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Aktualisiert: vor 19 Minuten 3 Sekunden

Kırşehir: Gefangene isoliert und misshandelt

30. August 2024 - 11:00

Es häufen sich Berichte von schweren Übergriffen auf Gefangene in türkischen Haftanstalten. Politische Gefangene werden isoliert und gefoltert. Ein neuer Bericht von Gefangenen aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Kırşehir macht den alarmierenden Zustand in türkischen Gefängnissen erneut deutlich. Die politischen Gefangenen Hüseyin Aşkan, Mansur Zan und Ismail Tüzün wurden offenbar im Hochsicherheitsgefängnis von Kırşehir zum Ziel von schweren Übergriffen.

Sie berichteten in Telefongesprächen mit ihren Angehörigen, dass ihre Zellen am 26. August von Wächtern gestürmt worden seien. Anschließen wurden sie ohne Begründung misshandelt und in Isolationshaft geworfen.

Ismail Tüzün berichtete, er habe den Gefängnisdirektor nach dem Grund für die Übergriffe gefragt und die Antwort erhalten: „Ich habe den Befehl gegeben“. Er sprach von ständigen Provokationen und Zellendurchsuchungen. Auf diese Weise solle eine Entlassung der Gefangenen verhindert werden. So sei Hüseyin Aşkan vorgeworfen worden, er nutze das Radio, dass seine Familie für ihn gekauft hatte, als Funkgerät nutze.

Arm von Mansur Zan gebrochen

Der Gefangene Mansur Zan sprach gegenüber seinen Angehörigen von schwer verletzten Gefangenen. Unter anderem hätten die Wächter ihm den Arm gebrochen.

Menschenrechtsverein IHD schickt Delegation

Die Angehörigen der Gefangenen informierten den Menschenrechtsverein (IHD) über die Situation. Die IHD-Abteilung Ankara wird am 2. September ins Hochsicherheitsgefängnis Kırşehir fahren, um sich ein Bild der Lage der Gefangenen zu machen.

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Volksküche in Amed eröffnet

30. August 2024 - 11:00

Mit dem Ende der Zwangsverwaltung in den meisten nordkurdischen Metropolen fängt auch wieder der städtische Aufbau sozialer Einrichtungen statt. Auch wenn die vom türkischen Innenministerium ernannten Zwangsverwalter die Städte und Kommunen in einem Schuldensumpf hinterlassen haben, werden in den DEM-regierten Orten neue soziale und kulturelle Einrichtungen geschaffen. In der Neustadt in Amed (tr. Diyarbakir) ist eine Volksküche eröffnet worden.

Neben den Ko-Bürgermeister:innen Serra Bucak und Doğan Hatun und den Bezirksbürgermeister:innen von Bajarê Nû (Yenişehir), Safiye Akdağ und Mehmet Ergün, nahmen Vertreter:innen und Abgeordnete der DEM-Partei an der Eröffnung teil. Viele Menschen aus dem Bezirk fanden sich ebenfalls dort ein. Serra Bucak sprach von der massiven Verarmung in der Türkei und insbesondere in Nordkurdistan und sagte: „Dies war der erste Schritt, um dieses Problem zu überwinden und den Zugang zu gesunden Lebensmitteln zu ermöglichen. Unsere Arbeit wird in diesem Sinne weitergehen.“

Ko-Bürgermeister Hatun erklärte, dass die Stadtverwaltung weiterhin daran arbeite, den Menschen zu helfen und die Verwüstung, welche die Zwangsverwalter hinterlassen haben, zu überwinden. Aufgrund der Wirtschaftskrise sei der Zugang zu gesunder Ernährung schwer geworden, sagte Doğan Hatun: „Wir sollten den Zugang zu gesunden und billigen Lebensmitteln ermöglichen, wie zum Beispiel mit dieser Volksküche. Wir werden unsere Arbeit fortsetzen, bis alle Menschen nicht mehr hungrig nach Hause gehen müssen.“  

Die Volksküche wird an sechs Tagen in der Woche von 12 bis 17 Uhr geöffnet sein. Der Preis für eine Auswahl von vier verschiedenen Gerichten beträgt 70 TL, umgerechnet etwa 1,85 Euro.


 

https://anfdeutsch.com/frauen/kampf-gegen-gewalt-an-frauen-in-amed-43324 https://anfdeutsch.com/frauen/stadtplanung-und-verwaltung-aus-frauenperspektive-42976 https://anfdeutsch.com/frauen/jinkart-bewegungsfreiheit-fur-frauen-42556

 

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Volksküche in Amed eröffnet

30. August 2024 - 9:00

Mit dem Ende der Zwangsverwaltung in den meisten nordkurdischen Metropolen fängt auch wieder der Aufbau der sozialen Einrichtungen der Stadtverwaltung an. Auch wenn die Zwangsverwalter die Stadtverwaltungen in einem Schuldensumpf hinterlassen haben, werden von den DEM-Partei Stadtverwaltungen immer neue soziale und kulturelle Einrichtungen geschaffen. Nun wurde in Amed Yenişehir eine Volksküche eröffnet.

Neben den Ko-Bürgermeister:innen von Amed Sera Bucak und Doğan Hatun und von Yenişehir, Safiye Akdağ und Mehmet Ergün nahmen viele Vertreter:innen und Abgeordnete der DEM-Partei an der Eröffnung teil. Viele Menschen aus dem Bezirk fanden sich ebenfalls dort ein. Bucak sprach von der massiven Verarmung in der Türkei und insbesondere in Nordkurdistan und sagte: „Dies war der erste Schritt, um dieses Problem zu überwinden und den Zugang zu gesunden Lebensmitteln zu ermöglichen. Wir hoffen, dass dies den Menschen in Ofis und den Menschen, die hier arbeiten, helfen wird. Das hier ist ein erster Schritt, auf dem wir aufbauen werden. Unsere Arbeit wird in diesem Sinne weitergehen.“

Ko-Bürgermeister Hatun erklärte, dass die Stadtverwaltung weiterhin daran arbeite, den Menschen zu helfen und die Verwüstung, welche die vom Regime eingesetzten Zwangsverwalter in den Stadtverwaltungen hinterlassen haben, zu überwinden. Aufgrund der Wirtschaftskrise sei der Zugang zu gesunder Ernährung schwer geworden. Hatun erklärte: „Wir sollten den Zugang zu gesunden und billigen Lebensmitteln ermöglichen, wie zum Beispiel in der Volksküche die wir eröffnet haben. Wir werden unsere Arbeit fortsetzen, bis alle Menschen nicht mehr hungrig nach Hause gehen müssen.“  

Die Volksküche wird an 6 Tagen in der Woche von 12.00-17.00 Uhr geöffnet sein. Der Preis für eine Auswahl von vier verschiedenen Essen beträgt 70 TL, umgerechnet etwa 1,85 Euro.

