«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
Bürgergeld Vorschuss: Wenn das Jobcenter zu lange für den Bürgergeld-Bescheid braucht
Für viele Antragsteller ist der Bürgergeld-Bescheid die letzte Absicherung, um Miete, Strom und den täglichen Lebensunterhalt zu decken. Dass Jobcenter für die Bearbeitung eines Antrags rechtlich bis zu sechs Monate Zeit haben, verschärft akute Engpässe spürbar.
Selbst wenn Entscheidungen oft deutlich früher fallen, können einige Wochen ohne Geld schnell existenzbedrohend werden. Um diese Lücke zu schließen, gibt es den Bürgergeld-Vorschuss. Er ermöglicht eine vorläufige Zahlung, bevor der endgültige Bescheid erlassen ist – allerdings nur, wenn bereits ein Bürgergeld-Antrag gestellt wurde.
Rechtlicher RahmenDie Vorschussgewährung ist eine Ermessensentscheidung des Jobcenters. Grundlage ist § 42 SGB I, der den Anspruch auf Vorschüsse in Betracht zieht, wenn ein Leistungsanspruch dem Grunde nach erkennbar ist, aber die endgültige Feststellung noch Zeit benötigt.
Ergänzend bestimmt § 88 Abs. 1 SGG die Frist, innerhalb derer über Anträge zu entscheiden ist. Aus dem Zusammenspiel dieser Normen folgt: Die Behörde muss das Ermessen am Zweck der Vorschrift ausrichten, also eine aktuelle Notlage überbrücken, ohne die spätere endgültige Entscheidung vorwegzunehmen.
Bearbeitungszeiten, Vollständigkeit und behördliche AuslastungWie lange ein Antrag in der Praxis dauert, hängt an zwei Stellschrauben. Zum einen beginnt die eigentliche Bearbeitungszeit erst, wenn die Unterlagen vollständig vorliegen; unvollständige Nachweise verzögern den Start der Frist.
Zum anderen beeinflusst die personelle und organisatorische Auslastung des Jobcenters das Tempo. Beides erklärt, weshalb Antragstellende zuweilen mehrere Wochen warten müssen – ein Zeitraum, den ein Vorschuss überbrücken soll.
Voraussetzungen: Woran Jobcenter den Vorschuss festmachenEin Vorschuss kommt in Betracht, wenn ein Erstantrag auf Bürgergeld bereits gestellt wurde, eine grundlegende Anspruchsberechtigung erkennbar erscheint und zugleich absehbar ist, dass die Entscheidung nicht kurzfristig ergehen kann.
Die Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit müssen sich aus den vorliegenden Unterlagen zumindest plausibel ergeben.
Weil es sich um eine Ermessensleistung handelt, wägt die Sachbearbeitung die Dringlichkeit der Situation, die voraussichtliche Anspruchshöhe und die Verfügbarkeit erster Prüfunterlagen miteinander ab.
Antragstellung: Formlos, aber begründetEin Vorschuss wird nicht automatisch gezahlt. Notwendig ist ein eigenständiger, formloser Antrag an die zuständige Sachbearbeitung. Entscheidend ist die Begründung.
Wer die Dringlichkeit deutlich macht, erhöht die Chance auf eine zügige Entscheidung. Hilfreich sind konkrete Angaben zur finanziellen Lage, zu laufenden Zahlungsverpflichtungen und zu Fälligkeiten, etwa bei Miete, Energie oder notwendigen Anschaffungen.
Nachweise – etwa Kontoauszüge, Mahnungen oder Mietverträge – stützen die Glaubhaftigkeit und beschleunigen die Prüfung.
Auszahlungszeitpunkt: Was „schnell“ in der Praxis bedeutetNach Antragstellung darf es bis zur ersten Vorschusszahlung grundsätzlich nicht länger als einen Monat dauern. Maßgeblich ist der Folgemonat nach Eingang des Vorschussantrags.
Wer den Antrag beispielsweise Anfang Februar einreicht, muss bei Bewilligung spätestens bis Ende März mit einer ersten Zahlung rechnen. Verschärft sich die Notlage bereits während dieser Wartezeit, sollte dies umgehend mitgeteilt werden, damit das Jobcenter – je nach Lage – eine beschleunigte Bearbeitung oder eine andere Form der Überbrückung erwägt.
Höhe des Vorschusses: Orientierungswert, nicht VollersatzDie Vorschusshöhe richtet sich nach der voraussichtlich zustehenden Leistung. Regelmäßig fällt sie etwas niedriger aus als der spätere Regelsatz einschließlich anerkannter Kosten der Unterkunft.
Der Grund ist simpel: Rückforderungen sollen möglichst vermieden werden. Zugleich kann das Jobcenter in besonderen Situationen auch nichtmonetäre Hilfe einsetzen. Warengutscheine etwa sind als kurzfristige Überbrückung denkbar, wenn sie geeignet sind, die akute Not abzumildern.
Verrechnung mit der späteren BewilligungBürgergeld wird ab dem Monat gewährt, in dem der Antrag gestellt wurde. Trifft der endgültige Bewilligungsbescheid erst später ein, zahlt das Jobcenter in der Regel rückwirkend nach.
Gewährte Vorschüsse werden mit diesen Nachzahlungen verrechnet. Wer beispielsweise monatlich 600 Euro Vorschuss erhalten hat und laut endgültigem Bescheid 659 Euro zustehen, bekommt für die bereits ausgezahlten Monate die jeweilige Differenz von 59 Euro nachgezahlt; danach fließt der volle monatliche Bürgergeld-Betrag.
Wenn der Vorschuss höher war als die endgültige LeistungKommt es vor, dass der Vorschuss die endgültig festgesetzte Leistung übersteigt, entsteht eine Überzahlung. In diesem Fall fordert das Jobcenter den Differenzbetrag zurück.
Praktisch geschieht dies häufig durch Aufrechnung mit laufenden Leistungen. Wer etwa 600 Euro Vorschuss erhielt, später aber nur 500 Euro monatlichen Anspruch hat, muss mit einer Rückforderung von 100 Euro für jeden bereits ausgezahlten Monat rechnen. Ein gesonderter Rückforderungsbescheid erläutert die Rechtsgrundlage und den Zahlungsmodus.
Ablehnung des Vorschusses: Was Betroffene tun könnenAuch eine Ermessensentscheidung muss rechtmäßig sein. Das bedeutet, die Behörde darf das Ermessen weder überhaupt nicht ausüben noch wesentliche Umstände unberücksichtigt lassen oder sachwidrige Kriterien anlegen.
Fällt die Entscheidung negativ aus, sollte der Ablehnungsbescheid geprüft werden. Je nach Begründung kann ein Widerspruch in Betracht kommen, etwa wenn die Dringlichkeit der Notlage unzureichend gewürdigt oder die erkennbare Anspruchsberechtigung übersehen wurde.
In besonders gelagerten Fällen kann auch einstweiliger Rechtsschutz vor dem Sozialgericht eine Option sein, um unzumutbare Nachteile abzuwenden.
Praxisnahe Hinweise für einen überzeugenden AntragEin schlüssiger Vorschussantrag zeichnet sich durch Klarheit, Nachvollziehbarkeit und Belege aus. Sinnvoll ist eine kurze Darstellung der aktuellen Einnahmen und Ausgaben sowie der unmittelbar drohenden Verpflichtungen.
Fälligkeiten und Fristen sollten datengenau benannt werden. Wenn Unterlagen noch fehlen, empfiehlt sich ein Hinweis, wann diese nachgereicht werden.
Wichtig ist außerdem die Erreichbarkeit: Wer auf Rückfragen schnell reagiert, erleichtert die Entscheidung. Schließlich gilt der Grundsatz der Mitwirkung – je vollständiger und geordneter die Informationen, desto eher kann das Jobcenter das Ermessen zugunsten eines Vorschusses ausüben.
FazitDer Bürgergeld-Vorschuss ist ein Instrument, das finanzielle Notlagen zwischen Antrag und Bescheid überbrücken soll. Er setzt einen gestellten Bürgergeld-Antrag, eine erkennbar begründete Anspruchslage und eine voraussichtlich längere Bearbeitungsdauer voraus.
Die Zahlung erfolgt auf formlosen Antrag, orientiert sich an der späteren Leistung und wird mit dieser verrechnet. Weil die Entscheidung im Ermessen der Behörde liegt, kommt der Begründung des Antrags eine zentrale Rolle zu. Wer seine Lage transparent macht, Fristen belegt und Nachweise strukturiert vorlegt, verbessert die Chancen auf schnelle Hilfe – und gewinnt Zeit, bis die endgültige Entscheidung fällt.
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Bürgergeld: Gericht erklärte Mietobergrenze für unwirksam – Landkreis muss volle Miete erstatten – Urteil
Das Sozialgericht München hat mit einem Urteil einem Kläger aus Oberbayern in einem Grundsatzstreit um die Übernahme von Wohnkosten recht gegeben. Der Landkreis hatte nur einen Teil der tatsächlichen Mietausgaben des Mannes übernommen – zu Unrecht, wie das Gericht nun feststellte.
In der Entscheidung stellt das Gericht klar: Eine pauschale Begrenzung der Unterkunftskosten ist nur dann zulässig, wenn sie auf einem methodisch und statistisch schlüssigen Konzept basiert. Fehlt ein solches, kann die tatsächliche Miete als Bedarf anerkannt werden – selbst dann, wenn sie die offiziellen Mietobergrenzen übersteigt.
Kern der Entscheidung: Tatsächliche Mietkosten müssen bei unschlüssigem Konzept vollständig übernommen werdenDer Kläger, ein alleinstehender Mann, bezog im Jahr 2020 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Seine monatliche Gesamtmiete für eine 60 Quadratmeter große Wohnung belief sich auf 630 Euro. Das zuständige Jobcenter erkannte aber nur 567,50 Euro an – auf Grundlage eines Mietobergrenzen-Konzepts des Landkreises. Der Differenzbetrag von 62,50 Euro pro Monat wurde dem Kläger nicht erstattet. Dagegen wehrte er sich mit Erfolg.
Feststellung des Gerichts:
Das vom Landkreis verwendete Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietkosten sei „nicht schlüssig“ – also methodisch fehlerhaft und inhaltlich nicht belastbar. Damit entfällt die Grundlage, um die Wohnkosten des Klägers zu kürzen.
Das Konzept, das der Landkreis M. zur Bestimmung von Mietobergrenzen heranzog, stammte aus dem Jahr 2018 und beruhte auf Mietdaten, die zwischen Oktober 2017 und März 2018 erhoben wurden. Eine Aktualisierung zum Juli 2020, wie ursprünglich vorgesehen, unterblieb. Für das Gericht ist das ein massives Problem: Das Konzept sei nicht nur veraltet, sondern auch methodisch fragwürdig – und damit in seiner Gesamtheit unbrauchbar.
Die wichtigsten Kritikpunkte im Überblick:
1. Veraltete Datenbasis:
Die verwendeten Mietdaten waren zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung bereits mehr als zwei Jahre alt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürfen Daten höchstens zwei Jahre alt sein – andernfalls muss eine Fortschreibung oder Neuberechnung erfolgen. Diese Aktualisierung blieb aus.
2. Fehlerhafte Vergleichsräume:
Der Landkreis hatte das Kreisgebiet in vier sogenannte „Wohnungsmarkttypen“ unterteilt – basierend auf sozioökonomischen Merkmalen wie Einkommen, Bodenrichtwerten und Mietspiegeln. Das Gericht bewertete diese Clusterbildung als unzulässig, da sie eine soziale Segregation befördert. Vergleichsräume dürfen laut BSG nicht entlang von Armuts- oder Reichtumsgrenzen gezogen werden.
3. Ungleichgewicht in der Datenquelle:
Die Mietdaten stammten zu einem überwiegenden Teil aus dem sozialen Wohnungsbau oder von Transferleistungsempfängern selbst. Relevante Marktsegmente – insbesondere Mietpreise von Wohnungen für einkommensschwache Erwerbstätige außerhalb des Leistungsbezugs – blieben außen vor. Das führt laut Gericht zu einer systematischen Verzerrung der Mietwerte nach unten.
4. Unklare Berechnungsweise:
Weder die Kriterien zur Auswahl der einbezogenen Mietdaten noch die Art ihrer statistischen Verarbeitung (z. B. Definition von „Ausreißern“) wurden nachvollziehbar offengelegt. Auch die Herleitung der Endwerte für die Mietobergrenzen ist im Konzept nicht erklärt. Das verletzt Transparenzpflichten und macht eine gerichtliche Überprüfung unmöglich.
5. Unzureichende Angebotsprüfung:
Der Landkreis hatte zwar eine Angebotsanalyse durchgeführt, um zu prüfen, ob Wohnungen zu den festgelegten Mietgrenzen tatsächlich verfügbar sind. Doch auch hier fehlten Angaben zur Repräsentativität der Daten, zur Verteilung der Anbieter (öffentlich/privat) und zur Unterscheidung zwischen realen Angeboten und theoretischen Inseraten.
Folge für die Verwaltungspraxis:
Ein solches Konzept darf nicht mehr zur Kürzung von Wohnkosten herangezogen werden. Denn nur wenn Mietobergrenzen auf nachvollziehbaren, repräsentativen und aktuellen Daten beruhen, ist ein Abweichen von der tatsächlichen Miete zulässig.
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Üblicherweise greifen Sozialgerichte bei fehlenden oder fehlerhaften Konzepten auf die sogenannte „Wohngeldtabelle plus 10 Prozent“ zurück, um einen Pauschalwert für angemessene Mieten festzulegen. Auch diese Praxis wurde hier explizit verworfen.
Begründung des Gerichts:
Die Wohngeldwerte seien selbst dann nicht heranziehbar, wenn sie – wie im vorliegenden Fall – noch unter den unzureichend belegten Werten des ursprünglichen Konzepts liegen. Das führe zu einem Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG), weil die tatsächlichen Lebensverhältnisse nicht berücksichtigt würden.
Konsequenz:
Die tatsächlichen Mietkosten – in diesem Fall 630 Euro monatlich – sind in voller Höhe als angemessen anzuerkennen.
Das Urteil entfaltet eine Wirkung, die weit über den konkreten Einzelfall hinausreicht. Zahlreiche Kommunen stützen sich bei der Bestimmung sogenannter angemessener Unterkunftskosten auf vergleichbare Konzepte, deren rechtliche Belastbarkeit zunehmend in Zweifel gezogen wird.
Für Betroffene eröffnet sich durch die Entscheidung des Sozialgerichts München nun die Möglichkeit, sich aktiv auf diese Rechtsprechung zu berufen – insbesondere dann, wenn das zugrunde gelegte Mietobergrenzen-Konzept veraltet oder intransparent ist. Gleiches gilt, wenn sie nachvollziehbar darlegen können, dass ein Wohnungswechsel entweder praktisch nicht umsetzbar oder sozial unzumutbar ist.
Maßgeblich ist dabei auch, ob die tatsächlichen Mietkosten die örtlichen Lebenshaltungskosten realistisch abbilden und zur Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums notwendig sind.
Wachsende Bedeutung angesichts angespannter WohnungsmärkteDie Entscheidung kommt in einer Zeit zunehmender Wohnungsnot. Auch in ländlichen Regionen steigen die Mietpreise rasant – vielerorts, ohne dass die öffentlich festgelegten Mietobergrenzen mithalten. Das schafft für Transferleistungsempfänger eine faktische Lücke zwischen Anspruch und Realität. Das Urteil des Sozialgerichts München macht deutlich: Diese Lücke kann und darf nicht durch formale Verwaltungskonzepte legitimiert werden.
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Bürgergeld: Jobcenter hat durch Schreiben und Telefonate Geheimnisse offenbart und klassierte Urteil
Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Grenzen für Jobcenter im Umgang mit sensiblen Sozialdaten präzisiert und deutlich gezogen: Ohne ausdrückliche Zustimmung der Leistungsberechtigten dürfen Informationen über den Bezug von Bürgergeld nicht an Dritte weitergegeben werden.
Das Urteil stellt klar, dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften des SGB II und das in § 35 SGB I verankerte Sozialgeheimnis jeder leistungsberechtigten Person das Recht sichern, dass ihre Sozialdaten weder unbefugt erhoben noch verarbeitet oder genutzt werden.
Damit stärkt die Entscheidung die informationelle Selbstbestimmung von Bürgergeld-Empfängern und schafft zugleich Klarheit für die Verwaltungspraxis der Jobcenter.
Der Fall: Kontaktaufnahme zur Vermieterin ohne EinwilligungAusgangspunkt war ein Ehepaar aus dem Landkreis Emmendingen, das für eine neue Wohnung ein Darlehen für die Mietkaution beantragt hatte. Hintergrund war, dass die bisherige Kaution voraussichtlich erst nach Ablauf einer sechsmonatigen Prüfungsfrist ausbezahlt würde und daher nicht rechtzeitig zur Begleichung der neuen Kaution verfügbar war.
Anstatt den Antrag zu bewilligen oder zunächst mit den Antragstellern Rücksprache zu halten, wandte sich das Jobcenter ohne Ankündigung an die Hausverwaltung beziehungsweise die ehemalige Vermieterin.
In einem Schreiben mit dem Betreff „Leistungen nach dem SGB II im Mietverhältnis …“ nannte die Behörde Namen und Anschrift der Leistungsberechtigten, um Höhe und Auszahlungstermin der alten Kaution zu erfragen. Auf das Schreiben folgten mehrere Telefonate – alles ohne zuvor die Einwilligung der Betroffenen einzuholen.
Verletzung des Sozialgeheimnisses: Was das Gericht beanstandetDie Familie erhob Klage gegen die Ablehnung des Kautionsdarlehens und rügte zugleich eine Verletzung des Sozialdatenschutzes. Nach ihrer Darstellung habe erst das Schreiben des Jobcenters die Vermieterin über den Bürgergeld-Bezug informiert, was die Betroffenen zusätzlich einem sozialen Druck und Bloßstellungsrisiken ausgesetzt habe.
Während das Sozialgericht Freiburg und das Landessozialgericht Baden-Württemberg die Klage abwiesen, gab das Bundessozialgericht den Klägern recht.
Die Kasseler Richter stellten fest, dass das Jobcenter durch Schreiben und Telefonate unbefugt Sozialgeheimnisse offenbart habe, indem es die Vermieterin über den Leistungsbezug informierte (Az.: B 14 AS 65/11). Ein pauschaler Verweis auf die Pflicht zur Amtsermittlung genügt nicht, um eine Weitergabe derart sensibler personenbezogener Daten zu legitimieren.
