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Spontane Proteste in Nord- und Ostsyrien gegen Aleppo-Blockade

7. Oktober 2025 - 2:00

In mehreren Städten Nord- und Ostsyriens haben zahlreiche Menschen ihre Solidarität mit der Bevölkerung der abgeriegelten Aleppoer Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê zum Ausdruck gebracht. In Städten wie Qamişlo, Hesekê, Tirbespiyê, Dêrik, Raqqa, Tabqa und Kobanê kam es in der Nacht zum Dienstag zu spontanen Protestzügen.

 

Kobanê

Die Demonstrierenden verurteilten das Vorgehen der islamistischen Übergangsregierung, die die Zugangsstraßen zu den beiden mehrheitlich kurdisch bewohnten Stadtvierteln blockiert und militärisch gegen die Bevölkerung vorgeht.

 

Kobanê

Die Protestierenden forderten die sofortige Aufhebung der Blockade, den Rückzug schwerer Waffen aus Wohngebieten und ein Ende der Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Zugleich würdigten sie den „Widerstandswillen der Menschen in Şêxmeqsûd und Eşrefiyê“, wie es in mehreren Reden hieß.

 

Qamişlo

Truppen der selbsternannten Führung in Damaskus greifen die Viertel seit Montagabend mit Mörsergranaten und gepanzerten Fahrzeugen an. Dabei kam es infolge des Einsatzes von scharfer Munition und Tränengas zu Verletzten unter der Bevölkerung in Şêxmeqsûd und Eşrefiyê.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/asayis-morserangriffe-auf-Sexmeqsud-und-esrefiye-48269 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-machen-Ubergangsregierung-fur-eskalation-in-aleppo-verantwortlich-48268 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/schusse-auf-protestierende-in-kurdischen-vierteln-von-aleppo-48267

 

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Asayîş: Mörserangriffe auf Şêxmeqsûd und Eşrefiyê

7. Oktober 2025 - 2:00

Die Lage in der nordsyrischen Stadt Aleppo spitzt sich weiter zu: Truppen der islamistischen Übergangsregierung haben auch nach Mitternacht ihre Angriffe auf die kurdischen Stadtviertel Şêxmeqsûd und Eşrefiyê fortgesetzt. Dabei kamen unter anderem Mörsergranaten zum Einsatz, wie auf Videos zu sehen ist.

Die Behörde für Innere Sicherheit (Asayîş) gab an, dass die Angriffe aus mehreren Richtungen verübt werden – unter anderem aus dem Bereich des Cela-Viertels, nahe dem Benda Cizîrê-Gebiet sowie aus der Umgebung des allgemeinen Krankenhauses. Auch am Verkehrsknotenpunkt Layramoun und in der Umgebung des Shihan-Kreisels komme es zu intensiven Gefechten.

 


Die Asayîş in Şêxmeqsûd und Eşrefiyê teilte weiter mit, dass die Angriffe zunächst abgewehrt wurden, sich die Gefechte an mehreren Punkten jedoch fortsetzen. Die Behörde warnte davor, dass sich die Sicherheitslage im Raum Aleppo durch die fortgesetzten Angriffe weiter verschlechtern könne.

 


Die beiden überwiegend kurdisch bewohnten Viertel sind kürzlich von der selbsternannten Übergangsregierung in Damaskus durch Erdbarrieren weitgehend vom restlichen Stadtgebiet abgeriegelt worden – zusätzlich zu einem Embargo und Sperrungen wichtiger Verbindungsstraßen. Die Abriegelung hatte bereits am Montag zu Protesten geführt. Mindestens 15 Personen sind laut lokalen Gesundheitsstellen verletzt worden, als Regierungstruppen das Feuer auf Demonstrierende eröffneten.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-machen-Ubergangsregierung-fur-eskalation-in-aleppo-verantwortlich-48268 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/schusse-auf-protestierende-in-kurdischen-vierteln-von-aleppo-48267 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/explosion-in-esrefiye-48257

 

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QSD machen Übergangsregierung für Eskalation in Aleppo verantwortlich

7. Oktober 2025 - 2:00

Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben Berichte über eine angebliche Beteiligung an Auseinandersetzungen in der nordsyrischen Stadt Aleppo dementiert. In einer schriftlichen Stellungnahme wies das Bündnis am Montagabend Vorwürfe zurück, wonach ihre Einheiten Kontrollpunkte der islamistischen Übergangsregierung in den kurdischen Stadtvierteln Şêxmeqsûd und Eşrefiyê angegriffen hätten. Dort kommt es aktuell zu Angriffen durch Regierungstruppen auf die Zivilbevölkerung und Gefechten.

„Diese Behauptungen entbehren jeder Grundlage“, heißt es in der Erklärung. Die QSD hatten sich im Rahmen eines Abkommens vom 1. April vollständig aus Aleppo zurückgezogen und sind seither nicht mehr dort präsent.

The Kurdish security forces in Aleppo are holding the 2 neighbourhoods they control.
The attacks by the Syrian Government are being repelled. pic.twitter.com/JoM1yjVqZo

— ScharoMaroof (@ScharoMaroof) October 6, 2025

Das Bündnis macht stattdessen Damaskus für die Eskalation verantwortlich. Deren Einheiten haben in den vergangenen Wochen eine strikte Abriegelung der beiden Stadtviertel im Norden Aleppos durchgesetzt, humanitäre Hilfslieferungen unterbunden und gezielte Provokationen gegenüber der Zivilbevölkerung verübt – darunter auch Entführungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit an Kontrollpunkten.

Die Lage habe sich zuletzt weiter zugespitzt: „Militärische Einheiten versuchen mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen in die Viertel vorzudringen, während gleichzeitig Angriffe mit Mörsergranaten und Drohnen gemeldet werden“, heißt es in der Stellungnahme. Dabei ist es bisher zu 15 Verletzten unter der Zivilbevölkerung gekommen. Außerdem wurde privates Eigentum erheblich beschädigt.

These are Jolani Syrian Government Forces who are attacking the Kurdish controlled neighbourhoods in Aleppo - they are aimlessly shooting in the general direction of the neighbourhood, trying to maximise civilian casualties and damages to the infrastructure/buildings https://t.co/HopKDKzabV pic.twitter.com/XbWhhQJ1bh

— ScharoMaroof (@ScharoMaroof) October 6, 2025

Die QSD betonen, dass sich die Menschen in den betroffenen Vierteln aufgrund der fortgesetzten Angriffe zunehmend gezwungen sähen, sich zu verteidigen. Die Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung liege weiterhin bei den lokalen Selbstverwaltungsstrukturen, insbesondere bei den Einsatzkräften der Inneren Sicherheit (Asayîş).

„Wir halten die Regierung in Damaskus unmittelbar verantwortlich für die anhaltende Blockade, die systematischen Übergriffe und die jüngste Eskalation, die das Leben und die Würde der Menschen gefährdet sowie die Stabilität der gesamten Region untergräbt“, erklärten die QSD. Zugleich appellierte das Bündnis an internationale und humanitäre Organisationen, rasch und wirksam einzugreifen. Die Blockade müsse beendet und die Angriffe auf Zivilpersonen gestoppt werden.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/schusse-auf-protestierende-in-kurdischen-vierteln-von-aleppo-48267 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/explosion-in-esrefiye-48257 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-sperrt-wichtige-verbindung-aleppo-raqqa-48133 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/dair-hafir-sieben-angehorige-von-qsd-und-asayis-bei-angriffen-verletzt-48253

 

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Schüsse auf Protestierende in kurdischen Vierteln von Aleppo

7. Oktober 2025 - 0:00

In der nordsyrischen Metropole Aleppo ist es am Montag zu erheblichen Spannungen gekommen, nachdem Truppen der selbsternannten Übergangsregierung die überwiegend kurdisch bewohnten Stadtviertel Şêxmeqsûd und Eşrefiyê vollständig abgeriegelt haben. Alle Zufahrtsstraßen wurden mit Erdbarrieren blockiert, in der Umgebung sind schwere Waffen stationiert worden.

Die Abriegelung löste in beiden Vierteln Proteste der Zivilbevölkerung aus. Zahlreiche Bewohner:innen versammelten sich auf der Straße, um gegen die Maßnahme zu demonstrieren und eine Aufhebung der Blockade zu fordern. Der Volksrat beider Stadtteile hatte zuvor zum friedlichen Protest aufgerufen.

 


Bei der Kundgebung kam es zu einem gewaltsamen Vorgehen durch Einheiten der Übergangsregierung. Dabei wurden scharfe Waffen eingesetzt, Kleindrohnen flogen über die Köpfe der Protestierenden hinweg. Lokale Gesundheitsstellen sprechen von mindestens 15 Verletzten, teils schwer. Nach noch unbestätigten Angaben könnte es auch Todesopfer gegeben haben. Einsatzkräfte der Inneren Sicherheit der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (Asayîş) griffen zum Schutz der Zivilbevölkerung in die Situation ein. Es kommt zu vereinzelten Schusswechseln.

 


Aufruf zur Deeskalation mit Munition beantwortet

Die Demonstrierenden hatten zuvor zur Deeskalation aufgerufen und eine Rückkehr zum Dialog gefordert. „Wir lehnen jegliche Form von Spaltung und Gewalt ab. Die Menschen in Şêxmeqsûd und Eşrefiyê sind Teil der syrischen Gesellschaft“, erklärte eine Vertreterin des Volksrats. Die Protestierenden betonten, es gehe ihnen nicht um Konfrontation, sondern um ein Ende der Abriegelung und die Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit.

Der Volksrat der Viertel erklärte, die Blockade verstoße gegen das im April dieses Jahres zwischen der Übergangsregierung in Damaskus und der lokalen Selbstverwaltung getroffene Vereinbarung, die unter anderem die Sicherheitsverantwortung und den Zugang zu Versorgungsrouten regelte.