 

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Protest und Repression bei Beerdigung von Gülistan Tara

30. August 2024 - 9:00

Am 23. August hatte eine türkische Killerdrohne gezielt die beiden kurdischen Journalistinnen Gülistan Tara und Hêro Bahadîn in der autonomen Region Kurdistan im Irak getötet. Nachdem die sterblichen Überreste von Gülistan Tara in Silêmanî verabschiedet worden waren, erreichte in der Nacht zum Freitag der Leichentransport die türkische Grenze nach Nordkurdistan in Silopiya. An der Grenze wurde der Leichenwagen von einer Menschenmenge mit der Parole „Die Gefallenen sind unsterblich“ empfangen. Der Leichnam wurde zunächst in das staatliche Krankenhaus in Şirnex gebracht, anschließend folgte die Überführung in Taras Geburtsort Êlih (tr. Batman).

„Tod dem Verrat, es lebe Kurdistan“

Trotz tiefer Nacht wurde Taras Leiche auch in Êlih von vielen Menschen erwartet. Die Menschen riefen „Jin Jiyan Azadî" (Frau Leben Freiheit) und skandierten Parolen gegen die Kollaboration der südkurdischen PDK mit dem türkischen Faschismus: „Tod dem Verrat, es lebe Kurdistan!“ Der PDK-Geheimdienst Parastin spielt eine wichtige Rolle bei der Weitergabe von Koordinaten an die Türkei für gezielte Angriffe. In einem Konvoi von mehreren hundert Fahrzeugen wurde der Sarg zum Friedhof im Viertel Tilmerc in Êlih gebracht.


Êlih: Polizeiangriff auf Leichenzug

Der Sarg wurde von Frauen zum Friedhof getragen. Die Polizei ging gegen den Leichenzug vor und blockierte ihn mit Schilden. Nur Familienangehörige und Abgeordnete sollten auf den Friedhof gelassen werden. Die Menschenmenge rief gegen diesen Angriff auf die Würde der Toten und der Angehörigen: „Die Menschenwürde wird über die Folter siegen“.

Die DEM-Abgeordneten Zeki İrmez und Sabahat Erdoğan Sarıtaş wurden am Eingang des Friedhofes von der Polizei geschlagen. Trotz der Angriffe konnten sich mehrere Frauen Zugang zum Friedhof verschaffen.

Eine Nelke und eine Kamera zum Abschied

Dort wurde Gülisten Tara beigesetzt. Auf dem Grab wurden eine Kamera und Nelken niedergelegt. Die DEM-Abgeordnete Zeynep Oduncu sagte in einer Ansprache: „Wir haben gesehen, unter welchen Bedingungen unsere Freundinnen und Freunde im föderierten Kurdistan arbeiten und mit welchen Schwierigkeiten die freie Presse zu kämpfen hat. Das was jetzt geschehen ist, ist eines der deutlichsten Beispiele für die Angriffe des AKP/MHP-Regimes auf unser Volk. Die Frauen sind das Hauptangriffsziel des Regimes. Es sucht nach immer neuen Wegen diese Frauen zu ermorden. Wir, als die Erbinnen der kämpfenden Frauen, werden unseren Kampf verstärken. Jin Jiyan Azadî!“

„Weiterkämpfen bis zum Frieden”

Mustafa Mesut Tekik, ein Bruder von Gülistan Tara, richtete nach der Beisetzung das Wort an die vor dem Friedhof wartenden Menschen und: „Wir möchten uns bei den Menschen in den vier Teilen Kurdistans bedanken, die sich mit uns solidarisieren und für unsere Gefallene eintreten. Als Genossen von Gülistan und ihrer Kollegin Hêro Bahadîn versprechen wir dem kurdischen Volk: Wir werden weiter kämpfen, bis endlich der Frieden kommt.“

https://anfdeutsch.com/kurdistan/ermordete-journalistin-gulistan-tara-in-silemani-verabschiedet-43416 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/die-kurdischen-medien-lassen-sich-nicht-aufhalten-43396 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/ermordete-journalistin-hero-bahadin-beigesetzt-43356 https://anfdeutsch.com/kurdistan/journalistinnen-in-silemani-wir-lassen-uns-nicht-einschuchtern-43369

 

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Asayîş verhindert Anschlagsserie auf Koalitionstruppen

30. August 2024 - 4:00

Die Behörde für innere Sicherheit (Asayîş) in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien hat nach eigenen Angaben eine geplante Anschlagsserie auf Stützpunkte der Koalitionstruppen unterbunden. Eine vierköpfige Terrorzelle der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) sei ausgehoben worden, teilte die Asayîş am Donnerstagabend mit. Außerdem wurden diverse Waffen, darunter mehrere Raketen und Raketenwerfer sowie Maschinengewehre sichergestellt.

Ziele der Attentatspläne waren laut Asayîş Standorte der US-geführten internationalen Anti-IS-Koalition im Umland von Hesekê, die auch von der Behörde selbst sowie von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) genutzt werden. Der Hauptverdächtige, der auch als Kopf der Zelle gilt, sei bereits Mitte der vergangenen Woche bei einer gezielten Operation in einem Vorort Hesekês durch die Spezialeinheit HAT festgesetzt worden.

Eine der sichergestellten Raketen © Asayîş

Nach einem Verhör und weiteren Ermittlungen nahm die Asayîş die übrigen drei Zellenmitglieder im nordöstlich von Hesekê gelegenen Çilaxa fest. Inzwischen erließ ein Ermittlungsrichter am Volksgericht gegen die vier mutmaßlichen IS-Dschihadisten Haftbefehl wegen eines versuchten Terroranschlags und anderer Delikte.

Besatzungszone sicherer Hafen für Dschihadisten

Die US-Armee hat im Rahmen der internationalen Militärkoalition gegen den IS noch etwa 900 Soldaten in Syrien. Die Asayîş ist die Behörde der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien für innere Sicherheit und agiert als Einrichtung auf dem Gebiet des Bevölkerungsschutzes. Sie wird von der internationalen Anti-IS-Koalition, der auch Deutschland angehört, unterstützt, um die Stabilität und Sicherheit in der Region zu gewährleisten.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/is-schleuser-nahe-camp-hol-festgenommen-43374 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/asayis-wirft-turkei-psychologische-kriegsfuhrung-vor-43338 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/funf-festnahmen-bei-anti-is-operation-in-raqqa-43282

 

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Ein Toter bei Explosion in Amûdê

29. August 2024 - 22:00

Bei einer mutmaßlich durch einen Drohnenschlag ausgelösten Explosion in Amûdê ist ein 35-jähriger Mann am Donnerstag ums Leben worden, eine 47 Jahre alte Frau wurde verletzt. Zu der Detonation kam es am Nachmittag in einem belebten Viertel im Osten des Stadtkerns, der genaue Grund war zunächst unklar. Hunderte Geschäfte und Haushalte sind ohne Strom, weil auch ein Strommast getroffen und beschädigt wurde. Die Druckwelle der Explosion ließ auch die Scheiben einiger Restaurants und anderer Betriebe zerbersten.