Grenzen der Amtsermittlung: Aufgabenwahrnehmung ohne DatenschutzbruchDas Urteil betont einen zentralen Grundsatz: Auch bei der Erfüllung gesetzlicher Aufgaben müssen die schutzwürdigen Interessen der Leistungsberechtigten gewahrt bleiben. Das Sozialrecht erlaubt der Verwaltung zwar, Sachverhalte eigenständig zu ermitteln.
Diese Ermittlungsbefugnisse sind jedoch nicht schrankenlos. Insbesondere rechtfertigen sie nicht die Offenlegung des Leistungsbezugs gegenüber Dritten, wenn hierfür weder eine spezielle gesetzliche Grundlage besteht noch eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person vorliegt. Die Schwelle zur Drittkommunikation über Sozialdaten ist hoch; sie darf nicht aus Gründen der administrativen Zweckmäßigkeit abgesenkt werden.
Keine Vermieterbescheinigung als Voraussetzung: Was Jobcenter verlangen dürfen – und was nichtDie Entscheidung wirkt auch auf gängige Verwaltungspraxis. Das Jobcenter darf keine „Vermieterbescheinigung“ verlangen, die den Bürgergeld-Bezug offenlegt, wenn die Betroffenen dem nicht ausdrücklich zugestimmt haben oder es an einer klaren gesetzlichen Ermächtigung fehlt.
Informationen, die die wirtschaftliche Situation oder den Leistungsstatus eines Haushalts erkennen lassen, gehören zum besonderen Kernbereich des Sozialdatenschutzes.
Wo Daten zur Klärung eines Anspruchs benötigt werden, ist vorrangig mit den Leistungsberechtigten selbst zu kommunizieren. Die Verwaltung muss prüfen, ob der Sachverhalt durch Unterlagen der Betroffenen, interne Aktenlage oder datenschutzkonforme Alternativen aufgeklärt werden kann.
Rechte der Leistungsberechtigten: Selbstbestimmung und TransparenzFür Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger schafft das Urteil rechtliche Gewissheit. Sie haben ein starkes Recht auf informationelle Selbstbestimmung und auf Transparenz darüber, wer wann welche Daten erhält.
Dazu gehört, dass Jobcenter die Betroffenen vor einer beabsichtigten Weitergabe sensibler Informationen einbeziehen und aufklären. Betroffene sollten wissen, dass sie die Offenlegung ihres Leistungsbezugs gegenüber Vermietern oder anderen Dritten nicht dulden müssen, wenn keine klare gesetzliche Grundlage existiert und keine Einwilligung erteilt wurde.
Einordnung: Datenschutz als Vertrauensgrundlage des SozialstaatsDas BSG stellt mit seiner Entscheidung das Verhältnis von Hilfegewährung und Datenschutz auf eine klare Basis. Der Sozialstaat ist auf Vertrauen angewiesen:
Wer Leistungen beantragt, muss darauf bauen können, dass intimste Daten nicht leichtfertig nach außen dringen. Gerade im Wohnungsmarkt, wo Stigmatisierung real ist, kann bereits der bloße Hinweis auf einen Leistungsbezug Nachteile auslösen. Indem das Urteil die Weitergabe an strenge Voraussetzungen knüpft, schützt es nicht nur Individualrechte, sondern stabilisiert die Akzeptanz sozialstaatlicher Verfahren.
Was das Urteil nicht verhindert: SachverhaltsaufklärungDie Entscheidung blockiert eine sachgerechte Verwaltungstätigkeit nicht. Jobcenter dürfen und müssen Sachverhalte ermitteln, um über Ansprüche zu entscheiden. Sie haben dafür ein Bündel an Möglichkeiten, das nicht die Offenlegung des Leistungsbezugs erfordert.
Dazu zählen die Anforderung von Nachweisen bei den Betroffenen, interne Abgleiche innerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens sowie die Einholung von Einwilligungen, wenn eine Drittkommunikation ausnahmsweise erforderlich und verhältnismäßig ist. Entscheidend ist die Wahl des mildesten Mittels und die Beachtung des Zweckbindungsgrundsatzes.
Fazit: Klare Leitplanken für sensible DatenDas Urteil des Bundessozialgerichts setzt einen deutlichen Akzent: Sozialdaten sind besonders schützenswert. Eine Weitergabe an Dritte ist ohne ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen unzulässig, sofern nicht eine klare gesetzliche Grundlage besteht.
Das stärkt die Rechte der Leistungsberechtigten, schafft Rechtssicherheit und verpflichtet Jobcenter zu einer sorgfältigen, datenschutzkonformen Verwaltungspraxis. Der Kerngedanke ist einfach und verbindlich: Aufgabenwahrnehmung ja – aber nie zulasten des Sozialgeheimnisses und der informationellen Selbstbestimmung.
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Bürgergeld: 6 gute Gründe für den Wohnungswechsel beim Jobcenter so durchsetzen
Planen Sie einen Umzug und beziehen Bürgergeld-Leistungen vom Jobcenter? Dann sollten Sie Ihren Umzug rechtzeitig mit Ihrem zuständigen Sachbearbeiter besprechen und eine Kostenübernahme beantragen.
Ohne diese Genehmigung riskieren Sie Kürzungen oder den Wegfall Ihrer Leistungen. Ein Umzug ist Ihnen grundsätzlich nicht verboten, aber als Empfänger von Bürgergeld müssen Sie sich an bestimmte Vorgaben halten, um Leistungskürzungen zu vermeiden.
Besonders wichtig ist, dass Sie sich nach dem Umzug sofort beim neuen Jobcenter ummelden und erreichbar bleiben.
Gute Gründe für eine KostenübernahmeNicht jeder Umzug wird vom Jobcenter finanziell unterstützt. Die Kosten werden nur übernommen, wenn der Umzug aus dringenden Gründen notwendig ist.
Sie müssen in Ihrem Antrag die Gründe detailliert darlegen, die dann geprüft werden.
Hier sind einige akzeptierte Gründe:
- Neue Arbeitsstelle:
Ein Umzug ist notwendig, wenn der tägliche Arbeitsweg insgesamt 2,5 Stunden überschreitet. - Wohnungsmängel:
Bei Schimmelpilzbefall oder Wasserschaden in der aktuellen Wohnung. - Gesundheitliche Gründe:
Wenn die Wohnung in der dritten Etage liegt und kein Aufzug vorhanden ist und Sie den Aufstieg nicht mehr schaffen. - Kündigung durch den Vermieter:
Bei Eigenbedarf oder anderen unverschuldeten Kündigungsgründen. - Familienzuwachs:
Bei Vergrößerung der Familie, wenn die aktuelle Wohnung zu klein wird. - Scheidung oder Trennung:
Ein Partner benötigt eine eigene Wohnung.
Es ist wichtig, dass Sie alle Begründungen und Nachweise Ihrem Antrag beifügen. Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem Sachbearbeiter, denn auch in anderen Situationen kann das Jobcenter Umzugskosten übernehmen, wenn eine gute Begründung vorliegt.
Welche Kosten übernimmt das Jobcenter?Das Jobcenter kann nach Genehmigung folgende Kosten übernehmen:
- Transportkosten für den Umzug
- Verpflegung der Umzugshelfer
- Reisekosten für Wohnungsbesichtigungen
- Maklergebühren bei der Anmietung einer neuen Wohnung
- Renovierungskosten der bisherigen Wohnung, sofern diese im Mietvertrag vereinbart sind
Der Antrag auf Umzugsunterstützung muss rechtzeitig gestellt werden. Füllen Sie den Antrag gewissenhaft und vollständig aus und legen Sie alle erforderlichen Nachweise bei.
Sprechen Sie vor jeder größeren Ausgabe mit Ihrem Jobcenter und lassen Sie sich Zusagen schriftlich bestätigen. Ein Umzug kann schnell mehrere hundert Euro kosten, und mit dem Bürgergeld oder Arbeitslosengeld II ist dies oft nicht allein finanzierbar.
Jede Unterstützung ist daher wertvoll.
Die neue Wohnung muss angemessen seinDie neue Wohnung muss den Richtlinien des Jobcenters entsprechen. Die Angemessenheit bezieht sich sowohl auf die Miethöhe als auch auf die Größe der Wohnung.
Für eine Einzelperson sind maximal 50 Quadratmeter erlaubt, für zwei Personen 60 Quadratmeter und für jede weitere Person zusätzlich 15 Quadratmeter.
Die Miethöhe muss den örtlichen Richtlinien entsprechen. Heizkosten werden separat geprüft und müssen ebenfalls angemessen sein.
Wie bekommt man Unterstützung bei der Wohnungssuche?Das Jobcenter soll Hilfe bei der Wohnungssuche bieten. So sollen Sachbearbeiter in Beratungsgesprächen Unterstützung leisten und entsprechende Möglichkeiten zur Wohnungssuche aufzeigen.
Besonders der finanzielle Rahmen und die Definition, was als „angemessen“ gilt, wird individuell geklärt. Laut § 22 Abs. 6 SGB II übernimmt das Jobcenter auch Wohnungsbeschaffungskosten, die notwendig sind, um eine geeignete Wohnung zu finden und anzumieten.
Dazu zählen:
- Beschaffung von Tageszeitungen mit Wohnungsanzeigen
- Internet- und Telefongebühren für die Wohnungssuche
- Eigene Suchinserate in Zeitungen
- Fahrten zu Wohnungsbesichtigungen
- Übernachtungskosten bei mehrtägigen Wohnungsbesichtigungen
- In Ausnahmefällen können auch Maklerkosten übernommen werden, zum Beispiel wenn Sie aufgrund von Krankheit oder Behinderung selbst nicht in der Lage sind, eine Wohnung zu finden. Es ist jedoch schwierig, diesen Nachweis zu erbringen, da das Jobcenter in der Regel auf die Selbsthilfe setzt.
Wenn Sie eine passende Wohnung gefunden haben, müssen Sie dem Jobcenter ein Mietangebot vorlegen. Viele Jobcenter haben dafür vorgefertigte Formulare.
Achten Sie darauf, dass alle notwendigen Informationen, insbesondere die fixen Nebenkosten und Heizkosten, im Mietangebot enthalten sind.
Ist eine Kaution zu zahlen, sollte diese ebenfalls im Mietangebot ausgewiesen sein.
Ein häufiger Stolperstein ist die genaue Aufschlüsselung der Nebenkosten. Das Jobcenter benötigt die fixen Nebenkosten und die Heizkosten getrennt.
Was macht man mit der Mietübernahmebescheinigung und Kaution?Wenn das Jobcenter die neue Wohnung für angemessen hält, erhalten Sie eine Mietübernahmebescheinigung. Diese Bescheinigung garantiert die Übernahme der Mietkosten.
Die Kosten für die Mietkaution oder Genossenschaftsanteile werden in der Regel als Darlehen übernommen, das Sie in monatlichen Raten zurückzahlen müssen.
Vermieter verlangen oft, dass das Jobcenter zusätzlich zur Mietübernahme auch eine Zusicherung für die Übernahme einer Kaution, manchmal auch Garantieerklärung genannt, ausstellt.
Diese kann einzeln ausgestellt werden oder in Ihrer Mietübernahmebescheinigung enthalten sein.
Lesen Sie den Text also gründlich. Oft bekommen Sie Ihre Schlüssel für die neue Wohnung nicht, bevor die Kaution nicht beim Vermieter eingegangen ist.
Direkte Mietzahlung an den VermieterVermieter bevorzugen oft die direkte Mietzahlung durch das Jobcenter. Diese kann formlos beantragt werden, indem Sie die Bankverbindung des Vermieters und eine Erklärung, dass die Miete direkt gezahlt werden soll, beim Jobcenter einreichen.
In § 22 Abs. 7 SGB II ist diese Möglichkeit ausdrücklich vorgesehen. Sie müssen dazu dem Jobcenter nur die Bankverbindung des Vermieters geben und schreiben, dass die Miete direkt an ihn gezahlt werden soll.
Eine Kopie von diesem Schreiben für den Vermieter sollte ausreichen.
Was macht man bei einem Umzug in eine andere Stadt?Ein Umzug in eine andere Stadt erfordert besondere Aufmerksamkeit. Das zuständige Jobcenter in der neuen Stadt muss eingebunden werden.
Informieren Sie sich über die Mietobergrenzen und Regelungen in der neuen Stadt, um sicherzustellen, dass die neue Wohnung als angemessen gilt.
Oft wissen die Jobcenter selbst nicht genau, wer wofür zuständig ist, was zu Verwirrung führen kann.
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Deshalb ist es ratsam, sich frühzeitig zu informieren und alle notwendigen Schritte zu planen.
Alle Kosten müssen vorab abgesprochen werdenEs ist wichtig, dass Sie alle Umzugskosten vorab mit dem Jobcenter absprechen und verschiedene Angebote einholen.
In der Regel übernimmt das Jobcenter die Kosten, wenn Sie bis zu drei unterschiedliche Angebote vorlegen.
Verlassen Sie sich keinesfalls auf mündliche Zusagen des Jobcenters, sondern lassen sie sich alles schriftlich geben.
Erstausstattung für die neue WohnungZusätzlich zu den Umzugskosten können Sie eine Erstausstattung für die neue Wohnung beantragen, insbesondere wenn Sie aus einer Wohnung ohne notwendige Ausstattung wie einer Einbauküche in eine unmöblierte Wohnung ziehen.
Auch wenn sich die Lebenssituation ändert, beispielsweise durch Familienzuwachs, können Sie für das zusätzlich benötigte Mobiliar eine Erstausstattung beantragen.
Der Beitrag Bürgergeld: 6 gute Gründe für den Wohnungswechsel beim Jobcenter so durchsetzen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Neues Urteil zur Witwenrente: Hohe Nachzahlungen aber auch Rückforderungen
Die Anrechnung von Einkommen auf Witwen- und Witwerrenten ist seit Jahren komplex. Mit einer nun gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hat das Thema neue Fahrt aufgenommen – spürbar bis in die Praxis der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Jahr 2025.
Bei der Einkommensanrechnung zählt das tatsächlich verfügbare Einkommen; steuerliche Verlustvorträge aus Vorjahren bleiben außen vor. Das öffnet Überprüfungen alter Bescheide – mit der Folge, dass in vielen Fällen Rückforderungen im Raum stehen, während in wenigen Konstellationen auch Nachzahlungen möglich sind.
Was das BSG konkret entschieden hatIm Verfahren B 5 R 3/23 R stellte das BSG klar: Ein von der Finanzverwaltung anerkannter Verlustvortrag nach § 10d EStG ist bei der Bestimmung des auf eine Hinterbliebenenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens nicht zu berücksichtigen.
Maßgeblich ist das im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen – nicht die steuerliche „Glättung“ über Vorjahresverluste. Damit bestätigte das Gericht die Linie, die den Zweck der Hinterbliebenenversorgung – Ersatz weggefallenen Unterhalts – in den Mittelpunkt stellt.
Warum das so viele Betroffene trifftDie Entscheidung betrifft insbesondere Hinterbliebene mit schwankenden oder unternehmerischen Einkünften. Wer seine Rente bislang dadurch stabil halten konnte, dass Verluste aus früheren Jahren das aktuelle Einkommen steuerlich gemindert haben, kann sich darauf bei der Rentenberechnung nicht mehr berufen.
In der Folge prüft die DRV vermehrt Altfälle und laufende Bescheide. Medienberichte zeigen, dass daraus teils vierstellige Rückforderungen entstanden sind – in einem dokumentierten Fall wurden rund 12.600 Euro zurückverlangt.
Beispiel aus der PraxisIn den veröffentlichten Fallbeschreibungen wird sichtbar, wie gravierend die Folgen sein können: Eine Hinterbliebene musste eine fünfstellige Summe erstatten, weil die Rentenversicherung bei der Überprüfung nach dem BSG-Urteil steuerliche Verlustvorträge unberücksichtigt ließ und das reale, verfügbare Einkommen zugrunde legte. Solche Einzelfälle sind keine Blaupause für alle, markieren aber die Richtung der Verwaltungspraxis nach der höchstrichterlichen Klärung.
Was die Rentenversicherung jetzt prüftDie DRV orientiert sich bei der Einkommensanrechnung am tatsächlich zufließenden Einkommen des vorangegangenen Kalenderjahres und passt mit jeder Rentenanpassung zum 1. Juli die Anrechnung neu an.
Für die Anpassung zum 1. Juli 2025 ist deshalb der Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2024 maßgeblich; höhere Einkommen in 2025 wirken dann erst ab Juli 2026. Entscheidend ist das bereinigte Nettoeinkommen – steuerrechtliche Verlustverrechnungen ändern daran nichts.
So wird Einkommen angerechnetBei Hinterbliebenenrenten werden oberhalb eines Freibetrags 40 Prozent des anrechenbaren Nettoeinkommens auf die Rente angerechnet. Zum Nettoeinkommen zählen neben Erwerbseinkünften auch Renten, Kapitaleinkünfte, Mieten/Pachten und bestimmte private Leistungen.
Für Erwerbseinkommen arbeitet die DRV mit pauschalen Abzügen, um vom Brutto- zum Nettoeinkommen zu gelangen. Das „Sterbevierteljahr“ bleibt von Anrechnungen ausgenommen. Die Grundlagen und Beispielrechnungen stellt die DRV transparent dar.
Wer besonders gefährdet istErhöhte Aufmerksamkeit ist angezeigt, wenn neben der Witwen-/Witwerrente weiterhin Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, aus Vermietung oder aus Kapitalanlagen zufließen oder wenn Einkommensverhältnisse komplex sind.
In diesen Konstellationen weichen steuerliche Ergebnisse und „verfügbares Einkommen“ besonders häufig voneinander ab – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Rentenberechnung und ein erhöhtes Risiko für Nachforderungen nach einer Überprüfung.
Was Betroffene jetzt tun solltenBetroffene sollten jüngste Rentenbescheide systematisch durchgehen und die zugrunde gelegten Einkommensdaten mit den tatsächlich verfügbaren Einnahmen abgleichen.
Wo die DRV Rückforderungen erhebt oder Änderungen ankündigt, ist die Frist entscheidend: Ein Widerspruch ist in Deutschland innerhalb eines Monats möglich; Details finden sich in der Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bescheids. Wer unsicher ist, sollte fachkundigen Rat einholen – etwa bei Rentenberatern oder spezialisierten Anwälten für Sozialrecht.
Reformen 2025: Erhöhung der Hinterbliebenenrenten und neue FreibeträgeZum 1. Juli 2025 sind alle gesetzlichen Renten – und damit auch Witwen- und Witwerrenten – um 3,74 Prozent gestiegen. Gleichzeitig gelten höhere Freibeträge für die Einkommensanrechnung: Der monatliche Grundfreibetrag liegt seit Juli 2025 bei 1.076,86 Euro.
