«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
GEGEN HARTZ IV: ALG II Ratgeber und Hartz 4 Tipp
EuGH: Arbeitgeber muss Arbeitnehmer bei behinderten Kindern unterstützen
Arbeitgeber müssen nach Möglichkeit Arbeitsbedingungen so anpassen, damit Arbeitnehmer ihr behindertes und pflegebedürftiges Kind betreuen können. Verweigern sich dem Arbeitgeber generell, kann eine unzulässige mittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung vorliegen, urteilte am Donnerstag, 11. September 2025, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-38/24).
Allerdings dürfe der Arbeitgeber wegen der gewünschten Anpassung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen nicht unverhältnismäßig belastet werden.
Klägerin hat schwerbehindertes KindDie Klägerin arbeitet in Italien als Stationsaufsicht in einem Bahnhof. Da sie einen schwerbehinderten, vollinvaliden Sohn hat, bat sie ihren Arbeitgeber mehrmals, sie nur zu festen Arbeitszeiten einzusetzen. Dann könne sie ihren Sohn besser betreuen und pflegen. Der Arbeitgeber gewährte der Frau nur vorläufig feste Arbeitszeiten. Auf Dauer sei dies nicht möglich.
Die Arbeitnehmerin klagte und machte geltend, dass in der Weigerung des Arbeitgebers eine verbotene mittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung zu sehen ist.
Der italienische Kassationsgerichtshof legte das Verfahren dem EuGH vor.
Der EuGH stellte nun klar, dass das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen einer Behinderung nach der Rahmenrichtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf „auch für einen Arbeitnehmer gilt, der wegen Unterstützung seines behinderten Kindes diskriminiert wird“.
Arbeitgeber muss „angemessene Vorkehrungen“ treffenDanach müsse ein Arbeitgeber „angemessene Vorkehrungen“ treffen, damit ein Arbeitnehmer seinem behinderten Kind die erforderliche Unterstützung geben kann. Wie dies konkret aussehe, hänge vom Einzelfall ab. Allerdings dürfe der Arbeitgeber mit den gewünschten angepassten Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen nicht unverhältnismäßig belastet werden. Im Streitfall muss dies nun das zuständige italienische Gericht noch einmal überprüfen.
In Deutschland haben Arbeitnehmer pflegebedürftiger Kinder im Rahmen der sogenannten Familienpflegezeit die Möglichkeit, sich für bis zu 24 Monate von der Arbeit mit einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden teilweise freistellen zu lassen. Die damit einhergehenden Einkommensverluste können beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mit einem zinslosen Darlehen ausgeglichen werden.
Behinderung während der Probezeit: Arbeitgeber muss passenden Arbeitsplatz bietenAm 10. Februar 2022 hatte der EuGH zudem geurteilt, dass Arbeitnehmer, bei denen während der Probezeit eine Behinderung auftritt, der Arbeitgeber auch darauf Rücksicht nehmen muss (Az.: C-485/20;). So kann danach ein Arbeitnehmer Anspruch auf Versetzung zu einem ihm passenden Arbeitsplatz haben. Nur wenn die Versetzung den Arbeitgeber unverhältnismäßig belastet oder ein leidensgerechter Arbeitsplatz gar nicht vorhanden ist, dürfe er den Mitarbeitenden infolge seiner Behinderung kündigen.
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Pflegegrad 1: Diese Leistungen können beantragt werden 2025
Wer den Pflegegrad 1 zugesprochen bekommt, steht oft vor der Frage, welche Leistungen im Detail zustehen und wie sie beantragt und sinnvoll genutzt werden. Der Pflegegrad 1 bescheinigt eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit – juristisch relevant ist also nicht mehr der frühere „Minuten-Pflegeaufwand“, sondern der Grad an Selbstständigkeit im Alltag.
Festgelegt wird die Einstufung in einem Gutachten des Medizinischen Dienstes: Zwischen 12,5 und unter 27 Punkten führt die Bewertung zum Pflegegrad 1; unter 12,5 Punkten besteht kein Anspruch, ab 27 Punkten beginnt Pflegegrad 2. Diese Punktgrenzen sind bundesweit verbindlich.
Tabelle: Diese Pflegeleistungen stehen beim Pflegegrad 1 in 2025 zuNachfolgende Tabelle zeigt, welche Leistungen beim Pflegegrad 1 beantragt bzw. in Anspruch genommen werden können.
Leistung (Pflegegrad 1) Wofür nutzbar / Beispiele Entlastungsbetrag (zweckgebunden) Anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag; Leistungen zugelassener ambulanter Pflege- und Betreuungsdienste; Tages-/Nacht-/Kurzzeitpflege; stundenweise Betreuung zu Hause; Hilfe im Haushalt/Einkaufen; auch Unterstützung bei der Selbstversorgung (z. B. Waschen, An-/Ausziehen, Essen). Pflegehilfsmittel zum Verbrauch Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen u. ä. zur Pflege zu Hause. Technische Pflegehilfsmittel Pflegebett, Duschhocker, Rollator, Lagerungshilfen; inkl. Hausnotruf (Grundausstattung/Betrieb durch zugelassenen Anbieter). Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen Barrierearme Umbauten wie bodengleiche Dusche, Türverbreiterung, Haltegriffe, Treppenlift. Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) + ergänzende Unterstützungsleistungen Apps/Software zur Strukturierung des Pflegealltags, Kommunikation und Sturzprävention; Einweisung/Schulung zur Nutzung durch Dienstleister. Wohngruppenzuschlag (ambulant betreute Pflege-WG) Monatlicher Zuschlag beim Leben in einer anerkannten ambulant betreuten Pflege-Wohngruppe. Anschubfinanzierung für Pflege-Wohngruppen Einmaliger Zuschuss für Gründung/Umgestaltung und gemeinschaftliche Ausstattung einer Pflege-WG. Pflegeberatung nach § 7a SGB XI Individuelle, kostenlose Beratung durch Pflegekasse/Pflegestützpunkt zu Leistungen, Anträgen, Hilfsmitteln und regionalen Angeboten. Freiwilliger Beratungseinsatz zu Hause Hausbesuch einer Pflegefachkraft zur Einschätzung der Situation, praktischen Tipps, Hilfsmittel- und Leistungsberatung. Pflegekurse für pflegende Angehörige Kostenlose Schulungen (z. B. Körperpflege, Lagerung, Ernährung, Demenz, Selbstfürsorge, Beantragung/Abrechnung). Zuschuss zur vollstationären Pflege Monatlicher Zuschuss bei Heimunterbringung (in PG 1 meist nur ergänzend sinnvoll). Vom Stufensystem zu Pflegegraden – und was das bedeutetBis 2017 galt das System der Pflegestufen, daneben existierte die inoffizielle „Pflegestufe 0“ für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz. Mit der Reform wurden Pflegestufen in Pflegegrade überführt; seither erfasst das Verfahren körperliche, kognitive und psychische Einschränkungen gleichermaßen.
Die ehemalige Pflegestufe 0 wurde in Pflegegrad 2 übergeleitet – Pflegegrad 1 ist damit keine „alte Stufe 1 in neuem Gewand“, sondern eine eigene, mildere Einstufung im heutigen System.
Widerspruch: Wenn die Einstufung nicht passtWer den Bescheid der Pflegekasse für falsch hält, kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich Widerspruch einlegen. Eine ausführliche Begründung lässt sich nachreichen, wenn dies fristwahrend angekündigt wird. Diese Frist gilt sowohl bei gesetzlich als auch privat Pflegeversicherten.
Der Entlastungsbetrag 2025: 131 Euro pro Monat – und in Pflegegrad 1 mit besonderem Spielraum
Kernleistung im Pflegegrad 1 ist der Entlastungsbetrag, der zum 1. Januar 2025 auf 131 Euro monatlich erhöht wurde. Er ist zweckgebunden und wird nicht ausgezahlt, sondern gegen Rechnung für anerkannte Leistungen erstattet.
Er kann für Angebote der Tages- oder Nachtpflege, Kurzzeitpflege, anerkannte Unterstützungsangebote im Alltag sowie für zugelassene ambulante Pflege- und Betreuungsdienste eingesetzt werden.
Ein wichtiges Plus im Pflegegrad 1: Der Entlastungsbetrag darf hier auch für Leistungen im Bereich der körperbezogenen Selbstversorgung genutzt werden – also etwa Hilfe beim Waschen, An- und Auskleiden oder Essen –, was in den höheren Pflegegraden über die Sachleistungen abgedeckt wird.
Anerkennung, Abrechnung und Fristen: So vermeidet man, dass Geld verfälltWelche Unterstützungsangebote im Alltag anerkannt sind, regeln die Länder. Wer den Entlastungsbetrag einsetzen möchte, sollte daher vorab klären, ob der gewünschte Dienst landesrechtlich anerkannt ist oder wie eine Anerkennung erreichbar wäre – erste Anlaufstellen sind Pflegekasse und Pflegestützpunkt.
Nicht genutzte Monatsbeträge lassen sich ansparen und rückwirkend abrechnen, verfallen aber spätestens am 30. Juni des Folgejahres. Wer also 2024-Mittel noch nicht ausgeschöpft hat, konnte sie bis zum 30. Juni 2025 verwenden.
Stationär im Pflegeheim: Warum der Zuschuss in Pflegegrad 1 meist nur symbolisch wirktWird vollstationäre Pflege gewählt, zahlt die Pflegekasse in Pflegegrad 1 einen Zuschuss von 131 Euro monatlich. Angesichts der üblichen Heimkosten ist das ein geringer Beitrag; für viele Betroffene ist stationäre Versorgung mit Pflegegrad 1 daher wirtschaftlich nicht realistisch – das bleibt in der Regel ein Thema ab Pflegegrad 2.
Zuschüsse, die den Alltag greifbar erleichternZum Leistungspaket in Pflegegrad 1 gehören mehrere Zuschüsse außerhalb des Entlastungsbetrags. Besonders relevant sind wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – etwa eine bodengleiche Dusche, breite Türen oder ein Treppenlift.
Seit 2025 beträgt der Zuschuss bis zu 4.180 Euro pro Maßnahme und Person; leben mehrere Anspruchsberechtigte zusammen, kann er sich bis auf 16.720 Euro summieren.
Ebenfalls wichtig sind Pflegehilfsmittel. Für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (z. B. Handschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen) werden bis zu 42 Euro monatlich erstattet. Technische Pflegehilfsmittel – vom Pflegebett bis zum Duschhocker – werden grundsätzlich übernommen; es fällt jedoch regelmäßig eine Zuzahlung von 10 Prozent, maximal 25 Euro pro Hilfsmittel an.
Hausnotrufsysteme gelten als technisches Pflegehilfsmittel; die Pflegeversicherung bezuschusst die laufenden Kosten typischerweise mit 25,50 Euro pro Monat, sofern die Voraussetzungen vorliegen und der Anbieter zugelassen ist.
Digital unterstützt pflegen: DiPA und ergänzende HilfenNeu im Leistungskatalog sind Digitale Pflegeanwendungen (DiPA). Sie sollen die Selbstständigkeit fördern, den Pflegealltag strukturieren und Angehörige entlasten. 2025 liegt der erstattungsfähige Monatsbetrag bei bis zu 53 Euro, einschließlich ergänzender Unterstützungsleistungen (eUL), mit denen z. B. die Einweisung durch einen ambulanten Dienst finanziert werden kann.
Wichtig ist allerdings der Blick auf den aktuellen Stand des DiPA-Verzeichnisses: Zu Jahresbeginn 2025 waren noch keine DiPA gelistet; ob und welche Anwendungen inzwischen verfügbar sind, zeigt das BfArM bzw. die Pflegekasse.
Leben in der ambulant betreuten Pflege-Wohngruppe: Zuschlag und AnschubfinanzierungWer in einer ambulant betreuten Wohngruppe lebt, kann ab Pflegegrad 1 einen Wohngruppenzuschlag erhalten. Seit 2025 beträgt er 224 Euro pro Monat. Zusätzlich gibt es einmalig eine Anschubfinanzierung zur barrierearmen Umgestaltung der gemeinsamen Wohnung.
Der dynamisierte Betrag liegt 2025 bei 2.613 Euro pro Person, insgesamt maximal 10.452 Euro pro Wohngruppe; die Mittel sind gedeckelt und sollten frühzeitig beantragt werden.
Beratung, die sich auszahlt: Pflegeberatung und freiwillige HausbesucheMit anerkanntem Pflegegrad besteht ein Rechtsanspruch auf individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI – entweder bei der Pflegekasse oder im Pflegestützpunkt. Für Pflegegrad 1 sind zudem Beratungseinsätze zu Hause freiwillig möglich; in höheren Graden werden sie bei Pflegegeldbezug verpflichtend.
Die Hausbesuche bringen Praxisnutzen: Sie klären, welche Leistungen sich mit dem Entlastungsbetrag sinnvoll kombinieren lassen, welche Hilfsmittel im Alltag wirklich helfen, wie Formulare korrekt ausgefüllt werden – und wo lokale Angebote die Angehörigen spürbar entlasten.
Praktische Orientierung: So nutzen Sie Pflegegrad 1 strategischFür viele Betroffene beginnt mit Pflegegrad 1 eine Phase, in der gezielte, kleinteilige Unterstützung den Ausschlag gibt: ein paar Stunden Hilfe im Haushalt, Begleitung beim Einkauf, stundenweise Betreuung, punktuelle Pflegedienst-Einsätze zur Körperpflege – alles finanziert aus dem Entlastungsbetrag.
Parallel schaffen Hilfsmittel und Umbauten Sicherheit und Autonomie. Wer die Fristen kennt, Anerkennungen prüft und Beratung nutzt, verhindert Leistungslücken und sorgt dafür, dass kein Euro Ihres Budgets ungenutzt verfällt.
Weiterführende HinweiseDie Rechtslage und Beträge sind Stand 2025 dargestellt; Anpassungen durch Dynamisierung sind möglich. Für konkrete Einzelfragen lohnt der Blick in die Informationsangebote von Bundesgesundheitsministerium, Pflegekassen und Pflegestützpunkten – sie nennen auch anerkannte Anbieter in Ihrer Region und helfen bei Anträgen, Widersprüchen und der Abrechnung
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Pflegegeld auch ohne Pflegeperson möglich – So hoch ist es je nach Pflegegrad seit 2025
Die Zahl der Menschen, die im eigenen Zuhause gepflegt werden, steigt seit Jahren. Gleichzeitig schrumpft das familiäre Unterstützungsnetz: Immer mehr Pflegebedürftige leben allein oder ihre Angehörigen wohnen weit entfernt. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage, ob und unter welchen Bedingungen man Pflegegeld auch dann beziehen kann, wenn keine offizielle Pflegeperson benannt wird, an Bedeutung.
Die Reformschritte der vergangenen Jahre – zuletzt das Pflegeunterstützungs‑ und ‑entlastungsgesetz (PUEG) – haben den Anspruch auf Pflegegeld zwar gestärkt, aber nicht grundsätzlich an eine namentlich gemeldete Betreuungskraft geknüpft.
Gesetzliche Grundlage: § 37 SGB XI und seine AuslegungDer Anspruch auf Pflegegeld ist in § 37 Sozialgesetzbuch XI geregelt. Dort heißt es, dass Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 anstelle häuslicher Pflegesachleistungen ein monatliches Pflegegeld erhalten können, sofern sie „die erforderlichen pflegerischen Maßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellen“.
Eine ausdrückliche Pflicht, der Pflegekasse eine bestimmte Pflegeperson zu melden, enthält das Gesetz nicht. Entscheidend bleibt allein, dass die Versorgung lückenlos organisiert ist.
Praxis 2025: Pflegegeld auch ohne eingetragene PflegepersonDas Pflegegeld kann „auch ohne, dass eine Pflegeperson bei der Pflegekasse eingetragen ist, bezogen werden“.
Hintergrund ist, dass das Geld primär der Sicherstellung der Pflege dient und erst zweitrangig der finanziellen Anerkennung konkreter Helferinnen oder Helfer.