Erste Hinweise in Sicherheitskreisen deuten jedoch darauf hin, dass die Explosion ein gezielter Drohnenangriff des türkischen Staates war. Die Sicherheitsbehörde Asayîş hat den Tatort abgesperrt und Untersuchungen eingeleitet. Sollte es sich um einen Angriff der Türkei handeln, wäre es der zweite tödliche staatsterroristischer Anschlag innerhalb von 24 Stunden. Am Mittwoch waren in Qamişlo die 45-jährige Aktivistin Xalide Mihemed Şerif und ihr 24-jähriger Sohn Ednan Silêman bei einem der Türkei zugeschriebenen Autobombenanschlag getötet worden.

Rojava - AANES (Syria)

The Turkish military carried out an airstrike in the city centre of Amude pic.twitter.com/JwhSmsILKk

— ScharoMaroof (@ScharoMaroof) August 29, 2024

 Unbeachteter Drohnenkrieg

Der NATO-Staat Türkei setzt seit Jahren Drohnen zur extralegalen Tötung von „Feinden“ in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien ein. Angriffsziele sind Menschen, die vom türkischen Staat in irgendeiner Weise in Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gestellt werden. Angriffsziele sind die Zivilbevölkerung, die Selbstverwaltung und die Militärverbände der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD). Die internationale Gemeinschaft ignoriert den Drohnenterror, der im Juni 2020 mit der Ermordung von drei Vertreterinnen des Frauendachverbands Kongra Star in Kobanê begonnen hat. Laut Daten des Rojava Information Center und der Selbstverwaltung hat die Türkei in diesem Jahr bereits mindestens 113 Drohnenangriffe auf die Region verübt. Dabei wurden dreißig Menschen getötet und über 60 weitere verletzt.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kongra-star-niemand-wird-den-willen-freier-frauen-brechen-konnen-43410 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/turkischer-drohnenangriff-in-qamislo-43406 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/asayis-wirft-turkei-psychologische-kriegsfuhrung-vor-43338

 

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Prozessauftakt gegen Varisheh Moradi erneut verschoben

29. August 2024 - 20:00

Im Prozess gegen Varishe Moradi kommt es zu weiteren Verzögerungen. Der zuständige Richter Abolghassem Salawati habe beschlossen, den für den gestrigen Donnerstag vorgesehenen Prozessauftakt zu verschieben, erfuhr das Kurdistan Human Rights Network (KHRN). Begründet wurde die Verschiebung danach damit, dass einer der Staatsanwälte und ein vom Gericht berufener Experte abwesend seien. Einen neuen Termin setzte Salawati, der auch „Richter des Todes“ und „Hinrichtungsrichter“ genannt wird und Leiter der Abteilung 15 der islamischen Revolutionsgerichte ist, nicht fest.

Varishe Moradi (andere Schreibweise Warisheh), auch bekannt als Ciwana Sine, war am 1. August 2023 im Zuge einer Polizeikontrolle in der Nähe ihrer Geburtsstadt Sine (Sanandadsch) festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Irans Regime-Justiz beschuldigt sie der „Feindschaft zu Gott“ und „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit Moradis Mitgliedschaft in der KJAR, dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung in Iran, und ihres Engagements für frauenpolitische und feministische Themen. Teheran sieht in der KJAR eine „separatistische Terrororganisation“, weil sie Teil der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) sein soll.

Varisheh Moradi

Brutal gefoltert, misshandelt und verhört

Nach Moradis Verschleppung war ihr Aufenthaltsort monatelang unklar. Erst durch Recherchen des KHRN wurde bekannt, dass die Aktivistin nach ihrer Festnahme zunächst wochenlang vom iranischen Geheimdienst in Sine brutal gefoltert, misshandelt und verhört worden war, bis sie Ende August nach Teheran überführt wurde. Dort hielt man sie über Monate im berüchtigten Hochsicherheitstrakt 209 des Evin-Gefängnisses fest – ebenfalls unter Folter und Misshandlungen mit dem Ziel, sie zu brechen oder ein Geständnis von ihr zu erzwingen. Seit Anfang Januar befindet sich Moradi in der Frauenabteilung der Haftanstalt. Zugang zu einem Rechtsbeistand wird ihr die meiste Zeit verwehrt.

Prozessauftakt bereits vorher verschoben

Der Beginn des Prozesses gegen Varisheh Moradi wird nicht zum ersten Mal verschoben. Schon der im April geplante Auftakt war verlegt worden, weil ein Richter abwesend war. Der Folgetermin Anfang August fand nicht statt, weil Moradi sich weigerte, an der Verhandlung teilzunehmen. Die Aktivistin protestierte damit gegen die Todesurteile gegen die kurdische Sozialarbeiterin Pakhshan Azizi und die iranische Arbeitsrechtlerin Sharifeh Mohammadi. In einem Brief, der vom KHRN ins Englische übersetzt wurde, schrieb Moradi zu ihren Beweggründen:

„Ein Gericht, das keine fairen Urteile fällt, erkenne ich ohnehin nicht an“

„Die ungerechten Todesurteile gegen Sharifeh Mohammadi und Pakhshan Azizi sind das Eingeständnis der politischen Unwirksamkeit und Hilflosigkeit der Islamischen Republik. Das Vortäuschen von Stärke, die Panikmache und die Ausweitung der Repressionen gegen die Revolution ‚Jin Jiyan Azadî‘ – auch durch die neue Regierung – sind nichts als eine leere Illusion. Ich werde des ‚bewaffneten Aufstands‘ beschuldigt, weil ich eine Frau und Kurdin bin und in Freiheit leben möchte. Jetzt, nach einem Jahr Untersuchungshaft, warte ich auf den nächsten Termin für meinen Prozess in der Abteilung 15 des Islamischen Revolutionsgerichts unter dem Vorsitz von Richter Salawati. Obwohl ich weiß, dass mein Fernbleiben als Weigerung, mich zu verteidigen, ausgelegt werden könnte, werde ich aus Protest gegen die Todesurteile gegen meine Freundinnen Sharifeh Mohammadi und Pakhshan Azizi nicht vor Gericht erscheinen. Ein Gericht, das keine fairen Urteile fällt, erkenne ich ohnehin nicht an.“

Titelfoto: Protest in Brüssel gegen Todesstrafen in Iran © Shnoyi Mendan

https://anfdeutsch.com/frauen/yrj-initiiert-kampagne-fur-pakhshan-azizi-und-sharifeh-mohammadi-43386 https://anfdeutsch.com/frauen/kurdische-aktivistinnen-im-evin-gefangnis-im-hungerstreik-42215 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/hrw-berichtet-uber-massenhinrichtungen-im-iran-43337 https://anfdeutsch.com/menschenrechte/kon-med-verurteilt-hinrichtungswelle-in-iran-43224

 

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TV-Tipp: „Rheinmetall Entwaffnen“-Sprecher bei Çira Report

29. August 2024 - 17:00

Das antimilitaristische Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen“ plant vom 3. bis 8. September im Kieler Werftpark ein Camp gegen die Kriegsindustrie. Bündnissprecher Jonah Fischer erklärt in der heutigen Ausgabe der deutschsprachigen Sendung Çira Report, was es mit dem Protest auf sich hat. In der Sendungsankündigung heißt es dazu:

Kriege prägen unsere Zeit – sei es in der Ukraine, im Kongo oder in Kurdistan und Şengal. Überall werden Menschen getötet, Gebiete besetzt und Einwohner vertrieben. Mit unserem Gast Jonah Fischer wollen wir untersuchen, wie diese Kriege geführt werden, woher die eingesetzten Waffen stammen und welche verheerenden Auswirkungen sie haben. Thema der Sendung wird auch das Rheinmetall-Entwaffnen-Camp sein, bei dem diskutiert wird, warum der Einsatz für Demilitarisierung so wichtig ist und wie der militärisch-industrielle Komplex in eine zivile Industrie überführt werden kann.