Pro waisenrentenberechtigtem Kind erhöht sich der Freibetrag um 228,42 Euro. Diese Werte gelten bundesweit einheitlich; die Ost-/West-Unterschiede beim Rentenwert sind bereits seit 1. Juli 2023 beseitigt.
Dezember 2025: Zuschlag wird Einkommen – mit Folgen für HinterbliebeneZum Dezember 2025 ändert sich der Umgang mit dem Zuschlag für frühere Erwerbsminderungs- bzw. Folgerenten: Der bisher separat gezahlte Zuschlag geht in die reguläre Monatsrente über und gilt dann als Einkommen im Sinne der Einkommensanrechnung bei der Witwenrente.
Das kann dazu führen, dass Hinterbliebenenrenten sinken, wenn durch den Zuschlag die Freibeträge überschritten werden.
Zugleich ist eine einmalige Nachzahlung möglich: Fällt der neu berechnete Zuschlag ab Dezember 2025 höher aus als zuvor, wird die Differenz pauschal für 17 Monate (Juli 2024 bis November 2025) nachgezahlt.
Rückforderungen und Verjährung: Was rechtlich giltKommt die DRV zu dem Ergebnis, dass Leistungen zu Unrecht erbracht wurden, kann sie einen Rückforderungsbescheid erlassen. Der Erstattungsanspruch verjährt grundsätzlich in vier Jahren – maßgeblich ist nach § 50 Abs. 4 SGB X der Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Rückforderungsbescheid unanfechtbar geworden ist.
Daneben enthält § 45 SGB I eine vierjährige Verjährungsregel für Ansprüche auf Sozialleistungen. Je nach Konstellation greifen spezielle oder längere Fristen; die Details sind komplex und eine Prüfung des Einzelfalls – ggf. mit rechtlicher Unterstützung – ist ratsam.
Fazit: Jetzt handeln, Bescheide prüfen, Fristen wahrenDie BSG-Rechtsprechung setzt den Maßstab: Für die Einkommensanrechnung zählt das verfügbare Einkommen – nicht steuerliche Verlustvorträge. Zusammen mit den 2025er-Anpassungen und der Umstellung des Zuschlags zum Dezember ergeben sich für Hinterbliebene spürbare Veränderungen.
Wer Einkünfte neben der Witwenrente erzielt, sollte die eigenen Bescheide und die zugrunde gelegten Berechnungen sorgfältig prüfen, Belege zum aktuellen Einkommen geordnet bereithalten und neue Bescheide kritisch lesen.
Bei Unklarheiten oder Rückforderungen gilt: Fristen im Auge behalten und widersprechen, wenn die Berechnung aus Ihrer Sicht nicht stimmt. So lassen sich unberechtigte Kürzungen abwehren – und mögliche Nachzahlungen sichern.
Quellenhinweise (Auswahl): Bundessozialgericht zum Aktenzeichen B 5 R 3/23 R; Deutsche Rentenversicherung zu Freibeträgen, Beispielrechnungen und Zuschlag-Umstellung; Bundesregierung/BMAS zur Rentenanpassung 2025; ergänzend aktuelle Fach- und Medienberichte zu Praxisfällen und Auswirkungen
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500 Euro mehr Rente pro Monat – wegen zwei Widersprüchen
Eine Betroffene erkämpfte sich mit einem Widerspruch gegen einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zunächst eine volle Erwerbsminderungsrente (EM-Rente). Mit einem zweiten Widerspruch setzte sie anschließend durch, dass ihre Rente um rund 500 Euro brutto höher ausfiel.
Depression, chronische Schmerzen und schließlich Burn-outDie 49-Jährige arbeitete in der Personalverwaltung, erkrankte an einer Depression und an chronischen Schmerzen (Arthrose). Langes Gehen fiel ihr schwer, sie schlief schlecht, war ständig erschöpft und psychisch kaum belastbar. Schließlich schrieb ihr Arzt sie wegen Burn-out krank.
Reha statt Rente – (noch) volle Leistungsfähigkeit?Sie beantragte eine medizinische Reha. Beim Abschluss im Herbst 2022 war sie zwar weiterhin arbeitsunfähig, der Reha-Entlassungsbericht bescheinigte ihr jedoch eine Leistungsfähigkeit von mehr als sechs Stunden täglich – formal also keine Erwerbsminderung.
Wichtig zu wissen
Ein Reha-Antrag kann nach § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag gelten. Dadurch kann EM‑Rente später auch rückwirkend vor dem eigentlichen Rentenantrag beginnen.
Die Arbeitsunfähigkeit dauerte an. Im Februar 2024 stellte die Frau einen EM-Rentenantrag. Die DRV lehnte ab: Man habe sie im Herbst 2022 als „voll erwerbsfähig“ aus der Reha entlassen.
1. Widerspruch – erfolgreichMithilfe des Sozialverbands VdK legte sie fristgerecht (1 Monat, § SGB X) Widerspruch ein. Die DRV ordnete ein neues ärztliches Gutachten an und erkannte schließlich eine volle Erwerbsminderung (Leistungsfähigkeit < 3 h/Tag, § SGB VI) wegen der chronischen Schmerzen und psychischer Belastungen.
Rentenbeginn (zunächst): 1. Juni 2022
Begründung: Der Reha-Antrag aus 2022 galt als Rentenantrag.
Berechnete Rente: ≈ 1 595 € brutto (netto nach KV/PV-Abzug ca. 1 430 €).
Die VdK‑Juristin legte erneut Widerspruch ein, dieses Mal gegen den Rentenbeginn. Argument: Wenn die DRV selbst gesagt habe, die Versicherte sei im Herbst 2022 nicht erwerbsgemindert gewesen, könne die volle EM nicht schon ab Juni 2022 bestanden haben. Ein späterer Beginn bedeute weniger Rentenabschläge und eine höhere Rente.
Späterer Beginn der Erwerbsminderung – höherer RentenbetragDie DRV korrigierte sich: neuer Rentenbeginn 1. August 2023.
Rentenhöhe: rund 2030 € brutto (netto ca. 1820 €)
Der Sprung von ca. 435 € brutto erklärt sich hauptsächlich aus
- weniger Rentenabschlag (14 Monate späterer Beginn = 4,2 % statt 8,4 %),
- einem höheren aktuellen Rentenwert (2023/24 Anpassungen) und
- einer längeren Zurechnungszeit durch die Reform 2024 (fiktive Beitragszeiten bis Alter 67).
Nachzahlung: rund 26 650 € brutto. Davon erstattete die DRV nach § SGB X bereits gezahltes Krankengeld und Arbeitslosengeld I an die Krankenkasse bzw. die Agentur für Arbeit.
Was Betroffene wissen sollten Thema Kurz erklärt Frist Widerspruch 1 Monat nach Zugang des Bescheids (§ SGB X). Nächster Schritt Bei Ablehnung → Klage beim Sozialgericht (§ SGB X). Rentenbere Entgeltpunkte × aktueller Rentenwert (2025: 39,32 € West / 38,20 € Ost) × Zugangsfaktor (1 – 0,003 × Monate vor Regelalter). Brutto vs. Netto Von der Bruttorente werden ca. 10–11 % KV/PV-Beiträge abgezogen; ggf. fällt Einkommensteuer an. Teilweise vs. volle EM Volle EM: < 3 h/Tag, halbe EM: 3–< 6 h (§ 43 SGB VI). Reha vor Rente Ein Reha-Antrag kann als Rentenantrag wirken – kann Vorteile (frühere Zahlung) oder Nachteile (höhere Abschläge) bringen. Fachliche Beratung ist ratsam. Ein Vorbild für andere ErkrankteDie Geschichte zeigt, wie wichtig Hartnäckigkeit sein kann. Ohne Widersprüche hätte die Versicherte trotz gravierender gesundheitlicher Einschränkungen gar keine oder eine deutlich geringere Rente erhalten.
Tipp: Wer einen ablehnenden Bescheid der DRV erhält, sollte ihn prüfen lassen – etwa durch den VdK, den SoVD, eine Fachanwältin für Sozialrecht oder einen zugelassenen Rentenberater. Schon ein einziger Widerspruch kann eine falsche Entscheidung korrigieren; ein zweiter, gut begründeter Widerspruch kann sogar finanzielle Sprünge von mehreren Hundert Euro im Monat bewirken.
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Schwerbehinderung: Welche Krankheiten erhöhen den Grad der Behinderung?
Der Grad der Behinderung (GdB) beschreibt nicht eine Diagnose, sondern das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung durch gesundheitliche Funktionsstörungen.
Er wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgestellt; ab GdB 50 gilt eine Schwerbehinderung. Rechtsgrundlage sind insbesondere § 152 SGB IX und die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) mit ihren „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“, die bundeseinheitliche Maßstäbe für die Begutachtung vorgeben. Menschen mit GdB 30 oder 40 können im Arbeitsleben auf Antrag den Schwerbehinderten gleichgestellt werden.
Von Wichtigkeit ist stets die funktionale Auswirkung auf Alltag und gesellschaftliche Teilhabe – nicht der bloße Name der Krankheit.
Wie die Bewertung erfolgtDie VersMedV ordnet Funktionsbeeinträchtigungen Körperregionen und Organsystemen zu und nennt Anhaltswerte („GdB/GdS“) für typische Schweregrade.
Diese Werte bilden den Ausgangspunkt, die konkrete Einstufung erfolgt aber im Einzelfall nach Aktenlage, Befundberichten und ggf. Untersuchung. Wichtig ist: Liegen mehrere Leiden vor, wird kein Summieren einzelner Werte vorgenommen, sondern eine wertende Gesamtschau gebildet; leichte Einschränkungen mit Einzel-GdB 10 bleiben in der Regel unberücksichtigt, Einzel-GdB 20 erhöhen nicht automatisch. Maßgeblich sind die Wechselwirkungen der Leiden untereinander.
Krankheitsgruppen, die den GdB häufig erhöhenOb und wie stark eine Krankheit den GdB anhebt, hängt von Art, Ausmaß, Dauer und der Therapiebelastung ab. Im Folgenden die wichtigsten Bereiche – jeweils als Orientierung, da die VersMedV detaillierte Kriterien je System vorgibt.
Tabelle: Welche Krankheiten erhöhen den Grad der Behinderung?Hier eine übersichtliche Tabelle mit Beispielen von Krankheiten, die den Grad der Behinderung (GdB) erhöhen können. Die linke Spalte nennt die Krankheitsgruppen oder Beispiele, die rechte Spalte zeigt, inwiefern sie den GdB beeinflussen können:
Krankheit / Krankheitsgruppe Typische GdB-Spanne Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinsuffizienz, KHK) 20–100 (abhängig von Belastbarkeit, Symptomatik, Organschäden) Atemwegserkrankungen (COPD, Asthma) 20–80 (bei schwerer Einschränkung oder Sauerstoffpflicht höher) Diabetes mellitus 20–50 (bei intensivierter Insulintherapie mit erheblichen Alltagsbelastungen bis 50) Neurologische Erkrankungen (MS, Parkinson, Epilepsie) 30–100 (leichte Funktionsstörungen bis schwere Lähmungen oder häufige Anfälle) Psychische Erkrankungen (Depression, Angststörungen, PTBS) 30–70 (leichte bis schwere Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit) Krebserkrankungen 50–100 während der Heilungsbewährung, danach je nach Folgeschäden 20–80 Sehbehinderung / Blindheit 30–100 (Blindheit ab GdB 100) Hörbehinderung / Gehörlosigkeit 30–80 (Gehörlosigkeit ca. GdB 80) Bewegungsapparat (Arthrose, Wirbelsäulenerkrankungen) 20–70 (abhängig von Beweglichkeit, Schmerzen, Endoprothesen) Nieren- und Lebererkrankungen (Dialyse, Zirrhose) 40–100 (Dialysepflicht meist GdB 100) Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) 30–60 (bei häufigen Schüben oder Komplikationen höher) Rheumatische und Autoimmunerkrankungen 30–70 (abhängig von Aktivität, Organbeteiligung und Gelenkschäden) Post-/Long-Covid 20–60 (analog zu vergleichbaren Funktionseinschränkungen, z. B. Fatigue, Atemnot, Neurodefizite) Herz-Kreislauf- und AtemwegserkrankungenChronische Herzinsuffizienz, Koronare Herzkrankheit, schwere Hypertonie mit Organfolgen sowie COPD oder schweres Asthma können – je nach Belastbarkeit, Sauerstoffpflicht, Häufigkeit von Dekompensationen und Leistungsdiagnostik – zu deutlich erhöhten GdB führen. Bei starker Einschränkung der Belastbarkeit bis hin zur Ruhesymptomatik sind hohe Werte möglich; milde, gut eingestellte Verläufe führen zu niedrigen GdB.
StoffwechselerkrankungenBei Diabetes mellitus ist nicht die Diagnose, sondern der Therapieaufwand und das Risiko erheblicher Entgleisungen maßgebend. Ein GdB 50 setzt nach der Rechtsprechung typischerweise mindestens vier Insulininjektionen pro Tag mit eigenständiger Dosisanpassung und spürbare Einschnitte im Alltag voraus; moderne Pumpen- und Sensorsysteme senken diesen Aufwand nicht automatisch. Leichter einzustellende Verläufe liegen darunter.
Neurologische ErkrankungenEpilepsien werden nach Anfallstyp, Häufigkeit und Einschränkungen bewertet; Parkinson und Multiple Sklerose nach objektivierbaren Ausfällen, Alltagskompetenz und Verlauf. Bei MS nennt die VersMedV keine fixe Spannbreite; maßgeblich sind die zerebralen und spinalen Ausfälle und die Krankheitsaktivität. Anhaltende Lähmungen, Gang- und Gleichgewichtsstörungen oder ausgeprägte Fatigue erhöhen den GdB deutlich.
Psychische ErkrankungenDepressionen, Angststörungen, PTBS und Persönlichkeitsstörungen können den GdB anheben, wenn Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit wesentlich eingeschränkt sind.
Leichte psychovegetative Störungen bewegen sich im unteren Bereich, während ausgeprägte, dauerhafte Störungen mit erheblichen Alltags- und Teilhabeeinbußen zu deutlich höheren Werten führen. Maßgeblich sind Stabilität, Behandlungserfolg und soziale Funktionsfähigkeit.
Krebserkrankungen und HeilungsbewährungNach Primärtherapie eines malignen Tumors wird in der Regel eine Heilungsbewährung von meist fünf Jahren abgewartet, in der ein erhöhter GdB festgesetzt wird; bei carcinoma in situ können kürzere Fristen gelten. Danach erfolgt eine Neubewertung anhand bleibender Organ- und Therapiefolgen.
Erkrankungen der SinnesorganeSchwere Sehbehinderungen bis hin zur Blindheit sowie hochgradige Hörstörungen oder Gehörlosigkeit führen regelmäßig zu hohen GdB-Werten. Beim Sehen sind korrigierte Sehschärfe, Gesichtsfeld und weitere Parameter maßgeblich; beim Hören die Herabsetzung des Sprachgehörs anhand standardisierter Audiometrie. Zusätzlich können Merkzeichen wie „Bl“ oder „Gl“ zustehen.
Erkrankungen des BewegungsapparatesChronische Wirbelsäulen- und Gelenkleiden erhöhen den GdB, wenn sie zu dauerhaften Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und Verringerung der Geh-, Steh- oder Greiffähigkeit führen.
Entscheidend sind objektive Funktionsdefizite, Operationsfolgen, Endoprothesenstatus, Instabilitäten sowie die Belastbarkeit im Alltag; Schmerzen sind in den Tabellen grundsätzlich mitgedacht, außergewöhnliche Schmerzsyndrome können die Bewertung jedoch erhöhen.
Nieren-, Leber- und gastrointestinale ErkrankungenFortgeschrittene Niereninsuffizienz bis zur Dialyse, Leberzirrhose oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen mit Komplikationen wirken sich deutlich auf den GdB aus; symptomarme oder gut kompensierte Verläufe werden niedriger bewertet. Maßgeblich sind Labor- und Verlaufsdaten sowie Therapiebedarfe.
Autoimmun- und SystemerkrankungenRheumatoide Arthritis, Kollagenosen, Vaskulitiden oder chronische Haut- und Muskelerkrankungen erhöhen den GdB abhängig von Aktivität, Organbeteiligung und Funktionsverlust. Starke Schübe mit Dauerschäden, deformierende Gelenkverläufe oder systemische Beteiligungen begründen höhere Werte.
Post-/Long-Covid als QuerschnittsthemaFür Post-Covid-Syndrom existieren in der VersMedV bislang keine eigenen Anhaltswerte. Die Praxis orientiert sich an den vergleichbaren Funktionseinschränkungen – etwa chronischer Fatigue, kardiopulmonalen oder neurokognitiven Defiziten.
Je nach Schweregrad kann im Einzelfall ein GdB bis in den Schwerbehindertenbereich festgestellt werden; aktuelle Rechtsprechung und Fachbeiträge betonen die Analogbewertung, häufig an CFS-Maßstäben.
Mehrere Krankheiten: der Gesamt-GdBWer mehrere Leiden hat, erhält für jede relevante Funktionsstörung einen Einzel-GdB. Für die Gesamtbewertung wird von der führenden Beeinträchtigung ausgegangen und geprüft, ob und wie andere Leiden das Gesamtausmaß wertend erhöhen.
Additionen sind unzulässig; Einzel-GdB 10 bleiben grundsätzlich außen vor, bei Einzel-GdB 20 kommt es auf Gewicht und Unabhängigkeit der zusätzlichen Einschränkung an. Diese gesetzliche Logik erklärt, warum zwei Erkrankungen mit je 30 nicht automatisch zu 60 führen.
Merkzeichen als wichtige ZusatzaussageNeben der Zahl des GdB können Merkzeichen vergeben werden, die bestimmte Teilhabebarrieren abbilden und Nachteilsausgleiche auslösen – etwa G für erhebliche Gehbeeinträchtigung, aG für außergewöhnliche Gehbehinderung, H für Hilflosigkeit, Bl für Blindheit, Gl für Gehörlosigkeit, B für Begleitperson, RF für Rundfunkbeitrags-Ermäßigung und TBl für Taubblindheit. Welche Merkzeichen passen, ergibt sich ebenfalls aus den VersMedV-Kriterien.
Kinder, Alter und DauerGdB und GdS setzen eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus; bei Kindern und hochbetagten Menschen wird dies ausdrücklich berücksichtigt. Zudem müssen Beeinträchtigungen in der Regel länger als sechs Monate bestehen, um als Behinderung im Sinne des SGB IX zu gelten.