In der Praxis nutzen alleinlebende Seniorinnen das Pflegegeld etwa für eine nachbarschaftliche Alltagshilfe oder einen privat bezahlten Reinigungsdienst, ohne diese Personen offiziell als Pflegepersonen zu melden.
Erhöhte Beträge ab 1. Januar 2025 und ihre WirkungMit der zum Jahresbeginn 2025 wirksam gewordenen Dynamisierung um 4,5 Prozent steigen alle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung – auch das Pflegegeld. So klettert der monatliche Satz beispielsweise für Pflegegrad 2 von 332 auf 347 Euro, für Pflegegrad 5 von 947 auf 990 Euro.
Die Erhöhung schafft zusätzlichen Spielraum, häusliche Hilfen einzukaufen oder Angehörige zumindest anteilig zu entschädigen.
Im Jahr 2025 gilt weiterhin: Anspruch auf Pflegegeld besteht erst ab Pflegegrad 2. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 erhalten lediglich den Entlastungsbetrag von 131 Euro monatlich, aber kein Pflegegeld.
Die folgenden Beträge gelten deshalb unabhängig davon, ob eine feste Pflegeperson benannt ist – entscheidend ist allein, dass die häusliche Versorgung gesichert wird.
Pflegegrad Pflegegeld 2025 (monatlich) 2 347 € 3 599 € 4 800 € 5 990 €Die Beträge zeigen die gesetzliche Erhöhung um 4,5 Prozent wider, die zum 1. Januar 2025 in Kraft trat.
Pflicht‑Beratungsbesuche als KontrollmechanismusWer Pflegegeld bezieht, muss sich weiter an die turnusmäßigen Beratungsbesuche nach § 37 Abs. 3 SGB XI halten: halbjährlich bei Pflegegrad 2 und 3, vierteljährlich bei Pflegegrad 4 und 5.
Diese Besuche dienen ausdrücklich der Qualitätskontrolle und der Frage, ob die Pflege ohne registrierte Pflegeperson tatsächlich gewährleistet ist. Erfolgt der Besuch nicht, droht zunächst eine Kürzung, später die Einstellung des Pflegegeldes.
Typische Fallkonstellationen ohne feste PflegepersonDie Allgäuer Zeitung schilderte im Mai 2025 einen Fall, in dem drei Brüder ihre Mutter gemeinsam versorgen, aber niemand als offizielle Pflegeperson genannt werden wollte. Die Pflegekasse erkannte den Anspruch trotzdem an, weil das Trio nachweisen konnte, dass täglich Unterstützung geleistet wird.
Ähnlich verhält es sich, wenn Nachbarinnen, Freundeskreise oder ein Mix aus ambulantem Pflegedienst und ehrenamtlicher Hilfe die Versorgung tragen. Wichtig ist stets, dass der Pflegebedürftige im Beratungsgespräch erläutern kann, wer welche Aufgaben übernimmt.
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– Pflegegeld: Wer mit Rente pflegt bekommt mehr Entlastung ab 1. Juli 2025
Alternativen und Grenzen des ModellsPflegegeld bleibt ausgeschlossen, wenn ausschließlich ein professioneller Pflegedienst tätig ist und dessen Kosten über Sachleistungen abgerechnet werden; in diesem Szenario greift § 36 SGB XI. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 wiederum können kein Pflegegeld beziehen, erhalten aber den Entlastungsbetrag von 131 Euro monatlich, den sie ebenso flexibel einsetzen dürfen.
Wer zwischen Eigen‑ und Fremdpflege pendelt, nutzt die Kombinationsleistung: nicht verbrauchte Anteile der Sachleistung werden anteilig als Pflegegeld ausgezahlt.
Sozial‑ und gesundheitspolitische DebattePflegewissenschaftlerinnen verweisen darauf, dass das Modell ohne namentlich registrierte Pflegeperson die Selbstbestimmung stärkt, gleichzeitig aber Unsicherheiten birgt: Wenn keine Hauptpflegeperson benannt ist, fehlt häufig eine koordinierende Instanz.
Die Bundesregierung lässt daher prüfen, ob die Beratungsbesuche künftig um digitale Fallmanagement‑Instrumente ergänzt werden sollen. Entwürfe eines „Pflegekompetenzgesetzes“, die im Sommer 2025 in die Ressortabstimmung gingen, sehen Pilotprojekte mit elektronischen Pflegetagebüchern vor.
Blick nach vorn: mögliche Reformschritte bis 2028Das PUEG schreibt bereits eine weitere Dynamisierung der Leistungsbeträge zum 1. Januar 2028 vor. Zudem diskutieren Fachverbände die Idee, das Pflegegeld unter bestimmten Bedingungen in ein echtes Lohnersatzmodell umzuwandeln – analog zum Elterngeld –, um berufstätige Angehörige stärker zu entlasten.
Bleibt die Zahl alleinlebender Pflegebedürftiger weiter hoch, dürfte die Frage der Pflege ohne feste Betreuungsperson auch in künftigen Reformrunden eine Schlüsselrolle spielen.
Fazit2025 lässt sich Pflegegeld in Deutschland rechtlich und praktisch auch dann beziehen, wenn keine einzelne Pflegeperson namentlich benannt wird. Entscheidend sind der anerkannte Pflegegrad 2 bis 5, die nachweisbare Sicherstellung der häuslichen Pflege sowie die regelmäßigen Beratungsbesuche. Durch die zum Jahresanfang erhöhten Beträge wird diese Form der Unterstützung attraktiver, zugleich rückt ihre korrekte Verwendung stärker in den Fokus der Aufsicht.
Wer die eigenen Möglichkeiten ausschöpfen möchte, sollte sich unabhängig beraten lassen und im Zweifel ein informelles Pflegenetzwerk dokumentieren. Damit bleibt das Pflegegeld – mit oder ohne offizielle Pflegeperson – ein zentrales Instrument, um selbstbestimmtes Leben im häuslichen Umfeld zu gewährleisten.
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Rente: Leistungskürzungen bei der Krankenversicherung – was 2026 droht
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht finanziell so stark unter Spannung wie seit Jahren nicht. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) machte im Bundestag deutlich, dass sie zur Stabilisierung des Systems Leistungskürzungen nicht grundsätzlich ausschließt – flankiert von dem politischen Ziel, Beitragssprünge möglichst zu verhindern.
Für Versicherte mit wenig Geld, Rentner\:innen in der KVdR und Menschen mit Schwerbehinderung ist das mehr als eine haushaltspolitische Randnotiz: Es geht um Therapien, Hilfsmittel, Reha, Fahrten zum Arzt – und um Zuzahlungen, die schon heute an vielen Stellen drücken.
Was genau auf dem Tisch liegtIn der Regierungsbefragung sprach Warken von „besserer Steuerung“, „Effizienzhebung“ – und gegebenenfalls Leistungskürzungen. Parallel dazu wird ein Reformgremium aufgesetzt, das Vorschläge für Einnahmen- und Ausgabenseite der GKV erarbeiten soll. Eine neue Tarifdebatte entfacht der CDU-Staatssekretär Tino Sorge:
Sein Basistarif-Vorstoß zielt auf eine „gute Grundversorgung“ mit optionalen Zusatzleistungen, während Kritiker warnen, dass Tarifspaltung ohne Strukturreformen kaum echte Einsparungen schafft. Für Betroffene heißt das: Der Fokus rückt nicht nur auf Beiträge, sondern ausdrücklich auch auf den Umfang der Kassenleistungen.
Warum die Finanzen brennenDie nackten Zahlen machen den Druck sichtbar: 166,1 Milliarden Euro gaben die Kassen im ersten Halbjahr 2025 aus – 7,95 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig meldete das Ministerium schrumpfende Reserven; Ende Juni lagen sie nur bei rund 0,16 Monatsausgaben und damit unter der Mindestreserve.
Von einer Finanzlücke über rund vier Milliarden Euro ist die Rede. Solche Größenordnungen lassen sich politisch kurzfristig über Zuschüsse, Vorziehen von Bundesmitteln oder Kredite glätten, lösen aber keine strukturellen Probleme.
Beiträge stabil halten – aber zu welchem Preis?Aus der Regierung ist das Signal zu hören, 2026 keine Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes anzustreben. Das klingt beruhigend, bedeutet aber nicht automatisch Entwarnung für den Geldbeutel: Zusatzbeiträge bleiben kassenindividuell, und selbst bei stabilem Satz kann die Belastung je Kasse steigen oder fallen.
Für Rentner\:innen in der KVdR, deren Beiträge direkt von der Rente einbehalten werden, zählt am Ende, was die eigene Kasse beschließt. Für Besserverdienende in Beschäftigung wiederum wirken steigende Bemessungsgrenzen als stiller Beitragstreiber – unabhängig vom politisch fixierten Satz.
Wer besonders viel zu verlieren hatMenschen mit Schwerbehinderung und chronisch Kranke benötigen überdurchschnittlich oft Hilfsmittel, Heilmitteltherapien, Medikamente und Reha-Leistungen – genau die Bereiche, in denen „Steuerung“ regelmäßig ansetzt: engere Indikationskriterien, seltenere Genehmigungen, mehr Eigenbeteiligung oder längere Prüfprozesse.
Auch Fahrkosten zu Behandlungen, die für Mobilitätseingeschränkte existenziell sind, geraten erfahrungsgemäß in Sparphasen schnell unter Druck. Wer auf Bürgergeld angewiesen ist, spürt jede zusätzliche Zuzahlung sofort – selbst wenn die Beiträge selbst über das Jobcenter laufen.
Was die Reformkommission praktisch bedeuten kannDie Kommission soll ohne Denkverbote arbeiten und sowohl Ausgabenbremsen als auch Einnahmewege prüfen. Dazu gehören typischerweise: Strukturelle Effizienz (z. B. bessere Versorgungssteuerung, Digitalisierung mit Nutzennachweis), Leistungskatalog-Prüfungen (Was gehört zur Regelversorgung?
Wo braucht es richtliniengestützte Schärfungen?) und Finanzierungsfragen (Bundeszuschüsse, Dynamisierungen, mögliche Kredite/Vorzieheffekte). Erste Eckpunkte werden zeitnah erwartet; ob daraus kurzfristig spürbare Entlastungen oder zunächst enger definierte Zugänge erwachsen, ist offen. Sparsignale aus dem Ministerium und die jüngsten Finanzzahlen sprechen aber dafür, dass die Leistungsseite mit auf dem Spiel steht.
Folgen für Rentner\:innen: KVdR, Zusatzbeiträge, RehaRentner\:innen tragen die hälftigen Zusatzbeiträge mit; die Rente ist die Bemessungsgrundlage in der KVdR. Steigt der Zusatzbeitrag der eigenen Kasse, fällt das Netto spürbar niedriger aus – selbst wenn der allgemeine Satz stabil bleibt.
Besonders heikel sind mögliche Leistungseingriffe bei Rehabilitation, Hilfsmitteln und häuslicher Krankenpflege, die für ein selbstbestimmtes Leben im Alter entscheidend sind. Wer heute schon an der Belastungsgrenze für Zuzahlungen kratzt, muss jede Entwicklung im Blick behalten, denn jeder genehmigungsrechtliche Haken kann sich finanziell auswirken.
Folgen für Menschen mit Schwerbehinderung: Hilfsmittel, Mobilität, TherapienFür Schwerbehinderte sind Hilfsmittel-Katalog, Richtlinien und Genehmigungsverfahren das Nadelöhr zur Teilhabe. Wenn Politik „bessere Steuerung“ anmahnt, treffen spätere Anpassungen mit hoher Wahrscheinlichkeit Indikationsgrenzen, Austauschpauschalen und Bewilligungslogik – Punkte, die schon heute häufig Streit mit den Kassen auslösen.
Deshalb sollten Betroffene Verordnungen lückenlos dokumentieren, funktionale Begründungen der Ärztin oder des Arztes beifügen und Widerspruchsfristen konsequent nutzen, falls Leistungen enger ausgelegt werden. Die Erfahrung aus früheren Sparrunden zeigt: Wer sauber begründet und medizinisch-funktional argumentiert, verbessert seine Chancen erheblich.
Folgen für Haushalte mit wenig Geld: Belastungsgrenze und BefreiungWer von Bürgergeld oder sehr niedrigen Renten lebt, kennt das Prinzip der Belastungsgrenze: Zuzahlungen sind auf einen Prozentsatz des Bruttoeinkommens gedeckelt, für chronisch Kranke gilt die ermäßigte Grenze. Dieses Schutzgeländer bleibt zentral, wenn an anderer Stelle geschraubt wird.
Wichtig ist, Belege zu sammeln und frühzeitig die Befreiung für den Rest des Kalenderjahres zu beantragen, sobald die Grenze erreicht ist. So lassen sich unerwartete Rezeptkassen-Belastungen begrenzen – selbst dann, wenn der politische Diskurs auf Leistung und Lenkung zielt.
Was Sie jetzt konkret tun können- Zuzahlungen steuern: Belege sammeln, Belastungsgrenze prüfen, Befreiung rechtzeitig beantragen.
- Hilfsmittel absichern: Ärztliche Verordnung mit funktionaler Begründung beifügen, Kostenvoranschläge und Hilfsmittelverzeichnis nutzen, bei Ablehnung fristgerecht Widerspruch.
Reha und Fahrten planen: Genehmigung vor Maßnahmen einholen; ärztliche Notwendigkeit und Mobilitätslage schriftlich darlegen.
Kassenwechsel prüfen: Zusatzbeitrag, Versorgungsprogramme, Service. Wechsel kann finanzielle und praktische Vorteile bringen. Ausblick: Signalwirkung ohne Panik – aber mit wachem Blick
Der Satz, Leistungskürzungen nicht auszuschließen, ist politisch ein Signal. Er nimmt die Leistungsseite der GKV in den Blick, während gleichzeitig versucht wird, Beitragserhöhungen zu vermeiden. Ob am Ende engere Indikationen, striktere Bewilligungen oder präzisere Kataloge stehen – all das ist noch offen.
Sicher ist nur: Betroffene sollten ihre Ansprüche jetzt proaktiv sichern, Begründungen sauber dokumentieren und die Belastungsmechanik der Zuzahlungen strategisch nutzen. Wer seine Unterlagen ordnet, Fristen kennt und auf Genehmigungen vor Leistungsbeginn achtet, reduziert das Risiko, zwischen Sparvorgaben und Antragsrealität zerrieben zu werden.
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So lange bekommt man Arbeitslosengeld ab dem 60. Lebensjahr
Für Menschen, die mit 60 Jahren arbeitslos werden, stellt sich oft die Frage, wie lange sie Arbeitslosengeld I (ALG I) beziehen können. Dafür gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit klare Regeln.
Arbeitslosengeld ist in Deutschland eine Versicherungsleistung für Menschen, die einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sind. Wie lange man Arbeitslosengeld (ALG I) beziehen kann, richtet sich nach der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und dem Alter der Person, die arbeitslos geworden ist.
Für Arbeitslose, die 60 Jahre alt sind, gelten besondere Regelungen hinsichtlich der Bezugsdauer von ALG I.
Wie lange bekommt man Arbeitslosengeld mit 60 Jahren?Die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld ist im Dritten Sozialgesetzbuch unter dem § 147 geregelt.
Darin heißt es: “Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach 1) der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und 2) dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.”
