«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
ANF NEWS (Firatnews Agency) - kurdische Nachrichtenagentur
Mailand benennt Park nach Alan Kurdi
In Gedenken an den 2015 gestorbenen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi ist ein Park im Westen von Mailand offiziell in „Alan-Kurdi-Park“ umbenannt worden. Eine entsprechende Zeremonie fand am Freitag im Stadtteil Giambellino statt. Die Umbenennung folgt auf eine Reihe von Gedenkveranstaltungen, die von Jugendlichen aus dem Viertel organisiert wurden.
Bereits vor rund einem Monat war im Park ein Wandbild enthüllt worden, das Alan Kurdi in einer Umarmung mit einem anderen Kind vor dem Hintergrund von Himmel und Meer zeigt. Nun trägt die Grünanlage offiziell den Namen des kurdischen Jungen, dessen Foto im roten T-Shirt und blauen Shorts zum Sinnbild für das Versagen Europas in der Flüchtlingsfrage wurde.
Alan Kurdi war im September 2015 bei dem Versuch seiner aus Kobanê in Rojava stammenden Familie, über das Meer nach Europa zu fliehen, im Alter von drei Jahren ertrunken. Seine Leiche wurde an der türkischen Küste bei Bodrum angespült. Das Foto des toten Kindes ging um die Welt und wurde zu einem Mahnmal für die Not und Gefahren von Geflüchteten auf der Mittelmeerroute.
An der Zeremonie in Mailand nahmen unter anderem Tommaso Sacchi, Kulturbeauftragter der Stadt Mailand, Santo Minniti, Bezirkspräsident des Stadtteils 6, sowie Vertreter:innen der kurdischen Gemeinde und lokaler Initiativen teil. Auch Schüler:innen der Schulen Narcisi und Nazario Sauro waren vor Ort. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Auftritt der italienischen Schauspielerin Lella Costa.
Der Kulturbeauftragte Sacchi sagte bei der Einweihung, die Umbenennung sei Ausdruck eines „eingehaltenen Versprechens“ und ein wichtiges Signal. „Der Alan-Kurdi-Park ist heute ein Ort des Erinnerns – und zugleich ein Ort des Spiels für Kinder, auch in einer Zeit, in der in Gaza und anderswo Gewalt und Ungleichheit herrschen“, sagte Sacchi. Der Fall Alan Kurdi erinnere daran, dass für echte Gleichheit noch viel getan werden müsse.
Serkan Xozatli, Vertreter der kurdischen Community in Mailand, betonte in seiner Rede, dass die Flucht von Alan Kurdi und seiner Familie Folge des jahrzehntelangen Konflikts in Kurdistan gewesen sei. Die Ursachen für Flucht und Vertreibung bestünden auch zehn Jahre später fort. Xozatli kritisierte dabei sowohl das Vorgehen des türkischen Staats als auch islamistischer Gruppen in der Region. Zugleich rief er europäische Regierungen dazu auf, die Abschottungspolitik zu beenden und Waffenexporte zu stoppen, und stattdessen politischen Druck auf Staaten im Nahen Osten auszuüben, um Konflikte zu beenden.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/haftstrafen-nach-tod-von-alan-kurdi-17883
Diskussion in Hamburg zur Auflösung der PKK und Perspektiven für Frieden
Am 9. Oktober lädt das Bündnis „Hamburg für Kurdistan“ zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Wendepunkt in Kurdistan? Die Auflösung der PKK und neue Wege zum Frieden“ ein. Beginn ist um 18:30 Uhr in der Fabrique im Gängeviertel.
Hintergrund ist die überraschende Entscheidung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), sich im Mai 2025 aufzulösen und den bewaffneten Kampf offiziell zu beenden. Der Beschluss wurde auf dem 12. Parteikongress bekanntgegeben – und löste innerhalb und außerhalb der kurdischen Bewegung intensive Debatten aus.
Nach fast 50 Jahren des bewaffneten Widerstands soll dieser Schritt laut PKK dazu beitragen, neue politische Perspektiven für einen gerechten Frieden zu eröffnen. Viele Beobachterinnen und Beobachter hatten eine solche Entscheidung erst im Rahmen eines abgeschlossenen Friedensprozesses erwartet.
Die Veranstaltung will die Hintergründe dieser Entscheidung beleuchten und diskutieren, welche Auswirkungen sie auf Kurdistan, die Region und auch Deutschland haben könnte. Im Zentrum stehen unter anderem folgende Fragen:
Welche Rolle spielt der in der Türkei inhaftierte PKK-Begründer Abdullah Öcalan bei diesem politischen Kurswechsel?
Wie geht der kurdische Freiheitskampf nach der Auflösung der PKK weiter?
Welche Chancen bestehen für einen dauerhaften Frieden – insbesondere in Nord- und Ostsyrien, im Irak und in Iran?
Und: Wird die Bundesregierung ihre Haltung zum Betätigungsverbot der PKK in Deutschland, das seit 1993 besteht, überdenken?
Zu den Gästen der Veranstaltung gehören:
▪ Nilüfer Koç, außenpolitische Sprecherin des Nationalkongress Kurdistan (KNK)
▪ Ziya Pir, ehemaliger HDP-Abgeordneter und Neffe von Kemal Pir, einem der Mitbegründer der PKK.
Die Moderation übernimmt die Ethnologin, Aktivistin und Autorin Anja Flach, die selbst langjährig zur kurdischen Bewegung geforscht hat.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
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Öcalan: Friedensprozess braucht klare politische und juristische Grundlagen
Der kurdische Repräsentant Abdullah Öcalan hat bei einem Treffen mit einer Delegation der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) seine Haltung zum Friedensprozess bekräftigt und auf die Bedeutung politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen hingewiesen. Das Gespräch hatte am Freitag auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali stattgefunden und rund dreieinhalb Stunden gedauert.
Wie die DEM-Partei heute mitteilte, sei Öcalan bei guter Gesundheit und habe das Gespräch „mit gewohnter moralischer Stärke und Selbstvertrauen“ geführt.
Im Mittelpunkt der Konsultation stand die Fortsetzung des im Vorjahr begonnenen Prozesses für Frieden und eine demokratische Gesellschaft. Öcalan betonte, dass in dieser Phase der Deeskalation bereits große Gefahren abgewendet worden seien. „Alle, die daran mitgewirkt haben, sind Träger einer großen und ehrenvollen Leistung“, wurde Öcalan zitiert.
Weiter sagte Öcalan: „Einer der bedeutendsten Lösungsansätze, den die Zivilisation nach drei Jahrhunderten zerstörerischer Konflikte und zwei Weltkriegen entwickelt hat, ist die verhandlungsorientierte Demokratie. Die Methoden und Mechanismen, die diesem Modell zugrunde liegen, sollten auch für die Lösung vieler innen- und außenpolitischer Probleme der Türkei herangezogen werden.“
Er empfahl, Prinzipien demokratischer Verhandlung in alle politischen und gesellschaftlichen Beziehungen einzubetten. Öcalan bezog sich zudem auf seinen öffentlichen Aufruf vom 27. Februar und sagte, er stehe weiterhin „voll hinter der Aussage, dass die Weiterentwicklung des Prozesses an politische und rechtliche Erfordernisse geknüpft ist“. Entscheidend sei, diese Bedingungen jetzt ganzheitlich und korrekt zu erkennen und umzusetzen.
Zum Abschluss forderte Öcalan, das neue Jahrhundert der Türkischen Republik solle „auf dem Fundament von Recht, Frieden und Demokratie“ aufgebaut werden.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ozturk-abdullah-Ocalan-fordert-politische-reformen-und-Ubergangsgesetze-48062 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ocalan-demokratische-gesellschaft-frieden-und-integration-zentrale-begriffe-des-prozesses-47717 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/aufruf-von-abdullah-Ocalan-fur-frieden-und-eine-demokratische-gesellschaft-45431
„Wir bestehen darauf, dass Kenan freigelassen wird“
Die Delegation der Initiative #FreeKenan ist von einer zweiwöchigen Reise nach Zypern zurückgekehrt. Ziel des Aufenthalts war es, sich ein Bild von der aktuellen Situation des kurdischen Aktivisten und Politikers Kenan Ayaz zu machen, ihn im Gefängnis zu besuchen sowie Vertreter:innen der Solidaritätsinitiative KenanWatch und weitere Unterstützende zu treffen.
„Unser Gesamteindruck von Kenans Situation war sehr positiv. Es geht ihm gut – er wirkt gelöst und deutlich entspannter als in Deutschland, wo er zwei Jahre lang praktisch 23 Stunden am Tag in Isolationshaft verbrachte“, sagte eine Teilnehmerin der Delegation. „Es ist ihm anzusehen, wie sehr ihn die Rückkehr aus dem Gefängnis in Hamburg – wo er selbst seine Anwälte nur durch eine Glasscheibe und unter Bewachung sehen konnte – in eine deutlich bessere Umgebung erleichtert hat. Er erhält regelmäßigen Besuch und wird mit großem Respekt behandelt.“
Breite Bekanntheit des Falls Ayaz auf der Insel
Gleichzeitig empfinde Ayaz seine erneute Inhaftierung auf Zypern auch als moralische Last, so die Delegierte weiter: „Es schmerzt ihn, die zypriotische Gesellschaft gewissermaßen in seinen Fall hineingezogen zu haben – insbesondere angesichts der eigenen Traumata, die die Teilung des Landes und die bis heute andauernde Besatzung von 37 Prozent des zyprischen Staatsgebiets hinterlassen haben.“
Kenan Ayaz (r.) und Çerkez Korkmaz © privat
Die Delegation zeigte sich überrascht über die breite Bekanntheit des Falls auf der Insel. Eine Ursache sieht sie in der engen Verbundenheit vieler Zyprer:innen mit dem kurdischen Befreiungskampf – auch aufgrund der historischen Rolle von Theofilos Georgiadis – sowie in der kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit von KenanWatch.
Zum Abschluss ihrer Reise führte die Delegation ein Interview mit dem Journalisten Alekos Michaelides, der den Fall Ayaz sowohl in Hamburg als auch in Nikosia begleitet hatte.
Herr Michaelides, würden Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich bin Journalist und Buchhändler, aufgewachsen im geteilten Nikosia. Ursprünglich komme ich aus Karavas – heute unter türkischer Besatzung bekannt als Alsancak – und habe meine Kindheit in Temvria im Bezirk Nikosia verbracht. Wir waren von Beginn an in den Fall Kenan Ayaz involviert, da wir seit Jahren eng mit der kurdischen Gemeinschaft Zyperns verbunden sind. Bereits die Verhaftung des Aktivisten Çerkez Korkmaz liegt noch nicht lange zurück – entsprechend schnell erfolgte unsere solidarische Mobilisierung, stets in Zusammenarbeit mit Kenans Anwalt Efstathios Efstathiou, mit Zypriot:innen und Kurd:innen.
Kenan Ayaz befindet sich nun in Haft auf Zypern. Viele Menschen hier scheinen seinen Fall zu kennen und unterstützen ihn. Wie erklären Sie sich diese breite Solidarität?
