GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp

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Aktualisiert: vor 50 Minuten 3 Sekunden

Rente: Beitragsbemessungsgrenze steigt – Was jetzt angerechnet wird

11. September 2025 - 13:32
Lesedauer 2 Minuten

Ab 1. Januar 2026 steigt die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung auf 8.450 Euro pro Monat bzw. 101.400 Euro pro Jahr. Damit werden erstmals Rentenbeiträge auf ein Jahreseinkommen von über 100.000 Euro fällig.

Grundlage ist der Referentenentwurf der Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2026 des Bundesarbeitsministeriums. Der Entwurf muss noch das Kabinett und den Bundesrat passieren; in der Praxis bleiben die Werte meist unverändert.

Neue Grenzwerte 2026 im Überblick

Für 2026 sind folgende Eckdaten vorgesehen: Die BBG in der allgemeinen Rentenversicherung/Arbeitslosenversicherung steigt auf 8.450 €/Monat (101.400 €/Jahr). In der knappschaftlichen Rentenversicherung gilt künftig 10.400 €/Monat (124.800 €/Jahr). Die Versicherungspflichtgrenze der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze) erhöht sich auf 77.400 €/Jahr (6.450 €/Monat).

Die Beitragsbemessungsgrenze der GKV/PV liegt 2026 bei 69.750 €/Jahr (5.812,50 €/Monat). Die Bezugsgröße steigt auf 3.955 €/Monat (47.460 €/Jahr). Zudem setzt die Rentenversicherung das vorläufige Durchschnittsentgelt 2026 mit 51.944 € an; das endgültige Durchschnittsentgelt 2024 beträgt 47.085 €.

Warum die Anhebung erfolgt

Die Rechengrößen folgen jährlich der Lohnentwicklung mit Zeitverzug. Maßstab für 2026 ist die bundesweite Bruttolohnentwicklung des Jahres 2024 von +5,16 % (ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung). Dadurch steigen alle Rechengrößen merklich.

Auswirkungen für Beschäftigte mit hohem Einkommen

Verdienen Sie oberhalb der bisherigen BBG 2025, zahlen Sie 2026 auf einen größeren Teil Ihres Lohns Beiträge. Die BBG wächst von 8.050 € (2025) auf 8.450 € (2026) pro Monat. Bei einem Beitragssatz von voraussichtlich 18,6 % (Arbeitnehmeranteil 9,3 %) erhöht sich der maximale Arbeitnehmerbeitrag um 37,20 € pro Monat bzw. 446,40 € pro Jahr. Arbeitgeber tragen denselben Mehrbetrag. Die zusätzlichen Einzahlungen erhöhen später die Rentenanwartschaften.

Einordnung: 2025 erstmals einheitliche BBG

Seit 2025 gilt in der Renten- und Arbeitslosenversicherung eine bundeseinheitliche BBG von 96.600 €/Jahr bzw. 8.050 €/Monat. Die frühere Unterscheidung zwischen Ost und West entfällt. Das vereinfacht die Lohnabrechnung und schafft klare Planungsgrößen.

Kranken- und Pflegeversicherung: Schwellen steigen mit

Wer die Versicherungspflichtgrenze in der GKV überschreitet, kann privat krankenversichert bleiben oder werden. Diese Schwelle steigt 2026 auf 77.400 € Jahresarbeitsentgelt. Die Beitragsbemessungsgrenze der GKV/PV wächst parallel. Gutverdienende müssen daher mit höheren Abzügen rechnen; der kassenindividuelle Zusatzbeitrag kommt oben drauf. Prüfen Sie, ob Entgeltumwandlung oder betriebliche Zuschüsse die Beitragslast mindern können.

Bezugsgröße und Durchschnittsentgelt: Das steckt dahinter

Die Bezugsgröße ist eine zentrale Rechengröße der Sozialversicherung. Sie wirkt bei Mindest- und Höchstbeiträgen, etwa für freiwillig Versicherte oder in der Künstlersozialversicherung. Das Durchschnittsentgelt steuert die Rentenbewertung: Wer 2026 51.944 € brutto erzielt, erwirbt einen Entgeltpunkt. Höhere Verdienste bringen mehr Punkte, jedoch nur bis zur jeweiligen BBG.

Beitragssatz 2026: Stabilität erwartet

Nach aktueller Planung bleibt der Beitragssatz 2026 bei 18,6 % stabil. Ein Anstieg wird eher ab 2027 erwartet. Das verhindert eine doppelte Belastung, ändert aber nichts an der höheren Bemessungsgrundlage.

Praxis: So reagieren Sie jetzt sinnvoll

Prüfen Sie Ihre Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung (bAV). Da die bAV-Höchstbeträge an die Renten-BBG gekoppelt sind, steigen 2026 die steuer- und teilweise sozialabgabenbegünstigten Spielräume. So gleichen Sie einen Teil der Netto-Mehrbelastung aus und bauen zusätzliche Ansprüche auf.

Klären Sie zudem, ob Einmalzahlungen oder variable Vergütungen 2026 die GKV-Grenzen überspringen. Ein Kassenwechsel oder Tarifoptionen können die Zusatzbeitragslast beeinflussen. Kontrollieren Sie Ihre Lohnabrechnung ab Januar genau, insbesondere bei Teilzeit, Boni oder Gehaltssprüngen zu Jahresbeginn. Wer knapp unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, sollte Verträge nicht vorschnell anpassen, sondern die Absicherung ganzheitlich prüfen.

Was noch aussteht

Der Entwurf durchläuft die förmliche Beschlusskette: Länder- und Verbändebeteiligung, Kabinettsbeschluss, abschließend der Bundesrat. In den vergangenen Jahren blieben die Zahlen vom Entwurf bis zur finalen Verordnung in der Regel stabil. Wir beobachten den Fortgang und informieren, falls sich Werte ändern.

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Wie viel Witwenrente bekomme ich, wenn ich eine selbst eine Rente habe?

11. September 2025 - 13:30
Lesedauer 3 Minuten

Wer selbst eine Rente bezieht, kann dennoch die Witwenrente beanspruchen. Die Witwenrente wird nämlich zusätzlich zur Altersrente gezahlt. Aber wie viel Witwenrente bekommt man eigentlich, wenn man schon Rente bezieht? Diese und weitere Fragen beantworten wir.

Werden bei der Witwenrente weitere Einkünfte angerechnet?

Bei der Regelaltersrente entfällt seit 1. Januar 2023 die Hinzuverdienstgrenze, so dass ab diesem Jahr Rentnerinnen und Rentner unbegrenzt zu ihrer Rente hinzuverdienen können.

Dies gilt nicht für die Witwenrente, da ein Hinzuverdienst in der Regel die Witwenrente mindert. Allerdings nur bis zu einem bestimmten Freibetrag.

Dieser liegt nach Angaben der Vereinigten Lohnsteuerhilfe bei 992,64 Euro, denn für Millionen Deutsche hat sich bei der Rente einiges geändert. Sind noch minderjährige Kinder oder Kinder in Schule oder Ausbildung vorhanden, erhöht sich der Freibetrag pro Kind um 210,56 Euro.

Allerdings sind diese Freibeträge ab 1. Juli 2025 gestiegen, wie wir weiter unten im Artikel erläutern.

Wenn hinterbliebene Partner noch andere Einkünfte haben, dann werden diese oberhalb des Freibetrags zu 40 Prozent auf die Witwenrente angerechnet, wie die Deutsche Rentenversicherung mitteilt.

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Witwenrente: Das hat sich bei der Rente für Hinterbliebene verändert

Besondere Regelung: das Sterbevierteljahr

Dabei gibt es allerdings eine Ausnahme, denn direkt nach dem Tod gibt es zunächst das sogenannte Sterbevierteljahr. Dabei handelt es sich um die ersten drei Monate nach dem Tod des Partners.

In dieser Zeit bleibt das Einkommen der noch lebenden Person unberücksichtigt, da diese sich laut der Deutschen Rentenversicherung erst einmal an die neue Situation gewöhnen soll.

Neben der Altersrente wird Folgendes auf das Einkommen angerechnet:

  • Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit
  • Erwerbsersatzeinkommen wie ALG I und Krankengeld
  • Zinseinkünfte aus eigenem Vermögen, Gewinne aus Verkäufen,
  • Mieteinnahmen und Pachteinnahmen
  • Betriebsrenten
  • Renten aus privaten Lebensversicherungen, Rentenversicherungen oder
  • Unfallversicherungen
  • Elterngeld
  • Vergleichbare ausländische Einkommen

Dabei ist zu beachten: Erwebs- und dauerhaftes Erwerbsersatzeinkommen wird immer angerechnet. Bei den anderen obigen Einkommen muss differenziert werden.

Diese werden nicht beachtet, wenn der Ehepartner vor 2002 oder nach dem 31. Dezember 2001 gestorben ist, die Ehe aber vor 2002 geschlossen wurde und mindestens ein Partner vor dem 2. Januar 1962 geboren ist.

Der pauschale Einkommensfreibetrag 2025

Weil Hinterbliebenenrenten nur insoweit gezahlt werden, wie eigener Unterhalt nicht schon gedeckt ist, wird das Nettoeinkommen des oder der Hinterbliebenen gegengerechnet.

Für 2025 liegt der Freibetrag bundesweit bei 1 076,86 Euro monatlich. Er entspricht dem 26,4‑Fachen des aktuellen Rentenwerts. Pro waisenrentenberechtigtem Kind erhöht sich dieser Betrag um weitere 228,42 Euro, denn hier addiert sich das 5,6‑Fache des Rentenwerts. Erst was über diese Grenze hinausgeht, mindert die Witwenrente.

So wird die eigene Altersrente „nettoisiert“

Für die Anrechnung zählt nicht die Brutto‑, sondern eine pauschal berechnete Nettoaltersrente. Die Deutsche Rentenversicherung zieht hierfür 14 Prozent vom Bruttorentenbetrag ab (13 Prozent bei Rentenbeginn vor 2011). Diese Pauschale spiegelt Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträge sowie typische Steuern wider.

Schritt‑für‑Schritt‑Rechnung

Bruttowitwenrente ermitteln – etwa 55 Prozent der Rente des Verstorbenen.
Netto‑Eigenrente bestimmen – eigene Bruttorente minus 14 Prozent.
Freibetrag abziehen – 1 076,86 Euro (zuzüglich eventueller Kinderzuschläge) vom Netto‑Eigen­einkommen.

40‑Prozent‑Regel anwenden – nur 40 Prozent des überschießenden Betrags kürzen die Witwenrente.

Gesundheitsbeiträge abführen – auf den verbleibenden Rentenzahlbetrag berechnet die Rentenversicherung noch Kranken‑ und Pflegeversicherungsbeiträge.

Beispielrechnung (fiktive Werte)

Der verstorbene Partner bezog 1 800 Euro Rente, die überlebende Ehefrau 1 300 Euro Altersrente; keine Kinder im Waisenrentenalter.

‑ Bruttowitwenrente: 55 % von 1 800 Euro = 990 Euro.
‑ Pauschales Netto der eigenen Rente: 1 300 Euro – 14 % = 1 118 Euro.
‑ Anrechenbares Einkommen: 1 118 Euro – 1 076,86 Euro = 41,14 Euro.
‑ Kürzungsbetrag: 40 % von 41,14 Euro = 16,46 Euro.
‑ Verbleibende Witwenrente vor Sozial­abgaben: 990 Euro – 16,46 Euro = 973,54 Euro.
‑ Nach Abzug von etwa 11 % Kranken‑ und Pflegeversicherung: rund 866 Euro Netto‑Witwenrente.

Das konkrete Ergebnis hängt immer von der individuellen Rentenhöhe, der Zahl waisenrentenberechtigter Kinder, zusätzlichen Einkünften (z. B. Betriebsrenten) und möglichen Rentenabschlägen des Verstorbenen ab.

Sonderphasen und Schutzregelungen

Im Sterbevierteljahr wird kein Einkommen angerechnet – die volle Rente des Verstorbenen soll kurzfristig den finanziellen Schock abfedern. Auch danach gilt Bestandsschutz für Alt‑Ehen, die unter das alte Recht mit 60 Prozent‑Quote fallen. Die Einkommen­sanrechnung ruht zudem bei Elterngeld, Mutterschaftsgeld oder bestimmten Schmerzensgeld‑zahlungen.

Änderung ab Dezember 2025

Zum 1. Dezember 2025 werden Zuschläge aus der Erwerbsminderungs‑Reform in laufende Altersrenten überführt und damit erstmalig vollständig als Einkommen gewertet. Wer eine EM‑Rente plus Witwenrente erhält, muss dadurch mit einer stärkeren Anrechnung rechnen – eine Neuerung, die auch eigene Altersrenten betreffen kann, sobald der Zuschlag dort ankommt.

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EM-Rente: Dauerhafte Krankmeldung für eine Erwerbsminderungsrente?

11. September 2025 - 13:28
Lesedauer 3 Minuten

Eine häufige Frage bei der Beantragung der Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) betrifft die Krankschreibung: “Kann ich überhaupt Lücken in meiner Krankschreibung haben oder gefährdet das meinen Rentenanspruch?”

Die gute Nachricht ist: Eine lückenlose Krankschreibung ist nicht zwingend erforderlich, um die volle Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Wichtig ist jedoch, dass eine ärztliche Behandlung und die damit verbundene medizinische Dokumentation der Erkrankung erfolgt. Das heißt, auch wenn eine kontinuierliche Krankschreibung nicht vorliegt, muss belegt werden können, dass die gesundheitlichen Probleme fortbestehen und behandelt wurden.

Wie sieht der typische Weg zur Erwerbsminderungsrente aus?

In vielen Fällen beginnt der Weg zur Erwerbsminderungsrente mit einer ernsten Erkrankung, die dazu führt, dass der Betroffene arbeitsunfähig wird. Nach sechs Wochen endet die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, und der Arbeitnehmer erhält stattdessen Krankengeld von der Krankenkasse. In dieser Phase ist eine durchgehende Krankschreibung notwendig, um den Anspruch auf Krankengeld zu sichern.

Für Personen, die arbeitslos sind und vom Jobcenter betreut werden, besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Auch hier ist die Dokumentation des Gesundheitszustands entscheidend, selbst wenn keine lückenlose Krankschreibung vorliegt.

Was passiert bei Unterbrechungen in der Krankschreibung?

Unterbrechungen in der Krankschreibung können vorkommen, sei es aus eigenem Antrieb oder durch andere Umstände. Manche Betroffene pausieren ihre Krankschreibung beispielsweise, um offene Ansprüche beim Arbeitgeber geltend zu machen oder um eine Urlaubszahlung zu erhalten. Solche Unterbrechungen können zu Unsicherheiten führen, doch grundsätzlich stellen sie keine unüberwindbare Hürde auf dem Weg zur Erwerbsminderungsrente dar.

Solange die medizinische Behandlung und die ärztliche Betreuung kontinuierlich dokumentiert sind, bleibt der Rentenanspruch bestehen. Die lückenlose Krankschreibung ist also keine Pflicht, wie es beim Bezug von Krankengeld der Fall ist.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ist, dass der Betroffene nachweislich in ärztlicher Behandlung ist. Das kann sowohl eine Behandlung bei einem Hausarzt als auch bei Fachärzten umfassen, je nach Art und Schwere der Erkrankung. Die medizinischen Berichte und Dokumentationen dieser Ärzte sind entscheidend für den Rentenantrag.

Die behandelnden Ärzte müssen bei der Antragstellung eine schriftliche Bestätigung darüber abgeben, welche gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen und wie sie sich auf die Arbeitsfähigkeit auswirken. Diese Berichte bilden die Grundlage für die Entscheidung der Rentenversicherung.

Was ist der Unterschied zwischen Krankengeld und Erwerbsminderungsrente?

Im Gegensatz zum Krankengeld, bei dem eine lückenlose Krankschreibung zwingend erforderlich ist, muss man für die Erwerbsminderungsrente nicht durchgängig krankgeschrieben sein. Der Bezug von Krankengeld ist zeitlich begrenzt und erfordert, dass der Betroffene in regelmäßigen Abständen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.

Die Erwerbsminderungsrente hingegen berücksichtigt die dauerhafte gesundheitliche Einschränkung, die anhand der ärztlichen Dokumentation nachgewiesen wird. Hier steht die medizinische Diagnose und der Nachweis der Funktionsbeeinträchtigung im Vordergrund, nicht die lückenlose Krankschreibung.

Was passiert bei der Rückwirkenden Bewilligung der Erwerbsminderungsrente?

Häufig wird die Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt. Das bedeutet, dass der Beginn der Rentenzahlung auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit festgelegt wird, der bereits vor dem eigentlichen Antrag liegen kann. Das kann Auswirkungen auf den Anspruch auf andere Leistungen, wie das Krankengeld, haben und zu Rückforderungen führen.

Wenn Krankengeld bezogen wurde und sich herausstellt, dass die Erwerbsminderungsrente rückwirkend bewilligt wird, kann es dazu kommen, dass das bereits ausgezahlte Krankengeld teilweise zurückgezahlt werden muss. Dies ist ein Aspekt, den Betroffene in ihre finanzielle Planung mit einbeziehen sollten.

Fazit: Was sind die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Beantragung?

Der Weg zur vollen Erwerbsminderungsrente erfordert eine gründliche Vorbereitung und medizinische Dokumentation. Während eine lückenlose Krankschreibung beim Bezug von Krankengeld unumgänglich ist, spielt sie bei der Erwerbsminderungsrente keine entscheidende Rolle. Hier steht die kontinuierliche ärztliche Behandlung im Vordergrund, unterstützt durch detaillierte ärztliche Berichte, die den Verlauf und die Auswirkungen der Krankheit belegen.