Was sind versicherungspflichtige Zeiten?Als versicherungspflichtige Zeiten zählen neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung laut der Bundesagentur für Arbeit auch Zeiten, in denen Betroffene:
- freiwillig in der Arbeitslosenversicherung versichert waren – zum Beispiel während einer Selbstständigkeit
- ein Kind erzogen haben – bis zum 3. Lebensjahr des Kindes
- Krankengeld erhalten haben
- freiwilligen Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienst oder Jugendfreiwilligendienst geleistet haben
In diesem Paragrafen ist auch die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld festgeschrieben, welche auch die Bundesagentur für Arbeit noch einmal auf ihrer Website darlegt:
Versicherungspflicht in den letzten 5 Jahren Alter Höchstanspruchsdauer mindestens 12 Monate 6 Monate mindestens 16 Monate 8 Monate mindestens 20 Monate 10 Monate mindestens 24 Monate 12 Monate mindestens 30 Monate ab 50 Jahren 15 Monate mindestens 36 Monate ab 55 Jahren 18 Monate mindestens 48 Monate ab 58 Jahren 24 MonateDas bedeutet, dass eine Person, die bei Eintritt der Arbeitslosigkeit 60 Jahre alt ist und die in den letzten fünf Jahren vor der Arbeitslosmeldung mindestens 30 Monate Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, höchstens Anspruch auf 15 Monate Arbeitslosengeld I hat.
Entsprechend erhöht sich die Anspruchsdauer in mehreren Schritten, wenn die Person mindestens 36 Monate beziehungsweise mindestens 48 Monate durch ihre Beschäftigung Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat.
Dann kann jemand, der 60 Jahre oder älter ist, maximal 18 beziehungsweise 24 Monate Arbeitslosengeld beziehen.
Wie wird das Arbeitslosengeld I berechnet?Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nach dem vorherigen Gehalt und deckt 60 Prozent oder für Personen mit Kindern 67 Prozent des Nettoeinkommens ab, wobei sich die genaue Höhe nach dem zuletzt erzielten, versicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt richtet.
Besondere Regelungen für häufig befristet BeschäftigteWer in der Zeit vor seiner Arbeitslosigkeit häufig befristet beschäftigt war, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine kürzere Anwartschaftszeit nutzen.
Dann kann es beispielsweise ausreichen, wenn Betroffene mindestens sechs Monate versicherungspflichtige Zeiten in den letzten 30 Monaten vor der Arbeitslosigkeit nachweisen können.
Bürgergeld in Deutschland: Voraussetzungen, Beträge und AntragstellungBürgergeld ist in Deutschland eine Grundsicherungsleistung, die den Lebensunterhalt für arbeitsfähige Personen ohne oder mit nur geringem Einkommen sichert.
Diese Leistung unterscheidet sich grundlegend vom Arbeitslosengeld I, das eine Versicherungsleistung ist. Hier sind die wesentlichen Unterschiede und Anforderungen:
Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?Anspruch auf Bürgergeld haben Personen, die mindestens 15 Jahre alt und erwerbsfähig sind, deren Einkommen und Vermögen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreichen und die in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Es ist eine Leistung der Grundsicherung, die auch andere Bedarfe wie Unterkunft und Heizung umfasst.
Wie wird Bürgergeld beantragt?Der Antrag auf Bürgergeld wird bei der zuständigen Stelle – in der Regel dem Jobcenter – gestellt. Die Antragstellung kann schriftlich oder online erfolgen. Notwendige Unterlagen umfassen unter anderem den Personalausweis, Nachweise über Einkommen und Vermögen sowie Mietverträge.
Wie hoch ist das Bürgergeld?Die Höhe des Bürgergeldes richtet sich nach der sogenannten Regelbedarfsstufe, die jährlich angepasst wird.
Für alleinstehende Personen beträgt der Regelbedarf aktuell 563 Euro monatlich. Hinzu kommen gegebenenfalls Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie Mehrbedarfe, etwa bei Alleinerziehenden oder chronisch Kranken.
ZusammenfassungFür Personen, die mit 60 Jahren arbeitslos werden, gelten besondere Regelungen bezüglich der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, abhängig von der Dauer der vorhergehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung.
Während das Arbeitslosengeld I eine Versicherungsleistung darstellt, sichert das Bürgergeld den Lebensunterhalt bei fehlendem oder unzureichendem Einkommen und wird als Grundsicherungsleistung gezahlt.
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Bürgergeld: DSGVO-Beschwerde gegen Jobcenter – Aber falscher Weg kann Folgen haben
Wer beim Jobcenter seine Daten einsehen will, kann sich auf starke DSGVO-Rechte berufen. Das hessische Verfahren L 7 AS 477/22 zeigt jedoch: Ohne saubere Schrittfolge und ohne Antwort auf Rückfragen der Datenschutz-Aufsicht scheitert die Klage – und es drohen Verfahrenskosten.
Worum ging es konkret?Ein Betroffener hatte das Jobcenter Frankfurt am Main um Datenauskunft gebeten (Auskunft nach Art. 15 DSGVO). Er war unzufrieden, legte eine Beschwerde bei der Datenschutz-Aufsicht ein und erhielt anschließend vom Jobcenter eine ergänzende Auskunft.
Die Aufsicht fragte beim Beschwerdeführer nach, ob sich sein Anliegen damit erledigt habe. Darauf reagierte er nicht, sondern zog vors Gericht. Nach Zuständigkeits-Rochaden landete die Sache beim Sozialgericht Frankfurt, das die Klage abwies. Vor dem Hessischen Landessozialgericht blieb die Berufung ohne Erfolg; die Revision wurde nicht zugelassen.
Das Gericht sah kein Rechtsschutzbedürfnis. Wer die Aufsicht anruft, muss auf deren Nachfragen reagieren und den Verwaltungsweg zu Ende gehen. Bricht man den Dialog ab, wird die Klage als unnötig angesehen. Genau das passierte hier: Statt die Anfrage der Aufsicht zu beantworten und eine Entscheidung abzuwarten, wurde geklagt – zu früh und ohne Not.
Warum ist das für Betroffene wichtig?Erstens: Der Rechtsweg stimmt – aber nur mit dem richtigen Gegner. Geht es um Sozialdaten beim Jobcenter (Leistungsakte, Vermerke, interne Notizen etc.), sind die Sozialgerichte zuständig. Zuständigkeitsfragen sind damit geklärt: Datenschutz-Streitigkeiten mit Bezug zu SGB-II-Daten gehören in die Sozialgerichtsbarkeit. Das hilft allen, die beim Jobcenter Akteneinsicht oder Datenkopien einfordern.
Zweitens: Der Verwaltungsweg ist mehr als Formsache. Die Datenschutz-Aufsicht ist nicht bloß ein Briefkasten. Wer dort Beschwerde einlegt, sollte kooperieren, Antworten liefern, Nachweise beifügen und auf Rückfragen fristgerecht reagieren. Erst wenn klar ist, dass die Aufsicht nicht oder unzureichend tätig wird, kommt eine Klage in Betracht.
Drittens: Kostenrisiko einkalkulieren. Besonders heikel: Das Verfahren kann kostenpflichtig werden, wenn nicht „in der Eigenschaft als Leistungsempfänger“ gegen den Leistungsträger geklagt wird, sondern – wie hier – gegen die Datenschutz-Aufsicht. Dann greift das sozialgerichtliche Kostenregime; es können Gerichtsgebühren anfallen und bei Unterliegen zusätzlich Kostenlasten drohen. Das Urteil macht deutlich: „Kostenfreiheit bei Hartz IV/Bürgergeld“ gilt nicht automatisch für DSGVO-Klagen gegen Aufsichtsbehörden.
Die Lehren aus dem Fall – Schritt für Schritt rechtssicher1) Auskunft richtig beantragen.
Formulieren Sie Ihr Art.-15-Auskunftsbegehren präzise: Welche Daten wünschen Sie? Leistungsakte, Verbis-Vermerke, Telefonnotizen, E-Mails, interne Stellungnahmen – alles gehört auf den Prüfstand. Verlangen Sie Kopien und eine strukturierte Darstellung, welche Kategorien von Daten, Zwecke, Empfänger und Speicherfristen betroffen sind. Setzen Sie eine angemessene Frist, dokumentieren Sie Eingang und Ablauf (Einschreiben/EGVP/De-Mail, Faxjournal, Eingangsbestätigung).
2) Wenn die Antwort fehlt oder unvollständig ist:Datenschutz-Beschwerde.
Die Beschwerde bei der Aufsicht (Landes- oder Bundesbeauftragte/r) ist der korrekte nächste Schritt. Legen Sie die vollständige Korrespondenz bei: Antrag, Antwort(en) des Jobcenters, Screenshots aus dem Online-Portal, soweit vorhanden. Wichtig: Erreichbarkeit sicherstellen, ladungsfähige Anschrift angeben.
3) Auf Rückfragen reagieren – unbedingt.
Kommt von der Aufsicht eine Nachfrage, antworten Sie sachlich und zügig. Fehlen Unterlagen, reichen Sie sie nach. Genau hier scheiterte der Kläger: Er schwieg. Das wertet das Gericht als Abbruch des Verwaltungsverfahrens – die Klage gilt dann als verfrüht oder unnötig. Wer kooperiert, erhöht die Chance, dass die Aufsicht tatsächlich eingreift oder zumindest eine verwertbare Entscheidung trifft.
4) Erst wenn die Aufsicht nicht hilft: Klage erwägen.
Zeigt die Aufsicht keine effektive Abhilfe oder bleibt die Sache nach vernünftiger Zeit liegen, kommt der Gang zum Sozialgericht in Betracht. Dann muss der Klageantrag klar sein (z. B. Verpflichtung der Aufsicht zu einem bestimmten Einschreiten oder Feststellung einer Rechtsverletzung). Achten Sie auf Formalien: Unterschrift, korrekte Anschrift, schlüssige Darstellung des Sachverhalts, belegbare Chronologie.
5) Kosten und Finanzierung prüfen.
Erkundigen Sie sich vorab nach Prozesskostenhilfe (PKH). Lassen Sie sich beraten – sozialrechtliche Beratungsstellen, Anwältinnen/Anwälte mit Datenschutz- und SGB-Praxis sind hier die richtige Adresse. Rechnen Sie nicht fest mit Kostenfreiheit: Gegen die Aufsicht kann Kostenpflicht greifen, wie der Fall zeigt.
Aktenlage ordnen: Sammeln Sie Bescheide, Anhörungen, Verbis-Ausdrucke, E-Mails, Notizzettel von Terminen. Führen Sie eine Zeitleiste: Antrag – Antwort Jobcenter – Beschwerde – Nachfrage Aufsicht – Ihre Antwort – Ergebnis.
Ziele definieren: Geht es „nur“ um Auskunft? Oder vermuten Sie unrichtige Daten, die Leistungen gefährden? Brauchen Sie Berichtigungen/Löschungen oder Einschränkung der Verarbeitung? Klare Ziele helfen, den Antrag zu fokussieren.
Fristen im Blick behalten: Setzen Sie angemessene Fristen und dokumentieren Sie deren Ablauf. So belegen Sie, dass Sie geduldig und geordnet vorgehen – ein Pluspunkt vor Gericht.
Kommunikation sichern: Antworten der Aufsicht immer bestätigen, Eingänge archivieren, Dateinamen mit Datum versehen („2025-09-12\_Auskunft\_Jobcenter\_Antwort.pdf“).
Kostencheck: Vor einer Klage gegen die Aufsicht PKH-Optionen prüfen und das voraussichtliche Kostenrisiko abwägen.
Schweigen auf Nachfragen.
Das ist der Kardinalfehler dieses Falls. Wer nach einer Beschwerde nicht auf Rückfragen reagiert, signalisiert Gerichten: Die Verwaltungsstufe wurde nicht ausgeschöpft. Folge: Klageabweisung mangels Rechtsschutzbedürfnis.
Unklare Anträge.
„Irgendeine Entscheidung“ reicht nicht. Schreiben Sie konkret, welche Daten fehlen, warum die Antwort unvollständig ist und welche Abhilfe Sie erwarten (z. B. vollständige Datenkopie, Offenlegung bestimmter Empfänger, Berichtigung bestimmter Einträge).
Formmängel.
Fehlende Unterschrift, keine ladungsfähige Anschrift, keine belastbaren Belege – das produziert Angriffsflächen. Prüfen Sie jeden Schriftsatz auf Vollständigkeit.
Falscher Gegner.
Nicht jede Datenschutzpanne ist Sache der Aufsicht; manchmal ist das Jobcenter direkt der richtige Adressat für einen Leistungsrechtsstreit (z. B. wenn falsche Daten konkret zu einer Kürzung geführt haben). Denken Sie in zwei Schienen: Datenschutz-Beschwerde und sozialrechtlicher Widerspruch/Klage gegen den belastenden Bescheid.
Das hessische Verfahren macht zweierlei klar: Die DSGVO ist auch im SGB-II-Kontext ein scharfes Schwert, und der Sozialrechtsweg ist für datenschutzrechtliche Streitigkeiten um Jobcenter-Sozialdaten richtig adressiert. Gleichzeitig zeigt der Ausgang, wie formal-prozessuale Sorgfalt über Erfolg oder Misserfolg entscheidet.
Der Weg über die Aufsicht ist kein bloßes Pflicht-Häkchen, sondern ein substanzieller Prüf- und Abhilfemechanismus. Wer ihn aktiv nutzt, verbessert die eigene Position – gegenüber der Aufsicht und vor Gericht.
Darüber hinaus ist das Kosten-Signal bedeutsam: Nicht jede Auseinandersetzung im Umfeld von Bürgergeld ist kostenfrei. Sobald die Klage gegen die Aufsicht geht und nicht als Leistungsempfänger gegen den Leistungsträger, kann das reguläre Kostenrecht greifen.
+Für Betroffene heißt das: Sorgfältig planen, die Verwaltungsetappe konsequent dokumentieren – und erst danach eine gerichtliche Auseinandersetzung gezielt anstoßen.
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Minijob trotz Krankengeld-Bezug
Vor einigen Tagen erhielten wir eine Email mit der Frage, ob es gesetzlich erlaubt ist, während des Bezugs von Krankengeld auch einen Minijob auszuüben, um das Einkommen aufzubessern. Pauschal lässt sich allerdings diese Frage nicht mit Ja und Nein beantworten.
Krankengeld nach 6 Wochen ArbeitsunfähigkeitWenn Arbeitnehmer in Deutschland länger als sechs Wochen krank sind, endet die gesetzliche Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber.
Ab diesem Zeitpunkt springt die Krankenkasse ein und zahlt Krankengeld. Diese Regelung ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Sozialversicherungssystems und soll sicherstellen, dass Menschen im Krankheitsfall finanziell abgesichert sind.
Die Frage, ob man während des Krankengeldbezugs einen Minijob ausüben darf, mag auf den ersten Blick überraschen. Schließlich erhält man Krankengeld, weil man aufgrund einer Erkrankung nicht arbeitsfähig ist. “Die Antwort auf diese Frage ist jedoch nicht so eindeutig, wie man meinen könnte”, sagt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt von “Gegen-Hartz.de”.
Arbeitsunfähigkeit: Spezifisch und nicht pauschalEntscheidend ist nämlich, dass die Arbeitsunfähigkeit immer in Bezug auf die spezifische Tätigkeit festgestellt wird, die der Betroffene ausübt.
Ist man beispielsweise als Vertriebsingenieur arbeitsunfähig geschrieben, bezieht sich dies auf die Anforderungen und Belastungen, die dieser Beruf mit sich bringt. Ein nebenberufliches Engagement in einem anderen Bereich, wie etwa im Eventmanagement oder im Catering, könnte theoretisch weiterhin möglich sein, sofern dies die Gesundheit zulässt.
Ein Beispiel Jens, ein Softwareentwickler, ist wegen eines Burnouts langfristig krankgeschrieben und bezieht Krankengeld. Vor seiner Erkrankung gab er einmal pro Woche nach Feierabend Gitarrenunterricht, was ihm Freude bereitete und nicht mit seinem Hauptberuf in Verbindung stand. Jens entscheidet sich, diesen Minijob fortzusetzen, da er seine psychische Gesundheit positiv beeinflusst und nicht gegen seine Arbeitsunfähigkeit im Hauptberuf verstößt.
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Wenn ein Minijob bereits vor der Arbeitsunfähigkeit im Hauptjob ausgeübt wurde, darf dieser grundsätzlich weitergeführt werden. “Hierbei ist allerdings zu beachten, dass das Einkommen aus dem Minijob nicht auf das Krankengeld angerechnet wird. “Somit kann der Minijob die finanzielle Einbußen teilweise auszugleichen, ohne den Krankengeldanspruch zu gefährden”, sagt Anhalt.
