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Aktualisiert: vor 46 Minuten 42 Sekunden

Im Gedenken an Nagihan Akarsel

3. Oktober 2025 - 8:00

Seit dem Auftragsmord des türkischen Geheimdienstes an Nagihan Akarsel sind drei Jahre vergangen – doch niemand wurde zur Rechenschaft gezogen. Nagihan bleibt nicht nur eine gefallene Genossin, sondern eine Frau, die eine ganze Bewegung geprägt hat.

Geboren 1977 in Xêlîkan (tr. Gölyazı), einem Ort in der zentranatolischen Provinz Konya, der von zwangsdeportierten Kurd:innen bewohnt wird, wuchs Nagihan in einer Gemeinschaft auf, die seit Jahrhunderten Vertreibung, Assimilation und Unterdrückung widerstand. Diese Wurzeln erklären nicht nur ihre Herkunft, sondern auch den unermüdlichen, kämpferischen Geist, der ihr Leben prägte.

Mitgestalterin einer neuen Gesellschaft

Ihr Weg war nie individuell, er war Teil einer kollektiven Geschichte, eines historischen Kampfes, in dem Kurdinnen nicht nur überleben, sondern eine neue Gesellschaft gestalten. Nach dem Abitur in Konya studierte sie Journalismus in Ankara und engagierte sich in der kurdischen Jugendbewegung.  Aufgrund dieses Engagements saß sie zwischen 2001 und 2007 im Gefängnis.

Als sie freikam, arbeitete sie eine Weile als Redakteurin und Autorin für die Nachrichtenagentur Dicle (DIHA). Später gehörte sie zu den Mitbegründerinnen der ersten Frauennachrichtenagentur JINHA und trug so wesentlich zur Entwicklung des Frauenjournalismus bei. In dieser Zeit begann sie auch, sich näher mit der Jineolojî auseinanderzusetzen.

„Nagihan Akarsel war das Ziel des Männerstaates“

Nagihan war ein Teil der Jineolojî, jener revolutionären Wissenschaft, die Frauen im Nahen Osten – und besonders kurdische Frauen – ermutigt, ihre eigene Geschichte, ihre eigene Kraft und ihre eigene Wahrheit zurückzuerobern. Sie hinterließ mehr als Worte: Sie hinterließ Spuren, Fragen, neue Räume des Denkens und des Handelns. In Rojava förderte sie die Bildungsarbeit im Bereich der Jineolojî und recherchierte zur Geschichte von Frauen in Efrîn. In Şengal betrieb sie Feldforschung zur Situation von Frauen nach dem vom „Islamischen Staat“ (IS) begangenen Genozid und Feminizid.

„Sie war eine Widerstandskämpferin. Deshalb wurde sie zum Ziel des Männerstaates“, erinnerte ihre Weggefährtin Şêrîn Hesen in einem Interview. „Nagihan Akarsel war das Ziel des Männerstaates. Sie kannte die Geschichte der Frauen, sie war widerständig und prägend. Uns bleibt, ihr Erbe zu bewahren und ihre Arbeit fortzuführen. Sie hat große Opfer für die Jineolojî gebracht. Ihr gerecht zu werden heißt, ihren Weg weiterzugehen und ihre Projekte zu vergrößern.“

Nagihan Akarsel stellte die Frau ins Zentrum

Nagihan verkörperte jene Haltung, die Angst in den Palästen der Macht verbreitet: die Beharrlichkeit, Wahrheit zu suchen, Geschichte neu zu schreiben, das Leben von Frauen ins Zentrum zu stellen. Sie zeigte, dass Wissenschaft nicht abstrakt sein muss, sondern ein Werkzeug des Widerstands sein kann. In ihren Jineolojî-Kursen sprach sie nicht nur über Frauen und Natur – sie öffnete Wege zurück zum eigenen Selbst, zur eigenen Geschichte, zu einer kollektiven Kraft. Wer sie traf, erinnert ihre Energie, ihre Wärme, ihre Fähigkeit, aus Fragen Widerstand zu formen. Zuletzt arbeitete sie mit Frauen aus Südkurdistan im Forschungszentrum für Jineolojî. Eines ihrer laufenden Projekte war die Einrichtung einer kurdischen Frauenbibliothek.

Nagihan war für das System gefährlich

Nagihan wurde ermordet, weil sie „gefährlich“ war – gefährlich für ein System, das auf Patriarchat, Militarismus und Kolonialismus baut. Sie wurde von elf Kugeln getroffen – aus der Waffe eines Attentäters, den der türkische Geheimdienst MIT anheuerte, um sie zu töten. Doch das, was sie erschaffen hat, lässt sich nicht mit Kugeln töten. Ihr Andenken lebt in den Frauen weiter, die heute in Kurdistan, in Rojava, in Şengal und darüber hinaus weiterkämpfen.

Nagihan hat uns gelehrt: Jin, Jiyan, Azadî ist mehr als eine Parole – es ist eine Praxis, eine Wissenschaft, eine Revolution.

Ihr Vermächtnis verpflichtet uns, nicht in Trauer stehen zu bleiben, sondern ihren Weg weiterzugehen. Nagihan Akarsel ist unsterblich – unsterblich im Kampf der Frauen, unsterblich in der Jineolojî.

https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/staatsvertreter-raumt-anschlag-auf-nagihan-akarsel-ein-34366 https://deutsch.anf-news.com/frauen/ceni-jineoloji-wird-deinen-kampf-am-leben-erhalten-39251 https://deutsch.anf-news.com/frauen/jineoloji-akademie-wir-setzen-nagihan-akarsels-arbeit-fort-34390 https://deutsch.anf-news.com/pressefreiheit/rsf-verurteilt-ermordung-von-nagihan-akarsel-34312 https://deutsch.anf-news.com/frauen/nagihan-akarsel-unter-jin-jiyan-azadi-rufen-beigesetzt-34424

 

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Frauenmarsch: „Wir laufen für alle Völker“

2. Oktober 2025 - 20:00

Die Bewegung freier Frauen (Tevgera Jinên Azad – TJA) hat einen Marsch von Amed (tr. Diyarbakır) in die türkische Hauptstadt Ankara organisiert, der unter dem Motto „Mit Hoffnung in die Freiheit“ läuft. Die am Mittwoch gestartete Demonstration wird durch sieben Städte führen, darunter Riha (Urfa), Dîlok (Antep), Adana, Mersin und schließlich Ankara, wo die Protestaktion mit einer Pressekonferenz während einer Fraktionssitzung enden wird. Der Frauenmarsch fordert nicht nur die Freilassung des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan, sondern setzt auch ein Signal für eine demokratische und friedliche Neuordnung in der Türkei.

250 Frauen, die an dem sechstägigen Marsch mit Transparenten mit der Aufschrift „Das Recht auf Hoffnung kann nicht verweigert werden“ teilnehmen, haben den Bezirk Curnê Reş (Hilvan) in der Provinz Riha erreicht. Sie wurden von Hunderten von Frauen mit weißen Tüchern in den Händen begrüßt.

Die Aktivistinnen, die ihre Demonstration mit großer Entschlossenheit und Begeisterung durchführen, werden ihren Marsch morgen im Bezirk Xelfetî (Halfeti) fortsetzen.

Im Gespräch mit ANF erklärten die Teilnehmerinnen, dass sie für die umfassende Etablierung und Umsetzung des sozialen Friedens mit Forderungen marschieren, die alle Völker betreffen. Sie fassten des Hintergrund ihres mehrtägigen Marsches mit den Worten zusammen: „Dies ist ein sozialer Marsch; wir marschieren, um auf die Bedeutung des sozialen Friedens aufmerksam zu machen. Der soziale Frieden hängt auch von der Umsetzung des ‚Rechts auf Hoffnung‘ und anderer Rechte ab.“


„Öcalan ist für sein Volk unverzichtbar“

Die Teilnehmerin Hatice Yıldız betonte, dass der Marsch mit der Forderung nach dem Recht auf Hoffnung initiiert wurde: „Das Recht auf Hoffnung ist unverzichtbar für Rêber Öcalan, der wiederum für sein Volk unverzichtbar ist. Wir sind von Wan nach Amed gekommen, und von hier aus werden wir nach Ankara marschieren. Wir werden eine Botschaft an Ankara, an das Parlament, an das türkische Volk senden. Wenn wir Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit wollen, müssen sowohl Türk:innen als auch Kurd:innen Verantwortung übernehmen.

Dieser Marsch für die Freiheit ist auch eine Aktion für das Recht auf Hoffnung. Das Töten muss ein Ende haben, die Waffen müssen niedergelegt werden. Die Zeit der Waffen ist vorbei. Die Völker der Türkei und wir wollen diesen Krieg nicht mehr, denn die größten Opfer des Krieges sind Frauen und Kinder. Mein Aufruf lautet: Von den Tscherkess:innen bis zu den Las:innen, von den Türk:innen bis zu den Kurd:innen müssen alle ‚Es reicht!‘ sagen. Wir wollen keinen Krieg, der Frieden muss jetzt beginnen. Das ist die Bedeutung unseres Marsches: das Recht auf Hoffnung und Frieden.“

„Wir werden die Forderungen der Frauen in Ankara vorbringen“

Die Frauenbeauftragte des Gewerkschaftsverbands KESK, Döne Gevher, die ebenfalls an dem Marsch teilnimmt, erklärte dessen Zweck wie folgt: „Der Ruf nach Frieden und einer demokratischen Gesellschaft wurde von weiten Teilen der Gesellschaft begrüßt. Dieser Ruf kann jedoch nur durch Taten und Ereignisse beantwortet werden, nicht nur durch Stillhalten. Deshalb haben wir diesen Marsch von Amed nach Ankara begonnen. Am Ende unseres sechstägigen Marsches werden wir vor dem Sincan-Gefängnis die Frage der Änderung des Gesetzes über die Vollstreckung von Strafen und die Forderung nach dem Recht auf Hoffnung, wie es vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte formuliert wurde, zur Sprache bringen.

Dann werden wir vor dem Parlament die Forderungen der Frauen nach Freiheit und Gleichberechtigung vorbringen. Während des gesamten Marsches werden wir uns mit Frauen in Dörfern und auf Stadtplätzen treffen und versuchen, gemeinsam mit den Menschen den Ruf nach Freiheit zu erheben.“

„Frieden muss zu einer sozialen Realität werden.“

Die Teilnehmerin Seçkin Tunç erklärte: „Wir marschieren für Demokratie, Freiheit und Frieden. Wir marschieren für eine Gesellschaft ohne Klassenunterschiede, in der alle Menschen gleichberechtigt leben. Wir marschieren für die Freiheit der Arbeiter:innenklasse, für die Freiheit von Frauen und Mädchen. Wir marschieren für kranke Gefangene.

Vor allem marschieren wir für die Verbesserung der Haftbedingungen von Rêber Abdullah Öcalan. Andererseits marschieren wir auch für die Freiheitskämpfer:innen. Ich hoffe, dass unsere Forderungen erfüllt werden. Denn wie Abdullah Öcalan sagte: ‚Die Gesellschaft kann nicht frei sein, ohne dass die Frauen frei sind.‘ Wir setzen unseren Marsch fort und glauben daran. Frieden muss zu einer sozialen Realität werden.“

Frauen, Pionierinnen des Friedens

Öznur Evin, die ebenfalls mitmarschiert, erklärte, dass der Protest initiiert wurde, um alle sozialen Forderungen zusammenzuführen: „Wir haben alle rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren berücksichtigt, als wir diesen Marsch begonnen haben. Dieser Marsch ist für das Recht auf Hoffnung, sozialen Frieden und Frauenrechte. Unser endgültiges Ziel ist Ankara. Dort werden wir lautstark Frieden, das Recht auf Hoffnung und alle Rechte der Frauen und der Gesellschaft fordern.

Der Prozess läuft seit etwa 7–8 Monaten, aber er schreitet nur sehr langsam voran und muss beschleunigt werden. Die Gesellschaft ist nicht für Krieg, sondern für Frieden. Unser Ziel ist es auch, den Krieg zu beenden und sozialen Frieden zu schaffen. Wenn es ein soziales Friedensabkommen geben soll, dann wird es von Frauen geschlossen werden. Die Rolle und Bedeutung der Frauen für den Frieden ist sehr groß. Wir Frauen, als Pionierinnen des Friedens, haben diesen Marsch begonnen und werden ihn bis zum Ende fortsetzen.“

https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-mit-hoffnung-in-die-freiheit-in-amed-gestartet-48193 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-aktivistinnen-brechen-zum-freiheitsmarsch-nach-amed-auf-48180 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-wir-gehen-mit-hoffnung-in-die-freiheit-48109

 

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Iran: Repression gegen kurdischen Journalisten

2. Oktober 2025 - 18:00

Saman Ghazali, ein kurdischer Journalist und Bürgerrechtler aus Mahabad, ist aufgrund seiner kritischen Berichterstattung von Regimekräften verhört worden, nachdem er telefonisch zur öffentlichen Sicherheitspolizei der Strafverfolgung vorgeladen worden war.