Wer sich frühzeitig informiert und die relevanten Schritte unternimmt, kann seinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente erfolgreich sichern. Eine gute Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten und die sorgfältige Dokumentation der medizinischen Historie sind dabei von größter Bedeutung.

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Sozialamt fordert eine Vollmacht für das Bankkonto – Sonst Verlust der Sozialhilfe

11. September 2025 - 13:25
Lesedauer 2 Minuten

Das Kreissozialamt Neunkirchen steht wegen massiver datenschutzrechtlicher Verstöße in der Kritik. Seit 2017 verlangt die Behörde von Sozialhilfeempfängern im Rahmen der Weiterbewilligung von Leistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs (SGB XII) pauschale Einverständniserklärungen zur Einsicht ihrer Bankkonten – ein Vorgehen, das Fachleute als rechtlich unzulässig und datenschutzwidrig einstufen. Darüber berichtet der Verein Tacheles e.V.

Betroffene berichten von drohender Leistungsversagung, wenn sie diesen Forderungen nicht nachkommen.

Bankauskunft per Blanko-Vollmacht: Behördenpraxis sorgt für Empörung

Statt gezielter Nachweise fordert das Amt umfassende Ermächtigungen: Die Mitarbeitenden des Sozialamts verlangen das Recht, bei allen angegebenen Kreditinstituten eigenständig Informationen einzuholen – darunter Kontostände und Bewegungen der letzten sechs Monate. Die Konsequenz bei Weigerung? Leistungsverkürzung oder komplette Streichung.

In dem offiziellen Formular, das Betroffene unterzeichnen sollen, heißt es, die Bankauskünfte sollen sich „insbesondere“ auf Kontostände und Bewegungen beziehen. Diese Formulierung öffnet laut Experten Tür und Tor für noch weitergehende Datenerhebungen – etwa zu Zahlungszielen, Empfängern oder wiederkehrenden Überweisungen. Damit droht ein gläsernes Bankkonto für Menschen in ohnehin prekären Lebenslagen.

Verletzung grundlegender Datenschutzprinzipien

Mehrere rechtliche Grundsätze werden durch das Vorgehen des Amtes offenbar unterlaufen. Zunächst widerspricht die angeforderte Pauschalvollmacht dem sogenannten „Direkterhebungsgrundsatz“ (§ 67a Abs. 2 SGB X). Dieser schreibt vor, dass Behörden persönliche Daten zunächst bei den Betroffenen selbst erfragen müssen – und erst im zweiten Schritt, bei fehlender Mitwirkung, Dritte kontaktieren dürfen.

Außerdem missachtet das Kreissozialamt das Prinzip der Datensparsamkeit. Kontoauszüge dürfen laut geltender Rechtsprechung höchstens für drei Monate angefordert werden. Die Regelung, auf Daten aus sechs Monaten zuzugreifen, steht dazu in klarem Widerspruch (vgl. BSG 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R).

Ein weiteres Problem: Werden die Daten direkt bei den Banken abgefragt, verlieren die Betroffenen die Möglichkeit, sensible Informationen – etwa zu ihrer Gesundheit, religiöser Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung – vorab zu schwärzen. Der Schutz dieser besonders sensiblen Daten ist jedoch gesetzlich vorgeschrieben (§ 67 Abs. 12 SGB X).

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Juristisch fragwürdige Drohkulisse

Zusätzlich zur problematischen Datenerhebung bedient sich das Kreissozialamt offenbar auch unzulässiger Druckmittel. Wer sich weigert, die Vollmacht zu unterzeichnen oder einen sogenannten „Folgeantrag“ zu stellen, dem droht laut Schreiben des Amtes eine Leistungskürzung.

Doch laut einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG 29.09.2009 – B 8 SO 13/08 R) ist eine erneute Antragstellung für Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII nicht notwendig – die Leistungen müssen bei unveränderten Verhältnissen von Amtes wegen weiter gewährt werden. Die angedrohte Sanktionierung ist daher rechtlich nicht haltbar.

Mangelnde Transparenz und keine Korrektur in Sicht

Besonders kritisch sehen Datenschützer die Tatsache, dass diese Praxis offenbar bereits seit 2017 besteht – und dennoch bisher nicht öffentlich hinterfragt oder revidiert wurde. Weder hat das Amt die Rechtswidrigkeit eingeräumt, noch gibt es bislang Hinweise darauf, dass Betroffene aktiv über ihre Rechte informiert oder bereits erfolgte Datenabfragen zurückgenommen wurden.

Für betroffene Bürgerinnen und Bürger bedeutet das einen tiefgreifenden Eingriff in ihre Privatsphäre. Wer die geforderte Vollmacht nicht unterschreibt, läuft Gefahr, rechtswidrig benachteiligt zu werden – etwa durch Leistungskürzungen oder Verzögerungen bei der Bewilligung.

Gleichzeitig fehlt ihnen jeglicher Schutz vor der ungewollten Offenlegung besonders sensibler Informationen, etwa zu Gesundheitszustand, religiöser Zugehörigkeit oder familiären Verhältnissen.

Forderungen an die Verwaltung

Juristen und Sozialverbände fordern nun ein sofortiges Ende dieser Praxis. Das entsprechende Formular müsse aus dem Verkehr gezogen werden. Zudem sei eine lückenlose Aufklärung erforderlich: Wie viele Menschen haben die Vollmacht unterzeichnet? In wie vielen Fällen wurden Daten direkt bei Banken abgefragt? Und vor allem: Wurden unrechtmäßig erhobene Daten bereits verwendet oder gespeichert?

(Quelle: Tacheles e.V., Thomé Newsletter 12/2025 vom 06.04.2025 Nr. 6)

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Rente und Sozialhilfe – Darf das Sozialamt die Rente behalten?

11. September 2025 - 13:24
Lesedauer 3 Minuten

Viele Menschen erhalten ihre Rente erst nach längerer Prüfung rückwirkend bewilligt. Gleichzeitig haben sie bis zum Rentenbeginn Leistungen vom Sozialamt beziehungsweise vom Grundsicherungsamt bezogen, weil das Geld zum Lebensunterhalt fehlte.

Trifft dann die Rentennachzahlung ein, steht sofort die Frage im Raum: Darf die Behörde die Nachzahlung ganz oder teilweise einbehalten – und wenn ja, nach welchen Regeln?

Erstattung und Anspruchsübergang

Wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, sind zuvor gezahlte Sozialleistungen für denselben Zeitraum im Nachhinein „nachrangig“. Das Sozialamt kann deshalb von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Erstattung verlangen.

Die DRV darf dann aus der Nachzahlung direkt an die Behörde zahlen, statt alles an die Rentnerin oder den Rentner auszukehren. Diese Erstattungsmechanik ist im Zehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geregelt; ergänzend sieht § 93 SGB XII den Übergang von Ansprüchen auf den Grundsicherungsträger vor.

Eine wichtige Folge ist die sogenannte „Erfüllungsfiktion“: Soweit ein wirksamer Erstattungsanspruch besteht, gilt der Rentenanspruch gegenüber der oder dem Berechtigten als erfüllt.

Mit anderen Worten: Der Teil der Nachzahlung, der an das Sozialamt geht, kann von der oder dem Rentenberechtigten nicht noch einmal verlangt werden. Diese Linie hat das Bundessozialgericht wiederholt bestätigt.

Wie die DRV konkret abrechnet

In der Praxis erstellt die DRV eine Abrechnung, die den Nachzahlungszeitraum monatsgenau aufschlüsselt. Maßgeblich ist ein Monat-für-Monat-Vergleich: Für jeden rückwirkenden Monat wird der Rentenzahlbetrag der in diesem Monat tatsächlich erbrachten Sozialhilfe oder Grundsicherung gegenübergestellt.

Nur in diesem Rahmen dürfen Erstattungen fließen; der Rest der Nachzahlung geht an die Rentnerin oder den Rentner. Auf diese monatsweise Gegenüberstellung verweist die Verwaltungspraxis und einschlägige Fachauskünfte.

Beispielrechnung: Wenn die Rente höher ist als die Sozialhilfe

Angenommen, die Rente wird rückwirkend für zwölf Monate mit monatlich 1.000 Euro bewilligt. Im selben Zeitraum hat das Sozialamt monatlich 700 Euro gezahlt.

Für jeden dieser Monate steht dem Sozialamt eine Erstattung bis zur Höhe von 700 Euro zu; der darüber hinausgehende Betrag verbleibt bei der oder dem Rentenberechtigten. Im Ergebnis würden 12 × 700 Euro = 8.400 Euro an das Sozialamt fließen, während 12 × 300 Euro = 3.600 Euro als Rentennachzahlung ausgezahlt würden. Dieses Rechenprinzip folgt direkt aus der monatsbezogenen Verrechnung im Erstattungsrecht.

Wenn die Sozialhilfe höher ist als die Rente

Fällt der monatliche Rentenzahlbetrag niedriger aus als die gewährte Sozialhilfe, wird die Rentennachzahlung in der Regel vollständig zur Erstattung herangezogen, weil die nachrangigen Leistungen die Rente im jeweiligen Monat übersteigen.

Aufgrund der Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X geht dieser Anteil der Nachzahlung an den Grundsicherungsträger; ein Auszahlungsrest an die oder den Berechtigten bleibt dann häufig nicht.

Welche Leistungen erstattet werden – und welche Grenzen gelten

Erstattet werden grundsätzlich die im Nachzahlungszeitraum tatsächlich erbrachten, nachrangigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In der Grundsicherung umfasst das regelmäßig sowohl den Regelsatz als auch angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung, wiederum nach Monaten getrennt.

Eine Erstattung scheidet aus, soweit der nachrangige Träger seine Leistungen auch dann hätte erbringen müssen, wenn die vorrangige Rente rechtzeitig gezahlt worden wäre – diese Schranke ergibt sich aus § 104 SGB X.

Das Abrechnungsschreiben der DRV: Was Betroffene darin finden

Betroffene erhalten von der DRV ein detailliertes Abrechnungsschreiben. Darin wird centgenau ausgewiesen, welcher Teil der Rentennachzahlung an das Sozial- bzw. Grundsicherungsamt überwiesen wurde und wie hoch der verbleibende Auszahlungsbetrag ist.

Das Schreiben zeigt die gesetzliche Erstattungslogik und die Erfüllungsfiktion wider und ist Grundlage für weitere Schritte, etwa für Rückfragen bei der Behörde oder eine eigenständige Plausibilitätsprüfung.

Typische Fehlerquellen – und wie man sie vermeidet

Fehler passieren häufig an Schnittstellen: Erstattungsansprüche müssen rechtzeitig und korrekt beim zuständigen Rentenversicherungsträger angemeldet werden; unterbleibt dies, kann eine direkte Erstattung scheitern und die Behörde muss gegebenenfalls andere Rechtswege beschreiten.

Ebenso wichtig ist, dass der Nachzahlungszeitraum strikt von späteren Monaten getrennt wird. Unsaubere Abgrenzungen, falsch berücksichtigte Zeiträume oder Rechenfehler führen zu unzutreffenden Ergebnissen. Auch aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass eine fehlerhafte oder verspätete Geltendmachung Erstattungsansprüche gefährden kann.

Was Betroffene jetzt sinnvoll prüfen

Wer eine Rentennachzahlung erhält und zuvor Sozialhilfe oder Grundsicherung bezogen hat, sollte die DRV-Abrechnung aufmerksam lesen und mit eigenen Unterlagen abgleichen.

Entscheidend sind die Monate, für die die Rente nachgezahlt wurde, die jeweils angesetzten Rentenzahlbeträge und die im selben Monat tatsächlich überwiesenen Sozialleistungen.

Zugleich lohnt sich ein Blick in den Rentenbescheid selbst: Vollständige Versicherungszeiten, richtige Entgeltpunkte und korrekte Beginn- und Enddaten sind essenziell, weil schon kleine Abweichungen den Monatsvergleich und damit die Erstattungssummen verschieben können. Bei Unklarheiten ist eine Rückfrage bei der DRV oder dem Grundsicherungsträger hilfreich; rechtliche Schritte müssen – wie stets im Sozialrecht – fristgebunden erfolgen.

Fazit

Das Sozialamt „nimmt“ die Rentennachzahlung nicht pauschal weg. Es erhält nur, was es im identischen Nachzahlungszeitraum zuvor als nachrangige Leistung erbracht hat.

Der Rest der Nachzahlung bleibt bei der Rentnerin oder dem Rentner. Maßgeblich ist die monatsgenaue Gegenüberstellung von Rentenzahlbetrag und gewährten Sozialleistungen. Rechtsgrundlagen sind die Erstattungsansprüche nach SGB X, der Anspruchsübergang nach § 93 SGB XII sowie die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X, die die unmittelbare Verrechnung erklärt.

Wer die Abrechnung sorgfältig prüft, erkennt schnell, ob der eigene Auszahlungsbetrag korrekt ermittelt wurde

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BSG stoppt Bürgergeld-Rückforderung nach vorläufiger Bewilligung

11. September 2025 - 12:00
Lesedauer 4 Minuten

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 16. Juli 2025 (Az. B 7 AS 19/24 R) eine wegweisende Entscheidung getroffen: Jobcenter dürfen einen vorläufig bewilligten Bürgergeld-Bescheid nach Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht mehr rückwirkend über § 48 SGB X aufheben.

Korrekturen sind ausschließlich über die gesetzlich vorgesehene Schlussabrechnung nach § 41a SGB II zulässig. Damit stärkt das BSG die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit für Leistungsberechtigte und setzt zugleich klare Leitplanken für die Verwaltungspraxis der Jobcenter.

Der Fall: Selbstständigkeit, Pandemie-Sonderrecht und ein später Lohnzufluss

Im Mittelpunkt stand ein 51-jähriger Alleinstehender, der sich mit wechselnden Aufträgen über Wasser hielt. Im Zuge der pandemiebedingten Einbrüche beantragte er Mitte 2020 Bürgergeld.

Weil künftige Einnahmen aus seiner Selbstständigkeit kaum verlässlich prognostizierbar waren, bewilligte das Jobcenter Freiburg die Leistungen für Juli bis Dezember 2020 nur vorläufig und legte dabei eine monatliche Gewinnprognose von 100 Euro zugrunde.

Rechtsrahmen für dieses Vorgehen war neben § 41a SGB II auch § 67 SGB II, eine pandemiebezogene Sonderregel, die den Zugang zu Leistungen erleichterte und eine endgültige Festsetzung nur auf Antrag der leistungsberechtigten Person vorsah.

Während des Bewilligungszeitraums nahm der Mann eine befristete

Beschäftigung auf. Am 6. November 2020 floss ihm dafür ein Nettolohn von 1.598,42 Euro zu. Obwohl das Jobcenter spätestens am 17. Dezember 2020 durch Kontoauszüge davon wusste, beließ es die vorläufige Bewilligung zunächst unverändert und erließ erst am 13. Januar 2021 einen Bescheid nach § 48 SGB X: Die Bewilligung für November 2020 wurde rückwirkend aufgehoben, die bereits ausgezahlten 919,80 Euro (Regelbedarf und Wohnkosten) sollten erstattet werden.

Die Begründung: Der Novemberbedarf sei durch das zugeflossene Einkommen vollständig gedeckt gewesen; Hilfebedürftigkeit habe nicht bestanden.

Die Instanzen: Von der Aufhebung zur Revision

Der Kläger wandte sich gegen die rückwirkende Aufhebung mit dem zentralen Argument, das Jobcenter bediene sich des falschen Rechtsinstruments. Nach Ablauf eines vorläufigen Bewilligungszeitraums müsse die Verwaltung zwingend eine Schlussfeststellung nach § 41a Abs. 3 SGB II erlassen; eine Korrektur über die allgemeine Änderungsnorm des § 48 SGB X sei insoweit gesperrt.

Vor dem Sozialgericht Freiburg blieb die Klage ohne Erfolg, und auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg bestätigte die Rückforderung. Begründet wurde dies dort vor allem damit, dass der spätere Lohnzufluss nicht der Grund für die anfängliche Vorläufigkeit gewesen sei, sodass eine rückwirkende Aufhebung nach § 48 SGB X zulässig bleibe. Erst die vom LSG zugelassene Revision führte den Fall vor das BSG.

Vorrang der Schlussabrechnung nach § 41a SGB II

Das BSG hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und erklärte die Rückforderung für unzulässig. Maßgeblich sei die Systematik des § 41a SGB II: Wird eine Leistung vorläufig bewilligt, sind sämtliche Korrekturen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums durch eine abschließende Feststellung vorzunehmen. § 41a Abs. 3 regelt die Pflicht zur Schlussabrechnung, § 41a Abs. 5 die Möglichkeit, Überzahlungen im Zuge dieser Schlussfeststellung auszugleichen.

Diese Spezialregelung sperrt die Anwendung allgemeiner Korrekturvorschriften wie § 48 SGB X, sobald der vorläufige Zeitraum abgelaufen ist. Der Verweis auf § 67 SGB II – die pandemische Sonderregel – ändert daran nichts; auch sie eröffnet gerade keinen Rückgriff auf § 48 SGB X.