Ein Beispiel aus der Praxis: Thomas arbeitet hauptberuflich als Landschaftsgärtner. Aufgrund eines Rückenleidens ist er für mehrere Wochen arbeitsunfähig. Nebenbei betreibt er jedoch seit Jahren erfolgreich einen kleinen Online-Shop für Aquaristikbedarf. Trotz seiner Krankschreibung im Hauptberuf setzt Thomas seine Tätigkeit für den Online-Shop fort, da diese Arbeit seine Gesundheit nicht weiter beeinträchtigt.
Aufnahme eines neuen MinijobsDie Aufnahme eines neuen Minijobs während des Bezugs von Krankengeld ist prinzipiell möglich, wirft jedoch Fragen auf. Die Krankenkasse wird in einem solchen Fall genau prüfen, ob die Aufnahme der Tätigkeit mit der bestehenden Erkrankung vereinbar ist.
Ein solches Vorgehen könnte zudem Anlass geben, die Arbeitsunfähigkeit im Hauptjob neu zu bewerten.
Ein Beispiel: Lena ist seit einigen Monaten wegen einer schweren Erkrankung krankgeschrieben und bezieht Krankengeld. Um sich abzulenken und ein wenig zusätzliches Einkommen zu generieren, beginnt sie, Schmuck zu basteln und über eine Online-Plattform zu verkaufen. Bevor sie diesen Schritt geht, konsultiert sie ihre Krankenkasse, um sicherzustellen, dass diese Nebentätigkeit ihre Ansprüche nicht gefährdet.
Krankengeld und ArbeitslosengeldNach Ablauf der maximalen Bezugsdauer von Krankengeld, in der Regel nach 72, in Ausnahmefällen nach 78 Wochen, erfolgt in vielen Fällen der Übergang in den Bezug von Arbeitslosengeld.
Auch in dieser Phase ist die Ausübung eines Minijobs grundsätzlich möglich, allerdings mit gewissen Einschränkungen hinsichtlich Arbeitszeit und Einkommen.
Ein Beispiel: Nach fast 18 Monaten Krankengeldbezug wegen einer langwierigen Erkrankung steht Markus vor dem Übergang zum Arbeitslosengeld. Sein Minijob als Kursleiter in einem Fitnessstudio, den er bereits vor seiner Erkrankung ausgeübt hat, kann er unter Beachtung der geltenden Regeln weiterführen. Wichtig ist hierbei, dass er die Einkommensgrenzen im Blick behält, um Anrechnungen auf das Arbeitslosengeld zu vermeiden.
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EM-Rente trotz zu kurzer Versicherungszeit
Sie können eine Rente wegen Erwerbsminderung (EM-Rente) auch ohne volle fünf Versicherungsjahre sichern. Möglich macht das die vorzeitige Wartezeiterfüllung. Sie greift nach Unfall, bei bestimmten Dienstschädigungen oder wenn die Erwerbsminderung kurz nach der Ausbildung eintritt.
So bleibt der Anspruch nicht an formalen Mindestzeiten hängen. Hier erfahren Sie, wann die Regel gilt, welche Nachweise zählen und wie Sie Ihren Antrag strukturiert vorbereiten.
Vorzeitige WartezeitDie allgemeine Wartezeit für eine EM-Rente beträgt fünf Jahre (§ 50 SGB VI). Diese Hürde entfällt in klar definierten Ausnahmefällen. Dann gilt die Wartezeit als erfüllt, obwohl nicht fünf Jahre Beitragszeit vorliegen (§§ 43, 53, 245 SGB VI). Der Gesetzgeber schützt damit Versicherte, die unverschuldet frühzeitig erwerbsgemindert werden.
Drei typische Wege in die vorzeitige WartezeitArbeitsunfall oder Berufskrankheit: Führt der Arbeitsunfall oder eine anerkannte Berufskrankheit zur Erwerbsminderung, greift der Schutz. Voraussetzung ist in der Regel eine versicherungspflichtige Beschäftigung zum Unfallzeitpunkt oder eine Mindestzahl an Pflichtbeiträgen in einem kurzen Vorzeitraum.
Wehr-/Zivildienstschädigung und vergleichbare Fälle: Schädigungen aus Wehr- oder Zivildienst lösen ebenfalls den Schutz aus. Auch besondere Konstellationen wie anerkannte Haftschäden fallen darunter, wenn die gesetzlichen Tatbestände erfüllt sind.
Ereignis kurz nach der Ausbildung: Tritt volle Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach dem Ende einer Ausbildung ein, kann die Wartezeit vorzeitig erfüllt sein. Zusätzlich müssen Pflichtbeiträge in einem engen Zweijahreszeitraum vor dem Leistungsfall vorliegen. Schulische Ausbildungszeiten können diesen Betrachtungszeitraum verlängern.
36-Monate-Regel entfällt in diesen FällenFür EM-Renten verlangt das Gesetz grundsätzlich 36 Monate Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung. Diese Hürde erübrigt sich, wenn die vorzeitige Wartezeiterfüllung greift (§ 43 Abs. 5 SGB VI). Entscheidend sind dann nur die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen des Ausnahmefalls.
Übergangsrecht: Ältere Leistungsfälle prüfenFür Leistungsfälle aus den 1980er- und frühen 1990er-Jahren enthält § 245 SGB VI Sonderregelungen. Wer einen älteren Fall prüft, sollte das Datum des Leistungsfalls, den damaligen Rechtsstand und die Anknüpfungstatbestände genau dokumentieren. So vermeiden Sie Lücken in der Begründung.
Anspruch prüfen: So gehen Sie vorSchritt 1: Leistungsfall datieren. Maßgeblich ist der Tag, an dem die Erwerbsminderung eintritt. Dieses Datum steuert, welche Regeln gelten und welche Zeiträume Sie auswerten.
Schritt 2: Tatbestand zuordnen. Liegt ein Arbeitsunfall vor? Eine Berufskrankheit? Eine Dienstschädigung? Oder trat die Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach Ausbildungsende ein? Jeder Pfad hat eigene Zusatzvoraussetzungen.
Schritt 3: Pflichtbeiträge nachweisen. Beim Unfallpfad reichen oft zwölf Pflichtbeitragsmonate in einem engen Vorzeitraum oder die Versicherungspflicht zum Ereignistag. Beim Ausbildungspfad ist ein volles Pflichtbeitragsjahr im Zweijahresfenster erforderlich. Schulische Ausbildungszeiten können den Betrachtungszeitraum verlängern.
Schritt 4: 36-Monate-Hürde bewerten. Greift die vorzeitige Wartezeit, ist der 36-Monate-Nachweis entbehrlich. Ohne vorzeitige Wartezeit bleibt er zwingend.
Schritt 5: Medizinische Voraussetzungen sichern. Die vorzeitige Wartezeit ersetzt keine medizinische Prüfung. Die Rentenversicherung stellt fest, ob eine volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Dafür zählen aktuelle Befunde, Reha-Berichte und nachvollziehbare Leistungsbilder.
Was die Regel nicht leistetDie EM-Rente endet mit Erreichen der Regelaltersgrenze. Ab diesem Zeitpunkt greift die Altersrente. Die vorzeitige Wartezeit begründet keinen EM-Anspruch über die Regelaltersgrenze hinaus. Außerdem ersetzt sie keine belastbaren medizinischen Nachweise. Wer die gesundheitlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, erhält trotz vorzeitiger Wartezeit keine EM-Rente.
Praxisbeispiel 1: Ausbildung beendet, dann krankEine Technikerin beendet im Juli ihre Ausbildung. Sie arbeitet danach versicherungspflichtig und sammelt zügig Pflichtbeiträge. Im Mai des Folgejahres tritt volle Erwerbsminderung ein. Der Leistungsfall liegt innerhalb von sechs Jahren nach Ausbildungsende. Es liegt außerdem ein Pflichtbeitragsjahr im Zweijahreszeitraum vor. Die Wartezeit gilt als erfüllt. Die 36-Monate-Hürde entfällt.
Praxisbeispiel 2: Unfall im LagerEin Lagerarbeiter erleidet bei der Arbeit einen schweren Unfall. Er arbeitet versicherungspflichtig und kann wegen der Folgen nur noch weniger als drei Stunden täglich arbeiten. Die Wartezeit gilt durch den Unfallpfad als erfüllt. Fünf Jahre Beitragszeit sind nicht nötig. Entscheidend sind die Anerkennung des Ereignisses und die medizinische Feststellung der vollen Erwerbsminderung.
Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeidenViele Anträge scheitern an fehlenden Nachweisen. Arbeitgeberbescheinigungen fehlen, Ausbildungsenden sind nicht belegt, Reha-Berichte sind veraltet. Prüfen Sie die Timeline konsequent: Ausbildungsende, Beschäftigungsbeginn, Krankheit oder Unfall, Reha-Maßnahmen, Befunde. Stimmen die Daten, passt der Pfad.
Fehler entstehen auch beim falschen Stichtag. Der Leistungsfall steuert die Fristen und die maßgeblichen Zeitfenster. Wer hier irrt, verpasst oft die günstige Rechtsfolge.
Ein weiterer Fallstrick: unklare Anerkennungen. Eine Berufskrankheit erfordert ein gesondertes Verfahren. Ohne Anerkennung entfällt der Unfallpfad. Gleiches gilt für Dienstschädigungen. Sichern Sie die Verwaltungsakte und führen Sie die Bescheide auf. So verkürzen Sie Rückfragen.
Ihre To-dos in der Praxis- Versicherungsverlauf anfordern und auf Lücken prüfen.
- Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten belegen (Zeugnisse, Verträge, Bescheinigungen).
- Unfall-/Dienstnachweise sichern (Unfallanzeige, Anerkennungsbescheid, BK-Akte).
- Aktuelle Befunde sammeln (Facharztberichte, Reha-Entlassung, Leistungsbild).
- Antrag stellen und den passenden Pfad benennen (Unfall, Dienst, Ausbildung).
Diese Reihenfolge spart Zeit. Sie reduziert Nachforderungen und beschleunigt die Entscheidung.
Wenn der 36-Monate-Nachweis fehltErfüllen Sie keine vorzeitige Wartezeit, prüfen Sie alternative Zeiten. Anrechnungszeiten können den Fünfjahreszeitraum verlängern. Dazu zählen etwa bestimmte Krankheits-, Reha- oder Arbeitslosenzeiten. Diese Zeiten ersetzen keine Pflichtbeiträge, können aber das Raster erweitern. So lässt sich die 36-Monate-Hürde in Einzelfällen doch noch erreichen. Lassen Sie eine Rentenauskunft erstellen und prüfen Sie jeden Monat.
Beratung nutzen – Ansprüche sichernKomplexe Verläufe profitieren von fachlicher Begleitung. Holen Sie frühzeitig Unterstützung, wenn Anerkennungen strittig sind oder die Zeitfenster knapp werden. Wichtig ist eine saubere Akte: lückenlos, chronologisch, belastbar. Wer den Leistungsfall, die Tatbestände und die Pflichtbeiträge klar belegt, erhöht seine Chancen deutlich.
Schutznetz für harte LebenslagenDie vorzeitige Wartezeiterfüllung schließt Versorgungslücken. Sie schützt Berufsanfänger, Unfallopfer und Betroffene mit frühem Erkrankungsbeginn. Entscheidend sind korrekte Stichtage, die richtige Pfadwahl und vollständige Nachweise. Prüfen Sie Ihre Unterlagen, ordnen Sie die Zeiten, stellen Sie den Antrag. So sichern Sie die EM-Rente, auch wenn fünf Versicherungsjahre fehlen.
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Bürgergeld bewilligt: Trotz 450.000 Euro auf dem Sparbuch
Ein Sparvermögen in Höhe von 450.000 €, welches der Vater für seinen erwachsenen Sohn und Großvater seinen Enkeln auf mehrere Sparbücher eingezahlt hat, lässt die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II/ Bürgergeld für die Familie nicht entfallen.
3 prall gefüllte Sparbücher des Vaters/Großvaters mindern das Bürgergeld – Vermögen des erwachsenen Sohnes und seiner 2 Enkel nicht, denn die Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) war nicht entfallen.
Die Vermögensgrenzen (§ 12 SGB II) wurden nicht überschritten trotz der eingezahlten Spareinlagen vom Großvater in Höhe von 450.000 € auf 3 Sparbücher.
Bürgergeld: Bei Sparbüchern müssen sich Hilfebedürftige nicht am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen, so aktuell das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 20.11.2024 – L 18 AS 447/23 – recherchiert und aufgearbeitet von Detlef Brock – seit 20 Jahren ein Verfechter der Gerechtigkeit.
Hat der Vater eines erwachsenen Bürgergeld – Empfängers und zugleich Großvater seiner Enkel erhebliche Bargeldbeträge auf 3 Sparkassenbücher eingezahlt, ist es nicht anrechenbares Vermögen und mindert nicht die Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft, wenn sie alle samt nicht über das Vermögen verfügen konnten und es zum Lebensunterhalt nicht bereit stand.
Legt nämlich ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes oder eines Enkels an, ohne das Sparbuch selbst aus der Hand zu geben, so ist aus diesem Verhalten in der Regel zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten wolle.
Dieser zivilrechtlichen Rechtsprechung hat sich auch das Bundessozialgericht angeschlossen und diese Grundsätze gälten durchgehend seither (BSG, Urteil vom 24.05.2006 – B 11a/AL 7/05 R – Orientierungssatz Detlef Brock).
SGB II-Leistungen – Rücknahme – Vermögen – Sparbuch – Großeltern/Eltern-Kind-Verhältnis – Forderungsberechtigung
Nicht verfügbares Guthaben auf Sparkonto kann vom Jobcenter nicht zur Deckung des Lebensunterhalts angerechnet werden, denn das Guthaben in Höhe von 450.000,- € war für den Leistungsempfänger und seine Kinder nicht verfügbar und daher nicht zur Deckung seines Lebensunterhalts verwendbar.
Nicht zu folgen ist der Auffassung des Jobcenters, dass hier versteckte Schenkungen mit „warmer Hand“ zu Gunsten des Bürgergeldempfängers erfolgt sind.
Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH gilt, dass ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines (Enkel-)Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben – wie es vorliegend der Fall war -, typischerweise zu schließen, dass er sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten will (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 – XII ZB 425/18 ).
Es trifft zwar zu, dass der Besitz des Sparbuchs in Fällen, in denen es um das Großeltern-Enkel-Verhältnis geht, ein stärkeres Indiz für die Inhaberschaft der Forderung darstellt, als in Fällen des Eltern-Kind-Verhältnisses
Nach der angeführten Rechtsprechung des BGH kann zwar im Eltern-Kind-Verhältnis bei minderjährigen Kindern dem Besitz des Sparbuchs eine geringere Indizwirkung für die materielle Berechtigung des Einzahlers zukommen als im Großeltern-Enkel-Verhältnis.
Das Aufbewahren des Sparbuchs kann in diesem Fall u.U. Ausfluss der elterlichen Sorge sein, mit dem einem Verlust des Sparbuchs vorgebeugt werden soll. Ein derartiger Fall liegt hier aber offensichtlich nicht vor.
Denn der Großvater hatte die Sparbücher zum einen für seine Enkel und zum anderen für seinen erwachsenen Sohn angelegt.
Fazit: Großvater räumt die Konten ab wegen befürchteter Ansprüche des JobCentersDass die Sparbücher „leergeräumt“ wurden, nachdem den Hilfebedürftigen durch das JobCenter mitgeteilt worden war, dass Zinserträge auf diesen Sparbüchern gutgeschrieben worden waren, ist im Übrigen eher ein Beleg dafür, dass den Hilfebedürftigen diese Guthaben eben nicht zustehen sollten, denn sie wurden offenbar wegen befürchteter Ansprüche des JobCenters vom Vater bzw. Großvater von den Konten „abgezogen“.