„Rheinmetall Entwaffnen“ erwartet 800 Teilnehmende bei seinem diesjährigen Camp gegen die Rüstungsindustrie. In den Zelten des Camps finden Lesungen, Diskussionen und Workshops zu den Themen Krieg und Antimilitarismus statt, am 7. September ist zudem ab 12 Uhr eine Demonstration vom Kieler Bootshafen durch die Innenstadt geplant. Foto: Rheinmetall-Entwaffnen-Camp 2022 in Kassel © RE


Das von Ayfer Özdogan moderierte Format beginnt um 20:00 Uhr und kann live über den Stream https://linktr.ee/ciratv, alternativ: https://myflixtv.com/  - https://ku.karwan.tv/cira-tv.html verfolgt werden, nachträglich auch über den YouTube-Kanal von Çira TV, über die Eingabe Çira Report. Zur Playlist der Sendung geht es hier entlang: https://www.youtube.com/playlist?list=PL6P1E13_gg5ke8eLPi41dRQFuIGvNBtMo

Wer selbst Interesse an einer Teilnahme an der Sendung hat und eigene Projekte vorstellen will, kann unter der E-Mail-Adresse cirarep@riseup.net Kontakt mit der Redaktion aufnehmen.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/kiel-aktionscamp-gegen-krieg-im-werftpark-43098 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kassel-entwaffnen-ist-k-eine-kunst-33842 https://anfdeutsch.com/aktuelles/rheinmetall-entwaffnen-das-hatten-wir-gar-nicht-beantragt-33794

 

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Anklage gegen mutmaßlichen IS-Söldner in Stuttgart erhoben

29. August 2024 - 17:00

Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat am Donnerstag Anklage gegen einen Syrer wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) und einer weiteren Dschihadistenmiliz erhoben. Der 35-Jährige soll zwischen Mitte 2012 und Ende 2016 erst der Gruppe Katibat Abu Bakr al-Siddiq und dann dem IS angehört haben. Über die Zulassung der Anklage muss noch das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entscheiden.

Laut der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart soll der Mann in seinem Heimatland als Scharfschütze an mindestens vier Gefechten während der Belagerung des Militärflughafens in der ostsyrischen Stadt Deir ez-Zor beteiligt gewesen sein. Darüber hinaus sei er die „rechte Hand“ des Anführers von Katibat Abu Bakr al-Siddiq gewesen.

Nach der Besatzung durch den IS in der Region rund um den Flughafen 2014 habe sich der Syrer dem IS angeschlossen. Auch hier soll er eng und direkt mit den örtlichen Milizführern zusammengearbeitet haben. So sei er der direkte Assistent des lokalen IS-Führers gewesen. Später soll er für die Terrormiliz in Aleppo als sogenannter Kämpfer zur Verfügung gestanden und in einem Kriegsbeutezentrum des IS gearbeitet haben.

Der Mann wurde Anfang April im baden-württembergischen Isny (Kreis Ravensburg) festgenommen, seitdem seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Früheren Angaben zufolge war er Ende 2016 über die Türkei und Griechenland nach Deutschland geflohen. Es gebe aber keine Hinweise auf die Planung von Straftaten in Deutschland durch ihn, hieß es von der Generalbundesanwaltschaft.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/mutmasslicher-is-dschihadist-im-allgau-festgenommen-41678 https://anfdeutsch.com/aktuelles/anschlag-in-solingen-haftbefehl-gegen-verdachtigen-erlassen-43377 https://anfdeutsch.com/aktuelles/bgh-bestatigt-lebenslange-haft-fur-syrischen-folterer-43152

 

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Demonstration in Kobanê: „Wir werden die Gefallenen rächen“

29. August 2024 - 15:00

In Kobanê haben Hunderte Menschen gegen die türkischen Angriffe auf Frauen und die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien protestiert. Die Demonstration begann auf dem Platz der freien Frau. Auf einem von Frauen getragenen Transparent stand die Botschaft: „Wir werden Völkermord und Besatzung mit dem Willen freier Frauen beenden“.

Die Teilnehmenden trugen Bilder der am 23. August von einer türkischen Drohne in Südkurdistan getöteten Journalistinnen Gülistan Tara und Hêro Behadîn sowie der am Mittwoch bei einer Explosion in Qamişlo ums Leben gekommenen Aktivistin Xalîde Mihemed Şerîf und ihres ebenfalls getöteten Sohns Hejar Ednan Silêman. Nach Angaben der Sicherheitskräfte (Asayîş) wurde die Explosion durch einen an einem Auto im Enteriye-Viertel installierten Sprengsatz verursacht, zunächst war ein Drohnenangriff vermutet worden.

 


Zozan Bekir sagte als Vertreterin des Frauenverbands Kongra Star in einer Rede: „Wir werden unsere Gefallenen mit der Jin-Jiyan-Azadî-Revolution rächen. Die Angriffe können unseren Willen nicht brechen. Als Frauen werden wir der Besatzungs- und Vernichtungspolitik ein Ende bereiten.“

In ihrer Ansprache wies Zozan Bekir auch auf einen Vorfall am heutigen Vormittag im Dorf Dêrna Axa hin: „Russische und türkische Militärs haben auf einer gemeinsamen Patrouille durch unsere Region die protestierende Bevölkerung brutal angegriffen und Panzerwagen in die Menschenmenge gesteuert, eine junge Frau wurde zerquetscht. Die Angriffe auf Nord- und Ostsyrien und insbesondere auf Frauen werden nicht nur vom türkischen Staat begangen, sondern auch von den Garantiemächten. Wir werden diese Massaker beenden.“

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/protest-gegen-turkisch-russische-patrouille-in-nordsyrien-43415 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kongra-star-niemand-wird-den-willen-freier-frauen-brechen-konnen-43410 https://anfdeutsch.com/kurdistan/ermordete-journalistin-gulistan-tara-in-silemani-verabschiedet-43416

 

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Irak schießt türkische Drohne über Kerkûk ab

29. August 2024 - 15:00

Die irakische Armee hat eine türkische Drohne über Kerkûk abgeschossen. Wie ein Militärsprecher mitteilte, wurde ein Luftabwehrsystem aktiviert, als ein Flugobjekt unbekannter Herkunft ohne irakische Genehmigung aus Silêmanî am Donnerstagvormittag in den Luftraum von Kerkûk eindrang. Die Drohne wurde von einer Rakete getroffen und zerbrach in mehrere Teile, die offenbar auch in ein Wohngebiet fielen. Berichten zufolge wurde eine Person verletzt, es entstand Sachschaden an Wohnhäusern.