Was Betroffene mitnehmen sollten„Welche Krankheiten erhöhen den GdB?“ lässt sich seriös nur mit Blick auf die Folgen beantworten. Typische chronische Erkrankungen aus nahezu allen Organsystemen können – je nach Schwere, Stabilität und Therapieaufwand – den GdB deutlich anheben, von psychischen Störungen über Herz-, Lungen-, Stoffwechsel-, Neuro- und Tumorerkrankungen bis hin zu Sinnes- und Bewegungsstörungen. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze liefern dafür den verbindlichen Rahmen; im Einzelfall entscheidet die Gesamtschau der funktionalen Einschränkungen über die Höhe.
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Rentner jetzt Antrag stellen: 2000 Euro im Jahr zusätzlich zur Rente
Mehr als 2 000 Euro zusätzlich pro Jahr – so groß kann der Zugewinn sein, den freiwillig gesetzlich oder privat krankenversicherte Rentnerinnen und Rentner bislang allzu oft verschenken.
Grund dafür ist ein nur auf Antrag gezahlter Zuschuss der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu den Krankenversicherungsbeiträgen. Schätzungen der Fachportale und Sozialverbände gehen davon aus, dass bundesweit Millionen Ruheständler den Antrag nie stellen und dadurch auf spürbares Einkommen verzichten.
Die gesetzliche Grundlage: § 106 SGB VIDer Anspruch ist seit Jahren klar geregelt. § 106 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verpflichtet die Rentenversicherung, freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte sowie privat Versicherte zu entlasten.
Gezahlt wird der halbe allgemeine Beitragssatz der GKV zuzüglich der jeweils einschlägigen Zusatzbeiträge; für Pflichtmitglieder der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) greift diese Regelung dagegen nicht, weil deren Beiträge schon automatisch zwischen DRV und Krankenkasse aufgeteilt werden.
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Wer anspruchsberechtigt istBegünstigt sind zwei Gruppen: Erstens Ruheständler, die zwar bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, dort aber den Status der freiwilligen Mitgliedschaft haben, weil sie in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens nicht die 90-Prozent-Grenze für die KVdR erfüllt haben.
Zweitens Personen, die ihre Altersversorgung mit einer privaten Krankenversicherung gestalten. Pflichtversicherte Rentnerinnen und Rentner erhalten keinen separaten Zuschuss, da ihre Beiträge bereits direkt von der Rente abgezogen werden.
Der Rechenweg: Beitrags- und Zusatzsatz entscheidenFür das Jahr 2025 liegt der allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung unverändert bei 14,6 Prozent. Das Bundesgesundheitsministerium hat den durchschnittlichen Zusatzbeitrag – als Orientierungsgröße für alle Kassen – auf 2,5 Prozent angehoben. Damit ergeben sich insgesamt 17,1 Prozent, von denen die Rentenversicherung die Hälfte übernimmt, also 8,55 Prozent.
Beispielrechnung: 171 Euro pro Monat mehrWer 2 000 Euro Bruttorente bezieht, kann auf Grundlage des geltenden Gesamtbeitragssatzes mit bis zu 171 Euro monatlichem Zuschuss rechnen. Hochgerechnet ergibt das 2 052 Euro im Jahr – eine Summe, die in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten erheblich ins Gewicht fällt.
Deckelung auf die tatsächliche PrämienhöheSo großzügig die Formel wirkt, der Gesetzgeber zieht eine klare Grenze: Der Zuschuss darf nie höher sein als die Hälfte der tatsächlich gezahlten Krankenversicherungsbeiträge.
Liegen die realen Aufwendungen unter dem rechnerischen Höchstbetrag, erstattet die DRV nur diesen niedrigeren Wert.
Besonderheiten für PrivatversicherteBei Rentnerinnen und Rentnern in der privaten Krankenversicherung wird ebenfalls mit dem halben allgemeinen Beitragssatz plus der Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitrags gerechnet.
2025 liegt die theoretisch erreichbare Zuschusshöhe daher exakt wie bei freiwillig gesetzlich Versicherten bei 8,55 Prozent der Bruttorente. Auch hier gilt die Deckelung auf die Hälfte der tatsächlich gezahlten Prämie.
Antragstellung: Formular R0820 – möglichst gleich mit dem RentenantragDie DRV stellt für den Zuschuss das Formular R0820 bereit, das seit 1. Juli 2025 auch als vollständig barrierefreier Online-Antrag verfügbar ist. Wer den Zuschuss zeitgleich mit dem Rentenantrag einreicht, erhält ihn ohne finanziellen Verlust bereits ab Rentenbeginn.
Erfolgt der Antrag später, gilt eine enge Karenz: Bei eigenen Renten zahlt die DRV maximal rückwirkend für drei Monate, bei Hinterbliebenenrenten für höchstens zwölf Monate. Danach fließt der Zuschuss ausschließlich für die Zukunft.
Fristen nicht verpassen – jeder Monat zähltDie Praxis zeigt, dass eine verspätete Antragstellung bares Geld kostet. Wird der Antrag erst Jahre nach Rentenbeginn gestellt, gehen alle Monatsbeträge davor unwiederbringlich verloren; eine weitergehende rückwirkende Zahlung sieht das Gesetz nicht vor.
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt rät deshalb, den Zuschuss zwingend gemeinsam mit dem Rentenantrag zu beantragen oder spätestens innerhalb der Dreimonatsfrist nach Rentenbeginn.
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Warum sich der Antrag trotz Beitragssteigerungen mehr denn je lohntMit der spürbaren Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,8 Prozentpunkte seit Januar 2025 steigt auch der potenzielle Zuschuss.
Selbst wenn Krankenkassen die Belastung weiter erhöhen, wächst der Anspruch automatisch mit – allerdings nur für diejenigen, die den Antrag bereits gestellt haben. Wer noch zögert, verschenkt daher monatlich einen immer größer werdenden Betrag.
FazitDer Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI ist ein wirkungsvolles Instrument, um die Krankenversicherungskosten im Ruhestand zu senken. Die Berechnung ist transparent, der Antrag unkompliziert – doch die Fristen sind unerbittlich.
Wer freiwillig gesetzlich oder privat krankenversichert ist und seine Rente bezieht oder bald beantragen will, sollte den Zuschuss deshalb nicht länger aufschieben. Ein einziges Formular sichert Jahr für Jahr einen vierstelligen Betrag, der sonst schlicht verloren ginge.
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Verlängert sich das Krankengeld bei einer neuen Krankheit?
Wer länger als sechs Wochen krankgeschrieben ist, bekommt sein Einkommen nicht mehr vom Arbeitgeber, sondern in Form von Krankengeld von der gesetzlichen Krankenkasse.
Spätestens wenn Ärzte eine zweite Diagnose feststellen, taucht jedoch immer wieder dieselbe Frage auf: Zählt jetzt eine neue Höchstfrist – und wenn ja, wann?
Die Antwort erfordert einen genaueren Blick auf das Regelwerk des Sozialgesetzbuchs V, mehrere Urteile des Bundessozialgerichts und das Prüfverfahren der Medizinischen Dienste der Krankenkassen.
Maximale Bezugszeit von 78 WochenDas Krankengeld kennt eine starre maximale Bezugszeit von 78 Wochen innerhalb einer so genannten Blockfrist von drei Jahren. Diese Blockfrist beginnt immer mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Während dieses Zeitraums dürfen alle Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, inklusive der ersten sechs Wochen Lohnfortzahlung, zusammengerechnet 78 Wochen nicht überschreiten.
Wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine zweite Diagnose folgtTritt während der laufenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere, fachlich unabhängige Krankheit hinzu, verändert das den Anspruch zunächst nicht. Die Tage der Zahlung laufen weiter in derselben Geschwindigkeit; sie werden lediglich der ursprünglichen 78-Wochen-Höchstgrenze der neuen Krankheit zugeordnet.
Praktisch heißt das: Für die hinzugetretene Diagnose wird zwar eine eigene Blockfrist gebildet, sie läuft aber parallel zu der bereits bestehenden – in aller Regel mit demselben Anfangsdatum, weil beide Krankheiten erstmals im selben Zeitraum aufgetreten sind. Eine Verlängerung des Krankengeldbezugs ergibt sich daraus also nicht.
Wann ein neuer Anspruch auf Krankengeld entstehtAnders sieht es aus, wenn Versicherte zwischendurch wieder arbeitsfähig sind. Endet die Krankschreibung vollständig, gilt der Versicherte rechtlich als genesen. Führt erst danach eine andere gesundheitliche Störung zur erneuten Arbeitsunfähigkeit, beginnt zunächst wieder eine sechswöchige Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Erst im Anschluss zahlt die Krankenkasse Krankengeld – nun allerdings im Rahmen einer neuen Blockfrist, die sich allein an der neuen Diagnose orientiert. Entscheidend ist also nicht die Vielfalt der Diagnosen, sondern die Unterbrechung durch tatsächlich geleistete Arbeit.
Folgekrankheiten: Wann mehrere Episoden „eine“ Krankheit bleiben
Besonders knifflig wird es, wenn eine zweite oder dritte Krankschreibung zwar einen anderen ICD-Code trägt, medizinisch aber als unmittelbare Folge der ursprünglichen Erkrankung gilt.
Klassische Beispiele sind Bandscheibenvorfälle nach einer Operation, die im Gefolge einer schweren chronischen Erkrankung entstehen.
In solchen Fällen spricht die Rechtsprechung von zusammenhängenden Krankheitszeiten. Solche Zeiträume werden vollständig auf dieselbe 78-Wochen-Grenze angerechnet; eine neue Blockfrist kommt nicht in Betracht.
Wichtig also: Ob tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang besteht, lassen die Kassen im Streitfall vom Medizinischen Dienst prüfen.
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Parallel laufende Blockfristen: Theorie und PraxisVerursachen verschiedene Krankheiten exakt gleichzeitig die erste Arbeitsunfähigkeit – etwa weil ein Unfall Verletzungen an Rücken und Knie auslöst –, lösen sie dennoch jeweils eigene Blockfristen aus. Weil aber alle Fristen mit dem selben Tag beginnen, enden sie auch am selben Tag.
Der Betroffene erhält deshalb kein „doppeltes“ Krankengeld; vielmehr zählt jeder Kalendertag gleichzeitig für alle laufenden Blockfristen. In der Praxis entsteht also auch hier keine verlängerte Gesamtdauer.
Typische Fehlerquellen und wie Betroffene sie vermeidenGerade bei langen Verläufen mit wechselnden Diagnosen kommt es nicht selten vor, dass Krankenkassen Zeiträume falsch zusammenzählen oder Nebendiagnosen irrtümlich als Folgeerkrankung werten.
Betroffene sollten sich deshalb spätestens dann eine tabellarische Aufstellung geben lassen, wenn sie die 72-Wochen-Marke (sechs Wochen Lohnfortzahlung plus 66 Wochen Krankengeld) erreichen.
Zeigen sich Unstimmigkeiten, lohnt sich ein schriftlicher Widerspruch und gegebenenfalls die Prüfung durch eine unabhängige Sozial- oder Rechtsberatung.
Fazit: Viele Diagnosen, aber nur ein begrenztes ZeitkontoMehrere Krankheiten verändern den Anspruch auf Krankengeld nur in klar definierten Ausnahmefällen. Ohne echte Unterbrechung durch Rückkehr an den Arbeitsplatz verlängert sich der Leistungszeitraum weder durch eine zusätzliche Diagnose noch durch deren spätere Folgen.
Erst nach einer nachweislichen Gesundschreibung beginnt für eine neue, eigenständige Krankheit das Spiel von vorne – mit neuer Entgeltfortzahlung, eigener Blockfrist und frischem 78-Wochen-Konto.
Wer seine Arbeitsunfähigkeitszeiten lückenlos dokumentiert und die Berechnungen der Kasse prüft, behält die finanzielle Perspektive im Blick und kann rechtzeitig andere Sozialleistungen planen, falls die Frist abläuft.
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GEZ: Student besiegte den Rundfunkbeitrag vor Gericht – alle Fakten
In Deutschland gibt es einige feststehende Tatsachen: Man muss Steuern an das Finanzamt zahlen, Züge sind oft unpünktlich, und der Rundfunkbeitrag (ehemals GEZ) in Höhe von 18,36 Euro wird Monat für Monat eingezogen. Im Jahr sind das immerhin stolze 220,32 Euro.
Student wehrte sich gegen den RundfunkbeitragEin interessanter Fall beschäftigt sich mit einem Studenten, der kein BAföG bezieht und trotzdem nicht in der Lage war, den Rundfunkbeitrag zu zahlen.
Die Prüfung seines Härtefallantrags dauerte jedoch mehrere Jahre, in denen er weiterhin den Beitrag zahlen musste, um keine Mahngebühren zahlen zu müssen.
Um sich dagegen zu wehren, entschied er sich nunmehr nach Jahren zu klagen. Der Fall lief ungewöhnlich ab, da der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) ein Urteil um jeden Preis vermeiden wollte, um eine mögliche Präzedenzwirkung zu verhindern.
Welche bürokratischen Hürden bestehen bei einem Härtefallantrag?In Deutschland sich vom Rundfunkbeitrag befreien zu lassen, ist alles andere als einfach. Der Student musste zahlreiche Dokumente einreichen, darunter Kontoauszüge, BAföG-Bescheide, Einkommensnachweise, Mietvertrag, Nachweis über die Krankenversicherung, Studienbescheinigung, Vermögenserklärung und detaillierte Vermögensaufstellungen.
Diese umfangreiche Bürokratie wurde auch von der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger kritisiert, die sich für eine unbürokratischere Lösung für einkommensschwache Studenten aussprach. Bislang hat die Politik jedoch nicht reagiert.
Was sagt der Rundfunkstaatsvertrag zur Befreiung vom Rundfunkbeitrag?Ein Blick in den Rundfunkstaatsvertrag, insbesondere Paragraph 4 Absatz 6, zeigt, dass es geregelt ist, unter welchen Umständen eine Befreiung möglich ist.
Betroffene, die Sozialhilfe, Bürgergeld, Bafög oder Grundsicherung beziehen oder deren Einkommen nur knapp über der Bedarfsschwelle liegt, können einen Härtefallantrag stellen.
Der Student berief sich auf diese Regelung, da er nach Abzug der Mietkosten und anderen Ausgaben nicht genug Geld zum Leben übrig hatte.
Wie reagierte der Mitteldeutsche Rundfunk darauf?Nach langem Warten und einer Untätigkeitsklage des Studenten entschloss sich der MDR schließlich, den Studenten rückwirkend vom Rundfunkbeitrag zu befreien. Dies geschah allerdings erst nach erheblichem Druck des Gerichts und um ein Urteil zu vermeiden, das als Präzedenzfall für andere Studenten hätte dienen können.
Urteil des BundesverfassungsgerichtsBereits im vorletzten Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht (AZ: 1 BvR 1089/18) in einem ähnlichen Fall einem Studenten Recht gegeben. Das Gericht entschied, dass eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag vom Beitragsservice von ARD und ZDF nicht pauschal abgelehnt werden darf.
Vor dem Urteil hatte der Beitragsservice Studierende nur bei Nachweis von Bafög-Bezug oder anderen in § 4 Abs. 1+2 RBStV genannten Fällen von der Zahlung befreit, die Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 RBStV wurde praktisch ignoriert.
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass dies nicht zulässig ist und der Beitragsservice die Bedürftigkeit auf Antrag selbst prüfen muss. Diese Prüfung ist aber offenbar sehr zeitaufwendig, wie der erste Fall zeigt.
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Weniger GEZ zahlen: Den Rundfunkbeitrag so von der Steuer absetzen
Der Rundfunkbeitrag liegt derzeit bei 18,36 EUR pro Haushalt, er ist verpflichtend und kann abbestellt werden, wenn man eine Befreiung durchsetzt. Der monatliche Beitrag dient der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zu dem ARD, ZDF und Deutschlandradio gehören.
Laut Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wurden im vergangenen Jahr dadurch 8,4 Milliarden Euro für diese Medienanstalten eingenommen.
Als Unternehmen kann man die Kosten von der Steuer absetzen und somit gegen den Umsatz gegenrechnen.
Befreiung vom BeitragPrivatperson können unter bestimmten Bedingungen von der Zahlung befreit werden:
- Leistungsberechtigte für Bürgergeld oder Sozialhilfe
- Menschen, die Grundsicherung im Alter beziehen
- Vollstationäre Bewohner eines Pflegeheims
- Empfänger von Blindenhilfe, Sonderfürsorgeberechtigte und taubblinde Menschen
- BAföG Empfänger und Empfänger von Berufsausbildungshilfe
Neben Unternehmen können auch Privatpersonen die Rundfunkgebühr von der Steuer absetzen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Wenn sie ein vom Finanzamt anerkanntes Arbeitszimmer in ihrer Wohnung haben, können sie den privat gezahlten Rundfunkbeitrag anteilig als Werbungskosten von der Steuer absetzen.
Rechenbeispiel:
Gesamtfläche der Wohnung: 150qm
Arbeitszimmer: 15qm
Monatl. Rundfunkbeitrag: 18,36 EUR
Sie können 10 % der 18,36 EUR Rundfunkbeitrag für das Arbeitszimmer absetzen.
Die zweite Möglichkeit, die Gebühren von der Steuer abzusetzen, ergibt sich dann, wenn man aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung hat. Auch in der zweiten Wohnung muss man die vollen Rundfunkgebühren zahlen, egal ob man den Betrag bereits in der ersten Wohnung entrichtet.
In der zweiten Wohnung kann man aber nun den Beitrag als Kosten der doppelten Haushaltsführung steuerlich absetzen.
Rundfunkgebühren bei SelbstständigenAls Unternehmer, Freiberufler oder Gewerbetreibender haben sie die Möglichkeit, den Rundfunkbeitrag steuerlich abzusetzen. Diese Ausgaben gelten als Betriebsausgaben und mindern ihren Gewinn, wodurch sich die Steuerlast verringert. Wichtig ist dabei, dass der Beitrag ausschließlich betrieblich bedingt ist.
Beitragserhöhung für 2025 geplantLaut vorläufigen Berechnungen von Finanzexperten wird der Rundfunkbeitrag ab 2025 voraussichtlich um 58 Cent auf 18,94 EUR pro Monat steigen. Dies geht aus einem Entwurf der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hervor. Quelle dpa.
Die KEF plant, Anfang 2024 eine endgültige Empfehlung an die Bundesländer auszusprechen, die letztlich über die Höhe des Beitrags entscheiden.
Konflikte vorprogrammiertObwohl die Bundesländer sich in der Regel an die Empfehlungen der KEF halten, gibt es bereits Anzeichen für Konflikte.