Beim Rechtstipp dargestellten Entscheidungen ging es um das Großeltern-Enkel-Verhältnis. In meiner neuen aktuellen Entscheidung geht es aber um das Eltern-Kind-Verhältniss.
Doch auch hier gilt die Rechtsprechung des BGH, welcher sich das Bundessozialgericht in Jahre langer Rechtsprechung angeschlossen hat.
Ein Sparvermögen in Höhe von 450.000 €, welches der Vater für seinen erwachsenen Sohn und Großvater seinen Enkeln auf mehrere Sparbücher eingezahlt hatte, lässt die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II für die Familie nicht entfallen.
PraxistippEs existiert kein Rechtsgrundsatz, nach dem sich ein Leistungsbezieher am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen muss.
Dem SGB II lässt sich weder eine Regelung noch ein Anhalt dafür entnehmen, dass fiktives Vermögen, also solches, dass dem Inhaber nicht zusteht, im Rahmen des § 12 SGB II zu berücksichtigen ist.
Rechtstipp: Besitz nicht entscheidend für Kontoinhaberschaft – Sparbuch der GroßelternDie Prüfung der Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) bei vorhandenem Sparvermögen hat sich an der Verfügungsberechtigung zu orientieren. Bei Sparbüchern muss sich der Hilfebedürftige nicht am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen ( i. d. S. SG Karlsruhe, Urt. v. 16.10.2014 – S 13 AS 735/14; SG Gießen, Urteil vom 15.07.2014 – S 22 AS 341/12; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.04.2012 – L 9 AS 695/08 sowie LSG Hamburg, Urteil vom 25.08.2011- L 5 AS 33/08 ).
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Unbekannte Sechs-Monats-Schwelle bei Schwerbehinderung nachteilig
Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen ist ein wichtiger Schutz im Arbeitsrecht. Er soll sicherstellen, dass Beschäftigte mit einer anerkannten Behinderung nicht ohne weiteres ihren Arbeitsplatz verlieren und bei Kündigungen eine neutrale Fachbehörde – das Integrationsamt – mitprüft, ob die Beendigung sozial gerechtfertigt ist.
Zugleich hat der Gesetzgeber eine wichtige Grenze gezogen: In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses greift dieser besondere Schutz grundsätzlich noch nicht.
Diese Wartezeit wirft in der Praxis häufig Fragen auf – insbesondere, wenn der Grad der Behinderung hoch ist und Beschäftigte davon ausgehen, von Beginn an umfassend geschützt zu sein.
Rechtlicher Rahmen: Zustimmungserfordernis und seine BedeutungDer besondere Kündigungsschutz bedeutet in der Praxis, dass der Arbeitgeber eine Kündigung gegenüber einem schwerbehinderten Menschen nur wirksam aussprechen kann, wenn zuvor das Integrationsamt zugestimmt hat. Dieses Zustimmungserfordernis ist keine Formalie.
Es handelt sich um eine materielle Wirksamkeitsvoraussetzung: Ohne die vorherige Zustimmung ist die Kündigung grundsätzlich unwirksam.
Das Integrationsamt prüft dabei, ob und in welchem Umfang die Behinderung für die Entscheidung über die Kündigung eine Rolle spielt, ob der Arbeitgeber angemessene Vorkehrungen getroffen hat und ob mildere Mittel in Betracht kommen.
Die Ausnahme: Keine Zustimmung in den ersten sechs MonatenTrotz dieses starken Schutzes gilt eine klare gesetzliche Ausnahme. Nach § 173 Absatz 1 Nummer 1 SGB IX besteht der besondere Kündigungsschutz nicht, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine sechs Monate gedauert hat.
Das bedeutet: Selbst bei einem Grad der Behinderung von 50, 70 oder 100 kann der Arbeitgeber während dieser Anfangsphase ohne Zustimmung des Integrationsamts kündigen. Die Kündigung bleibt selbstverständlich an die allgemeinen gesetzlichen Anforderungen gebunden, doch das zusätzliche Schutzschild des Integrationsamts ist in dieser Zeit nicht aktiv.
Warum der Gesetzgeber eine Wartezeit vorsiehtDie Wartezeit ist rechtspolitisch gewollt. Sie dient beiden Seiten als Erprobungsraum der Zusammenarbeit. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen in diesem Zeitraum prüfen können, ob die persönliche, fachliche und organisatorische Passung gegeben ist, ohne durch zusätzliche verfahrensrechtliche Hürden gebunden zu sein.
Wartezeit ist nicht Probezeit: Eine häufige VerwechslungBesonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Wartezeit und Probezeit. Die Wartezeit ist ein gesetzlicher Zeitraum von stets sechs Monaten. Sie bestimmt, ab wann der besondere Kündigungsschutz greift.
Die Probezeit hingegen ist arbeitsvertraglich vereinbar. Sie kann kürzer oder ebenso lang sein und wirkt sich vor allem auf die Kündigungsfrist aus, die während der Probezeit regelmäßig verkürzt ist.
Selbst wenn eine Probezeit nur drei Monate beträgt oder gar nicht vereinbart wurde, beginnt der besondere Kündigungsschutz erst mit Ablauf von sechs Monaten Beschäftigung. Diese Trennung verhindert Missverständnisse und hilft, die eigenen Rechte realistisch einzuschätzen.
Praktische Folgen in den ersten sechs MonatenIn der Anfangsphase des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber ohne Beteiligung des Integrationsamts kündigen. Das bedeutet jedoch nicht, dass in diesem Zeitraum „rechtsfreier Raum“ herrscht.
Auch eine Kündigung in den ersten sechs Monaten muss die allgemeinen zivilrechtlichen Grenzen wahren. Unzulässig bleiben insbesondere sitten- oder treuwidrige Kündigungen, etwa wenn sie allein aus diskriminierenden Motiven erfolgen.
Zudem sind formale Mindestanforderungen, wie die Schriftform, stets einzuhalten. Gleichwohl fehlt in dieser Phase die zusätzliche inhaltliche Kontrolle durch das Integrationsamt, die nach Ablauf der Wartezeit obligatorisch ist.
Der Wechsel nach sechs Monaten: Volle SchutzwirkungMit Ablauf von sechs Monaten ändert sich die Rechtslage deutlich. Ab diesem Zeitpunkt darf der Arbeitgeber eine Kündigung grundsätzlich nur noch nach vorheriger Zustimmung des Integrationsamts aussprechen.
Das Verfahren zwingt dazu, die Gründe der Kündigung transparent zu machen und abwägen zu lassen, ob die Beendigung vermeidbar ist.
In der Praxis führt dies häufig zu Alternativen wie Umsetzung, Anpassung des Arbeitsplatzes oder betrieblichen Unterstützungsmaßnahmen. Für Beschäftigte bedeutet das eine spürbare Stärkung der Rechtsposition und eine zusätzliche Verfahrensstufe, die vor überstürzten Entscheidungen schützt.
Informationspflichten und taktische ÜberlegungenWer den besonderen Kündigungsschutz in Anspruch nehmen will, sollte darauf achten, den Status der Schwerbehinderung im Betrieb bekannt zu machen oder zumindest so zu dokumentieren, dass er gegenüber dem Arbeitgeber zeitnah nachweisbar ist.
Zwar greift die gesetzliche Wartezeit unabhängig von der Kenntnis des Arbeitgebers, doch in der Praxis entstehen Konflikte oft gerade darüber, ob und ab wann der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung wusste. Eine klare, belegbare Kommunikation schafft Rechtssicherheit.
Kommt es zu einer Kündigung, bleibt die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage kurz; sie beträgt regelmäßig drei Wochen ab Zugang der Kündigung. Wer sich wehren möchte, sollte frühzeitig rechtlichen Rat einholen und Unterlagen geordnet bereithalten.
Und das Integrationsamt im Kündigungsverfahren?Das Integrationsamt ist keine reine Formalstelle, sondern eine unabhängige Behörde mit eigenem Prüfungsmaßstab. Es wägt Arbeitgeberinteressen, Beschäftigtenschutz und behinderungsbedingte Belange gegeneinander ab. Zugleich kann das Amt auf Unterstützungsinstrumente verweisen, etwa technische Hilfen, Anpassungen des Arbeitsplatzes oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben.
Dieses Bündel an Maßnahmen soll dazu beitragen, Arbeitsverhältnisse zu stabilisieren, anstatt sie vorschnell zu beenden. Das Verfahren ist damit nicht nur Hürde, sondern auch Chance, tragfähige Lösungen zu finden.
Klarheit durch die Sechs-Monats-SchwelleDer besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen ist ein starkes Schutzinstrument – jedoch nicht vom ersten Arbeitstag an. Die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten schafft einen Anlaufzeitraum, in dem das Integrationsamt nicht beteiligt werden muss.
Nach Ablauf dieser Frist entfaltet der Schutz seine volle Wirkung, und eine Kündigung bedarf grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Behörde. Wer die Unterschiede zwischen Wartezeit und Probezeit kennt, die Fristen beachtet und den eigenen Status transparent macht, kann seine Rechte zielgerichtet wahren.
Der Beitrag Unbekannte Sechs-Monats-Schwelle bei Schwerbehinderung nachteilig erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Rente 2026: Zwei Wege in die vorgezogene Altersrente
Rente in 2026: Was die Jahrgänge 1961 bis 1963 jetzt klären sollten
Wer 2026 in den Ruhestand starten möchte, sollte frühzeitig die eigenen Möglichkeiten prüfen.
Denn zwischen regulärer Altersrente, vorgezogenen Varianten und Besonderheiten bei Schwerbehinderung gibt es entscheidende Unterschiede, die spürbare finanzielle Folgen haben können.
Der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt ordnet die wichtigsten Schritte und Stellschrauben ein – von der Rentenauskunft über die Kontenklärung bis zu Krankenversicherung und Steuern.
Wer ist betroffen – und was bedeutet das reguläre Rentenalter?Besonders im Blick stehen die Jahrgänge 1961, 1962 und 1963. Nicht jede und jeder aus diesen Jahrgängen erreicht 2026 bereits die Regelaltersgrenze. Für 1961 liegt sie bei 66 Jahren und sechs Monaten, für 1963 bei 66 Jahren und zehn Monaten.
Wer 2026 dennoch in Rente gehen will, blickt daher vor allem auf vorgezogene Altersrenten. Sie erlauben den früheren Ausstieg – teils ohne, teils nur mit Abschlägen.
Rentenauskunft statt Renteninformation: Warum dieses Dokument jetzt zähltDie Renteninformation landet regelmäßig im Briefkasten, enthält aber nur grobe Projektionen. Für die konkrete Planung ist die Rentenauskunft maßgeblich. Sie weist erfüllte Wartezeiten, mögliche Rentenarten und Altersgrenzen aus und ist damit die Grundlage, um rechtssicher zu entscheiden.
Ab 55 versendet die Deutsche Rentenversicherung die Rentenauskunft turnusmäßig, aber nicht jährlich. Wer 2026 einen Start anpeilt, sollte aktiv eine aktuelle Rentenauskunft anfordern, um den eigenen Status verlässlich zu kennen.
Zwei Wege in die vorgezogene AltersrenteFür die meisten Versicherten kommen zwei Varianten in Betracht. Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte setzt 45 Jahre Wartezeit voraus und ermöglicht den abschlagsfreien Ruhestand zwei Jahre vor der persönlichen Regelaltersgrenze.
Dagegen verlangt die Altersrente für langjährig Versicherte „nur“ 35 Jahre Wartezeit, lässt den Start bereits ab 63 zu, allerdings stets mit dauerhaften Abschlägen. Welche Route sinnvoller ist, hängt von der individuellen Erwerbsbiografie, den vorhandenen Wartezeiten und der Bereitschaft ab, Abschläge in Kauf zu nehmen.
Rechenbeispiel für den Jahrgang 1963Wer 1963 geboren wurde, erreicht die reguläre Altersgrenze bei 66 Jahren und zehn Monaten.
Mit 45 Jahren Wartezeit ist ein abschlagsfreier Beginn zwei Jahre früher möglich, also mit 64 Jahren und zehn Monaten. Wer sich dagegen einen Rentenstart unmittelbar ab dem 63. Geburtstag wünscht – etwa bei Geburt im Februar 1963 zum 1. März 2026 –, muss mit Abschlägen rechnen. In diesem Beispiel beläuft sich der Abschlag auf 13,8 Prozent und wirkt dauerhaft auf die Monatsrente.
Schwerbehinderung: früher, flexibler, mit geringeren AbschlägenEin Grad der Behinderung von mindestens 50 eröffnet den Zugang zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Sie kombiniert zwei Vorteile. Erstens ist auch hier ein um zwei Jahre vorgezogener, abschlagsfreier Rentenbeginn möglich, analog zur 45-Jahre-Regelung.
Zweitens erlaubt diese Rentenart einen noch früheren Beginn mit Abschlägen – allerdings gemessen an einer günstigeren Bezugsgröße. Die Abschläge starten nicht erst an der Regelaltersgrenze, sondern an der Schwelle des abschlagsfreien Schwerbehinderten-Rentenbeginns.
Im Beispiel des Jahrgangs 1963 sinkt der Abschlag beim Start zum 1. März 2026 dadurch auf 6,6 Prozent. Wer gesundheitlich angeschlagen ist, sollte daher frühzeitig prüfen lassen, ob ein Schwerbehindertenausweis in Betracht kommt und welche Auswirkungen das auf den Zeitplan hat.
Kontenklärung: Lücken schließen, Wartezeiten sichernVor dem Antrag lohnt eine gründliche Kontenklärung bei der Rentenversicherung. In einem persönlichen Termin werden Beschäftigungszeiten, Kindererziehungszeiten, schulische Ausbildungen und Studienzeiten abgeglichen und fehlende Nachweise ergänzt.
Gerade ältere, nicht digital erfasste Abschnitte sollten anhand von Bescheinigungen und Zeugnissen belegt werden.
Für die Rentenhöhe zählen vor allem Beitragszeiten, während Studienzeiten zwar keine zusätzlichen Rentenpunkte bringen, bei der Wartezeit von 35 Jahren jedoch helfen können. Für die besonders strengen 45 Jahre werden sie hingegen nicht angerechnet.
Wer hier sauber dokumentiert, vermeidet vermeidbare Einbußen und hält sich die Option vorgezogener Rentenarten offen.
Krankenversicherung im Ruhestand: die KVdR und die Neun-Zehntel-RegelMit dem Rentenbeginn wechselt der Status in die Krankenversicherung der Rentner, kurz KVdR, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Beiträge auf die Rente werden geteilt, der Rentenversicherungsträger übernimmt den Anteil, der zuvor dem Arbeitgeber zufiel.
Problematisch kann die sogenannte Neun-Zehntel-Regel werden. Maßstab ist die zweite Hälfte des Erwerbslebens: Wer in diesem Zeitraum nicht zu mindestens neun Zehnteln gesetzlich krankenversichert war – etwa wegen längerer Phasen in der privaten Krankenversicherung oder Selbstständigkeit –, erfüllt die KVdR-Voraussetzungen nicht.
Die Folge ist eine freiwillige gesetzliche oder eine private Absicherung, die häufig teurer ausfällt.
Da es mitunter an wenigen Monaten scheitert, kann eine sorgfältige Prüfung mit der eigenen Krankenkasse helfen, den Rentenbeginn taktisch zu wählen oder vorher noch fehlende gesetzliche Versicherungsmonate zu erreichen.
Steuern auf die Rente 2026: Besteuerungsanteil und individuelle BelastungSeit vielen Jahren gilt das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung. Maßgeblich ist das Jahr des erstmaligen Rentenbezugs. Wer 2026 in Rente geht, versteuert 84 Prozent der gesetzlichen Altersrente; 16 Prozent bleiben als persönlicher Rentenfreibetrag lebenslang steuerfrei. Ob tatsächlich Einkommensteuer anfällt, hängt vom individuellen Gesamteinkommen und den jeweils gültigen Grundfreibeträgen ab.