 


Kerkûk war früher Teil der autonomen Region Kurdistan und steht seit dem von Mesûd Barzanî (PDK) 2017 initiierten „Unabhängigkeitsreferendum“ wieder unter irakischer Kontrolle.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/kurdische-journalistinnen-bei-turkischem-drohnenangriff-getotet-43351 https://anfdeutsch.com/kurdistan/turkische-drohne-bombardiert-Sarbajer-43383 https://anfdeutsch.com/aktuelles/kerkuk-im-fokus-imperialer-interessen-43144 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/turkischer-drohnenangriff-in-qamislo-43406

 

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Ermordete Journalistin Gülistan Tara in Silêmanî verabschiedet

29. August 2024 - 13:00

Die vom türkischen Staat in der Region Kurdistan im Irak ermordete Journalistin Gülistan Tara ist mit einer Gedenkfeier im Azadî-Park in Silêmanî nach Nordkurdistan verabschiedet worden. Die Beerdigung soll an ihrem Geburtsort Êlih (tr. Batman) stattfinden.

Gülistan Tara, die seit 24 Jahren für freie kurdische Medien arbeitete, ist am 23. August durch einen türkischen Drohnenangriff getötet worden. Bei dem Angriff kam auch die junge Medienschaffende Hêro Bahadîn ums Leben, sie wurde am vergangenen Freitag in Silêmanî beerdigt. Sechs weitere Personen wurden bei dem Luftangriff auf ein Auto der Produktionsfirma Chatr verletzt.

Der Chatr-Direktor Kemal Heme Reza sagte auf der Gedenkfeier, die gezielte Ermordung der Journalistinnen reihe sich ein in eine Kette von Verbrechen, die der türkische Staat seit Jahren in Südkurdistan begehe. „Wir sehen den Angriff als einen weiteren erfolglosen Versuch, die freie Presse zum Schweigen zu bringen“, betonte Reza. „Der türkische Staat hat mit dem Drohnenangriff auf unser Team internationale Rechtsstandards verletzt. Wir kritisieren auch die verzerrte Darstellung des Vorfalls durch die Antiterrorabteilung der PDK, die den Angriff auf Medienschaffende als legitimen Akt deutet.“

Foto (c) Jin TV

Das türkische Verteidigungsministerium hatte unmittelbar nach dem Anschlag eine Beteiligung bestritten. Fünf Tage später hat sich jedoch der Geheimdienst MIT dazu bekannt. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu (AA) berichtete am Mittwoch unter Berufung auf „Sicherheitskreise“ von einer erfolgreichen Geheimdienstoperation, mit der PKK-Terroristinnen in Silêmanî ausgeschaltet worden seien.

Foto (c) Jin TV

„Gülistan Tara und Hêro Bahadîn haben mit ihrer Arbeit Tatsachen öffentlich gemacht und das wahre Gesicht der Feinde Kurdistans aufgedeckt. Unsere Kolleginnen haben versucht, die in Kurdistan begangenen Verbrechen und die Besatzung durch die Türkei weltweit bekannt zu machen“, sagte Kemal Heme Reza. „Wir rufen die internationalen Organisationen und die Ländervertretungen im Irak und in der Kurdistan-Region dazu auf, den Mord an den beiden Journalistinnen als Anlass zu nehmen, das Schweigen zu den Verbrechen des türkischen Staates an Zivilpersonen endlich zu brechen.“


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https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/die-kurdischen-medien-lassen-sich-nicht-aufhalten-43396 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/ermordete-journalistin-hero-bahadin-beigesetzt-43356 https://anfdeutsch.com/kurdistan/journalistinnen-in-silemani-wir-lassen-uns-nicht-einschuchtern-43369 https://anfdeutsch.com/frauen/kurdische-frauenbewegung-in-europa-ruft-zu-protesten-auf-43360

 

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Protest gegen türkisch-russische Patrouille in Nordsyrien

29. August 2024 - 11:00

In Nordsyrien haben Menschen gegen eine türkisch-russische Patrouille durch das Dorf Dêrna Axa im Kanton Cizîrê protestiert. Die Militärfahrzeuge wurden mit Steinen beworfen. Das russische Militär feuerte Gaskartuschen auf die Menschenmenge ab. Eine junge Frau, Evîn Îsa, wurde von einem Panzerwagen erfasst und verletzt. Sie wurde ins Krankenhaus eingeliefert.

Video (c) ANHA

Die Kontrollfahrten russischer und türkischer Truppen durch die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien sind das Ergebnis eines Abkommens, das die Türkei am 22. Oktober 2019 nach der völkerrechtswidrigen Besatzung von Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) mit Russland geschlossen hat. Die Patrouillen waren lange Zeit ausgesetzt und wurden erst kürzlich wieder aufgenommen.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/garantiemacht-russland-fur-angriffe-mitverantwortlich-31516 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/asayis-wirft-turkei-psychologische-kriegsfuhrung-vor-43338 https://anfdeutsch.com/aktuelles/putin-empfangt-assad-in-moskau-43025

 

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1. September: Friedens- und Demokratiekonferenz in Berlin

29. August 2024 - 11:00

Der Weltfriedenstag steht am 1. September bevor. In Berlin findet am 31. August und am 1. September eine von aus der Türkei exilierten Intellektuellen, Schriftsteller:innen, Akademiker:innen, Journalist:innen und Politiker:innen organisierte „Konferenz für Frieden und Demokratie“ statt. Die Aktivist:innen hatten sich auf dem Arbeitstreffen „Frieden, Dialog und Demokratie“ am 2. Juni auf Format und Termin geeinigt. Der Akademiker Dr. Hakan Altun, einer der Organisatoren der Konferenz, äußerte sich im ANF-Interview zu der bevorstehenden Konferenz.

Wie kamen Sie auf die Idee einer solchen Konferenz und wie liefen die Vorbereitungen?