Kenans Fall stellte die zypriotische Gesellschaft vor ein Dilemma: Soll man sich für einen politischen Aktivisten einsetzen – oder sich den Forderungen eines faschistischen türkischen Staates beugen? Auch wenn weniger Menschen auf die Straße gegangen sind als erwartet, war die gesellschaftliche Reaktion eindeutig: Die Mehrheit konnte weder seine Verhaftung noch seine Auslieferung an Deutschland nachvollziehen.
Alekos Michaelides bei einer Demonstration für die Freilassung von Ayaz im April 2023 in Nikosia © ANF
Selbst heute, wo weder die deutsche Justiz noch zypriotische Behörden ihm eine konkrete Straftat nachweisen konnten, verstehen viele nicht, warum er weiterhin in Haft sitzt. Diese Solidarität ist jedoch mehr als Empathie – sie ist Ausdruck eines kollektiven, historischen Bewusstseins, das die Kämpfe in Kurdistan und Zypern miteinander verbindet. Wer einen kurdischen Aktivisten, der sich für die Freiheit Zyperns ausspricht, inhaftiert – mit welchem moralischen Anspruch will er dann selbst gegen die türkische Besatzung kämpfen? Genau das eint unsere Völker seit Jahrzehnten im Widerstand gegen den türkischen Imperialismus.
Die Delegation konnte Kenan Ayaz zwei Mal im Gefängnis besuchen. Er befindet sich in einer Art offenem Vollzug und hätte Anspruch auf Freigang, lehnt diesen jedoch ab. Warum?
Kenan lehnt es ab, das Gefängnis auf Basis einer Entscheidung Deutschlands oder der Türkei zu „betreten oder zu verlassen“. Für ihn geht es um Prinzipien, nicht um persönlichen Komfort. Ein Land wie Zypern, das selbst unter Besatzung leidet, sollte nicht die Rolle des türkischen Staates übernehmen – so seine Haltung.
Obwohl wir, seine Freunde, ihn lieber unter uns sehen würden – auch tagsüber –, respektieren wir seine selbstlose Entscheidung. Kenans Kampf war nie ein individueller. Auch wenn über Haftbedingungen, Bücher oder Besuchsrechte diskutiert wurde, war das stets Teil einer umfassenderen Kritik am deutschen Strafvollzugssystem – das bei vielen Erinnerungen an autoritäre Strukturen, ja sogar an NS- oder türkische Isolationshaft weckt. Kenan kämpft für etwas Tieferes, etwas Größeres als seine persönliche Freiheit. Für ihn kommt es nicht in Frage, auf der Grundlage einer gegen ihn getroffenen Entscheidung Deutschlands (und der Türkei) in das Gefängnis der Republik Zypern ein- und auszugehen.
Wie geht es nun weiter?
Wir bestehen darauf, dass Kenan freigelassen wird – nicht nur um seiner selbst willen, sondern damit er den gemeinsamen Kampf für die Freiheit Kurdistans und Zyperns fortsetzen kann.
Vielen Dank für das Gespräch.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/freekenan-delegation-besucht-grab-von-theofilos-georgiadis-48174 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kenan-ayaz-meine-haft-auf-zypern-ist-eine-politische-entscheidung-48132 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/besuch-bei-kenan-ayaz-im-gefangnis-von-nikosia-48061 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kenan-ayaz-nach-mehr-als-zwei-jahren-deutscher-haft-zuruck-in-zypern-47870 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kenan-ayaz-vor-ruckfuhrung-nach-zypern-klage-vor-egmr-angekundigt-47662
Zweites Frauenarbeits- und Kulturfestival in Peyas eröffnet
Unter dem Motto „Mit unserer Arbeit und Kultur stärken wir die Solidarität“ hat am Freitag in Peyas (auch Payas, tr. Kayapınar) das zweite Frauenarbeits- und Kulturfestival begonnen. Veranstaltet wird das Festival von der Bezirksverwaltung Peyas in Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Sanatça. Es findet auf dem Gelände des Stadtwalds statt und läuft noch bis Sonntagabend.
Zahlreiche Frauen bieten auf einem „Solidaritätsmarkt für Frauenarbeit“ selbst gefertigte Produkte an – darunter Heimtextilien, Taschen, bestickte Handarbeiten, eingelegte Lebensmittel, Marmeladen, Naturprodukte sowie traditionelle Speisen. Die Stände wurden von vielen Besucher:innen sowie von lokalen Politiker:innen und Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen besucht. Neben dem Markt gibt es auch zahlreiche Aktivitäten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene: ein Hüpfburgenpark, thematisch gestaltete Spielhäuser, Basketball-, Fußball-, Volleyball- und Tischtennisflächen sowie Trampoline und Darts bieten Gelegenheit zur Bewegung und Begegnung.
Am Nachmittag präsentierte eine Frauengruppe ein traditionelles Folkloreprogramm. Vor dem Auftritt sprach die Ko-Bürgermeisterin von Peyas, Berivan Gülşen Sincar (DEM), über die historische Rolle der Frau: „Seit dem Moment, in dem der erste Weizensamen in die Erde fiel, ist die Frau ein aktiver Teil der Gesellschaft, der Kultur und der Kunst. Doch diese Arbeit wurde oft ausgeblendet, unsichtbar gemacht.“ Frauen müssten überall sichtbar sein, so Sincar weiter: „Diese Stadt kann nur eine Stadt der Frauen sein, wenn auch ihre Stimmen, ihr Handeln und ihre Arbeit sichtbar werden.“
Im Anschluss sprach die DEM-Abgeordnete Ceylan Akça Cuppolo. In ihrer Rede kritisierte sie die historische Unsichtbarmachung weiblicher Arbeit: „Unsere Arbeit wurde aus den Seiten der Geschichte gestrichen, sie wurde wie in einem Grab verschlossen.“ Die aktuellen Stände seien Ausdruck des Widerstands gegen diese Unsichtbarkeit. Sie betonte zudem den Zusammenhang zwischen weiblichem Widerstand und gesellschaftlicher Transformation:
„Wir sind Frauen, deren Körper zu Kriegsfeldern gemacht wurden – und zugleich Trägerinnen eines widerständigen Erbes, das wir fortsetzen.“ Sie verwies auf die aktuelle Frauendemonstration der Bewegung freier Frauen (TJA), die von Amed nach Ankara zieht, um für die physische Freiheit von Abdullah Öcalan zu demonstrieren. Die Gruppe hatte am Freitag Amara erreicht – Öcalans Geburtsort. „Von hier aus senden wir Grüße nach Amara“, sagte die Abgeordnete. „Ohne die Befreiung der Frau kann es keine freie Gesellschaft geben – und ohne eine freie Gesellschaft wird auch unsere Arbeit nicht befreit. Jin, Jiyan, Azadî.“
Den Abschluss des ersten Festivaltages bildete ein Konzert der Sängerin Sorjiyan. Hunderte Menschen tanzten bis in die Abendstunden Govend. Während des Konzerts wurde mehrfach solidarische Grüße an die nach Ankara marschierenden Frauen übermittelt.
https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-fur-freiheit-von-tausenden-in-dilok-empfangen-48222 https://deutsch.anf-news.com/frauen/payas-startet-aktionsplan-gegen-feminizide-47458 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-frauenmarsch-erreicht-geburtsort-von-abdullah-Ocalan-48213
Frauenmarsch für Freiheit von Tausenden in Dîlok empfangen
Der von der Bewegung Freier Frauen (TJA) unter dem Motto „Mit Hoffnung zur Freiheit“ organisierte Protestmarsch von Amed (tr. Diyarbakır) nach Ankara hat am Freitagabend die Stadt Dîlok (Antep) erreicht. Dort wurden die Teilnehmerinnen von mehreren Tausend Menschen mit dem Ruf „Jin, Jiyan, Azadî “ empfangen.
Begleitet von Musik und traditionellen Rahmentrommeln zogen die Frauen durch ein Spalier aus Unterstützer:innen zum Versammlungsplatz im Stadtteil Vatan. Auch zahlreiche Anwohnende zeigten vom Fenster oder Balkon aus ihre Solidarität mit dem Marsch. Auf dem Platz wurden die Demonstrantinnen unter Applaus einzeln begrüßt.
Botschaft von Ayşe Gökkan
Nach Tanz- und Musikbeiträgen wurden mehrere Reden gehalten. Den Auftakt machte die EMEP-Abgeordnete Sevda Karaca. Sie betonte, dass der Marsch für die Freiheit aller Frauen stehe. Ziel sei ein Leben in Würde und Gleichberechtigung sowie die Freilassung politischer Gefangener. „Wir setzen unseren Weg in eine freie, sichere und gleichberechtigte Zukunft fort und werden den gemeinsamen Kampf für Frieden weiter ausbauen“, sagte Karaca.
Im Anschluss wurde ein Brief der inhaftierten kurdischen Politikerin Ayşe Gökkan verlesen. Darin begrüßte sie die Demonstration als Zeichen des Widerstands gegen Unterdrückung und Repression. Sie rief dazu auf, gemeinsam gegen Nationalismus, Sexismus, religiöse Ausgrenzung und Militarismus vorzugehen. „Es ist Zeit für die Freiheit“, schrieb Gökkan und verwies auf die Bedeutung der Freilassung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan für den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft.
„Die Türkei steht an einem Wendepunk“
Die kurdische Politikerin Hülya Alökmen erinnerte in ihrer Ansprache an die historische Bedeutung Dîloks für die kurdische Bewegung und an den Tod von Haki Karer, einem engen Weggefährten Öcalans. „Diese Bewegung hat vor 50 Jahren begonnen. Sie ist ein Weg zu einem demokratischen und freien Leben“, sagte Alökmen. Die Freiheit Öcalans sei aus ihrer Sicht Voraussetzung für die Befreiung von Frauen und Gesellschaft. Der Marsch nach Ankara solle dort diese Forderung sichtbar machen.
Çiğdem Kılıçgün Uçar, Ko-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Regionen (DBP), ordnete die Demonstration in einen größeren politischen Rahmen ein. Die Türkei stehe an einem Wendepunkt, sagte sie: „Wird dieses Land ein demokratisches und gleichberechtigtes – oder geht es weiter mit Leugnung, Assimilation und Unterdrückung?“
„Öcalan kann Worte finden, die sonst niemand ausspricht“
Uçar erinnerte daran, dass der Tag der Veranstaltung auch zwei bedeutsame Jahrestage markierte: das Massaker von Vartinîs im Jahr 1993 und die Tötung von Hacı Lokman Birlik im Jahr 2015. „Wir führen diese Demonstration durch, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen“, sagte sie. Ziel sei ein demokratisches, freies und gerechtes Land für alle.
Mit Blick auf die kürzlich eingerichtete Parlamentskommission zur kurdischen Frage erklärte Uçar, dort seien viele Stimmen gehört worden – mit einer entscheidenden Ausnahme: „Die einzige Person, die nicht angehört wurde, ist Abdullah Öcalan.“ Dabei könne gerade er Worte finden, „die sonst niemand ausspricht“. Öcalan werde von vielen weiterhin als Schlüssel für eine politische Lösung gesehen.