Verhör zu „Jin, Jiyan, Azadî“-Jahrestag

Das Kurdistan Human Rights Network (KHRN) berichtete, dass Ghazali der Vorladung am 30. September nachkam und infolge mehrere Stunden lang verhört worden sei. Bei dem Verhör soll es insbesondere um den Jahrestag des „Jin Jiyan, Azadî“-Aufstand (dt. Frau, Leben, Freiheit) und um Veröffentlichungen politischer Inhalte über seine Social Media Accounts gegangen sein.

Schließlich soll er laut KHRN im Verlauf der mehrstündigen Befragung immer wieder unter Druck gesetzt worden sein, eine schriftliche Erklärung zu unterzeichnen, in der er verspricht, sich aus politischen und sozialen Aktivitäten herauszuhalten.

Haft wegen Berichterstattung zu Protesten

Saman Ghazali war bereits am 25. September 2022 im Zuge einer Vorladung zum Geheimdienstministerium in Mahabad festgenommen worden und hatte zwei Monate im Gefängnis in Ûrmiye verbracht.

Während seiner Haft war er wiederholt zu seinen Berichten über die Proteste und Streiks befragt worden, und trat einmal aus Protest gegen seine Haftbedingungen in den Hungerstreik. Gegen eine Kaution in Höhe von 10 Milliarden Rial (fast 10.000 USD) wurde er schließlich am 26. November 2022 wieder freigelassen.

Im Dezember 2022 verurteilte ihn die Erste Kammer des Islamischen Revolutionsgerichts in Mahabad wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu drei Monaten Haft, weiteren fünf Monaten auf zwei Jahre Bewährung und einem einjährigen Berufsverbot als Journalist.

Später wurde er zur Verbüßung seiner Strafe in das Gefängnis von Mahabad verlegt und nach drei Monaten unter Anrechnung der bereits verbüßten Zeit freigelassen.

Ausdauernde Verfolgung kritischen Journalismus’

Der kurdische Journalist war 2022 nicht zum ersten mal ins Visier der iranischen Regimejustiz geraten. Bereits zwei Jahre zuvor, am 16. September 2020, war Ghazali ebenfalls wegen seiner politischen und journalistischen Aktivitäten für drei Monate inhaftiert worden.

Das Islamische Revolutionsgericht von Mahabad verurteilte ihn damals wegen „Propaganda gegen den Staat“ und „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“ zu zwei Jahren Haft, angeblich aufgrund seiner Verbindungen zu einer kurdischen Oppositionspartei.

Er wurde am 30. Juni 2021 nach Verbüßung von neun Monaten der Strafe freigelassen.

https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/monatsbericht-fur-september-2025-22-hinrichtungen-im-iran-48195 https://deutsch.anf-news.com/pressefreiheit/iranisches-regime-begnadigt-journalistinnen-45270 https://deutsch.anf-news.com/pressefreiheit/iran-wirft-inhaftierter-journalistin-verstoss-gegen-mediengesetze-vor-44844

 

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Ein von der Kunst genährtes Streben nach Freiheit: Şirin Işık

2. Oktober 2025 - 18:00

Die Kommandantin der kurdischen Frauenguerilla, Verbände freier Frauen (YJA Star), Şirin Işık (Arvîn Çirav Botan) ist am 10. April 2018 bei Angriffen der türkischen Armee in Südkurdistan gefallen. An- und Zugehörigen nach hinterließ sie ein Vermächtnis aus Migration, Widerstand, Kunst und dem Streben nach Freiheit.

Şirin wurde in Şirnex (tr. Şırnak) geboren und wanderte mit ihrer Familie in den Bezirk Akdeniz in Mersin aus, nachdem ihr Dorf in einer Welle zunehmender Repressionen niedergebrannt worden war. Obwohl sie ihre Kindheit fortan an einem Ort verbrachte, der ihr fremd war, verlor sie Freund:innen zufolge nie den Bezug zu ihrer eigenen Kultur.

Schließlich entdeckte die junge Frau die Musik für sich und nahm im Jahr 2011 Gitarrenunterricht im Mesopotamischen Kulturzentrum (MKM). Nach Abschluss ihrer Ausbildung arbeitete sie dort weiterhin als Lehrerin und trat auch bei Konzerten auf. Nach einer Augenoperation wandte sie sich den Bergen zu. Vor allem der Kampf um Kobanê in der Verteidigung gegen den selbsternannten Islamischen Staat (IS) habe bei ihr zu einer Veränderung geführt.

ANF hat mit Familienangehörigen und Freund:innen von Şirin Işık gesprochen, die die Erinnerung an sie mit ihren Erzählungen und Geschichten am Leben halten.

„… alles an ihr hatte Einfluss auf die Menschen“

Kadir Çat, der mit Şirin Işık bei kulturellen und künstlerischen Aktivitäten zusammenarbeitete, erklärte, dass eines ihrer Lieblingslieder Delîlas Stück „Şev Tarî“ war. Şirins Verbindung zur Kunst, so Çat, spiegelt sich in diesem Lied wider.

Er erinnerte sich, dass Şirin Işık in ihrer künstlerischen Arbeit rasante Fortschritte gemacht habe: „Genossin Şirin liebte dieses Lied sehr. Sie war noch nicht daran gewöhnt, die Gitarre zu halten, aber wenn Şehîd Delîla es sang, nahm sie die Gitarre und sagte: ‚Lasst uns dieses Lied zusammen singen.‘ Dieses Lied hatte einen besonderen Platz für mich und vor allem für Genossin Şirin. Obwohl ich älter war als sie, waren ihre Herangehensweise an die Arbeit, ihre Nähe zur Kunst und ihr Engagement für diese Bewegung immer einzigartig. Ihr Lächeln, ihre Sprache, ihre Hingabe, ihre Freundschaft ... alles an ihr hatte Einfluss auf die Menschen.

Wie kann ein Mensch so schnell eine Bindung aufbauen und sich so schnell entwickeln? Genossin Şirin machte innerhalb von zwei bis drei Jahren große Fortschritte. Ihre Arbeit und ihre organisatorischen Fähigkeiten waren bemerkenswert stark.“

„Anstatt zu hinterfragen, haben wir sie unterstützt“

Şirins Mutter, Cevahir Işık, sprach über die Veränderungen im Leben ihrer Tochter und den Prozess, den sie durchgemacht haben. Sie erklärte, dass sie sich dafür entschieden habe, die Entscheidungen ihrer Tochter zu unterstützen, anstatt sie in Frage zu stellen. Mit dem Angriff des IS auf Kobanê im Jahr 2014 hätten die Gedanken und die Orientierung ihrer Tochter begonnen, sich zu verändern. Cevahir Işık fügte hinzu, dass sich ihre Tochter in dieser Zeit einer Augenoperation unterzog. Nach zwei Wochen Erholung ging Şirin, ohne eine weitere medizinische Untersuchung, in die Berge.

„Şirin war sowohl furchtlos als auch talentiert“

Şirin studierte am MKM gemeinsam mit ihrer Nichte, Zelal Işık. Diese erinnerte sich vor allem an Şirins Mut und Talent. Sie sagte: „Ich habe mich einmal in der Schule geprügelt, und selbst da war sie ein so furchtloses Mädchen. Wenn ich in der Schule in einen Streit geriet, stellte sie sich vor alle und verteidigte mich. Das war bei uns allen so. Sie war sowohl furchtlos als auch sehr talentiert.

Sie konnte in kurzer Zeit alles erreichen. Während der Trainings brachte sie allen schon in der ersten Woche bei, wie man sich zusammenschließt. Wir fuhren mit ihr nach Êlih (Batman) und Amed (Diyarbakır) und gaben Konzerte in Mersin. Innerhalb eines Jahres war sie keine Schülerin mehr, sondern gab selbst Unterricht. Bevor sie ging, sagte sie immer: ‚Ich möchte Flöte spielen.‘ Sie nahm zwei Monate lang Flötenunterricht und war sehr erfolgreich. Zu dieser Zeit begann sie auch, an Parteiveranstaltungen teilzunehmen.

Tiefes Vertrauen und Stolz

Wir vertrauten Şirin sehr, ebenso wie ihre Familie. Es gab Zeiten, in denen sie nicht nach Hause kam, aber wir wussten, was sie tat. Wir haben sie nie hinterfragt, weil wir wussten, dass ihr Weg der richtige war. Ja, wir haben sie sehr vermisst, und ihre Mutter war sehr traurig, aber alle hatten unendliches Vertrauen in sie. Sie sagte sogar zu ihrer Mutter: ‚Ich empfinde Trauer, aber sie kommt aus meinem Inneren; eines Tages werde ich gehen.‘“

Auch Şirins Schwester Fatma Işık teilte diese Erinnerung: „Als meine Schwester ging, war ich noch sehr jung, gerade einmal elf Jahre alt. Sie hinterließ uns schöne Erinnerungen. Wir sind nur stolz auf sie.“

Şirin wurde durch ihr Leben und Handeln zu einem Vorbild

Die gemeinsamen Gespräche über den Kampf der Frauen waren für Cejna Saruhan, die mit Şirin Işık am MKM studierte, die einprägsamsten Momente der gemeinsamen Tage. Cejna betonte, dass Şirin in dieser Hinsicht eine sensible und wegweisende Persönlichkeit war.

„Sie verteidigte den Kampf der Frauen und glaubte, dass alle Frauen ihren eigenen Willen und ihre Rechte verteidigen sollten. Unsere Gespräche drehten sich ohnehin meistens um den Kampf der Frauen. Mit ihrer Haltung und ihrem Handeln war sie eine Frau, die den Kampf der Frauen anführen konnte. Durch ihr Leben und ihr Handeln wurde sie für uns zu einem Vorbild“, erzählte Cejna.

„Ich habe in ihr die Essenz der Genoss:innenschaft gefunden“

Ein weiterer Freund, der mit Şirin Işık zusammengearbeitet hat, aber aufgrund eines laufenden Verfahrens gegen sie im Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nicht namentlich genannt werden wollte, beschrieben, wie Şirin ihre Mitmenschen mit ihrem Mut beeindruckt habe.

„Es reicht nicht aus, nur von Şirin zu sprechen. Ich habe in ihr wirklich die Essenz der Genoss:innenschaft gefunden. Das war das, was sie auszeichnete, und sie war sich dessen bewusst. Ja, hier war sie mutig, eine junge Frau, die ihre Mitmenschen beeinflussen konnte. Sie war sich dessen bewusst und konnte es hier tun, aber sie wollte sich immer dort [bei der Guerilla in den freien Bergen Kurdistans, Anm. d. Red.] beweisen.

Sie wollte in diesem Gebiet leben, an dem Ort, an dem sie die Entschlossenheit des Kampfes tiefer erleben konnte. Das hat sie oft zum Ausdruck gebracht. Und aus diesem Grund entschied sie sich zu gehen. Sie schloss sich dem Kampf mit ihrer ganzen emotionalen Intensität, aber auch ideologisch an. Dieser Ort hat sie geprägt.“

https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/mersin-polizei-verhindert-trauerfeier-fur-guerillakampferin-47773 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/gefallenengedenken-in-berlin-47849

 

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Ducange: Kurdische Frage braucht demokratische Unterstützung

2. Oktober 2025 - 16:00

Zur Unterstützung von Öcalans „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ vom 27. Februar hat der französische Historiker Jean-Numa Ducange eine Botschaft an die Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) gesendet.

Nachdem der seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in Isolationshaft gefangengehaltene Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, am 27. Februar dieses Jahres zum Ende des bewaffneten Kampfes, zur Auflösung der PKK und zu einem Friedens- und Demokratisierungsprozess aufgerufen hatte, reißt der Strom von Unterstützungsbekundungen aus aller Welt nicht ab. Es scheint breite Einigkeit darüber zu bestehen, dass sie mit diesem Schritt eine historische Chance zur Lösung der kurdischen Frage für die Türkei eröffnet hat.

„Der Kampf des kurdischen Volkes wird ignoriert“

Dieser Ansicht ist auch Ducange. In seiner Botschaft an die DEM-Partei hieß es: „Ich unterstütze Ihre Initiative. Der Kampf des kurdischen Volkes um seine Existenz ist umso legitimer und notwendiger, als er heute auf internationaler Ebene weitgehend ignoriert wird. Viele Menschen demonstrieren für die Rechte des palästinensischen Volkes, aber der Kampf der Kurd:innen ist in Vergessenheit geraten.

Garantie für eine gemeinsame Zukunft

Aus diesem Grund ist es wichtiger denn je, die kurdische Frage mit einer demokratischen und friedlichen Perspektive zu unterstützen. Auch die Kurd:innen haben eine Stimme, und diese Stimme wird von der Perspektive einer demokratischen und sozialen Republik geprägt. Wenn Internationalismus noch eine Bedeutung hat, dann muss diese Bedeutung hier konkret verwirklicht werden; die gemeinsame Zukunft des türkischen und des kurdischen Volkes muss garantiert werden.“

Wer ist Jean-Numa Ducange?

