Gleichberechtigung und Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union erheblich verbessern. Hier eine Übersicht der wichtigsten Vorteile:
1. Einheitliche Anerkennung innerhalb der EU- Der EU-Schwerbehindertenausweis wird in allen Mitgliedstaaten als Nachweis einer Behinderung anerkannt. Das erleichtert Reisen und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen im Ausland erheblich.
- Menschen mit Behinderungen erhalten gleiche Vorzugsbedingungen wie nationale Ausweisinhaber*innen, unabhängig davon, in welchem EU-Land sie sich aufhalten.
- Der Ausweis ermöglicht ermäßigte oder kostenlose Eintritte in kulturelle Einrichtungen wie Museen, Theater und Sehenswürdigkeiten.
- Bevorzugter Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Plätzen wird gewährleistet, was Wartezeiten minimiert und den Zugang zu notwendigen Ressourcen erleichtert.
- Mit der europäischen Parkkarte, die optional mit dem Behindertenausweis verknüpft werden kann, erhalten Menschen mit eingeschränkter Mobilität Zugang zu reservierten Parkplätzen in der gesamten EU.
- Nationale Unterschiede bei den Parkregelungen werden harmonisiert, was die Nutzung öffentlicher Räume erleichtert.
- Der Ausweis wird sowohl in physischer als auch in digitaler Form ausgestellt (sofern verfügbar). Das ermöglicht flexiblen Zugriff und einfache Erneuerung.
- Barrierefreie Gestaltung des digitalen Formats gewährleistet, dass auch Menschen mit sensorischen oder motorischen Einschränkungen den Ausweis problemlos nutzen können.
- Der EU-Schwerbehindertenausweis wird kostenlos ausgestellt und verlängert. Lediglich bei Verlust oder Beschädigung können geringe Gebühren anfallen.
- Menschen mit besonderen Assistenzbedarfen können ihren Ausweis mit einem Hinweis auf persönliche Assistenz („A“-Kennzeichnung) versehen lassen.
- Schwerbehinderte, die im Rahmen von Studium, Arbeit oder Mobilitätsprogrammen in ein anderes EU-Land ziehen, profitieren von einem uneingeschränkten Zugang zu den ihnen zustehenden Rechten und Dienstleistungen.
- Dies fördert die berufliche und akademische Mobilität von Menschen mit Behinderungen.
- Der Ausweis unterstützt die Umsetzung des Rechts auf unabhängiges Leben und Inklusion gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention.
- Er ermöglicht es Menschen mit Behinderungen, selbstbestimmter am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und Barrieren abzubauen.
- Nationale Behörden übernehmen die Ausstellung des Ausweises und sorgen für eine barrierefreie Anwendung der Richtlinien. Das reduziert bürokratische Hürden für die Betroffenen.
- Harmonisierung innerhalb der EU erleichtert den Zugang zu Informationen und Dienstleistungen.
- Auch Begleitpersonen oder Assistent*innen von Menschen mit Behinderungen profitieren von den Vorzugsbedingungen, was die Betreuung und Unterstützung erleichtert.
- Der Ausweis setzt ein Zeichen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in ganz Europa.
- Er trägt dazu bei, Sensibilisierung und Verständnis für die Bedürfnisse und Rechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken.
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Bürgergeld: Frau muss für Mann 11000 Euro an das Jobcenter zurückzahlen
Wenn Partner einander Vollmachten erteilen, geschieht das meist aus Pragmatismus und Vertrauen. In Bedarfsgemeinschaften, die Bürgergeld beziehen, übernimmt häufig eine Person die Kommunikation mit dem Jobcenter.
Ein Fall vor dem Landessozialgericht (LSG) Bremen-Niedersachsen zeigt jedoch eindrücklich, wie riskant eine solche Vertretung werden kann, wenn Vertrauen missbraucht wird.
Eine ehemalige Leistungsbezieherin sollte rund 11.000 Euro erstatten, weil ihr damaliger Lebensgefährte trotz ihrer Arbeitsaufnahme weiterhin Bürgergeld-Leistungen für sie abgerufen und auf ein anderes Konto umgeleitet hatte.
Obwohl er strafrechtlich wegen Bürgergeld-Betrugs verurteilt wurde, blieb die zivil- bzw. sozialrechtliche Konsequenz für die Frau bestehen: Der Erstattungsbescheid des Jobcenters war nach Auffassung des LSG rechtmäßig.