Einige Ministerpräsidenten haben signalisiert, dass sie eine Beitragserhöhung ablehnen, da sie in der Bevölkerung keine Akzeptanz für eine solche Maßnahme sehen. Sollte es zu einer Ablehnung kommen, könnte der Streit vor dem Bundesverfassungsgericht landen.
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Bürgergeld und defekte Haushaltsgeräte: Jobcenter muss nach Urteil zahlen
Der Fall eines Kielers, dessen Waschmaschine irreparabel den Dienst quittierte, zeigt exemplarisch, wie man Ansprüche beim Jobcenter gerichtlich durchsetzen kann.
Obwohl der Regelbedarf in Bürgergeld theoretisch auch Rücklagen für Ersatzbeschaffungen vorsieht, sind die dafür kalkulierten Beträge so gering, dass eine zeitnahe Anschaffung in der Praxis scheitert.
Das Sozialgericht Kiel hat in dem konkreten Fall entschieden, dass die Anschaffungskosten für eine neue Waschmaschine als Mehrbedarf anzuerkennen sind – und das Jobcenter zur Zahlung verpflichtet.
Ein Einzelfall, der Grundsatzfragen berührtDer Betroffene lebte vom Bürgergeld und konnte die Anschaffung einer neuen Waschmaschine aus eigener Kraft nicht stemmen. Der Preis für ein günstiges Gerät lag bei 389 Euro, hinzu kamen knapp 30 Euro Versandkosten.
Gerade bei notwendigen Haushaltsgeräten verweisen Jobcenter häufig auf den Regelbedarf, in dem ein Betrag für Ersatzbeschaffungen enthalten ist. Doch der hierfür angesetzte Anteil – im vorliegenden Fall 1,60 Euro – liegt so niedrig, dass daraus faktisch kein zeitnaher Ersatz finanziert werden kann.
Rechengröße ohne PraxisnäheDie Diskrepanz zwischen normativer Pauschale und realer Lebenswirklichkeit wird deutlich, wenn man die Zahlen nebeneinanderlegt.
Für die Beschaffungskosten von rund 419 Euro müsste eine leistungsberechtigte Person den im Regelbedarf vorgesehenen Anteil über mehr als 21 Jahre ansparen.
In dieser Zeit ist nicht nur davon auszugehen, dass das defekte Gerät längst unersetzbar geworden ist, auch die damit verbundenen Folgekosten und Belastungen wachsen weiter an. Die rechnerische Vorsorgegröße verfehlt damit die Anforderungen an eine menschenwürdige, an der Realität orientierte Existenzsicherung.
Der Mehrbedarf als MöglichkeitIm Sozialrecht existiert mit dem Mehrbedarf eine Antragsmöglichkeit, um atypische oder besondere Bedarfslagen abzufedern, die im pauschalen Regelbedarf nicht ausreichend berücksichtigt sind. Dazu zählen auch unabweisbare Bedarfe, die sich nicht aufschieben lassen, weil andernfalls unzumutbare Nachteile drohen.
Eine funktionierende Waschmaschine ist gerade für Haushalte mit geringem Einkommen kein „Komfortgegenstand“, sondern Bestandteil der grundlegenden Haushalts- und Lebensführung. Fällt sie aus, entsteht rasch ein akutes Versorgungsdefizit.
Die Entscheidung des SozialgerichtsDas Sozialgericht Kiel (Az: S 35 AS 35/22) folgte dieser Argumentation und erkannte die Anschaffungskosten als angemessen an. Die Richterinnen und Richter teilten die Sicht des Jobcenters nicht, wonach es zumutbar sei, über viele Jahre Rücklagen aus dem Regelbedarf zu bilden.
Angesichts der geringen Pauschale im Verhältnis zu den tatsächlichen Marktpreisen sei ein solcher Verweis lebensfremd. Das Gericht gestand dem Mann daher einen Mehrbedarf zu und verpflichtete das Jobcenter, die Kosten für die Ersatzbeschaffung zu übernehmen.
Waschsalon als vermeintliche Alternative: teuer und unpraktikabelHäufig wird bei defekten Waschmaschinen auf Selbstbedienungs-Waschsalons verwiesen. Doch auch dieser Ausweg erweist sich für Beziehende von Bürgergeld als Sackgasse. Je nach Standort und Angebot liegen die Kosten pro Waschgang im Schnitt zwischen 4 und 9 Euro.
Bereits bei wenigen Waschgängen pro Monat übersteigen die Ausgaben den im Regelbedarf vorgesehenen Betrag um ein Vielfaches. Hinzu kommen weitere Hürden wie Wegezeiten, Transport, Öffnungszeiten und eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten, die insbesondere für Familien, Alleinerziehende oder gesundheitlich eingeschränkte Menschen kaum zu bewältigen sind.
Bedeutung über den Einzelfall hinausDie Entscheidung hat Signalwirkung, auch wenn sie stets an den konkreten Umständen des Einzelfalls zu messen ist. Sie zeigt, dass die pauschalierte Logik des Regelbedarfs dort an Grenzen stößt, wo existenzsichernde Minimalstandards ohne funktionsfähige Haushaltsgeräte faktisch nicht erreicht werden.
Der Mehrbedarf dient als Korrektiv, um Härten abzufedern und das verfassungsrechtliche Gebot zu wahren, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu gewährleisten. Für die Verwaltungspraxis bedeutet das: Eine schematische Ablehnung besonderer Bedarfe verkennt den Zweck der Leistung und riskiert rechtswidrige Entscheidungen.
Was Betroffene jetzt wissen solltenWer vom Bürgergeld lebt und unverschuldet mit einer defekten, aber notwendigen Haushaltsgrundausstattung konfrontiert ist, sollte den Anspruch auf Übernahme der Kosten als Mehrbedarf prüfen lassen. Entscheidend ist, dass der Bedarf unabweisbar ist und sich nicht aufschieben lässt, etwa weil keine realistische und zumutbare Alternativversorgung besteht.
Ablehnende Bescheide sollten nicht vorschnell hingenommen werden. In der Regel besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen und die Entscheidung überprüfen zu lassen.
Eine gute Begründung mit Verweis auf die tatsächlichen Marktpreise, die fehlende Leistungsfähigkeit des Regelbedarfs und die konkreten Belastungen im Alltag erhöht die Erfolgsaussichten.
Urteil ist ein Plädoyer für realitätsgerechte RegelnDer Fall aus Kiel führt vor Augen, dass es im Sozialrecht nicht um abstrakte Zahlenwerke gehen darf, sondern um Lösungen, die in den Küchen, Waschkellern und Wohnzimmern der Menschen funktionieren.
Wenn Pauschalen die Lebenswirklichkeit verfehlen, braucht es rechtliche Korrekturen – im Einzelfall durch Gerichte, perspektivisch aber auch durch eine an den tatsächlichen Bedarfen orientierte Fortschreibung der Regelbedarfe.
Eine Waschmaschine mag unscheinbar wirken. Für Menschen mit wenig Geld ist sie jedoch wichtig zu Teilhabe, Hygiene und Würde. Genau dafür ist das soziale Sicherungssystem wie das Bürgergeld da.
Hinweis: Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG Schleswig-Holstein), und zwar unter dem Aktenzeichen L 6 AS 41/23.
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Neues Jobcenter-Petzportal bringt viele Bürgergeld-Bezieher in echte Notlagen
Seit Frühjahr 2025 betreibt die Bundesagentur für Arbeit (BA) unter der nüchternen Überschrift „Hinweise zu einem möglichen Leistungsmissbrauch“ ein Online‑Formular, das jede Person – namentlich oder völlig anonym – nutzen kann, um Verdachtsfälle gegen Bürgergeld‑Empfänger melden.
Die BA begründet das Petzportal mit dem Auftrag, Steuergelder zu schützen und missbräuchliche Zahlungen rasch zu stoppen. Dass das Portal „immer häufiger“ genutzt werde, räumte ein BA‑Sprecher ein, konkrete Zahlen veröffentlicht die Behörde allerdings nicht.
Dr. Utz Anhalt zum Meldeformular der Bundesagentur für Arbeit BA-Petzportal: Einfach mal den Nachbarn anschwärzenDie Maske fragt lediglich nach Namen, Adresse und Art des vermeintlichen Betrugs; ein Nachweis ist nicht erforderlich.
Wer anonym meldet, braucht keinerlei Kontaktdaten anzugeben, sodass Rückfragen der Sachbearbeitung oft unmöglich sind. Datenschützer kritisieren, dass die BA auch nach dem achten Monat Online‑Betrieb keinen standardisierten Prüfpfad vorlegt, der falsche Anschuldigungen frühzeitig herausfiltert.
Selbst im jüngsten Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz taucht das Portal als Beispiel für „strukturell riskante anonyme Meldesysteme“ auf.
Welche Folgen hat das für Betroffene?Ein aktuelles Beispiele ist der Fall von Nicole W., alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Nachbarn meldeten dem Jobcenter, der Vater habe wieder in der Wohnung gelebt; daraufhin strich die Behörde den Mehrbedarf für Alleinerziehende, forderte knapp 2 000 Euro zurück und stellte die Regelleistung vorläufig ein.
Erst die Initiative Sanktionsfrei e. V. finanzierte eine Anwältin und erreichte, dass die Zahlungen wieder anlaufen.
Kann das Petzportal überhaupt gegen Betrug helfen?Die BA verweist darauf, dass der Großteil überzahlter Leistungen weiterhin durch automatisierten Datenabgleich entdeckt wird – 2022 waren es gut 88 000 Fälle mit einem Schadensvolumen von 56,9 Millionen Euro.
Demgegenüber bleibt die tatsächliche Trefferquote der Online‑Hinweise im Dunkeln, weil die Behörde keine Statistik führt, wie viele Meldungen sich als begründet erweisen. Arbeitsmarktforscher sprechen daher von einer „Symbolpolitik“, die mehr Misstrauen als Effizienz erzeuge.
Rechtliche GrauzonenExperten wie der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt rügen, dass das Portal faktisch einen öffentlichen Pranger etabliert, ohne den Betroffenen rechtliches Gehör vor der Leistungsunterbrechung zu garantieren. Im Sozialrecht gilt zwar der Amtsermittlungsgrundsatz, doch müssen Jobcenter bei Hinweisen „vernünftige tatsächliche Anhaltspunkte“ prüfen.
Wenn – wie im Fall Nicole W. – schon bloße Behauptungen reichen, um Leistungen zu stoppen, drohen laut Deutschem Anwaltsverein verstärkte Klagewellen wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips.
Bundesagentur für Arbeit ignoriert wachsende KritikDie BA verweist auf interne Dienstanweisungen, die Sachbearbeiter*innen zu „sorgfältiger Plausibilitätsprüfung“ verpflichten, kündigte aber eine „Überarbeitung des Formulars“ an, um missbräuchliche Meldungen einzudämmen. Ein Termin liegt bislang nicht vor.
Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) erklärte im Ausschuss für Arbeit und Soziales lediglich, man wolle „eine Balance zwischen Betrugsbekämpfung und Bürgerrechten“ finden, ohne das Portal grundsätzlich infrage zu stellen.
Initiativen wie Sanktionsfrei, Tacheles oder das Bündnis AufRecht immer wieder Fälle falscher Verdächtigungen, leisten Nothilfefonds und begleiten Klagen.
Befürworter betonen, dass auch kleine Quoten echten Betrugs dem Vertrauen in das Bürgergeld schadeten und ein niedrigschwelliges Meldesystem präventiv wirke.
Kritiker halten dagegen, dass 2024 nur 1,8 Prozent aller Bürgergeld‑Bescheide im Widerspruch landeten und die Zahl der Rückforderungen seit Jahren sinkt, während Klagen lediglich leicht zunahmen.
Für sie ist das Portal Ausdruck eines gesellschaftlichen Klimas, das Armut kriminalisiert, statt Ursachen zu bekämpfen.
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Schwerbehinderung: So kannst Du den Grad der Behinderung von 30 auf 50 erhöhen
Ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ist in Deutschland die Grenze zur Schwerbehinderung – und damit ein Zugang zu weitreichenden Nachteilsausgleichen.
Dazu zählen insbesondere zusätzlicher bezahlter Urlaub, ein besonderer Kündigungsschutz über das Integrationsamt, steuerliche Vergünstigungen sowie – bei erfüllten Voraussetzungen – die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die maßgeblichen Ansprüche ergeben sich aus dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), dem Einkommensteuergesetz (EStG) und einschlägigen Verwaltungsvorschriften.
So haben schwerbehinderte Beschäftigte etwa fünf Tage Zusatzurlaub im Jahr (§ 208 SGB IX) und genießen Kündigungsschutz, weil jede Kündigung die vorherige Zustimmung des Integrationsamts braucht (§ 168 SGB IX). Steuerlich steigt ab GdB 50 der Behinderten-Pauschbetrag, und für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen verlangt die Deutsche Rentenversicherung einen GdB von mindestens 50 zum Rentenbeginn.
Rechtsgrundlagen und wie der GdB gebildet wirdDer GdB misst die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Grundlage der Bewertung sind die Versorgungsmedizin-Verordnung und die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“.
Wichtig ist: Einzelgrade werden nicht addiert. Ausgangspunkt ist der höchste Einzelwert; weitere Beeinträchtigungen erhöhen den Gesamt-GdB nur, soweit sie das Ausmaß der Behinderung in der Gesamtschau vergrößern. Heilungsbewährung und außergewöhnliche Schmerz- und Folgelasten werden berücksichtigt.
Zwei Wege: Neufeststellungsantrag oder WiderspruchWenn sich Ihr Gesundheitszustand seit der letzten Feststellung verschlechtert hat oder neue Diagnosen hinzugekommen sind, stellen Sie bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Neufeststellung (oft umgangssprachlich „Verschlimmerungsantrag“).
Das ist etwas anderes als ein Widerspruch gegen einen aktuellen Bescheid. Der Neufeststellungsantrag zielt auf eine neue Bewertung, der Widerspruch bekämpft die bestehende Entscheidung und muss binnen eines Monats nach Bekanntgabe eingelegt werden.
Gute Vorbereitung entscheidet: Belege, die überzeugenDas Verfahren ist beweisgetrieben. Fügen Sie Ihrem Antrag möglichst aktuelle und aussagekräftige Unterlagen bei: Facharztberichte, Krankenhaus- und Reha-Entlassungsberichte, Befunde, Pflegegradgutachten und – falls relevant – berufsbezogene Stellungnahmen etwa zu Leistungseinschränkungen. Behörden weisen ausdrücklich darauf hin, dass vollständige medizinische Unterlagen das Verfahren beschleunigen und die Beurteilung verbessern.
Zuständige Stelle, Antragstellung, Dauer und KostenZuständig sind die Versorgungsämter bzw. Landesämter für Soziales. In vielen Ländern – etwa Niedersachsen – lässt sich die Neufeststellung online beantragen. Die Bearbeitungsdauer variiert, liegt nach Behördenangaben oft bei mehreren Monaten; als Orientierungswert nennen Stellen etwa drei bis vier Monate.
Für die Feststellung selbst fallen in der Regel keine Gebühren an; Kosten können jedoch anfallen, wenn Sie Unterlagen bei Ärzten anfordern oder Akteneinsicht nehmen.
So läuft die Prüfung ab – und worauf Gutachter schauenNach Antragseingang holt die Behörde Berichte bei Ihren Behandlern ein oder beauftragt eine Untersuchung. Entscheidend ist, wie stark Ihre Gesundheitsstörungen dauerhaft Funktionen einschränken und sich im Alltag überlagern.
Mehrere leichtere Leiden führen nicht automatisch zu einer Summierung; ausschlaggebend ist die Gesamtwirkung. Dokumentieren Sie objektiv, wie sich Beschwerden, Medikation, Nebenwirkungen, Fatigue, Schmerzspitzen oder psychische Folgen auf Mobilität, Konzentration, Belastbarkeit und Selbstversorgung auswirken – genau diese Funktionsfolgen spiegeln die Bewertungssystematik der Versorgungsmedizin.
Der Bescheid: Rückwirkung, Anhörung und was bei Ablehnung hilftDer Bescheid nennt den neuen GdB und ggf. Merkzeichen. Je nach Aktenlage kann die Feststellung auch rückwirkend erfolgen; relevant ist das z. B. für steuerliche Pauschbeträge innerhalb des Jahres.
Für rentenrechtliche Fragen gilt: Die Schwerbehinderung muss zum Rentenbeginn vorgelegen haben.
Ob die spätere – aber rückwirkende – Anerkennung diesen Nachweis deckt, sollten Sie im Einzelfall mit der Deutschen Rentenversicherung klären. Wird Ihr Antrag ganz oder teilweise abgelehnt, können Sie binnen eines Monats Widerspruch einlegen; bleibt eine Entscheidung aus, stehen sozialgerichtliche Schritte offen.
Brücke im Job: Gleichstellung mit SchwerbehindertenWer „nur“ GdB 30 oder 40 hat, kann sich bei der Agentur für Arbeit Menschen mit Schwerbehinderung gleichstellen lassen, wenn er oder sie den Arbeitsplatz ohne Gleichstellung nicht bekommen oder behalten kann. Die Gleichstellung eröffnet insbesondere Kündigungsschutz und betriebliche Schutzmechanismen.
Sie ersetzt aber keine Schwerbehinderung im Sinne anderer Leistungen: Es gibt dadurch keinen gesetzlichen Zusatzurlaub, keinen Anspruch auf kostenlose ÖPNV-Beförderung und keine besondere Altersrente.
Nach der Erhöhung: Welche Rechte ab GdB 50 konkret greifenMit GdB 50 haben Beschäftigte Anspruch auf fünf Tage Zusatzurlaub bei einer Fünf-Tage-Woche; der Anspruch entsteht auch rückwirkend für volle Monate, in denen die Schwerbehinderung anerkannt war.
Zudem dürfen schwerbehinderte Menschen auf eigenes Verlangen von Mehrarbeit freigestellt werden, und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Integrationsamts. Daneben bestehen besondere Ansprüche auf behinderungsgerechte Beschäftigung und Arbeitsplatzgestaltung nach § 164 SGB IX.
Mobilität und Merkzeichen: Freifahrt nur mit VoraussetzungenDie unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr setzt neben dem Schwerbehindertenausweis bestimmte Merkzeichen voraus, typischerweise G, aG, H, Bl oder Gl, und ein Beiblatt mit Wertmarke. Liegt lediglich eine Gleichstellung ohne solche Merkzeichen vor, besteht kein Freifahrtrecht. Alternativ ist – je nach Merkzeichen – eine Kfz-Steuerermäßigung möglich.