Ducange ist Professor für Zeitgeschichte an der Universität Rouen Normandie und Mitglied des Institut universitaire de France. Er ist spezialisiert auf linke Bewegungen in französisch- und deutschsprachigen Ländern und das „Erbe“ der Französischen Revolution in der modernen Welt. Er hat zahlreiche Artikel und Werke in verschiedenen Sprachen zu diesen Themen verfasst. Ducange ist außerdem Mitherausgeber der Zeitschrift Actuel Marx und Chefredakteur von Mouvement ouvrier.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/britische-gewerkschaften-fordern-frieden-in-der-turkei-48186 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/traverso-die-kurdische-frage-steht-an-einem-historischen-wendepunkt-48162 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/federico-racca-Ocalan-ist-der-mandela-unserer-zeit-48073 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/intellektuelle-unterstutzen-Ocalans-friedensaufruf-48111

 

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Mehmet Çakas aus der Haft entlassen

2. Oktober 2025 - 16:00

Der kurdische Aktivist Mehmet Çakas ist nach zwei Jahren und zehn Monaten Haft wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft freigelassen und vor der JVA Uelzen von einer großen Menschenmenge begeistert empfangen worden. Viele Familienangehörige, Freund:innen und Weggefährt:innen waren bereits am frühen Morgen aus Hamburg, Hannover und weiteren Orten vor der Haftanstalt angekommen und verbrachten die Wartezeit mit Singen und Tanzen. Als Mehmet Çakas aus der Tür trat, wurden Freudentriller laut.


Kampf gegen Abschiebung und Kriminalisierung

Nach der freudigen und teils sehr emotionalen Begrüßung gaben die Ko-Vorsitzenden der Föderation der Gemeinschaften aus Kurdistan in Norddeutschland (FED-DEM), Hakime Yousef und Latif Karakaş, sowie der Ko-Vorsitzende des Dachverbands Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (KON-MED), Kerem Gök, Erklärungen ab, in denen sie auf die monatelang geführte Kampagne gegen die Abschiebung des kurdischen Aktivisten in die Türkei hinwiesen und die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung in Deutschland kritisierten.


„Eine Kampagne für Recht und Gerechtigkeit“

Die Aktivistin Sofie hielt eine Rede im Namen der international geführten Kampagne und sagte, dass in ganz Deutschland Menschen auf die Straße gegangen und Solidarität bewiesen hätten. „Wir werden diesen Weg weitergehen und für eine friedliche und demokratische Gesellschaft kämpfen“, so die Aktivistin.

Mehmet Çakas bedankte sich bei den Anwesenden und allen, die sich in den letzten Monaten für ihn eingesetzt haben. „Diese Kampagne wurde nicht für eine Einzelperson geführt, sie war eine Kampagne für Recht und Gerechtigkeit. Sie hat gezeigt, dass Menschen etwas erreichen können, wenn sie an etwas glauben und sich gemeinsam dafür einsetzen“, sagte Çakas.

Er sei Teil einer Bewegung, die sich für eine demokratische Gesellschaft einsetze und auf der „Jin Jiyan Azadî“-Philosophie beruhe. Das müsse auch der deutsche Staat begreifen und endlich seine Haltung zur kurdischen Bewegung ändern. Der Kampf werde weitergehen, bis alle politischen Gefangenen einschließlich Abdullah Öcalan freigelassen werden.

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Haftentlassung mit Auflagen

Nach den Reden wurden Süßigkeiten verteilt, anschließend fuhr Mehmet Çakas mit Familienangehörigen nach Hamburg. Aufgrund seines laufenden Ausweisungsverfahrens muss er sich künftig einmal die Woche bei der Polizei melden. Außerdem wurde eine fünfjährige „Führungsaufsicht“ angeordnet. Diese beinhaltet eine monatliche Vorsprache bei seinem Bewährungshelfer sowie die Auflage, einen Wechsel seines Wohnsitzes oder seiner Arbeitsstelle mitzuteilen. Auch eine eventuelle Ausreise aus Deutschland ist genehmigungspflichtig.

Das Asylverfahren von Mehmet Çakas wird am 24. November 2025 vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg fortgesetzt.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/mehmet-Cakas-haftstrafe-endet-am-2-oktober-48110 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/schirdewan-fordert-stopp-der-abschiebung-von-mehmet-Cakas-47859 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/cansu-Ozdemir-fordert-rechtsschutz-fur-mehmet-Cakas-47789 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/vorerst-keine-abschiebung-von-mehmet-Cakas-ausgang-bleibt-offen-47700

 

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Aras: Der Mord an Nagihan sollte Frauen zum Schweigen bringen

2. Oktober 2025 - 14:00

Die Journalistin Nagihan Akarsel, Mitglied des Jineolojî-Forschungszentrums und der Redaktion der Zeitschrift Jineolojî, wurde am 4. Oktober 2022 bei einem bewaffneten Angriff in Silêmanî (Sulaimaniyya) in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) getötet. Vom Journalismus bis zur Jineolojî-Forschung wurde sie zu einer Inspiration für alle Frauen im Kampf um die Wahrheit. Drei Jahre nach ihrer Ermordung wurde noch immer niemand für den Angriff vor Gericht gestellt oder zur Rechenschaft gezogen.

Figen Aras, Autorin der Zeitschrift Jineolojî, beschrieb Nagihans Kampf und den Einfluss, den sie hinterlassen hat gegenüber ANF.


Als eine Persönlichkeit, die durch ihre Arbeit in der Jineolojî die Wahrheit über Frauen suchte, beleuchtet Nagihan Akarsel mit ihren Schriften, Gedichten und Romanen weiterhin den Freiheitskampf der Frauen. Figen Aras erinnerte sich an Nagihan wie folgt: „Wir konnten dieselbe Suche nach der Wahrheit in ihren Gedichten und Romanen spüren. Aus ihren Schriften ging klar hervor, dass sie jeden Tag rund um die Uhr für die Sache der Frauenfreiheit kämpfte.

Das war sehr wertvoll. Nagihan war eine Genossin, die die Gegenwart las, die Gegenwart hinterfragte und ebenso Geschichte studierte, weil sie die Notwendigkeit philosophischer und wissenschaftlicher Interpretationen spürte, um eine Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart herzustellen. Sie wurde brutal ermordet.“

Die männlich dominierte Denkweise tötet Frauen

Aras erklärte, dass die Mentalität hinter Nagihans Ermordung die Feindseligkeit der männlich dominierten Denkweise gegenüber Frauen offenbare, und sagte: „Die männlich dominierte Denkweise zeigt große Feindseligkeit gegenüber Frauen, die denken, die hinterfragen, die nach ihrer eigenen Wahrheit und ihrem eigenen Namen suchen. Denn Nagihan hatte eine Energie. Diese Energie hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf andere Frauen, die sie wahrnahmen und ihr folgten. Es war eine sehr kreative und sehr hoffnungsvolle Energie.“

„Nagihan war eine Inspiration für uns alle“

Nagihans Schriften erinnerten Frauen an ihre freie Identität, meint Figend Aras: „Diejenigen, die Nagihan lasen, konnten die freie Frau in sich selbst und ihre eigenen Bestrebungen sehen. Sie hatte eine sehr aufrichtige Stimme, eine Feder, die Hoffnung gab. Die Werte, die sie auf dem Gebiet der Jineolojî schuf, waren für uns alle eine große Inspiration. Doch ihr Märtyrertod löste zunächst immense Wut unter uns aus. Diese Wut in Organisation, in Schreiben und Reden und in Leben durch die Philosophie von Jin Jiyan Azadî (Frauen, Leben, Freiheit) umzuwandeln, war sehr wertvoll.“

„Die Schönheit ihrer Seele floss in ihre Feder“

Figen Aras sagte, dass „Nagihan einem Lebensweg folgte, welcher Freiheit und Sozialität mit der Natur verband“, und fügte hinzu: „Keine ihrer Schriften schloss jemals die Natur oder die Gesellschaft aus, noch fehlte es ihnen an Ethik oder Ästhetik. Die Schönheit ihrer Seele und ihres Herzens floss in ihre Feder, in die Aufrichtigkeit ihres Schreibens. Es ist ein großer Verlust, auch für die Geschichte der Frauen. Aber solche kreativen Federn, solche kreativen Genossinnen sterben nie wirklich. Ihr Tod wird zu einem Vermächtnis für diejenigen, die zurückbleiben, einem Vermächtnis, den Kampf noch stärker anzunehmen.“

Nagihan war immer kreativ und hinterfragte

Einer der größten Träume und Bestrebungen von Nagihan habe nach Aras darin bestanden, eine Frauenbibliothek in Silêmanî zu gründen. Dieser Traum wurde nach dem Massaker Wirklichkeit und Tausende von Frauen haben bereits von dieser Bibliothek profitiert. Aras fuhr fort: „Nagihan war eine Person, die sich ständig engagierte, ständig erschuf, ständig hinterfragte und ständig Einwände erhob.

Aber damit gab sie sich nicht zufrieden. Sie fragte auch: ‚Wie sollte ein alternatives Leben aussehen? Wie kann die Schönheit des Lebens, von der wir sprechen, wahrhaft verwirklicht werden?‘ Sie brachte diese Forderung mit ihrem Körper, ihrem Willen, ihrer Seele zum Ausdruck, indem sie ihre Zeit opferte und den Raum, in dem sie lebte, befreite.“

„Sie nahmen die Identität der freien Frau ins Visier“

Mit Bezug auf gezielte Angriffe auf Frauen und die systematischen Übergriffe sagte Aras: „Das System, der Staat oder welche Struktur auch immer hat eine tiefe Angst vor der Identität der führenden Frau. Denn das Vertrauen, das Pionierinnen geschaffen haben, die Versprechen, die sie geben, und die Arbeit, die sie leisten, inspirieren alle Frauen.

Es werden Angriffe durchgeführt, um diese Inspiration zu blockieren, um die übrigen Frauen zu erschrecken, sie einzuschüchtern und sie vom Kampf abzuhalten. Es kann keinen anderen Grund für die Ermordung von Nagihan geben.“

Nagihans Vermächtnis weckte größeres Interesse an Jineolojî

Die Autorin stellte fest, dass nach Nagihans Tod das Interesse der Frauen an Freiheit und an Jineolojî-Studien noch weiter zunahm. „Nach Nagihans Ermordung entwickelte sich neben dem Gefühl, sie zu umarmen, eine noch stärkere Neugierde gegenüber Technologie, ein Wunsch zu lesen, Fragen zu stellen und sich zu engagieren.

Es ist das dritte Jahr nach Nagihans Tod. Wir Frauen tragen ihr gegenüber einer Verpflichtung. Wir sollten versprechen, uns der Jineolojî zu widmen, zu lesen, zu diskutieren und zu fördern, unsere eigene Wissenschaft und unsere eigene Lebensphilosophie zu offenbaren und die Identität des freien Lebens hervorzuheben“, beschrieb Aras.

Nagihan kämpfte für die Ankunft friedlicher Tage

Figen Aras schloss ihre Ausführungen mit einem Verweis auf die Botschaften von Abdullah Öcalan: „Wir hätten uns gewünscht, dass Nagihan diese Tage miterleben könnte. Aber sie hatte bereits dafür gekämpft, dass diese Tage kommen würden. Unsere Pflicht ist es, unseren Kampf für eine demokratische und friedvolle Gesellschaft fortzusetzen und aufrechtzuerhalten.“

https://deutsch.anf-news.com/frauen/gedenken-an-nagihan-akarsel-frauen-workshop-in-paris-48150 https://deutsch.anf-news.com/pressefreiheit/dfg-erinnert-an-ermordete-medienschaffende-45835 https://deutsch.anf-news.com/frauen/glasgow-gedenken-an-nagihan-akarsel-43980 https://deutsch.anf-news.com/frauen/erklarung-der-internationalen-initiative-gerechtigkeit-fur-nagihan-akarsel-43745

 

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Neun IS-Söldner in Deir ez-Zor festgenommen

2. Oktober 2025 - 14:00

Wie das Pressezentrum der Behörde für innere Sicherheit der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Asayîş, mitteilt, ist östlich von Deir ez-Zor eine erfolgreiche Operation gegen den selbsternannten Islamischen Staat (IS) durchgeführt worden. Die Antiterroreinheit Hêzên Anti-Teror (HAT) hat hierbei neun mutmaßliche Terroristen festgenommen und Waffen sowie Munition beschlagnahmt.


Laut der Erklärung haben Kräfte der Asayîş in Zusammenarbeit mit den HAT in den frühen Morgenstunden des 1. Oktober eine hochkarätige Sicherheitsoperation im östlichen Umland von Deir ez-Zor durchgeführt. Die Operation habe sich gegen Verstecke gefährlicher Terroristen gerichtet, die nachweislich Terroranschläge verübt haben sollen, um die Sicherheit und Stabilität der Region zu untergraben.