„Eine neue, inklusive Verfassung ist nötig“
„Wenn es im aktuellen Prozess eine Blockade gibt, glauben wir, dass Öcalan einen Ausweg aufzeigen kann“, sagte Uçar. Mit dieser Überzeugung setzten sich die Frauen auf den Weg nach Ankara. Sie erinnerte auch an Öcalans Aussage, wonach die Frauenfrage noch grundlegender sei als die kurdische Frage. Das zeige, warum viele Frauen überzeugt seien, dass Gleichberechtigung und Freiheit nur gemeinsam erreicht werden könnten.
Uçar forderte eine neue, inklusive Verfassung: „Wir brauchen ein Grundgesetz, das uns alle einschließt.“ Die Zeit militärischer Lösungen sei vorbei, die Waffen seien abgelegt worden – nun müsse der demokratische Wandel folgen. „Die Errichtung einer demokratischen Republik ist nicht so schwierig, wie oft behauptet wird“, sagte sie zum Abschluss. „Es braucht lediglich den Mut zu einem ersten Schritt – und die Bereitschaft, klare und verbindende Worte zu finden.“
https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-frauenmarsch-erreicht-geburtsort-von-abdullah-Ocalan-48213 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-wir-laufen-fur-alle-volker-48207 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-mit-hoffnung-in-die-freiheit-in-amed-gestartet-48193
Friedensdemo in Stuttgart: Tausende setzen Zeichen gegen Aufrüstung
Zum Tag der Deutschen Einheit haben sich in Stuttgart Tausende Menschen zu einer Friedensdemonstration versammelt. Unter dem Motto „Nie wieder kriegstüchtig. Stehen wir auf für Frieden!“ zogen sie durch die Innenstadt, um ein Zeichen gegen Krieg, Hochrüstung und Militarisierung zu setzen.
Veranstaltet wurde die Demonstration vom Friedensnetz Baden-Württemberg, unterstützt von einem Bündnis aus rund 300 Initiativen und Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet. Neben Stuttgart fand zeitgleich eine zentrale Kundgebung in Berlin statt.
Zug durch die Innenstadt
Bereits am Mittag hatten sich die ersten Teilnehmer:innen auf dem Schlossplatz versammelt. Von dort zog der Demonstrationszug zum Charlottenplatz und wieder zurück. Viele waren aus dem gesamten süddeutschen Raum angereist – etwa aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Allgäu.
Bei der anschließenden Abschlusskundgebung sprachen unter anderem die ver.di-Landesbezirksleiterin Maike Schollenberger sowie die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann. Beide warnten vor einer zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft.
Das Bündnis kritisierte unter anderem die Diskussion um eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht, die verstärkte Präsenz des Militärs an Schulen und Hochschulen sowie Einsparungen im Sozial- und Umweltbereich zugunsten des Verteidigungsetats.
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Kurdischer Block mit klarer Botschaft
Ein sichtbarer Teil der Demonstration war der kurdische Block, der mit Transparenten, Fahnen und Parolen auch eigene politische Akzente setzte. Auf großen Bannern war unter anderem das Porträt von Abdullah Öcalan, dem in der Türkei inhaftierten kurdischen Repräsentanten, zu sehen – begleitet von der Forderung: „Freiheit für Abdullah Öcalan – Für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage“.
Weitere Transparente trugen Zitate Öcalans wie „Es gibt keine Gewinner im Krieg – für den Frieden braucht es Dialog.“ Begleitet wurde der Block von Parolen wie „Es lebe Apo“ und „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit). Auch Fahnen der kurdischen Organisationen TJK-E, YPG, YPJ und TEV-DEM waren sichtbar.
Mobilisierung für Köln-Demo im November
An einem Infostand auf dem Schlossplatz informierten Aktivist:innen über die nächste große kurdische Demonstration am 8. November in Köln. Die dort geplante Veranstaltung steht unter dem Motto der „Hoffnung auf Freiheit“ und fordert insbesondere die Aufhebung der Isolation und Freilassung Öcalans. Die verteilten Flyer stießen laut Veranstalter:innen auf großes Interesse.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/appell-in-strassburg-vielfaltige-stimmen-fordern-freiheit-fur-abdullah-Ocalan-48184 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/fattorini-der-losungsprozess-muss-auf-eine-rechtliche-grundlage-gestellt-werden-48212 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/videobotschaft-von-abdullah-Ocalan-47007
Geplanter Tagebau in Dersim: Nach Anwohnerklage rückt Gutachterteam an
In der alevitisch-kurdischen Provinz Dersim (tr. Tunceli) hat ein von einem Gericht bestelltes Gutachterteam Untersuchungen zu einem umstrittenen Bergbauprojekt aufgenommen. Anlass ist der geplante Bau eines Bims- und Sandtagebaus, das sich über ein Gebiet von rund 2.200 Hektar in mehreren Dörfern in den Landkreisen Xozat (Hozat) und Pêrtag (Pertek) erstrecken soll.
Laut einem Beschluss des türkischen Gouverneurs vom 28. April ist für das Projekt des Unternehmens „Arven Doğu Yapı“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung (ÇED) erforderlich – eine Entscheidung, die bei der lokalen Bevölkerung auf scharfe Kritik stößt. Mehrere Anwohnende hatten Klage vor dem Verwaltungsgericht Erzincan eingereicht – mit Erfolg: Das Gericht ordnete eine Begutachtung vor Ort an.
Die Fachleute arbeiteten unter dem „wachsamen Auge“ der türkischen Militärpolizei
Protest vor Ort: Mutter Natur ist heilig
Das Expertenteam wurde am Freitag von Vertreter:innen politischer Parteien, Umweltschutzplattformen sowie zahlreichen Bürger:innen begleitet. In den betroffenen Gebieten waren Transparente und Schilder zu sehen – mit Aufschriften wie „Mutter Natur ist heilig“, „Nein zur zerstörerischen Rohstoffförderung“ und „Hände weg von meinem Lebensraum“.
Die Gutachter suchten unter anderem die Sekasur-Ebene auf, wo sich ein symbolischer Gedenkort für elf Mitglieder der Familien Baran und Canan befindet, die während des Dersim-Genozids von 1938 getötet wurden. Die sterblichen Überreste waren im Jahr 2016 identifiziert und dorthin überführt worden.
„Kein Fußbreit den Feinden der Natur“
In diesem Bereich befindet sich auch ein Protest-Camp, das als Mahnwache gegen den geplanten Bims- und Sandtagebau eingerichtet wurde. Die Gutachter führten dort Gespräche mit Anwohner:innen, Umweltaktivist:innen und Rechtsanwält:innen, um Informationen über mögliche ökologische, kulturelle und soziale Folgen der geplanten Bohrungen zu sammeln.
Entscheidung des Gerichts steht noch aus
Die Ergebnisse der Begutachtung sollen nun in das laufende Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einfließen. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, blieb zunächst offen. Umweltschützer:innen warnten unterdessen vor den Folgen des Vorhabens für das sensible Ökosystem in Dersim, das als eine der artenreichsten Regionen auf türkischem Staatsgebiet gilt und für viele Menschen auch spirituelle Bedeutung hat.
https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/dersim-mahnwache-gegen-geplanten-tagebau-in-sekasur-46857 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/dersim-protest-gegen-geplantes-bimsstein-bergwerk-46618 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/widerstand-gegen-geplanten-tagebau-in-dersim-46585
Gedenken an die Opfer des Vartinîs-Massakers
In der nordkurdischen Provinz Mûş (tr. Muş) hat eine Gedenkdemonstration für die Opfer des vor 32 Jahren verübten Vartinîs-Massakers stattgefunden. Neun Mitglieder einer Familie, darunter sieben Kinder, waren damals von der türkischen Armee ermordet worden. Bis heute ist niemand für das Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden.
Racheakt des Militärs an der Zivilbevölkerung
Das Massaker von Vartinîs reiht sich ein in die ungebrochene Kette von Grausamkeiten, die die Geschichte des kurdischen Volkes durchzieht. Es ist der 2. Oktober 1993, als es in der kleinen Gemeinde im Kreis Tîl (Korkut), deren türkischer Name Altınova lautet, zu Auseinandersetzungen zwischen PKK-Mitgliedern und dem türkischen Militär kommt. Im Zuge der Gefechte wird ein Unteroffizier getötet. Für die Verantwortlichen der Armee liegt die einzige Schuld bei den Bewohner:innen von Vartinîs, weil diese den „Terroristen“ Unterschlupf gewähren würden. Auf dem Weg zur Evakuierung des toten Offiziers durchqueren die Soldaten Vartinîs und geben Schüsse in die Luft ab. „Wir kommen wieder und brennen euer Dorf nieder“, heißt es später beim Verlassen.
Vartinîs steht in Flammen
Um etwa 3 Uhr in der folgenden Nacht setzen die Soldaten ihre Drohung in die Tat um. Scheunen, Tierställe und Häuser in Vartinîs gehen nach und nach in Flammen auf. Geschockte Menschen irren umher, versuchen ihre Häuser, ihr Hab und Gut, ihre Tierherden vor den lodernden Flammen zu retten. Doch die zu hunderten sich im Dorf positionierten Soldaten verhindern die Löschversuche der Menschen, gehen dabei systematisch vor. Die meisten Bewohner:innen sind am Ende nur froh, am Leben zu sein. Eine Familie hat kein Glück: Die Familie Öğüt.
Einzige Überlebende: Die älteste Tochter
Mehmet Nasir Öğüt (43), seine gleichaltrige schwangere Ehefrau Eşref Oran und die gemeinsamen Kinder Sevda, Sevim, Mehmet Şakir, Mehmet Şirin, Aycan, Cihat und Cihan Öğüt – neun Mitglieder ein und derselben Familie, sieben davon minderjährig, verlieren auf qualvolle Weise in den Flammen ihr Leben. Später kommt heraus, dass das Haus der Öğüts durch Soldaten von außen abgeriegelt wurde. Sie hatten also gar keine Chance, den Flammen zu entkommen. Nur eine Tochter der Familie überlebt: Aysel Öğüt hat Glück, weil sie die Nacht bei einer benachbarten Freundin verbringt. Sie muss mit ansehen, dass sich weder ihre Eltern noch ihre Geschwister, von denen das jüngste zwei und das älteste dreizehn Jahre alt ist, aus dem lichterloh brennenden Haus retten können.