 


Die aus der Dschihadistenkoalition „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) hervorgegangene syrische Übergangsregierung war im vergangenen Jahr nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad gebildet worden und beansprucht inzwischen auch militärische und verwaltungstechnische Kontrolle über Teile der nordostsyrischen Autonomieregion. Die Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê stehen unter Selbstverwaltung, haben am 1. April aber eine Kooperation mit Damaskus vereinbart.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-errichtet-barrieren-in-kurdischen-vierteln-von-aleppo-48181 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/explosion-in-esrefiye-48257 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/dair-hafir-sieben-angehorige-von-qsd-und-asayis-bei-angriffen-verletzt-48253 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/strassensperre-der-syrischen-regierung-behindert-reiseverkehr-im-nordosten-48245 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/rat-von-Sexmeqsud-und-esrefiye-verurteilt-verstosse-gegen-abkommen-48196

 

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TJA-Frauen protestieren vor Sincan-Gefängnis für Recht auf Hoffnung

6. Oktober 2025 - 22:00

Der am Mittwoch in Amed (tr. Diyarbakır) gestartete Friedensmarsch der Bewegung freier Frauen (TJA) hat das Einzugsgebiet der türkischen Hauptstadt Ankara erreicht. Vor dem Gefängniskomplex im Kreis Sincan forderten die Aktivistinnen heute die Freilassung politischer Gefangener und die Umsetzung des „Rechts auf Hoffnung“ ein.

Unter Parolen wie „Lang lebe der Gefängniswiderstand“ und „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) zogen die rund 250 Demonstrierenden vor den Eingang des Geländes mit mehreren Haftanstalten. Dort verlasen Vertreterinnen eine Erklärung und übermittelten solidarische Grüße an die Inhaftierten im Frauengefängnis.

„Wir erwarten, dass Abdullah Öcalan freigelassen wird“

„Für echten Frieden ist ein glaubwürdiger Schritt nötig“, erklärte TJA-Aktivistin Zeynep Sipcik vor Ort. Man habe die Demonstration mit der Hoffnung auf Frieden und eine demokratische Lösung für die kurdische Frage angetreten und fordere nun konkrete Schritte: „In vielen Ländern beginnen Friedensprozesse mit der Freilassung politischer Gefangener. Auch wir erwarten, dass Abdullah Öcalan und seine Mitstreiter:innen freigelassen werden – als Zeichen, dass der Weg in eine politische Lösung geöffnet wird.“

 


Auch die Rechtsanwältin Ekin Yeter, Ko-Vorsitzende des Vereins freiheitlicher Jurist:innen (ÖHD), betonte die Bedeutung des sogenannten „Rechts auf Hoffnung“, das nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) jedem Menschen auch bei lebenslangen Haftstrafen eine reale Chance auf Freilassung einräumen muss. „Dieses Recht wird in der Türkei systematisch ignoriert“, sagte Yeter.

Türkei ignoriert EGMR-Urteile

Der EGMR habe klargestellt, dass auch lebenslange Haft nicht bedeuten dürfe, dass jede Perspektive auf Entlassung verwehrt werde. Doch trotz internationaler Verpflichtungen und Vorgaben des Europarats sei das Urteil bislang nicht umgesetzt worden. Yeter verwies auf konkrete Fälle: Allein im Frauengefängnis in Sincan sitzen laut der Juristin derzeit mindestens 24 Frauen weiter ein, obwohl sie ihre Mindeststrafzeit bereits verbüßt haben.

„Dass sie trotz erfüllter Voraussetzungen nicht freigelassen werden, ist juristisch wie moralisch nicht haltbar“, so Yeter. Die Demonstrierenden forderten daher eine sofortige gesetzliche Umsetzung des Rechts auf Hoffnung, insbesondere für politische Gefangene. Die aktuelle Praxis widerspreche sowohl internationalen Menschenrechtsnormen als auch der türkischen Verfassung.

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Zieletappe am Dienstag: Das türkische Parlament

„Wir gehen diesen Weg im Namen aller unterdrückten Menschen, im Namen der Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Demokratie“, sagte Yeter weiter. Ziel sei es, den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft voranzutreiben – mit Hoffnung, aber auch mit rechtlich klaren Forderungen.

Zum Abschluss kündigte sie an, dass der Marsch am Dienstag die letzte Etappe antreten wird, um das Ziel der Demonstration zu erreichen: das türkische Parlament. „Im politischen Zentrum des Landes wollen wir konkrete Forderungen übermitteln – unter anderem zur Aufhebung der Isolationshaft auf Imrali, zur Anerkennung der Rechte kurdischer Bürgerinnen und Bürger sowie zur Förderung eines inklusiven demokratischen Dialogs.“

https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-in-mersin-der-weg-zum-frieden-fuhrt-uber-imrali-48251 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauendemonstration-erreicht-adana-tausende-fordern-Ocalans-freilassung-48237 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ocalan-an-tja-marsch-die-sprache-der-gleichberechtigung-nutzt-uns-allen-48236 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-fur-freiheit-von-tausenden-in-dilok-empfangen-48222

 

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Anwaltskammer Amed fordert Freilassung von Demirtaş

6. Oktober 2025 - 19:00

Die Anwaltskammer Amed (tr. Diyarbakır) hat die sofortige und bedingungslose Freilassung des früheren HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş gefordert. In einer Stellungnahme verweist die Kammer auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), das die Inhaftierung des kurdischen Politikers als politisch motiviert und rechtswidrig einstuft.

Gegen Demirtaş, seit 2016 im Gefängnis, war 2019 erneut Untersuchungshaft verhängt worden – trotz eines früheren EGMR-Urteils, das seine Freilassung forderte. Das neue Urteil vom 8. Juli 2025 bekräftigt laut der Anwaltskammer, dass das Vorgehen der türkischen Justiz auf „keiner tragfähigen rechtlichen Grundlage“ beruhe und im Kern politisch motiviert sei.

Auch Kobanê-Gefangene müssen freikommen

Das Gericht habe festgestellt, dass durch die Inhaftierung mehrere Grundrechte verletzt wurden – darunter das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Recht auf ein faires Verfahren in angemessener Frist sowie das Recht auf richterliche Überprüfung der Haftbedingungen. Zudem behindere der Vorgang die öffentliche Debatte und verletze das passive Wahlrecht von Demirtaş, heißt es in der Erklärung.

Die Kammer betont, die Türkei sei durch das Urteil verpflichtet, Demirtaş umgehend freizulassen und vergleichbare Maßnahmen künftig zu unterlassen. In weiteren Entscheidungen habe der EGMR ähnliche Feststellungen zu weiteren politisch motivierten Inhaftierungen, etwa im Fall der früheren HDP-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ, getroffen und dabei auch die Unabhängigkeit der türkischen Justiz in Zweifel gezogen.

„Die im Demirtaş-Urteil getroffenen Feststellungen gelten in ihrer Tragweite auch für weitere Politikerinnen und Politiker, die im Zusammenhang mit dem sogenannten Kobanê-Verfahren weiterhin inhaftiert sind“, so die Kammer. Die Freilassung aller Betroffenen sei ein notwendiger Schritt, um dem gesellschaftlichen Klima in der Türkei eine positive Wendung zu geben.

Umsetzung des Urteils Frage der Rechtsstaatlichkeit

Dringlich wird der Aufruf auch aus juristischer Sicht: Sollte die Türkei bis Mittwoch (8. Oktober) keinen Einspruch einlegen, wird das Urteil rechtskräftig – und damit verbindlich. Die Anwaltskammer verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 90 der türkischen Verfassung, wonach internationale Übereinkommen Vorrang vor nationalem Recht genießen.

„Die Umsetzung dieses Urteils ist kein politischer Akt, sondern eine Frage der Rechtsstaatlichkeit und der internationalen Verpflichtung“, heißt es wörtlich. Neben der sofortigen Freilassung von Selahattin Demirtaş fordert die Anwaltskammer auch ein Ende aller politisch motivierten Inhaftierungen sowie eine Rückkehr der Justiz zu den Prinzipien des internationalen und verfassungsmäßigen Rechts.

https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/neue-anklage-gegen-selahattin-demirtas-48123 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/dem-partei-fordert-freilassung-aller-kobane-gefangenen-48214 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/egmr-verurteilt-turkei-erneut-wegen-inhaftierung-von-selahattin-demirtas-46995

 

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Gewerkschaftsstudie: Armut in der Türkei auf Rekordhoch

6. Oktober 2025 - 17:00

In der Türkei leben mehr als 17,8 Millionen Menschen unterhalb des Existenzminimums und können ihre Grundbedürfnisse nicht mehr decken. Das geht aus dem aktuellen Bericht „Einkommensungleichheit und Armut in der Türkei“ hervor, den die Forschungsabteilung der Gewerkschaft Genel-Iş, Mitglied im Gewerkschaftsbund DISK, veröffentlicht hat.

Demnach sei die soziale Krise das Ergebnis einer Kombination aus autoritärem Regierungsstil und wirtschaftspolitischen Entscheidungen im Zeitraum 2024-2025. Die Studie zeichnet ein düsteres Bild der sozialen Lage im Land und spricht von einer „systemischen Armut“, die breite Teile der Bevölkerung erfasse – insbesondere Arbeiter:innen, Frauen und Kinder.

Laut dem Bericht ist die Türkei laut Daten des Global Development Center eines der fünf wirtschaftlich fragilsten Länder weltweit – zusammen mit Ägypten, Indonesien, Katar und Tunesien. Hohe Inflation, Währungsverfall und stagnierende Löhne hätten die Kaufkraft massiv geschwächt, während gleichzeitig die private Verschuldung stark angestiegen sei.

Die offiziellen Wachstumszahlen der staatlichen Statistikbehörde TÜIK für das Jahr 2025 – 2,3 Prozent und 4,8 Prozent – seien laut der Studie irreführend und realitätsfern. Die wirtschaftliche Erholung komme bei den Beschäftigten nicht an: „Die Taschen der Arbeiter:innen sind leer“, heißt es im Bericht.

Ein zentrales Ergebnis: 17.821.000 Menschen in der Türkei sind laut der aktuellen Erhebung zu Einkommen und Lebensverhältnissen nicht in der Lage, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Die Armutsquote stieg demnach auf 21,2 Prozent. Während die Armutsgrenze 2014 noch bei 6.665 Lira lag, liegt sie 2024 bereits bei 81.742 Lira – eine Verzwölffachung innerhalb von zehn Jahren, die insbesondere auf die explodierende Inflation seit 2022 zurückgeführt wird.