Die Welt steht in Flammen, überall finden Massaker statt. Natürlich zerreißt das uns allen das Herz und diejenigen die näher an den Orten sind, wo das Feuer niedergeht, leiden am stärksten. Dieser Schmerz hat uns zusammengeführt, wir sind Menschen, deren Herzen in Flammen stehen und deren Herzen mit denjenigen schlagen, die mitten im Feuer stehen. Wir sind von unseren eigenen kleinen Gipfeln heruntergekommen und haben uns auf einer Ebene getroffen. Wir sind viele Menschen, die in den Himmel schauen müssen. Wir haben diesen Ort, an dem wir uns treffen, zu einem solchen Ort gemacht, zu einem Ort, um es mit den Worten von Turgut Uyar zu sagen, um in den Himmel zu schauen. Wir blicken gemeinsam in den Himmel, und der Himmel ist klar und mit dem Rot des Sonnenaufgangs bedeckt. Rot ist eine Farbe, die es eilig hat, sie kommt wie ein Bote. Aufgeregt bringt sie uns die Neuigkeiten des aufgehenden Tages. Wir sind ein bunter Haufen von Menschen, die ihre Aufregung teilen und hartnäckig in den Himmel schauen, um den Sonnenaufgang zu sehen. Ich kann sagen, dass das Europäische Forum für Freiheit und Frieden (AÖBF/EFFP) aus dem Bedürfnis heraus geboren wurde, gemeinsam in den Himmel zu schauen.

Magie ist ein hochpolitischer Akt“

J. Huidzinga beschreibt den Menschen als „spielendes Tier“. Dies ist eine meiner Lieblingsdefinitionen. Das Spiel ist eines der ausgefeiltesten Produkte, die die menschliche Spezies hervorbringen kann, und entgegen der landläufigen Meinung ist es eine sehr ernste Angelegenheit. M. And zieht eine Parallele zwischen Spiel und Magie. Ursprüngliche Menschen, die in egalitären Gesellschaften leben, wissen nicht, was Ausbeutung und Unterdrückung sind, sie erleben nicht, dass es eine Macht gibt, die größer ist als sie selbst (nennen wir sie irgendeine Regierung), daher wissen sie nicht, wie sie gehorchen sollen. Sie finden die Kraft in sich selbst und glauben, dass sie das Leben/die Welt beeinflussen können, und sie nennen das Magie. Starhawk charakterisiert Magie als die Kunst, das Negative ins Positive zu verwandeln. In diesem Zusammenhang ist Magie ein hochpolitischer Akt, dessen Ziel Veränderung und Transformation ist. Magie ist ein kollektiver Akt, sie braucht Freundschaft und Dialog. Sympathische Magie ist das Zusammenkommen der ursprünglichen Menschen, um die Natur mit ihrer eigenen Kraft zu unterstützen und die Jahreszeit vom Winter in den Frühling zu verwandeln. Wenn man die Welt verändern will, wenn man will, dass der Frühling wiederkommt, muss man persönlich die Ärmel hochkrempeln und aktiv werden. Das ist es, was wir von den ursprünglichen Menschen gelernt haben. Wenn wir wollen, dass die Sonne aufgeht, müssen wir handeln, wir müssen die Ärmel hochkrempeln und tun, was wir können, um den Ort des Feuers in die Frische eines neuen Tages zu verwandeln. Wir haben diesen Ort zu einem Forum gemacht, um gemeinsam zu überlegen, was wir für eine bunte Welt von Menschen tun können, die sich hier treffen, um in den Himmel zu schauen. Einig sind wir uns darin, dass wir gemeinsam Frieden gestalten müssen. Unser Aufruf geht in diese Richtung, die Herrschenden haben die Welt in Brand gesetzt und verbrennen sie, wir sind diejenigen, die dieses Feuer löschen werden, wir sagen, lasst uns zusammenkommen und gemeinsam Frieden schaffen.

„Lasst uns gemeinsam den Frieden erschaffen“ – Kundgebung am 31. August um 18.30 Uhr am Hermannplatz-Berlin Vom Nahen Osten bis Europa, von Südamerika bis Asien - überall auf der Welt werden Kriege geführt, die nichts anderes im Sinn haben als Ausbeutung, Aufteilung und Herrschaft. Mit ihren Kriegen wollen sie die gesellschaftlichen Kämpfe für Gleichberechtigung, Freiheit und Demokratie unterdrücken und die Idee des Friedens zerstören.
Ukraine, Palästina, Syrien, Jemen und Kurdistan stehen derzeit auf der Tagesordnung, aber auch in Mexiko, Ecuador, Kolumbien, Artsakh, Sudan, Westsahara, Indien und Pakistan toben Kriege. Mensch, Tier und Natur werden in Konflikten und Kriegen zur Schlachtbank geführt. Zuletzt haben wir das bei den Uiguren, in Tamil Elam und West Papua gesehen.
Die rassistische und nationalistische Welle, die Kriege schürt, nimmt in fast allen Regionen zu und lässt die Hoffnung auf Frieden und Demokratie schwinden. Rassismus, Homophobie, Heterosexismus, Sexismus, Hass auf Migranten und Faschismus nehmen im gleichen Maße zu wie der Militarismus. Gesellschaftliche Kräfte, politische Organisationen und Persönlichkeiten, die sich diesem blutigen Bild entgegenstellen, werden selbst zur Zielscheibe.
Als Europäisches Forum für Freiheit und Frieden vertreten wir die Position, dass wir nur dann einen größeren Beitrag zum Weltfrieden leisten können, wenn wir uns dem Krieg, der in der Region unserer Wurzeln geführt wird, entschieden entgegenstellen. Der schmutzige Krieg, der seit Jahrzehnten gegen das kurdische Volk geführt wird, trifft nicht nur die Völker der Türkei, sondern alle Völker des Nahen und Mittleren Ostens in Form von Mord, Unterdrückung, Ausbeutung und Demokratiedefizit. Die absolute Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan ist nach wie vor das größte Hindernis für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und für den Weg der Völker des Mittleren Ostens zu Frieden und Demokratie.
Damit sich Frieden, Gleichberechtigung, Freiheit und Demokratie überall auf der Welt durchsetzen, angefangen in der Region, in der wir leben, haben wir keine andere Wahl, als uns gemeinsam denen entgegenzustellen, die den Krieg wollen. Nur gemeinsam können wir uns den Kriegen auf dieser Welt widersetzen und gemeinsam zum Weltfrieden voranschreiten. In einer Zeit, in der die Gefahr eines dritten Weltkrieges wächst, muss es unsere vordringlichste Aufgabe sein, den Kampf für Frieden, Freiheit und Demokratie zu verstärken und gemeinsam gegen die Zerstörung durch Kriege aufzustehen.
Als Teilnehmer:innen der Konferenz, die wir organisiert haben, um die andauernden Kriege in der ganzen Welt zu stoppen, die Kriegspolitik und die Verbrechen zu entlarven und gemeinsam über die Möglichkeiten des Friedens nachzudenken, laden wir alle Menschen, die für Frieden und Demokratie eintreten, zu der Kundgebung „Lasst uns gemeinsam den Frieden erschaffen“ ein, die wir am Samstag, den 31. August 2024 um 18.30 Uhr auf dem Hermannplatz (Berlin) abhalten werden.


Jede Katastrophe trägt auch ein Versprechen in sich“

Was ist die Motivation für die Organisation der Konferenz?