Waffenarsenal ausgehoben und neun Festnahmen durchgeführt

Die Antiterroroperation sei demnach „mit hoher Präzision und Professionalität“ durchgeführt worden und habe „zur Festnahme von neun Terroristen, die in diesem Gebiet operierten“, geführt. „Waffen und Ausrüstung, die sie für Anschläge vorbereitet hatten, wurden ebenfalls beschlagnahmt. Zu ihrem Arsenal gehörten Mord- und Sabotagewerkzeuge, darunter eine Panzerabwehrmine, die für bestimmte Ziele vorbereitet war, und eine scharfe Waffe, die auf die Absicht hindeutet, direkte Gewalt anzuwenden.

Darüber hinaus wurden zwei Gewehre und vier Munitionsmagazine sowie vier einsatzbereite Kommunikationsgeräte zur Koordinierung ihrer Operationen und Bewegungen beschlagnahmt“, heißt es in der Mitteilung zu den Details.

Nationale Mission gegen Terror

Das Pressezentrum setzt die gelungene Aktion in Bezug zu der Selbstverpflichtung der Asayîş, sich an der nationalen Mission zum Schutz der Sicherheit und Stabilität der Gemeinschaft zu beteiligen. Hierzu zählten insbesondere die Bemühungen, terroristische Zellen aufzuspüren und ihre Ressourcen zu kappen.

In diesem Sinne heißt es in der Erklärung abschließend: „Wir bestätigen, dass die Sicherheit dieser Gebiete und die Würde ihrer Bevölkerung unsere rote Linie sind, und wir bekräftigen, dass wir mit einer Gewalt reagieren werden, die der Gerechtigkeit unserer Sache und unserem Recht auf ein Leben in Sicherheit und Frieden angemessen ist, gegenüber jedem, der diese zerstören will.“

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in Deir ez-Zor

Anfang der vergangenen Woche hatte das multiethnische Militärbündnis der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) bekannt gegeben, dass zwischen dem 8. Dezember 2024 – dem faktischen Ende der Baath-Herrschaft – und dem 20. September dieses Jahres insgesamt 153 IS-Anschläge in den Gebieten der DAANES verzeichnet wurden. Diese Zahl deute auf eine verstärkte Reorganisierung der Extremistengruppe hin, so die QSD.

Mahmoud al-Hussein von der Generalkommandantur der Asayîş in Deir ez-Zor erklärte wenige Tage später, dass in der Region seit Wochen verstärkt Patrouillen durchgeführt, Grenz- und Übergangspunkte streng kontrolliert und gezielte Operationen gegen mutmaßliche IS-Zellen durchgeführt würden. Deir ez-Zor ist von den verstärkten Aktivitäten der IS-Überreste besonders betroffen.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/is-verdachtige-nach-angriff-auf-sicherheitskrafte-in-ostsyrien-gefasst-48145 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/funf-mutmassliche-is-mitglieder-in-raqqa-festgenommen-47808 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zwei-festnahmen-bei-razzia-in-tabqa-47673 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-is-anschlag-vereitelt-und-drei-terroristen-festgenommen-48191

 

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Netzwerk Êzîdischer Politiker:innen bei Çira Fokus

2. Oktober 2025 - 12:00

Der heutige Studiogast in der von Yilmaz Pêşkevin Kaba moderierten Sendung Çira Fokus ist Yilmaz Mutlu vom „Netzwerk Êzîdischer Politiker:innen“ (NÊP). Yilmaz Mutlu ist selbst Kommunalpolitiker und in vielen politischen Bereichen aktiv. Als Mitbegründer und Vertreter des NÊP wird er die Vorhaben, Ziele und die Zielgruppe des Netzwerks ausführlich in der heutigen Sendung vorstellen.

Immer wieder kandidieren Menschen mit Migrationsgeschichte für Parteien auf den verschiedenen Ebenen der Politik. Unter ihnen auch Ezid:innen, wie beispielsweise bei den letzten Wahlen in Nordrhein-Westfalen. Das Netzwerk Êzîdischer Politiker:innen möchte den ezidischen Politiker:innen unter anderem eine Plattform für Austausch bieten.

Die Sendung Çira Fokus am 02. Oktober 2025 beginnt um 20 Uhr und kann live über den Stream https://linktr.ee/ciratv, alternativ: https://myflixtv.com/ verfolgt werden, nachträglich auch über den YouTube-Kanal von Çira TV, über die Eingabe Çira Fokus. Die Sendungsübersicht ist erreichbar über: Playlist - ÇIRA FOKUS.

Wer selbst Interesse an einer Teilnahme an einer Sendung bei Çira Fokus hat und unter anderem eigene Initiativen, Kampagnen, Organisationen, Projekte, etc. vorstellen möchte, kann unter der E-Mail-Adresse peskevin@gmail.com Kontakt mit der Redaktion aufnehmen.

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Cira-fokus-kandidatinnen-der-nrw-kommunalwahlen-im-studio-47805 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Cira-fokus-azad-amek-uber-die-kurdischen-filmtage-owl-47999 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Cira-report-jugendliche-berichten-uber-Sengaldelegation-47710

 

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Aufruf alevitischer Verbände zum Kampf für Frieden und Demokratie

2. Oktober 2025 - 10:00

In einer gemeinsamen Erklärung haben die Föderation der Demokratischen Alevit:innen in Europa (FEDA) und der Bund der demokratisch alevitischen Frauen (DAKB) alle Völker dazu aufgerufen, für Frieden und Demokratie zu kämpfen und sich gegen Assimilation zu wehren.

Alevit:innen sind seit Jahrhunderten Völkermord, Exil und Unterdrückung ausgesetzt; für die beiden alevitischen Institutionen aber steht im Vordergrund, dass sie durch ihren Widerstand ihren Glauben, ihre Kultur und ihre Sprachen dennoch bis heute bewahrt haben.

In der Erklärung wurde betont, dass es vor allem darum geht, „den Prozess des Friedens und der demokratischen Gesellschaft zu stärken“. Alevit:innen trügen eine Verpflichtung, sowohl in Syrien als auch in der Türkei gegen Angriffe und Unterdrückung zu kämpfen. Hierbei seien alevitische Frauen Vorreiterinnen im Kampf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft, der Alevismus räume ihnen einen besonderen Stellenwert ein, hieß es in der Erklärung.

Die aktuellen Angriffe auf Rojava und den Bau von Betonmauern entlang der irakischen Grenze bezeichneten die Dachverbände als „Hindernisse für den Frieden“. Ebenso verurteilten sie die türkisch unterstützte, internationale Anerkennung Al-Scharaas, des Kopfes von „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS).

„Die gemeinsame Wahrheit der Völker“

Die Erklärung führte die demokratischen Elemente des praktizierten Alevitentums aus, die sich insbesondere auf die Vielfalt der Muttersprachen der Gläubigen beziehe: „Die Bemühungen und Beiträge jedes Einzelnen von uns, der sich aufrichtig für Frieden und Demokratie einsetzt, sind wertvoll. Wir sind auch nicht einverstanden mit den derzeitigen Ansätzen in Bezug auf Sprache, die letztlich einer Assimilationspolitik dienen. Als Glaubensrichtung ist die Sprache des Alevismus die gemeinsame Wahrheit der Völker. Der Alevismus wendet sich der Wahrheit in Türkisch, Kurdisch, Zazaki und Arabisch zu und wird in jeder Sprache gelebt.

Jede Sprache baut eine Brücke der Zustimmung zwischen Gott und den Menschen; jeder betet ganz natürlich in seiner eigenen Muttersprache. Das Alevitentum gehört keinem einzelnen Volk und keiner einzelnen Sprache. Diese Haltung führt zur Marginalisierung unserer Muttersprache, und die Folgen sind gravierend. Die Weigerung, die Friedensmütter in der ‚Kommission für Nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie‘ in ihrer eigenen Muttersprache sprechen zu lassen, ist ein konkretes Beispiel für diese Mentalität.“

Gemeinsamer Kampf für die Zukunft

FEDA und DAKB riefen abschließend alle Unterdrückten dazu auf, sich zu organisieren und zu kämpfen, und erklärten: „Jeder von uns sollte wissen, dass wir, wenn wir uns organisieren und kämpfen, mit Sicherheit gewinnen werden. Deshalb rufen wir erneut: Frieden für alle Völker, keine Assimilation. Lasst uns für unsere Zukunft gemeinsam kämpfen.“

https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/kabayel-uber-die-bedeutung-der-vielfalt-fur-das-alevitentum-48187 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/alevit-innen-fordern-gleichberechtigung-im-friedensprozess-47676 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/firat-alevitische-und-kurdische-frage-gemeinsam-demokratisch-losen-47489

 

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Friedlicher politischer Aktivismus wird zum Verbrechen

2. Oktober 2025 - 10:00

Eine ganze Reihe von Prozessen wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) werden vor deutschen Gerichten gegen kurdische politische Aktivist:innen geführt. Alle verlaufen nach einem gleichen Muster: Den Angeklagten werden in der Regel keine individuellen Straftaten zur Last gelegt. Vorgeworfen wird ihnen politisches Engagement, beispielsweise die Organisation und Teilnahme an Demonstrationen. Die deutsche Justiz wirft den Angeklagten schlicht vor, dies im Auftrag der PKK zu tun – ein Verstoß gegen StGB § 129b – und verurteilt sie zu oft mehrjährigen Gefängnisstrafen.

Trotz des aktuellen Friedensprozesses in der Türkei geht die Repression der deutschen Justiz gegen die kurdische Befreiungsbewegung unvermindert weiter. Auch nach Öcalans „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ vom 27. Februar und der Auflösung und angekündigten Entwaffnung der PKK im Mai gibt es keine Kursänderung in der deutschen Politik.

Am Kammergericht in Berlin hat am 8. September der Prozess gegen Mehmet Karaca. Eine Gruppe solidarischer Aktivist:innen begleitet den Prozess. Gisela Rhein hat zwei Mitgliedern der Prozessbeobachtungsgruppe in Berlin zu ihrer Motivation, der konkreten Arbeit und dem spezifischen Fall interviewt.

Ihr begleitet und protokolliert den Prozess – was motiviert euch?

Die deutsche Gesellschaft und die Medien zeigen wenig Interesse an jenen Prozessen, für die der Prozess gegen Mehmet Karaca beispielhaft steht. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, Veranstaltungen organisiert zu haben, selbst an diesen teilgenommen zu haben, aber auch für die Unterstützung der HDP im Wahlkampf geworben zu haben. Dabei sollte die Frage aufgeworfen werden, ob den Menschen in Deutschland überhaupt klar ist, für welche, als selbstverständlich erachteten Rechte, hier Menschen festgenommen werden. Wissen die Menschen, dass es in Deutschland politische Gefangene gibt?

Lückenhafte Rechtsstaatlichkeit

Deutschland betont immer stark seine Rechtsstaatlichkeit, aber wenn man genau hinsieht, sieht man darin Lücken. Die deutsche Justiz ist nicht gewillt, sich selbst kritisch zu betrachten. Dafür wollen wir Öffentlichkeit schaffen und das auch im Gericht durch unsere Anwesenheit zeigen. Wir denken, dass öffentlicher Druck zu einem Umdenken der Politik und Justiz beitragen kann.

Im Grunde genommen können wir sagen, dass hier darüber verhandelt wird, inwieweit die Bundesrepublik die Auflösung der PKK anerkennt oder nicht. Wie schon gesagt, sind die Informationswege zum Thema und aus dem Gerichtssaal heraus mangels Medieninteresse geschlossen. Wir erreichen vielleicht nicht die breite Masse, aber ist es wichtig nachlesen zu können was passiert.

Was genau bedeutet Prozessbeobachtung?

Im Vorfeld haben wir uns mit einer anderen Prozessbeobachtungsgruppe in Deutschland ausgetauscht, um von ihren Erfahrungen zu lernen.

Es sind jeweils mindestens zwei Personen von uns bei den Prozessterminen vor Ort, denn auch für uns ist es eine Herausforderung zu verstehen, was gerade im Gerichtssaal passiert. Es wird sehr schnell gesprochen und viele juristische Begriffe sind für Laien schwer verständlich. Wir notieren alles, was uns bemerkenswert erscheint und haben dabei immer alle im Gerichtssaal Anwesenden im Blick: Die Richter:innen, die Vertreter:innen der Bundesanwaltschaft, die Justizbeamt:innen, das Publikum, die Übersetzerin und selbstverständlich Mehmets Situation.

Nach den Verhandlungstagen setzen wir uns zusammen, vergleichen unsere Notizen, ordnen das Gesehene ein und machen das Protokoll allen Interessierten zugänglich. Das Gericht erschwert dabei unser Bemühen, diese öffentliche Verhandlung für die Öffentlichkeit zu dokumentieren. Wir müssen schon bei der ersten Kontrolle nach Betreten des Gebäudes alle unsere Sachen, einschließlich unserer Armbanduhren, abgeben. Im Saal bekommen wir dann Papier und Stifte ausgehändigt.

Welchen Vorwurf macht die Anklagevertretung Mehmet Karaca und welche Anhaltspunkte für die Anklage ergab die Aussage des Zeugen vom Bundeskriminalamt (BKA)?