Aysel Öğüt erstmals am Haus ihrer Familie
Bei der Gedenkveranstaltung zum 32. Jahrestag des Massakers gedachten Angehörige, Vertreter:innen der Parteien DEM und DBP, sowie zahlreiche Besucher:innen den Opfern. Das ehemalige Wohnhaus der Familie Öğüt ist inzwischen als Gedenkort und Museum eingerichtet. Zum ersten Mal seit dem Anschlag kehrte auch Aysel Öğüt dorthin zurück. „Meine Familie hatte nichts getan“, sagte sie. „Ich bin hier, weil ich an den Frieden glaube. Ich werde weiter für Gerechtigkeit kämpfen.“
Kritik an fehlender Aufarbeitung
In mehreren Redebeiträgen wurde daran erinnert, dass das Verfahren gegen die mutmaßlichen Täter über Jahre von der türkischen Justiz verschleppt und schließlich wegen „Verjährung“ eingestellt wurde. Der Ko-Vorsitzende der DEM-Partei in Mûş, Ilyas Aslan, forderte eine Wiederaufnahme des Prozesses. „Selbst Zeitzeug:innen tun sich schwer, über das Geschehene zu sprechen“, sagte er. „Aber genau deshalb braucht es endlich Gerechtigkeit.“
Auch der Jurist und Vorsitzende der Anwaltskammer von Mûş, Kadir Karaçelik, kritisierte den juristischen Umgang mit dem Fall. „Wir sind der Überzeugung, dass es sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt“, sagte er. „Der damalige Gendarmerie-Kommandant wurde eindeutig als Täter genannt – doch er läuft bis heute frei herum.“ Die Akte sei nun dem Verfassungsgericht vorgelegt worden. „Wir hoffen, dass diese Ungerechtigkeit ein Ende findet.“
Behörden wollten Banner verbieten
Teilnehmende des Marschs trugen ein Banner mit der Aufschrift „Wir werden das Massaker von Vartinîs nicht vergessen“ – in Türkisch und Kurdisch. Die Behörden hatten zuvor versucht, die Verwendung des Begriffs „Massaker“ zu untersagen. Trotz des Verbots setzte sich die Gruppe durch und marschierte mit dem Plakat zum Tatort.
Sezai Temelli
„Der gleiche Geist herrscht weiter“
Der DEM-Abgeordnete Hüseyin Olan erklärte: „Dieses Massaker war eines der grausamsten Verbrechen der 1990er-Jahre. Heute sehen wir: Die gleiche Mentalität von damals wirkt noch immer.“ Es dürfe nicht hingenommen werden, dass solche Verbrechen in Vergessenheit geraten.
Auch der DEM-Fraktionsvize Sezai Temelli erinnerte in seiner Rede an das Leid und die politische Bedeutung des Ortes: „Solche Taten sind Ausdruck einer systematischen Politik der Auslöschung. Aber Sprache, Identität und Kultur haben überlebt. Vartinîs steht dafür, dass sich die kurdische Gesellschaft nicht unterkriegen lässt“, sagte der türkischstämmige Politiker.
Temelli verwies zudem auf den Friedensaufruf von Abdullah Öcalan, der einen demokratischen Gesellschaftsvertrag als Alternative zu Gewalt und Assimilation formuliert habe. „Wir brauchen eine Gesellschaft, in der niemand wegen seiner Identität ausgelöscht wird. Dafür kämpfen wir – und dafür werden wir weiterhin an Orte wie Vartinîs und Roboskî erinnern.“
Nach den Reden besuchten die Teilnehmer:innen das Haus der Familie Öğüt und legten Blumen nieder.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/sieg-der-straflosigkeit-massaker-von-vartinis-verjahrt-40072
Internationale Buchmesse Silêmanî eröffnet
In Südkurdistan hat die 7. Internationale Buchmesse Silêmanî (Sulaimaniyya) begonnen. Die Ausstellung wurde am Freitag auf dem Messegelände der Stadt eröffnet und zeigt mehr als 250.000 Bücher aus verschiedenen Themenbereichen.
Auf der Messe werden Kinder- und Jugendbücher ebenso präsentiert wie Werke zu Bildung, Kunst, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte, Philosophie und weiteren Sachgebieten. Die Bücher stammen von rund 250 Verlagen und Druckereien aus 16 Ländern.
Vielfalt der Sprachen im Fokus
Wie Erwan Siweyl, Leiter für Presse- und Publikationswesen in Silêmanî, erklärte, bleibt die Messe elf Tage lang geöffnet. Besonderes Augenmerk liege auf der sprachlichen Vielfalt des Angebots. „Es sind Bücher in vielen verschiedenen Sprachen vertreten – für Leserinnen und Leser eröffnet sich hier eine große Auswahl“, sagte Siweyl.
Die Buchmesse in Silêmanî hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen kulturellen Treffpunkt in der Kurdistan-Region des Irak entwickelt. Sie bietet nicht nur Zugang zu Literatur, sondern auch Raum für Begegnungen, Diskussionen und Lesungen.
https://deutsch.anf-news.com/kultur/buchmesse-in-rojava-setzt-starkes-zeichen-der-kulturellen-blute-43987
Ex-Diktator Assad in Russland offenbar vergiftet
Der ehemalige syrische Langzeitherrscher Baschar al-Assad wurde offenbar vergiftet und musste in einem Krankenhaus in Moskau behandelt werden. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die sich auf eine private Quelle beruft, wurde der 60-Jährige in einem kritischen Zustand in einem Krankenhaus am Stadtrand von Moskau behandelt, konnte die Klinik inzwischen aber wieder verlassen. Nur sein Bruder Maher Assad (57) durfte ihn demnach im Krankenhaus besuchen.
Russland hatte Assad sowie seiner Familie und engen Regimeverbündeten Asyl gewährt, nachdem sein Regime im Dezember 2024 von einer Allianz aus Dschihadistenmilizen, die von „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS) angeführt wurde, gestürzt worden war. Eine selbsternannte Übergangsregierung, die inzwischen in Damaskus regiert und von HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa geführt wird, hat Assads Auslieferung beantragt, bisher ohne Erfolg.
Assad wurde seit seiner Ankunft in Russland nicht mehr öffentlich gesehen und soll unter strenger Überwachung des russischen Geheimdienstes stehen. Eine offizielle Bestätigung, dass er wirklich vergiftet wurde, gibt es bislang nicht. Zudem ist auch völlig unklar, wer hinter einem möglichen Attentat stecken könnte. Neben der in London ansässigen Beobachtungsstelle berichteten auch regionale und internationale Medien unter Berufung auf dieselbe Quelle über den Vorfall.
Baschar al-Assad regierte Syrien von 2000 bis 2024 mit eiserner Faust und trat damit die Nachfolge seines Vaters Hafiz al-Assad an, der das Land seit 1971 regierte. Als 2011 landesweit Proteste ausbrachen, ging Assad mit blutiger Gewalt gegen die Bevölkerung vor. Die Revolution mündete in einen 14 Jahre dauernden Bürgerkrieg, in dem Hunderttausende Menschen getötet und Zehntausende entführt wurden. Gegen Assad laufen in mehreren Ländern, insbesondere in Frankreich, Gerichtsverfahren wegen Kriegsverbrechen.
https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/assad-aus-damaskus-geflohen-ministerprasident-zu-machtubergabe-bereit-44540
Imrali-Delegation führt weiteres Gespräch mit Abdullah Öcalan
Eine Delegation der DEM-Partei hat erneut den kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali besucht. Wie am Freitag aus Parteikreisen verlautete, bestand das Gesprächsteam wieder aus den DEM-Abgeordneten Pervin Buldan und Mithat Sancar sowie dem Rechtsanwalt Faik Özgür Erol von der Istanbuler Kanzlei Asrin, die Öcalan und seine Mitgefangenen auf Imrali juristisch vertritt.
Das Treffen mit dem Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) habe rund dreieinhalb Stunden gedauert, hieß es. Zu den Inhalten des Gesprächs wurden von Seiten der Partei zunächst keine Angaben gemacht. Eine offizielle schriftliche Erklärung der Imrali-Delegation wird für den morgigen Samstag erwartet.
Seit vergangenem Jahr führt die DEM-Partei in unregelmäßigen Abständen Gespräche mit Abdullah Öcalan. Die Begegnungen sind Teil eines umfassenden politischen Prozesses, der Ende 2024 an Dynamik gewonnen hatte. Den Anstoß dazu gab überraschend der Ultranationalist und MHP-Vorsitzende Devlet Bahçeli, der damals erklärte, Öcalan solle im Parlament sprechen und das Ende des bewaffneten Kampfes der PKK erklären. Auch das „Recht auf Hoffnung“ – also die Möglichkeit auf eine künftige Haftüberprüfung lebenslänglich Inhaftierter – wurde dabei offen thematisiert.
Erstmals besuchte die Imrali-Delegation der DEM-Partei am 28. Dezember 2024 Abdullah Öcalan auf der Insel. Es folgten intensive Gespräche mit den im türkischen Parlament vertretenen Parteien. Besonders prägend war das dritte Treffen im Februar, bei dem Öcalan seinen „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ formulierte. Er forderte, dass die kurdische Bewegung sich organisatorisch neu aufstellen, die Waffen niederlegen und die PKK sich auflösen solle.
Wenige Wochen später folgte der außerordentliche PKK-Kongress, der vom 5. bis 7. Mai tagte und dem Aufruf folgte. Die symbolische Erklärung des Waffenverzichts erfolgte am 11. Juli in einer öffentlichen Zeremonie im südkurdischen Dûkan. Mit dem heutigen neunten Besuch setzt die DEM-Partei ihren kontinuierlichen Austausch mit Öcalan fort – wenige Tage nach der Wiedereröffnung des türkischen Parlaments nach der Sommerpause.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ocalan-demokratische-gesellschaft-frieden-und-integration-zentrale-begriffe-des-prozesses-47717 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ozturk-abdullah-Ocalan-fordert-politische-reformen-und-Ubergangsgesetze-48062 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/losungsprozess-mithat-sancar-fordert-friedensrecht-in-drei-dimensionen-47837 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/rojava-ist-meine-rote-linie-pervin-buldan-uber-das-letzte-gesprach-mit-abdullah-Ocalan-47794
Bewährungsstrafe für Social-Media-Post zum Tod von Hacı Lokman Birlik
Wegen eines Social-Media-Beitrags zum gewaltsamen Tod von Hacı Lokman Birlik ist die Aktivistin Hatice Çiftçi Göktepe von einem türkischen Gericht in der nordkurdischen Provinzhauptstadt Riha (tr. Urfa) zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Fall sorgt erneut für Kritik an der Einschränkung der Meinungsfreiheit in der Türkei.
Göktepe hatte auf der Plattform X zum Jahrestag von Birliks Tod geschrieben: „Was über den Boden geschleift wurde, war nicht sein Körper – es war die Menschlichkeit. Wir haben es nicht vergessen, wir werden es nicht vergessen.“ Der 24-jährige Schauspieler war am 3. Oktober 2015 während der türkischen Militärbelagerung in Şirnex (Şırnak) von sogenannten Sicherheitskräften exekutiert worden. Anschließend wurde seine Leiche an ein gepanzertes Polizeifahrzeug gebunden und durch die Stadt gezogen.