Auch die aktuellen Hunger- und Armutsgrenzen zeigen die wachsende Kluft: Im August 2025 lag die Hungergrenze bei 26.149 Lira, die Armutsgrenze bei 90.450 Lira. Der gesetzliche Mindestlohn liegt hingegen bei lediglich 22.104 Lira – laut der Studie ein Niveau, das Millionen von Beschäftigten in die Armut zwingt.

Besonders betroffen sind laut der Studie Kinder und Frauen: 38,9 Prozent der Kinder und 31,5 Prozent der Frauen leben in Armut oder sind von sozialer Ausgrenzung bedroht. In der Altersgruppe zwischen 18 und 64 Jahren liegt das Risiko sozialer Ausgrenzung bei Frauen bei 29,5 Prozent, bei Männern bei 23,1 Prozent.

Zudem ist die Verschuldung auf einem historischen Höchststand: Sechs von zehn Personen haben Schulden, rund 12,5 Prozent können ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen. Die durchschnittlichen Haushaltsausgaben haben sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und liegen laut der Studie bei 45.344 Lira pro Monat.

Die Konsequenzen seien laut Bericht dramatisch: Immer mehr Kinder müssten frühzeitig arbeiten, Frauen würden in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt. Diese Entwicklungen beschleunigten nicht nur die soziale, sondern auch die politische Erosion im Land.

Die Studie fordert unter anderem:

▪ eine realitätsnahe Anpassung des Mindestlohns auf Basis der Lebenshaltungskosten einer vierköpfigen Familie,

▪ gezielte Sozialprogramme für Frauen und Kinder,

▪ Maßnahmen gegen Erwerbsarmut und

▪ Strategien zur Entschuldung der Bevölkerung.

Abschließend warnt der Bericht: „Ein auf Kapitalinteressen zugeschnittenes Wirtschaftssystem macht die Bevölkerung zum Opfer der Armut – insbesondere Arbeiter:innen, Frauen und Kinder. Ein gerechter Sozialstaat erfordert politischen Wandel und gesellschaftliche Umverteilung.“.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Offentlicher-dienst-in-der-turkei-beschaftigte-legen-landesweit-arbeit-nieder-47573 https://deutsch.anf-news.com/frauen/saisonarbeiterinnen-in-amed-kampfen-ums-Uberleben-46976 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/kocer-kampfen-gegen-durre-und-wirtschaftskrise-47244 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/turkei-764-kinderarbeitsmorde-in-zwolf-jahren-46097 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/isig-bericht-mindestens-194-arbeitsmorde-im-august-47898

 

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MSD: Wahlen der Übergangsregierung sind „politisches Theater“

6. Oktober 2025 - 16:00

Der Demokratische Syrienrat (MSD) hat die Parlamentswahl der syrischen Übergangsregierung als intransparent und demokratisch nicht legitimiert kritisiert. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung bezeichnete das Gremium die Abstimmung vom 5. Oktober als „politisches Theater“, das weder den Willen der Bevölkerung widerspiegele noch zur Lösung der Krise beitrage.

Neues Ein-Mann-Regime in Syrien

Die Übergangsregierung hat rund zehn Monate nach dem Sturz von Ex-Präsident Baschar al-Assad die erste Wahl zum Volksrat durchführen lassen: Im neuen Parlament Syriens werden 210 Abgeordnete sitzen, von denen ein Drittel durch den selbsternannten Übergangspräsidenten Ahmed Al-Scharaa ernannt wurde. Die Besetzung der übrigen Sitze haben lokale Wahlausschüsse im Vorfeld bestimmt, die ihrerseits von der von al-Scharaa ernannten Wahlkommission ernannt wurden. Die Autonomieregion Nord- und Ostsyriens sowie das drusische Suweida im Süden wurden von der Wahl ausgeschlossen.

Wahl schadet dem Ziel eines geeinten, pluralistischen Syriens

Der MSD wirft den neuen Machthabern vor, mit der Wahl den Anschein demokratischer Normalität erwecken zu wollen – ohne jedoch auf Inklusion, Gerechtigkeit oder landesweite Repräsentation zu achten. „Diese Wahl repräsentiert weder die Realität in Syrien noch die vielfältigen Komponenten der Gesellschaft“, erklärte der Demokratische Syrienrat. Sie sei nicht im Einklang mit den Erwartungen der Menschen an Demokratie, Gleichberechtigung und Rechtsstaatlichkeit. Vielmehr schade sie dem gemeinsamen Ziel eines geeinten, pluralistischen Syriens.

Rückschritt für die Bemühungen um nationale Einheit

Der MSD sieht in dem Vorgehen einen Rückschritt für die Bemühungen um nationale Einheit. „Solche Prozesse vertiefen die gesellschaftliche Spaltung und untergraben die Chance auf einen echten politischen Dialog“, heißt es weiter. Gleichzeitig forderte das Gremium faire, transparente und international überwachte Wahlen, an denen alle Syrerinnen und Syrer im In- und Ausland teilnehmen können. „Freie Wahlen sind ein unverzichtbares nationales Recht. Sie können weder ignoriert noch auf unbestimmte Zeit verschoben werden.“

Abschließend bekräftigte das Gremium: Solange Wahlen ohne umfassende gesellschaftliche Beteiligung und außerhalb internationaler Standards abgehalten würden, könnten sie keinen Anspruch auf Legitimität erheben.

Dschihadistenregierung in Damaskus

Syrien wird seit Januar von dem Dschihadisten Ahmed al-Scharaa für eine mehrjährige Übergangszeit regiert. Zuvor hatten Söldner seiner Islamistenkoalition „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) und verbündete Gruppen Anfang Dezember das Assad-Regime gestürzt, das Parlament und die ehemalige Regierungspartei Baath aufgelöst sowie die bestehende Verfassung außer Kraft gesetzt. Einer im März von al-Scharaa unterschriebenen vorläufigen Verfassung zufolge soll Syriens politisches System innerhalb einer auf fünf Jahre angesetzten Übergangsphase reformiert werden.

Foto: Sitzung des Exekutivrats des MSD, Archivbild

https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/auswahlverfahren-fur-neues-parlament-in-syrien-beendet-48254 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/nord-und-ostsyrien-kritisiert-ausschluss-von-wahlen-47959 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/undemokratisch-daanes-lehnt-parlamentswahl-in-syrien-ab-47647 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/drus-innen-protestieren-in-strassburg-gegen-hts-48044 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/demokratischer-syrienrat-trifft-britischen-premierminister-48160

 

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Protest gegen Umweltzerstörung in Pasûr: Gemeinsam das Leben verteidigen

6. Oktober 2025 - 16:00

In der nordkurdischen Provinz Amed (tr. Diyarbakır) haben Hunderte Menschen im Landkreis Pasûr (Kulp) gegen Umweltzerstörung und Naturausbeutung protestiert. Zu der Kundgebung hatte die Plattform zur Verteidigung der Hesandîn-Hochebene aufgerufen. Unter dem Motto „Wir sagen Stopp zur Vernichtung von Luft, Wasser und Boden“ forderten die Teilnehmenden ein Ende großflächiger ökologischer Eingriffe in der Region.

An der Veranstaltung beteiligten sich neben zivilgesellschaftlichen Gruppen und Umweltinitiativen auch Vertreter:innen von Parteien sowie die örtlichen Ko-Bürgermeister:innen. Auf Transparenten war unter anderem zu lesen: „Naturzerstörung ist ein Angriff auf die Gesellschaft“, „Nein zum ökologischen Raubbau“ und „Wir werden die Zerstörung unserer Umwelt nicht zulassen“.

Organisierte Gegenwehr gegen naturfeindliche Interessen

Begleitet von Parolen wie „Lang lebe der Widerstand der Natur“ und „Widerstand führt zum Sieg“ betonten die Redner:innen die Notwendigkeit einer organisierten Bewegung zum Schutz der Lebensgrundlagen in der Region. Der Ko-Bürgermeister von Pasûr, Murat Ipek (DEM), erklärte, Berge, Wasser, Pflanzenwelt und Tiere der Region seien zunehmend Ziel von „naturfeindlichen Interessen“. Die Gemeinde werde sich dem mit organisierter Gegenwehr entgegenstellen, kündigte er an.

Der Umweltaktivist Necdet Sezgin vom Ökologierat Amed warnte vor durch profitorientierte Unternehmen mit staatlicher Rückendeckung betriebenen Ausbeutung von Land und Ressourcen. „Keinen einzigen Quadratmeter werden wir dem Raubbau überlassen“, sagte Sezgin. Die betroffenen Gebiete – darunter das Godernê-Tal, Gavgas, Pîran, Licê, Hesandîn und Zorê – seien das Zuhause der Bevölkerung. Diese Lebensräume gelte es gemeinsam zu verteidigen.

Auslöschung kultureller und natürlicher Identität

Auch die Anwaltskammer von Amed kam zu Wort. Die stellvertretende Vorsitzende Şilan Çelik verwies auf die gewaltsamen Vertreibungen in den 1990er Jahren und zog eine Verbindung zu den heutigen ökologischen Eingriffen. „Die damalige Politik der Entvölkerung wird heute mit der Zerstörung der Natur fortgesetzt“, sagte sie.

Siraç Çelik, Ko-Vorsitzender der Union der Kommunalverwaltungen in Südostanatolien (GABB), warnte vor der systematischen Auslöschung kultureller und natürlicher Identität durch geplante Großprojekte. „Es geht nicht nur um Umweltzerstörung, sondern um die Auslöschung unseres Gedächtnisses“, so Çelik.

„Zuerst wurden die Dörfer geräumt, jetzt kommt der Bergbau“

Abbas Şahin, Ko-Vorsitzender der DEM-Partei in Amed, erinnerte an den jahrzehntelangen Krieg in Nordkurdistan. Nach dem Aufruf des kurdischen Repräsentanten und PKK-Begründers Abdullah Öcalans zu Frieden und Dialog am 27. Februar habe sich eine neue Phase eröffnet, doch weiterhin werde das Leben in den kurdischen Provinzen durch systematische Eingriffe bedroht. „Zuerst wurden die Dörfer geräumt, jetzt kommt der Bergbau“, sagte Şahin. Ziel sei die Zerstörung kurdischer Lebensräume – dem werde man sich organisiert entgegenstellen.