Mit anderen Worten: Wo der Gesetzgeber für den Fall der vorläufigen Bewilligung ein eigenes, in sich geschlossenes Abrechnungsverfahren vorsieht, darf die Verwaltung nicht auf ein allgemeines Instrument ausweichen, das in der Konsequenz die Besonderheiten der Vorläufigkeit unterläuft. Eine nachträgliche „Überraschungs-Rückforderung“ per Änderungsbescheid ist daher ausgeschlossen, wenn der Zeitraum bereits beendet ist und die Sache über die Schlussabrechnung zu behandeln ist.#

Weitreichende Konsequenzen für die Praxis der Jobcenter

Die Entscheidung hat unmittelbare Wirkung auf die Verwaltungspraxis. Jobcenter müssen nach Ende eines vorläufigen Bewilligungszeitraums das Schlussfeststellungsverfahren anstoßen und transparent abrechnen.

Dies gilt unabhängig davon, ob die Gründe für die Vorläufigkeit mit späteren Einkommenszuflüssen zusammenhängen oder nicht. Sobald der Zeitraum abgeschlossen ist, führt der Weg ausschließlich über § 41a SGB II. Eine nachträgliche Aufhebung und Erstattung über § 48 SGB X ist systemwidrig und unzulässig.

Für die Verwaltung bedeutet das ein stärker formalisiertes, aber rechtssicheres Vorgehen: Informationen über tatsächliche Einnahmen sind im Rahmen der Schlussabrechnung zu berücksichtigen. Ergibt diese einen geringeren Leistungsanspruch, kommen Erstattungen in Betracht – allerdings nur auf Grundlage der abschließenden Festsetzung. Dies erhöht die Nachvollziehbarkeit behördlicher Entscheidungen und verringert Rechtsstreitigkeiten über die richtige Rechtsgrundlage.

Bedeutung für Leistungsberechtigte: Mehr Rechtssicherheit und Planbarkeit

Für Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger schafft das Urteil Klarheit. Wer Leistungen zunächst nur vorläufig erhält, muss nicht befürchten, dass der bereits abgelaufene Zeitraum Monate später per Änderungsbescheid rückwirkend entzogen wird. Korrekturen erfolgen in geordneten Bahnen der Schlussabrechnung.

Das schützt vor überraschenden Rückforderungen, die Haushalte in Schieflagen bringen können, und stärkt das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Leistungsgewährung.

Praktisch empfiehlt es sich für Leistungsberechtigte,

Einkommensveränderungen weiterhin zeitnah mitzuteilen und Unterlagen vollständig bereitzuhalten. Die Schlussabrechnung bleibt der Ort, an dem die tatsächlichen Verhältnisse abgebildet werden. Wer dort transparent kooperiert, erleichtert eine zügige und faire Festsetzung.

Einordnung im System des Sozialverwaltungsrechts

Dogmatisch ist der Vorrang des § 41a SGB II Ausdruck des Prinzips „lex specialis derogat legi generali“. Der Gesetzgeber hat die Vorläufigkeit als Sonderfall mit eigenem Korrekturmechanismus ausgestaltet.

Dieser Mechanismus bindet die Verwaltung und schließt die Flucht in allgemeine Änderungsnormen aus, sobald der vorläufige Zeitraum beendet ist. Zugleich ist die Entscheidung ein Plädoyer für materielle Bestandskraft und Vertrauensschutz im Leistungsrecht: Wer sich auf einen vorläufigen Bescheid einstellt, darf darauf vertrauen, dass Korrekturen auf dem vorgesehenen Weg erfolgen.

Bemerkenswert ist ferner die Abgrenzung zu § 67 SGB II. Die pandemische Sonderregelung sollte Zugänge erleichtern und Verfahren entlasten, nicht aber die Systematik der Schlussabrechnung aushebeln. Das BSG stellt klar, dass auch in Ausnahmelagen der spezielle Korrekturpfad gewahrt bleibt.

Ausblick: Weniger Streit über die „richtige“ Rechtsgrundlage

Das Urteil dürfte zahlreiche offene Streitfragen in laufenden und künftigen Verfahren befrieden. Es ist zu erwarten, dass Jobcenter ihre Bescheiderstellung und -prüfung nach Ablauf vorläufiger Zeiträume konsequenter am Schema der Schlussfeststellung ausrichten. Für die gerichtliche Praxis bedeutet dies eine Verschiebung weg von formellen Diskussionen über § 48 SGB X hin zur materiellen Kontrolle der Schlussabrechnung: Wurden alle relevanten Einkünfte korrekt berücksichtigt? Sind Freibeträge richtig angewendet? Entsprechen die Feststellungen den tatsächlichen Lebensverhältnissen?

Für Leistungsberechtigte bleibt entscheidend, Unterlagen zu Einnahmen und Ausgaben sorgfältig zu dokumentieren und im Rahmen der Schlussabrechnung vorzulegen. Wo die Schlussfeststellung fehlerhaft ist, steht weiterhin der Rechtsweg offen – nun aber mit einer klaren Richtschnur, welche Verfahrensart zu wählen ist.

Fazit: Klarer Vorrang des spezialgesetzlichen Weges

Das BSG hat mit seiner Entscheidung die Spielregeln bei vorläufig bewilligten Bürgergeld-Leistungen deutlich geschärft. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums führen Korrekturen ausschließlich über die Schlussabrechnung nach § 41a SGB II.

Allgemeine Aufhebungs- und Erstattungsinstrumente wie § 48 SGB X sind gesperrt. Das erhöht die Rechtssicherheit für Bürgergeld-Empfänger, ordnet das Verwaltungshandeln und trägt zu mehr Transparenz bei. Die unzulässige Rückforderung von 919,80 Euro im entschiedenen Fall steht exemplarisch dafür, wie wichtig die richtige Rechtsgrundlage ist – für die Verwaltung ebenso wie für die Betroffenen.

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Bürgergeld: Bareinzahlungen werden vom Jobcenter auf die Regelleistungen angerechnet

11. September 2025 - 11:58
Lesedauer 2 Minuten

Ein aktuelles Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zeigt, dass Bürgergeld-Empfänger jede Geldbewegung offenlegen müssen. Wer Bareinzahlungen ohne klaren Nachweis tätigt, riskiert eine Einstufung als Einkommen. Dies mindert den Anspruch auf Leistungen und führt unter Umständen zu Erstattungsforderungen.

Hintergrund des Rechtsstreits: Nachzahlungen und Bareinzahlungen

Im entschiedenen Fall (L 9 AS 975/22) bezog eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft bereits seit 2013 ergänzende Leistungen. Die Mutter (selbstständig als Haushalts- und Bürohilfe) und der Vater (angestellt als Barkeeper bzw. Schichtleiter) hatten getrennte Konten.

Auf das Konto der Mutter gingen unter anderem das Kindergeld und eigene Einnahmen ein, während vom Konto des Vaters Miete, Strom, Gas und andere Gemeinschaftsausgaben abgebucht wurden.

Bereits 2015 erhielten sie eine Nachzahlung in Höhe von rund 5.500 Euro, die die Mutter größtenteils in bar abhob. Eine weitere Nachzahlung in Höhe von etwa 8.200 Euro ging 2017 auf ihr Konto. Beim Vater tauchten indes immer wieder Bareinzahlungen auf, deren genaue Herkunft das Jobcenter klären wollte.

Entscheidung zur vorläufigen und endgültigen Festsetzung

Auf den Antrag vom August 2017 hin bewilligte der Leistungsträger die Leistungen zunächst nur vorläufig, um nach Vorlage der tatsächlichen Einnahmen eine endgültige Entscheidung zu treffen. Diese fiel für den Zeitraum von September 2017 bis Februar 2018 zugunsten des Jobcenters aus:

Die Bareinzahlungen des Vaters wurden als „sonstiges Einkommen“ gerechnet, sodass für mehrere Monate kein Leistungsanspruch mehr bestand. Folglich forderte die Behörde bereits ausgezahlte Beträge zurück.

Warum Bareinzahlungen als Einkommen angerechnet wurden

Nach § 11 SGB II wird alles, was nach Antragstellung zufließt und nicht eindeutig vor Antragstellung vorhanden war, grundsätzlich als Einkommen berücksichtigt. Den Klägern gelang kein durchgehender Nachweis, dass die Bareinzahlungen lediglich interne Umbuchungen oder noch vorhandene Altbestände seien.

Trotz umfangreicher Kontoauszüge war die Herkunft eines Großteils der Summen unklar. Da die Kläger zuvor keinerlei Barvermögen angegeben hatten, ließ sich nicht zweifelsfrei belegen, dass diese Gelder bereits vor dem Leistungsbezug existierten.

Feststellungslast: Wer muss die Herkunft beweisen?

Die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld müssen ihre Hilfebedürftigkeit vollständig belegen. Nach ständiger Rechtsprechung trägt derjenige die materielle Beweislast, der Leistungen beansprucht. Falls die Herkunft wesentlicher Bargeldzuflüsse trotz intensiver Prüfung nicht nachgewiesen wird, darf die Behörde dieses Geld als Einkommen anrechnen.
Detaillierte Berechnungen: Bedarf und anzurechnendes Einkommen

Der Leistungsträger stellte den Bedarf fest, bestehend aus Regelbedarf für die Erwachsene und das Kind (einschließlich Mehrbedarfen) sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung. Anschließend zog er die ordnungsgemäß deklarierten Einnahmen der Mutter (abzüglich anteiliger Betriebsausgaben), den Lohn des Vaters und das Kindergeld vom Bedarf ab.

Da diese Beträge nicht genügten, sämtliche Bareinzahlungen zu erklären, behandelte er einen erheblichen Teil der Einzahlungen als zusätzliches Einkommen und verlangte daraufhin Erstattung überzahlter Leistungen.

Was bedeutet das Urteil für andere Bürgergeld-Beziehende?

Wer während des Leistungsbezugs regelmäßig Bargeld auf sein Konto einzahlt, muss lückenlos dokumentieren, woher es stammt. Ohne stichhaltige Beweise gilt es als zufließendes Einkommen, das den Bedarf mindern kann. Im Ergebnis droht die Rückforderung bereits bewilligter Leistungen, wenn ein Leistungsträger die Hilfebedürftigkeit im Nachhinein verneint.

Urteil und Konsequenzen

Das Landessozialgericht bestätigte den endgültigen Festsetzungs- und Erstattungsbescheid. Die Berufung wurde zurückgewiesen, da sich nicht aufklären ließ, dass es sich bei den Einzahlungen um bereits vorhandene oder eindeutig deklarierte Mittel gehandelt hat.

Die Revision ist nicht zugelassen. Damit ist klargestellt, dass Bürgergeld-Beziehende ihre Bareinzahlungen sorgfältig belegen müssen, um Leistungskürzungen oder Rückforderungen zu vermeiden.

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Schwerbehinderung: LSG stoppt Fristfalle: Falsche Belehrung verlängert Klagefrist auf 1 Jahr

11. September 2025 - 10:34
Lesedauer 3 Minuten

Wer im Schwerbehindertenrecht um GdB oder Merkzeichen kämpft, scheitert oft an Formalien. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (06.08.2024, L 11 SB 274/23) setzt hier eine klare Marke: Enthält die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids zur elektronischen Klageeinreichung irreführende oder unvollständige Hinweise, gilt nicht die Monatsfrist – sondern die Jahresfrist. Das kann vermeintlich „verspätete“ Klagen retten und Verfahren in der Sache zurück auf die Spur bringen.

Der Fall in Kürze

Eine Frau beantragte einen GdB 100 und das Merkzeichen aG. Die Behörde erhöhte den GdB zwar, lehnte aG aber ab. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids stand zur elektronischen Klageeinreichung De-Mail als sicherer Übermittlungsweg – weitere mögliche Wege fehlten.

Das Sozialgericht wies die Klage später als „zu spät“ ab. Das LSG hob diese Entscheidung auf und verwies zurück. Begründung: Die Belehrung war unvollständig und damit irreführend.

Worum es rechtlich geht

Elektronische Klagen können entweder qualifiziert elektronisch signiert eingereicht werden oder über „sichere Übermittlungswege“ nach § 65a Abs. 4 SGG. Dazu zählen für Betroffene u. a. das eBO (elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach) und der OZG-Nutzerkonto-Weg; bei anwaltlicher Vertretung das beA.

Wird in der Belehrung nur ein einzelner Weg (z. B. De-Mail) genannt, entsteht der falsche Eindruck, es gebe ausschließlich diese Option. Die Belehrung ist dann nicht richtig, nicht vollständig und missverständlich. Folge: Die reguläre Monatsfrist nach § 87 SGG läuft nicht an; stattdessen greift die Jahresfrist aus § 66 Abs. 2 SGG.

Was das Urteil für Schwerbehinderte konkret bedeutet

Mehr Zeitreserve: Wer vermeintlich zu spät Klage erhoben hat, kann sich auf die Jahresfrist berufen, wenn die Belehrung im Widerspruchsbescheid die elektronischen Wege verkürzt darstellt.
Schutz für Unvertretene: Besonders hilfreich für Menschen, die ohne Anwalt klagen.

Sie dürfen von der Behörde eine korrekte Wegweisung erwarten.
Signal an Behörden: Standardtexte in Bescheiden sollten die elektronischen Einreichungswege generisch richtig wiedergeben (z. B. „sichere Übermittlungswege gemäß § 65a Abs. 4 SGG“) – nicht nur De-Mail.

So prüfen Sie Ihre Unterlagen
  1. Widerspruchsbescheid zur Hand nehmen. Prüfen Sie die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bescheids.
  2. Auflistung der elektronischen Wege lesen. Steht dort nur De-Mail? Fehlen allgemeine Hinweise auf „sichere Übermittlungswege nach § 65a Abs. 4 SGG“ oder verständliche Alternativen wie eBO/OZG-Nutzerkonto?
  3. Frist neu bewerten. Bei unvollständiger Belehrung gilt die Jahresfrist ab Zugang des Widerspruchsbescheids.
  4. Belege sichern. Umschlag, Datum der Postaufgabe, Notizen zum Zugangsdatum, Scan der Belehrung – alles ablegen.
Beispiel aus der Praxis

Sie erhielten einen Widerspruchsbescheid am 17.07.2022. Die Klage ging erst am 24.04.2023 beim Sozialgericht ein. Laut Monatsfrist wäre das zu spät. Ist die Belehrung aber unvollständig, liegt die Klage innerhalb eines Jahres und ist zulässig. Das Gericht muss dann in der Sache prüfen – etwa zu GdB und Merkzeichen.

Grenzen der Entscheidung

Das LSG hat keine medizinische Festlegung getroffen. Es geht nicht darum, ob GdB 100 oder aG vorliegen. Das Gericht hat lediglich die Zulässigkeit der Klage bejaht und an das Sozialgericht zurückverwiesen. Auch bedeutet das Urteil nicht, dass jede Belehrung falsch ist. Eine Belehrung kann knapp sein – sie darf nur nicht irreführend sein und muss die elektronische Einreichung zutreffend umrissen.

Häufige Fragen – knapp beantwortet

Gilt das nur in Berlin-Brandenburg?
Das Urteil stammt von dort, stützt sich aber auf bundesrechtliche Regeln und höchstrichterliche Maßstäbe. Es ist daher argumentativ bundesweit nutzbar.

Reicht ein Link auf Gerichtsinfos?
Ein allgemeiner Hinweis auf „sichere Übermittlungswege gemäß § 65a Abs. 4 SGG“ und weiterführende Gerichtsinformationen ist in Ordnung. Entscheidend ist, dass kein falscher Eindruck entsteht, es gebe nur einen Weg.

Was, wenn die Jahresfrist auch abgelaufen ist?
Dann bleibt nur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – dafür braucht es unverschuldete Hinderungsgründe und zügiges Handeln. Das ist strenger und unsicherer.

Fristfalle umgehen: Belehrung prüfen, Jahresfrist nutzen, Klage sofort einreichen

Blick auf den Abschnitt zur elektronischen Klage. Ergibt sich daraus ein verkürzter oder irreführender Hinweis (etwa nur De-Mail), sollten Sie die Fristen neu kalkulieren: Liegt der Eingang Ihrer Klage innerhalb eines Jahres nach Zugang des Widerspruchsbescheids, stehen die Chancen gut, dass das Gericht die Sache inhaltlich prüft.

Ist die Klage noch nicht erhoben, reichen Sie sie unverzüglich ein und rügen Sie die unvollständige Belehrung ausdrücklich. Parallel stärken Sie die medizinische Seite: Dokumentieren Sie die Aktenlage zu GdB und Merkzeichen sauber und aktuell – mit Befunden, Angaben zu Alltagseinschränkungen, Mobilität und dem bisherigen Verlauf –, damit die inhaltliche Prüfung auf belastbarer Grundlage erfolgt.

Fazit

Das LSG Berlin-Brandenburg stoppt eine häufige Fristfalle im Schwerbehindertenrecht. Wer wegen einer verkürzten oder missverständlichen Rechtsbehelfsbelehrung aus dem Verfahren zu fallen drohte, erhält mit der Jahresfrist eine zweite Chance. Das schafft Zeit, die eigene Anspruchslage zu untermauern – und bringt Verfahren zurück in die sachliche Prüfung von GdB und Merkzeichen.

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Schwerbehinderung: Diesen teuren Fehler kurz der Rente darf man nicht begehen

11. September 2025 - 10:30
Lesedauer 2 Minuten

In Deutschland sind knapp 10% der Bevölkerung als schwerbehindert anerkannt. Viele von ihnen sind bereits im Ruhestand, aber ein erheblicher Anteil steht kurz davor.