Der Vertreter der Generalbundesanwaltschaft hat ausführlich begründet, warum die PKK als terroristische Organisation einzustufen ist, unter anderem weil sie die bestehenden Staatsgrenzen nur „vorgeblich“ anerkenne und „erforderlichenfalls gegen den Willen der betroffenen Staaten“, eine kollektive politische Teilhabe beanspruche. Gemeint sind hier die undemokratischen Staaten Türkei, Syrien, Iran und Irak.

Er wirft dieser Partei keine einzige Gewalttat in Deutschland, sondern öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung vor. Auch Mehmet wird im Grunde genommen friedlicher politischer Aktivismus vorgeworfen: Die Organisation von Veranstaltungen, wie dem Newroz-Fest, und Versammlungen sowie der Besuch von Versammlungen und Veranstaltungen.

Kurdische Diaspora unter Generalverdacht

Ebenso ist in der Beweisführung der telefonischer Kontakt zu anderen politisch aktiven Personen und Wahlkampfunterstützung für die HDP in der kurdischen Diaspora in Deutschland enthalten. Alles das wird in Zusammenhang mit der Einstufung der PKK als ausländischer terroristischer Organisation gesetzt und wäre damit strafbar nach §129b StGB.

Der erste Zeuge, ein Beamter des BKA war mit der Telekommunikationsüberwachung von Oktober 2014 bis Juni 2015 betraut. Seine Aufgabe war es, durch Auswertung von Kurznachrichten die Rolle von Mehmet in der politischen Arbeit nachzuweisen. Die PKK wird von ihm als eine streng hierarchisch organisierte Partei dargestellt, in der verschlüsselt Anweisungen erteilt werden. Zum Beispiel wird im Bericht die Formulierung „Hallo, wie geht’s? Wie läuft’s?“ zitiert. Der Zeuge des BKA ging übrigens nicht davon aus, dass auf den von ihm dokumentierten Versammlungen, in denen Mehmet eingebunden war, Straftaten begangen worden seien.

Nachträglicher Bericht

Noch ein Wort zu dem vorgetragenen Ermittlungs-Bericht des Zeugen: Dieser wurde erst Jahre später nach Ende der ersten Überwachungsphase fertiggestellt. In ihm finden sich Aussagen aus Prozessen gegen andere kurdische Aktivist:innen wieder, die in den Jahren nach 2015 stattgefunden hatten und somit nachträglich dem Bericht hinzugefügt wurden.

Die kurdische Freiheitsbewegung und ihr solidarisches Umfeld werden in Deutschland seit vielen Jahren kriminalisiert. Wie spiegelt sich das im Umgang mit Mehmet Karaca und im Gerichtssaal wieder?

Die Kriminalisierung zeigt sich schon im Vorgehen des BKA bei der Durchsuchung der Wohnung, die übrigens im Bericht als „erfolgreich“ dokumentiert ist. Erst auf Nachfrage des Anwalts kam die Bedrohung mit Waffen, nach dem Eindringen in die Wohnung, zur Sprache.

Gefunden wurden vor allem Bücher von Öcalan, ein Kalender mit Bildern von Öcalan, Notizen und heutzutage selbstverständlich Telefone. Bei der Durchsuchung kann man davon sprechen, dass sie ein Potenzial für Retraumatisierung birgt, weil Mehmet bei seinem Asylverfahren auch ausgesagt hatte, dass er in der Türkei im Gefängnis saß.

Inszenierung als Terrorprozess

Das Gericht tagt in einem hochgesicherten Saal. Der Angeklagte sitzt in einem gesonderten kleinen Raum mit Glaswänden und einem Gitter als Decke. Auch die Zuschauerreihen sind mit einer Glaswand vom eigentlichen Verhandlungsraum abgetrennt. Diese Sicherheitsmaßnahmen unterscheiden sich deutlich von anderen Strafprozessen.

Schon beim Betreten des Gerichtsgebäudes werden alle Besucher:innen genau durchsucht und müssen einschließlich ihrer Uhr alle mitgebrachten Gegenstände einschließen. Vor dem Betreten des Verhandlungssaals wird dann noch mal jede Person durchsucht.

Mehmet Karaca sitzt seit November 2024 in der JVA in Berlin in Untersuchungshaft. Wie ist die Situation im Gefängnis?

Eine Untersuchungshaft von fast einem Jahr angesichts der Vorwürfe der Anklage ist problematisch.

Die Umstände in der U-Haft sind sehr belastend. Er sitzt in Einzelhaft. In den ersten Wochen konnte er nur alle 14 Tage einmal duschen – Begründung: Personalmangel. Inzwischen kann er täglich zwei Stunden außerhalb der Zelle sein und einmal wöchentlich für eine Stunde Sport treiben.

Wahrung der Rechte nicht garantiert

Zweimal im Monat darf er für jeweils eine Stunde Besuch empfangen. Für diese Besuche muss beim BGH (Bundesgerichtshof) Wochen vor dem Besuch eine Besuchserlaubnis beantragt werden. Erst dann kann der konkrete Besuchstermin im Gefängnis beim BKA angefragt werden. Es kommt vor, dass durch diese lang andauernden Abläufe nicht einmal die monatlich zwei Stunden Besuchszeit wahrgenommen werden können, die Mehmet eigentlich zustehen.

Wenn es zu Besuchen kommt, dann finden diese in einem kleinen Raum mit Trennscheibe statt, beobachtet und protokolliert von Beamt:innen des BKA und der JVA. Wenn die anwesenden Beamt:innen ein Thema als prozessrelevant einstufen, unterbrechen sie sofort und der Abbruch des Besuchs droht.

Wie sieht eure Öffentlichkeitsarbeit aus?

Im Moment wird in der Gruppe diskutiert, ob wir die Berichte vollständig nach den Prozesstagen veröffentlichen. Wir versuchen uns auch mit anderen Solidaritätsgruppen zu vernetzen. Auf der Biennale in Berlin, einer internationalen Ausstellung zeitgenössischer Kunst, haben wir das Thema bekannt gemacht und einen Anklagetext gegen den Staatsanwalt vorgetragen.

Bei der Prozessbegleitung und der Öffentlichkeitsarbeit geht es uns natürlich um das Verfahren, aber auch um den Menschen Mehmet Karaca, der durch die Anklage und die Haft sehr schwierigen Bedingungen ausgesetzt ist.

Folgt uns auf Instagram und auf Bluesky: freemehmetkaraca. oder schreibt uns direkt an free_mehmet_karaca@proton.me

Wir rufen alle interessierten und solidarischen Menschen auf, zu den Prozessterminen ins Gericht zu kommen. Diese Solidarität ist für Mehmet sehr wichtig.

Am nächsten Termin, am 06. 10. 2025, Beginn 9.30 Uhr wird er eine persönliche Erklärung abgeben. Weitere Termine sind 07.10., 13.10., 14.10., 27.10. und 28.10. immer um 9.30 Uhr. Die Adresse ist Kammergericht 2, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin

Mehmet freut sich auch sehr über Briefe:

Mehmet Karaca, JVA Moabit, Alt Moabit 12a, 10559 Berlin

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/mehmet-Cakas-haftstrafe-endet-am-2-oktober-48110 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/bei-terroristen-unterm-sofa-48028 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kenan-ayaz-meine-haft-auf-zypern-ist-eine-politische-entscheidung-48132 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/prozesse-wegen-pkk-mitgliedschaft-in-berlin-hamburg-und-stuttgart-47830

 

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Monatsbericht für September 2025: 22 Hinrichtungen im Iran

2. Oktober 2025 - 8:00

In ihren Monatsberichten beleuchtet die in Frankreich ansässige Menschenrechtsorganisation Kurdistan Human Rights Network (KHRN) Fälle von Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Kurdistan und Verletzungen der Rechte kurdischer Bürger:innen in verschiedenen Regionen und Städten im gesamten Iran sowie alle vollstreckten Hinrichtungen im Iran. Der aktuell erschienene Bericht umfasst alle Fälle, die das KHRN vom 1. bis zum 30. September anhand eigener Quellen und Überprüfungsmechanismen im gesamten Iran erfasst hat beziehungsweise die ihm gemeldet wurden.

Das restriktive Umfeld für unabhängige Menschenrechtsorganisationen im Iran sowie der Druck, dem Personen, die Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, und ihre Familien ausgesetzt sind, erschweren die Veröffentlichung genauer und umfassender Berichte. Es ist daher von einer Unvollständigkeit auszugehen.

Hinrichtungen

Im September haben die iranischen Behörden mindestens 22 Gefangene in verschiedenen Gefängnissen des Landes hingerichtet. Die Hinrichtungen standen im Zusammenhang mit zwei Hauptanklagen: Drogendelikten (rund zwei Drittel) und vorsätzlichem Mord (rund ein Drittel).

Die Hinrichtungen konzentrierten sich auf fünf Haftanstalten. Sieben Hinrichtungen fanden im Zentralgefängnis von Kirmaşan (Kermanshah) statt, sechs im Ghezel-Hezar-Gefängnis in der westlich von Teheran gelegenen Stadt Karadsch, fünf im Zentralgefängnis von Tabriz, drei im Zentralgefängnis von Sine (Sanandaj) und eine im Zentralgefängnis von Karaj.

Die meisten Hingerichteten stammten aus den Provinzen Kirmaşan und Lorestan (jeweils sieben Personen), gefolgt von der Provinz West-Aserbaidschan (fünf Personen) und der Provinz Kurdistan (drei Personen).

Tötungen von Zivilisten

Im vergangenen Monat wurden mindestens zwei Zivilisten von der iranischen Polizei und den Streitkräften in den Provinzen Kurdistan und West-Aserbaidschan getötet. Bewaffnete Wachleute der Goldmine in einem Dorf bei Seqiz (Saqqez, Provinz Kurdistan) eröffneten am 15. September das Feuer auf Bauern, die gegen den unerlaubten Bau einer Straße durch ihre Felder protestierten. Dabei wurde Mohammad Rashidi getötet und Hemin Rashidi, Adel Rashidi, Mohammad Amin Rashidi und Ramyar Rashidi verletzt.

Feminizide

Am 2. September starb Sorayya Ali-Mohammadi, eine 32-jährige Mutter eines siebenjährigen Kindes aus Seqiz. Ali-Mohammadi hatte aufgrund der Sucht ihres Mannes wiederholt die Scheidung beantragt. Schließlich war sie von ihm in Brand gesetzt worden, als Motiv für die Tat wurden „Familienstreitigkeiten“ angegeben.

Kolbar

Mindestens ein Kolbar wurde erschossen und ein weiterer verletzt, als iranische Grenztruppen vergangenen Monat in den Grenzgebieten von Nosûde (Nowsud) in der Provinz Kirmaşan und Baneh in der Provinz Kurdistan direkt das Feuer auf sie eröffneten.

Festnahmen und Verhaftungen

In den Provinzen Kurdistan, West-Aserbaidschan und Esfahan wurden im September mindestens 30 Personen festgenommen. Unter den Festgenommenen befanden sich politische Aktivist:innen, Bürgerrechtler:innen und Gewerkschafter:innen sowie mindestens neun Minderjährige im Alter von 16 und 17 Jahren (in Kurdistan und West-Aserbaidschan), was 30 Prozent aller dokumentierten Fälle im vergangenen Monat entspricht.

Von der Gesamtzahl der Festnahmen erfolgten 14 in der Provinz Kurdistan (47 Prozent), 13 in der Provinz West-Aserbaidschan (43 Prozent) und drei in der Provinz Esfahan (10 Prozent). Mindestens vier der Inhaftierten wurden gegen Kaution und drei nach wenigen Stunden freigelassen. Mindestens ein Aktivist wurde zur Verbüßung seiner Strafe in das Zentralgefängnis von Ûrmiye gebracht.

Das Schicksal vieler anderer bleibt unbekannt, über ihren Haftort und ihren rechtlichen Status liegen keine Informationen vor.

Urteile

Im September verurteilten iranische Gerichte mindestens 14 kurdische Personen in den Provinzen West-Aserbaidschan, Kirmaşan, Kurdistan und Hemedan (Hamadan) zu Strafen, die von einigen Monaten Haft bis zur Todesstrafe reichten. Die Anklagen umfassten „Propaganda gegen den Staat“, Mitgliedschaft oder Zusammenarbeit mit kurdischen Oppositionsparteien, Spionage und Waffenbesitz.

https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/iran-zwei-kurdische-jugendliche-nach-festnahme-verschwunden-48008 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/teilnehmer-der-jin-jiyan-azadi-proteste-hingerichtet-47839 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/todlicher-beruf-als-kolbar-zwischen-ost-und-sudkurdistan-47598

 

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Rat von Şêxmeqsûd und Eşrefiyê verurteilt Verstöße gegen Abkommen

1. Oktober 2025 - 20:00

In Begleitung von Anwohner:innen sowie von Vertretungen politischer Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen hat der Volksrat der mehrheitlich kurdischen Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê in Aleppo eine Presseerklärung zu den Entwicklungen in der Region abgegeben. Hierbei stellte der Rat insbesondere in den Fokus, dass die selbsternannte Übergangsregierung sowohl gegen das am 10. März unterzeichnete Abkommen zwischen dem Oberbefehlshaber der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, und Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa, wie auch gegen das am 1. April erzielte Abkommen bezüglich Aleppo verstoßen habe.