Zusätzliche Einkünfte – etwa aus Vermietung – können die Steuerpflicht auslösen, selbst wenn die Rente allein unter der Schwelle läge. Wer unsicher ist, sollte vorab rechnen lassen und sich steuerlich beraten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Antragstellung mit Vorlauf: drei bis vier Monate sind realistischAuch wenn die Unterlagen vollständig sind, benötigen Rentenanträge Bearbeitungszeit. Um Zahlungslücken zu vermeiden, empfiehlt es sich, den Antrag nicht erst auf den letzten Drücker zu stellen.
Ein Vorlauf von mindestens drei Monaten ist üblich; vier Monate geben zusätzliche Sicherheit, damit der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand finanziell reibungslos gelingt.
Fazit: Früh planen, gezielt steuernWer 2026 in Rente gehen will, profitiert von einer klaren Strategie. Eine aktuelle Rentenauskunft schafft Transparenz über Wartezeiten und passende Rentenarten.
Die Kontenklärung sichert lückenlose Zeiten und vermeidet unnötige Einbußen. Die Krankenversicherung muss mit Blick auf die Neun-Zehntel-Regel rechtzeitig geprüft werden. Steuerlich entscheidet das Einstiegsjahr über den Besteuerungsanteil; die individuelle Belastung richtet sich nach dem Gesamteinkommen.
Und für alle, die gesundheitlich eingeschränkt sind, kann die Anerkennung einer Schwerbehinderung zum entscheidenden Hebel werden, um früher und mit geringeren Abschlägen in den Ruhestand zu starten.
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Rente: Versicherung darf die Riester-Rente nicht nur kürzen – Neues Urteil
Die Allianz Lebensversicherungs AG durfte die Renten in ihren fondsgebundenen Riester-Verträgen bei sinkenden Renditen nicht einfach kürzen. Eine Vertragsklausel, die dies vorsieht, ohne zugleich eine Wiederanhebung der Renten bei besseren Renditen vorzusehen, benachteiligt Verbraucher unangemessen, urteilte am Donnerstag, 30. Januar 2025, das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Az.: 2 U 143/23).
Die Stuttgarter Richter ließen allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu.
Allianz durfte in Vertragsklausel Riester-Renten nicht nur kürzenAnlass des Rechtsstreits war ein im Jahr 2006 zwischen einem Verbraucher und der Allianz Lebensversicherungs AG geschlossener Vertrag über eine fondsgebundene Riester-Rente. Der Verbraucher sollte ab dem Jahr 2041 von der Riester-Rente als zusätzliche Altersvorsorge profitieren.
Laut Vertrag wurde ihm ein Rechnungszins von 2,75 Prozent zugesagt, was einer monatlichen Rente von 38,74 Euro pro 10.000 Euro Policenwert entspricht.
Doch dann berief sich die Allianz auf eine Vertragsklausel, die sie in den Monaten Juni bis November 2006 angewandt hatte. Danach reduzierte sie die Rente wegen nachhaltig gesunkener Kapitalerträge. Der Verbraucher sollte nun einen Rechnungszins von 1,25 Prozent und eine monatliche Rente von 30,84 Euro hinnehmen.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sah darin eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher und klagte auf Unterlassung.
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OLG Stuttgart sieht unangemessene Benachteiligung der VerbraucherDas OLG urteilte, dass die von der Allianz angewandte Klausel unwirksam sei und die Verbraucher unangemessen benachteilige. Denn die Klausel verfolge allein das Interesse des Versicherers, bei unzureichenden Erträgen die Rentenhöhe zu senken.
Eine Rückanpassung der Rente, wenn sich die Verhältnisse wieder gebessert haben, sei nicht vorgesehen. Zwar habe die Allianz freiwillig in späteren Schreiben mitgeteilt, dass sie die Rente wieder anheben werde, wenn die Renditen dies zulassen. Diese freiwillige Zusage ändere aber nichts an der Unwirksamkeit der Klausel.
Eine unangemessene Benachteiligung liege auch darin, dass dem Verbraucher nicht die Möglichkeit eingeräumt worden sei, auf die Rentenkürzung durch Einzahlung höherer Prämien zu reagieren.
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Bürgergeld und Sozialhilfe besser gleichzeitig beantragen
Wenn unklar ist, ob ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung besteht, oder auf eine andere, dann beantragen Sie vorsorglich beide. Sonst sitzen Sie am Ende auf einem Berg Schulden sitzen. Das folgt aus einem Urteil des Bundessozialgerichts. (B 4 AS 6/23 R)
Spanier suchen Arbeit in DeutschlandEin Ehemann und eine Ehefrau kamen aus Spanien nach Deutschland, um Arbeit zu finden. Sie waren auf Arbeitssuche, beantragten und bekamen von März bis September 2015 vorläufig Leistungen vom Jobcenter, also das heutige Bürgergeld.
Das Jobcenter zahlte die Mittel nur vorläufig, denn damals wusste niemand so genau, ob für ausländische Bürger der Europäischen Union, die nur zur Arbeitssuche in Deutschland sind. ein Anspruch auf das damalige ALG II bestand.
Der Europäische Gerichtshof klärte dann, dass die Arbeitssuche allein nicht zu ALG II (heute Bürgergeld) berechtigt. Deshalb setzte das Jobcenter den Leistungsanspruch rückwirkend auf Null und forderte von dem spanischen Paar 8.735,87 Euro zurück.
Das Sozialamt war zuständigDer Spanier und die Spanierin hatten also keinen Anspruch auf Leistungen des ALG II. Sie hätten hingegen Anspruch auf Sozialhilfe gehabt. Sie stellten aber keinen Antrag beim zuständigen Sozialamt.
Landessozialgericht gegen JobcenterDie Geschichte ging vor Gericht, denn das Ehepaar weigerte sich, dem Jobcenter die Erstattung zu leisten. Das Landessozialgericht lehnte den Anspruch des Jobcenters auf Erstattung ab.
Die Begründung lautete: Das spanische Ehepaar hätte bei der für Sozialhilfe zuständigen Behörde den Anspruch auf Leistungen in gleicher Höhe wie beim Jobcenter gehabt. Deshalb müsste das Sozialamt dem Jobcenter die Zahlungen erstatten, und nicht der Spanier und die Spanierin.
Bundessozialgericht sieht keine Verantwortung des SozialamtsDoch das Bundessozialgericht entschied für das Sozialamt. Das Jobcenter hätte keinen Anspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger, denn dieser hätte von möglichen Verpflichtungen nichts gewusst.
Ohne Antrag und ohne Kenntnis gibt es auch keine Pflicht zur Leistung der Behörde. (BSG, Urteil vom 11.09.2024, B 4 AS 6/23 R)
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Das spanische Ehepaar geriet in die Labyrinthe der deutschen Behördenbürokratie. Selbst Fachleute wissen häufig kaum, welches Amt für welche Situation der Ansprechpartner ist.
Der Wirrwarr an Zuständigekeiten zwingt Menschen, die Sozialleistungen beziehen, einen Großteil ihrer Zeit damit zu vergeuden, von einer Behörde zur nächsten zu laufen.
Wenn Sie endlich einen Termin bekommen, dann schiebt sie der Mitarbeiter am Ort zum nächsten Amt, und der dortige Sachbearbeiter weiß auch nicht, was Sache ist.
Von der Ausländerbehörde zum Jobcenter, von der Familien- zur Wohngeldstelle und zurück. Vorsprachen sind nur nach Terminabsprache möglich, und beim Termin kommt dann heraus: “Zuständig sind die anderen”. “Die Anderen” behaupten das allerdings ebenfalls im Kuddelmuddel zwischen SGB XII, Sozialhilfe, Mietzuschuss, Kindergeld oder BAföG.
Alles richtig gemacht, und dann kommt die KeuleDabei hatte das spanische Ehepaar alles richtig gemacht. Da sie in Spanien keine ausreichende Erwerbsarbeit fanden, suchten sie in Deutschland. Das ist die Freizügigkeit, die sie als EU-Bürger nutzten.
Das ALG II (heute Bürgergeld) war ausdrücklich für Arbeitssuchende eingeführt. Mehr noch: Erwerbsfähige verpflichten sich, alles zu tun, um in Arbeit zu kommen, und wer dies nicht tut, wird bestraft.
Die beiden EU-Bürger entsprachen also ideal den Anforderungen des damaligen ALG II, denn sie suchten sogar ausschließlich nach Arbeit. Sie beantragten also aus ihren Augen die für sie richtige Sozialleistung.
Wie sollen Leistungsberechtigte ahnen, was der Europäische Gerichtshof entscheidet? Das ist unmöglich, und auch das Jobcenter hatte davon auch keinen Schimmer.
Dass die Beiden (vorsorglich) Sozailhilfe beantragten, lag außerhalb ihres Horizonts – verständlicherweise. Sozialhilfe ist nämlich die Soziallleistung, die gilt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, sie springt vor allem dann ein, wenn Menschen nicht arbeiten können.
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Zusammenziehen beim Bürgergeld ohne eine Anrechnung und plus 57 Euro
Wer das Bürgergeld bezieht, ist bestimmten Regeln des Jobcenters unterworfen. Wer einen neuen Partner oder Partnerin kennenlernt und zusammenziehen will, muss mit Leistungseinbußen rechnen. Aber es gibt eine wichtige Regel, an die sich auch die Ämter halten müssen. Sie können nicht so einfach gleich eine Bedarfsgemeinschaft unterstellen.
Frisch verliebt: Zusammenziehen trotz Bürgergeld-Bezug eines oder beider Partner?Aber: Im ersten Jahr nach dem Zusammenziehen bleiben beide eigenständige Personen. Sie werden behandelt wie eine WG, danach werden sie nach den Regeln des Jobcenters zu einer sogeannten Bedarfsgemeinschaft.
Das hat für dieses Jahr zur Folge, dass nicht von einer gegenseitigen Unterstützung ausgegangen wird.
In der Berechnung wird also kein Einkommen des Partners beim Leistungsberechtigten angerechnet. Außerdem wird der volle Regelbedarf gezahlt, nicht der für Partner. Auswirkung sind +57€/Monat.
Nur die Miete für die nun zusammen bewohnte Wohnung wird nun auf beide hälftig verteilt – so kann es für den Erwerbstätigen sogar noch zu einer Entlastung kommen.
Rechtlicher Hintergrund§7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II:
“Zur Bedarfsgemeinschaft gehören (…)als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (…)eine Person die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.”
Dieser Wille wird in §7 Abs.3a SGB II genauer definiert:
“Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben (…)”
Folge: Unter einem Jahr keine Bedarfsgemeinschaft.
Es gibt aber auch Fälle in denen es gar kein “Probejahr” gibt:
- gemeinsames Kind
- Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (der neue Partner muss dafür aber auch real aktiv sein)
- befugt sind über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen
Was aber wenn das Jahr abgelaufen ist oder einer der drei anderen Punkte zutrifft?
In den oben genannten 4 Fällen gibt es eine Unterstützungsvermutung.
Die dann erwartete Unterstützung ist umfassend und beinhaltet Wohnkosten, Lebensunterhalt (Regelbedarf) und auch die häufig in dieser Situation vergessene Krankenkasse.
Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden.
Ansatzpunkte:
-
- Unterhaltszahlung für Kinder außerhalb der Bedarfsgemeinschaft
- Unterhaltszahlung für Kinder außerhalb der Bedarfsgemeinschaft
- Zahlung von Krediten, die eine Unterstützung ausschließen
- Beziehungen zu dritten Personen
- wenn der Partner sein Einkommen für eigene Zwecke nutzt (Hobbys)
- Zahlung von Krediten, die eine Unterstützung ausschließen
Wenn das Einkommen des Partners reicht um den Bedarf beider zu decken, stellt sich die Frage neben den Lebenskoste entweder 200€ für die freiwillige Krankenversicherung zu zahlen oder zu heiraten, dann greift die kostenfreie Mitversicherung in der Familienversicherung.
“Ungewollte” gesellschaftliche Folgen dieser VorschriftDiese Handhabung hat vielerlei Folgen:
- Paare die sich wieder trennen, da es finanzielle Probleme gibt
- Paare die sich aus finanziellen Gründen gegen das zusammenziehen entscheiden
- Paare die offiziell in 2 Wohnungen leben, eine Wohnung steht aber praktisch leer.
Gerade Punkt 2+3 stellen in angespannten Wohnungsmärkten eine Katastrophe dar, denn diese Wohnungen werden eigentlich dringend benötigt.
Auch finanziell entstehen dem Jobcenter unnötige Kosten für die Wohnung. Hier wäre die Politik gefragt, Abhilfe zu schaffen.
Eine Möglichkeit wäre, diese Paare zeitlich begrenzt nicht als Bedarfs- sondern als Haushaltsgemeinschaft (mit höheren Freibeträgen) laufen zu lassen oder generell Regelbedarf und Krankenversicherung weiter zu übernehmen.
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Keine Sozialhilfe ohne Patientendaten
Ohne Schweigepflichtentbindungserklärung für die behandelnden Ärzte gibt es keine Sozialhilfe. Eine Gewährung von Sozialhilfe nach dem 4. Kapitel des SGB XII ist nicht möglich, wenn die Klägerin trotz mehrmaliger Aufforderungen durch das Gericht die sie behandelnden Ärzte nicht angibt und diese auch nicht von ihrer Schweigepflicht entbindet.
Denn die Klägerin trägt die Beweislast für die Feststellung der Erwerbsminderung.
Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht zu Lasten desjenigen Beteiligten, der aus ihr eine günstige Rechtsfolge herleitet (vgl. BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 – B 11a AL 7/05 R; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 2010 – 1 BvR 20/10).
So lautet das aktuelle Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 19.09.2024 (L 7 SO 2826/23). Das Bundessozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin und die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt (BSG, Beschluss vom 04.06.2025, Az. B 8 SO 64/24 BH).
Kurzbegründung des GerichtsIn einem sozialgerichtlichen Verfahren, in dem – wie hier – die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Streit steht, ist diese aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes in vollem Umfang von Amts wegen zu ermitteln und aufzuklären (vgl. zur Ermittlungspflicht des Gerichts bei einer Feststellung des Rentenversicherungsträgers gemäß § 45 SGB XII: BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R; BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R – ).
Wenn mangels Vorliegen medizinischer Unterlagen nicht festgestellt werden kann, dass die Klägerin auf Dauer voll erwerbsgemindert ist, sind die Voraussetzungen für einen Anspruch nach dem Vierten Kapitel des SGB XII nicht nachgewiesen.
Verfassungswidrig wäre die Erhebung von Daten über den Gesundheitszustand – ohne Schweigepflichtentbindungserklärung
Die Erhebung von Informationen über den Gesundheitszustand eines Prozessbeteiligten durch die Sozialgerichte ohne eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung wäre verfassungswidrig.
Gerichte sind nicht gehalten, medizinische Ermittlungen ins Blaue zu veranlassenDie Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes endet dort, wo ein Beteiligter den ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nicht nachkommt (vgl. LSG NRW, Urteil vom 12. Januar 2017 – L 19 AS 1541/16 – ).
Die Einholung von Gutachten ist erst dann sachdienlich, wenn einem Gericht Erkenntnisse über Art und Umfang von gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorliegen, die eine gutachterliche Beurteilung zu begründen vermögen. Ein Gericht ist dagegen nicht gehalten, medizinische Ermittlungen ins Blaue zu veranlassen.
Hinweis vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock1. Grundsätzlich gehen die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der Hilfe zum Lebensunterhalt vor.
2. Der Vorrang greift jedoch nur dann ein, wenn tatsächlich ein Anspruch auf Grundsicherung besteht.
Daher ist zum Beispiel bei einem fehlenden oder unwirksamen Antrag auf Grundsicherungsleistungen Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten (BSG Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 13/08 R und Beschluss vom 27.07.2021 – B 8 SO 10/19 R).