Die Veranstaltung endete mit einem Konzert.

https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/protest-in-hesandin-hande-weg-von-unserer-natur-47297 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/umstrittenes-bergbauprojekt-in-hesandin-umweltunterlagen-verschwunden-47070 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/solidaritat-mit-dem-widerstand-auf-der-hesandin-hochebene-47032 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/hesandin-anwaltskammer-klagt-gegen-umweltbehorde-46059

 

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DEM fordert vollständige Aufklärung der Kobanê-Proteste von 2014

6. Oktober 2025 - 16:00

Elf Jahre nach den Protesten rund um die Belagerung der westkurdischen Stadt Kobanê in Nordkurdistan und der Türkei hat die Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) eine umfassende Aufarbeitung der damaligen Ereignisse gefordert. In einer Erklärung erinnerte der Parteivorstand an die mehrtägigen Unruhen im Oktober 2014 und warf der türkischen Regierung vor, eine unabhängige Untersuchung zu verhindern.

„Die Wahrheit über die Ereignisse vom 6. bis 8. Oktober muss in all ihren Dimensionen ans Licht kommen“, erklärte die Parteispitze am Montag. Die Proteste seien in einer Zeit entstanden, in der ein Dialogprozess zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Bewegung stattfand. Die damaligen Ausschreitungen, die in mehreren Städten der Türkei teils eskalierten – hauptsächlich in den kurdischen Provinzen – , stehen im Zusammenhang mit der Belagerung Kobanês durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Die Protestierenden warfen der türkischen Regierung vor, statt Kobanê dem IS zu helfen.

47 Mitglieder der HDP bei Protesten getötet

Nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen kamen während der Proteste im Zuge gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Demonstrierenden, der Polizei, dem Militär und IS-nahen Organisationen 54 Menschen ums Leben, darunter 47 Mitglieder der HDP, der Vorgängerorganisation der heutigen DEM-Partei. Zahlreiche weitere wurden festgenommen und später zu langen Haftstrafen verurteilt. „Gleichzeitig wurde bei den Ermittlungen zu den Todesfällen kaum Fortschritt erzielt“, heißt es in der Erklärung. Immer wieder habe man im Parlament eine unabhängige Untersuchung gefordert – vergeblich. Die Anträge der HDP seien regelmäßig mit den Stimmen der Regierungsmehrheit abgelehnt worden.

Kritik übte die Partei auch erneut am sogenannten Kobanê-Prozess, in dem im Mai vergangenen Jahres unter anderem die früheren HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Insgesamt wurden 24 Politiker:innen zu zusammengenommen über 400 Jahren Gefängnis verurteilt. Die DEM-Partei sieht in dem Verfahren ein politisch motiviertes Konstrukt: Die Anklagen hätten sich nicht auf belastbare Beweise gestützt, sondern auf fragwürdige Zeugenaussagen und politische Äußerungen im Rahmen demokratischer Parteiarbeit.

Inszeniertes Verfahren: Der Kobanê-Prozess

„Diese Urteile sind eine Rechnung, die der Demokratie präsentiert wurde“, heißt es in der Stellungnahme. Das Verfahren sei nicht nur politisch motiviert gewesen, sondern habe auch rechtsstaatliche Standards verletzt. So war die 32.000 Seiten umfassende Urteilsbegründung erst 13 Monate nach Ende des Verfahrens vorgelegt worden. Laut DEM bestätige das Papier ohnehin, dass es sich um ein „inszeniertes Verfahren“ gehandelt habe.

Die Partei betonte, dass die Freilassung der verurteilten Politiker:innen ein zentrales Element für eine echte demokratische Öffnung in der Türkei sei. Dies sei auch eine Voraussetzung für einen glaubwürdigen Friedensprozess. Zugleich verwies die DEM auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der die Freilassung von Demirtaş und Yüksekdağ verlangt hatte. Auch das Ministerkomitee des Europarats fordere die Umsetzung der EGMR-Beschlüsse. Das Urteil im Fall Demirtaş müsse spätestens am 8. Oktober rechtskräftig werden, hieß es weiter.

Freilassung notwendiger Schritt für Frieden und Demokratie

„Die Freilassung von Selahattin Demirtaş, Figen Yüksekdağ und allen politischen Gefangenen ist ein notwendiger Schritt für Frieden und Demokratie“, erklärte die Partei. Nur eine vollständige und transparente Aufarbeitung der Ereignisse von damals könne den Weg zu einem dauerhaften gesellschaftlichen Frieden ebnen.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/urteilsbegrundung-im-kobane-prozess-lost-berufungsverfahren-aus-46833 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/urteile-im-kobane-verfahren-im-namen-der-rache-42217 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Onder-angeklagt-im-kobane-verfahren-ist-der-losungsprozess-38941 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/zweites-kobane-verfahren-in-ankara-42683
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Türkei verlängert Flugverbot für Airport Silêmanî

6. Oktober 2025 - 14:00

Die Türkei hat die Sperrung ihres Luftraums für Flüge von und nach Silêmanî (Sulaimaniyya) verlängert. Wie der Flughafenbetreiber des Airports in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) am Montag mitteilte, wäre das vom türkischen Außenministerium erteilte Verbot heute ausgelaufen. Den Angaben zufolge ist die Entscheidung vorerst bis zum 6. Januar 2026 verlängert worden.

Die Flüge nach und von Silêmanî, eine der größten Städte im südlichen Kurdistan, waren erstmals im April 2023 ausgesetzt worden. Ankara hatte das Flugverbot damals mit vorgeblichen „Bedrohungen“ durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) begründet. Diese habe den Flughafen von Silêmanî „infiltriert“ und damit die Flugsicherheit bedroht, hieß es damals. Seither wurden mehrere Verbotsverfügungen mit derselben Begründung erlassen.

Die Sperrung des Luftraums betrifft nicht nur Direktflüge, sondern auch Flüge über den Airport von Silêmanî. Als Hintergrund der Maßnahme vermuteten Behörden in der KRI den gemeinsamen Kampf der Demokratischen Kräften Syriens (QSD) und den Peschmerga der in Silêmanî regierenden Patriotischen Union Kurdistans (YNK) gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Wenige Wochen vor Inkrafttreten der Luftraumsperre waren im März 2023 neun Kämpferinnen und Kämpfer der QSD-Antiterroreinheit YAT bei zwei Hubschrauberabstürzen in der KRI ums Leben gekommen. Die Mitglieder der Eliteeinheit wollten sich mit den YNK zu Sicherheitsfragen und Militärexpertise austauschen.

Abstürze wegen schlechter Wetterverhältnisse

Zu den Abstürzen war es damals wegen schlechter Wetterverhältnisse gekommen. Die Türkei drohte der YNK nach dem tödlichen Unglück mehrfach mit Gegenmaßnahmen, eine davon war die Luftraumsperre. Vergangenes Jahr wurde die von Bafel Talabanî geführte Partei dann von der Regierung in Ankara zum „Sicherheitsproblem“ für die Türkei erklärt. Anders als die vom Barzanî-Clan dominierte Demokratische Partei Kurdistans (PDK) kollaboriert die YNK nicht mit dem türkischen Staat, um die kurdische Befreiungsbewegung und andere als Bedrohung wahrgenommene emanzipatorische Gruppen anzugreifen.

https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/turkei-verlangert-luftraumsperre-fur-fluge-aus-silemani-46960 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/ankara-verlangert-luftraumsperre-fur-fluge-nach-silemani-44917 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/turkei-sperrt-luftraum-fur-fluge-aus-und-nach-silemani-36957

 

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T-Shirt mit „Beyaz Toros“-Motiv sorgt für Empörung

6. Oktober 2025 - 14:00

In der Türkei sorgt der Verkauf von T-Shirts mit dem Aufdruck „Beyaz Toros“ (Weißer Toros) für Empörung und Verstörung. Menschenrechtsorganisationen und Anwaltsverbände werfen den Anbietern vor, mit dem Motiv ein Symbol für staatliche Gewaltverbrechen und das Verschwindenlassen von Kurd:innen und Oppositionellen zu verherrlichen. Insbesondere in den kurdischen Provinzen des Landes stößt das Produkt auf heftige Kritik.

Die T-Shirts, die unter anderem über große Online-Versandplattformen wie Trendyol und Hepsiburada angeboten werden, zeigen das Abbild eines weißen Renault Toros – ein Fahrzeugmodell, das in der Türkei zum Sinnbild für außergerichtliche Hinrichtungen von unliebsamen Personen wurde. Ergänzt wird das Motiv auf einer Variante der T-Shirts durch den Satz: „Wie passen 17.000 Menschen in einen weißen Toros?“ sowie durch einen sogenannten „Wolfskopf“ – das Erkennungszeichen rechtsextremer Nationalisten.

Ein Symbol für ein dunkles Kapitel

Besonders in den 1980er- und 1990er-Jahren galt der weiße Toros als das inoffizielle Erkennungszeichen des damals im Verborgenen operierenden JITEM, dem Geheimdienst der türkischen Militärpolizei. Der türkische Staat bestritt über Jahre hinweg die Existenz dieser Einheit. Erst durch späte Gerichtsverfahren und Aussagen ehemaliger Funktionäre kam ihre Rolle bei zahlreichen politischen Morden ans Licht. Bis heute gelten über 17.000 Menschen in der Türkei als „verschwunden“ – die meisten von ihnen Kurd:innen, Aktivist:innen, Journalist:innen, Anwält:innen oder einfache Dorfbewohner:innen.

Menschenrechtsverein: „Offener Hass und Verachtung für die Opfer“

Der Menschenrechtsverein IHD bezeichnete den Verkauf der T-Shirts in einer Erklärung als „offenen Akt des Hasses“ gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen. „Der weiße Toros steht nicht einfach für ein Auto – es ist ein Symbol für ein dunkles Kapitel der jüngeren Geschichte, in dem Menschen systematisch verschleppt, gefoltert und ermordet wurden“, heißt es in der Mitteilung der IHD-Vertretung in der kurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak). Die Vermarktung dieses Symbols sei „nicht nur ethisch inakzeptabel, sondern auch ein Angriff auf die Würde der Opfer und das gesellschaftliche Gewissen.“ Die Organisation kündigte juristische Schritte gegen die Verantwortlichen an. Ziel sei es, den Vertrieb der Produkte zu stoppen und die Betreiber der Verkaufsplattformen zur Rechenschaft zu ziehen.