„Es war ein menschlicher Beitrag“
Die Staatsanwaltschaft Urfa warf Göktepe mit Blick auf ihren Post „Propaganda für eine terroristische Organisation“ vor. Sie wies das entschieden zurück. Vor Gericht verteidigte sich die Aktivistin mit klaren Worten: „Ich habe keine Propaganda betrieben, sondern mich aus rein menschlichen Gründen geäußert. Es war ein Ausdruck von Trauer und Mitgefühl. Dass das mit Terrorismus in Verbindung gebracht wird, ist nicht nachvollziehbar.“
Auch Göktepes Anwältin Meral Halat wies die Vorwürfe zurück. Der Beitrag enthalte weder Gewaltaufrufe noch Bedrohungen. „Im Gegenteil – es geht um Respekt gegenüber einem Verstorbenen. Wer hier eigentlich hinterfragt werden sollte, sind nicht unsere Mandantin, sondern die Umstände, die solche Bilder überhaupt erst möglich machen.“
Der zweite Verteidiger Ahmet Taş verwies zudem auf ein Urteil des türkischen Verfassungsgerichts, das in einem anderen Fall ähnliche Formulierungen im Zusammenhang mit Hacı Lokman Birlik als durch die Meinungsfreiheit gedeckt eingestuft hatte.
15 Monate Haft – zur Bewährung ausgesetzt
Das Gericht folgte der Argumentation der Verteidigung nicht. Es verhängte zunächst eine Strafe von 18 Monaten, reduzierte diese wegen mildernder Umstände jedoch auf 15 Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung.
https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/zum-9-todestag-erinnern-an-haci-lokman-birlik-43795 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/kurdischer-aktivist-in-merdin-wegen-parole-bei-trauerfeier-verurteilt-48176 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/funf-jahre-nach-hubschrauber-folter-keine-fortschritte-in-den-ermittlungen-48173
DEM-Partei fordert Freilassung aller Kobanê-Gefangenen
Die Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) hat die sofortige Freilassung aller im sogenannten Kobanê-Prozess inhaftierten Politiker:innen gefordert. In einer Mitteilung erinnerte der Rechtsausschuss der Partei am Freitag an mehrere Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie Beschlüsse des Ministerkomitees des Europarats vom September.
Konkret geht es um die Umsetzung der Urteile zugunsten der früheren HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ. Laut dem EGMR verstößt ihre Inhaftierung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention – unter anderem wegen fehlender rechtlicher Grundlage und politischer Einflussnahme auf das Verfahren. Auch die Aufhebung der parlamentarischen Immunität beider Politiker:innen sei konventionswidrig gewesen, heißt es im Urteil.
Kritik an Kobanê-Prozess
Die DEM-Partei betont, die internationalen Gremien hätten nicht nur die Urteile zu Demirtaş und Yüksekdağ, sondern auch das gesamte Kobanê-Verfahren als problematisch eingestuft. Der Prozess gegen zahlreiche frühere HDP-Mitglieder entbehre laut Europarat „jeder tatsächlichen Grundlage“.
Neben den beiden Ex-Vorsitzenden befinden sich derzeit weitere Politiker:innen in Haft – darunter Ali Ürküt, Nazmi Gür, Alp Altınörs, Günay Kubilay, Aynur Aşan und Dilek Yağlı. Sie alle wurden im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Belagerung der westkurdischen Stadt Kobanê im Jahr 2014 durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
„Verfahren war politisch motiviert“
Besonders deutlich wurde der EGMR in einem Urteil vom 8. Juli 2025 zur Inhaftierung von Selahattin Demirtaş. Darin heißt es, der Politiker sei aus politischen Gründen inhaftiert worden, nicht wegen konkreter strafbarer Handlungen. Die DEM-Partei sieht darin eine klare Bestätigung dafür, dass das Verfahren nicht rechtsstaatlichen Standards entspricht.
In dem 2021 als „Kobanê-Verfahren“ gestarteten Schauprozess gegen den ehemaligen HDP-Vorstand waren erst im Mai 2024 die Urteile gesprochen worden. Die höchsten Strafen erhielten Demirtaş (42 Jahre) und Yüksekdağ (30 Jahre). Die schriftliche Urteilsbegründung folgte mehr als ein Jahr später – ein ungewöhnlich langer Zeitraum. Inzwischen liegt der Fall beim Berufungsgericht.
Aufruf zur Umsetzung der Urteile
Die DEM-Partei ruft die türkische Regierung auf, die Entscheidungen des EGMR endlich umzusetzen. Man beruft sich dabei auch auf Artikel 90 der Verfassung, der internationalen Urteilen Vorrang vor nationalem Recht einräumt. „Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ sitzen seit dem 4. November 2016 in Haft – trotz mehrerer klarer Urteile aus Straßburg. Das ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar“, heißt es in der Erklärung.
Zugleich warnt die Partei vor einem weiteren Vertrauensverlust in die Justiz und fordert Schritte in Richtung gesellschaftlicher Verständigung: „In einer Zeit, in der viele Menschen auf Frieden hoffen, muss ein Signal der Entspannung kommen – die Freilassung aller politisch Inhaftierten wäre ein solcher Schritt.“
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kobane-verfahren-gericht-lehnt-freilassung-trotz-egmr-urteil-ab-47153 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/verteidigung-beantragt-freilassung-von-kobane-gefangenen-47050 https://deutsch.anf-news.com/menschenrechte/egmr-verurteilt-turkei-erneut-wegen-inhaftierung-von-selahattin-demirtas-46995 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/urteilsbegrundung-im-kobane-prozess-lost-berufungsverfahren-aus-46833
TJA-Frauenmarsch erreicht Geburtsort von Abdullah Öcalan
Am dritten Tag des Marsches unter dem Motto „Mit Hoffnung in die Freiheit“ der Bewegung freier Frauen (TJA) haben die Teilnehmerinnen das Dorf Amara im kurdischen Landkreis Xelfetî (tr. Halfeti) erreicht. Dort besuchten sie das Geburtshaus des seit 1999 in der Türkei inhaftierten PKK-Begründers Abdullah Öcalan.
Die Frauen wurden vor Ort mit Sprechchören empfangen. Vor dem Haus begrüßten sie unter anderem Öcalans Bruder Mehmet Öcalan sowie weitere Angehörige. In dem Garten des Hauses wurde ein großes Porträt Abdullah Öcalans aufgehängt, anschließend tanzten die Teilnehmerinnen kurdische Volkstänze.
Mehmet Öcalan bezeichnete die Aktion als „würdevoll“ und sagte: „Der Frauenmarsch bis nach Ankara wird eine wichtige Botschaft an das Parlament senden – im Namen des Vorsitzenden und aller politischen Gefangenen.“
„Freiheit Öcalans als zentrale Forderung“
Beritan Güneş Altın, Abgeordnete der DEM-Partei, erklärte bei einer Ansprache: „Wir befinden uns heute auf heiligem Boden, dort, wo der kurdische Befreiungskampf begann. Wir gedenken der Gefallenen von Amara.“ Die TJA richte ihre Botschaft auch an international engagierte Frauen: „Die Stimmen der internationalistischen Frauenbewegung werden ihr Ziel erreichen – sie werden zur Freiheit Abdullah Öcalans beitragen.“
Güneş Altın betonte, die Forderung nach Öcalans Freilassung sei ein zentrales Anliegen vieler Menschen: „Herr Öcalan steht für den Frieden. Wer heute Freiheit und Frieden blockiert, dem wollen wir die Maske entreißen. Wir fordern das Recht auf Hoffnung und die physische Freiheit Abdullah Öcalans.“
„Ein historischer Marsch“
Weiter sagte die Abgeordnete: „Diese Aktion ist ein historischer Schritt. Unser Marsch wird Wirkung zeigen – und er wird die physische Freiheit von Abdullah Öcalan ermöglichen.“ Im Anschluss verlasen Teilnehmerinnen mehrere Auszüge aus Öcalans Perspektiven für Frieden und eine demokratische Gesellschaft. Danach setzten sie ihren Weg in Richtung Ankara fort.
https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-wir-laufen-fur-alle-volker-48207 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenmarsch-mit-hoffnung-in-die-freiheit-in-amed-gestartet-48193 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-aktivistinnen-brechen-zum-freiheitsmarsch-nach-amed-auf-48180
Fattorini: Der Lösungsprozess muss auf eine rechtliche Grundlage gestellt werden
Im Rahmen der laufenden Sitzungen des UN-Menschenrechtsrats in Genf hat die französische NGO MRAP erneut auf schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in der Türkei aufmerksam gemacht – insbesondere gegenüber der kurdischen Bevölkerung. Gianfranco Fattorini, langjähriger Vertreter der Organisation bei den Vereinten Nationen, spricht im Interview über kulturellen Genozid, völkerrechtliche Fragen und die zentrale Rolle von Abdullah Öcalan im demokratischen Lösungsprozess. Seine Forderung: Eine echte Veränderung in der Türkei ist nur möglich, wenn die Rechte der Kurd:innen umfassend anerkannt werden.
Als eine unter dem Dach der Vereinten Nationen agierende Menschenrechtsorganisation haben Sie kürzlich während einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrats einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei vorgelegt. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im Land in Bezug auf Menschenrechte?
Man muss leider feststellen, dass sich in der Türkei gegenwärtig kaum etwas zum Positiven verändert hat, was den Schutz politischer, zivilgesellschaftlicher, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte betrifft. Aus diesem Grund haben wir auch im Rahmen der derzeit laufenden Sitzung des UN-Menschenrechtsrats einen Bericht eingereicht, in dem wir die gravierendsten Menschenrechtsverletzungen gegenüber der kurdischen Bevölkerung detailliert aufgezeigt haben. Besonders hervorgehoben haben wir die massiven Einschränkungen im kulturellen Bereich. Wir haben auf die Intoleranz gegenüber der kurdischen Sprache und kurdischsprachigen Veranstaltungen hingewiesen. Es gibt Menschen, die allein deshalb inhaftiert werden, weil sie kurdische Lieder singen oder zu kurdischer Musik tanzen – das ist völlig inakzeptabel.
Gianfranco Fattorini ist Vertreter der französischen Menschenrechtsorganisation „Bewegung gegen Rassismus und für die Freundschaft zwischen den Völkern“ bei den Vereinten Nationen in Genf. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Minderheitenrechten, internationalem Menschenrechtsschutz und der Situation in Konfliktregionen wie Kurdistan. Fattorini ist regelmäßig als Sprecher bei Sitzungen des UN-Menschenrechtsrats präsent und setzt sich insbesondere für die Rechte unterdrückter Bevölkerungsgruppen im Nahen Osten ein.
In unserem Bericht sprechen wir nicht nur über Menschenrechtsverletzungen, sondern richten auch konkrete Empfehlungen an die Türkei. Die Türkei ist Vertragsstaat zahlreicher internationaler Menschenrechtsabkommen, etwa des Übereinkommens gegen Folter, des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Unser zentrales Anliegen ist, dass die türkische Regierung diese Abkommen nicht nur unterzeichnet, sondern sie auch tatsächlich umsetzt und einhält.
Es reicht nicht, diese Abkommen zu ratifizieren – man muss sie auch respektieren und in die Praxis umsetzen. Darüber hinaus ist die Türkei bislang kein Vertragsstaat des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. Wir fordern die türkische Regierung auf, auch diesem Übereinkommen beizutreten.