Steuern und Rente: Spürbare Effekte ab GdB 50Der Behinderten-Pauschbetrag steigt in Stufen mit dem GdB und beträgt bei GdB 50 derzeit 1.140 Euro pro Jahr. Für Blinde, Taubblinde und hilflose Menschen gelten Sonderbeträge.
Wer die Wartezeit von 35 Versicherungsjahren erfüllt, kann mit GdB 50 die Altersrente für schwerbehinderte Menschen früher in Anspruch nehmen; maßgeblich ist, dass die Schwerbehinderung beim Rentenbeginn vorlag.
Praxisnah vorgehen: Worauf es in der Begründung ankommtErfolgversprechend ist eine Darstellung, die die Sprache der Versorgungsmedizin spricht: Beschreiben Sie nicht nur Diagnosen, sondern die dauerhaften funktionellen Folgen.
Verdeutlichen Sie, wie sich Ihre Einschränkungen im Alltag überlagern, etwa wenn Schmerz, Fatigue und kognitive Einbußen zusammen zu häufigen Ausfällen führen. Achten Sie auf Konsistenz zwischen Arztberichten, Medikation, Therapien und Ihrem eigenen Vorbringen. Legen Sie neue oder verschärfte Befunde nachträglich zeitnah nach, damit sie in die Entscheidung einfließen.
Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeidenUnvollständige Unterlagen, rein diagnosebezogene Argumentation ohne Funktionsbezug, das Weglassen „kleiner“ Befunde, die in der Summe relevant wären, und versäumte Fristen sind typische Stolpersteine.
Prüfen Sie den Bescheid und die Rechtsbehelfsbelehrung sorgfältig; die Widerspruchsfrist beträgt regelmäßig einen Monat. Bei komplexen Fallkonstellationen lohnt fachkundige Unterstützung, etwa durch Sozialverbände oder spezialisierten Rechtsbeistand.
Muster für die Begründung im NeufeststellungsantragSehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich die Neufeststellung meines Grades der Behinderung.
Seit der letzten Entscheidung über meinen GdB von 30 hat sich mein Gesundheitszustand deutlich verschlechtert. Es sind neue Erkrankungen hinzugekommen bzw. bestehende Leiden haben sich verstärkt. Diese führen in ihrer Gesamtheit zu einer erheblichen Beeinträchtigung meiner Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Besonders betroffen sind [hier konkret einsetzen: Bewegungsapparat, Herz-Kreislauf-System, Psyche, Sinnesorgane usw.]. Die Funktionsstörungen wirken sich unmittelbar auf meine Belastbarkeit im Alltag und im Berufsleben aus. So bestehen inzwischen [Beispiele: dauerhafte Schmerzen, deutliche Einschränkungen beim Gehen, verminderte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, erheblicher Medikamentenbedarf, schnelle Erschöpfung].
Die gesundheitlichen Probleme haben zur Folge, dass ich [hier konkrete Alltagssituationen beschreiben: Treppensteigen nur unter großen Schmerzen möglich, Wege über 200 Meter ohne Hilfsmittel nicht zu bewältigen, Konzentration in der Arbeit durch Schmerz- und Erschöpfungsphasen stark beeinträchtigt]. Dadurch kommt es regelmäßig zu deutlichen Einschränkungen meiner Selbstversorgung, Mobilität und sozialen Teilhabe.
Zur Untermauerung meines Antrags füge ich aktuelle ärztliche Unterlagen bei, die die Verschlechterung belegen. Ich bitte daher um eine Neubewertung und die Erhöhung meines GdB.
Mit freundlichen Grüßen
[Name]
- Facharztberichte
Möglichst aktuelle und detaillierte Befunde von behandelnden Fachärzten (Orthopädie, Neurologie, Kardiologie, Psychiatrie etc.), in denen nicht nur Diagnosen, sondern konkrete funktionelle Einschränkungen beschrieben sind. - Krankenhaus- und Reha-Entlassungsberichte
Sie dokumentieren den Verlauf und geben eine fachärztliche Einschätzung über die Belastbarkeit und Prognose. - Befunde zu Diagnosen mit Dauerwirkung
Bildgebende Verfahren (Röntgen, MRT, CT) oder Laborbefunde, die chronische Erkrankungen nachweisen, sind besonders aussagekräftig. - Medikationspläne
Nachweis über dauerhafte Medikation, insbesondere wenn starke Schmerzmittel, Psychopharmaka oder Herz-/Lungenmedikamente notwendig sind. - Pflegegrad-Bescheid oder MDK-Gutachten
Falls vorhanden, belegen sie Einschränkungen in der Selbstversorgung und Alltagsbewältigung. - Berichte von Therapeuten
Stellungnahmen von Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Psychotherapeuten können die Auswirkungen auf Mobilität, Belastbarkeit oder psychische Stabilität verdeutlichen. - Arbeitsplatzbezogene Stellungnahmen
Falls die Erkrankung Ihre Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt: Atteste über Arbeitsunfähigkeiten, Arbeitgeberbescheinigungen über Leistungseinschränkungen oder Stellungnahmen des Betriebsarztes.
Wichtig ist immer, die funktionalen Folgen der Erkrankungen klar zu dokumentieren – also nicht nur Diagnosen zu nennen, sondern deren konkrete Auswirkungen auf Alltag, Beruf und Teilhabe zu schildern.
FazitDer Schritt von GdB 30 auf 50 ist erreichbar, wenn Sie systematisch vorgehen: medizinisch solide dokumentieren, die funktionellen Auswirkungen nachvollziehbar machen und die richtige verfahrensrechtliche Spur wählen – Neufeststellung oder Widerspruch.
Mit dem Erreichen der 50er-Schwelle öffnen sich wichtige Schutzrechte im Arbeitsleben, steuerliche Entlastungen und je nach Lebensplanung der Zugang zur vorgezogenen Altersrente.
Wer parallel die Gleichstellung nutzt, bleibt im Job vor Kündigungen besser geschützt, bis die Erhöhung durch ist – die vollen Nachteilsausgleiche gibt es aber erst mit anerkannter Schwerbehinderung.
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Rente 2026: Das kann auf Rentner und Neurentner jetzt zukommen
Die Frage, ob bereits 2026 eine umfassende Rentenreform kommt, bewegt viele, die kurz vor dem Ruhestand stehen oder ihren Übergang planen.
Ein jüngst diskutiertes Papier von Ökonominnen und Ökonomen – in den Medien unter der Schlagzeile „Reiches Berater haben neue Rentenideen“ aufgegriffen – bündelt sechs Vorschläge, die tief in die Mechanik der gesetzlichen Rente eingreifen würden.
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt ordnet die Vorschläge ein und benennt die möglichen Folgen. Dieser Beitrag fasst die Inhalte strukturiert zusammen, erläutert Hintergründe und skizziert, worum es in der politischen Debatte 2025/2026 tatsächlich geht.
Demografischer DruckDie Ausgangslage ist bekannt: Es zahlen weniger Erwerbstätige Beiträge ein, während die Zahl der Rentnerinnen und Rentner steigt und die Menschen im Schnitt älter werden. Politik und Fachwelt suchen nach Wegen, Kaufkraft und Verlässlichkeit der Renten zu sichern, ohne die Beitragssätze ausufern zu lassen.
In diesem Konfliktfeld bewegen sich die sechs Vorschläge des Beraterkreises – teils technisch, teils hochproblematisch, stets mit spürbaren Verteilungswirkungen.
Vorschlag 1: Automatische Kopplung des Rentenalters an die LebenserwartungDie Idee klingt nach nüchterner Systematik: Steigt die Lebenserwartung, erhöht sich automatisch das Renteneintrittsalter. Befürworter sehen darin einen Weg, die immer wieder aufflammende politische Auseinandersetzung über Anhebungen zu entpolitisieren.
Dagegen steht der Einwand, dass Lebensläufe und Belastungen höchst unterschiedlich sind. Wer jahrzehntelang körperlich schwer gearbeitet hat – etwa auf dem Bau, in der Pflege, in Kitas oder im Schichtdienst – trifft ein pauschaler Automatismus härter als Beschäftigte mit überwiegend sitzender Tätigkeit.
Der Experte lehnt eine starre Kopplung ab und plädiert stattdessen “für mehr Flexibilität, die individuelle Erwerbsbiografien, Tätigkeitsprofile und gesundheitliche Lagen sichtbar macht.”
Vorschlag 2: Rentenanpassungen an die Inflation statt an die LöhneHeute folgt die Rentenanpassung im Kern der Lohnentwicklung. Der Beraterkreis schlägt vor, künftig die Inflation zum Leitmaß zu machen. Das würde die Kaufkraft stabilisieren, aber Rentnerinnen und Rentner von allgemeinen Wohlstandsgewinnen durch steigende Löhne entkoppeln.
Aus Sicht von Anhalt käme dies einer „Rentenverkürzung durch die Hintertür“ gleich. Auch politökonomisch ist der Punkt sensibel: Inflationsorientierung wirkt in Phasen schwacher Lohnzuwächse schützend, deckelt aber in Phasen breiter Lohnanstiege die Teilhabe am Wachstum.
Vorschlag 3: Neuer Maßstab für den „Standardrentner“Das Rentenniveau wird unter anderem am fiktiven „Standardrentner“ gemessen: 45 Jahre Beiträge auf Durchschnittsverdienst. Künftig soll sich die Bezugsgröße an 47 Versicherungsjahren orientieren, weil das gesetzliche Rentenalter auf 67 ansteigt.
Der Effekt wäre mehr als kosmetisch. Hebt man nämlich die Messlatte an, sinkt – bei gegebenen Leistungen – rechnerisch das ausgewiesene Rentenniveau. Anhalt interpretiert das “als statistischen Mechanismus, der die reale Rentenentwicklung drückt, ohne echte Leistungsverbesserungen zu bewirken”.
Vorschlag 4: Rückkehr und Stärkung des NachhaltigkeitsfaktorsDer Nachhaltigkeitsfaktor ist Bestandteil der Rentenformel und dämpft Rentensteigerungen, wenn das Verhältnis von Beitragszahlenden zu Rentenbeziehenden ungünstiger wird. Er war zeitweise politisch abgefedert, um das Sicherungsniveau zu stabilisieren.
Die Fachökonominnen und -ökonomen wollen ihn nicht nur reaktivieren, sondern stärker gewichten. Technisch ist das konsistent mit demografischen Trends. In der Praxis bedeutet es jedoch, dass Rentenanpassungen häufiger hinter der Lohn- und Preisentwicklung zurückbleiben.
Der Sozialrechtsexperte wendet sich dagegen mit dem Argument, “heutige Rentnerinnen und Rentner dürften strukturelle demografische Lasten nicht einseitig tragen; vielmehr müsse das Sicherungsniveau perspektivisch steigen, zumal im Beitrag von einer durchschnittlichen Monatsrente „um 1.000 Euro“ die Rede ist.”
Vorschlag 5: Eingriffe bei Mütterrente und „Rente mit 63“Besonders konfliktträchtig sind Überlegungen, politisch beschlossene Leistungsverbesserungen zu streichen oder nicht auszuweiten. Genannt werden die Anhebung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder auf drei Entgeltpunkte („Mütterrente“) sowie die in der öffentlichen Debatte oft verkürzt als „Rente mit 63“ bezeichneten vorgezogenen Altersrenten.
Unklar bleibt, ob der Vorschlag die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die abschlagsbehaftete Altersrente für langjährig Versicherte oder generell vorzeitige Zugänge betrifft.
Für viele, die ihren Ruhestand mit Abschlägen bewusst vorziehen wollen oder auf die Langjährig-Variante hinarbeiten, wäre eine Einschränkung ein tiefer Eingriff in Lebensplanung.
Anhalt positioniert sich klar dagegen und verweist “auf bereits bestehende Abschläge sowie die Bedeutung verlässlicher Regeln”.
Vorschlag 6: Verpflichtende private Vorsorge über ein AnlagekontoAls sechstes Element sieht das Papier einen obligatorischen privaten Baustein vor, etwa über ein staatlich reguliertes Vorsorgekonto mit Anlage in Aktien und Anleihen. Das soll die kapitalgedeckte Säule stärken und langfristig entlasten.
Die soziale Fallhöhe liegt in der Frage der Zumutbarkeit: Haushalte mit niedrigen Nettoeinkommen können zusätzliche Sparbeiträge oft nicht schultern. Zudem stellt sich die Kostenfrage – wer profitiert von Produktgebühren stärker, Versicherte oder Anbieter?
Nach den Erfahrungen mit bisherigen Fördermodellen mahnt Dr. Anhalt an, dass “die gesetzliche Rente nicht über ein verpflichtendes Privatprodukt kompensiert werden dürfe, das viele faktisch überfordert.”
Was in der Debatte fehlt: Erwerbstätigenversicherung und ÜbergängeÜber das Systemische sagt das Beraterpapier wenig. Der Experte bringt hier zwei Linien ein.
Erstens die Idee einer Erwerbstätigenversicherung, in die perspektivisch alle Berufsgruppen einzahlen – einschließlich Beamtinnen und Beamten sowie freier Professionen mit eigenen Versorgungswerken.
Zweitens differenzierte Übergänge in den Ruhestand, die Belastungen, Berufe und Gesundheit stärker abbilden. Schon heute gibt es die Altersrente für schwerbehinderte Menschen; denkbar wären weiterentwickelte Kriterien, die lange und körperlich beanspruchende Erwerbsbiografien früheren Zugang ermöglichen, ohne Automatismen auf alle zu übertragen.
BewertungOb 2026 tatsächlich eine „große“ Reform kommt, entscheidet die Politik im Spannungsfeld aus Finanzierbarkeit, Demografie und sozialer Balance. Die diskutierten Vorschläge zeigen eine klare Stoßrichtung: automatische Stabilisatoren, gedämpfte Dynamik und stärkere private Vorsorge. In der Summe würde das System planbarer, aber für viele auch strenger und potenziell karger.
Fazit: Reform ja – aber mit AugenmaßDie Rente muss stabil und verlässlich bleiben, ohne Jüngere zu überfordern. Automatikregeln können helfen, dürfen aber nicht die Vielfalt von Erwerbsbiografien ignorieren.
Rentenanpassungen, die Kaufkraft sichern, sollten die Teilhabe am allgemeinen Wohlstand nicht dauerhaft kappen. Statistische Neudefinitionen ersetzen keine materiellen Verbesserungen.
Kapitalgedeckte Elemente können ergänzen, sollten aber niemanden finanziell ausgrenzen und müssen effizient organisiert sein. Vor allem braucht es Transparenz, Verlässlichkeit und soziale Gerechtigkeit – damit die Reform von 2026, falls sie kommt, nicht nur rechnet, sondern trägt.
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Früher Rente wegen Krankheit: 2 Wege um vorzeitig in Rente zu gehen
Wer in Deutschland aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden muss oder möchte, hat grundsätzlich zwei gesetzliche Renteninstrumente zur Auswahl.
Die eine Lösung ist die Erwerbsminderungsrente, gedacht für Menschen, deren Leistungsfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Unfall dauerhaft so eingeschränkt ist, dass reguläres Arbeiten kaum noch möglich ist.
Die andere ist die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die nicht von der aktuellen Arbeitsfähigkeit ausgeht, sondern an eine anerkannte Schwerbehinderung gekoppelt ist.
Obwohl beide Renten den Abschied aus dem Berufsleben erleichtern, unterscheiden sich ihre Zugangsvoraussetzungen, Altersgrenzen und finanziellen Folgen deutlich – ein Umstand, der in der Beratungspraxis häufig zu Missverständnissen führt.
Erwerbsminderungsrente: Absicherung, wenn Arbeiten kaum noch gehtDie Erwerbsminderungsrente setzt an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit an. Anspruch hat, wer nach ärztlicher Beurteilung weniger als sechs Stunden täglich arbeiten kann; liegt das Leistungsvermögen sogar unter drei Stunden, handelt es sich um eine volle Erwerbsminderung, andernfalls um eine teilweise.
Die Rentenversicherung verlangt dafür keine anerkannte Schwerbehinderung – entscheidend sind ausschließlich medizinische Gutachten und Befundberichte. Die formalen Hürden liegen vor allem im Versicherungsrecht: Mindestens fünf Jahre müssen zwischen Versicherungsbeginn und dem Eintritt der Erwerbsminderung liegen, und innerhalb der letzten fünf Jahre sind drei Jahre Pflichtbeiträge nötig.
Für Menschen, die schon sehr früh im Leben voll erwerbsgemindert sind, existiert eine Sonderregel: Nach zwanzig Jahren Beitragszeit – etwa als Beschäftigte in einer Werkstatt für behinderte Menschen – entsteht ebenfalls ein Rentenanspruch.
Wer bereits eine medizinische Reha durchlaufen hat, muss im Antrag sämtliche Befunde beifügen; häufig ordnet die Rentenversicherung zusätzlich eine unabhängige Begutachtung an. Zusätzliche Nachweise wie ein Feststellungsbescheid zum Grad der Behinderung sind freiwillig, können den Prozess aber beschleunigen, weil sie das vorhandene Material ergänzen.
Neben den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen rücken gelten auch neue Hinzuverdienstmöglichkeiten: Wer 2025 eine volle Erwerbsminderungsrente bezieht, darf bis zu 19 661 Euro im Jahr hinzuverdienen, ohne dass die Leistung gekürzt wird; bei teilweiser Erwerbsminderungsrente liegt die Grenze bei 39 322 Euro.
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– Höhere Rente mit Schwerbehinderung auch rückwirkend möglich
Altersrente für schwerbehinderte Menschen: Früher in Rente, auch wenn man noch leistungsfähig istGanz anders funktioniert die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Hier ist das Vorliegen einer Schwerbehinderung von mindestens 50 Prozent (Grad der Behinderung) wichtig, nachgewiesen durch den Bescheid des Versorgungsamts oder den Schwerbehindertenausweis.
Wer diese Hürde überspringt und insgesamt 35 Versicherungsjahre nachweisen kann – angerechnet werden neben Pflichtbeitragszeiten auch Kindererziehungszeiten, Pflege von Angehörigen, Krankengeldbezug, Arbeitslosigkeit sowie bis zu acht Jahre Schul- oder Studienzeit – darf zwei Jahre vor der individuellen Regelaltersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen.
Für Versicherte des Geburtsjahrgangs 1964 und jünger bedeutet das: Die abschlagsfreie Altersrente ist mit 65 statt mit 67 Jahren möglich. Wer bereit ist, Rentenabschläge von 0,3 Prozent pro vorgezogenem Monat hinzunehmen, erhält die Rente sogar bereits mit 62 Jahren – also insgesamt fünf Jahre vor der regulären Altersgrenze.
Während die Erwerbsminderungsrente allein auf den Gesundheitszustand abstellt, wird bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nicht geprüft, ob und wie lange jemand tatsächlich noch arbeiten kann.