Vor dem Eintritt in den Ruhestand kann ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis eine erhebliche Erleichterung darstellen. Er bietet nicht nur Planungssicherheit, sondern auch die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen. Doch es gibt auch Fehler, die Betroffene vermeiden sollten, wie Christian Schultz vom Sozialverband Deutschland (SoVD) betont.

Rentenplanung mit Schwerbehinderung Vorteile eines unbefristeten Schwerbehindertenausweis

Ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis nimmt eine wichtige Rolle in der Rentenplanung ein.

Der Ausweis bietet die notwendige Sicherheit und Beständigkeit, die bei einer befristeten Anerkennung fehlt. Mit einem unbefristeten Schwerbehindertenausweis ist der Anspruch auf die Schwerbehindertenrente gesichert, ohne dass befürchtet werden muss, den Status kurz vor Rentenbeginn zu verlieren.

Risiken einer befristeten Anerkennung der Schwerbehinderung

Im Gegensatz dazu birgt ein befristeter Schwerbehindertenausweis Risiken. Läuft die Befristung aus und wird nicht rechtzeitig erneuert, könnte dies den Zugang zur vorgezogenen Altersrente gefährden, warnt der Experte.

Sollte der Ausweis nach Rentenbeginn auslaufen, sind die Konsequenzen zwar geringer, doch das Timing der Befristung bleibt eine wichtige Überlegung.

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Berechtigt die Erwerbsminderungsrente auch zum Schwerbehindertenausweis?

Risiko “Verschlimmerungsantrag” Die Falle des Verschlimmerungsantrags

Kurz vor der Rente einen Verschlimmerungsantrag zu stellen, kann verlockend sein, besonders wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert hat.

Dieser Antrag könnte jedoch dazu führen, dass der Grad der Behinderung (GdB) neu bewertet und möglicherweise gesenkt wird, was im schlimmsten Fall zum Verlust des Schwerbehindertenstatus führen kann.

Empfehlungen für Betroffene
Schultz warnt daher davor, kurz vor der Rente keinen Verschlimmerungsantrag zu stellen. Stattdessen sollte dieser Schritt überlegt werden, wenn die Rente bereits läuft. In diesem Fall hat eine mögliche Statusänderung keine direkten Auswirkungen mehr auf die Rente.

Wichtig für die Rentenplanung

Für Menschen mit einer schweren Behinderung, die kurz vor dem Ruhestand stehen, ist die sichere Renten-Planung von entscheidender Bedeutung. Ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis erleichtert nicht nur die Zugänglichkeit zur vorgezogenen Rente, sondern minimiert auch die Unsicherheiten, die mit einer Befristung einhergehen können.

Darüber hinaus ist es wichtig, die Risiken eines Verschlimmerungsantrags zu verstehen und strategisch zu handeln, um den Schwerbehindertenstatus und die damit verbundenen Vorteile nicht unnötig zu gefährden. Beratungen bieten auf das Rentenrecht spezialisierte Kanzleien und Sozialverbände wie der SoVD an.

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Rentenreform: Renten per Hochrechnung und die Rente steigt

11. September 2025 - 9:56
Lesedauer 4 Minuten

Das Bundeskabinett hat am 3. September 2025 den Entwurf für das SGB-VI-Anpassungsgesetz beschlossen. Neben Digitalisierungs- und Reha-Reformen sieht der Entwurf eine verwaltungstechnisch erleichterte Rentenfeststellung vor: Bei Altersrenten sollen die Entgelte der letzten Arbeitsmonate künftig stets per Hochrechnung einbezogen werden, um Renten zügiger und korrekt festzusetzen. Das Bundesarbeitsministerium begründet dies mit Bürokratieabbau und mehr Rechtsklarheit.

Die Schwachstelle des alten Systems

Bislang funktionierte die Hochrechnung so: Wer eine Altersrente beantragte, konnte verlangen, dass der Arbeitgeber die beitragspflichtigen Einnahmen der letzten Monate per gesonderter Meldung übermittelt.

Auf dieser Basis rechnete die Rentenversicherung die fehlenden Monate bis zum Rentenbeginn hoch, damit der Bescheid rechtzeitig ergeht.

In der Praxis erwies sich das als heikel, weil die hochgerechneten Werte bindend wurden – eine spätere Korrektur nach oben oder unten war regelmäßig ausgeschlossen.

Das Bundessozialgericht und die Landessozialgerichte stellten wiederholt klar, dass Abweichungen zwischen Hochrechnung und tatsächlichem Entgelt für die festgestellte Altersrente grundsätzlich außer Betracht bleiben. Wer Pech hatte und unterdurchschnittliche Hochrechnungswerte bekam, trug den Nachteil dauerhaft.

Was sich ändert: Automatik statt Antrag – und nur noch Korrekturen nach oben

Der Gesetzentwurf dreht den Mechanismus an zwei entscheidenden Stellen:

Erstens entfällt bei § 194 SGB VI das bisherige Zustimmungserfordernis. Arbeitgeber dürfen die gesonderte Meldung künftig automatisch an die Rentenversicherung übermitteln; die Hochrechnung läuft im Hintergrund. Wörtlich heißt es in der Begründung: „

Durch die Änderung des § 194 entfällt das Zustimmungserfordernis […]  Daraus ergibt sich kein Nachteil für die Versicherten. Denn führt eine nach der Hochrechnung vorliegende tatsächliche beitragspflichtige Einnahme […] zu einer höheren Rente, wird diese nach einer Rentenneufeststellung geleistet (siehe § 70).“

Zweitens wird § 70 SGB VI angepasst: Nach der ersten Feststellung einer Altersrente prüft die Rentenversicherung automatisch, ob die tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen, die nach der Hochrechnung noch gemeldet werden, zu einer höheren Rente führen.

Nur dann wird die Rente neu festgestellt – inklusive Nachzahlung. Bleibt es bei niedrigeren oder gleichen Werten, ändert sich nichts. Damit wird das bisherige Risiko für Versicherte beseitigt.

So funktioniert die Hochrechnung – präziser als bisher

Die gesetzliche Begründung präzisiert, was unter Hochrechnung zu verstehen ist: Für bis zu drei Monate vor dem Rentenbeginn wird die beitragspflichtige Einnahme aus den letzten zwölf davorliegenden Kalendermonaten ermittelt und hochgerechnet. Ziel sei “ein nahtloser Übergang vom Arbeitsentgelt in die Rente und ein frühzeitiger Bescheid, obwohl die Lohnabrechnungen für die letzten Monate naturgemäß noch nicht vollständig vorliegen”, so der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Beispiel: Angestellter mit Einkommenssteigerung vor Rentenbeginn

Um das mehr an Rente zu verdeutlichen, hier ein fiktives Beispiel.

Ein Arbeitnehmer geht zum 1. Juli 2027 in Altersrente. Seine letzten zwölf Monate vor dem Renteneintritt sehen so aus:

  • Bis Juni 2026 verdient er 3.000 € brutto monatlich.
  • Ab Juli 2026 bekommt er durch eine Tariferhöhung und eine neue Funktionszulage 3.500 € brutto monatlich.

Die Rentenversicherung muss den Rentenbescheid aber schon vorliegend haben, obwohl die letzten Monate (April bis Juni 2027) noch nicht abgerechnet sind.

Alte Rechtslage (bis 2026)

Die Hochrechnung nahm oft einen Durchschnitt aus den letzten zwölf Monaten – also (6 × 3.000 € + 6 × 3.500 €) / 12 = 3.250 € brutto.
Damit wurden die drei fehlenden Monate hochgerechnet.
Wenn der Versicherte in den letzten Monaten tatsächlich 3.500 € verdient hat, lagen die realen beitragspflichtigen Einnahmen 250 € pro Monat höher.
Eine nachträgliche Korrektur nach oben war nicht vorgesehen – der Rentenbescheid blieb verbindlich.

Folge: Die Rente fiel dauerhaft geringer aus.

Neue Rechtslage (ab 2027)

Jetzt greift § 70 SGB VI neu.
Die Rentenversicherung stellt zunächst die Rente auf Basis der Hochrechnung (hier: 3.250 €) fest. Sobald der Arbeitgeber aber die tatsächlichen Werte meldet (3.500 €), wird die Rente automatisch neu berechnet.

Unterschied in Euro:
Das deutsche Rentensystem arbeitet mit Entgeltpunkten.
Im Jahr 2027 entspricht ein Entgeltpunkt etwa dem durchschnittlichen Jahresbrutto von ca. 47.700 € (Stand 2025; Wert verändert sich jährlich).

  • Unterschied pro Monat: 250 € × 3 Monate = 750 € mehr beitragspflichtiges Einkommen.
  • Das ergibt 750 € ÷ 47.700 € ≈ 0,0157 Entgeltpunkte.
  • Ein Entgeltpunkt bringt 2025 rund 37,60 € Monatsrente (West).
  • 0,0157 Punkte ergeben etwa 0,60 € monatlich mehr Rente – lebenslang.

Dazu kommt eine Nachzahlung für die Monate seit Rentenbeginn.
Wenn die Differenz also erst nach einem Jahr festgestellt wird, erhält der Rentner 0,60 € × 12 Monate = 7,20 €Nachzahlung plus die dauerhafte Erhöhung.

Wann die Unterschiede größer werden

Das Beispiel zeigt eine moderate Steigerung. In der Praxis können die Effekte deutlich stärker ausfallen:

  • wenn in den letzten Monaten hohe Sonderzahlungen wie Boni oder Abfindungen gezahlt werden,
  • wenn jemand von Teilzeit wieder in Vollzeit wechselt,
  • oder wenn eine kräftige Tariferhöhung kurz vor Rentenbeginn wirksam wird.

Dann können schnell mehrere Entgeltpunkte zusätzlich entstehen, was die Monatsrente um 50 € bis 100 € oder mehrerhöhen kann – und zwar dauerhaft.

Zeitplan

Die Änderungen zur Hochrechnung und zur Neufeststellung treten am 1. Januar 2027 in Kraft. Betroffen sind Altersrenten; andere Rentenarten werden von der Neuerung nicht erfasst. Der Gesetzgeber räumt der Rentenversicherung damit eine Vorlaufzeit für die technische Umsetzung ein.

Was das für Neurentnerinnen und Neurentner praktisch bedeutet

Für künftige Ruheständlerinnen und Ruheständler entfällt der Antrags- und Zustimmungsaufwand rund um die Hochrechnung. Die Arbeitgebermeldung läuft standardisiert; die Rentenversicherung setzt die Rente zunächst vorläufig auf Basis der Hochrechnung fest und korrigiert automatisch nach oben, sobald die tatsächlichen Werte vorliegen.

Für Betroffene bedeutet das mehr Planungssicherheit beim Rentenbeginn, keine Nachteile durch zufällige Untererfassung der letzten Monate und Nachzahlungen, wenn sich höhere Entgelte bestätigen. Dass der Gesetzgeber hier auch Effizienzgewinne erwartet, zeigen die Begleitkalkulationen: Sie nennen für die Neuregelung zur Neufeststellung nach Hochrechnung (§ 70) rund 300 000 Fälle jährlich sowie deutliche Entlastungen durch die gesonderte Meldung und Hochrechnung (§ 194) bis hin zur vollmaschinellen Erledigung vieler Regelaltersrenten.

Warum die Reform als fairer gilt

Der Kern der Fairness liegt in der Einbahnstraßen-Korrektur: Eine Anhebung auf die real erzielten, höheren beitragspflichtigen Einnahmen erfolgt automatisch, eine Absenkung wegen niedrigerer Ist-Werte bleibt ausgeschlossen.

Damit korrigiert der Gesetzgeber eine über Jahre kritisierte Asymmetrie, in der die hochgerechnete – und oftmals zu niedrige – Entgeltbasis dauerhaft wirkte. Der Paradigmenwechsel beseitigt das frühere „Alles-oder-nichts“-Moment der Hochrechnung, ohne die zügige Rentenfeststellung preiszugeben.

Wer jetzt in den Ruhestand startet – und wer später

Für Rentenbeginn bis einschließlich 2026 gelten die alten Regeln fort. Wer in diese Übergangszeit fällt, sollte die beantragte Hochrechnung weiterhin sorgfältig abwägen, weil spätere Aufstockungen rechtlich nur ausnahmsweise möglich sind. Ab 2027 hingegen ist die Hochrechnung Standard, die Nachberechnung erfolgt systemseitig, und individueller Handlungsbedarf entfällt weitgehend.

Mehr Tempo, weniger Bürokratie – und für viele auch mehr Rente

Mit der Neuregelung zur Hochrechnung und zur Neufeststellung schafft der Gesetzgeber eine risikofreie Brücke zwischen Beschäftigung und Rentenbezug.

Wer in den letzten Monaten vor dem Ruhestand überdurchschnittlich verdient hat, wird davon automatisch profitieren. Gleichzeitig entlastet die Reform Verwaltungen und Betriebe, weil Prozesse vereinheitlicht und digitalisiert werden.

Für die „Rentenboomer“-Jahrgänge bedeutet das eine verlässlichere und gerechtere Festsetzung der Altersrente – mit Nachzahlungen, wo sie hingehören

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Wer bekommt die 60 Prozent Witwenrente?

11. September 2025 - 9:35
Lesedauer 3 Minuten

In der Praxis werden wir immer wieder gefragt, wer die 60 Prozent Witwenrente bekommt. In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es die kleine und die große Witwen- bzw. Witwerrente.

Die große Witwenrente beträgt im Regelfall 55 Prozent der Rente, die der oder die Verstorbene bezogen hat oder hätte beziehen können. Die vielzitierte 60-%-Quote existiert weiterhin – allerdings nur unter bestimmten Übergangsbedingungen der „alten Rechtslage“. Wer diese erfüllt und die Voraussetzungen für die große Witwenrente erfüllt, erhält 60 statt 55 Prozent.

Alte Rechtslage: Wann 60 Prozent gelten

Die 60-%-Witwenrente gilt, wenn zwei Kriterien gleichzeitig erfüllt sind: Die Ehe (oder eingetragene Lebenspartnerschaft) wurde vor dem 1. Januar 2002 geschlossen und mindestens eine der beiden Personen wurde vor dem 2. Januar 1962 geboren.

Treffen beide Punkte zu, richtet sich die Hinterbliebenenversorgung nach dem „alten Recht“ – und die große Witwenrente beläuft sich auf 60 Prozent der maßgeblichen Rente. Das gilt gleichermaßen für Witwer und für überlebende eingetragene Lebenspartner.

Voraussetzungen für die große Witwenrente im Überblick

Unabhängig davon, ob 55 oder 60 Prozent gelten, setzt die große Witwenrente typische Zugangsvoraussetzungen voraus. Anspruch besteht, wenn die hinterbliebene Person die Altersgrenze erreicht hat, erwerbsgemindert ist oder ein minderjähriges Kind erzieht; auch die Betreuung eines volljährigen, sich nicht selbst unterhaltenden behinderten Kindes kann anspruchsbegründend sein.

Die Altersgrenze wird seit 2012 schrittweise angehoben und liegt – abhängig vom Todesjahr – bei bis zu 47 Jahren.

Für Todesfälle im Jahr 2025 liegt die maßgebliche Grenze bei 46 Jahren und 4 Monaten. Wer die große Witwenrente wegen Kindererziehung oder wegen Erwerbsminderung erhält, ist von der Altersgrenze nicht betroffen.

Kleine Witwenrente: Abgrenzung und Dauer

Die kleine Witwenrente ist die zeitlich befristete Variante. Nach neuem Recht wird sie grundsätzlich 24 Monate gezahlt und beträgt 25 Prozent der maßgeblichen Rente.

Für Fälle nach altem Recht ist die kleine Witwenrente nicht befristet; an der 25-%-Quote ändert sich jedoch nichts. Diese Differenzierung erklärt, warum im Alltag häufig zwischen „alter“ und „neuer“ Rechtslage unterschieden wird.

Das Sterbevierteljahr: Drei Monate volle Rente

Zu Beginn der Hinterbliebenenversorgung steht das sogenannte Sterbevierteljahr. Für die drei Kalendermonate nach dem Sterbemonat wird die Hinterbliebenenrente in Höhe von 100 Prozent der Rente des oder der Verstorbenen gezahlt.

Eigene Einkünfte der hinterbliebenen Person werden in dieser Zeit nicht angerechnet. Der Vorschuss auf das Sterbevierteljahr kann innerhalb von 30 Tagen über den Renten-Service der Deutschen Post beantragt werden; er wird später mit der Hinterbliebenenrente verrechnet.

Anrechnung von Einkommen: Freibeträge und Kürzungen

Nach dem Sterbevierteljahr wird eigenes Einkommen auf die Witwen- bzw. Witwerrente angerechnet. Maßgeblich ist ein monatlicher Freibetrag, der jährlich zum 1. Juli angepasst wird.

Vom 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026 liegt er bei 1.076,86 Euro netto im Monat; für jedes waisenrentenberechtigte Kind steigt der Freibetrag um 228,42 Euro. Nur der übersteigende Anteil wird berücksichtigt, und zwar zu 40 Prozent. Diese Systematik führt dazu, dass die tatsächliche Zahlleistung individuell unterschiedlich ausfällt.

Mindestdauer der Ehe und die „Versorgungsehe“

Für Ehen, die ab dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, gilt grundsätzlich eine Mindestdauer von einem Jahr. Bei einer kürzeren Ehedauer vermutet die Rentenversicherung eine Versorgungsehe; Ausnahmen – etwa bei Unfalltod – sind möglich und im Gesetz ausdrücklich vorgesehen.