Gerade das Übereinkommen gegen Folter ist für die Türkei von besonderer Bedeutung. Nach unseren Erkenntnissen gibt es immer noch zahlreiche Fälle von Folter – und bereits ein einziger Fall wäre einer zu viel. Doch die Zahl der dokumentierten Fälle ist erschreckend hoch. Diese Praxis muss in der Türkei ein Ende finden. Ganz gleich, ob in Polizeistationen oder Gefängnissen – Folter muss vollständig abgeschafft werden.
Sie haben auch auf Menschenrechtsverletzungen durch den türkischen Staat in Rojava hingewiesen und sprechen im Zusammenhang mit der türkischen Präsenz in Syrien von einer Besatzung. Können Sie das näher erläutern?
Ja, die Menschenrechtsverletzungen durch die Türkei beschränken sich nicht auf das eigene Staatsgebiet. Es geht ganz konkret um die völkerrechtswidrige Besetzung eines Teils syrischen Territoriums. Diese Besatzung begann bereits während der Amtszeit der Assad-Regierung.
Ziel dieser Besatzung ist nicht in erster Linie die jeweilige syrische Regierung, sondern ganz eindeutig die kurdische Bevölkerung vor Ort. Aus völkerrechtlicher Sicht handelt es sich ohne jeden Zweifel um eine Besatzung.
Das türkische Militär ist auf syrischem Boden präsent, ohne dass es dafür ein völkerrechtlich legitimes Abkommen gäbe. De facto liegt also eine Besetzung von Teilen Syriens vor.
In Ihrem Bericht verwenden Sie auch den Begriff des Ethnozids. Kann man sagen, dass dieser kulturelle Genozid weiterhin andauert?
Ja, ohne Zweifel. Der kulturelle Genozid gegenüber dem kurdischen Volk dauert bereits seit Jahrzehnten an – sowohl in der Türkei als auch in Syrien. Was sich unter der neuen Regierung in Syrien ändern wird, bleibt abzuwarten. Bislang gibt es allerdings keinerlei Anzeichen für einen Kurswechsel.
Dass die kurdische Minderheit nicht anerkannt wird, dass sie sich nicht in ihrer eigenen Sprache ausdrücken darf, dass sie keine öffentlichen kulturellen Veranstaltungen organisieren kann und dass historische Stätten zerstört werden – all das sind klare Indizien dafür, dass ein kultureller Genozid nach wie vor stattfindet.
Sie haben dem UN-Menschenrechtsrat bereits in der Vergangenheit Berichte über Menschenrechtsverletzungen an der kurdischen Bevölkerung vorgelegt. Wie ist die Haltung des Rates gegenüber der Türkei?
Auf internationaler politischer und geostrategischer Ebene spielt die Türkei ihre Karten geschickt aus – sowohl in der Region, also in der Türkei, im Irak und in Syrien, als auch darüber hinaus, insbesondere in Afrika, etwa in Libyen, in der Sahelzone und anderen afrikanischen Ländern.
Diese geopolitische Position verschafft der Türkei gewissermaßen eine Art Immunität. Positiv ist jedoch, dass innerhalb des Büros des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte eine Sensibilität für die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Syrien besteht. Es ist aber wichtig, zwischen dem UN-Menschenrechtsrat und den anderen Organen der Vereinten Nationen zu unterscheiden. Der Rat ist Teil des institutionellen UN-Systems, reflektiert aber zugleich auch das Machtgefüge der internationalen Beziehungen.
Der Menschenrechtsrat ist – wie auch der Sicherheitsrat oder die Generalversammlung – ein politisches Gremium. Man darf nicht erwarten, dass er wie ein Gericht handelt oder aus rein neutralen Menschenrechtsverteidigern besteht. Er setzt sich aus 47 Staaten zusammen. Sobald es also darum geht, einen Staat zu verurteilen oder ihn zum Einhalten der Menschenrechte zu bewegen, betritt man das Terrain politischer Verhandlungen.
Derselbe UN-Menschenrechtsrat hat damals, während des Widerstands für Selbstverwaltung in den Städten Nordkurdistans, einen ausführlichen Bericht zu Menschenrechtsverletzungen erstellt und diese als Kriegsverbrechen eingestuft. Trotzdem gab es keine Sanktionen gegen die Türkei. Bedeutet das, dass der Rat letztlich nur Berichte erstellt?
Der Bericht aus dem Jahr 2017 wurde direkt vom Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte erstellt, und 2018 wurde ein Folgebericht veröffentlicht. Auch die Berichte der unabhängigen Untersuchungskommission zu Syrien – bestehend aus drei Experten – wurden dem Menschenrechtsrat vorgelegt. Es werden also durchaus Informationen gesammelt und den Mitgliedsstaaten sowie der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt.
Um dieses Verhalten zu verstehen, genügt ein Blick auf die aktuelle Lage in Palästina. Es gibt zahlreiche Berichte, die den andauernden Genozid dokumentieren, aber trotzdem wird Israel von niemandem zur Rechenschaft gezogen. Ähnlich verhält es sich mit der Türkei – sowohl in Bezug auf ihre Vergehen im eigenen Land als auch in Syrien liegen viele belastbare Berichte vor.
Doch in diesem Fall betreten wir das Feld internationaler Diplomatie und Machtpolitik. Das eigentliche Problem beginnt, wenn es um Sanktionen geht. Um Sanktionen auf UN-Ebene zu verhängen, ist ein Mehrheitsbeschluss im Sicherheitsrat erforderlich. Das liegt also außerhalb der Befugnisse des Menschenrechtsrats.
In Ihrem Bericht an den Menschenrechtsrat haben Sie auch den laufenden Prozess einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage und die Rolle des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan in diesem Kontext angesprochen. Wie bewerten Sie den Stand dieses Prozesses?
Nach den uns vorliegenden Informationen handelt es sich um eine Entwicklung, die zunächst einmal positiv zu bewerten ist. Angesichts der Ereignisse der letzten zehn Jahre ist dies zweifellos ein erfreulicher Schritt. Die erste Anhörungsphase der im Parlament eingerichteten Kommission ist entweder bereits abgeschlossen oder steht kurz davor. In dieser Phase hat die parlamentarische Kommission zahlreiche Personen, Persönlichkeiten und Organisationen angehört und offenbar viele Vorschläge gesammelt, um die Situation in der Türkei zu verbessern.
Das Ziel dieser Kommission sollte es sein, insbesondere für die Lösung der kurdischen Frage einen politischen und rechtlichen Rahmen zu schaffen. Was sind also die konkreten Ziele? Natürlich geht es darum, den bewaffneten Konflikt zu beenden – aber das allein reicht nicht. Es muss auch ein funktionierender rechtlicher Rahmen geschaffen und umgesetzt werden.
Dazu gehört an erster Stelle eine Reform der Verfassung. Minderheiten in der Türkei müssen anerkannt werden und die Möglichkeit haben, sich frei auszudrücken. Es braucht die Etablierung einer echten sozialen Gerechtigkeit. Und soziale Gerechtigkeit bedeutet: Respekt vor allen Rechten.
Wie bereits erwähnt, ist die Türkei Vertragsstaat nahezu aller wichtigen internationalen Menschenrechtsabkommen – insbesondere jener über bürgerliche und politische sowie über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Die Rechte des kurdischen Volkes in diesen Bereichen müssen rechtlich geschützt werden.
Die Praxis, unter dem Vorwand des „Kampfs gegen den Terror“ demokratisch gewählte Bürgermeister ihres Amtes zu entheben und durch staatlich eingesetzte Zwangsverwalter zu ersetzen, muss unverzüglich beendet werden. Wenn gewählte politische Vertreter inhaftiert sind, sollten sie freigelassen werden. Sie müssen in ihre Ämter zurückkehren dürfen, und demokratische Prozesse dürfen nicht durch politische Entscheidungen unterbrochen werden.
Wie gesagt: Nach Abschluss dieser ersten Phase muss eine neue Etappe beginnen – mit grundlegenden Debatten über die Reform der Verfassung und der Gesetze.
Trotz der laufenden Diskussionen über eine Lösung der kurdischen Frage wird deren zentraler Akteur Abdullah Öcalan weiterhin unter Isolationshaftbedingungen auf der Gefängnisinsel Imrali festgehalten. Die kurdische Seite fordert seine Freilassung, um einen fairen und gleichberechtigten Friedensprozess zu ermöglichen. Was sagen Sie mit Blick auf internationale Beispiele dazu?
Die Forderung nach der Freilassung von Herrn Öcalan ist legitim. Seine Inhaftierung ist rein politisch motiviert. Wenn wir die Situation mit Südafrika in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren vergleichen, sehen wir: Damals begannen die Verhandlungen zwischen der Apartheid-Regierung und Nelson Mandela. Mandela wurde aus seiner Zelle geholt und in eine menschlichere Umgebung verlegt, damit er überhaupt an den Gesprächen teilnehmen konnte.
Wenn wir dem südafrikanischen Beispiel folgen, sehen wir auch, dass Mandela darauf bestand, dass alle anderen politischen Gefangenen freigelassen werden mussten, bevor er selbst freikommt. Daher reicht es nicht aus, nur Abdullah Öcalan freizulassen. In der Türkei gibt es noch viele andere kurdische politische Gefangene, an die erinnert werden muss. Aus unserer Sicht sollte der Dialogprozess fortgeführt werden. Die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan und der anderen politischen Gefangenen müssen verbessert werden. Öcalan sollte direkten Zugang zu Vertretern des Parlaments und der Regierung haben und aktiv an Verhandlungen teilnehmen können.
Das Ziel muss sein, innerhalb kurzer Zeit eine Lösung für die grundlegende Demokratiefrage in der Türkei zu finden – insbesondere für die Anerkennung der Rechte von Minderheiten, allen voran der kurdischen Minderheit. Mit diesem Prozess einhergehend sollte auch Abdullah Öcalan freikommen.
Sie vergleichen die Lage von Abdullah Öcalan mit der von Nelson Mandela. Wie bekannt ist, spielte die internationale Gemeinschaft eine wichtige Rolle bei Mandelas Freilassung. Welche Rolle sollte Ihrer Meinung nach die internationale Gemeinschaft – insbesondere die Vereinten Nationen – bei der Lösung der kurdischen Frage spielen?
Die Rolle der internationalen Gemeinschaft hängt stark mit geostrategischen Interessen zusammen. Wie ich eingangs schon sagte: Die Türkei versteht es sehr gut, ihre Position auszuspielen – sei es auf regionaler Ebene, als NATO-Mitglied, oder durch ihre Beziehungen zu afrikanischen Staaten und zu einigen Ländern in Südamerika.
Dieses Thema geht über den Rahmen des Menschenrechtsrats hinaus. Es müsste nach New York getragen werden – also in die Generalversammlung, in das Büro des UN-Generalsekretärs und schließlich in den Sicherheitsrat.