Ich denke, ich habe die Motivation des Forums (AÖBF/EFFP) schon teilweise zum Ausdruck gebracht. Zweifelsohne steht dahinter eine historische und soziale Dynamik. Kein Problem kann verstanden werden, ohne es als Teil der Geschichte zu betrachten. Die historisch-soziale Grenze, die wir gerade überschreiten, markiert eine Periode zügelloser globaler Ausbeutung aber auch des Zusammenkommens derjenigen, die sich dieser Ausbeutung widersetzen und die Welt wieder zu einem geschwisterlichen Ort ohne Ausbeutung, ohne Grenzen und ohne Klassen machen wollen. Der immer grausamer werdende Kapitalismus inszeniert vor unseren Augen die sechste große, diesmal vom Menschen verursachte, globale Vernichtung und besteht darauf, alles, was er in die Finger bekommt, mit allen Mitteln auszubeuten. Wir haben einen großen Teil der menschlichen Lebensformen verloren, Hunger und Ausbeutung grassieren, und es herrscht ein System unsichtbarer Sklaverei. Während sich das Kapital von einem immer engeren Kreis akkumuliert wird, breitet sich die Armut aus. Naturzerstörung, Völkermord, Artenvernichtung sind heute an der Tagesordnung. Obwohl die Forscher:innen diese Periode, die manche als Kapitalozän bezeichnen, mit unterschiedlichen Namen beschreiben, sind sie sich über den mörderischen Charakter des Kapitalismus einig. Dieses weltweite Phänomen hat auch lokale Ausprägungen. Um den gegenwärtigen neoliberalen Kolonialismus aufrechtzuerhalten, sehen die kolonialistischen Länder mehr Unterdrückung in den Metropolen (die ungleiche Entwicklung hat sich in diesem Zusammenhang tendenziell angeglichen) und eine Totalitarisierung der Gesellschaften vor, während in entfernten Regionen mit Faschismen in Lokalkolorit experimentiert wird. Diese Katastrophe, die die Welt erfasst, birgt in Wirklichkeit ein Versprechen. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang auch an Halil Cibran: „Wenn der Winter sagen würde: Ich trage den Frühling in meinem Herzen, wer würde das glauben?“ In dieser Zeit, in der Staat und Kapital sehr mächtig sind, haben die Unterdrückten/Widerständigen und diejenigen, die eine Vision von einer freiheitlichen/nicht-ausbeuterischen Zukunft haben, kein anderes Kapital, als zusammenzustehen. Unsere Stärke kommt aus dem Zusammenstehen. Diejenigen, die sich eine freiheitliche, ausbeutungsfreie und grenzenlose Welt vorstellen, sind sich bewusst, dass sie mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede haben. Wir wissen, dass wir stark sind, solange wir zusammenstehen. Aus diesem Grund legen wir Wert auf die Politik der Freundschaft, die von Derida Named und Marc Nichanian um eine Dimension erweitert wurde, und auf Bündnispolitik als ein Instrument der Intersektionalität. Indem wir Seite an Seite und in Solidarität mit allen widerständigen Völkern der Welt stehen; indem wir uns jedoch auf den Widerstand gegen den Faschismus konzentrieren und unsere Gesichter den Brandherden zuwenden, die uns am stärksten betreffen. Um es mit den Worten von Cemal Süreyya zusammenzufassen: Es ist wahr, dass „wir gebrochen sind und noch mehr brechen werden“, aber „jetzt breiten wir uns aus und vermehren uns, an dem Tag, an dem wir die Luft der Freiheit singen, an diesem Tag können euch nicht einmal die Götter retten.“

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit der Konferenz?

Jeder Ort, über dem die Sonne aufgeht, ist Anatolien. Kehren wir zunächst einmal zu dieser Definition zurück. Antatolien ist die Wiege, ein Ort der Schöpfung, ein Ort der Geburt ... Erinnern wir uns an Ahmet Arifs Gedicht Anatolien, in er von den künftigen Kindern Anatoliens und der Geburtsregion von Noah spricht. Arifs Hoffnung ist dieses Anatolien. Anatolien als kulturelle Geographie schließt Mesopotamien mit ein, und Mesopotamien schließt Anatolien ein, egal wie wir die Region nennen, es geht um dasselbe. Andererseits änderte Illan Pappé bei einem Verhör durch das FBI den berühmten Slogan des palästinensischen Widerstands, indem er sagte, dass alles zwischen den beiden Gewässern frei sein müsse. Er sprach von Freiheit vom Schwarzen Meer bis zum Mittelmeer, vom Euphrat bis zum Tigris, überall müssen die Menschen frei sein und in Frieden leben.

Indem wir über diese Dinge gesprochen haben, sind wir an den Punkt gelangt, ein „Forum“ zu schaffen, in dem der Dialog die Regel ist. Um zu diesem Punkt zu gelangen, haben wir die brennenden Probleme und schwierigen Fragen entlang der Linie von Freiheit und Frieden in der Region, in der wir leben, diskutiert. Alle diese Probleme wurden zunächst geschichtlich betrachtet und bewertet, indem sie (zusammen mit anderen Beispielen) in einen weltweiten Kontext gestellt wurden, nicht als Einzelfälle. Das heißt nicht, dass die Dimensionen dieser Probleme, die sie einzigartig machen, übersehen wurden; sie in einen historischen Kontext zu stellen, hilft, die Besonderheiten der einzelnen zu verdeutlichen. So wurde beispielsweise das Problem der Isolation von Abdullah Öcalan zusammen mit anderen Beispielen aus der ganzen Welt mit ähnlicher Dynamik analysiert, das werden Sie auch im vorläufigen Aufruf zur Konferenz lesen können. Auf diese Weise war es einfacher, die spezifische Dynamik dieses rechtswidrigen Vorgehens zu analysieren und in den richtigen Kontext zu stellen. Dieses Forum soll dazu dienen, die brennenden Probleme unserer eigenen Region aus einer kritischen Perspektive zu analysieren und eine andere Sprache zu finden, um sie auszudrücken. Ein weiteres Thema, das im Rahmen der Vorarbeiten diskutiert wurde, war die Rolle und Bedeutung der Frauen im Friedensprozess. In der Tat fällt hier niemanden sonst das Wort zu. Frauen, die auf der Straße für Freiheit und Frieden kämpfen, und „indigene“ Völker auf der ganzen Welt haben das Wort. Während patriarchale Positionen um Macht kämpfen, kämpfen Frauen für Frieden und Freiheit. Es ist notwendig, sich umzusehen und dahin zurückzublicken und den Schöpferinnen des Friedens das Wort zu erteilen.

Welchen Beitrag sollen die Ergebnisse dieser Konferenz zur kurdischen Frage und zur Suche nach regionalem Frieden leisten?