Diese Regelung ist in § 46 Abs. 2a SGB VI verankert und wird von der Rentenversicherung in ihren Hinweisen regelmäßig erläutert.

Antrag, Nachzahlung und weitere wichtige Punkte

Die Hinterbliebenenrente wird nur auf Antrag gewährt. Rückwirkende Zahlungen sind für bis zu zwölf Kalendermonate vor dem Antragsmonat möglich.

Eine Wiederheirat beendet den Anspruch sowohl auf die kleine als auch auf die große Witwenrente; als Ausgleich kann eine Rentenabfindung als „Starthilfe“ für die neue Ehe gezahlt werden, grundsätzlich in Höhe des 24-fachen der durchschnittlichen Monatsrente der zurückliegenden zwölf Monate (ohne Sterbevierteljahr).

Waren mehrere Ehen vorhanden, wird die Hinterbliebenenrente anteilig nach der Dauer der einzelnen Ehen aufgeteilt.

Rechenbeispiel: So wirkt die 60-%-Regel in der Praxis

Angenommen, die Rente des Verstorbenen beträgt 1.800 Euro. Bei 60 Prozent ergäbe sich eine große Witwenrente von 1.080,00 Euro; nach neuem Recht mit 55 Prozent wären es 990,00 Euro.

Erzielt die hinterbliebene Person ein monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro, übersteigt dies den ab 1. Juli 2025 gültigen Freibetrag von 1.076,86 Euro um 223,14 Euro.

Davon werden 40 Prozent angerechnet, also 89,26 Euro. Die Zahlleistung läge im alten Recht damit bei 990,74 Euro; nach neuem Recht bei 900,74 Euro. Das Beispiel nutzt die pauschale Anrechnungslogik der Rentenversicherung und verdeutlicht, warum die 60-%-Regel spürbar sein kann, die individuelle Zahlung aber vom eigenen Einkommen abhängt.

Fazit

Die 60-%-Witwenrente gibt es weiterhin – aber ausschließlich für Hinterbliebene, die unter die alte Rechtslage fallen, also vor dem 1. Januar 2002 geheiratet haben und bei denen mindestens eine Person vor dem 2. Januar 1962 geboren ist.

Zusätzlich müssen die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für die große Witwenrente erfüllt sein. Ob am Ende 60 Prozent in voller Höhe ausgezahlt werden, hängt nach dem Sterbevierteljahr maßgeblich von der Einkommensanrechnung ab.

In Zweifelsfällen lohnt der Blick in die aktuellen Informationen der Deutschen Rentenversicherung – oder eine individuelle Beratung, nicht zuletzt weil Freibeträge und Altersgrenzen mit der Zeit angepasst werden.

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Krankengeld richtig berechnen: Viele Fehler der Kassen korrigieren

10. September 2025 - 17:35
Lesedauer 3 Minuten

Krank länger als sechs Wochen krankgeschrieben? Dann ersetzt die gesetzliche Krankenkasse dein Einkommen mit Krankengeld. Wie hoch der Betrag ausfällt, hängt von klaren Regeln ab. Hier zeigen wir Schritt für Schritt, wie die Kassen rechnen – inklusive praktischer Beispiele und der typischen Stolperfallen.

Die Grundformel (70/90-Regel) und der gesetzliche Deckel

Krankengeld = 70 % deines regelmäßigen Bruttoverdienstes (Regelentgelt), aber höchstens 90 % deines Nettoverdienstes. Gezahlt wird kalendertäglich.

Für ganze Monate rechnen die Kassen immer mit 30 Tagen; Einmalzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld) fließen anteilig mit 1/360 pro Kalendertag ein.
Höchstbetrag 2025: Das Krankengeld ist auf 128,63 € pro Tag gedeckelt (≈ 3.858,90 € pro 30‑Tage‑Monat).

Was zählt als „Regelentgelt“?

Das Regelentgelt leitet sich aus dem letzten abgerechneten Entgeltzeitraum (mindestens 4 Wochen) ab. Bei Monatslohn wird der Monatsbetrag durch 30 geteilt.

Einmalzahlungen der letzten 12 Monate werden mit 1/360 pro Kalendertag anteilig hinzugerechnet. Überstunden/Mehrarbeit können – sofern beitragspflichtig – einfließen.

Merke: Viele Online‑Rechner ignorieren Einmalzahlungen. Kassen tun das nicht – dadurch kann das Krankengeld spürbar höher ausfallen.

Abzüge: Warum das ausgezahlte Krankengeld niedriger ist

Vom Brutto‑Krankengeld gehen Arbeitnehmeranteile zu folgenden Zweigen ab (sofern versicherungspflichtig):

  • Rentenversicherung: 9,3 %
  • Arbeitslosenversicherung: 1,3 %
  • Pflegeversicherung: je nach Kinderzahl: mit 1 Kind 1,8 %, kinderlos 2,4 %, mit mehreren Kindern entsprechend weniger (Sachsen abweichend)

Keine Beiträge fallen aus dem Krankengeld für die Krankenversicherung an. Arbeitslos gemeldet? Dann werden in der Regel keine RV/AV‑Beiträge vom Krankengeld abgezogen (ggf. nur PV‑Zuschlag für Kinderlose).

So rechnest du in der Praxis (4 Schritte)
  1. Regelentgelt ermitteln
    – Monatsbrutto / 30
    – + (Einmalzahlungen der letzten 12 Monate / 360)
  2. Brutto‑Krankengeld vor Abzügen
    – 70 % vom Regelentgelt × 30
    – Vergleich: 90 % vom monatlichen Netto
    – Niedrigerer Wert gewinnt
  3. Deckel prüfen
    – Maximal 128,63 € pro Kalendertag (2025).
  4. Auszahlung berechnen
    – Abzug Arbeitnehmeranteile RV/AV/PV → Netto‑Krankengeld.
Rechenbeispiele 2025

(volle Monate mit 30 Tagen; Rundungen vereinfacht; ohne Einmalzahlungen)

Mittlerer Verdienst

  • Brutto 2.400 € / Netto 1.700 €
    70 % vom Brutto = 1.680 €; 90 % vom Netto = 1.530 € ⇒ Brutto‑KG = 1.530 €.
    Auszahlung mit Kind (PV 1,8 %): 1.530 € − (9,3 % + 1,3 % + 1,8 %) ≈ 1.339 €.
    Auszahlung kinderlos (PV 2,4 %): ≈ 1.331 €.

Oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BBG)

  • Monatsbrutto > 5.512,50 € (BBG KV/PV 2025).
    Tages‑BBG: 5.512,50 € / 30 = 183,75 € → 70 % = 128,63 € pro Tag ⇒ 3.858,90 € pro 30‑Tage‑Monat brutto.
    Auszahlung mit Kind (PV 1,8 %): ≈ 3.382 €.
    Auszahlung kinderlos (PV 2,4 %): ≈ 3.357 €.Einmalzahlungen – Mini‑Beispiel: 3.000 € Monatslohn + 1.200 € Weihnachtsgeld im Vorjahr ⇒ täglich 3.000/30 = 100,00 € plus 1.200/360 = 3,33 € = 103,33 € Regelentgelt pro Tag → 70 % = 72,33 € pro Tag (vor 90 %‑Netto‑Grenze und Deckel).
Ab wann und wie lange gibt es Krankengeld?
  • Erst ab der 7. Woche der Erkrankung, denn die ersten 6 Wochen zahlt der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung.
  • Sonderfall neue Beschäftigung: In den ersten 4 Wochen eines neuen Arbeitsverhältnisses gibt es keine Entgeltfortzahlung – Krankengeld ab Tag 1 (sofern GKV mit KG‑Anspruch).
  • Maximale Bezugsdauer: 78 Wochen innerhalb einer dreijährigen Blockfrist für dieselbe Krankheit. Eine hinzugetretene andere Krankheit verlängert nicht.
  • Neuanspruch nach Aussteuerung (selbe Krankheit): in der Praxis erst wieder, wenn 6 Monate keine AU wegen dieser Krankheit vorlagen und in dieser Zeit Erwerbstätigkeit oder Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung bestand – dann beginnt mit neuer Blockfrist ein neuer Anspruch.
Sonderfälle & Hinweise
  • Minijob: Nach 6 Wochen EFZ kein Krankengeld aus dem Minijob, weil dort keine KV‑Pflicht besteht (anders, wenn z. B. zusätzlich eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung vorliegt).
  • Selbständige/freiwillig Versicherte: Krankengeld nur mit entsprechender Wahlerklärung/Wahltarif; Beginn je nach Tarif (z. B. ab Tag 15/22/43).
  • Steuern: Das Krankengeld ist steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt – es erhöht deinen Steuersatz auf andere Einkünfte und muss in der Steuererklärung angegeben werden.
  • Sachsen: Abweichende Pflegeversicherungs‑Anteile für Beschäftigte.
Kurz‑Checkliste – das solltest du parat haben
  • Monats‑Brutto und Netto des letzten abgerechneten Zeitraums
  • Einmalzahlungen der letzten 12 Monate (mit Datum)
  • Kinderstatus (wichtig für die Pflegeversicherung)
  • Beschäftigungsbeginn, AU‑Beginn, bisherige EFZ‑Tage
  • Krankenkasse (bei freiwilliger Versicherung: Wahltarif Krankengeld?)

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So kannst Du das Krankengeld verlängern – alle Infos

10. September 2025 - 17:32
Lesedauer 2 Minuten

Was passiert, wenn das Krankengeld nach 78 Wochen ausläuft? Dieser Beitrag zeigt die Regelungen, Fristen und Ansprüche für Krankengeld, erklärt die sogenannte Blockfrist und gibt Ratschläge, wie Betroffene vorgehen können, wenn sie erneut Krankengeld beziehen müssen.

Wie lange hat man Anspruch auf Krankengeld?

Grundsätzlich zahlt die gesetzliche Krankenversicherung für dieselbe Erkrankung maximal 78 Wochen Krankengeld innerhalb einer Blockfrist von drei Jahren.

Diese 78 Wochen umfassen bereits die sechs Wochen der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Somit bleiben in der Regel 72 Wochen, die als Krankengeld gezahlt werden. Dabei beginnt die Zahlung erst, wenn die Lohnfortzahlung beendet ist.

Was ist die Blockfrist und wann beginnt sie?

Die sogenannte Blockfrist ist ein Zeitraum von drei Jahren, in dem die 78 Wochen Krankengeld aufgebraucht werden können. Sie beginnt mit dem ersten Arztbesuch, bei dem die Krankheit diagnostiziert wird und eine Krankmeldung erfolgt.

Ab diesem Zeitpunkt läuft die Blockfrist unabhängig davon, ob der Betroffene während der gesamten Zeit krankgeschrieben ist oder nicht. Die Blockfrist ist daher eine Art unsichtbare Grenze für den Anspruch auf Krankengeld innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens.

Wann endet der Anspruch auf Krankengeld innerhalb der Blockfrist?

Wenn die 78 Wochen Krankengeld innerhalb der dreijährigen Blockfrist aufgebraucht sind, endet der Anspruch auf Krankengeld für diese Erkrankung. Ein neuer Anspruch kann jedoch unter bestimmten Bedingungen entstehen. Wichtig ist dabei: Die Blockfrist endet automatisch nach drei Jahren und eine neue Blockfrist kann unmittelbar darauf beginnen, unabhängig davon, ob der Betroffene aktuell krankgeschrieben ist oder nicht.

Was sind die Voraussetzungen für einen erneuten Krankengeldanspruch?

Damit nach Ablauf der ersten Blockfrist ein erneuter Anspruch auf Krankengeld für dieselbe Erkrankung besteht, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

  1. Der Versicherte muss mindestens sechs Monate lang sozialversicherungspflichtige Beiträge gezahlt haben.
  2. Er darf in diesem Zeitraum nicht wegen derselben Erkrankung krankgeschrieben gewesen sein.

Diese Regelungen stellen sicher, dass nur dann erneut Krankengeld gewährt wird, wenn der Betroffene zwischenzeitlich eine gewisse Stabilität in Bezug auf seine Gesundheit und seine Versicherungsbeiträge erreicht hat.

Wie beginnt eine neue Blockfrist?

Nach Ablauf der ersten Blockfrist startet eine neue Blockfrist von drei Jahren. Diese beginnt direkt am Tag nach dem Ende der vorherigen Blockfrist. Das bedeutet, dass es für Betroffene keinen „Puffer“ zwischen den Blockfristen gibt. Innerhalb dieser neuen Blockfrist kann der Betroffene erneut Krankengeld für dieselbe Erkrankung beziehen, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

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Wie wird Krankengeld bei einer neuen Erkrankung berechnet?

Anders verhält es sich, wenn während oder nach der ersten Erkrankung eine neue, unabhängige Krankheit auftritt. Ein typisches Beispiel wäre ein Arbeitnehmer, der nach einer Krebserkrankung wieder arbeitsfähig ist, aber später durch einen Unfall erneut erkrankt. In solchen Fällen entsteht ein neuer Anspruch auf Krankengeld, da die Erkrankungen als unabhängig voneinander betrachtet werden.

Die Krankenkasse prüft in solchen Fällen, ob zum Zeitpunkt der neuen Erkrankung keine Krankmeldung für die ursprüngliche Erkrankung vorlag. Ist dies der Fall, wird für die neue Krankheit eine separate Blockfrist und ein neuer Krankengeldanspruch gewährt.

Was tun, wenn das Krankengeld ausläuft?

Viele Versicherte sind besorgt, wenn das Ende des Krankengeldes naht. Nach der sogenannten „Aussteuerung“, also dem Ende des Krankengeldanspruchs, ist in der Regel die Bundesagentur für Arbeit der nächste Ansprechpartner. In den meisten Fällen können Betroffene Arbeitslosengeld beantragen, auch wenn sie eigentlich noch krankgeschrieben sind. Die Höhe des Arbeitslosengeldes wird dabei auf Grundlage des Einkommens berechnet, das der Betroffene vor der Krankheit hatte.

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Schwerbehinderung: Gericht verweigert unbefristeten Schwerbehindertenausweis trotz einem GdB von 80

10. September 2025 - 16:23
Lesedauer 3 Minuten

Ein 52-jähriger Mann mit chronischen psychischen Erkrankungen hat vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg auf einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis geklagt und ist gescheitert. Obwohl ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 anerkannt wurde, urteilten die Richter:

Die Befristung des Ausweises bleibt rechtens. Das Urteil macht deutlich, dass selbst bei schweren Leiden eine dauerhafte Gültigkeit des Ausweises kein Automatismus ist. (AZ: L 8 SB 3490/23)

Der Fall im Überblick

Der Kläger, ein gelernter Bäcker, leidet seit Jahren unter einer Vielzahl psychischer Erkrankungen – darunter eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie eine rezidivierende Depression. Auf Basis dieser Diagnosen wurde ihm bereits 2021 ein GdB von 80 zuerkannt.

Allerdings erhielt er nur einen befristeten Schwerbehindertenausweis – gültig bis zum 31. August 2026. Die Begründung der Behörde: Eine zukünftige Verbesserung seines Gesundheitszustands sei nicht vollständig auszuschließen. Eine sogenannte Nachprüfung wurde bereits für 2026 vorgesehen.

Der Mann wollte das nicht hinnehmen. Für ihn sei die ständige Antragstellung mit erheblichen Belastungen verbunden – insbesondere wegen seiner psychischen Einschränkungen. Auch seine Ärzte und Therapeuten erklärten, dass keine signifikante Besserung mehr zu erwarten sei. Dennoch entschied das Land Baden-Württemberg: Die Befristung bleibt bestehen.

Was das Gericht entschieden hat – und warum

Das Landessozialgericht (LSG) hob zwar den ursprünglichen Ablehnungsbescheid des Landratsamts auf – aber nur aus formalen Gründen. Der eigentliche Wunsch des Klägers, einen unbefristeten Ausweis zu bekommen, wurde abgelehnt.

Die Begründung:

  • Rechtlich ist die Befristung der Regelfall, wie es sowohl im Sozialgesetzbuch als auch in der Ausweisverordnung vorgesehen ist.
  • Ein unbefristeter Ausweis darf nur in „atypischen Fällen“ ausgestellt werden – also wenn eine wesentliche Besserung der Gesundheit wirklich ausgeschlossen ist.
  • Beim Kläger sah das Gericht genau das nicht gegeben. Auch wenn Fortschritte nur langsam erfolgen, seien sie grundsätzlich möglich – etwa durch Therapie, Medikamente oder soziale Unterstützung.

Das Gericht wies auch darauf hin, dass ein GdB von 80 allein keinen Anspruch auf einen unbefristeten Ausweis begründet. Entscheidend sei, ob sich der Gesundheitszustand künftig verändern könnte – und genau das sei hier nicht auszuschließen.

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Die Sicht des Klägers

Der Kläger führte an, dass ihn der Gedanke an eine künftige Neubeantragung des Ausweises erheblich belastet. Wegen seiner psychischen Erkrankung sei bereits das Erledigen einfacher Aufgaben wie das Ausfüllen von Formularen oder das Erstellen eines Passfotos eine Hürde.

Seine Therapeuten bestätigten mehrfach, dass die Erkrankungen chronisch und schwer seien und sich voraussichtlich nicht mehr verbessern würden. Dennoch folgte das Gericht dieser Einschätzung nur teilweise. Entscheidend war aus Sicht der Richter nicht, ob die Krankheit bleibt – sondern, ob sie sich so weit stabilisieren könnte, dass sich der Grad der Behinderung reduziert. Das wurde nicht ausgeschlossen.