Einige mit dem Verteidigungsministerium verbundene Gruppen hätten demnach gegen die Abkommen verstoßen, indem sie Straßen blockierten, Treibstofflieferungen verhinderten, Stadtteile belagerten und die Zivilbevölkerung angriffen. Der Rat erklärte, dass diese Aktionen an die chauvinistische Politik der Baath-Regierung erinnerten.

Die QSD schützen alle Identitäten in Syrien

Außerdem bekräftigte er seine Unterstützung für die QSD und stellte klar: „Die QSD vertreten nicht nur uns, sondern alle Syrer:innen. Sie sind die einzige Kraft, die die Rechte und Errungenschaften der Frauen schützt, die Identität Syriens bewahrt und sich gegen eine Spaltung einsetzt.“

Der Volksrat der Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê rief alle Syrer:innen dazu auf, sich hinter die QSD zu stellen, und forderte gleichzeitig die syrische Übergangsregierung auf, „ihre Verpflichtungen einzuhalten und Gruppen, die Verstöße begangen haben, zur Rechenschaft zu ziehen“.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-errichtet-barrieren-in-kurdischen-vierteln-von-aleppo-48181 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-sperrt-wichtige-verbindung-aleppo-raqqa-48133 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/angriff-auf-asayis-posten-in-Sexmeqsud-48071 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/syrien-und-turkei-von-friedensrhetorik-begleitete-eskalation-48192

 

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Ägypten: Frauenrevolution aus historischer Perspektive

1. Oktober 2025 - 20:00

Unter dem Titel „Die Zukunft der Arbeit: Die Frauenrevolution und ihre historischen Grundlagen“ hat in Ägypten am Dienstag ein Seminar stattgefunden, das den Werdegang der Frauen von der Jungsteinzeit bis zur Rojava-Revolution nachzeichnete. Auch aus akademinischer Perspektive wurden die Jineoljî und ihre Werke diskutiert.

Die Jineolojî – die „Wissenschaft der Frau“ – rekonstruiert Wissen aus einer feministischen und emanzipatorischen Perspektive und hebt die historische Rolle der Frauen bei der Gestaltung von Gesellschaften hervor. Sie zielt darauf ab, das Denken von patriarchaler Dominanz zu befreien und eine auf Gerechtigkeit und Gleichheit gegründete Gesellschaft aufzubauen. Mit dem Ende 2021 in verschiedenen Sprachen veröffentlichten Buch „Historische Grundlagen und Zukunft der Frauenrevolution“ möchte die Jineolojî-Akademie in Nordostsyrien das Wissen von Frauen in allen Gesellschaften im Laufe der Geschichte vorstellen. Grundlage sind eigene Recherchen zu Themen wie Geschichte, Gesellschaft und Kultur.

Das Seminar wurde von Professorin Ghada Al-Mohammy moderiert, die betonte, wie wichtig es ist, die Geschichte der Frauen zurückzugewinnen und sie aus einer zeitgenössischen Perspektive neu zu interpretieren.

„Historische Grundlagen und Zukunft der Frauenrevolution“

Die Journalistin Magda Taleb präsentierte anschließend einen analytischen Überblick über das Buch „Historische Grundlagen und Zukunft der Frauenrevolution“ und hob hervor, wie die Studie Jineolojî als Instrument nutzt, um die Schnittstelle zwischen Frauen, Geschichte und Frieden zu verstehen. Taleb diskutierte Schlüsselthemen, insbesondere die Rolle der Frauen in Nord- und Ostsyrien, ihren Beitrag zur Neugestaltung des politischen, sozialen und militärischen Bewusstseins und ihren Weg aus dem häuslichen Bereich in die Entscheidungsarenen über ein Jahrhundert voller Herausforderungen hinweg.

In einem kritischen Beitrag wies Dr. Mona Radwan auf historische Lücken hin, die einen wissenschaftlicheren Ansatz erfordern. Sie schlug vor, soziologische Instrumente einzusetzen, um die Umwälzungen zu untersuchen, die sowohl Frauen als auch Männer erlebt haben, und plädierte für eine methodischere Einführung, die die Entwicklung von Begriffen historisch und semantisch nachzeichnet, unterstützt durch Referenzen und kulturelle oder archäologische Belege, um den Kontext zu stärken.

Wertvoller Beitrag zur Diskussion der Frauengeschichte

Das Seminar stellte fest, dass das Buch durch seine feministische Jineolojî-Methodik einen wertvollen Beitrag zur Diskussion über die Geschichte der Frauen leistet, obwohl es noch einiger methodischer Anpassungen bedarf, um als umfassende akademische Forschung zu gelten.

Die Teilnehmerinnen betonten, wie wichtig es sei, eine Datenbank mit Erfahrungsberichten aus der Praxis zu erstellen, insbesondere von Frauen, die unter dem selbsternannten Islamischen Staat (IS) inhaftiert waren, und empfahlen, am Ende jedes Kapitels detaillierte Verweise anzufügen, um die Geschichten und Verstöße zu dokumentieren.

Weitere Empfehlungen betrafen die Überwachung der Plünderung neolithischer Artefakte und die Bemühungen um deren Rückgewinnung als Teil der Rückforderung des gestohlenen Erbes von Frauen. Das Seminar forderte außerdem die Einrichtung eines globalen feministischen Solidaritätsnetzwerks auf der Grundlage der Jineolojî, um die Kommunikation zwischen Frauen weltweit zu fördern und gemeinsame Brücken zu bauen, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen.

Titelbild © JINHA

https://deutsch.anf-news.com/frauen/jineoloji-workshop-in-johannesburg-45293 https://deutsch.anf-news.com/frauen/jineoloji-akadamie-stellt-neues-buch-vor-29946 https://deutsch.anf-news.com/weltweit/Agypten-Ocalans-friedensaufruf-thema-bei-universitatsprufung-46621 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/universitat-rojava-schreibt-masterstudiengang-in-jineoloji-aus-47536

 

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Frauenmarsch „Mit Hoffnung in die Freiheit“ in Amed gestartet

1. Oktober 2025 - 18:00

Die Ko-Vorsitzende der Partei der demokratischen Regionen (DBP), Çiğdem Kılıçgün Uçar, Sebahat Tuncel und Ayla Akat Ata von der Bewegung freier Frauen (Tevgera Jinên Azad – TJA), die Ko-Vorsitzenden der Stadtverwaltung Amed und Hunderte von Frauen haben an der Auftaktversammlung des Frauenmarschs „Mit Hoffnung in die Freiheit“ vor dem Gebäude der DEM-Partei in Amed teilgenommen. Trotz Polizeisperren begannen die Frauen den von der TJA initiierten Marsch mit den Slogans „Jin, Jiyan, Azadî“, „Bijî Serok Apo“ und „Bê Serok jiyan nabe“.

Begleitet von Applaus, Jubelrufen und Parolen erreichten die Frauen die Haltestelle Gaziler Çeşme. Dort wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Es ist Zeit, mit dem Geist des Widerstands gegen die verschwörerische Mentalität zum Sieg zu laufen“ entrollt, und es wurde ausgiebig zu Trommelklängen und Gesängen getanzt.

In einer Erklärung, während derer immer wieder Slogans wie „Das Recht auf Hoffnung kann nicht aufgeschoben werden“ skandiert wurden, wurde der Kampf der Frauen für Freiheit hervorgehoben.


„Frieden ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit“

Die TJA-Aktivistin Sebahat Tuncel resümierte in ihrer Rede, dass Frauen seit Jahren einen hohen Preis für Frieden, Freiheit und Demokratie zahlen. Auf die Jahrhundertealte Forderung der Kurd:innen nach Frieden, hätten die Machthaber bis heute keine sinnvolle Antwort gegeben, hielt sie fest. „Der Kampf für den Frieden ist für uns keine Wahl, sondern eine Notwendigkeit. Wir können unsere Kultur und unsere Sprache in einem friedlichen Umfeld aufbauen.“

Bezüglich der zur Suche nach Lösungen der kurdischen Frage eingerichteten Parlamentskommission stellte Tuncel fest, dass diese bisher nur eine ihrer zwei Aufgaben erfüllt habe: Zwar habe sie verschiedene Parteien angehört, eine Anhörung Abdullah Öcalans stehe aber bisher noch aus. Die TJA-Aktivistin fand dafür klare Worte: „Ohne Herrn Öcalan anzuhören, wird es keinen Frieden geben.“ Dementsprechend attestierte sie dem Staat eine Widerstandshaltung gegen den aktuellen Prozess-

„Öcalans Isolation bedroht den Frieden“

Der Prozess verlaufe unter ungleichen Bedingungen, meinte Tuncel. Während der Staat unter freien Bedingungen arbeite, gelte dies nicht für die kurdische Seite. „Ein Jahr ist vergangen, aber in Imrali herrscht weiterhin Isolation, und diese Isolation isoliert auch den Frieden“, sagte die Aktivistin und bezog sich hierbei auf Aussagen des MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli, der vor rund einem Jahr das „Recht auf Hoffnung“ für Abdullah Öcalan in Aussicht gestellt hatte. „Deshalb marschieren wir nach Ankara. In Ankara werden wir sagen: ‚Die Freiheit von Herrn Öcalan ist die Freiheit des Volkes.‘“

Tuncel stellte klar, dass die „keine Bedingung, sondern eine Notwendigkeit“ sei und fuhr fort: „Ohne Freiheit ist echter Frieden nicht möglich. Wir wollen, dass dieser Frieden Wirklichkeit wird.“

Der Freiheitsmarsch geht weiter

Auch nach 50-jährigem, opferreichem Weg zur Freiheit sei das kurdische Volk heute weit davon entfernt, aufzugeben, sondern wende weiterhin jegliche Anstrengungen und Mühen für das Erreichen eines würdevollen Friedens auf, unterstrich die ehemalige HDP-Abgeordnete in ihrer Rede. In diesem Sinne sei auch der Frauenmarsch zu verstehen, er solle „eine Friedensbrücke von Amed nach Ankara“ bauen.

Forderungen werden nach Ankara getragen

Mit dem Marsch würden, so Tuncel, die Forderungen der Frauen nach Ankara getragen. Doch er würde auch einen Appell für alle Völker der Türkei transportieren: „Die Politik, die die Kurd:innen als Feinde betrachtet, sie ignoriert und ihre Sprache, Kultur und Identität leugnet, hat ein Ende. Alle reden darüber, was mit Rojava geschehen wird. Die Kurd:innen in der Türkei, in Rojava, in Başûr und in Rojhilat werden frei sein. Wir werden als gleichberechtigte Menschen zusammenleben. Der Weg dorthin führt über demokratische Politik. Macht den Weg frei für demokratische Politik, macht den Weg frei für Frieden. Wir vertrauen auf uns selbst, auf die Frauen, auf unser Volk.“

Sebahat Tuncels Rede wurde immer wieder von Slogans unterbrochen. Nach der Erklärung marschierten die Frauen zur Sammelstelle für die Weiterfahrt.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-aktivistinnen-brechen-zum-freiheitsmarsch-nach-amed-auf-48180 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-wir-gehen-mit-hoffnung-in-die-freiheit-48109 https://deutsch.anf-news.com/frauen/dem-mobilisiert-fur-frauenmarsch-zentrale-forderung-freiheit-fur-Ocalan-48130 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/demokratie-plattform-ruft-zu-marsch-von-amed-nach-ankara-auf-48163

 

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Syrien und Türkei: Von Friedensrhetorik begleitete Eskalation?

1. Oktober 2025 - 16:00

Seit dem Friedensappell von Abdullah Öcalan vom 27. Februar, gibt es Bemühungen um Frieden und Stabilität in Nordkurdistan und der Türkei, die sich auch auf Syrien erstrecken. In der Politik wird zunehmend darüber diskutiert, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Doch gerade jetzt, wo die Forderungen nach einem umfassenden Friedensprozess in der Region lauter werden, geben die Maßnahmen der türkischen Seite Anlass zur Sorge und lassen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der offiziellen türkischen Äußerungen zu Frieden und Stabilität aufkommen.

Während der Sitzung des türkischen Nationalen Sicherheitsrates am 30. September wurde eine Reihe verschärfter Beschlüsse gefasst, wobei der Rat erklärte: „Keine Form von Terrorismus in der benachbarten geografischen Region wird toleriert werden.“

Friedensprozess in der Türkei als Druckmittel

In diesem Zusammenhang erklärte der türkische Parlamentspräsident Numan Kurtulmuş, dass Schritte im Friedensprozess und die von Abdullah Öcalan am 27. Februar ins Leben gerufene Initiative für eine demokratische Gesellschaft nur dann unternommen werden können, wenn die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) entwaffnet werden. Dies spiegelt einen direkten Zusammenhang zwischen dem internen politischen Prozess der Türkei und der Auferlegung von Sicherheits- und Militärbedingungen für Gebiete außerhalb ihrer Kontrolle wider.