Wie es zum Erstattungsbescheid kamDie Frau lebte mit ihrer Tochter und ihrem Partner in einer Bedarfsgemeinschaft und erhielt seit Jahren Bürgergeld. Der Partner trat gegenüber dem Jobcenter als bevollmächtigter Vertreter auf und erledigte Anträge und Schriftwechsel.
Nach Ende der Elternzeit nahm die Frau eine Arbeit auf und wies ihren Partner an, die Bedarfsgemeinschaft entsprechend abzumelden. Stattdessen manipulierte er den Zahlungsfluss, fing Schreiben ab und ließ die Behörde im Glauben, es habe sich nichts geändert.
Als das Jobcenter später von der Erwerbstätigkeit erfuhr, setzte es die zu viel gezahlten Leistungen fest und verlangte die Rückzahlung.
Die Verteidigung: „Das Geld habe ich nie gesehen“Vor Gericht argumentierte die Klägerin, die Leistungen seien nicht bei ihr angekommen; sie habe von den Handlungen ihres Partners nichts gewusst und daher dürfe man sie nicht in Anspruch nehmen.
Diese Sichtweise hat menschliche Plausibilität, verkennt aber den rechtlichen Kern, den das LSG in den Mittelpunkt stellte: nicht die tatsächliche Geldbewegung auf ein bestimmtes Konto, sondern die Frage, wer gegenüber dem Jobcenter als berechtigte Vertretung aufgetreten ist und wessen Verhalten der Leistungsberechtigten zuzurechnen ist.
Rechtlicher Hintergrund: Vertretungsmacht und ZurechnungDie Vertretungsmacht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches erlaubt es, rechtsverbindlich im Namen einer anderen Person zu handeln. Eine ausdrückliche Vollmachtsurkunde ist nicht zwingend erforderlich; sie kann sich aus den Umständen ergeben, etwa wenn eine Person über längere Zeit erkennbar und geduldet die Behördenkorrespondenz führt.
In diesem Fall hatte der Partner die Kommunikation mit dem Jobcenter fortlaufend übernommen und war von der Frau ausdrücklich angewiesen worden, die Arbeitsaufnahme mitzuteilen. Aus Sicht des Gerichts trat er damit als ihr Vertreter auf.
Zurechnung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich die vertretene Person das Handeln des Bevollmächtigten rechtlich zurechnen lassen muss. Dies ist im Zivilrecht an verschiedenen Stellen angelegt und spielt auch im Sozialleistungsrecht eine Rolle, wenn es um die Verantwortung für Angaben gegenüber der Behörde geht.
Entscheidend ist nicht, ob der Vertreter subjektiv treu gehandelt hat, sondern ob er objektiv im Namen der vertretenen Person aufgetreten ist. Mit anderen Worten: Wer eine Vertretung einsetzt, trägt das Risiko von Pflichtverletzungen im Außenverhältnis, solange die Vertretungsmacht besteht.
LSG: Verantwortung folgt der VertretungDas Gericht folgte der Argumentation der Klägerin nicht. Es stellte darauf ab, dass der Partner aufgrund der erteilten oder zumindest geduldeten Vertretungsmacht im Namen der Frau handelte, als er die Mitteilungspflicht gegenüber dem Jobcenter pflichtwidrig unterließ und stattdessen Zahlungen umleitete.
Dieses Verhalten sei der Frau zuzurechnen. Die Tatsache, dass die Gelder tatsächlich nicht auf ihrem Konto ankamen, ändere an der Rückzahlungsverpflichtung nichts. Sozialleistungsrechtlich zählt, dass Leistungen ohne Rechtsgrund für ihre Person erbracht wurden, weil die Anspruchsvoraussetzungen mit der Arbeitsaufnahme entfielen und die notwendige Mitteilung unterblieb.
Widerruf als versäumte OptionBesonderes Gewicht legte das LSG darauf, dass die Frau die Vollmacht hätte widerrufen können. Ein Widerruf ist jederzeit möglich und sollte erfolgen, sobald Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung bestehen, etwa bei einer Trennung oder grundlegenden Änderungen der Lebensumstände.
Nach Auffassung des Gerichts wäre der eingetretene Schaden zumindest begrenzbar gewesen, wenn die Klägerin die Vertretung zeitnah aufgehoben und selbst gegenüber dem Jobcenter gehandelt hätte. Dass sie diese naheliegende Möglichkeit nicht nutzte, sprach gegen sie.