Wir wissen, dass Erdoğan sich kürzlich mit dem US-Präsidenten Trump getroffen hat. Was dabei konkret herausgekommen ist, wissen wir nicht. Aber es ist offensichtlich, dass der US-Präsident in internationalen Angelegenheiten wirtschaftliche Interessen an erste Stelle setzt. In den kommenden Wochen werden wir sehen, welchen Kurs die USA einschlagen – nicht nur in Bezug auf die Türkei, sondern auch im Hinblick auf Syrien, den Irak und die gesamte Region.
Aus Sicht der kurdischen Bevölkerung ist es meiner Meinung nach entscheidend, zunächst auf zivilgesellschaftlicher Ebene international aktiv zu werden. Vor allem in Europa, aber möglicherweise auch an Universitäten in den USA, sollte man möglichst breite Unterstützung gewinnen. Auf diesem Weg könnte politischer Druck auf die Regierungen in Europa und den USA aufgebaut werden, damit sie den Wandel in der Türkei aktiv unterstützen.
https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/ein-freier-Ocalan-wurde-den-weg-zum-frieden-offnen-47593 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/pagani-erdogan-muss-internationale-vermittlung-im-friedensprozess-zulassen-47094 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/philosoph-lowy-abdullah-Ocalans-ideen-sind-inspirierend-46610 https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/walder-frieden-ist-ein-mutiger-schritt-47577
IAKR-Bericht: 217 Fälle von antikurdischem Rassismus in Deutschland
Die Informationsstelle Antikurdischer Rassismus (IAKR) hat ihren ersten Jahresbericht über Vorfälle von Rassismus gegen Kurd:innen veröffentlicht. Demnach wurden im vergangenen Jahr 217 Fälle von rassistischer Diskriminierung, Gewalt und Hetze gegen Kurdinnen und Kurden in Deutschland dokumentiert – der Großteil davon online.
Der am Donnerstag im Fraktionssaal der Partei Die Linke im Bundestag vorgestellte Bericht basiert auf Meldungen, die über ein Formular auf der Website der IAKR eingereicht wurden. Sowohl Betroffene als auch Zeug:innen konnten Vorfälle melden. Die Fälle werden laut der IAKR anonymisiert, kategorisiert, in eine Datenbank eingetragen und durch wissenschaftliche Analyse kontextualisiert. Die Datenbank reicht inzwischen bis ins Jahr 2009 zurück.
Akbulut: Antikurdischer Rassismus in Deutschland allgegenwärtig
Die Organisation betont jedoch, dass die Fallzahlen nicht repräsentativ für das gesamte Ausmaß antikurdischen Rassismus seien. Vielmehr handele es sich um „einen wichtigen ersten Schritt zur Sichtbarmachung der Erfahrungen von Betroffenen“, so der IAKR-Vorsitzende Civan Akbulut. Das Meldeangebot sei noch jung, der Vertrauensaufbau in der Community befinde sich in einem frühen Stadium.
Akbulut sprach auch über persönliche Erfahrungen von Diskriminierung in seiner Kindheit und hob hervor, dass „antikurdischer Rassismus bedeutet, immer wieder aufs Neue in Frage gestellt zu werden“. Besonders dankte er den Betroffenen, die ihre Erfahrungen geteilt haben: „Dieser Bericht ist keine Feier, er ist eine Mahnung.“ Er betonte, dass antikurdischer Rassismus in Deutschland allgegenwärtig sei, jedoch oft verharmlost oder verschwiegen werde.
Digitale Plattformen als Haupttatort
IAKR-Vorstandsmitglied Passar Hariky ging im Anschluss auf die Zahlen aus dem Bericht ein. Diese zeigen, dass 73 Prozent aller dokumentierten Vorfälle (158 Fälle) sich im Internet ereigneten – insbesondere auf Plattformen wie TikTok, Instagram, Threads, Facebook, X (ehemals Twitter) und YouTube. Die Spannbreite reiche von Beleidigungen und der Leugnung kurdischer Identität bis hin zu expliziten Bedrohungen.
Auffällig sei dabei eine zunehmende „Normalisierung“ antikurdischer Inhalte: Viele Täter:innen agierten offen unter Klarnamen. Inhalte verbreiteten sich häufig rasant über algorithmische Verstärkung. Plattformen würden nur selten oder verspätet eingreifen. Ein weiteres Phänomen: Die Zensur des Wortes „Kurde“, etwa in Form von „K*rt“ oder „K-Wort“, was laut IAKR eine bewusste Abwertung markiere.
Täterprofile: Mehrheit mit türkisch-nationalistischem Bezug
Laut der IAKR lassen sich 82 Fälle (37,8 Prozent) einem türkisch-nationalistischen Milieu zuordnen – darunter auch Bezüge zur rechtsextremen „Graue-Wölfe“-Bewegung. In 36 Fällen wurden islamistische Motive und Symbolik verwendet, 22 Fälle lassen sich einem arabisch-nationalistischen Hintergrund zuordnen. In 66 Fällen (30 Prozent) konnte das ideologische Umfeld nicht eindeutig bestimmt werden.
Bei rund 36 Prozent der Meldungen handelte es sich um Selbstauskünfte von Betroffenen, 64 Prozent wurden von Zeug:innen eingereicht. Die Geschlechterverteilung unter den Betroffenen war gleich: 39 weiblich, 39 männlich.
Auffälliger Anstieg im März
Mit 37 gemeldeten Vorfällen verzeichnete der März die höchste Fallzahl – ein Zeitraum, in dem viele kurdische Veranstaltungen wie etwa Feiern zum Neujahrsfest Newroz stattfinden. Die IAKR vermutet einen Zusammenhang zwischen diesen sichtbaren Ausdrucksformen kurdischer Identität und dem Anstieg der Anfeindungen.
Trotz der Vielzahl an Vorfällen wurden lediglich zwei Anzeigen erstattet. Das könne sowohl an der geringen Strafbarkeitsquote vieler Äußerungen liegen als auch an mangelndem Vertrauen in Behörden oder strukturellen Hürden, so der Bericht.
Beispiele für Gewalt und Einschüchterung
Der Bericht benennt konkrete Vorfälle, die das Ausmaß kurdenfeindlicher Gewalt verdeutlichen: Im Januar 2025 wurde in Kiel der kurdische Aktivist Muhammed A. während einer friedlichen Gedenkveranstaltung zur Befreiung der nordsyrischen Stadt Kobanê von einem Mann mit syrischem Hintergrund niedergestochen. Der Täter hatte zuvor mutmaßlich IS-verherrlichende Parolen gerufen.
Im Februar 2024 wurde in Bremen im Briefkasten des kurdischen Kulturvereins Biratî e.V. eine mit Hakenkreuz und SS-Runen versehene Patrone gefunden – ein klarer Hinweis auf rechtsextreme Einschüchterung.
Ein besonders schwerer Vorfall ereignete sich nach den Newroz-Feierlichkeiten 2024 in Belgien: Auf dem Heimweg wurde eine kurdische Familie von einem türkisch-nationalistischen Mob vor dem eigenen Haus angegriffen. Steine wurden geworfen, das Haus sollte in Brand gesetzt werden. Die Täter skandierten nationalistische und islamistische Parolen, verbrannten kurdische Symbole – und veröffentlichten Videos des Angriffs in sozialen Medien. Über 40 Personen waren zu diesem Zeitpunkt im Haus.
Erscheinungsformen von antikurdischem Rassismus
Zur besseren Analyse systematisiert das IAKR sechs Erscheinungsformen antikurdischen Rassismus:
Nationalistischer antikurdischer Rassismus: Stigmatisierung kurdischer Identität als Bedrohung für staatliche Einheit, häufig verbunden mit Verschwörungserzählungen.
Kultureller Rassismus: Abwertung kurdischer Sprache, Bräuche und kultureller Ausdrucksformen; Unsichtbarmachung in Bildung und Öffentlichkeit.
Politischer Rassismus: Kriminalisierung kurdischer politischer Akteur:innen und Forderungen; Repression unter dem Vorwand der Sicherheit.
Religiös geprägter Rassismus: Ethnische Diskriminierung wird mit religiöser Stigmatisierung verknüpft, etwa bei Ezid:innen oder Alevit:innen.
Migrationsbezogener Rassismus: Ablehnung kurdischer Geflüchteter; Leugnung ihrer Fluchtgründe; Täter-Opfer-Umkehr in öffentlichen Debatten.
Intersektionalität: Gleichzeitige Diskriminierung z. B. kurdischer Frauen durch rassistische und sexistische Stereotype.
Forderung nach politischer Anerkennung und strukturellem Schutz
Die IAKR fordert als Konsequenz:
▪ Die institutionelle Erfassung antikurdischen Rassismus durch Polizei und Behörden
▪ Aufklärung in Bildungseinrichtungen
▪ Den Aufbau sicherer Räume für kurdische Communities
▪ Einen Abschiebestopp in Länder wie die Türkei, Iran, Irak oder Syrien
▪ Sensibilisierte Medienberichterstattung ohne Kriminalisierung
▪ Forschungsausbau, z. B. durch Kurdologie-Lehrstühle an Universitäten.
Panel mit Expert:innen
Nach der Vorstellung des Berichts diskutierten bei einem anschließenden Panel der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Kenan Engin, die Lehrerin Selda Akbayır und der Autor und Forscher Peshraw Mohammed über die Hürden und Herausforderungen in Forschung und Praxis beim Thema antikurdischer Rassismus.
Engin hob hervor, dass Kurd:innen seit den 1920er Jahren Teil der deutschen Gesellschaft seien und heute mit etwa 1,5 Millionen Menschen eine der größten migrantischen Diaspora-Gemeinschaften bildeten. Trotz dieser langen Präsenz fehle es an fundierter Forschung zum antikurdischen Rassismus. „Es gibt keine institutionelle Förderung, keine Studiengänge wie Kurdologie – obwohl 1,5 Millionen Menschen mit kurdischen Wurzeln in diesem Land leben.“ Er betonte zudem, dass Forscher:innen, die sich mit dem Thema beschäftigen, häufig kriminalisiert oder politisch verdächtigt würden. Die Bundesregierung müsse anerkennen, dass es antikurdischen Rassismus gibt und entsprechende Maßnahmen fördern.
Selda Akbayır präsentierte Ergebnisse ihrer qualitativen Interviews zur Situation kurdischer Schüler:innen in deutschen Schulen. Sie zeigte auf, dass antikurdischer Rassismus dort in Form von Stereotypen, Ausgrenzung und institutioneller Diskriminierung auftrete. Viele Schüler:innen seien gezwungen, ihre Identität ständig zu rechtfertigen, was zu großem psychischem Druck führe. „Das Kurdisch-Sein wird im schulischen Kontext oft als problematisch markiert“, so Akbayır. In Workshops erlebe sie, dass kurdische Schüler:innen Strategien des Selbstschutzes entwickeln müssten, um im Schulsystem zu bestehen. Sie forderte mehr Forschung, Aufklärung und institutionelle Anerkennung des Problems.