Theoretisch könnten Leistungsfähige mit anerkannter Schwerbehinderung weiter Vollzeit beschäftigt sein, sich aber aus finanziellen oder persönlichen Gründen für den vorzeitigen Ruhestand entscheiden.
Volle und teilweise Erwerbsminderung versus Teilrente: Begriffe mit TückenIn der Praxis führt die begriffliche Nähe von „teilweiser Erwerbsminderungsrente“ und „Teilrente“ häufig zu Irritationen. Tatsächlich handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Rechtskonstruktionen. Die teilweise Erwerbsminderungsrente wird gezahlt, wenn das verbliebene Leistungsvermögen noch drei bis unter sechs Stunden täglich beträgt; sie ist also weiterhin eine Rente wegen gesundheitlich bedingter Einschränkungen.
Die Teilrente hingegen ist ein freiwillig gewählter Teilauszahlungsmodus einer regulären Altersrente und hat mit Erwerbsminderung nichts zu tun. Wer die beiden Formen verwechselt, riskiert falsche Anträge und damit Verzögerungen im Rentenverfahren.
Gemeinsame und trennende LinienGemeinsam ist beiden Renten, dass sie lange Versicherungsbiografien honorieren: Fünf Jahre Wartezeit bei der EM-Rente beziehungsweise 35 Jahre bei der Schwerbehinderten-Altersrente sichern den Anspruch. Trennend wirkt dagegen das Kriterium der Schwerbehinderung. Für die EM-Rente ist sie optional und maximal ein unterstützender Nachweis; für die Altersrente ist sie zwingende Voraussetzung.
Auch der Zeitpunkt des Rentenbeginns unterscheidet sich erheblich. Eine EM-Rente kann – wenn das Schicksal es verlangt – bereits mit Anfang zwanzig gewährt werden. Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen bleibt auf wenige Jahre vor der Regelaltersgrenze begrenzt.
Antrag und BeratungUnabhängig vom Rententyp gilt: Ohne vollständige Unterlagen und fachkundige Beratung wird das Verfahren schnell zur Geduldsprobe. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, Anträge möglichst früh – bei der EM-Rente spätestens drei Monate vor dem gewünschten Rentenbeginn, bei der Altersrente sechs bis zwölf Monate im Voraus – zu stellen.
Parallel lohnt sich der Besuch bei Versichertenältesten oder in Beratungsstellen, um Wartelücken oder fehlende Pflichtbeiträge rechtzeitig zu klären.
Fazit
Die Wahl zwischen Erwerbsminderungsrente und vorgezogener Altersrente für schwerbehinderte Menschen hängt von sehr unterschiedlichen Kriterien ab. Wer aufgrund einer schweren gesundheitlichen Einschränkung dauerhaft nur eingeschränkt arbeiten kann, sollte die EM-Rente in den Blick nehmen – sie federt den Verdienstausfall ab und kann früh im Lebenslauf greifen.
Wer dagegen eine anerkannte Schwerbehinderung und eine ausreichende Versicherungsbiografie hat, kann gezielt prüfen, ob sich der frühere rentenunschädliche Ausstieg aus dem Beruf lohnt. Klar ist: Präzise Vorbereitung und Beratung sind der Schlüssel, um die jeweils beste Option zu nutzen und Nachteile zu vermeiden.
Der Beitrag Früher Rente wegen Krankheit: 2 Wege um vorzeitig in Rente zu gehen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Zuschuss, Pflegegeld und Ansprüche für pflegende Angehörige in 2025
Wenn Mutter, Vater, Partnerin oder Partner plötzlich Pflege brauchen, stellen pflegende Angehörige ihr Leben häufig in kürzester Zeit um. Termine, Arbeitszeiten und finanzielle Pläne geraten ins Wanken.
Neben der emotionalen und organisatorischen Belastung drängt sich eine nüchterne, aber existenzielle Frage nach vorn: Wie bleibe ich sozial abgesichert, wenn ich weniger oder gar nicht mehr arbeiten kann?
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt ordnet ein – und macht deutlich, wo Chancen liegen, wo Fallstricke lauern und welche Weichen früh gestellt werden sollten.
Der Einschnitt: Pflege verändert Arbeit und AlltagWer berufstätig ist und zugleich in die Nächstenpflege einsteigt, spürt die Doppelbelastung sofort. Der Tagesablauf richtet sich plötzlich nach Hilfebedarf, Therapieterminen und medizinischer Versorgung. Die erste Schlüsselfrage lautet daher, ob und in welchem Umfang die Erwerbstätigkeit weitergeführt werden kann.
Eine vorschnelle Kündigung ist nicht erforderlich, denn das Sozialrecht hält mehrere Instrumente bereit, mit denen sich Pflege und Beruf zumindest zeitweise miteinander vereinbaren lassen.
Tabelle: Alle Zuschüssen, Pflegeleistungen und Ansprüche für pflegende Angehörige in 2025/2026 Leistung Inhalt / Anspruch 2025 Kurzzeitige Arbeitsverhinderung Bis zu 10 Arbeitstage Freistellung bei akutem Pflegefall, Lohnersatz durch Pflegeunterstützungsgeld. Sozialversicherung bleibt bestehen. Pflegeunterstützungsgeld Lohnersatzleistung für maximal 10 Tage, gezahlt durch die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person. Familienpflegezeit Reduzierung der Arbeitszeit für bis zu 24 Monate, mindestens 15 Std./Woche. Kündigungsschutz während der Dauer. Sozialversicherung bleibt bestehen. Pflegezeit Bis zu 6 Monate vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit, auch unter 15 Std./Woche. Kündigungsschutz für diese Zeit. Zinsloses Darlehen Kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Deckt bis zu 50 % des Nettogehalts, muss zurückgezahlt werden. Rentenversicherung durch Pflege Pflegekasse zahlt Beiträge zur Rentenversicherung, wenn mind. Pflegegrad 2 vorliegt und mindestens 10 Std./Woche an 2 Tagen gepflegt wird. Rentenpunkte werden gutgeschrieben. Kranken- und Pflegeversicherung Möglichkeit der Familienversicherung (bei Ehepartner), ansonsten freiwillige gesetzliche Versicherung. Pflegekasse erstattet Mindestbeitrag. Arbeitslosenversicherung Beiträge übernimmt die Pflegekasse, wenn mindestens 10 Std./Woche an 2 Tagen gepflegt wird und vorher Versicherungspflicht bestand. Gesetzliche Unfallversicherung Automatischer Schutz über die Berufsgenossenschaft während der Pflegetätigkeit und auf Wegen im Zusammenhang mit der Pflege. Brückenteilzeit Anspruch in Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten: Teilzeit für 1–5 Jahre mit Rückkehrrecht in Vollzeit. Arbeitgeber kann aus betrieblichen Gründen ablehnen. Bürgergeld In der Regel kein Anspruch während der Pflegezeit, da das zinslose Darlehen vorrangig ist und als Einkommen angerechnet wird. Der schnelle Hebel: Kurzzeitige Arbeitsverhinderung und PflegeunterstützungsgeldFür die ersten Schritte steht die kurzzeitige Arbeitsverhinderung zur Verfügung. Bis zu zehn Arbeitstage können Beschäftigte der Arbeit fernbleiben, um die Pflege zu organisieren oder eine akut aufgetretene Pflegesituation abzufedern.
Während dieser Zeit greift das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung. Der Versicherungsschutz bleibt bestehen, was in der Krise Sicherheit gibt und Handlungsspielraum verschafft.
Auf Zeit reduzieren: Familienpflegezeit mit MindestumfangWer länger braucht, kann über die Familienpflegezeit die Arbeitszeit für bis zu 24 Monate reduzieren. Voraussetzung ist eine Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden.
Wichtig sind Fristen und Formalien: Spätestens acht Wochen vor Beginn müssen Arbeitgeber schriftlich informiert werden – mit Angaben zur gewünschten Dauer und zum Umfang der Reduktion.
Die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen ist durch eine Bescheinigung der Pflegekasse nachzuweisen. Während der Familienpflegezeit fließt weiterhin Lohn, wenn auch reduziert.
Gleichzeitig bleibt die volle soziale Absicherung bestehen: Arbeitgeber tragen die Sozialabgaben weiter mit, die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Unfall- und Rentenversicherung laufen fort.
Rente: Weniger Lohn, mehr Punkte – unter BedingungenDie Kehrseite der reduzierten Arbeitszeit ist eine geringere Einzahlung in die Rentenversicherung. Um diese Lücke abzumildern, schreibt die Pflegeversicherung der gepflegten Person zusätzliche Rentenpunkte gut.
Anspruch besteht, wenn mindestens Pflegegrad 2 vorliegt und die Pflege regelmäßig wenigstens zehn Stunden pro Woche an mindestens zwei Tagen erbracht wird.
Die Höhe der Gutschrift hängt von Dauer und Pflegegrad ab und davon, ob Pflegesachleistungen – also professionelle Unterstützung – in Anspruch genommen werden.
Den höchsten Zuschlag erhält, wer eine Person mit Pflegegrad 5 ein Jahr lang allein pflegt. Nach aktuellem Stand entspricht das einem monatlichen Rentenaufschlag von 36,77 Euro in Westdeutschland, in Ostdeutschland fällt er um 22 Cent niedriger aus.
Pflegezeit bis zur kompletten FreistellungGeht die Pflege zeitlich über Teilzeitmodelle hinaus, erlaubt die Pflegezeit eine Reduktion der Arbeitszeit unter 15 Stunden oder eine vollständige Freistellung – maximal für sechs Monate.
Sozialrechtlich ändert sich damit die Lage spürbar. Bei vollständiger Freistellung entfällt das Gehalt, und finanzielle Reserven geraten unter Druck. Hinzu kommt, dass bei höheren Pflegegraden häufig zusätzliche professionelle Dienste nötig sind, die das Pflegegeld teilweise oder vollständig binden.
Als Stütze bleibt hier ein zinsloses Darlehen, das beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt wird. Es wird monatlich ausgezahlt, deckt grundsätzlich die Hälfte des wegfallenden Nettogehalts ab und ist befristet – mit der Pflicht zur Rückzahlung.
Ein Anspruch auf Bürgergeld besteht in der Regel nicht, weil das Darlehen vorrangig zu beantragen ist und bei einer Bürgergeldprüfung als Einkommen angerechnet wird.
Kranken- und Pflegeversicherung: Familienversicherung oder freiwillig – mit ErstattungIn der Pflegezeit gilt es, die Kranken- und Pflegeversicherung geordnet fortzuführen. Wer verheiratet ist, kann sich über die Ehepartnerin oder den Ehepartner familienversichern.
Ohne Familienversicherung ist eine freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich; hier fällt in der Regel der Mindestbeitrag an.
Auf Antrag erstattet die Pflegeversicherung der gepflegten Person die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bis zur Höhe des Mindestbeitrags. Dieser Schritt erfolgt nicht automatisch. Es braucht einen aktiven Abschluss der Versicherung und einen gesonderten Antrag auf Erstattung.
Gesetzliche Unfallversicherung: Schutz bei Pflege und auf dem WegPflegende Angehörige sind während der Nächstenpflege gesetzlich unfallversichert. Der Schutz greift bei Unfällen während der pflegerischen Tätigkeit, etwa beim Heben, Umlagern oder der Körperpflege, ebenso wie bei Wegeunfällen, beispielsweise auf dem Weg zur Apotheke, um Medikamente für die gepflegte Person abzuholen.
Entscheidend ist, den Vorfall gegenüber der erstbehandelnden Praxis oder dem Krankenhaus als Fall der Berufsgenossenschaft kenntlich zu machen.
Renten- und Arbeitslosenversicherung in der Pflegezeit: Anspruch sichern, Formulare nutzenAuch ohne Erwerbseinkommen werden während der Pflegezeit Rentenbeiträge über die Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen gutgeschrieben.
Dafür versendet die Pflegekasse einen Fragebogen zur sozialen Sicherung nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen.
Er ist zwingend auszufüllen; bleibt er liegen oder kommt nicht an, sollte aktiv nachgefragt werden. In der Arbeitslosenversicherung übernimmt die Pflegeversicherung die Beiträge, wenn die Pflege mindestens zehn Stunden pro Woche an wenigstens zwei Tagen erfolgt und vor Aufnahme der Pflege bereits Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt wurden.
So bleibt der Versicherungspfad auch in der Auszeit nachvollziehbar geschlossen.
Nach Familienpflegezeit oder Pflegezeit: Rückkehrrecht, Brückenteilzeit und UnsicherheitenMit dem Ende von Pflegezeit oder Familienpflegezeit endet der besondere Kündigungsschutz. Arbeitgeber müssen zwar zur ursprünglichen Vertragslage zurückkehren, doch wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit dauerhaft nicht mehr geleistet werden kann, hängt viel von der betrieblichen Realität ab.
In Unternehmen mit mehr als 45 Beschäftigten besteht ein Anspruch auf Brückenteilzeit zwischen einem und fünf Jahren, verbunden mit dem Recht, danach zur vorherigen Arbeitszeit zurückzukehren. Allerdings kann der Arbeitgeber die Verringerung aus betrieblichen Gründen ablehnen.
In der Folge sind Kündigungen oder einvernehmliche Vertragsauflösungen nicht ausgeschlossen. Arbeitslosengeld lässt sich erst dann beziehen, wenn eine reale Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt besteht; andernfalls bleibt als Option das Bürgergeld – mit allen damit verbundenen Prüfungen.
Sorgearbeit, Rentenbiografien und das Risiko AltersarmutIn der Beratungspraxis zeigt sich, dass insbesondere Frauen durch Sorgearbeit – Kinderbetreuung und Pflege – überproportional häufig Erwerbsunterbrechungen und Teilzeitphasen anhäufen. Die Rentenpunkte aus der Pflegeversicherung mindern zwar Einbußen, können sie aber selten ausgleichen. Das Risiko von Altersarmut steigt.
Hier stößt rechtliche Beratung an Grenzen; gefordert sind politische Weichenstellungen. Dr. Utz Anhalt adressiert diese “Leerstelle mit klaren Forderungen und bündelt Betroffenenstimmen, um Rahmenbedingungen und Leistungen in der Nächstenpflege nachhaltig zu verbessern.”
Handlungssicherheit gewinnen: Früh planen, sauber dokumentieren, aktiv beantragenFür pflegende Angehörige zahlt sich frühzeitige Planung aus. Wer rechtzeitig mit dem Arbeitgeber spricht, Fristen beachtet und Nachweise strukturiert einholt, gewinnt Zeit und reduziert Konflikte.
Formulare der Pflegekasse zur sozialen Sicherung sollten konsequent bearbeitet werden; bleibt Post aus, ist Nachhaken angezeigt. Bei Unfällen im Pflegesetting muss der BG-Bezug gegenüber der ärztlichen Erstversorgung ausdrücklich benannt werden.
Wer sich freiwillig gesetzlich krankenversichert, stellt parallel den Erstattungsantrag bei der Pflegeversicherung der gepflegten Person. Und wer Pflegezeit mit vollständiger Freistellung plant, kalkuliert das zinslose Darlehen realistisch ein – als Überbrückung mit klarer Rückzahlungsverpflichtung.
Pflege schultern, Absicherung in Anspruch nehmenDie Nächstenpflege verlangt Angehörigen viel ab. Das Recht bietet Instrumente, um Arbeit und Pflege vorübergehend zu verbinden und die soziale Absicherung zu erhalten. Doch nichts wirkt automatisch.
Wer informiert handelt, Fristen wahrt und Anträge zielstrebig stellt, schützt Einkommen, Rentenansprüche und Versicherungsstatus.
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Pflegegeld: Wer mit Rente pflegt bekommt mehr Entlastung seit 1. Juli 2025
Seit dem 1. Juli 2025 greift die zweite Stufe des Pflegeunterstützungs‑ und ‑entlastungsgesetzes (PUEG). Für Seniorinnen und Senioren, die im Ruhestand Angehörige mit Pflegegrad 2 bis 5 versorgen, bedeutet das mehr Zeit zum Aufatmen, mehr finanziellen Spielraum und weniger bürokratische Hindernisse. Hinter den nüchternen Paragraphen verbergen sich Verbesserungen, die den Alltag Hunderttausender Pflegehaushalte prägen dürften.
Neuerung beendet „Paragrafendschungel“Bislang mussten pflegende Rentnerinnen und Rentner zwischen Kurzzeit‑ und Verhinderungspflege unterscheiden, zwei Leistungsarten mit eigenen Budgets und Antragswegen. Damit ist nun Schluss.
Zum 1. Juli 2025 verschmelzen beide Töpfe zu einem gemeinsamen Jahresbetrag von bis zu 3 539 Euro, der völlig flexibel eingesetzt werden kann – sei es für einige stundenweise Entlastungen oder für eine mehrwöchige Ersatzpflege.
Die neue Regel ist in § 42a SGB XI verankert und beseitigt die bislang komplizierten Übertragungsregeln von nicht ausgeschöpften Mitteln. Damit können Pflegehaushalte erstmals ihre Auszeiten exakt nach Bedarf planen, ohne sich über Förmlichkeiten den Kopf zu zerbrechen.
Weshalb verlängert sich die mögliche Auszeit von sechs auf acht Wochen – und warum entfällt die alte Wartefrist?Entlastung misst sich nicht nur in Euro, sondern auch in Tagen. Die Höchstdauer der Verhinderungspflege wird 2025 von bislang 42 auf 56 Tage pro Kalenderjahr angehoben. Gleichzeitig verschwindet die oft kritisierte sechsmonatige „Vorpflegezeit“.
Künftig reicht es, dass der Pflegegrad festgestellt ist – schon ab diesem Zeitpunkt können Rentnerinnen und Rentner ihre Ersatzpflege organisieren.
Diese Angleichung an die Kurzzeitpflege beschleunigt den Zugang zur Hilfe erheblich und nimmt pflegenden Senioren den Druck, zunächst ein halbes Jahr „durchhalten“ zu müssen.
Wie wirkt sich das neue Entlastungsbudget ganz konkret im Alltag aus?
Die Flexibilisierung zeigt ihre Wirkung besonders bei häufigen, aber unregelmäßigen Belastungsspitzen.
Wer seinen dementen Partner zu Hause betreut, kann ab Juli 2025 zum Beispiel mehrere lange Wochenenden buchen, anstatt das gesamte Budget in einem Block zu verbrauchen.