Koordinierte Isolationsbestrebungen

Gleichzeitig hat die syrische Übergangsregierung mit dem Bau von Erdbarrieren am Rande der Stadtteile Şêxmeqsûd und Eşrefiyê in Aleppo begonnen, was Beobachter:innen als Vorbereitung für mögliche Militäroperationen betrachten. Die Führung der Kurdistan-Region des Irak (KRI) schloss unterdessen den Bau einer Trennmauer zwischen der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und Südkurdistan ab, was die Koordinierung bei der Isolierung dieser Gebiete widerspiegelt.

In einer gefährlichen Entwicklung griffen Gruppen, die der syrischen Übergangsregierung angehören und nach Angaben der Nachrichtenagentur Hawarnews (ANHA) laut offiziellen Militärquellen Befehle aus Ankara befolgten, das Gebiet um Dair Hafir an. Diese Angriffe fielen mit Angriffen von IS-Söldnern entlang des Flussstreifens zwischen Raqqa und Deir ez-Zor zusammen, was auf eine Koordinierung zwischen Ankara und IS zur Erreichung militärischer Ziele hindeutet.

Von Friedensrhetorik begleitete Kriegsvorbereitungen?

Zudem hat die Türkei laut ANHA kürzlich auch Proxymilizen in die von ihr besetzten Gebiete entsandt, insbesondere entlang der Frontlinien zwischen den Besatzungszonen und der DAANES, was auf klare Vorbereitungen für eine neue Eskalationsphase hindeute.

Angesichts dieser Entwicklungen scheint die Türkei entgegen ihrer Rhetorik von Frieden und Stabilität aktiv Vorbereitungen für einen neuen Krieg in der Region zu treffen.

Titelbild © ANHA

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-sperrt-wichtige-verbindung-aleppo-raqqa-48133 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/bahceli-droht-mit-angriff-auf-nord-und-ostsyrien-47792 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/endlich-trifft-erdogan-seinen-freund-trump-48107

 

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„Mit einem Flügel kann die Friedenstaube nicht fliegen“

1. Oktober 2025 - 16:00

Im kurdischen Geflüchtetenlager Mexmûr ist am 20. Juli 2023 eine Mahnwache für die Freiheit des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan ins Leben gerufen worden. Seither wird sie mit Entschlossenheit fortgesetzt, wobei alle fünf Tage eine neue Gruppe den Protest übernimmt.

Die an der Aktion teilnehmenden Gruppen bilden sich gemeinsam bezüglich Öcalans Perspektiven und seinen Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft vom 27. Februar. Auch verschiedene von der Bevölkerung und Aktivist:innen organisierte Aktivitäten sind immer wieder Bestandteil der Dauerkundgebung. Nachdem Adbullah Öcalan am 8. August eine Botschaft an die Bevölkerung von Mexmûr geschickt hatte, ist die Aktion in eine neue Phase eingetreten und wird mit noch größerer Begeisterung fortgesetzt.

Die jungen Menschen, die an der Mahnwache im Flüchtlingslager Mexmûr teilnehmen, bekräftigten erneut ihr Engagement für Öcalan.


Ein junger Mann namens Welat Bilehî begann seine Rede damit, die Isolation, der Öcalan ausgesetzt ist, zu verurteilen und sagte: „Wir kämpfen seit fast drei Jahren für die physische Freiheit von Rêber Öcalan. Wir jungen Menschen haben Pflichten und Verantwortung. Wir müssen für unsere Sache kämpfen und unsere Pflichten erfüllen. Als Jugend von Mexmûr sind wir nie einen einzigen Schritt zurückgewichen und werden immer hinter der Sache unseres Wegweisers stehen.

Während der Aktion bilden wir uns weiter, insbesondere durch die Lektüre des Aufrufs für Frieden und eine demokratische Gesellschaft, und versuchen, uns zu verbessern. Rêber Öcalan hat einen Prozess initiiert, die Bewegung hat viele wichtige Schritte unternommen und ihre Verantwortung erfüllt. Aber der Staat hat zu diesem Thema geschwiegen. Leider wird unser Repräsentant immer noch streng isoliert. Der Staat muss unverzüglich Maßnahmen ergreifen, damit Frieden erreicht werden kann. Auch der Europarat muss zu seinen Entscheidungen stehen, und das ‚Recht auf Hoffnung‘ für Öcalan muss unverzüglich umgesetzt werden.“

„Die Kommission muss sich mit Abdullah Öcalan treffen“

Eine der jungen Frauen, die an der Mahnwache teilnahmen, Rojîn Ebûzêd, merkte an, dass die Mahnwache schon lange andauere, und fuhr fort: „Als Bevölkerung und Jugend von Mexmûr sind wir für unseren Repräsentanten aktiv und gehen seinen Weg. Rêber Öcalan hat uns eine Botschaft geschickt, und diese Botschaft hat uns viel Kraft gegeben. Diese Botschaft hat unserem Handeln großen Enthusiasmus verliehen. Die eingesetzte Parlamentskommission muss sich mit Öcalan treffen, und es müssen sofort Schritte unternommen werden. Dieser Prozess sollte nicht weiter verzögert werden.“

Rojîn Ebûzêd erklärte auch, dass der Europarat Druck auf die Türkei ausüben müsse, damit diese seine Entscheidung zur Anerkennung des Rechts auf Hoffnung für Öcalan umsetzt.

„Mit einem Flügel kann die Friedenstaube nicht fliegen“

Als Jugend von Mexmûr, erzählte Serhat Yûsûf, ein weiterer junger Mann auf der Kundgebung, seien sie bereit, jede Aufgabe in diesem Prozess zu erfüllen: „Als Volk und insbesondere als Jugend von Mexmûr halten wir seit über zwei Jahren eine Mahnwache für die physische Freiheit von Öcalan ab. Unsere Aktion geht ohne Unterbrechung weiter. Als Jugend von Mexmûr sind wir bereit, unsere Aufgaben in diesem Prozess zu erfüllen, denn unser Repräsentant ist unsere rote Linie. Als junge Menschen setzen wir uns für die physische Freiheit Öcalans ein und werden diese Aktionen intensivieren. Wir sind bereit, alles zu tun, was für unseren Wegweiser erforderlich ist.“

Yûsûf fügte hinzu: „Wie bekannt ist, hat Rêber Apo einen Friedensprozess initiiert. Wir glauben an unseren Vordenker; dieser Prozess wird der ganzen Welt Frieden bringen. Als Menschen aus Mexmûr haben wir unser Versprechen gegenüber Öcalan bekräftigt, indem wir uns während dieses Prozesses auf der Grundlage seines Manifests gebildet haben. In diesen Schulungen haben wir als Jugend von Mexmûr erneut gezeigt, wie sehr wir uns Rêber Apo verpflichtet fühlen. Wir sehen jedoch, dass der Staat in dieser Angelegenheit keine Schritte unternimmt. Das ist inakzeptabel. Der türkische Staat muss Schritte unternehmen; wenn er dies nicht tut, muss er sich darüber im Klaren sein, dass die Friedenstaube mit einem Flügel nicht fliegen kann.“

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/appell-in-strassburg-vielfaltige-stimmen-fordern-freiheit-fur-abdullah-Ocalan-48184 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/proteste-fur-umsetzung-des-egmr-urteils-zum-recht-auf-hoffnung-47946 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/Ocalan-ruft-mexmur-fluchtlinge-zu-gemeinschaftlicher-ruckkehr-auf-47453

 

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QSD: IS-Anschlag vereitelt und drei Terroristen festgenommen

1. Oktober 2025 - 14:00

Im Rahmen der laufenden Sicherheits- und Militäraktionen ist Einheiten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), laut einer aktuellen Mitteilung ihres Pressezentrums, gelungen, eine aus drei Mitgliedern bestehende Terrorzelle des selbsternannten Islamischen Staats (IS) in Al-Takihi östlich von Deir ez-Zor festzunehmen.

Die Operation erfolgte der Mitteilung zufolge nach genauer Beobachtung der Bewegungen der Zellenmitglieder, die sich auf Terroranschläge gegen die Sicherheit und Stabilität der Region vorbereiteten. QSD-Einheiten umzingelten demnach den Ort in dem nahe der Kleinstadt Al-Busayrah gelegenen Dorf Al-Takihi und nahmen die Verdächtigen fest, ohne das es zu Verlusten gekommen sei.

Waffen und Dokumente beschlagnahmt

Weiterhin geben die QSD an, während der Operation Waffen und Dokumente beschlagnahmt zu haben, die die Zugehörigkeit der Festgenommenen zum IS belegen und ihre Beteiligung an der Planung terroristischer Angriffe bestätigen, die das Leben von Zivilist:innen bedrohten.

Die QSD betonten abschließend ihr Engagement gegen die Überreste der Terrororganisation IS mit Entschlossenheit weiterzuführen, um sowohl die Bevölkerung wie auch deren Errungenschaften zu schützen, und die Stabilität der Region zu gewährleisten.

Verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in der Region

Anfang der vergangenen Woche hatte das multiethnische Militärbündnis bekannt gegeben, dass zwischen dem 8. Dezember 2024 – dem faktischen Ende der Baath-Herrschaft – und dem 20. September dieses Jahres insgesamt 153 IS-Anschläge in den Gebieten der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) verzeichnet wurden. Diese Zahl deute auf eine verstärkte Reorganisierung der Extremistengruppe hin, so die QSD.

Mahmoud al-Hussein von der Generalkommandantur der Asayîş in Deir ez-Zor, erklärte wenige Tage später, dass in der Region seit Wochen verstärkt Patrouillen durchgeführt, Grenz- und Übergangspunkte streng kontrolliert und gezielte Operationen gegen mutmaßliche IS-Zellen durchgeführt würden. Deir ez-Zor ist von den verstärkten Aktivitäten der IS-Überreste besonders betroffen.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/qsd-nehmen-is-funktionar-in-ostsyrien-fest-und-vereiteln-anschlag-48171 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zwei-sicherheitskrafte-bei-anschlag-nahe-deir-ez-zor-verletzt-48134 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/vier-qsd-kampfer-bei-gefechten-mit-is-zellen-in-ostsyrien-gefallen-48128

 

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Syrien: 267 getötete Zivilist:innen im September

1. Oktober 2025 - 13:00

In den von der syrischen Übergangsregierung kontrollierten Gebiete ist das Leben der Zivilbevölkerung nicht sicher. Allein im vergangenen Monat September sind in Damaskus und den umliegenden Dörfern sowie in Homs, Hama, Latakia, Aleppo, Tartus, Idlib, Daraa und Deir ez-Zor 267 Menschen getötet worden.

Beteiligung an Massakern

Die der syrischen Übergangsregierung beteiligen sich regelmäßig an Massakern, wie kürzlich auch ein Bericht der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags bestätigte. So verübten bewaffnete Männern, die Als-Schaaras Interimsregierung angehören, in dem Dorf Umm Tina in der Nähe der Stadt Dair Hafir (auch Deir Hafer) im Osten von Aleppo ein Blutbad, indem sie Zivilist:innen mit einer Drohne angriffen. Bei dem Angriff wurden acht Menschen getötet.

Etwa 20 Kinder und etwa 15 Frauen wurden im gleichen Zeitraum durch Landminenexplosionen, Kriegsrückstände oder durch Querschläger getötet.

In den gleichen Gebieten Syriens wurden im August 166 Menschen getötet.

https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/mehrere-verletzte-bei-neuen-angriffen-auf-dair-hafir-48085 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zwei-tote-in-aleppo-bei-drohnenangriff-47819 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/ngo-warnt-vor-gezielten-entfuhrungen-kurdischer-zivilist-innen-in-syrien-48048

 

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Aslan: Das Recht auf Hoffnung nicht länger aufschieben

1. Oktober 2025 - 13:00

Das Ministerkomitee des Europarats hat vom 15. bis 17. September seine vierteljährliche Tagung zu Menschenrechten abgehalten. Hierbei ist unter anderem der Fall der „Gurban-Gruppe“ bezüglich des „Rechts auf Hoffnung“ untersucht worden. Neben dem kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan gehören auch die politischen Gefangenen Hayati Kaytan, Emin Gurban und Civan Boltan zu dieser Gruppe.

Der Ausschuss gewährte der Türkei erneut eine Frist bis Juni 2026 und verwies auf die für gesetzliche Regelungen eingerichtete parlamentarische Kommission, anstatt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den türkischen Staat und die türkische Regierung einzuleiten, die seit elf Jahren das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zum „Recht auf Hoffnung” nicht umgesetzt haben.

In diesem Urteil wurde die 27-jährige absolute Isolation von Abdullah Öcalan im Typ-F-Hochsicherheitsgefängnis Imrali als „Folter“ definiert. Newroz Uysal Aslan, Anwältin von Abdullah Öcalan und Abgeordnete der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM), sprach mit ANF und sagte, dass der Europarat mit dieser Entscheidung seine eigenen Grundsätze mit Füßen getreten habe.