Anwaltskammer Wan erstattet Strafanzeige

Die Anwaltskammer in Wan (Van) schlug den Rechtsweg bereits ein. In einer Strafanzeige gegen die Plattform Trendyol und den verantwortlichen Händler führt die Kammer mehrere mögliche Tatbestände an, darunter die „Verherrlichung von Straftaten“, „Anstiftung zu Hass und Feindseligkeit“ sowie „Volksverhetzung“.

In ihrer Stellungnahme erinnert die Kammer daran, dass die weißen Toros-Fahrzeuge mit systematischen Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden. Die Bewerbung der T-Shirts unter dem Slogan „Für Fans des Toros“ verhöhne die Opfer und verharmlose schwerste Verbrechen. „Solche Produkte verletzen nicht nur moralische Grundwerte, sie stellen auch einen Angriff auf das kollektive Gedächtnis dar. Die Normalisierung und Kommerzialisierung von Symbolen staatlicher Gewalt muss strafrechtlich verfolgt werden“, so die Anwaltskammer.

Eine offene Wunde der Republik

Bis heute ist das Schicksal tausender verschwundener Menschen in der Türkei ungeklärt. Seit Jahrzehnten fordern Angehörige Aufklärung, unter anderem im Rahmen der Mahnwachen der Initiative der Samstagsmütter, die seit 1995 regelmäßig in Istanbul stattfinden – oft unter starker Repression. Menschenrechtsgruppen fordern die Türkei regelmäßig auf, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, insbesondere im Hinblick auf das Verschwindenlassen, das nach internationalem Recht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt.

https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/keine-untersuchung-von-verschwindenlassen-und-totungen-in-haft-46373 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/samstagsmutter-fordern-aufklarung-im-fall-turgut-yenisoy-48230 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/menschliche-knochen-unter-jitem-folterzentrum-gefunden-32566 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/jitem-prozess-von-cizir-vor-dem-verfassungsgericht-31773

 

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Kurdischer Aktivist Abdullah Öcalan in Heilbronn freigelassen

6. Oktober 2025 - 12:00

Der kurdische Aktivist Abdullah Öcalan – nicht zu verwechseln mit seinem bekannteren Namensvetter, dem Gründer der Arbeiterpartei Kurdistans PKK – ist nach über vier Jahren Haft freigelassen worden. Der 61-Jährige wurde am Montag von Angehörigen und Unterstützer:innen vor der JVA Heilbronn mit Applaus und Blumen empfangen.

Öcalan war im Frühjahr 2021 festgenommen worden und saß zunächst in Frankfurt am Main in Untersuchungshaft. Im Mai 2023 verurteilte ihn das Oberlandesgericht Frankfurt wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nach §§ 129a/b StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und fünf Monaten. Ihm wurde vorgeworfen, sich als „Regions- bzw. Gebietsverantwortlicher“ der PKK in Hessen und im Saarland betätigt zu haben.

 


Nach seiner Freilassung zeigte sich Öcalan erleichtert, äußerte sich jedoch auch kritisch zur politisch motivierten Inhaftierung kurdischer Aktivist:innen und Politiker:innen weltweit. „Meine Freilassung ist persönlich erfreulich – doch viele Freundinnen und Freunde, allen voran mein Namensvetter Abdullah Öcalan, sitzen weiterhin ohne rechtsstaatliche Verfahren im Gefängnis. Deshalb bleibt meine Freude verhalten“, sagte er bei einer kurzen Rede.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/urteil-im-frankfurter-pkk-prozess-verkundet-37439 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/paragraf-129b-uberlasst-der-exekutive-die-entscheidung-36867 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/deutschland-handelt-objektiv-in-turkischem-interesse-31933

 

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Explosion in Eşrefiyê

6. Oktober 2025 - 12:00

In Aleppo hat sich am Montagmorgen eine Explosion in der Nähe eines Parks im kurdischen Stadtteil Eşrefiyê (Ashrafieh) ereignet. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Hawarnews (ANHA) lag der Explosionsort unweit eines Kontrollpunkts der syrischen Übergangsregierung.

Der Vorfall ereignete sich demnach gegen 8:05 Uhr in der Nähe des Tariq-Ibn-Ziyad-Parks. Durch die Detonation wurden nach ersten Berichten mehrere Gebäude beschädigt, darunter auch das nahegelegene Othman-Krankenhaus. Angaben über Todesopfer oder Verletzte lagen zunächst nicht vor.

Zur Ursache der Explosion oder möglichen Tätern wurden bislang keine Informationen veröffentlicht. Die Behörden in Aleppo – weder der selbstverwaltete Volksrat von  Eşrefiyê und dem benachbarten Viertel Şêxmeqsûd, noch Stellen der selbsternannten Übergangsregierung – äußerten sich zunächst nicht.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/dair-hafir-sieben-angehorige-von-qsd-und-asayis-bei-angriffen-verletzt-48253 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/strassensperre-der-syrischen-regierung-behindert-reiseverkehr-im-nordosten-48245 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/rat-von-Sexmeqsud-und-esrefiye-verurteilt-verstosse-gegen-abkommen-48196

 

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Asayîş verurteilt Drohnenangriff in Dair Hafir

6. Oktober 2025 - 10:00

Die Inneren Sicherheitskräfte Nord- und Ostsyriens (Asayîş) haben den Drohnenangriff auf einen ihrer Kontrollpunkte in Dair Hafir am Sonntagabend scharf verurteilt. Bei dem Angriff, der laut Asayîş-Angaben von Einheiten der syrischen Übergangsregierung verübt wurde, wurden vier Einsatzkräfte verletzt.

Nach Angaben des Generalkommandos traf gegen 19:00 Uhr eine Kamikaze-Drohne den Kontrollpunkt am Stadteingang der Gemeinde östlich von Aleppo. Die verletzten Sicherheitskräfte seien zum Zeitpunkt des Angriffs mit dem Schutz der Durchfahrt und der Zivilbevölkerung beauftragt gewesen. Sie wurden zur medizinischen Behandlung ins Krankenhaus gebracht.

In ihrer Stellungnahme kritisiert die Asayîş das Vorgehen der Regierungstruppen scharf. Die Attacke sei ein gezielter Versuch gewesen, die Stabilität in der Region zu untergraben. Wörtlich heißt es: „Diese Angriffe richten sich gegen jene Kräfte, die unter Einsatz ihres Lebens versuchen, die Bevölkerung zu schützen.“

Der Angriff sei Teil einer Eskalation, die gezielt Unsicherheit schüren und die Arbeit der Selbstverwaltung behindern solle, so die Erklärung weiter. Gleichwohl bekräftigten die Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit, den Schutzauftrag weiterhin wahrzunehmen: „Diese feigen Angriffe bestärken uns in unserem Einsatz, die Region und ihre Bewohner:innen zu verteidigen.“

Behörde für Bevölkerungsschutz

Die Asayîş ist die zentrale Sicherheitsstruktur der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES). Sie agiert als Einrichtung auf dem Gebiet des Bevölkerungsschutzes, zu ihren Aufgaben gehört auch der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS).

Weiterer Drohnenangriff

Bei einem weiteren Drohnenangriff in der Nähe des Stadttors von Dair Hafir waren am Sonntagmorgen drei Kämpfer:innen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) verletzt worden. Die Attacke hatte sich gegen ein Militärfahrzeug des Bündnisses gerichtet. Bei dem Angriff war auch ein Zivilist verletzt worden.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/dair-hafir-sieben-angehorige-von-qsd-und-asayis-bei-angriffen-verletzt-48253 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zivilist-bei-beschuss-nahe-dair-hafir-verletzt-48246 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/strassensperre-der-syrischen-regierung-behindert-reiseverkehr-im-nordosten-48245

 

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Fuad Bêrîtan: Ein Machtvakuum in Iran kann den Weg zu Demokratie ebnen

6. Oktober 2025 - 8:00

Mit der Reaktivierung von UN-Sanktionen gegen Iran – erstmals seit einem Jahrzehnt – haben sich die innen- und außenpolitischen Rahmenbedingungen der Islamischen Republik grundlegend verändert. Die Krise beschränkt sich dabei nicht nur auf wirtschaftliche Einschränkungen: Iran steht am Rande eines ökonomischen Zusammenbruchs, ist international zunehmend isoliert und mit massiven sicherheitspolitischen Herausforderungen konfrontiert. Über die Dimensionen dieses Wandels und mögliche Zukunftsszenarien sprachen wir mit Fuad Bêrîtan, Mitglied des Exekutivrats der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK).

Nach dem Inkrafttreten des sogenannten Snapback-Mechanismus wurden sämtliche UN-Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft gesetzt. Wie bewerten Sie die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Lage im Land?

Die Rückkehr der UN-Sanktionen infolge des Snapback-Mechanismus ist nicht nur ein wirtschaftliches oder diplomatisches Ereignis – sie markiert einen Wendepunkt im strukturellen Verfall des iranischen Regimes. Diese Entwicklung zeigt, dass die internationale Isolation nicht mehr als schleichender Prozess, sondern als dauerhafter und unausweichlicher Zustand zu verstehen ist.

Iran ist heute weder in der Lage, mit dem Westen tragfähige Vereinbarungen zu treffen, noch kann es sich auf die einst erwartete Unterstützung aus China oder Russland verlassen. Die Spannungen beschränken sich längst nicht mehr auf die USA und Israel. Von der EU bis nach Moskau und Peking sind mittlerweile weite Teile der Weltgemeinschaft in die Umsetzung der Sanktionen eingebunden. Für ein Regime ist das die denkbar ungünstigste Position im internationalen System.

Völkerrechtlich betrachtet bedeutet die Rückkehr der Sanktionen eine noch tiefere Krise: Die Islamische Republik steht de facto an der Schwelle zur Anwendung von Kapitel VII der UN-Charta – dem Abschnitt, in dem ein Staat als Bedrohung für den Weltfrieden eingestuft wird. Sollte dieser Weg beschritten werden, wären Entwicklungen denkbar, wie sie zuvor im Irak oder in Libyen zu beobachten waren.