Was bedeutet das für Betroffene?

Für viele Menschen mit Behinderung ist das Urteil ernüchternd. Es zeigt:
Ein hoher GdB oder eine chronische Diagnose führen nicht automatisch zur Ausstellung eines unbefristeten Ausweises.

Stattdessen gilt:

  • Die Ausweise werden grundsätzlich auf maximal fünf Jahre befristet (§ 6 Abs. 2 SchwbAwV).
  • Nur wenn mit hoher Sicherheit keine Änderung der gesundheitlichen Situation zu erwarten ist, kann ein unbefristeter Ausweis erteilt werden.
  • Psychische Erkrankungen gelten dabei als besonders unberechenbar – auch wenn sie viele Jahre bestehen.
  • Ein „atypischer Fall“, der eine Ausnahme rechtfertigt, liegt nur bei außergewöhnlicher Belastung durch die Antragspflicht vor. Diese sah das Gericht hier nicht.
Behördliche Spielräume und ihre Grenzen

Das Urteil verdeutlicht auch, wie eng der Ermessensspielraum der Behörden in solchen Fällen ist. Zwar dürfen sie in „atypischen“ Situationen Ausnahmen machen – müssen das aber nicht.

Im vorliegenden Fall hatte das Landratsamt den Antrag des Klägers zunächst formlos abgelehnt. Erst nach Aufforderung durch die Anwältin des Klägers erließ die Behörde einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Dieser wurde nun zwar wegen formeller Mängel vom Gericht kassiert – inhaltlich aber gestützt.

Die Richter machten deutlich: Selbst, wenn sich jemand aus psychischen Gründen nicht regelmäßig um Anträge kümmern kann, sei das noch kein ausreichender Grund, um von der gesetzlichen Befristung abzuweichen. Eine relevante Verschlechterung der Belastung gegenüber anderen Betroffenen müsse deutlich erkennbar sein. Das war hier nicht der Fall.

Ausblick: Was Betroffene tun können

Trotz des Urteils gibt es Möglichkeiten, den bürokratischen Aufwand bei Schwerbehindertenausweisen zu verringern:

  • Frühzeitige Nachweise sammeln, die eine dauerhafte Beeinträchtigung stützen (z. B. medizinische Gutachten).
  • Begründung für atypische Belastung klar und nachvollziehbar darlegen – idealerweise durch Stellungnahmen von Therapeuten.
  • Rechtsberatung nutzen, um Anträge oder Widersprüche zielgerichtet zu formulieren.
  • Regelmäßige Rücksprache mit Behandlern, um potenzielle Änderungen im Gesundheitszustand rechtzeitig zu dokumentieren.

Und: Auch befristete Ausweise haben keine negativen Auswirkungen auf die tatsächliche Anerkennung der Behinderung. Wer einmal einen GdB von 80 festgestellt bekommen hat, verliert diesen nicht automatisch nach Ablauf der Ausweisfrist. Eine Änderung kann nur durch ein neues Prüfverfahren erfolgen – und muss sachlich begründet sein.

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Schwerbehinderung: Bis zu 990 € Pflegegeld – so sichern Eltern alle Zusatzbudgets

10. September 2025 - 16:22
Lesedauer 4 Minuten

Wer ein pflegebedürftiges Kind versorgt, organisiert Therapien, Fahrten, Schule und Alltag – und muss zugleich die Finanzen im Griff behalten. Entscheidend ist, alle Geldtöpfe zu kennen und lückenlos zu nutzen: Pflegegeld mit Kombinationsleistungen, Entlastungsbetrag und Verhinderungspflege, Eingliederungshilfe, steuerliche Nachteilsausgleiche sowie Zuschüsse für Hilfsmittel und Wohnraumanpassung.

Wer Anträge früh stellt, Begutachtungen vorbereitet, Belege sammelt und Budgets klug kombiniert, verhindert Versorgungslücken und maximiert die monatlichen Zuflüsse. Ziel ist Klarheit: Welche Leistung zahlt wann, in welcher Höhe – und mit welchen Nachweisen.

Pflegegeld: Die Basis der häuslichen Versorgung

Der Pflegegrad entscheidet über die monatlichen Beträge. Grundlage ist die Begutachtung zu Hause durch den Medizinischen Dienst (privat Versicherte: Medicproof). Bei Kindern gelten Besonderheiten: Bewertet wird immer der zusätzliche Pflege- und Betreuungsbedarf im Vergleich zu einem gesunden Kind gleichen Alters; bei Kindern bis 18 Monaten greift eine Sonderregel (pauschal höhere Einstufung, ohne erneute Begutachtung bis zum 18. Monat).

Eltern sollten vor dem Termin Alltagsbelege, Therapieberichte, Entwicklungsdokumentationen und Tagesprotokolle bereithalten.

Seit dem 1. Januar 2025 sind die Pflegegeld-Beträge um 4,5 % gestiegen. Monatlich fließen bei häuslicher Pflege: Pflegegrad 2: 347 €, PG 3: 599 €, PG 4: 800 €, PG 5: 990 € – das Geld steht den Eltern zur freien Verfügung für eigenorganisierte Pflege.

Wer zusätzlich einen Pflegedienst nutzt, kann das Pflegegeld als Kombinationsleistung anteilig behalten: Die prozentuale Inanspruchnahme von Sachleistungen mindert das Pflegegeld im gleichen Prozentsatz. Beispiel PG 3: Werden 60 % des Sachleistungsbudgets genutzt, bleiben 40 % Pflegegeld (= 239,60 €).

Tipp für flexible Versorgung: Der Umwandlungsanspruch erlaubt, bis zu 40 % des ungenutzten Sachleistungsbudgets in anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (Alltagsbegleitung, Betreuungsgruppen, haushaltsnahe Hilfe) zu verschieben – zusätzlich zum Entlastungsbetrag. Klären Sie bei der Pflegekasse, welche Anbieter nach Landesrecht zugelassen sind.

Entlastungsbetrag & Verhinderungspflege: Luft holen – finanziert

Der Entlastungsbetrag beträgt seit dem 01.01.2025: 131 € pro Monat (Pflegegrad 1–5). Er wird zweckgebunden abgerechnet, typisch für anerkannte Alltags- und Betreuungsangebote, stundenweise Kinderbetreuung, Haushaltshilfe oder Gruppenangebote.

Praxis: Rechnung sammeln, bei der Pflegekasse einreichen; viele Anbieter rechnen direkt ab. Wer mehr benötigt, nutzt zusätzlich die Umwandlung von bis zu 40 % Sachleistung (s. oben).

Die Verhinderungspflege federt Auszeiten ab – etwa bei Krankheit, Urlaub oder zur Erholung. 2025 steigt das Jahresbudget auf 1.685 €; die Kurzzeitpflege liegt bei 1.854 €.

Wichtig: Seit dem 01.07.2025 gilt für alle Pflegegrade 2–5 ein gemeinsamer Jahresbetrag aus Verhinderungs- und Kurzzeitpflege von bis zu 3.539 €, der frei für beide Zwecke eingesetzt werden kann (im 1. Halbjahr 2025 bereits verbrauchte Beträge werden angerechnet).

Für pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene mit PG 4/5 bis 25 J. war die volle Umwidmung bereits zum Jahresstart möglich. Abrechnung erfolgt meist nachträglich mit Rechnungen; Pflegekassen beraten zu anerkannten Nachweisen.

Eingliederungshilfe: Schulbegleitung, Frühförderung, Assistenz

Was über Pflege hinausgeht – Teilhabe in Kita, Schule und Freizeit, therapeutische Zusatzbedarfe oder heilpädagogische Maßnahmen – fällt in der Regel unter die Eingliederungshilfe nach SGB IX. Zuständig ist meist das Sozialamt; bei seelischer Behinderung (z. B. Autismus-Spektrum, schwere Depression) oft das Jugendamt nach § 35a SGB VIII. Typische Leistungen sind Integrations-/Schulbegleitung, Frühförderung, Assistenz im Alltag oder Freizeit.

Der Weg führt über Antrag und Gesamtplanverfahren: Bedarf, Ziele und Maßnahmen werden gemeinsam mit der Familie erhoben und verbindlich dokumentiert; bei Schnittstellen (z. B. Jugendamt, Pflegekasse) wird trägerübergreifend koordiniert.

Eltern sollten Diagnosen, Entwicklungsberichte, Schul-/Kita-Stellungnahmen und Therapiepläne beilegen. Beratung gibt es bei Sozial-/Jugendämtern und unabhängigen Teilhabe-Beratungsstellen.

Steuern & Kindergeld: Jährliche Entlastung sichern

Der Behinderten-Pauschbetrag richtet sich nach dem GdB und reicht von 384 € bis 2.840 € (bei GdB 100: 2.840 €; bei Merkzeichen H gelten Sonderregeln). Eltern können den Pauschbetrag des Kindes auf sich übertragen, wenn Anspruch auf Kindergeld oder die Kinderfreibeträge besteht und das Kind den Pauschbetrag nicht selbst nutzt.

Zusätzlich gibt es den Pflege-Pauschbetrag bei unentgeltlicher Pflege im häuslichen Umfeld: 600 € (PG 2), 1.100 € (PG 3), 1.800 € (PG 4/5 oder Merkzeichen H). Höhere außergewöhnliche Belastungen wie erhebliche Krankheits-, Therapie- und Fahrtkosten sind gegen Nachweise zusätzlich absetzbar.

Kindergeld läuft bei Kindern mit Behinderung auch nach 25 weiter, wenn die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist und das Kind sich nicht selbst unterhalten kann. Seit dem 01.01.2025 beträgt das Kindergeld 255 € pro Monat und Kind. Tipp: Die Günstigerprüfung zwischen Kindergeld und Kinderfreibeträgen führt das Finanzamt automatisch durch.

Hilfsmittel & Wohnraumanpassung: Alltag praktikabel machen

Hilfsmittel mit medizinischer Notwendigkeit (z. B. Rollstuhl, Kommunikationshilfen) laufen über die Krankenkasse; Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege (z. B. Pflegebett, Lagerungshilfen) über die Pflegekasse.

Für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (Handschuhe, Desinfektion, Bettschutzeinlagen) stehen seit 2025 42 € monatlich zu; technische Pflegehilfsmittel sind bis auf ggf. 10 % Zuzahlung (max. 25 €) erstattungsfähig, oft als Leihgabe.

Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zahlt die Pflegekasse bis zu 4.180 € je Maßnahme (mehrfach möglich, wenn mehrere Pflegebedürftige im Haushalt leben). Typische Umbauten sind Türverbreiterungen, Rampen, bodengleiches Bad oder Hebehilfen.

Der Zuschuss wird vor Baubeginn mit Kostenvoranschlag und Begründung beantragt; Ziel ist die Ermöglichung oder deutliche Erleichterung der Pflege.

KfW-Förderung: Je nach Programmstand kommt der Zuschuss „Barrierereduzierung“ oder der Kredit KfW 159 für barrierefreie Umbauten in Betracht.

Für Mobilität kann die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) beim Fahrzeugkauf und Umbau unterstützen; die Höhe hängt u. a. vom Einkommen und vom zuständigen Reha-Träger ab (z. B. DRV, Agentur für Arbeit) oder fällt unter die Eingliederungshilfe.

So gehen Eltern jetzt konkret vor
  1. Pflegegrad sichern/prüfen: Antrag bei der Pflegekasse stellen, Begutachtung vorbereiten (Vergleich zum altersentsprechenden Kind belegen). Bei Ablehnung oder zu niedrigem Grad fristgerecht Widerspruch.
  2. Pflegegeld optimal nutzen: Kombinationsleistung rechnen, Entlastungsbetrag 131 € ausschöpfen, zusätzlich bis zu 40 % Sachleistung umwandeln.
  3. Auszeiten planen: Verhinderungs-/Kurzzeitpflege flexibel aus dem 3.539-€-Jahresbudget abrufen (ab 01.07.2025). Belege sammeln, Erstattung einreichen.
  4. Teilhabe sichern: Eingliederungshilfe beantragen (Schulbegleitung, Frühförderung, Assistenz). Gesamtplan aktiv mitgestalten.
  5. Steuer & Kindergeld: Pauschbeträge und Pflege-Pauschbetrag in der Steuererklärung setzen; Kindergeld über 25 prüfen.
  6. Wohnung & Mobilität: 4.180-€-Zuschuss der Pflegekasse vor Baubeginn beantragen; KfW-Möglichkeiten prüfen; Kfz-Hilfe für Auto/umbau anstoßen.

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Bei diesen Einkommen wird die Witwenrente jetzt gekürzt

10. September 2025 - 15:47
Lesedauer 3 Minuten

Hinterbliebenenrenten – also Witwen-, Witwer- und Erziehungsrenten – sollen den Lebensunterhalt nach dem Tod der Partnerin oder des Partners sichern.

Eigene Einkünfte der Hinterbliebenen werden deshalb nicht vollständig, sondern nur teilweise berücksichtigt. Entscheidend ist ein gesetzlich festgelegter Freibetrag.

Erst wenn das maßgebliche Netto-Einkommen diesen Freibetrag übersteigt, wird der darüberliegende Teil zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet und die Auszahlung entsprechend gekürzt. Für Waisen gilt diese Anrechnung nicht; sie dürfen grundsätzlich unbegrenzt hinzuverdienen.

Die aktuelle Schwelle in Zahlen 2025

Der anrechnungsfreie Betrag ist dynamisch an den aktuellen Rentenwert gekoppelt und wird jährlich zum 1. Juli angepasst.

Vom 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026 liegt der monatliche Freibetrag bundesweit bei 1.076,86 Euro.

Für jedes Kind, das einen Anspruch auf Waisenrente hat, erhöht sich dieser Freibetrag um 228,42 Euro. Diese Werte gelten seit der Ost-West-Angleichung des Rentenwerts einheitlich in ganz Deutschland.

Tabelle: Anrechnung der Witwenrente 2025

Hier eine übersichtliche Tabelle, die die Einkommensanrechnung bei der Witwenrente zeigt. Grundlage ist der Freibetrag für den Zeitraum Juli 2025 bis Juni 2026 (1.076,86 Euro monatlich, zuzüglich 228,42 Euro pro Kind).

Monatliches Netto-Einkommen Auswirkung auf die Witwenrente bis 1.076,86 € (ohne Kind) keine Anrechnung, Rente bleibt ungekürzt 1.200 € Einkommen über Freibetrag: 123,14 € → 40 % = 49,26 € Kürzung 1.500 € Einkommen über Freibetrag: 423,14 € → 40 % = 169,26 € Kürzung 2.000 € Einkommen über Freibetrag: 923,14 € → 40 % = 369,26 € Kürzung 1.305,28 € (mit 1 Kind) exakt auf Freibetrag, keine Kürzung 1.500 € (mit 1 Kind) Einkommen über Freibetrag: 194,72 € → 40 % = 77,89 € Kürzung 2.000 € (mit 1 Kind) Einkommen über Freibetrag: 694,72 € → 40 % = 277,89 € Kürzung über 3.000 € (ohne Kind) hoher Überschuss, Witwenrente kann vollständig aufgebraucht werden In den ersten drei Monaten keine Kürzung

In den ersten drei Kalendermonaten nach dem Todesfall, dem sogenannten Sterbevierteljahr, erfolgt keine Einkommensanrechnung auf die Witwen- oder Witwerrente. In dieser Zeit wird die Rente in voller Höhe gezahlt. Erst anschließend wird geprüft, ob und in welchem Umfang Einkommen den Freibetrag übersteigt.

Was als „Einkommen“ zählt – und wie das Netto berechnet wird

Angerechnet werden nahezu alle Einkommensarten: Erwerbseinkommen aus Beschäftigung oder Selbstständigkeit, laufende Renten, wiederkehrende Leistungen wie Arbeitslosen- oder Krankengeld und Vermögenseinkünfte etwa aus Vermietung.

Ausgenommen sind bedarfsorientierte Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Grundsicherung im Alter sowie Auszahlungen aus staatlich geförderten Riester-Verträgen.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Netto-Einkommens zieht der Rentenversicherungsträger von den Bruttobeträgen pauschale Abzüge ab, die die typischen Steuern und Sozialabgaben abbilden.

Bei Arbeitsentgelt werden pauschal 40 Prozent, bei laufenden Altersrenten in der Regel 14 Prozent (bei Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2011: 13 Prozent) und bei Vermietungserträgen typischerweise 25 Prozent abgezogen.

Maßgebend ist grundsätzlich ein monatlicher Betrag; bei Erwerbseinkommen wird hierfür im Normalfall das durchschnittliche Vorjahreseinkommen zugrunde gelegt, es sei denn, das aktuelle Einkommen ist mindestens zehn Prozent niedriger.

Grafik: Kürzung der Witwenrente bei Einkommen

So funktioniert die Kürzung in der Praxis

Übersteigt das ermittelte Netto-Einkommen den Freibetrag, wird nur der übersteigende Teil berücksichtigt – und zwar mit 40 Prozent. Liegt das maßgebliche Netto beispielsweise bei 1.500 Euro und es besteht kein Kinderzuschlag, übersteigt das Einkommen den Freibetrag von 1.076,86 Euro um 423,14 Euro. Die Rente wird dann um 169,26 Euro gekürzt.

Lebt ein waisenrentenberechtigtes Kind im Haushalt, erhöht sich der Freibetrag auf 1.305,28 Euro; in demselben Beispiel würde die Kürzung lediglich 77,89 Euro betragen. Genau dieses Rechenmodell nutzt die Deutsche Rentenversicherung in ihren Beispielen.