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Schwerbehinderung: Versteckte Pflegekosten – so schließen Betroffene die Lücke
Pflegende Angehörige zahlen häufig drauf. Jede zweite innerhäusliche Pflege verursacht regelmäßige Zusatzkosten von durchschnittlich rund 138 Euro im Monat; bei außerhäuslicher Unterstützung meldet jede fünfte Pflegeperson solche Ausgaben – dort liegen sie im Schnitt bei etwa 226 Euro. Über beide Gruppen hinweg entstehen Median-Mehrkosten von rund 100 Euro pro Monat.
Gleichzeitig ist das Pro-Kopf-Einkommen in Haushalten mit innerhäuslicher Pflege geringer (ca. 16.220 Euro jährlich) als bei außerhäuslich Pflegenden (ca. 19.352 Euro). Da zwei Drittel der informellen Pflege außerhalb des eigenen Haushalts stattfinden, addieren sich Fahrten, Parken und kleine Besorgungen schnell zu einer spürbaren Finanzierungslücke.
Wo das Geld versickertDie größten Posten sind Anfahrt und Parken, spontane Einkäufe für den Alltag, Hygiene- und Pflegeartikel, Wäsche und zusätzlicher Stromverbrauch. Innerhalb des eigenen Haushalts fallen diese Kosten häufiger und in Summe stetig an; bei außerhäuslicher Pflege schlagen seltener, dafür teurere Einzelereignisse zu Buche, etwa längere Fahrten oder gebündelte Einkaufs- und Besorgungsrunden. Unterm Strich gerät das Monatsbudget schnell unter Druck – gerade, wenn Erwerbsarbeit reduziert wird oder Renteneinkommen ohnehin knapp kalkuliert ist.
Die wirksamsten Geldhebel – kompakt erklärtEntlastungsbetrag (131 Euro im Monat).
Für anerkannte Betreuungs- und Entlastungsleistungen steht ein monatliches Budget bereit. Dazu zählen stundenweise Unterstützung im Alltag und bestimmte haushaltsnahe Dienste über zugelassene Anbieter. Wichtig: vorab klären, welche Angebote anerkannt sind, Rechnungen sammeln und die Erstattung aktiv abrufen.
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (bis 42 Euro im Monat).
Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen und ähnliche Artikel können pauschal übernommen werden. Ein kurzer Antrag reicht, danach monatlich abrechnen oder beliefern lassen – ideal, um die laufenden Sachkosten zu neutralisieren.
Flexibles Jahresbudget für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege (3.539 Euro pro Jahr).
Seit Mitte 2025 sind beide Töpfe zusammengelegt und frei kombinierbar (ab Pflegegrad 2). Das ermöglicht planbare Entlastungstage, Übergangsphasen nach Klinikaufenthalten oder eine regelmäßige Auszeit für Hauptpflegepersonen – finanziell hinterlegt, statt aus dem Haushaltsbudget bezahlt.
Pflegeunterstützungsgeld (bis zu 10 Arbeitstage pro Jahr).
Muss Pflege akut organisiert werden, gibt es Lohnersatz. Das federt Verdienstausfälle ab, wenn Angehörige kurzfristig Arbeitszeit freimachen, um Versorgung, Hilfsmittel oder Dienste zu koordinieren.
Steuer-Check konsequent nutzen.
Fahrten und Parkkosten dokumentieren, Rechnungen für anerkannte Leistungen ablegen und jährlich prüfen, ob außergewöhnliche Belastungen, der Pflege-Pauschbetrag oder haushaltsnahe Dienstleistungen den Steuerbescheid spürbar senken. Oft lohnt sich das auch rückwirkend.
So wird aus der Lücke ein Plus – ein kurzes Rechenbeispiel
Angenommen, im Monat fallen 100 Euro Mehrkosten an: 35 Euro für Hygieneartikel und 65 Euro für stundenweise Entlastung. Nach einem kurzen Antrag übernehmen die Kassen die 35 Euro über die Pauschale für Pflegehilfsmittel (bis 42 Euro möglich).
Die 65 Euro laufen über den Entlastungsbetrag – damit ist die Lücke geschlossen und es bleibt sogar ein kleiner Puffer im Entlastungsbetrag für zusätzliche Stunden, falls einmal mehr Unterstützung nötig ist.
Fahrplan ohne Zeitverlust
Erstens den Pflegegrad prüfen oder neu beantragen; ohne Einstufung bleiben Budgets ungenutzt.
Zweitens eine Bedarfsliste anlegen: monatliche Fahrten, Parken, Hygiene, Wäsche, Strom sowie Stunden der Alltagsunterstützung.
Drittens die Pflegekasse anrufen, um anerkannte Anbieter und Formulare zu klären.
Viertens Anträge stellen: Entlastungsbetrag aktivieren, Pflegehilfsmittel zum Verbrauch beantragen, Entlastungstage über das Jahresbudget für Verhinderungs-/Kurzzeitpflege planen.
Fünftens Belege sammeln und einmal im Monat kontrollieren, ob Budgets ausgeschöpft sind und sich noch Steuerpotenzial ergibt.
Kontrolle schafft Luft zum Atmen
Ein fester Ordner oder eine simple Monatsmappe genügt: obenauf die aktuelle Bedarfsliste, dahinter Quittungen, Anbieterrechnungen und die Abrechnungen der Pflegekasse. Wer die eigenen Posten sauber trennt – Sachkosten über die Hilfsmittelpauschale, Dienstleistungen über Entlastungsbetrag oder Jahresbudget – merkt rasch, wie aus einem dauerhaften Minus ein kalkulierbares System mit spürbarer finanzieller Entlastung wird.
Fazit: Versteckte Pflegekosten lassen sich nicht immer vermeiden, aber gezielt neutralisieren. Wer die vorhandenen Budgets kennt, Anträge früh stellt und konsequent abrechnet, schließt die Lücke Monat für Monat – und schafft sich den Freiraum, der in belastenden Pflegesituationen dringend gebraucht wird.
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Rente 2026: Jahrgänge 61–63 dürfen diese Fehler nicht machen
Die Regelaltersgrenze steigt weiter. Für 1961 liegt sie bei 66 Jahren und 6 Monaten. Für 1962 sind es 66 Jahre und 8 Monate. Für 1963 gelten 66 Jahre und 10 Monate. Diese Grenzen gelten ohne Abschläge. Sie bilden den Fixpunkt jeder Planung.
Abschlagsfrei früher: 45-Jahre-Rente als SchlüsselOhne Abschläge früher zu gehen, gelingt mit 45 Versicherungsjahren. Diese Rente heißt „für besonders langjährig Versicherte“. Für 1961 ist der Start dann mit 64 Jahren und 6 Monaten möglich. 1962 erreicht die Grenze 64 Jahre und 8 Monate. 1963 liegt sie bei 64 Jahren und 10 Monaten.
Entscheidend sind echte 45 Jahre. Welche Zeiten zählen, ist klar geregelt. Arbeitszeiten, bestimmte Anrechnungszeiten sowie Pflege- oder Kindererziehungsphasen helfen. Bürgergeld zählt nicht für die 45 Jahre. Für die 35 Jahre können Anrechnungszeiten bei Arbeitslosigkeit mitzählen, wenn Sie ordnungsgemäß gemeldet waren.
Mit 35 Jahren möglich: Früher Start mit dauernden AbschlägenMit 35 Versicherungsjahren ist ein früher Start ab 63 möglich. Dann mindert jeder vorgezogene Monat die Rente um 0,3 Prozent. Die Kürzung wirkt lebenslang. Für 1961 bedeutet ein Start mit 63 einen Abschlag von 12,6 Prozent. Für 1962 sind es 13,2 Prozent. Für 1963 beträgt die Minderung 13,8 Prozent. Prüfen Sie, ob die Rechnung dauerhaft tragfähig bleibt.
Schwerbehinderung: Früher und oft günstigerMit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 eröffnen sich Sonderwege. Abschlagsfrei geht es für 1961 mit 64 Jahren und 6 Monaten. Für 1962 gelten 64 Jahre und 8 Monate. Für 1963 sind es 64 Jahre und 10 Monate. Wer früher startet, nimmt Abzüge in Kauf.
Der frühestmögliche Beginn liegt je nach Jahrgang bei rund 61 Jahren und einigen Monaten. Die maximalen Abschläge betragen 10,8 Prozent. Wichtig: Der Ausweis muss vor Rentenbeginn vorliegen.
KVdR: Die 9/10-Regel kann zur Kostenfalle werdenFür die Krankenversicherung der Rentner zählt die Vorversicherungszeit. In der zweiten Hälfte Ihres Erwerbslebens müssen Sie zu 90 Prozent gesetzlich versichert gewesen sein. Mitgliedschaft als Pflicht- oder freiwillig Versicherte zählt. Familienversicherung zählt ebenfalls.
Wer die Quote verfehlt, landet oft in einer teureren freiwilligen Versicherung. Knapp verfehlte Zeiten lassen sich mit einem späteren Rentenstart manchmal noch schließen. Klären Sie das rechtzeitig mit Ihrer Kasse.
Steuern: 2026 steigt der Besteuerungsanteil weiterRenten sind nachgelagert zu versteuern. Seit 2023 steigt der Besteuerungsanteil langsamer. Der Gesetzgeber erhöht jährlich um 0,5 Prozentpunkte. 2024 gelten 83 Prozent. 2025 gelten 83,5 Prozent. Für 2026 ergeben sich 84 Prozent.
Vollversteuerung ist erst ab Rentenbeginnjahr 2058 erreicht. Ob Sie tatsächlich Einkommensteuer zahlen, hängt vom Gesamteinkommen ab. Der festgeschriebene Rentenfreibetrag bleibt pro Kopf dauerhaft gleich.
Kontenklärung: Fehlende Zeiten kosten bares GeldFehlende Einträge im Versicherungskonto drücken die Rente. Lassen Sie deshalb früh die Kontenklärung durchführen. Reichen Sie Zeugnisse, Verträge und Erziehungs- oder Pflege-Nachweise ein. So schließen Sie Lücken, bevor der Antrag läuft. Das spart Nerven und vermeidet späte Korrekturen.
Antrag: Drei Monate sind MinimumOhne Antrag gibt es keine Rente. Empfohlen ist, den Antrag etwa drei Monate vor dem geplanten Start zu stellen. Wer Unterlagen nachreichen muss, verliert Zeit. Planen Sie daher frühere Termine ein.
Das gilt besonders bei Schwerbehindertenrenten. Hier gehört der Feststellungsbescheid in die Mappe. Eine Nachzahlung gibt es höchstens für drei Monate vor dem Antragsmonat. Wer später beantragt, verliert die Zwischenmonate endgültig
Praxis-Check: So strukturieren Sie die EntscheidungBeginnen Sie mit der Zielgröße. Wollen Sie ohne Abschläge gehen? Dann prüfen Sie die 45-Jahre-Wartezeit mit Belegen. Fehlen Monate, suchen Sie nach anrechenbaren Zeiten. Kindererziehung und Pflege helfen häufig. Prüfen Sie danach die Krankenversicherung.
Die 9/10-Regel entscheidet über den Beitrag im Ruhestand. Ermitteln Sie die Steuerwirkung. Nutzen Sie den voraussichtlichen Besteuerungsanteil und den Grundfreibetrag für 2026. Rechnen Sie für 35-Jahre-Fälle mit den dauerhaften Abschlägen. Legen Sie dann den Startmonat fest. So vermeiden Sie spätere Korrekturen.
Jahrgangs-Steckbrief 1961–1963 (Kurzüberblick)- Jahrgang 1961: Regelalter 66 Jahre + 6 Monate. Abschlagsfrei vorgezogen mit 45 Jahren: 64 Jahre + 6 Monate.
Mit 63: 12,6 Prozent Abschlag.
Schwerbehindert abschlagsfrei: 64 Jahre + 6 Monate.
Frühestmöglich schwerbehindert: 61 Jahre + 6 Monate. - Jahrgang 1962: Regelalter 66 Jahre + 8 Monate. Abschlagsfrei vorgezogen mit 45 Jahren: 64 Jahre + 8 Monate.
Mit 63: 13,2 Prozent Abschlag.
Schwerbehindert abschlagsfrei: 64 Jahre + 8 Monate.
Frühestmöglich schwerbehindert: 61 Jahre + 8 Monate. - Jahrgang 1963: Regelalter 66 Jahre + 10 Monate. Abschlagsfrei vorgezogen mit 45 Jahren: 64 Jahre + 10 Monate.
Mit 63: 13,8 Prozent Abschlag.
Schwerbehindert abschlagsfrei: 64 Jahre + 10 Monate.
Frühestmöglich schwerbehindert: 61 Jahre + 10 Monate.
Sichern Sie Ihre Belege. Vereinbaren Sie eine Kontenklärung. Klären Sie die KVdR-Vorversicherungszeit mit Ihrer Krankenkasse. Prüfen Sie die 45-Jahre-Regel mit allen anrechenbaren Zeiten. Rechnen Sie die Steuerwirkung mit dem voraussichtlichen Anteil 2026 durch. Stellen Sie den Rentenantrag mindestens drei Monate vor Start. So vermeiden Sie Zahlungslücken.
Diese Fehler darf man nicht machenStarten Sie erst, wenn alle entscheidenden Monate erfüllt sind. Ein zu früher Beginn kann die KVdR-Quote reißen und jahrelang höhere Beiträge auslösen. Stellen Sie den Antrag rechtzeitig; sonst gehen mehr als drei Monate endgültig verloren.
Prüfen Sie die 45 Jahre exakt und zählen Sie Kinder- und Pflegezeiten vollständig mit. Planen Sie den Startmonat so, dass die Quote aufgeht. Liegt ein GdB von 50 oder mehr vor, sichern Sie den Bescheid vorher. Sonst entfällt der günstigere Weg. Beenden Sie den Job erst, wenn alle Zeiten gesichert sind. Schließen Sie Lücken und klären Sie Zweifelsmonate schriftlich.
Der Beitrag Rente 2026: Jahrgänge 61–63 dürfen diese Fehler nicht machen erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Jobcenter verlangte rechtswidrig Wohnungsverkauf: Bürgergeld-Bezieher wehrt sich Jahrelang
Obwohl während der Corona-Pandemie Jobcenter die Angemessenheit der Wohnung nicht prüfen durften, drängten sie oftmals trotzdem Leistungsberechtigte, die Wohnkosten zu senken. Ein Urteil des Bundessozialgerichts bestätigt, dass diese Jobcenter rechtswidrig handelten. (Az: B 4 AS 4/23 R)
Jetzt meldet sich ein Betroffener zu Wort.
Während der Corona-Pandemie war die Vermögensprüfung ausgesetztEr schreibt: “Mit Ausbruch der Corona Pandemie 2020 wurde bekanntlich der Paragraph 67 SGB II eingeführt, der die Aussetzung der Vermögensprüfung u. a. bei selbstgenutztem Wohneigentum regelt.”
Jobcenter verlangt rechtswidrig WohnungsverkaufDas für ihn zuständige Jobcenter missachtete jedoch, seinen Worten nach, völlig willkürlich, diese gesetzliche Neuregelung und verlangte, dass er sein Wohneigentum verkaufe. Es verlangte Nachweise für Verkaufsbemühungen und drohte, so der Betroffene, ansonsten die Leistungen komplett zu streichen.
Zudem forderte das Jobcenter Sicherungshypotheken für das Gewähren der Leistungen, die nur über ein Darlehen möglich waren.
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Der Betroffene legte mehrfach Widerspruch ein zwischen März 2020 und Dezember 2021 und verwies dabei ausdrücklich auf die neue Rechtslage. Das Jobcenter beachtete diese nicht, sondern reagierte erst nach siebzehn Monaten mit einem Widerspruchsbescheid, der zudem immer noch fehlerhaft gewesen sei.
Der Leistungsberechtigte brachte die Angelegenheit vor das zuständige Sozialgericht, wobei die Reaktion auf die Klage weitere zwei Jahre brauchte.