Entscheidend ist nun, wie konsequent und ernsthaft der Westen die Sanktionen umsetzt und überwacht. Zwar könnte die Islamische Republik versuchen, durch Zugeständnisse oder taktische Manöver die volle Umsetzung zu umgehen – doch selbst im günstigsten Fall ist ein struktureller Schaden nicht mehr abzuwenden. Ein zentraler Punkt ist dabei: Sollten die Sanktionen wirksam greifen, wird der Export von iranischem Öl nach China – der wichtigsten Einnahmequelle des Regimes – massiv eingeschränkt. Angesichts eines chronischen Haushaltsdefizits wird es der Regierung kaum gelingen, neue Einnahmequellen zu erschließen oder finanzielle Alternativen zu entwickeln.

Wegfall der Öl-Exporte an China – Systemischer Schock

Nach aktuellen Schätzungen exportiert Iran derzeit rund 1,5 Millionen Barrel Öl pro Tag, der Großteil davon geht nach China. Mit der Wiedereinsetzung der Sanktionen könnte dieser Wert auf optimistisch gerechnet 700.000 Barrel, schlimmstenfalls aber auf 500.000 Barrel fallen. Das ist nicht nur ein ökonomischer Rückschlag, sondern ein systemischer Schock, der sich rasch auf das Leben der Bevölkerung auswirken und wie ein Tsunami sämtliche Bereiche erfassen wird – von der Wirtschaft über die Politik und Sicherheit bis hin zu sozialen Beziehungen.

In einem Zustand politischer Schwäche und chronischen Versagens verstärkt jeder äußere Druck die sicherheitspolitische Ausrichtung des Systems. Die Entscheidungsprozesse in der Islamischen Republik werden sich dadurch noch stärker an sicherheitsrelevanten Überlegungen orientieren. Das derzeitige System wird gezwungen sein, in den Bereichen Sicherheit, Militär, Wirtschaft und Verwaltung nach neuen Modellen zu suchen – denn die alten sind nicht nur ineffizient, sondern praktisch unbrauchbar geworden. Doch auch die Entwicklung neuer Modelle wird durch tiefsitzende strukturelle Mängel behindert. Die herrschende Denkweise und die institutionelle Kultur sind vom Scheitern durchdrungen – ein solcher Boden lässt keine Erneuerung zu.

In dieser Phase wird die Islamische Republik in eine noch tiefere Instabilität geraten. Wenn sich der äußere Druck verschärft, Ressourcen schwinden und die gesellschaftliche Unzufriedenheit wächst, steigt auch die Fehleranfälligkeit des Systems. Schon kleine Ereignisse können sich zu sicherheitspolitischen Krisen auswachsen. Parallel dazu wird die Abhängigkeit des Regimes von seinen Sicherheits- und Militärstrukturen zunehmen. Als handlungsfähige Regierung wird der Staat zunehmend funktionsunfähig. Eine Struktur ohne Budget und Ressourcen kann nur noch sich selbst erhalten – nicht aber ein Land regieren.

Fuad Bêrîtan beim 7. PJAK-Kongress 2024 © ANF

Was folgt, ist ein wirtschaftlicher und struktureller Kollaps. Dessen Tempo und Ausmaß hängen von mehreren Faktoren ab – etwa von möglichen Verhaltensänderungen des Regimes oder von einem Bruch mit bisherigen, chronisch destruktiven Mustern, wie etwa der Öffnung des politischen Raums im Inneren oder dem Anstreben neuer außenpolitischer Lösungen. Doch bislang ist kein politischer Wille in diese Richtungen erkennbar. Die zentrale ideologische Ausrichtung des Systems hat ihren inneren Kompass verloren – und selbst mit ihren früheren Erscheinungsformen gebrochen.

Zusammengefasst: Iran hat eine neue Phase erreicht – sowohl politisch als auch gesellschaftlich. Die fortgesetzten Fehler des Regimes haben die Gesamtkosten massiv in die Höhe getrieben. Ein weiteres Festhalten an überholten Mustern kann den strukturellen Zusammenbruch nur noch beschleunigen und das System in einen Zustand lähmender Handlungsunfähigkeit versetzen. Die bisherigen Entwicklungen weisen klar in diese Richtung – vergleichbar mit dem Venezuela-Modell oder dem Zustand des Irak vor der US-Intervention.

Hinzu kommt die anhaltende Konfrontation mit Israel, die nicht unterschätzt werden darf. Die Eskalation könnte bis zu einem Militärschlag oder gar der Ausschaltung der politischen Führung führen – ein Szenario, das den gesamten Prozess in eine völlig neue Phase überführen würde. Kurz gesagt: In naher Zukunft ist mit keinem Wunder zu rechnen. Die Islamische Republik dreht sich im Kreis – zwischen schlecht, schlechter und am schlechtesten.

Abgesehen von den Sanktionen – wohin steuern die anderen Krisen in Iran? Mit welchen Entwicklungen muss die Bevölkerung rechnen?

Die Vielzahl und Gleichzeitigkeit der Krisen in Iran ist nicht nur eine bittere Realität, sondern ein entscheidender, möglicherweise schicksalhafter Faktor. Es geht längst nicht mehr nur um ein Regime, das unter Sanktionen steht – wir haben es mit einem politischen Gebilde zu tun, das in vier Jahrzehnten keine nachhaltige Außeninvestition zustande gebracht, im Inneren schwere militärische Niederlagen erlitten, ein beschädigtes Atomprogramm und eine durchdringende Mischung aus Korruption, Ineffizienz und Repression hervorgebracht hat. Diese aufgestauten Probleme sind inzwischen mit ökonomischen, sozialen und ökologischen „Superkrisen“ verwoben – und haben das Land an den Rand einer Explosion gebracht.

Iran steht nicht nur vor einer außer Kontrolle geratenen Inflation, dem Verfall der Landeswährung, weitverbreiteter Arbeitslosigkeit und struktureller Korruption. Vielmehr sehen wir ein Land mit tiefen sozialen Spaltungen, institutionalisierter religiöser und ethnischer Diskriminierung, einem grundlegenden Konflikt zwischen dem Lebensstil der Bevölkerung und den Werten des Regimes, dem politischen Widerstand von Frauen, der Entfremdung der jungen Generation, dem Abwandern von Eliten und einer Vielzahl aktiver Gewerkschafts- und Arbeiterproteste. Hinzu kommen Klimawandel, Wasserknappheit, Luftverschmutzung und die Zerstörung natürlicher Ressourcen – sie bedrohen die Grundlagen des kollektiven Lebens. Genauer gesagt: Die Regierungsführung der Islamischen Republik hat die natürliche Lebensweise und die biologische Sicherheit der Gesellschaft untergraben.

Was diese Lage noch gefährlicher macht, ist nicht nur das Ausmaß der Krisen, sondern ihre Gleichzeitigkeit und enge Verflechtung. In der Transformationsforschung spricht man hier von einer „strukturellen Superkrise“ – dem Moment, in dem ein politisches System seine Fähigkeit zur Selbstreproduktion verliert und jede seiner Reaktionen neue Krisen erzeugt. In einer solchen Situation versucht die Islamische Republik, ihre Schwächen, Ineffizienz und den strukturellen Zerfall durch Machtdemonstrationen zu überdecken. Die Zunahme von Hinrichtungen, verschärfte Repression und staatliche Rhetorikstrategien sind kein Ausdruck von Stärke – sondern Zeichen einer tiefen Krise der Machtausübung. Ein System, das zum Überleben auf nackte Gewalt zurückgreift, hat seine symbolische Legitimität bereits verloren. Es handelt sich um eine „Illusion der Macht“: Das Regime glaubt, mit Repression Kontrolle auszuüben – in Wahrheit aber dokumentiert es damit seine Schwäche und den inneren Zerfall.

Das System ist im Kern für innere Unterdrückung konzipiert

Das heißt jedoch nicht, dass die Islamische Republik ihre Repressionsfähigkeit vollständig eingebüßt hätte. Vielmehr ist sie geschwächt und untergraben. Das System ist im Kern für innere Unterdrückung konzipiert – nicht für die Auseinandersetzung mit externen Gegnern. Gleichzeitig hat sich auch die gesellschaftliche Opposition bislang nicht vollständig vom Denkrahmen des Regimes gelöst. Die zentrale Frage bleibt unbeantwortet: Wie sieht ein kollektives Widerstandsmodell gegen eine auf Gewalt gegründete Staatsmacht aus – und wie weit ist dieses Modell bereits in der Gesellschaft verankert?

In den letzten Monaten erleben wir, was man als Zustand des „Wartens und Aussetzens“ bezeichnen könnte. Teile der Bevölkerung und politische Akteure setzen auf einen externen Impuls, der das Regime zu Fall bringt. Ob es zu einer ausländischen Militärintervention kommt, ist unklar – politisch gesehen aber muss sich die Gesellschaft auf alle Szenarien vorbereiten.

Doch eines ist sicher: Kein externer Eingriff kann die gesellschaftliche Initiative oder den Willen zur Transformation ersetzen. Die gefährlichste Strategie ist das passive Abwarten nach dem Motto: „Lasst das Regime zusammenbrechen, dann bauen wir etwas Neues auf.“ Das ist ein fataler Irrtum. Ein unvorbereiteter Übergang führt nicht zur Freiheit, sondern ins Chaos oder zur Reproduktion autoritärer Strukturen. Die Alternative muss aus dem Inneren dieses sterbenden Systems hervorgehen – nicht erst nach seinem Zusammenbruch.

Zentrale Herausforderung: Aufbau eines alternativen Ordnungsmodells

An dieser Stelle wird die zentrale Frage greifbar: „Welche Rolle spiele ich? Wo werde ich im neuen System stehen? Was ist mein Beitrag zum Aufbau der Zukunft?“ Diese einfache Frage ist der Kern jeder kollektiven Agenda. Wird dieser gesellschaftliche Fahrplan nicht frühzeitig organisiert, wird das entstehende Machtvakuum unvermeidlich von anderen Kräften gefüllt.