Kleine und große Witwenrente

Ob eine kleine oder eine große Witwen-/Witwerrente gezahlt wird und ob die ältere 60-Prozent- oder die heute in der Regel geltende 55-Prozent-Quote maßgeblich ist, betrifft die Ausgangshöhe der Rente.

Die Einkommensanrechnung greift erst im zweiten Schritt auf das ermittelte Rentenergebnis an; am Mechanismus „Freibetrag plus 40-Prozent-Anrechnung des Überschusses“ ändert sich dadurch nichts. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Sonderregeln und Übergangsschutz

Für bestimmte Altfälle gelten Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen, etwa wenn die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde und mindestens eine Partnerin oder ein Partner vor dem 2. Januar 1962 geboren ist. In solchen Konstellationen können weiterhin frühere, günstigere Anrechnungsregeln greifen.

Kommen mehrere Leistungen zusammen, hat die Einkommensanrechnung bei einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung Vorrang vor der Anrechnung auf die Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Für den in Hinterbliebenenrenten enthaltenen Grundrentenzuschlag gelten ergänzende Vorschriften (§ 97a SGB VI).

Was Betroffene konkret tun sollten

Wer eine Witwen- oder Witwerrente bezieht, sollte Einkommensänderungen und die Geburt oder Ausbildungssituation von Kindern zeitnah melden, damit Freibeträge korrekt berücksichtigt und Nachzahlungen beziehungsweise Rückforderungen vermieden werden.

Gerade bei schwankendem Erwerbseinkommen lohnt der Blick auf die Regel, nach der das deutlich niedrigere aktuelle Einkommen statt des Vorjahresdurchschnitts herangezogen werden kann. Für verbindliche Auskünfte im Einzelfall stehen die Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung zur Verfügung; die einschlägige Informationsbroschüre „Hinterbliebenenrente: So viel können Sie hinzuverdienen“ fasst die Rechenwege und Ausnahmen verständlich zusammen.

Fazit

Eine Witwenrente wird nicht bei jedem Einkommen gekürzt, sondern erst, wenn das maßgebliche Netto den jährlich angepassten Freibetrag übersteigt.

Für den Zeitraum Juli 2025 bis Juni 2026 liegt diese Schwelle bei 1.076,86 Euro monatlich und steigt je waisenrentenberechtigtem Kind um 228,42 Euro.

Vom Überschuss werden 40 Prozent von der Rente abgezogen. In den ersten drei Monaten nach dem Todesfall erfolgt keine Anrechnung. Wer die Mechanik – Freibetrag, pauschale Netto-Ermittlung und 40-Prozent-Anrechnung – kennt, kann die eigene Situation realistisch einschätzen und Kürzungen nachvollziehen.

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Diese Rente wird jetzt abgeschafft – Millionen betroffen

10. September 2025 - 14:53
Lesedauer 4 Minuten

Für viele gesetzlich Versicherte in Deutschland hat eine unscheinbare, aber folgenreiche Zäsur längst Fakten geschaffen: Die „Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit“ nach § 240 SGB VI kann von den nach dem 1. Januar 1961 Geborenen nicht mehr beantragt werden.

Damit ist der frühere Berufsschutz, der Beschäftigte vor Einbußen bewahrte, wenn sie ihren erlernten oder langjährig ausgeübten Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben konnten, abgeschafft. Wer nach diesem Stichtag geboren ist, muss sich ausschließlich an den allgemeinen Regeln der Erwerbsminderungsrente messen lassen – mit deutlich höheren Hürden und häufig geringeren Leistungen.

Was genau abgeschafft wurde

Die Sonderregel des § 240 SGB VI adressierte eine Lücke: Nicht die abstrakte Leistungsfähigkeit auf irgendeinem Arbeitsplatz stand im Mittelpunkt, sondern die Frage, ob der konkret erlernte Beruf noch zumutbar ausgeübt werden konnte.

War das krankheits- oder unfallbedingt nicht mehr der Fall, griff ein besonderer Berufsschutz. Er galt jedoch nur für Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden.

Für alle jüngeren Jahrgänge existiert dieser Schutz nicht mehr. Neue Anträge sind ausgeschlossen, Bestandsrenten laufen weiter. Das klingt technisch, hat aber praktische Wucht: Die individuelle Qualifikation, Ausbildungsdauer und Tätigkeitshistorie verlieren ihren rentenrechtlichen Schutzschirm.

Bestandsschutz und stille Brüche

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen neuen und bestehenden Ansprüchen. Wer bereits eine Rente nach § 240 SGB VI bezieht, behält sie unter den bisherigen Voraussetzungen.

Der Bruch betrifft alle, die künftig erstmals eine Leistung benötigen würden, aber den Stichtag nicht erfüllen. Für diese Versicherten hat sich die Rechtslage substantiell geändert: Berufsschutz existiert nicht mehr, auch dann nicht, wenn die gesundheitlichen Einschränkungen exakt dieselben wären wie bei älteren Jahrgängen.

Was bleibt: die allgemeine Erwerbsminderungsrente

Nach der Abschaffung des Berufsschutzes bleiben Versicherten die allgemeinen Erwerbsminderungsrenten nach § 43 SGB VI. Maßgeblich ist ausschließlich die abstrakte Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, und zwar unabhängig von erlerntem Beruf, Spezialisierung oder Karriereweg.

Wer dauerhaft weniger als drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts arbeiten kann, erfüllt die Voraussetzungen einer vollen Erwerbsminderung.

Liegt die Leistungsfähigkeit zwischen drei und unter sechs Stunden täglich, kommt eine teilweise Erwerbsminderung in Betracht. Ob eine frühere Tätigkeit als Meisterin, Facharbeiter, Erzieherin, Pflegekraft, Techniker oder kaufmännische Angestellte noch möglich ist, spielt für die Anspruchsprüfung keine Rolle mehr. Es zählt allein, ob irgendeine Tätigkeit unter Wettbewerbsbedingungen in dem genannten zeitlichen Umfang denkbar ist.

Hürden im Verfahren

Die Feststellung der Erwerbsminderung folgt einem mehrstufigen, streng medizinisch geprägten Prüfprozess. Ärztliche Gutachten, Befundberichte und die Einschätzung, ob Rehabilitationsleistungen die Erwerbsfähigkeit erhalten oder wiederherstellen können, sind dabei zentral.

Der Grundsatz „Reha vor Rente“ greift unverändert. Häufig werden Leistungen zunächst befristet bewilligt und in regelmäßigen Abständen überprüft. Für Betroffene bedeutet das nicht nur organisatorischen und zeitlichen Aufwand, sondern oftmals auch die Unsicherheit schwankender Leistungsentscheidungen, insbesondere bei komplexen Krankheitsbildern.

Folgen für Rentenversicherte

Der Wegfall des Berufsschutzes wirkt sich auf die Rentenhöhe vielfach negativ aus. Zum einen werden Leistungen häufiger nur teilweise gewährt, wenn die gutachterliche Einschätzung eine Restleistungsfähigkeit von drei bis unter sechs Stunden attestiert.

Zum anderen orientiert sich die Berechnung nicht an einem fiktiven Einkommen des erlernten Berufs, sondern an den allgemeinen rentenrechtlichen Entgeltpunkten – mit der Folge, dass langjährige Spezialisierung oder Verantwortung keine eigenständige Schutzwirkung mehr entfalten.

Selbst dort, wo die EM-Rente durch gesetzliche Anpassungen in den vergangenen Jahren aufgewertet wurde, bleibt sie in der Praxis oft deutlich hinter dem bisherigen Erwerbseinkommen zurück. Die Lücke zwischen Nettoverdienst und Rentenzahlbetrag kann beträchtlich sein und trifft besonders Haushalte ohne zusätzliche Absicherung.

Wer besonders betroffen ist

Die Abschaffung des Berufsschutzes belastet vor allem Berufsgruppen, deren Tätigkeit stark an spezifische körperliche oder mentale Anforderungen gebunden ist.

Wer etwa in einem fordernden handwerklichen, pflegerischen oder industriellen Umfeld arbeitet und gesundheitlich nicht mehr belastbar ist, kann zwar für die bisherige Tätigkeit ausfallen, dürfte aber gutachterlich noch für leichtere, andersartige Tätigkeiten tauglich sein.

In der rentenrechtlichen Logik gilt diese Umsteuerung als zumutbar – auch wenn Qualifikation und bisherige Laufbahn dafür kaum verwertbar sind. Für viele Betroffene ist das ein Bruch in der Erwerbsbiografie mit spürbaren Einkommenseinbußen.

Private Vorsorge gewinnt an Gewicht

Weil der gesetzliche Berufsschutz entfällt, rückt private Absicherung stärker in den Fokus. Eine eigenständige Berufsunfähigkeitsversicherung kann das konkrete Risiko absichern, den erlernten oder ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben zu können.

Je nach persönlicher Situation kommen auch Alternativen wie Erwerbsunfähigkeits-, Grundfähigkeits- oder funktionale Invaliditätsabsicherungen in Betracht.

Wichtig sind eine frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema, realistische Einschätzung des Gesundheitszustands und die genaue Prüfung von Bedingungen, Nachversicherungsoptionen und Leistungsauslösern. Wer bereits gesundheitliche Einschränkungen hat, sollte Beratung und Angebote besonders sorgfältig vergleichen, da Ausschlüsse und Risikozuschläge verbreitet sind.

Übergänge gestalten: Reha, Qualifizierung, Arbeitsrecht

Neben der finanziellen Perspektive spielt die berufliche Neuorientierung eine zentrale Rolle. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, Umschulungen oder Qualifizierungen können helfen, eine neue Erwerbsbasis zu schaffen.

Arbeitgeberseitig kommen – je nach Fall – betriebliches Eingliederungsmanagement, Anpassungen des Arbeitsplatzes oder Wechsel in gesundheitsverträglichere Bereiche in Betracht.

Bei anerkannter Schwerbehinderung ergeben sich zusätzliche Schutzrechte und Nachteilsausgleiche, die im Zusammenspiel mit Reha- und Rentenleistungen die Situation stabilisieren können. Diese Instrumente ersetzen die frühere Berufsschutz-Rente nicht, können die Folgen ihres Wegfalls aber abmildern.

„Gut zu wissen“: die Stichtagslogik

Die alte Berufsunfähigkeitsregelung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung ist kein allgemein „vergessenes“ Recht, sondern eine Stichtagsregel. Nur wer vor dem 2. Januar 1961 geboren ist, konnte und kann die besondere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.

Für alle später Geborenen greifen ausschließlich die allgemeinen Regeln der Erwerbsminderungsrente. Für den Alltag bedeutet das: Zwei Menschen mit identischem Krankheitsbild können je nach Geburtsjahr auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen stoßen – mit entsprechend unterschiedlichen Leistungsfolgen.

Fazit: Ein Systemwechsel mit Langzeitwirkung

Die Abschaffung des gesetzlichen Berufsschutzes ist mehr als eine juristische Feinheit. Sie verschiebt das Risiko gesundheitlicher Brüche stärker auf die Versicherten und bewertet Erwerbsfähigkeit abstrakt, losgelöst von Bildungs- und Berufsbiografien. Für alle nach dem 1. Januar 1961 Geborenen bleibt als gesetzliche Absicherung allein die volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI – mit strengem Prüfmaßstab und häufig niedrigeren Zahlbeträgen.

Wer seine finanzielle Stabilität im Ernstfall wahren will, sollte die Lücken kennen, frühzeitig über private Vorsorge nachdenken und die vorhandenen Reha- und Teilhabeinstrumente konsequent nutzen. Dieser Beitrag ersetzt keine Rechtsberatung, zeigt aber die Richtung: Ohne Berufsschutz wird Vorsorge zur strategischen Notwendigkeit.

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Rente: Digitaler Rentenausweis kommt: Zwang für alle Rentner?

10. September 2025 - 14:29
Lesedauer 4 Minuten

Die Bundesregierung plant, den Rentenausweis vollständig zu digitalisieren. Der heute übliche Ausweis im Scheckkartenformat, bisher von der Deutschen Rentenversicherung zu Beginn des Ruhestands per Post versandt, soll durch eine digitale Variante ersetzt werden.

Grundlage hierfür ist der Koalitionsvertrag, der vorsieht, dass Bürgerinnen und Bürger „den digitalen Schwerbehinderten- und Rentenausweis digital und sicher mit sich führen können“.

Dahinter steht das politische Ziel, Verwaltungsleistungen zu beschleunigen, Kosten zu senken und Prozesse zu vereinfachen. Für Rentnerinnen und Rentner würde dies bedeuten, dass der Nachweis des Rentenstatus künftig über eine App oder als Datei in der digitalen Brieftasche des Smartphones bereitgestellt wird.

Was der Rentenausweis heute leistet

Der Rentenausweis dient als offizieller Nachweis eines statusrechtlichen Tatbestands. Er wird im Alltag bei Behördenvorgängen, im öffentlichen Verkehr, im Kultur- und Bildungsbereich sowie bei privatwirtschaftlichen Rabatten vorgezeigt.

Er enthält personenbezogene Basisdaten wie Namen, Geburtsdatum und die Rentenversicherungsnummer. Gerade weil er vielfältig einsetzbar ist, gilt er für viele ältere Menschen als niedrigschwellige, verlässliche Bescheinigung – unabhängig von Ort, Zeit und technischer Ausstattung.

Wie die digitale Lösung funktionieren soll

Vorgesehen ist, dass der Ausweis über ein Smartphone abrufbar ist, entweder in einer speziellen App oder als Datei, die in einer sogenannten Wallet gespeichert wird.

Damit verknüpft sind zwingende Voraussetzungen: ein geeignetes Endgerät, dauerhaft verfügbare Internetzugänge zum Abruf und zur Aktualisierung sowie eine sichere, alltagstaugliche Authentifizierung. Im Idealfall ließen sich Aktualisierungen automatisieren, Sicherheitsmerkmale fortlaufend erneuern und Fälschungssicherheit durch kryptografische Verfahren erhöhen. Behörden und private Akzeptanzstellen könnten Ausweisdaten per QR-Code oder Schnittstelle prüfen und so Medienbrüche vermeiden.

Parallelen und Differenzen zur elektronischen Patientenakte

Als Referenzrahmen drängt sich die Debatte um die elektronische Patientenakte (ePA) auf. Auch dort stehen Effizienzgewinne und digitale Verfügbarkeit gegen verbreitete Vorbehalte in Sachen Datenschutz, Zugriffssteuerung und Einwilligungsmodelle.

Während die ePA höchstsensible Gesundheitsdaten bündelt, enthält der Rentenausweis deutlich weniger intime Informationen.

Gleichwohl ähneln sich die Fragen: Wer entscheidet über die Teilnahme, wie transparent sind Datenflüsse, wie einfach ist der Widerspruch und wie robust ist die Lösung im Alltag? Erfahrungen aus der ePA zeigen, dass Digitalisierung ohne überzeugende Governance, Kommunikation und Wahlfreiheit Vertrauen verspielt.

Menschen ohne Internet oder Smartphone

Deutschland ist digitaler geworden, aber längst nicht flächendeckend. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gibt es weiterhin Millionen „Offliner“, also Menschen, die das Internet nicht nutzen – sei es aus fehlendem Zugang, mangelnder Übung oder bewusster Ablehnung.

Besonders betroffen ist die Altersgruppe zwischen 65 und 74 Jahren. Rechnet man konservativ mit einem zweistelligen Prozentanteil an den Offlinern, betrifft dies eine sechsstellige Zahl älterer Menschen.

Für diese Gruppe würde ein rein digitaler Rentenausweis in der Praxis einer Entwertung des Anspruchs gleichkommen: Wer kein Smartphone besitzt, keine Wallet bedienen kann oder keinen Internetzugang hat, könnte den Rentenstatus nicht mehr ohne Hürden nachweisen.

Alltagstauglichkeit: Was im echten Leben zählt

Digital funktionierende Fachverfahren nützen wenig, wenn sie an realen Situationen scheitern. Was geschieht, wenn der Akku leer ist, das Gerät gestohlen wird oder im Funkloch gerade kein Abruf möglich ist?

Wie werden Menschen mit motorischen oder visuellen Einschränkungen unterstützt, die an kleinen Displays scheitern? Wie verhalten sich Kontrolleure oder Schalterkräfte, wenn eine App nicht lädt oder eine Schnittstelle vorübergehend ausfällt?

Ein klassischer Ausweis ist robust gegen solche Störungen. Eine digitale Lösung muss deshalb nicht nur sicher, sondern auch redundant und fehlertolerant konzipiert sein, damit sie im Zweifel nicht zum Risiko für die Betroffenen wird.

Datenschutz, Sicherheit und Identitätsprüfung

Die sensibelste Stellschraube ist die sichere Verknüpfung von Identität und Ausweis. Je komfortabler der Zugang, desto höher tendenziell das Missbrauchsrisiko; je strenger die Absicherung, desto größer die Hürden in der Anwendung.

Notwendig sind klare Leitlinien: Datenminimierung, Ende-zu-Ende-Sicherheit, manipulationssichere Nachweise, nachvollziehbare Protokollierung und transparente Löschkonzepte.

Geklärt werden muss, welche Stellen den Ausweis auslesen dürfen, ob dabei Metadaten anfallen, wie lange sie gespeichert werden und wie Betroffene die Kontrolle behalten. Hinzu kommt die Pflicht zur Barrierefreiheit – von Kontrasten und Schriftgrößen in der App bis zur Unterstützung von Screenreadern und Vorlesefunktionen.