Letzter Besuch durch Güvens Hungerstreik möglich

Newroz Uysal Aslan war vor ihrer Wahl zur Abgeordneten der DEM-Partei als Anwältin in der Kanzlei Asrin tätig. Im Gespräch mit ANF begann sie ihre Ausführungen mit einer positiven Bewertung des jüngsten Treffens dreier ihrer Kollegen mit ihrem Mandanten, dem kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan. Dies war das erste Treffen Öcalans mit seinem Rechtsbeistand nach sechs Jahren.

Aslan, die zuletzt am 7. August 2019 zusammen mit ihrem Kollegen Rezan Sarıca Imrali für ein Treffen mit Öcalan auf Imrali war, erinnerte sich wie folgt an den Ablauf: „Die Beschränkungen für Anwält:innen begannen, wie Sie sich vielleicht erinnern, im Juli 2011. Wir konnten erst im August 2019 auf die Insel Imrali reisen. Dieser Besuch fand aufgrund der Hungerstreiks und des Todesfastens statt, die unter der Führung von Leyla Güven, Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und Ko-Vorsitzende des Demokratischen Gesellschaftskongresses (DTK), gegen die Isolation auf Imrali initiiert wurden und sich auf viele Teile der Welt ausbreiteten.

Anwaltsbesuche durch willkürliche Entscheidungen verhindert

Dieser Besuch war also kein Schritt des Staates, der auf Rechten oder Politik beruhte, sondern resultierte vielmehr aus der wachsenden Reaktion gegen die Isolation. Tatsächlich wurde nach dem Treffen erneut eine verschärfte Isolation in Imrali verhängt. Mit dem Prozess, der durch Herrn Öcalans „Aufruf für Frieden und einer demokratischen Gesellschaft“ am 27. Februar eingeleitet wurde, konnten drei unserer Kollegen aus der Anwaltskanzlei Asrin zum ersten Mal seit sechs Jahren auf die Insel reisen.

Die Verwirklichung dieses Treffens ist nicht nur im Hinblick auf die rechtliche Aufhebung der Isolation von Bedeutung, sondern auch, weil dadurch deutlich wurde, dass die Besuche von Anwält:innen nicht, wie vom Gericht behauptet, durch Disziplinarmaßnahmen verboten worden waren, sondern durch willkürliche und politische Entscheidungen.

Rechtliche Verbesserungen müssen bei Öcalan ansetzen

Wenn in diesem Prozess eine Rückkehr zum Recht erfolgen solle, betonte die Anwältin, müssten die Bedingungen des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan als Hauptakteur und wichtigster Gesprächspartner verbessert werden. „Anwaltliche Besuche müssen regelmäßig stattfinden. Familienbesuche sollten nicht auf Feiertage beschränkt sein, sondern auf der Grundlage von Rechten, in Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht und internationalen Konventionen, durchgeführt werden. Auch Delegationsbesuche müssen gewährleistet sein; andere Rechte wie Briefe und Telefonate müssen in vollem Umfang angewendet werden. Die Umsetzung dieser Rechte ist bereits eine gesetzliche Verpflichtung. Wenn in diesem Prozess rechtliche Verbesserungen vorgenommen werden sollen, müssen sie auf Imrali beginnen, bei den Bedingungen von Herrn Öcalan“, so Aslan.

Ministerkomitee tritt Gründungsprinzipien mit Füßen

Bezüglich der vorläufigen Entscheidung des Ministerkomitees des Europarates zum „Recht auf Hoffnung“ erklärte Aslan, dass diese weder mit den internen Vorschriften des Komitees noch mit seinen Gründungsprinzipien vereinbar sei. Sie fügte hinzu, dass sie im Fall von Herrn Öcalan nicht der strukturellen Schwere der Verstöße entspreche, denen Tausende von Menschen ausgesetzt sind, die in der Türkei zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

„Zunächst einmal hat der Ausschuss kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Da es sich um ein strukturelles Problem handelt, wäre der betreffende Staat normalerweise verpflichtet, seine Gesetze zu ändern. Der jüngste Aktionsplan der Türkei enthielt jedoch keine Verpflichtungen, keinen Zeitplan und keinen Fahrplan. Im Gegenteil, er sah eine Fortsetzung der Sonderregelung der verschärften lebenslangen Freiheitsstrafe vor“, konstatierte die Juristin.

Das Problem ist politischen Charakters

Mit Verweis auf die vom Ministerkomitee vorgebrachten Vorschläge sagte Aslan: „In seiner vorläufigen Entscheidung verwies der Ausschuss auf die von uns vorgelegten Gesetzesvorschläge zur Änderung der Gesetze über verschärfte lebenslange Freiheitsstrafen und forderte, dass diese in der Generalversammlung diskutiert werden, wobei er auch auf die unter der Großen Nationalversammlung der Türkei eingerichtete ‚Kommission für Nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie‘ hinwies. Damit wurde der politische Charakter des Problems deutlich.

Das Recht auf Hoffnung war zu einer Angelegenheit geworden, die der EGMR, das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) und der Europarat unter rechtlichen Vorwänden beharrlich verschleiert hatten. In diesem Sinne kam die Verweisung einer Angelegenheit wie dem Recht auf Hoffnung, das nach elf Jahren hätte überprüft werden müssen, durch den Europarat an eine mit dem politischen Prozess verbundene Kommission einem Eingeständnis ihrer politischen Dimension gleich.

Ein Eingeständnis wovon? Ein Eingeständnis der politischen Natur des Rechts auf Hoffnung. Es war in der Tat ein Eingeständnis, dass die politische Position und die politischen Gründe von Herrn Öcalan der Hintergrund waren, auf dem das Recht auf Hoffnung verweigert wurde.

„Eine wichtige, aber unzureichende Entscheidung“

Aslan fuhr fort: „Wenn das Recht auf Hoffnung seit elf Jahren nicht umgesetzt wird, dann liegt das genau an der politischen Haltung des Ausschusses, seinem Lösungsansatz und seiner Zusammenarbeit mit der Türkei. In dieser Hinsicht war dies eine wichtige, aber unzureichende Entscheidung.

Hätte der Ausschuss die bisherigen Praktiken der Türkei berücksichtigt und statt einer Frist bis Juni 2026 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und die Angelegenheit an die Kommission verwiesen, wäre dies realistischer und seriöser erschienen. Leider hat der Ausschuss keine solche Ernsthaftigkeit an den Tag gelegt. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass er im Einklang mit den politischen Positionen der Staaten handelt.

Für eine Institution, die auf der Grundlage von Demokratie, Recht, Menschenrechten und Gerechtigkeit existiert und diese Prinzipien in Europa und den Mitgliedstaaten des Rates überwacht, bedeutet eine Haltung entsprechend der politischen Position eines Staates eine Untergrabung und Missachtung ihrer eigenen Prinzipien. Der Ausschuss handelt in einer Weise, die seiner Existenz widerspricht. Von Anfang bis Ende handelt es sich um eine politische Haltung.“

Regierung muss nicht auf Kommission warten

Als ehemalige HDP- und aktuelle DEM-Abgeordnete merkte die Anwältin an, dass sie mehr als 100 Gesetzesvorschläge zum Recht auf Hoffnung eingereicht hätten, die in der Justizkommission und der Untersuchungskommission für Menschenrechte des Parlaments auf ihre Bearbeitung warten. „Die Regierung kann das Recht auf Hoffnung im Parlament verabschieden, indem sie diese Vorschläge diskutiert, ohne auf die Kommission zu warten.

Die Tatsache, dass die Regierung diese Angelegenheit hinauszögert, hängt ausschließlich mit den Bedingungen von Herrn Öcalan zusammen. Ansonsten ist die Türkei verpflichtet, diese vorläufigen Entscheidungen unverzüglich umzusetzen. Es ist die Aufgabe des Ausschusses selbst, dafür zu sorgen, dass diese Verpflichtung erfüllt wird. Es gibt Prozesse der Zusammenarbeit, des Kompromisses, der Verhandlung und des Dialogs zwischen dem Ausschuss und der Türkei. Daher liegt die Verantwortung für die jahrelange Nichtumsetzung der Entscheidungen nicht nur bei der Türkei, sondern auch beim Europarat selbst“, so Aslan.

Ministerkomitee schlägt zwei Wege vor

Die Politikerin und Juristin hob insbesondere einen Unterschied der aktuellen Ministerkomitee-Entscheidung zu vorherigen hervor: „Der einzige wichtige Punkt in der vorläufigen Entscheidung des Ausschusses ist, dass er auf einen konkreten Mechanismus durch die Kommission hingewiesen hat. In früheren Verfahren hat der Ausschuss beispielsweise Daten und Informationen angefordert, aber nicht gesagt: ‚Machen Sie dies konkret.‘

In dieser Zwischenentscheidung schlägt er nun zwei Wege für die Türkei vor: Erstens, die von den Abgeordneten eingereichten Gesetzesvorschläge auf die Tagesordnung zu setzen und sie an die Generalversammlung zu verweisen; oder zweitens, die bestehende Kommission zu nutzen und das Recht auf Hoffnung als Teil dieses Prozesses in einen Vorschlag umzuwandeln. Das Parlament tagt diese Woche, und wenn die Türkei es wünscht, könnte sie das Recht auf Hoffnung sofort als Gesetzesvorschlag auf die Tagesordnung setzen und verabschieden.“

Das Recht auf Hoffnung muss Priorität erhalten

„Numan Kurtulmuş verwies für gesetzliche Regelungen zeitlich auf Oktober, aber das Recht auf Hoffnung muss in diesen Regelungen rechtliche Priorität erhalten“, so Aslan weiter. „Von Anfang an wurde zunächst durch internationale Untersuchungen und später durch das Urteil des EGMR bestätigt, dass die verschärfte lebenslange Freiheitsstrafe nicht den internationalen Standards entspricht und der Todesstrafe gleichkommt. Die Türkei wurde gewarnt, dass sie diese Strafe nicht verhängen sollte.“

„Die Türkei hat wiederholt gegen eine internationale Konvention verstoßen, zu deren Umsetzung sie verpflichtet ist, und sie seit elf Jahren rechtlich ausgesetzt. Das Recht auf Hoffnung ist nun ein Recht, das legal nicht mehr aufgeschoben werden kann. Politisch gesehen ist die Forderung, Herrn Öcalan aus der Isolation zu befreien und ihm seine körperliche Freiheit zu gewähren, nicht nur eine ein Jahr alte Forderung, sondern eine 27 Jahre alte. Weltweit wurden Tausende von Aktionen, Mahnwachen, Kampagnen, Konferenzen und Anträgen durchgeführt. Die Frage des Rechts auf Hoffnung ist auch etwas, das rechtlich gesehen die Tür zur Freiheit öffnen könnte“, betonte die Politikerin anschließend.

„Der Staat kann Öcalans Freiheit nicht aufschieben“

Sie fuhr fort: „Die Freiheit von Herrn Öcalan, der den Willen von Millionen Menschen vertritt, ist eine Angelegenheit, die der Staat politisch weder aufschieben noch ignorieren kann. Seine Isolationsbedingungen sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sie politisch, moralisch und gewissensmäßig von niemandem, der an Demokratie und Frieden glaubt, toleriert oder akzeptiert werden können. In dieser Hinsicht ist das Recht auf Hoffnung eine rechtliche Verpflichtung und politisch einer der allerersten Schritte, die unternommen werden müssen.“

„Wenn die Gesetzgebung zur verschärften lebenslangen Haftstrafe in der Türkei geändert wird, besteht die Möglichkeit, dass Herr Öcalan freikommt. Das Parlament ist das Gremium, das diese Gesetzesänderung vornehmen kann. Die Abgeordneten reichen Vorschläge ein, die dann in der Justizkommission, der Menschenrechtskommission und den zuständigen Ausschüssen diskutiert werden, bevor sie als Gesetzentwurf oder Vorschlag in die Generalversammlung kommen. Dort werden sie debattiert, abgestimmt und im Rahmen des normalen Gesetzgebungsverfahrens verabschiedet“, führte Aslan aus.

Klare Prioritäten für die Parlamentskommission

Die Anwältin schloss mit der Bemerkung: „Die für diesen Prozess geschaffene Kommission ist keine durch Gesetz im Parlament eingerichtete Fachkommission, sondern eine Kommission, die den rechtlichen Hintergrund des Prozesses bilden wird. Das bedeutet nicht, dass die Kommission selbst Gesetze erlassen kann. Sie kann lediglich einen Bericht zu diesem Thema erstellen und der Generalversammlung des Parlaments Empfehlungen unterbreiten, wie z. B. ‚dieses Gesetz sollte geändert werden‘, ‚dies sollte auf diese Weise geschehen‘ oder ‚dieser Schritt sollte unternommen werden‘, und ihre Priorität muss dies sein.“

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/appell-in-strassburg-vielfaltige-stimmen-fordern-freiheit-fur-abdullah-Ocalan-48184 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/dem-partei-frieden-nur-durch-dialog-mit-Ocalan-moglich-48179 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/Candar-Ocalan-muss-angehort-das-recht-auf-hoffnung-umgesetzt-werden-48172

 

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