Peshraw Mohammed sprach über antikurdischen Rassismus im Kontext Irans und linker Diskurse. Er schilderte persönliche Erfahrungen, etwa wie seine Texte in linken Zeitschriften abgelehnt wurden, weil er als „radikal“ oder „separatistisch“ wahrgenommen wurde. Mohammed analysierte die Rolle des iranischen Nationalismus, der Kurd:innen bis heute als Bedrohung markiere, und zog Parallelen zu medialen Diskursen in Deutschland. Insbesondere nach den „Jin Jiyan Azadî“-Protesten im Zuge der Tötung der Kurdin Jina „Mahsa“ Amini durch die iranische Sittenpolizei sei deutlich geworden, wie iranische und westliche Narrative Kurd:innen systematisch marginalisierten. Er kritisierte, dass Rassismus gegenüber Kurd:innen und auch Belutsch:innen in deutschen Diskursen kaum Beachtung finde.
Antikurdischer Rassismus weit verbreitet
Die Veranstaltung machte deutlich, dass antikurdischer Rassismus in Deutschland ein strukturelles Problem darstellt – sowohl im digitalen Raum als auch in Schulen, Medien und Institutionen – aber institutionell bislang kaum sichtbar gemacht worden ist. Die IAKR versteht ihren Jahresbericht daher als „interdisziplinären Versuch, die Realität betroffener Menschen sichtbar zu machen und politisch einforderbar zu gestalten.“
https://deutsch.anf-news.com/hintergrund/antikurdischer-rassismus-ein-in-deutschland-verdrangtes-problem-45887
Zwei QSD-Kämpfer bei Angriff in Raqqa verletzt
Bei einem Angriff auf ein Fahrzeug der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) im ländlichen Umland der Stadt Raqqa sind zwei Kämpfer verletzt worden. Das teilte das Pressezentrum der QSD am Freitag mit.
Demnach griff eine bislang unbekannte Gruppe auf einer Verkehrsstraße ein militärisches Fahrzeug der QSD an. Die beiden verletzten Kämpfer wurden in ein Krankenhaus gebracht, nähere Angaben zu ihrem Zustand machte das Bündnis zunächst nicht.
Nach dem Angriff seien Sicherheitskräfte umgehend ausgerückt, um die Täter ausfindig zu machen. Die QSD kündigten an, gezielte Such- und Festnahmeoperationen in der Region fortzusetzen. „Solche Angriffe werden unsere Einsätze zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur Stabilisierung von Nord- und Ostsyrien nicht beeinträchtigen“, hieß es.
https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/vier-qsd-kampfer-bei-gefechten-mit-is-zellen-in-ostsyrien-gefallen-48128 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/zwei-sicherheitskrafte-bei-anschlag-nahe-deir-ez-zor-verletzt-48134 https://deutsch.anf-news.com/rojava-syrien/Ubergangsregierung-sperrt-wichtige-verbindung-aleppo-raqqa-48133
MAF-DAD: Abschiebung von Çakas wäre Verletzung absoluter Grund- und Menschenrechte
Der kurdische Aktivist Mehmet Çakas ist am Donnerstag aus der Haft entlassen worden. Eine Rückführung in die Türkei ist damit jedoch nicht vom Tisch: Nach Angaben der Behörden sei eine Überstellung weiterhin möglich, sollte die türkische Regierung völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen zu menschenrechtskonformen Haftbedingungen geben.
Die Kölner Organisation MAF-DAD – Verein für Demokratie und internationales Recht – warnt in diesem Zusammenhang vor einem klaren Verstoß gegen internationale Menschenrechtsstandards. „Eine solche Abschiebung würde eine Verletzung absoluter Grund- und Menschenrechte bedeuten und elementare Verfahrensgarantien negieren“, erklärte Heike Geisweid, Rechtsanwältin und Vorstandsmitglied von MAF-DAD.
Juristin: Ablehnung des Asylantrags widerspricht EMRK
Çakas war im Dezember 2022 auf Betreiben deutscher Behörden in Mailand in Auslieferungshaft genommen worden. Anfang März 2023 wurde er nach Deutschland überstellt und im April 2024 vom Oberlandesgericht Celle wegen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verurteilt. Nach seiner Verurteilung stellte er einen Asylfolgeantrag – mit Verweis auf die veränderte Gefährdungslage bei einer Rückkehr in die Türkei.
Heike Geisweid © ANF
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte den Antrag jedoch als unzulässig ab, das Verwaltungsgericht Lüneburg bestätigte diese Entscheidung im Eilverfahren. Laut Geisweid stehen beide Entscheidungen im Widerspruch zu Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der ein absolutes Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung festlegt.
„Rechtsauffassung nicht haltbar“
Das BAMF und das Verwaltungsgericht argumentieren, Çakas hätte seine PKK-Mitgliedschaft bereits im ersten Asylverfahren geltend machen müssen. Durch die Rücknahme seines damaligen Antrags sei er nun präkludiert. Zudem seien keine Abschiebungsverbote ersichtlich.
Diese Rechtsauffassung sei nicht haltbar, betont Geisweid. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe wiederholt klargestellt, dass Unzulässigkeitsentscheidungen im Asylfolgeverfahren eng auszulegen und nur in Ausnahmefällen zulässig seien (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Februar 2024 – C-2016/22, Rn. 34 ff.). Neue Umstände – wie etwa eine Verurteilung im Aufnahmestaat wegen Mitgliedschaft in einer im Herkunftsland kriminalisierten Organisation – müssten in die Bewertung einfließen.
Çakas droht in der Türkei Haft bis zum Tod
Die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig verkenne zudem, dass gegen Çakas in der Türkei ein politisch motiviertes Ermittlungsverfahren anhängig ist. Selbst laut dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts sind in der Türkei in Staatsschutz- und Terrorismusverfahren weder faire Verfahren noch rechtsstaatliche Mindeststandards gewährleistet.
In dem türkischen Verfahren gegen Çakas geht es um den Vorwurf der „Zerstörung der Einheit des Staates“, eine Anschuldigung, die mit erschwerter lebenslanger Haftstrafe bedroht ist – also einer Strafe ohne reale Chance auf Entlassung. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sehen darin einen Verstoß gegen das Menschenrecht auf Hoffnung und eine unvereinbare Form des Freiheitsentzugs.
MAF-DAD fordert Abschiebestopp und rechtliche Sicherung des Aufenthalts
Rechtsanwältin Geisweid betonte: „Im Falle einer Abschiebung droht Mehmet Çakas die sofortige Inhaftierung in einem Staat, in dem Folter und unmenschliche Behandlung vielfach dokumentiert sind, in dem Verfahren von politischer Willkür geprägt sind und in dem Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte regelmäßig nicht umgesetzt werden.“ Eine Abschiebung des Aktivisten in die Türkei sei daher „völker- und verfassungsrechtswidrig“. Der Bundesrepublik Deutschland obliege die Pflicht, seinen Schutz zu gewährleisten. „Çakas‘ Aufenthalt ist rechtlich zu sichern“, so die Juristin.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/mehmet-Cakas-aus-der-haft-entlassen-48204 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/cansu-Ozdemir-fordert-rechtsschutz-fur-mehmet-Cakas-47789 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/schirdewan-fordert-stopp-der-abschiebung-von-mehmet-Cakas-47859
Steinbrücke im Geliyê Godernê droht durch Staudamm verloren zu gehen
Im Geliyê Godernê bei Farqîn (tr. Silvan) in der nordkurdischen Provinz Amed (Diyarbakır) sorgt die Restaurierung einer schwer beschädigten historischen Steinbrücke für Kritik. Die Steinbrücke, ein Bauwerk aus den 1920er-Jahren, wurde bei Sprengarbeiten im Zuge des umstrittenen Silvan-Staudammprojekts stark in Mitleidenschaft gezogen. Nun wird die Brücke mit modernen, weißen Steinen wiederaufgebaut – von den originalen Natursteinen fehlt jede Spur.
Während Arbeiter vor Ort von einer einfachen Restaurierung sprechen, ist für Beobachter:innen klar: Die ursprüngliche Substanz der Brücke ist weitgehend zerstört, die eingesetzten Materialien stehen im deutlichen Kontrast zum historischen Charakter des Bauwerks. Die Bevölkerung vor Ort vermutet, dass die alten Steine entweder verkauft oder gestohlen wurden.
Vor über hundert Jahren von Armeniern erbaut
Die Steinbrücke, deren türkischer Name „Taşköprü“ lautet, gilt als kulturelles Erbe der Region. Errichtet wurde sie im frühen 20. Jahrhundert im Auftrag des osmanischen Sultans Abdülhamit II. von armenischen Handwerkern. Jahrzehnte überdauerte die Brücke Krieg, Vernachlässigung und Umwelteinflüsse – bis zum Eingriff durch das Großprojekt Silvan-Staudamm. Die dafür nötigen Sprengungen beschädigten nicht nur das Bauwerk selbst, sondern verursachten auch Risse in den Häusern eines nahegelegenen Dorfes.
Der Silvan-Staudamm ist eines der größten Infrastrukturprojekte der Türkei und seit 2010 im Bau. Nach seiner Inbetriebnahme sollen mehr als 50 Dörfer in den Landkreisen Farqîn, Pasûr (Kulp) und Licê (Lice) überflutet werden – samt ihrer Felder, Wälder und kulturellen Zeugnisse. Das Projekt wird immer wieder mit Heskîf (Hasankeyf) verglichen, wo eine 12.000 Jahre alte antike Siedlung dem Ilisu-Staudamm weichen musste.
Das Gedächtnis des Godernê-Tals verschwindet
Schon jetzt ist im Godernê-Tal zu beobachten, wie Natur und Geschichte Stück für Stück verschwinden. Zunächst wurden unter dem Schutz des türkischen Militärs neue Kontrollposten errichtet, anschließend begannen Rodungen in großem Umfang – genehmigt durch die Forstbehörden. Tausende Bäume wurden gefällt und verkauft. Danach folgten Sprengungen, um die Fundamente für Brückenpfeiler zu schaffen.
Als die Schäden an der Steinbrücke offensichtlich wurden, kündigten die Behörden eine Restaurierung an – doch anstelle einer denkmalgerechten Sanierung ist nun eine modernisierte Nachbildung im Gange. Besonders auffällig: Der gesamte Abschnitt der Brücke auf der Pasûr-Seite wurde abgetragen. In einem der Brückenbögen fehlen die Steine vollständig.
Bevölkerung blickt Megaprojekt mit Sorge entgegen
Auf Nachfrage erklärten Bauarbeiter: „Die Brücke wurde beschädigt, wir restaurieren sie. Sie wird sowieso unter Wasser stehen. Was mit den alten Steinen passiert ist, wissen wir nicht – sie sind alle kaputt.“ Aktuelle Aufnahmen von der der Baustelle dokumentieren den drastischen Wandel und verdeutlichen, wie historische Substanz systematisch verloren geht.
Wann der Staudamm in Betrieb geht, ist unklar. Die Menschen in der Region blicken dem Projekt weiterhin mit Sorge entgegen – nicht nur wegen der ökologischen und sozialen Folgen, sondern auch wegen des drohenden kulturellen Gedächtnisverlusts.
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