Ebenso lässt sich eine professionelle Tagespflege stundenweise finanzieren, während an anderen Tagen eine befreundete Pflegekraft einspringt. Weil das Geld aus einem Topf stammt, fällt kein „Umweg“ mehr über separate Anträge an. Die Pflegeversicherung erstattet sämtliche nachgewiesenen Kosten bis zur Höchstgrenze, während das halbe Pflegegeld – wie gewohnt – für bis zu acht Wochen weiterläuft.
Welche Bedingungen gelten, damit Pflegezeiten weiterhin die eigene Rente erhöhen?Pflege ist nicht nur Fürsorge, sie ist auch Sozialversicherung. Die Pflegekasse zahlt weiterhin Rentenbeiträge, wenn mindestens Pflegegrad 2 vorliegt und die Versorgung zehn Wochenstunden auf mindestens zwei Tage verteilt erfolgt.
Diese Zahl hat Gesetzeskraft und bleibt unverändert. Die Beiträge stellen Pflegepersonen so, als hätten sie ein monatliches Einkommen von gut 700 bis knapp 3 800 Euro erzielt – jeder Monat Pflege kann den eigenen Rentenanspruch später um bis zu 35 Euro steigern. Wer unter der Hinzuverdienstgrenze von 30 Stunden Erwerbsarbeit bleibt, muss dafür selbst keinen Cent abführen.
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Was hat es mit der „Teilrente von 99,99 Prozent“ auf sich – und warum lohnt sich der kleine Verzicht?Wer das reguläre Rentenalter erreicht hat, verliert eigentlich den Pflichtschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine nahezu volle Teilrente von 99,99 Prozent schafft hier einen eleganten Zwischenschritt: Durch den symbolischen Verzicht auf 0,01 Prozent der Rente bleibt die pflegende Person versicherungspflichtig, die Pflegekasse darf also weiter Beiträge einzahlen.
Nach Ende der Pflegetätigkeit oder zum Jahreswechsel erhöht sich die Rente dauerhaft, weil die neuen Entgeltpunkte bei der nächsten Anpassung berücksichtigt werden. Für viele Ruheständler ist das unterm Strich ein Plusgeschäft – vorausgesetzt, sie stellen den entsprechenden Antrag rechtzeitig vor dem Wechsel in die Vollrente.
Wie lassen sich die neuen Regelungen am besten ausschöpfen?Wer eine Auszeit plant, sollte schon frühzeitig mit der Pflegekasse in Kontakt treten, auch wenn die Wartefrist wegfällt. Denn Kostenvoranschläge von Pflegediensten oder Kurzzeitpflege‑Einrichtungen brauchen Zeit, ebenso die verbindliche Zusage der Versicherung. Pflegestützpunkte vor Ort, Wohlfahrtsverbände und Rechtsberaterinnen können beim Ausfüllen der Formulare schnell klären, welche Nachweise erforderlich sind.
Ein weiterer Tipp: Auch wer bislang kaum externe Hilfe in Anspruch genommen hat, sollte die ab 2025 höhere Höchstdauer zumindest probeweise nutzen. Studien zeigen, dass regelmäßige Pausen das Risiko einer Pflege‑Überlastungsdepression deutlich senken, während die Pflegequalität langfristig steigt.
Wohin kann man sich wenden, wenn Fragen offenbleiben?Erste Ansprechpartner sind die Pflegekassen – jede verfügt über ein Servicetelefon und schriftliche Leitfäden. Daneben beraten Pflegestützpunkte auf kommunaler Ebene kostenlos. Für Fragen zur Rentenaufstockung ist die Deutsche Rentenversicherung zuständig; dort lässt sich auch die Teilrente beantragen. Wer schon jetzt wissen will, wie viele zusätzliche Entgeltpunkte er erworben hat, kann eine Kontenklärung anstoßen.
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Zuzahlungsbefreiung bei Krankenkassen bei Rente und Bürgergeld in 2026
Die Zuzahlungsbefreiung bleibt auch 2026 ein Schutz für gesetzlich Krankenversicherte, die finanziell besonders belastet sind – dazu zählen viele Rentnerinnen und Rentner sowie Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld oder Grundsicherung im Alter.
Das Prinzip ist einfach: Bis zu einer individuell berechneten Belastungsgrenze müssen Zuzahlungen zu Medikamenten und medizinischen Leistungen geleistet werden.
Ist diese Grenze erreicht, befreit die Krankenkasse für den Rest des Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen. Die Regelung ist gesetzlich verankert und soll verhindern, dass notwendige Behandlungen an finanziellen Hürden scheitern.
Was Zuzahlungen im Alltag bedeutenWer in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, kennt die Zuzahlung als verpflichtenden Eigenanteil etwa bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, bei Hilfsmitteln oder bei einem Krankenhausaufenthalt.
Üblich sind zehn Prozent des Abgabepreises, jedoch nie weniger als fünf Euro und nie mehr als zehn Euro pro verordnetem Medikament oder pro einzelner Leistung. Für den stationären Bereich gilt eine Tagespauschale: Zehn Euro pro Kalendertag, begrenzt auf maximal 28 Tage innerhalb eines Jahres.
Diese Beträge wirken auf den ersten Blick moderat, können sich jedoch im Verlauf eines Jahres summieren – insbesondere bei chronischen Erkrankungen oder mehreren Verordnungen.
Die gesetzliche Belastungsgrenze 2026Um eine Überforderung zu verhindern, deckelt der Gesetzgeber die Summe aller Zuzahlungen über eine jährliche Belastungsgrenze. Im Regelfall beträgt sie zwei Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens des Haushalts.
Für chronisch kranke Menschen, die in besonderer Weise auf ständige Versorgung angewiesen sind, gilt eine abgesenkte Grenze von einem Prozent.
Entscheidend ist stets das relevante Bruttoeinkommen der gesamten Bedarfsgemeinschaft beziehungsweise des Haushalts; Freibeträge für Ehepartner und Kinder mindern die Bemessungsgrundlage und reduzieren damit die Höhe der maximalen Zuzahlungen.
Tabelle: Für wen ab wann eine Befreiung von Zuzahlungen gilt Voraussetzung Wann die Befreiung gilt Belastungsgrenze erreicht (2 % des jährlichen Bruttoeinkommens) Ab dem Zeitpunkt, an dem die nachgewiesene Summe der Zuzahlungen die Belastungsgrenze überschreitet, bis Jahresende Belastungsgrenze für chronisch Kranke (1 % des jährlichen Bruttoeinkommens) Ab Erreichen der abgesenkten Grenze, sofern der Chronikerstatus anerkannt ist Vorab-Befreiung durch Einmalzahlung an die Krankenkasse Für das gesamte Kalenderjahr 2026 ab Ausstellung der Befreiungskarte Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren Generell ohne Zuzahlung, unabhängig vom Einkommen oder Leistungen Bezieher von Bürgergeld, Grundsicherung oder Sozialhilfe Nach Antragstellung, sobald die individuell berechnete Belastungsgrenze (pauschalisiert anhand des Regelsatzes) erreicht oder vorab gezahlt ist Niedrige Einkommen, niedrige Grenze: Rente, Bürgergeld und GrundsicherungWer eine geringe Rente bezieht, auf Bürgergeld angewiesen ist oder Grundsicherung im Alter erhält, profitiert von einer entsprechend niedrigen Belastungsgrenze.
Das geringere Einkommen führt unmittelbar zu einem geringeren Eigenanteil im Jahr. Besonders wichtig ist der Blick auf die Haushaltskonstellation: Die Belastungsgrenze bezieht sich nicht ausschließlich auf die einzelne versicherte Person, sondern richtet sich nach dem gemeinsamen Bruttoeinkommen des Haushalts unter Berücksichtigung der anrechenbaren Freibeträge.
Damit wird sichergestellt, dass die Zuzahlungspflicht auch in Mehrpersonenhaushalten sozial ausgewogen bleibt.
Belastungsgrenzen für Zuzahlungsbefreiung Krankenkassen Antrag und Verfahren: So entsteht die BefreiungDie Zuzahlungsbefreiung gilt nicht automatisch. Versicherte müssen sie bei ihrer Krankenkasse beantragen und die geleisteten Zuzahlungen nachweisen. In der Praxis bedeutet das, Belege sorgfältig aufzubewahren und auf Anforderung die Einkommensverhältnisse zu dokumentieren.
Sobald die Belastungsgrenze im laufenden Kalenderjahr erreicht ist, stellt die Kasse eine Befreiung aus, die bis zum 31. Dezember desselben Jahres gilt.
Möglich ist auch eine Vorab-Befreiung: Wer die voraussichtliche Belastungsgrenze zu Jahresbeginn oder im Laufe des Jahres im Voraus einzahlt, erhält eine Befreiungskarte und ist damit für das restliche Jahr von weiteren Zuzahlungen entlastet.
Dieses Vorgehen ist insbesondere für Menschen mit hoher Inanspruchnahme medizinischer Leistungen attraktiv, weil es sofort Sicherheit schafft.
Welche Einkünfte für die Berechnung zählenFür die Ermittlung der Belastungsgrenze werden grundsätzlich alle Einkünfte des Haushalts berücksichtigt.
Dazu zählen Renten- und Pensionseinkünfte ebenso wie Löhne und Gehälter. Leistungen wie Bürgergeld, Grundsicherung im Alter oder Sozialhilfe fließen ebenfalls in die Betrachtung ein, genauso Mieteinnahmen, Zinserträge oder Krankengeld.
Nicht einbezogen werden zweckgebundene Leistungen, die einen eigenen Förderzweck erfüllen und nicht der allgemeinen Lebensführung dienen, etwa Pflegegeld, Kindergeld oder BAföG. Diese Abgrenzung soll vermeiden, dass Hilfsleistungen, die spezifische Bedarfe decken, indirekt die Belastungsgrenze erhöhen.
Tabelle: Belastungsgrenzen und Befreiungen von den Zuzahlungen in 2026 Beispiel 2026 Belastungsgrenze / Befreiung Alleinstehende Rentnerin mit 600 € monatlicher Grundsicherung (7.200 € jährlich) 2 % = 144 € im Jahr, bei Chronikerstatus 72 € Ehepaar mit gemeinsamer Rente von 1.500 € monatlich (18.000 € jährlich), keine Kinder 2 % = 360 € im Jahr, bei Chronikerstatus 180 € Alleinstehender Bürgergeldempfänger (Regelsatz 563 € monatlich, 6.756 € jährlich) 2 % = 135,12 €, bei Chronikerstatus 67,56 € Familie mit Bürgergeld: 2 Erwachsene (je 563 €) + 1 Kind (376 €) = 1.502 € monatlich (18.024 € jährlich) 2 % = 360,48 €, bei Chronikerstatus 180,24 € Rentner mit kleiner Zusatzrente: 900 € monatlich (10.800 € jährlich) 2 % = 216 €, bei Chronikerstatus 108 € Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren Immer vollständig befreit, keine Zuzahlung notwendig Für welche Leistungen Zuzahlungen anfallenZuzahlungspflichtig sind insbesondere verschreibungspflichtige Arznei- und Verbandmittel, darüber hinaus zahlreiche Hilfsmittel wie Brillen, Hörgeräte oder Rollatoren, wenn sie verordnet sind und unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Kassen fallen.
Auch Heilmittel wie physiotherapeutische Behandlungen lösen Zuzahlungen aus. Bei stationären Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen greift die Tagespauschale. Erstattungsfähig sein können ferner notwendige Fahrtkosten zu medizinischen Behandlungen, sofern die Voraussetzungen vorliegen.
Generell gilt: Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von Zuzahlungen befreit, um einen niederschwelligen Zugang zur medizinischen Versorgung sicherzustellen.
Sonderregelungen für Bürgergeld- und GrundsicherungsbeziehendeFür Versicherte, die Bürgergeld, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, besteht eine Besonderheit bei der Ermittlung des maßgeblichen Familienbruttoeinkommens.
Hier wird für den gesamten Haushalt pauschal der Regelsatz des Haushaltsvorstands zugrunde gelegt, der 2026 bei 563 Euro im Monat liegt, also 6.756 Euro im Jahr.
Daraus resultiert eine jährliche Zuzahlungsbelastung von 135,12 Euro bei Anwendung der Zwei-Prozent-Grenze. Liegt eine chronische Erkrankung vor, halbiert sich der Betrag auf 67,56 Euro.
Diese Pauschalierung entlastet Haushalte mit existenzsichernden Leistungen besonders nachhaltig und sorgt für Rechtssicherheit in der Berechnung.
Rechenbeispiel aus der PraxisEine alleinstehende Rentnerin oder ein alleinstehender Rentner, die oder der monatlich 600 Euro Grundsicherung bezieht, hätte im Jahr ein relevantes Einkommen von 7.200 Euro.
Die gesetzliche Belastungsgrenze beträgt in diesem Fall zwei Prozent, also 144 Euro jährlich. Wird eine chronische Erkrankung anerkannt, reduziert sich die Grenze auf ein Prozent und damit auf 72 Euro pro Jahr.
Sobald diese Beträge durch gesammelte Zuzahlungen erreicht sind, stellt die Krankenkasse die Befreiung für den Rest des Jahres aus. Alternativ ist die Vorab-Zahlung in entsprechender Höhe möglich, damit unmittelbar keine weiteren Zuzahlungen mehr anfallen.
Nachweise, Chronikerstatus und sinnvolle AbläufeWer die Zuzahlungsbefreiung 2026 anstrebt, sollte von Beginn des Jahres an konsequent alle Quittungen sammeln. Die lückenlose Dokumentation erleichtert die spätere Antragstellung erheblich.
Sinnvoll ist es außerdem, frühzeitig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Chronikerstatus vorliegen, da dieser die Belastungsgrenze auf ein Prozent des relevanten Einkommens senkt.
Wird der voraussichtliche Betrag ohnehin im Laufe des Jahres erreicht, kann eine Vorab-Befreiung die bürokratischen Abläufe vereinfachen, weil weitere Zuzahlungen dann gar nicht erst anfallen. Wichtig bleibt in jedem Fall: Ohne Antrag keine Befreiung – die Krankenkassen erstatten nicht automatisch.
Planbare Entlastung bei medizinisch notwendigen KostenDie Zuzahlungsbefreiung ist und bleibt ein wirksames Instrument gegen finanzielle Hürden im Gesundheitssystem. Gerade Rentnerinnen und Rentner sowie Haushalte mit Bürgergeld oder Grundsicherung profitieren 2026 von klaren, einkommensorientierten Grenzen, die den Eigenanteil verlässlich begrenzen.
Die Mischung aus gesetzlich definierter Deckelung, der Möglichkeit der Vorab-Befreiung und der klaren Abgrenzung relevanter Einkünfte schafft Transparenz und Planungssicherheit.
Mit etwas Organisation bei Belegen und einem rechtzeitig gestellten Antrag wird aus einem bürokratischem Verfahren eine spürbare Entlastung im Alltag.
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Arbeitslosengeld kurz vor der Rente: Muss man sich jetzt noch bewerben?
Viele Menschen werden kurz vor der Rente arbeitslos. Für manche ist es ein Schock, für andere eine bewusste Entscheidung, um eine Übergangsphase zwischen Beruf und Altersrente zu schaffen. Doch was bedeutet das konkret für die Betroffenen?
Eine häufige Frage in diesem Zusammenhang lautet von Betroffenen: Muss man sich trotz bevorstehender Rente weiterhin aktiv um Arbeit bemühen und Bewerbungen schreiben? Oder lässt mich das Arbeitsamt in Ruhe?
Was bedeutet Arbeitslosigkeit kurz vor der Rente?Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen in dieser Phase ihres Lebens arbeitslos werden.
Manche verlieren unerwartet ihren Job, während andere sich bewusst für eine vorzeitige Arbeitslosigkeit entscheiden, um eine Art „Brücke“ zur Rente zu schlagen. Denn eine frühere Rente ist mit Abschlägen verbunden.
Muss ich mich aktiv bewerben?Die Frage, ob man sich kurz vor der Rente noch aktiv um eine neue Arbeitsstelle bemühen muss, beschäftigt viele Betroffene. Oftmals stellt sich die Frage im Zusammenhang mit der sogenannten Eingliederungsvereinbarung.
Diese Vereinbarung wird zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsagentur geschlossen und regelt, welche Hilfestellungen die Arbeitsagentur bietet und welche Verpflichtungen der Arbeitslose erfüllen muss, um Arbeitslosengeld zu erhalten.
In der Eingliederungsvereinbarung kann festgelegt werden, dass der Erwerbslose eine bestimmte Anzahl von Bewerbungen pro Monat nachweisen oder an speziellen Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer teilnehmen muss. Doch gilt dies auch, wenn man kurz vor dem Ruhestand steht?
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Gibt es Ausnahmen für ältere Arbeitnehmer?Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass ältere Arbeitslose kurz vor der Rente von der Pflicht zur aktiven Arbeitsvermittlung befreit werden können.
Es gibt jedoch keine gesetzliche Grundlage, die eine solche Vereinbarung ermöglicht.
Das bedeutet, dass es keinen Paragraphen gibt, der besagt, dass man aufhören kann, sich zu bewerben, wenn man im Gegenzug früher in Rente geht.
In der Praxis hängt es stark von dem jeweiligen Sachbearbeiter bei der Arbeitsagentur ab.
Während einige Berater streng an den Regeln festhalten und auch von älteren Arbeitslosen eine aktive Jobsuche verlangen, sind andere realistischer und sehen davon ab, wenn klar ist, dass die Rente bald ansteht.
Wie realistisch sind die Erwartungen der Arbeitsagentur?Die Erwartungen der Arbeitsagentur sind oft an das Alter des Arbeitslosen angepasst. Von einem 30-jährigen Arbeitslosen wird mehr Engagement und eine höhere Anzahl von Bewerbungen erwartet als von jemandem, der kurz vor dem Renteneintritt steht.
Dennoch bleibt eine gewisse Mitwirkungspflicht bestehen. Diese kann sich in Form von Bewerbungen oder der Teilnahme an bestimmten Maßnahmen äußern.
Fazit: Gibt es einen „Nichtangriffspakt“ mit der Arbeitsagentur?Zusammenfassend müssen wir leider sagen, dass es keinen rechtlichen Rahmen für eine Vereinbarung gibt, bei der man sich nicht mehr um Arbeit bemühen muss, wenn man im Gegenzug früher in Rente geht.
Es kommt letztlich auf die persönliche Situation und den jeweiligen Sachbearbeiter an.
Ältere Arbeitslose sollten sich darauf einstellen, dass von ihnen möglicherweise noch gewisse Aktivitäten verlangt werden, auch wenn sie kurz vor dem Ruhestand stehen.
Warum das Arbeitslosengeld statt einer Frührente eine gar nicht so schlechte Idee ist, erläutert der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt in diesem Video: Arbeitslosengeld noch vor der Rente hat 4 Vorteile.
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