Was der Fall für Bürgergeld-Beziehende bedeutetDer Fall markiert eine klare Linie: Wer Dritte mit der Kommunikation gegenüber dem Jobcenter betraut, muss sich deren Handeln zurechnen lassen, solange die Vertretungsmacht besteht. Das schützt die Verwaltung, die sich auf die Wirksamkeit von Erklärungen und Mitteilungen verlassen darf, und verteilt das Risiko dorthin, wo die Kontrolle über die Vertretung liegt.
Für Bedarfsgemeinschaften heißt das, dass praktische Entlastung durch Delegation stets mit der Pflicht einhergeht, die Vertretung aktiv zu steuern, zu überwachen und bei Bedarf zu beenden. Gerade in sensiblen Phasen – etwa nach einer Elternzeit, bei Aufnahme einer Beschäftigung oder im Zuge einer Trennung – ist es unerlässlich, die eigene Leistungsberechtigung selbst und nachweisbar zu klären.
Prävention: Bewusst delegieren, Änderungen selbst meldenIm Alltag bedeutet das, Vollmachten bewusst und möglichst schriftlich zu erteilen, ihren Umfang klar zu umreißen und bei Zweifeln sofort zu reagieren. Wer eine Arbeit aufnimmt, sollte das Jobcenter unverzüglich und eigenhändig informieren und den Zugang zu Post, E-Mails oder Kundenkonten sichern.
Nach Trennungen oder Konflikten ist der Widerruf bestehender Vollmachten häufig zwingend, um Missbrauch auszuschließen. Digitale Zugangsdaten gehören in die eigene Hand; behördliche Schreiben sollten stets zur eigenen Kenntnis gelangen. Je klarer die Kommunikation dokumentiert wird, desto geringer ist das Risiko, für fremdes Fehlverhalten einzustehen.
Rückforderungen nicht automatisch hinnehmenSo eindeutig der vorliegende Fall ausgegangen ist, so wenig bedeutet er, dass jede Rückforderung rechtmäßig wäre. Jobcenterbescheide unterliegen rechtlichen Bindungen, Fristen und Begründungspflichten. Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, bei der Anrechnung von Einkommen oder bei der Rechtsanwendung kommen vor.
Wer einen Erstattungsbescheid erhält, sollte die Begründung sorgfältig prüfen lassen, Fristen wahren und Widerspruch einlegen, wenn Zweifel bestehen. Eine fundierte Überprüfung klärt, ob tatsächlich ein rechtsgrundloser Leistungsbezug vorlag, ob die Höhe korrekt berechnet wurde und ob Zurechnungstatbestände greifen.
FazitDer entschiedene Fall ist weniger eine moralische Abrechnung mit dem Vertrauensbruch eines Partners, sondern ein rechtlicher Hinweis auf Verantwortungsstrukturen im Sozialleistungsbezug. Vertretung erleichtert den Alltag, verschiebt aber Risiken nicht auf die Behörde.
Wer Vollmacht erteilt, übernimmt Verantwortung für das Auftreten der vertretenden Person – und muss diese Verantwortung aktiv steuern. Bewusste Delegation, rechtzeitiger Widerruf und unmittelbare Meldung wesentlicher Änderungen sind die Schlüssel, um Rückforderungen zu vermeiden. Und wenn ein Bescheid kommt, bleibt der zweite Schlüssel die juristische Prüfung: nicht jede Forderung ist korrekt, aber jede verdient einen genauen Blick.
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Bürgergeld: Jetzt einen Widerspruch gegen Bedarfsgemeinschaft stellen
Immer wieder unterstellen Jobcenter Wohngemeinschaften, dass diese eine Bedarfsgemeinschaft darstellen würden. Das aber hat weitreichende Folgen: Die Bürgergeld Bezüge werden gekürzt bzw. auf den vermeintlichen Partner angerechnet.
In einem Fall reichte es sogar aus, eine Regenbogenfahne aus dem Fenster zu hängen, um eine Bedarfsgemeinschaft zu unterstellen.
Im Falle eines Zusammenlebens unterstellt nämlich der Gesetzgeber nach einem Jahr (§ 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II) , dass die Zusammenlebenden sich gegenseitig wirtschaftlich unterstützen und eine sogenannte Einstehensgemeinschaft bzw. Bedarfsgemeinschaft bilden.
Wenn das Jobcenter ein Zusammenleben unterstellt, werden Bezüge gekürzt. Deshalb in Widerspruch gehen!Dieser Vermutung können Bürgergeld Bezieher widersprechen, indem glaubhaft darlegt wird, dass eine solche Unterstützung nicht stattfindet.