Am Ende lenkt das Jobcenter einAm Ende, also nach fast drei Jahren, so der Leistungsberechtigte, lenkte das Jobcenter dann ein und verwies jetzt auf die neue gesetzliche Regelung, änderte diesbezüglich die vorher bezogene Leistung in eine Zuschussleistung und löschte die dinglichen Sicherheiten.
Willkür und beabsichtigter Druck”Der Betroffene schreibt: “Dieser Vorfall zeigt die Willkür und den beabsichtigten Druck, der durch die Jobcenter rechtswidrig auf Leistungsempfänger ausgeübt wird. Wenn ich als einfacher Leistungsempfänger genauestens über diese Regelung Bescheid wusste, so doch auch die Mitarbeiter des Jobcenters. Spätestens mein erster Widerspruch mit dem entsprechenden Hinweis wäre für das Jobcenter Grund zur näheren Klärung gewesen.”
Keine Konsequnzen für die VerantwortlichenDer Betroffene schreibt von “eindeutig willkürlichem Verwaltungshandeln”, für dass die Verantwortlichen keinerlei Konsequenzen hätten ziehen müssen, “eine Rüge oder ähnliches.” Die Devise für das Jobcenter leute “weiter so”.
Wieviele Fälle bleiben unbekannt?Dieser Betroffene wehrte sich gegen das rechtswidrige Verhalten des Jobcenters und schöpfte die rechtlichen Mittel von Widerspruch innerhalb der Behörde bis zur Klage vor dem Sozialgericht aus.
Er schließt aber vollkommen richtig: “Ich möchte mir nicht ausdenken, in wie vielen Fällen die Leistungsempfänger aus Angst oder Unwissenheit keine Gegenwehr aufbauen.”
Der Beitrag Jobcenter verlangte rechtswidrig Wohnungsverkauf: Bürgergeld-Bezieher wehrt sich Jahrelang erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Bürgergeld: Mitteilungspflicht trifft nur jene, die Bürgergeld beantragen oder erhalten
Mit wegweisenden Urteil gibt das Sozialgericht Berlin Az. S 11 AS 1929/20 bekannt, dass im Haushalt mit SGB II-beziehenden Eltern lebende volljährige U25-Kind mit bedarfsdeckendem eigenem Einkommen nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist.
In der Regel ist der Volljährige auch weder mitteilungspflichtig ( § 60 SGB 1 ) noch kann ihm grob fahrlässige Unkenntnis vorgehalten werden, wenn dieser U25-Person in einem nur an einen Elternteil gerichteten Bewilligungsbescheid Leistungsansprüche nach dem SGB II zugewiesen werden, die ihm materiell-rechtlich nach dem SGB II nicht zustehen.
Eine Zurechnung von Verschulden des Vertreters der Bedarfsgemeinschaft erfolgt nur im Rahmen einer gewillkürten Vertretung bzw. rechtsgeschäftlichen Vollmacht oder Duldungsvollmacht.
Das Jobcenter muss bei mehreren volljährigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft bzw. in einer Familiengemeinschaft durchaus damit rechnen, dass derjenige, der die Leistungen beantragt und die Bescheide erhält (§ 38 SGB II), nicht die anderen Bedarfsgemeinschafts- bzw. Familienmitglieder informiert, insbesondere wenn es Hinweise auf eine gestörte Bedarfsgemeinschaft gibt oder – wie hier – erwachsene Kinder unter 25 Jahre aufgrund eignen Einkommens mal Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sind, mal nicht.
Dies erscheint schon deshalb sachgerecht, weil – anders als im Verhältnis der Eltern zu ihren minderjährigen Kindern – bei einem volljährigen Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft eine Zurechnung von Verschulden des Vertreters nur im Rahmen einer gewillkürten Vertretung bzw. rechtsgeschäftlichen Vollmacht oder Duldungsvollmacht erfolgen kann (vgl. z.B. Landessozialgericht Hamburg vom 20.10.2011 – L 5 AS 87/08 – ).
FazitDer Rückforderungsbescheid des Jobcenters an das volljährige Kind war aufzuheben, denn der Tatbestand nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X war – nicht erfüllt.
Die Kammer hatte auch keine Zweifel daran, dass dem Kläger die beiden Bescheide – mit denen ihm durch die Herausnahme seines Erwerbseinkommens rückwirkend ein monatlicher Leistungsbetrag zugewiesen wurde – nicht bekannt geworden sind und er diese Gelder auch nicht erhalten hat.
In der Familie waren sich die Eltern einig, die Söhne aus den Angelegenheiten mit dem Jobcenter herauszuhalten und nicht zu informieren. Für die Kammer ist deutlich geworden, dass die an den Vater gerichteten Bescheide den Söhnen nicht vorgelegt worden und der erfolgten Bewilligung auch nicht gemeinsam mit den erwachsenen Söhnen besprochen worden sind.
Was sollten Bürgergeld Familien, welche mit erwachsenen Kindern zusammen wohnen, welche wohl möglich keine Leistungen beziehen, beachten?1. Sind die erwachsenen Kinder nicht hilfebedürftig nach dem SGB II ( § 9 ), weil sie über eigenes Einkommen verfügen, sind sie auch kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft.
2. Eine Zurechnung des Verschuldens nach allgemeinen Regeln (§§ 166, 278 BGB) unter volljährigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft kann jedenfalls nicht über § 38 SGB 2 begründet werden. Sie kommt vielmehr nur in den Fällen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht oder einer gesetzlichen Vertretung in Betracht. Die rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht kann ausdrücklich erteilt werden, aber auch konkludent in Form einer sog Duldungsvollmacht.
3. Das Vorliegen einer Duldungsvollmacht setzt voraus, dass das vertretene Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Kenntnis vom Verhalten des Vertreters hat und dies stillschweigend duldet , was in diesem Einzelfall nicht so war, denn die Eltern hielten die erwachsenen Söhnen aus den Angelegenheiten mit dem Jobcenter raus.
4. Bewilligungsbescheide des Jobcenters sollten gründlich gelesen werden und es muss kontrolliert werden, ob die Berechnungen stimmen.
5. Das Jobcenter muss bei mehreren volljährigen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft bzw. in einer Familiengemeinschaft durchaus damit rechnen, dass derjenige, der die Leistungen beantragt und die Bescheide erhält (§ 38 SGB II), nicht die anderen Bedarfsgemeinschafts- bzw. Familienmitglieder informiert, deshalb sollten im Einzelfall auch die anderen Nicht Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vom Jobcenter informiert werden, so auch der Hinweis des Gerichts.
6. Wer es duldet, dass ein Dritter für ihn Leistungen nach dem SGB II beantragt, muss sich dessen Verhalten nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zurechnen lassen ( vgl. BSG, Urt. v. 08.12.2020 – B 4 AS 46/20 R -).
Wer die Vollmacht nicht widerruft, haftet, so das Landessozialgericht Niedersachsen – Bremen Az. L 11 AS 330/22.
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Bürgergeld: Jobcenter muss Autoreparatur zahlen
Viele Menschen in Deutschland arbeiten hart, verdienen jedoch so wenig, dass sie ergänzend Bürgergeld beziehen müssen. Für sie ist das Auto häufig kein Luxus, sondern die einzige praktikable Brücke zum Arbeitsplatz. Fällt dieses Fahrzeug aus, drohen nicht nur verpasste Schichten, sondern oft der Verlust des Jobs – mit allen Folgekosten für die Betroffenen und die Allgemeinheit.
Ein Verfahren vor dem Sozialgericht Mainz zeigt, wie eng Leistungsgewährung, Arbeitsmarktintegration und Lebensrealität zusammenhängen – und wo Jobcenter ihre Ermessensentscheidung sorgfältiger ausrichten müssen.
Der konkrete Fall: Geringes Einkommen, zwei Jobs, ein Auto – und zwei BescheideDie Klägerin arbeitet als Reinigungskraft bei zwei Arbeitgebern. Trotz Erwerbstätigkeit reicht das Einkommen nicht aus; sie und ihr Ehemann sind auf aufstockendes Bürgergeld angewiesen.
Für die Wege zu ihren Arbeitsorten ist die Frau auf ein Auto angewiesen, das auf den Ehemann zugelassen ist. Bereits im Vorjahr hatte das Jobcenter notwendige Reparaturkosten in Höhe von 572,89 Euro als Zuschuss übernommen.
Im Folgejahr lehnte die Behörde jedoch die Übernahme weiterer 585,93 Euro ab – darunter Kosten im Zusammenhang mit der fälligen Hauptuntersuchung.
Die Begründung folgte einer strengen Wirtschaftlichkeitslogik. Angesichts von Verschleiß und Fahrzeugalter, so das Jobcenter, sei absehbar gewesen, dass Reparaturen anstünden. Rücklagen hätten gebildet werden müssen, notfalls aus dem monatlichen Einkommensfreibetrag.
Zudem liege die Instandhaltung in der Verantwortung des Halters. Weder Notwendigkeit noch Zweckmäßigkeit sah die Behörde gegeben und blieb damit bei ihrer Absage.
Alltag und Regelsatz: Die Theorie vom Sparen und die Praxis der WegstreckenWas auf dem Papier nach plausibler Anforderung klingt, scheitert im Alltag vieler Aufstockender an den harten Rändern des Budgets. Der aktuelle Regelsatz weist für alleinstehende Erwachsene einen Anteil von 50,50 Euro im Bereich Verkehr aus. Aus diesem Betrag müssen allerdings laufende Kosten wie Kraftstoff, Versicherung, Kfz-Steuer und gelegentliches Parken bestritten werden.
Ein Puffer für unvorhergesehene Reparaturen entsteht daraus kaum. Für Beschäftigte mit atypischen Arbeitszeiten oder wechselnden Einsatzorten ist der ÖPNV zudem nicht immer eine tragfähige Alternative. Die Vorstellung, planvoll für jede mögliche Defektlage Rücklagen zu bilden, bleibt so häufig eine Fiktion.
Eingliederung in Arbeit als AuftragVor diesem Hintergrund stellte das Sozialgericht Mainz die arbeitsmarktpolitische Zielsetzung des Sozialrechts in den Mittelpunkt. Nach § 16f Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 SGB II sind Jobcenter verpflichtet, Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu erbringen, wenn dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden, beendet oder verkürzt werden kann.
Ob eine Maßnahme geeignet ist, wird im Wege einer Prognose entschieden. Zentrale Frage ist dabei, ob die Chancen der oder des Leistungsberechtigten auf Erwerbstätigkeit durch die Leistung steigen.
Genau das bejahte das Gericht im Fall der Reinigungskraft. Ohne fahrtüchtiges Fahrzeug hätte sie ihre Tätigkeiten nicht ausüben können. Sie darf einen zumutbaren Job nicht mit der Begründung ablehnen, es fehle ihr an einem Auto; entsprechend kann das Jobcenter die Förderung notwendiger Mobilität nicht grenzenlos verweigern.
Die beantragten Reparaturkosten waren aus dieser Perspektive nicht ein bloßer Privataufwand, sondern Bestandteil der Sicherung fortbestehender Beschäftigung.
Wirtschaftlichkeit neu betrachtet: Vergleich mit Sozialausgaben statt reiner VerschleißrechnungDie Entscheidung des Jobcenters kranke, so die Richterinnen und Richter, an einem verkürzten Wirtschaftlichkeitsverständnis. Die Behörde hatte im Wesentlichen auf das Alter des Wagens, die Verschleißlage und die vermeintlich voraussehbare Reparaturnotwendigkeit abgestellt.
Was fehlte, war die Gegenüberstellung der beantragten Unterstützung mit den Folgekosten eines Beschäftigungsverlusts. Wenn der Ausfall des Autos dazu führt, dass eine Arbeitnehmerin ihre Stellen aufgeben muss, steigen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig deutlich an.
Eine Reparatur im Umfang von unter 600 Euro kann sich damit – fiskalisch wie sozial – als die ökonomisch und integrationspolitisch sinnvollere Entscheidung erweisen.
Prognosepflicht und AlternativenprüfungJobcenter verfügen bei Leistungen zur Eingliederung in Arbeit über Ermessen. Dieses Ermessen muss jedoch ordnungsgemäß ausgeübt werden. Dazu gehört, die individuelle Lage, die arbeitsmarktliche Funktion des Fahrzeugs und verfügbare Alternativen realistisch zu würdigen.
Im vorliegenden Fall monierte das Gericht, dass eine tragfähige Alternativenprüfung unterblieb. Weder wurde aufgezeigt, wie die Klägerin ihre wechselnden Arbeitsstätten ohne Auto zuverlässig erreichen könnte, noch wurde der prognostische Nutzen der Reparatur in Relation zu künftigen Sozialausgaben bewertet. Die Ablehnung erwies sich damit als rechtswidrig.
Signalwirkung ohne Bindungswirkung: Was Betroffene mitnehmen könnenDas Urteil des Sozialgerichts Mainz (Az. S 10 AS 654/18) entfaltet keine unmittelbare Bindungswirkung für alle vergleichbaren Fälle, da es sich um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt. Gleichwohl besitzt es Orientierungscharakter.
Es macht deutlich, dass die Absicherung notwendiger Mobilität Teil einer ernst gemeinten Eingliederungsstrategie sein kann und dass Wirtschaftlichkeit im SGB-II-Kontext mehr meint als die kurzfristige Betrachtung einzelner Rechnungspositionen.
Für Betroffene, die in ähnlicher Lage eine Ablehnung erhalten, kann das Urteil als Argumentationshilfe in Anträgen oder Widersprüchen dienen. Entscheidend ist, den konkreten Arbeitsbezug der Reparatur nachvollziehbar darzulegen, die Unerlässlichkeit des Fahrzeugs für die Erfüllung der Arbeitsverpflichtungen zu belegen und die Unmöglichkeit hinreichender Rücklagen aus dem Regelsatz plausibel zu machen.
Einordnung: Aufstocker sind keine Beschäftigten zweiter KlasseDie Diskussion berührt einen sensiblen Punkt der Arbeitsmarktpolitik. Wer trotz Erwerbsarbeit auf Bürgergeld angewiesen ist, darf nicht wie eine Arbeitnehmerin zweiter Klasse behandelt werden.
Die Erwartung, Mobilität in jeder Lage privat sicherzustellen, blendet die strukturellen Bedingungen vieler Niedriglohnbranchen aus, in denen Einsatzzeiten frühmorgens, spätabends oder an wechselnden Orten üblich sind.
Dort ist das Auto oftmals nicht Ausdruck von Komfort, sondern funktionale Voraussetzung zur Teilnahme am Erwerbsleben. Wird dieser Umstand verkannt, droht aus formaler Sparsamkeit substantielle gesellschaftliche und fiskalische Unvernunft.
Präzisere Prüfkriterien statt pauschaler Verweise aufs SparenDas Verfahren aus Mainz legt nahe, dass Jobcenter ihre Prüfkriterien schärfen sollten. Prognoseentscheidungen brauchen eine transparente Abwägung zwischen kurzfristigen Unterstützungskosten und den mittelfristigen Folgen für Beschäftigung und Leistungsbezug.
Pauschale Hinweise auf Sparmöglichkeiten verfehlen die Lebenswirklichkeit vieler Aufstockerhaushalte. Gefordert ist eine einzelfallbezogene Betrachtung, die Mobilität als Teil der Erwerbsintegration versteht, statt sie a priori zu privatisieren.
FazitDie Botschaft des Mainzer Urteils ist klar. Wer arbeitet und auf ergänzende Leistungen angewiesen ist, hat Anspruch auf eine ermessensgerechte, am Integrationsziel ausgerichtete Entscheidung. Notwendige Autoreparaturen können in diesem Rahmen förderfähig sein, wenn sie die Fortsetzung von Erwerbstätigkeit sichern. Jobcenter sind gehalten, über den Werkstattkostenvoranschlag hinauszublicken und die gesamtwirtschaftlichen Folgen abzuwägen.
So wird aus einer vermeintlich kleinen Reparaturfrage eine große sozialpolitische Aufgabe: die Stabilisierung von Erwerbsbiografien und die nachhaltige Reduzierung von Hilfebedürftigkeit.
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