Deshalb lautet die zentrale Herausforderung in Iran – und besonders in Kurdistan – nicht nur, den Zusammenbruch des bestehenden Systems zu erwarten, sondern sich konkret auf den Aufbau eines alternativen Ordnungsmodells vorzubereiten. Wenn die Gesellschaft nicht fähig ist, die Entwicklung aktiv mitzugestalten, koordiniert zu handeln und im richtigen Moment Initiative zu zeigen, kann die Islamische Republik trotz der Krise überleben – und erneut die Kosten auf das Volk abwälzen. Die Regel ist klar: Die Gesellschaft muss bestehende Räume besetzen und die Regierungsfähigkeit des Regimes so weit wie möglich einschränken. Der kollektive Wille muss stärker sein als der Selbsterhaltungstrieb des Systems.

Das aber stellt konkrete Anforderungen – allen voran die Beantwortung der Frage: Wer wird im Moment des Zusammenbruchs die Trägerschaft für die neue Ordnung übernehmen? Die Geschichte zeigt: Der Sturz eines politischen Systems führt nicht automatisch zu Demokratie. Entscheidend ist, welche sozialen Kräfte vorbereitet sind, das entstehende Vakuum zu füllen.

Ein möglicher Umbruch in Iran wird nicht im luftleeren Raum stattfinden. Regionale und internationale Akteure verfolgen ihre eigenen Interessen. Länder wie die Türkei, Israel, Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA, China und Russland haben jeweils eigene Iran-Strategien. Der Fortbestand oder das Ende der Islamischen Republik hat für sie unterschiedliche Bedeutungen. In einem solchen geopolitischen Kontext kann jeder unvorbereitete Übergang entweder vereinnahmt oder in eine falsche Richtung gelenkt werden. Deshalb muss jede interne Strategie in der Lage sein, destruktive äußere Einflüsse abzuwehren und gleichzeitig die sich verändernden Machtverhältnisse klug zu nutzen.

Eine der größten Herausforderungen in einem solchen Szenario ist der Wettbewerb um das entstehende Machtvakuum. Gelingt es den politischen, zivilgesellschaftlichen und dezentralen Akteuren im In- und Ausland nicht, zumindest einen Rahmen für minimale Koordination zu schaffen, droht der Zusammenbruch in einen Bürgerkrieg oder in die Wiedergeburt autoritärer Herrschaft umzuschlagen. Wenn kurdische, belutschische, arabische, aserbaidschanische, turkmenische und zentristisch-demokratische Bewegungen nicht frühzeitig eine gemeinsame Vision und ein Mindestmaß an interner Kohärenz entwickeln, wird das Feld reaktionären Kräften überlassen. Diese Gefahr darf keinesfalls unterschätzt werden.

Die PJAK-Fahne bei einer Kundgebung in Brüssel anlässlich des dritten Jahrestags der „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution im September 2025 © Shnoyi Mendan/ANF

Auch die Opposition im Exil steht in der Pflicht: Wenn sie weiterhin in persönlichen Rivalitäten, medialem Konkurrenzdenken und inhaltlicher Entkopplung von der gesellschaftlichen Realität verharrt, wird sie nicht nur irrelevant, sondern kontraproduktiv. Ein neues System kann nicht auf einer einzigen Stimme, einer einzigen Erzählung oder einem einzigen Zentrum basieren. Es muss das Ergebnis einer Allianz unterschiedlicher sozialer und politischer Kraftzentren sein, die sich gegenseitig nicht ausschließen. Nur so kann eine neue demokratische Struktur entstehen.

Was empfehlen Sie der Gesellschaft in dieser kritischen Phase konkret?

Die Erfahrungen aus dem Nahen Osten und Europa zeigen: In historischen Umbruchmomenten entsteht eine alternative Ordnung nicht von oben – sondern von unten. In Rojava, im kurdischen Norden Syriens, haben sich inmitten von Krieg und Widerstand lokale Räte und selbstorganisierte Netzwerke gebildet, die eine funktionierende, parallele Struktur geschaffen haben. Auch in Osteuropa waren es lokale Räte und zivilgesellschaftliche Netzwerke, die den Übergang zu demokratischeren Strukturen vorbereitet haben.

Die Botschaft dieser Beispiele ist klar: Unter den gegenwärtigen Bedingungen muss das Modell kollektiven Widerstands neu definiert werden. Eine neue Ordnung kann weder importiert noch von oben verordnet werden – sie entsteht, wenn sie in den alltäglichen Realitäten der Menschen wurzelt und von unten aufgebaut wird. Wir können diesen Prozess im einfachsten Sinne als eine Art „Generalprobe für Demokratie und Widerstand“ bezeichnen. Die erste Zelle ist die Familie – als kleinste soziale Einheit muss sie sich im Sinne von Überleben, Solidarität und Widerstandsfähigkeit organisieren. Das ist der erste Schritt beim Aufbau einer Alternative.

Neudefinition sozialer Autorität

Die nächste Ebene ist die Nachbarschaft: Kleine Komitees, lokale Räte, Netzwerke gegenseitiger Hilfe, Rollenverteilung und gemeinschaftlich verwaltete Ressourcen sind essenziell, um gesellschaftliche Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Dieser Geist und diese Form der Organisation sollten von der Mikroebene aus wachsen und auf Regionen und Städte ausgeweitet werden. Gerade jetzt hat dieses Modell doppelte Bedeutung: Die Geschwindigkeit des Systemverfalls nimmt zu, und jederzeit können Krieg oder massive Konflikte ausbrechen. In einer solchen Phase darf die Gesellschaft nicht passiv bleiben oder auf äußere Eingriffe hoffen. Die richtige Antwort ist, die kollektiven Räume des gesellschaftlichen Lebens – nicht nur geografisch, sondern auch mental, institutionell und sozial – der Kontrolle der Islamischen Republik zu entziehen. Es geht hier nicht bloß um Verteidigung – es geht um die Neudefinition sozialer Autorität.

Die Islamische Republik versucht, die Gesellschaft zu zersplittern, zu isolieren, zu demoralisieren und zu entpolitisieren. Die Gegenstrategie muss in Solidarität, kollektiver Willensbildung und organisierter Aktion bestehen. Um erfolgreich zu sein, muss sich die Gesellschaft von dem durch das Regime vorgegebenen Schicksal befreien und die fortschreitende Zerstörung von Gesellschaft und Umwelt aufhalten. Ein Zögern in diesem Punkt wird künftig einen hohen Preis fordern.

Diese Haltung ist nicht nur notwendig, um die Krise zu überstehen – sie bildet auch das Fundament einer demokratischen Ordnung, deren Legitimität sich aus dem kollektiven Willen speist. Die nahe Zukunft Irans ist voller Unwägbarkeiten – von einem möglichen Krieg bis hin zu inneren Machtkämpfen oder dem Tod des Staatsoberhaupts ist alles denkbar. Aber das bedeutet nicht zwangsläufig eine düstere Zukunft. Wenn sich die Gesellschaft organisiert, kann ein entstehendes Machtvakuum die Voraussetzung für eine neue demokratische Ordnung bilden. Echter Erfolg misst sich nicht allein am Sturz eines erschöpften, unterdrückerischen Systems – er liegt in der Fähigkeit der Gesellschaft, eine neue Ordnung von unten aufzubauen, gegründet auf Freiheit, Gleichheit und der Würde des Menschen.

Diese historische Aufgabe steht nun vor den Völkern Irans. Die Zukunft muss nicht nach dem Zusammenbruch gestaltet werden – sie muss im Herzen der Krise und in der Gegenwart entstehen. Das kurdische Volk, mit seiner historischen Erfahrung, seinen Kapazitäten und seiner Widerstandstradition, kann in dieser Phase eine führende Rolle übernehmen. Auch wir als Bewegung, die sich dem Willen unseres Volkes verpflichtet sieht, sind auf alle Szenarien vorbereitet und nehmen unsere Verantwortung mit dem nötigen ernst wahr.

Zusammengefasst: Wenn es den sozialen und politischen Kräften gelingt, sich jetzt in vielschichtigen, regional vernetzten Strukturen zu organisieren, kann der Moment des Zusammenbruchs zu einer historischen Gelegenheit werden – für die Wiederherstellung kollektiver Stärke und für die architektonische Gestaltung einer neuen Ordnung. Was wir derzeit erleben, ist nicht nur das Ende eines Systems, sondern die Öffnung eines Raums für die Gestaltung einer neuen politischen Zukunft.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/varisheh-moradi-jin-jiyan-azadi-ist-der-weg-zu-einer-befreiten-gesellschaft-47974 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/pjak-jin-jiyan-azadi-ist-das-revolutionare-herz-des-demokratischen-aufbruchs-47973 https://deutsch.anf-news.com/frauen/kjar-freiheit-beginnt-mit-der-frau-47979

 

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Auswahlverfahren für neues Parlament in Syrien beendet

6. Oktober 2025 - 7:00

In Syrien ist unter Ausschluss einzelner Regionen am Sonntag ein Auswahlverfahren zur Bestimmung der Mitglieder des ersten Parlaments nach dem Sturz des früheren Präsidenten Baschar al-Assad zu Ende gegangen. Landesweit wurden rund 50 Wahllokale eingerichtet, wie die staatliche Wahlkommission mitteilte. In der Hauptstadt Damaskus gab es demnach nur ein einziges Wahllokal. Mit Ergebnissen wurde frühestens für Montag gerechnet.

Im neuen „Parlament“ Syriens sollen 210 Abgeordnete sitzen, von denen ein Drittel durch den selbsternannten Übergangspräsidenten Ahmed Al-Scharaa ernannt wurde. Die Besetzung der übrigen Sitze haben lokale Wahlausschüsse im Vorfeld bestimmt, die ihrerseits von der von al-Scharaa ernannten Wahlkommission ernannt wurden. Insgesamt waren an der Abstimmung 6.500 Wahlleute beteiligt, von denen 1.578 als Kandidierende zugelassen wurden. Nach offiziellen Angaben waren 14 Prozent davon Frauen.

Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und die drusische Provinz Suweida im Süden, die in den letzten Monaten Schauplatz mehrerer Massaker durch Regierungstruppen wurde, waren von dem Auswahlverfahren ausgeschlossen – da sie nicht der Kontrolle der islamistischen Übergangsregierung unterstehen. Ihre 32 Sitze bleiben unbesetzt. „Diese Wahlen sind weder demokratisch noch spiegeln sie in irgendeiner Form den Willen des syrischen Volkes wider“, kritisierte die Autonomieverwaltung den Ausschluss. Die Wahl sei ein Versuch, „die ausgrenzende Politik fortzuführen, die Syrien seit Jahrzehnten prägt“.

Menschenrechtsorganisationen warnen derweil vor der Machtkonzentration in den Händen von al-Scharaa. Der Übergangspräsident, der auch Anführer der Dschihadistenkoalition „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) ist, könne „effektiv eine parlamentarische Mehrheit aus Personen bilden, die er ausgewählt hat oder deren Loyalität er sich gesichert hat“, erklärten 14 NGOs in einer gemeinsamen Erklärung im September. Dies berge die Gefahr, „das für jeden echten demokratischen Prozess wesentliche Prinzip des Pluralismus zu untergraben“.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/nord-und-ostsyrien-kritisiert-ausschluss-von-wahlen-47959 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/syrische-armee-wiederholt-an-massakern-beteiligt-48102 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/damaskus-kundigt-parlamentswahl-in-syrien-fur-oktober-an-48060 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/versohnung-ohne-beteiligung-syrien-stellt-plan-fur-suweida-vor-47984

 

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Dair Hafir: Sieben Angehörige von QSD und Asayîş bei Angriffen verletzt

6. Oktober 2025 - 2:00

Bei mehreren Angriffen im Umland der Gemeinde Dair Hafir in Nordsyrien sind am Sonntag insgesamt acht Personen verletzt worden – darunter sowohl Kämpfer:innen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) als auch ein Zivilist. Die QSD machen bewaffnete Einheiten der syrischen Übergangsregierung für die Angriffe verantwortlich.

Nach eigenen Angaben wurden am frühen Morgen drei QSD-Mitglieder durch eine Sprengstoffdrohne verletzt, die auf ein Militärfahrzeug in der Nähe des Stadttors von Dair Hafir abzielte. Bereits zuvor war bekannt worden, dass auch ein Zivilist bei diesem Angriff verletzt wurde.

Am Abend desselben Tages traf ein weiterer Drohnenangriff eine Patrouille der Behörde der nordostsyrischen Autonomieverwaltung für innere Sicherheit (Asayîş), wobei vier Einsatzkräfte verletzt wurden. Die QSD sprechen in einer Mitteilung von gezielten Angriffen auf die Einheiten.

Zusätzlich seien Wohngebiete in der Umgebung der Gemeinde mit Artillerie beschossen worden. Die QSD warnten, dass diese Angriffe eine direkte Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellen und darauf abzielen, „Panik zu verbreiten und die Stabilität in der Region zu untergraben“.

Rückblick auf tödlichen Vorfall im September

Die QSD erinnerten in ihrer Stellungnahme auch an einen Vorfall am 20. September, bei dem bei Bombardements syrischer Regierungstruppen auf Dair Hafir acht Zivilpersonen getötet worden waren, darunter auch Frauen und Kinder. Die nächtliche Attacke war mit Drohnenschlägen gestartet worden und ging anschließend in Artilleriebeschuss über. 

Die Demokratischen Kräfte Syriens werfen den bewaffneten Einheiten der selbsternannten Übergangsregierung in Damaskus vor, gezielt auf Unruhe und Destabilisierung in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien hinzuarbeiten. Man werde jedoch weiterhin die Sicherheit der Bevölkerung verteidigen, hieß es in der Mitteilung.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zivilist-bei-beschuss-nahe-dair-hafir-verletzt-48246 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zahl-der-toten-nach-angriff-auf-dair-hafir-auf-acht-gestiegen-48069 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/sieben-zivilist-innen-bei-angriff-auf-dair-hafir-getotet-48041 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-errichtet-barrieren-in-kurdischen-vierteln-von-aleppo-48181 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/strassensperre-der-syrischen-regierung-behindert-reiseverkehr-im-nordosten-48245

 

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Minenexplosion verletzt QSD-Kämpfer bei Deir ez-Zor

6. Oktober 2025 - 0:00

Ein Kämpfer der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) ist bei der Detonation einer Sprengfalle im ländlichen Westen der Provinz Deir ez-Zor leicht verletzt worden. Das teilte das Medien- und Kommunikationszentrum der QSD am Sonntagabend mit.

Demnach ereignete sich die Explosion in der Ortschaft al-Muhamida, als ein Fahrzeug der QSD auf einen am Straßenrand platzierten Sprengsatz auffuhr. Laut dem Bündnis wurde der Sprengsatz mutmaßlich von Zellen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) gelegt.

Der verletzte Kämpfer wurde nach Angaben der QSD zur medizinischen Versorgung in ein Krankenhaus gebracht. Über die Schwere der Verletzungen wurde mitgeteilt, dass sie nicht lebensbedrohlich seien.

Sicherheitskräfte sicherten kurz nach dem Vorfall das Gebiet und leiteten Ermittlungen zur Täterschaft ein. Die Region Deir ez-Zor im Osten Syriens ist seit Jahren Schauplatz wiederholter Angriffe durch IS-Schläferzellen, die trotz der militärischen Niederlage der Organisation weiterhin aktiv sind.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-melden-uber-70-festnahmen-bei-einsatz-in-ain-issa-48249 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zwei-qsd-kampfer-bei-angriff-in-raqqa-verletzt-48210

 

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TJA in Mersin: Der Weg zum Frieden führt über Imrali

5. Oktober 2025 - 22:00

Mit einem lautstarken Protestmarsch hat die Bewegung freier Frauen (TJA) in der südtürkischen Stadt Mersin ihre mehrtägige Demonstration unter dem Motto „Mit Hoffnung für die Freiheit“ am Sonntag fortgesetzt. Ziel der Initiative ist es, auf die fortdauernde Isolationshaft des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan aufmerksam zu machen und dessen Freilassung zu fordern.

Die Demonstration hatte vor fünf Tagen in Amed (tr. Diyarbakır) begonnen und soll ihren Höhepunkt am Dienstag in der Hauptstadt Ankara finden. In Mersin versammelten sich am späten Nachmittag hunderte Aktivistinnen im Friedenspark, begleitet von Parolen wie „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit) und „Kein Leben ohne Öcalan“. Empfangen wurden die Teilnehmerinnen von einer großen Menschenmenge, die sie auf ihrem Marsch bis zur Bezirkszentrale der DEM-Partei im Stadtteil Akdeniz begleitete.

 


„Der Weg zum Frieden führt über Imrali“

Am Zielpunkt der Demonstration wurden kurdische Tänze aufgeführt, Transparente aufgehängt und Grußbotschaften verlesen – unter anderem die von Abdullah Öcalan selbst an die TJA gesendete Message (ANF berichtete).

Eine besonders emotionale Botschaft kam von Figen Yüksekdağ, früher Ko-Vorsitzende der HDP und seit Ende 2016 inhaftiert. Sie würdigte die „kollektive Kraft der Frauen“, die mit der Demonstration ein deutliches Zeichen für Freiheit und Frieden setze. Der Schlüssel zu einer gerechten Lösung der kurdischen Frage in der Türkei und einem inklusiven Friedensprozess liege, so Yüksekdağ, weiterhin bei Abdullah Öcalan: „Der Weg zu einem dauerhaften Frieden führt über Imrali.“

Sie forderte, die Isolation Öcalans endlich zu beenden und seine Rolle in einem möglichen Friedensprozess offiziell anzuerkennen. „Öcalans Freiheit steht im Zentrum unseres Kampfes – nicht nur für ihn, sondern für alle politischen Gefangenen, für Frauen, junge Menschen und Minderheiten.“

„Demokratie braucht Raum“

Auch Neslihan Şedal, die gewählte, aber abgesetzte Ko-Bürgermeisterin der Großstadt Wan (Van), sprach vor den Versammelten. Sie betonte, dass der Marsch aus dem Herzen Kurdistans bis in die türkische Hauptstadt ein „symbolischer Weg für Dialog und Demokratie“ sei. „Unsere Forderungen sind klar“, sagte sie. „Die Politik braucht Räume – und der erste Schritt dorthin ist die Freilassung Abdullah Öcalans.“

Die kurdische Politikerin verwies zudem auf Öcalans Rolle in der Frauenbewegung. „Er hat uns die Ideologie der Frauenbefreiung ans Herz gelegt. Unsere Aufgabe ist es, sie in der Praxis umzusetzen – mit Organisation, Bildung und Widerstand.“

TJA: „Kommission muss mit Öcalan sprechen“

Die TJA-Aktivistin Eylem Sarıca unterstrich, dass es sich bei der Forderung nach Öcalans Freiheit nicht nur um die Freilassung einer Person handle, sondern um eine politische Grundsatzfrage. „Die physische Freiheit Abdullah Öcalans steht für eine ganze Philosophie – für einen Weg der gewaltfreien Lösung, der Gleichberechtigung und des friedlichen Zusammenlebens.“

Sarıca forderte, dass die im Parlament eingesetzte Kommission für eine politische Lösung schnellstmöglich Gespräche mit Öcalan aufnehmen müsse. „Der Weg zu einer demokratischen Lösung führt über Imrali“, sagte sie.

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Fortsetzung des Marschs in Richtung Ankara

Die Organisatorinnen kündigten an, ihre Protestaktion am nächsten Tag in Richtung Ankara fortzusetzen. Ziel sei es, im politischen Zentrum des Landes konkrete Forderungen zu übermitteln – unter anderem zur Aufhebung der Isolationshaft, zur Anerkennung der Rechte kurdischer Bürgerinnen und Bürger sowie zur Förderung eines inklusiven demokratischen Dialogs.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauendemonstration-erreicht-adana-tausende-fordern-Ocalans-freilassung-48237 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ocalan-an-tja-marsch-die-sprache-der-gleichberechtigung-nutzt-uns-allen-48236 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-fur-freiheit-von-tausenden-in-dilok-empfangen-48222 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-frauenmarsch-erreicht-geburtsort-von-abdullah-Ocalan-48213

 

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