Grundvoraussetzung ist eine strikte Kostentrennung, die man nachweisen kann.
Da zur Zahlung bestimmter Kosten, z.B. Versicherung oder Miete, oft nur eine Person vertraglich verpflichtet ist, muss die andere nachweisen, dass sie ihren Anteil daran selbst zahlt. Dazu benötigt man eine Kostenbeteiligungsvereinbarung.
Das ist zwar sehr bürokratisch, hat aber nicht mit mangelndem Vertrauen zwischen den Partnern zu tun, sondern dient allein dem Nachweis gegenüber dem Jobcenter, um die o.g. Unterstützungsvermutung widerlegen zu können.
Nachfolgend ein Beispiel, dieses umfasst insgesamt 4 Personen, von denen der Hauptmieter WG-Bewohner a ist und drei andere Personen WG-Bewohner b bilden. (Zum Nachweis von Zahlungen zwischen den Bewohnern bieten sich Quittungen an.)
Kostenbeteiligungsvereinbarungzwischen
dem Mieter der Wohnung
Herrn Mustermann, Musterstr., Musterstadt
nachfolgend als WG-Bewohner a bezeichnet,
und
den Mitnutzern
Frau xxx nebst den Kindern xxx und xxx (vertreten durch Frau xxx als Erziehungsberechtigte), Musterstr., Musterstadt
nachfolgend als WG-Bewohner b bezeichnet,
wird für die Dauer des Zusammenlebens zwischen beiden folgendes vereinbart:
1. beide WG-Bewohner zahlen jeweils anteilig die Kosten der Unterkunft lt. Mietvertrag sowie aller weiteren sich unmittelbar aus dem Mietverhältnis ergebenden Kosten, die im Einzelnen nachfolgend aufgelistet sind. Die Zahlung erfolgt in Bar gegen Quittung oder per Überweisung auf das Konto des WG-Bewohner a. Dieser Vereinbarung ist eine Kopie des Mietvertrages beizufügen.
1.1. Kostenliste
Kostenstelle Gesamtkosten davon zahlt WG-Bewohner a davon zahlt WG-Bewohner b Kostenstelle Gesamtkosten davon zahlt WG-Bewohner a davon zahlt WG-Bewohner b Kaltmiete lt. Mietvertrag 400 Euro/Monat 100 Euro 300 Euro Nebenkosten lt. Mietvertrag 120 Euro/Monat 30 Euro 90 Euro Heizkosten lt. Vertrag xxx 80 Euro/Monat 20 Euro 60 Euro1.2. Sollten sich nach Verbrauchsabrechnungen Nachzahlungen oder Erstattungen ergeben, so entfallen diese anteilig nach Personenzahl auf WG-Bewohner a und b. Die Zahlung erfolgt gegen Quittung. Dieser Vereinbarung ist eine Kopie der jeweiligen Abrechnung beizufügen.
1.3. Sollten sich die in der Kostenliste unter 1.1. genannten Beträge oder Kostenstellen ändern, sind sich die WG-Bewohner einig, dass dieser Vertrag um eine aktualisierte Auflistung erweitert wird, die von beiden WG-Bewohnern unterzeichnet und ab dem darauf genannten Datum Vertragsbestandteil wird und alle vorherigen Kostenlisten ersetzt.
2. Die WG-Bewohner zahlen die Kosten für ihre eigenen Nahrungsmittel/Verbrauchsmittel jeweils selbst.
3. Kosten, die zusätzlich zu den unter 1.1. genannten aufgrund des Zusammenlebens für alle WG-Bewohner entstehen, dazu gehören u.a. Haushaltsstrom, Internet und Telefon, werden anteilig nach Personenzahl oder Nutzung von den WG-Bewohnern getragen. Die Zahlung erfolgt gegen Quittung. Dieser Vereinbarung ist eine Kopie der jeweiligen Abrechnung beizufügen.
4. Sollte ein WG-Bewohner Kosten des anderen bezahlt haben, so ist der andere ihm gegenüber hinsichtlich dieser Kosten erstattungspflichtig. Die Zahlung erfolgt auf Wunsch gegen Quittung.
5. Der Vertrag gilt ab/von___________ bis___________/auf unbestimmte Zeit.
Ort, Datum
Unterschrift WG-Bewohner a
Unterschrift WG-Bewohner b
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