Opt-out, Opt-in und die Frage der Wahlfreiheit

Besonders konfliktträchtig ist die Frage, ob die digitale Lösung verpflichtend wird oder als Option neben dem analogen Ausweis steht. Modelle, in denen alle zunächst einbezogen und erst durch Widerspruch ausgenommen werden, gelten als effizient, erzeugen aber häufig Widerstand. Für einen Ausweis, der alltägliche Teilhabe ermöglicht, ist Zwang politisch riskant und sozial problematisch.

Eine breite Akzeptanz entsteht eher, wenn Bürgerinnen und Bürger wählen können, ob sie den digitalen Weg gehen, den analogen Ausweis behalten oder beides parallel nutzen wollen. Transparente Einwilligungen, einfache Wechselmöglichkeiten und kulante Übergangsfristen sind hierfür zentrale Voraussetzungen.

Umsetzung, die Vertrauen schafft

Vertrauen entsteht nicht allein durch Technik, sondern durch Haltung und Design. Eine gelungene Umsetzung würde mehrere Ebenen zusammenbringen: eine rechtssichere Grundlage mit klaren Zuständigkeiten, eine barrierearme App, die auch ohne ständige Onlineverbindung einen gültigen, lokal gespeicherten Nachweis vorzeigen kann, ein Ersatzverfahren für den Verlustfall, das niedrigschwellige Neuausstellungen garantiert, sowie analoge Alternativen ohne Nachteil.

Ebenso wichtig sind Informationskampagnen, Schulungsangebote und persönliche Ansprechpartner, damit auch weniger digitale Menschen sicher in der Anwendung werden.

Ein realistischer Stufenplan mit ausgedehnten Testphasen und unabhängigen Evaluationen hilft, Kinderkrankheiten früh zu erkennen und öffentlich nachzujustieren.

Warum ein paralleler analoger Ausweis sinnvoll bleibt

Die vollständige Ablösung des physischen Rentenausweises wäre nur dann vertretbar, wenn die digitale Variante unter allen Umständen gleichwertig oder überlegen wäre. Davon kann derzeit nicht ausgegangen werden.

Ein paralleler analoger Ausweis bedeutet keine Abkehr von der Digitalisierung, sondern eine Brücke, die Teilhabe garantiert, bis Technik, Akzeptanz und Infrastruktur reif genug sind. Er schützt vor Ausgrenzung, vermeidet Eskalationen an der Alltagsschnittstelle und sichert das Grundprinzip, dass staatliche Nachweise ohne Spezialtechnik vorzeigbar bleiben.

Modernisieren – ohne Menschen zu verlieren

Der digitale Rentenausweis ist eine nachvollziehbare Reaktion auf den Reformdruck in der Verwaltung.

Er verspricht schnellere Abläufe, geringere Kosten und komfortablere Nutzung. Doch Digitalisierung wird nur dann zum Fortschritt, wenn sie niemanden zurücklässt.

Eine verpflichtende Umstellung ohne tragfähige Alternativen würde ausgerechnet jene treffen, die auf einen einfachen Zugang zu staatlichen Leistungen angewiesen sind.

Nötig ist ein Ansatz, der Wahlfreiheit garantiert, robuste Technik mit klaren Datenschutzstandards verbindet und mit Geduld, Service und Barrierefreiheit Vertrauen aufbaut. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt sind, kann der digitale Rentenausweis halten, was sein Name verspricht: ein moderner, sicherer und für alle gangbarer Nachweis in einem alternden Land.

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Bürgergeld-Urteil: Unterkunftskosten der Stadt Salzgitter rechtens – trotz vieler Zweifel

10. September 2025 - 13:46
Lesedauer 2 Minuten

Hat eine Kommune die angemessenen Unterkunftskosten für Bürgergeldbeziehende bestimmt, müssen Betroffene bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit dies schon genauer begründen. Es reicht nicht aus, dass die unterschiedliche Verkehrsanbindung einzelner Stadtteile behauptet wird und damit kein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten vorliegt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Mittwoch, 10. September 2025, bekanntgegebenen Beschluss zum Konzept der Stadt Salzgitter (Az.: L 11 AS 472/24 B ER).

Dass eine Bürgergeldbezieherin bei einem Umzug nicht mehr die notwendige Angehörigenpflege erbringen kann, sei zumutbar, so die Celler Richter.

Was wurde verhandelt?

Im Streitfall ging es um eine langjährige Grundsicherungsempfängerin, die zusammen mit ihrer neunjährigen Tochter in einer 72 Quadratmeter großen Wohnung in Salzgitter lebt.

Das Jobcenter hielt die Brutto-Kaltmiete in Höhe von 586 Euro für zu hoch und forderte die Frau zur Kostensenkung auf. Nach dem Konzept der Stadt sei eine Brutto-Kaltmiete von 442 Euro angemessen. Als die Bürgergeldbezieherin der Kostensenkung nicht nachkam, wurden ihre Hilfeleistungen gekürzt.

LSG Celle: Jobcenter durfte zur Mietsenkung auffordern

Im gerichtlichen Eilverfahren wollte sie die Jobcenter-Entscheidung kippen lassen. Das Konzept der Stadt Salzgitter zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten sei nicht schlüssig und dürfe daher nicht angewendet werden. Bei der Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten dürfe die Stadt nur Wohnungen miteinander vergleichen, die in einem einheitlichen Vergleichsraum liegen. Nur dann könne ein Umzug zumutbar sein.

Dem sei die Stadt Salzgitter nicht nachgekommen. Sie habe das gesamte Stadtgebiet als einheitlichen Vergleichsraum angesehen, obwohl die einzelnen Gebiete verkehrstechnisch unterschiedlich angebunden sind. Zudem sei ihr ein Umzug nicht zuzumuten, da sie in der Nähe lebende Familienangehörige pflege, so die Bürgergeldbezieherin.

Das LSG hat in seinem Beschluss vom 26. August 2025 das Vorgehen des Jobcenters jedoch überwiegend bestätigt. Das pauschale Behaupten einer unzureichenden erforderlichen Verkehrsanbindung reiche nicht, um von einem fehlerhaften Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. So gebe es im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters 25 Buslinien und mehrere Bahnlinien. Jeder zweite Einwohner verfüge über einen Pkw. Die Verkehrsanbindung sei damit ausreichend.

Angehörigenpflege muss nicht in der Nachbarschaft erfolgen

Auch die Angehörigenpflege müsse nicht aus der unmittelbaren Nachbarschaft erbracht werden. Ein Umzug der Frau sei ihr deshalb zumutbar.

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Bürgergeld: Jobcenter zahlt einfach den Mehrbedarf nicht

10. September 2025 - 13:30
Lesedauer 5 Minuten

Ein Video auf Youtube bei “Jobcenteracademy” schildert ein Problem, das viele Bürgergeld-Beziehende kennen: Der Mehrbedarf für Menschen mit Behinderungen wurde beantragt, doch das Jobcenter reagiert seit Monaten nicht.

Nach eigener Darstellung liegen die Voraussetzungen vor, weil während einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben eine behinderungsbedingte Mehrbelastung entsteht.

Muss man diesen Mehrbedarf überhaupt gesondert beantragen? Und was tun, wenn der Träger untätig bleibt? Das wollen wir einmal beantworten!

Die Rechtslage: 35 Prozent Mehrbedarf bei Teilhabeleistungen

Der Gesetzestext ist eindeutig: Erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX (mit bestimmten Ausnahmen) oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 112 SGB IX, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

Dieser Mehrbedarf kann auch nach Ende der Maßnahme für eine angemessene Übergangszeit, insbesondere während einer Einarbeitungszeit, weitergezahlt werden.

Wichtig ist dabei eine Präzisierung: Das Gesetz fordert keine „Vollzeitmaßnahme“. Entscheidend ist, dass tatsächlich Leistungen zur Teilhabe oder entsprechende Hilfen erbracht werden; die pauschale Voraussetzung „Vollzeit“ findet sich im Gesetz nicht.

Kein gesonderter Extra-Antrag für den Mehrbedarf

Die Bundesagentur für Arbeit stellt in ihren Fachlichen Weisungen klar: Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst die passiven Leistungen des SGB II – dazu gehören die Mehrbedarfe. Leistungen für Mehrbedarfe müssen nicht gesondert beantragt werden, auch wenn die Voraussetzungen erst während des laufenden Leistungsbezugs entstehen.

Mehrbedarfe sind taggenau zu berücksichtigen. Praktisch bedeutet das: Stellt sich während des Bezugs heraus, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 SGB II erfüllt sind, muss das Jobcenter von sich aus anpassen.

Parallel gilt jedoch: Der Auslöser für den Mehrbedarf ist die tatsächliche

Erbringung einer Reha-/Teilhabeleistung. Dazu heißt es ausdrücklich, dass die Leistungen tatsächlich durchgeführt werden müssen; eine bloße allgemeine Eignung oder nur eine Bewilligung ohne Durchführung genügt nicht. Als Nachweis reicht üblicherweise ein aktueller Bewilligungsbescheid des zuständigen Rehabilitationsträgers (oder die interne Dokumentation, wenn die BA selbst rehabilitationsrechtlich zuständig ist).

Wer ist der „zuständige Träger“ – und warum taucht er in den Weisungen auf?

Die Verwirrung aus dem Video rührt daher, dass die Weisungen zwischen zwei Ebenen unterscheiden: Den Mehrbedarf zahlt das Jobcenter im Rahmen des SGB II. Die Leistungen zur Teilhabe selbst werden aber von einem Rehabilitationsträger nach SGB IX erbracht (z. B. Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit in ihrer Reha-Zuständigkeit, gesetzliche Unfallversicherung, Kranken- oder Sozialhilfeträger).

Ob und welche LTA bewilligt werden, richtet sich nach SGB IX; der Bewilligungsbescheid dieses Trägers ist dann der Anknüpfungspunkt, der den 35-Prozent-Mehrbedarf im SGB-II auslöst.

Deshalb verweisen die Weisungen auf eine „gegebenenfalls erforderliche Antragstellung beim zuständigen Träger“ – gemeint ist der Antrag auf Teilhabeleistungen, nicht ein Extra-Antrag auf Mehrbedarf beim Jobcenter.

Welche Nachweise typischerweise ziehen

In der Praxis verlangen Jobcenter einen Bewilligungsbescheid des Reha-Trägers (DRV, BA-Reha, Unfallversicherung, Eingliederungshilfe) oder eine gleichwertige interne Dokumentation, wenn die BA selbst Rehaträger ist.

Hinzu kommt häufig eine Teilnahme- oder Maßnahmebestätigung des Trägers bzw. Bildungsträgers, aus der Beginn, Art und Umfang der Leistung hervorgehen. Weil die Weisungen die tatsächliche Durchführung verlangen, sind bloße Planungen ohne realen Maßnahmenbeginn nicht ausreichend.

Wenn das Jobcenter schweigt: Schriftliches mit Nachweis

Nicht jeder fehlende Bescheid ist böser Wille. Unterlagen gehen verloren, Zuordnungen misslingen. Deshalb empfiehlt sich eine gerichtsfeste Kontaktaufnahme mit der Leistungsabteilung: per persönlicher Abgabe gegen Eingangsbestätigung, per Upload über jobcenter.digital mit Sendebestätigung im elektronischen Postfach, per Einschreiben oder vorab per Fax mit qualifiziertem Sendebericht (als Indiz).

Der Online-Weg über jobcenter.digital hat den Vorteil, dass der Nachweis über übermittelte Nachrichten und Unterlagen im Benutzerkonto gespeichert wird.

Recht auf Entscheidung: Untätigkeit beenden

Bleibt ein Antrag liegen, sieht das Sozialgerichtsgesetz nach sechs Monaten die Untätigkeitsklage vor; bei ausstehendem Widerspruchsbescheid beträgt die Frist drei Monate.

Parallel kann – bei existenzsichernden Ansprüchen – in dringenden Fällen eine einstweilige Anordnung beantragt werden, wenn Anordnungsanspruch (rechtlicher Anspruch, hier: § 21 Abs. 4 SGB II) und Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) glaubhaft gemacht werden.

In der Praxis ist es sinnvoll, das Jobcenter vorher schriftlich an die Entscheidung zu erinnern und eine kurze Frist zu setzen; die Eilbedürftigkeit steigt mit jeder Verzögerung, insbesondere wenn laufende Bedarfe nicht gedeckt sind.

Widerspruch, Eilverfahren oder Fachaufsicht – was passt wann?

Liegt kein Bescheid vor, kann man zunächst keine inhaltliche Entscheidung angreifen – dann geht es um Untätigkeit oder Eilrechtsschutz. Ergeht schließlich ein (ablehnender) Bescheid, ist der Widerspruch der nächste Schritt. In organisatorisch verfahrenen Fällen hilft oft eine Fachaufsichtsbeschwerde bei der zuständigen Regionaldirektion oder ein gut dokumentierter Sachstandsbrief an die Leistungsabteilung.

In akut prekären Situationen ist der Gang zum Sozialgericht im Eilverfahren vielfach der schnellste Weg zu einer vorläufigen Regelung.

Die Gerichte verlangen in der Regel, dass man sich zuvor an die Verwaltung gewandt und eine angemessene Bearbeitungszeit abgewartet hat; bei existenzieller Not kann Eilrechtsschutz dennoch früher geboten sein.

Rückwirkende Zahlungen sichern: Überprüfungsantrag

Wird der Mehrbedarf verspätet berücksichtigt oder zu Unrecht abgelehnt, kommt für bereits bestandskräftige Zeiträume der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X in Betracht. Im SGB-II ist die Nachzahlung – abweichend von der allgemeinen Vierjahresfrist – regelmäßig auf ein Jahr vor Antragstellung begrenzt (§ 40 SGB II i. V. m. § 44 SGB X).

Es lohnt daher, frühzeitig zu handeln und die Zeiträume sauber zu beziffern. Für laufende Bewilligungsabschnitte kann das Jobcenter die Leistungen ohne Überprüfungsantrag korrigieren; maßgeblich ist, ab wann die Voraussetzungen nachweislich vorlagen, zumal Mehrbedarfe taggenau zu berücksichtigen sind.

Praktisches Vorgehen in der Sache „Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4“

Zunächst sollte die Sachlage geschlossen dokumentiert werden: Bewilligungsbescheid des Rehaträgers, Teilnahmebestätigung, Beginn- und Verlaufsdaten der Maßnahme, Nachweis der bereits erfolgten Übermittlung an das Jobcenter. Anschließend empfiehlt sich eine kurze, bestimmte Sachstandsanfrage an die Leistungsabteilung – nicht an den allgemeinen Telefondienst – mit Fristsetzung von etwa 7 bis 14 Tagen und Hinweis auf die Rechtslage (kein gesonderter Antrag nötig; taggenaue Berücksichtigung; 35 Prozent nach § 21 Abs. 4; Fachliche Weisungen).

Erfolgt weiterhin keine Reaktion, stehen Eilrechtsschutz und/oder Untätigkeitsklage zur Verfügung. In strittigen Konstellationen ist eine anwaltliche Beratung über Beratungshilfe sinnvoll; sie erleichtert die Glaubhaftmachung gegenüber dem Sozialgericht und bündelt die Unterlagen.

Häufige Missverständnisse – kurz geklärt

Der Mehrbedarf hängt nicht von einer „Vollzeitmaßnahme“ ab, sondern von der tatsächlichen Durchführung rehabilitationsrechtlicher Leistungen. Der Mehrbedarf ist kein Ermessensbonus, sondern ein gebundener Anspruch, sobald die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.

Und: Auch wenn der Mehrbedarf grundsätzlich ohne Extra-Antrag zu berücksichtigen ist, schadet ein ausdrücklich gestellter Antrag natürlich nicht – er schafft Klarheit und Fristen, an denen sich Untätigkeits- und Eilrechtsschutz ausrichten lassen.

Nachweis- und Kommunikationswege, die tragen

Für die Kommunikation gilt: jobcenter.digital samt Postfach- und Upload-Funktion liefert eine elektronische Sendebestätigung im Konto und ist damit ein sehr belastbarer Nachweis. Persönliche Abgabe gegen Eingangsbestätigung ist ebenfalls robust. Fax-Sendeprotokolle sind in der Sozialgerichtsbarkeit ein Indiz, ersetzen aber nicht in jedem Fall den sicheren Zugangsnachweis. Elektronische Kommunikation ist zudem gesetzlich vorgesehen, wenn die Behörde den Zugang eröffnet (§ 36a SGB I).

Ergebnis

Wer Leistungen zur Teilhabe oder Eingliederungshilfe tatsächlich erhält, hat regelmäßig Anspruch auf den Mehrbedarf von 35 Prozent nach § 21 Abs. 4 SGB II – ohne dass dafür ein separater Antrag gestellt werden müsste. Kommt das Jobcenter seiner Pflicht nicht nach, helfen eine nachweisbare Sachstandsanfrage mit Frist, die Einschaltung der Fachaufsicht, notfalls der Eilrechtsschutz und, bei langem Stillstand, die Untätigkeitsklage.

Für bereits vergangene, bestandskräftige Zeiträume sichert ein Überprüfungsantrag mögliche Nachzahlungen, allerdings im SGB-II mit einer Ein-Jahres-Grenze. Wer seine Kommunikation sauber dokumentiert und die einschlägigen Nachweise früh beifügt, verkürzt das Verfahren und erhöht die Chancen auf eine zügige Anerkennung.

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