Wir haben schon früher gesehen, dass die Völker ohne Staat eher in Frieden leben. Freiheit ist in den Augen der Gesellschaft tatsächlich sehr wertvoll und noch Brücken gebaut werden können. Ich glaube, dass diese Konferenz und die dazugehörigen Workshops einen positiven Beitrag dazu leisten werden, diese Brücken zu bauen, eine wirksame Sprache zu finden, um die Probleme auszudrücken, und eine Friedenspolitik zu entwickeln. Um einander die Hand zu reichen, müssen wir einander ins Gesicht sehen und uns beim Namen nennen. Um gemeinsam eine Geschichte neu zu schreiben, müssen wir uns die Geschichten der anderen genau anhören. Wir hatten Erfahrung mit einer Friedensinitiative, wenn auch eine problematische, und was wir dort gesehen haben, bestätigt mein anfängliches Argument. Ein befreundeter Filmemacher, der während des Friedensprozesses mit kurdischen Kindern über Frieden durch Kunst diskutierte, führte an einer Stelle ein Theaterstück auf, und als eines der Kinder in die Rolle eines Türken schlüpfen und die Hand reichen sollte, weigerte sich dieses Kind vehement, ein Türke zu sein. Doch als ihm gesagt wird, dass es Frieden um Frieden gehe, blieb es stehen und sagte: „Kann ich wenigstens Kurde sein, bis wir uns die Hand geben?“ Wenn wir eine gemeinsame Geschichte schreiben wollen, wenn wir Frieden und Demokratie miteinander verweben wollen, müssen wir uns zuerst die Geschichte des anderen zu eigen machen. Dies wird durch eine Politik der Freundschaft erreicht. Ich möchte nicht, dass Sie denken, dass ich mich nicht um die Verhandlungs- und Friedenspolitik kümmere, die von politischen Akteuren umgesetzt werden muss, aber leider liegt die Lösung nicht nur dort. Wir müssen demütig irgendwo anfangen, und ich verweise demütig auf Marc Nichanian, dessen Vorschläge wir wertvoll finden.

Inwiefern ist auch die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan Thema?

Einer der Workshops zur Vorbereitung der Konferenz befasste sich mit der rechtswidrigen Isolierung von Abdullah Öcalan. Die Teilnehmer:innen des Workshops analysierten dieses Thema im Detail. Da ich an einem anderen Workshop über den Aufbau von Solidarität teilgenommen habe, möchte ich einige Punkte aus den Berichten erwähnen, die auch unter www.forumforpeace.eu verfügbar sind. Erstens ist es wichtig, das Gleichgewicht zwischen Isolation und Demokratie zu verstehen. Unrechtmäßige Inhaftierungen und Isolationspolitiken, die weit über das Gesetz hinausgehen und auf Vernichtung und Geiselnahme abzielen, sind zur Norm geworden und blockieren die Demokratiebestrebungen in der ganzen Welt. Ein Druck auf die eine Seite wird die andere Seite verändern. Zunächst einmal ist es wichtig zu erkennen, dass es sich nicht um ein Problem der Namen, sondern um ein Problem des Rechts und der Demokratie handelt. Wenn neue Wege gefunden werden, um diesem Problem mehr Gehör und Sichtbarkeit zu verschaffen, z.B. durch die Stärkung des Diskurses, indem die Stimmen zusammengebracht werden, wird dies auch zum Kampf für Demokratie und Frieden beitragen. Lassen Sie mich mit dem letzten Artikel der Ergebnisse dieses Workshops schließen: „Wir befinden uns an einer Schwelle in der politischen Geschichte der Welt, wo der Kapitalismus am antidemokratischsten, der Kapitalismus am ungezügeltsten und der Staat am rücksichtslosesten ist. Aus diesem Grund haben lokale Probleme auch einen globalen Inhalt. Gerade deshalb sollte die Koalitionspolitik nicht nur kurdische oder türkische oppositionelle/demokratische Organisationen/Einzelpersonen, sondern auch demokratische/oppositionelle Netzwerke in den Ländern, in denen wir uns befinden, einbeziehen.

Denjenigen, die nicht in Berlin sind und die Konferenz mit dem Titel „Die Zukunft gemeinsam weben” verfolgen möchten, empfehle ich, unseren youtube-Kanal https://www.youtube.com/@EffpPeaceForum und unsere Webseite www.forumforpeace.eu zu verfolgen.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/konferenz-in-berlin-demokratie-und-freiheit-in-der-turkei-31076

 

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„Anweisung von Oben“

29. August 2024 - 9:00

Am 12. Juni 2021 machte sich eine Hamburger Delegation auf den Weg nach Hewlêr (Erbil), um als Teil einer internationalen Delegation vor Ort ein Bild über die Situation zu machen und die dort lebende Zivilbevölkerung für eine friedliche Lösung gegen den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei in Südkurdistan zu unterstützen. Jedoch wurden 21 Personen der Delegation am Düsseldorfer Flughafen von der Bundespolizei festgehalten, von denen 17 eine einmonatige Ausreiseuntersagung für Reisen in den Irak erhielten. Zwei der Betroffenen klagten im Juni 2022 vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen das Vorgehen der Bundespolizei. Dies entschied am Mittwoch, dass die Ausreiseverbote rechtswidrig waren.

„Wir freuen uns sehr über das Urteil“, sagt Theda Ohling, eine der Hamburger Klägerinnen. Die Bundespolizei hatte ihr und den anderen Delegationsteilnehmenden unterstellt, sie habe im Rahmen einer Aktion „menschliches Schutzschild“ die PKK-Guerilla im Qendîl-Gebirge unterstützen wollen. Dies würde die Beziehungen zum „NATO-Partner Türkei“ negativ belasten und damit erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren.

„Wir hoffen, dass das Urteil die Polizei in Zukunft vor derartigen Grundrechtseingriffen in die Reisefreiheit abhält“, sagt die Klägerin Ronja H. Zuletzt wurde Ende Juli 2024 am Münchener Flughafen einer Delegation die Ausreise untersagt, die zum zehnjährigen Gedenken an den durch den „Islamischen Staat“ (IS) verübten Genozid an den Êzîd:innen im Şengal (2014) nach Südkurdistan (Nordirak) reisen wollten. Insgesamt wurde in den letzten sechs Jahren 131 Personen die Ausreise aus Deutschland verweigert.

Die Klägerinnen hatten sich darüber hinaus erhofft, mehr Informationen über die Hintergründe der Maßnahme zu halten, so Defend Kurdistan Hamburg. Diesbezüglich hielt die Bundespolizei sich allerdings bedeckt und weigerte sich unter Berufung auf Geheimhaltungsinteressen, die Akten vollständig vorzulegen. Im Rahmen der Kontrolle am Flughafen hatten Beamte angegeben, es habe eine „Anweisung von Oben“ gegeben. „Von wem die kam und ob es dabei eine Zusammenarbeit mit türkischen Behörden gab, hätten wir gerne erfahren“, sagen die Klägerinnen. „Die Vermutung liegt nah, dass die Bundesrepublik sich mit den Ausreiseverboten zum Handlanger von Erdoğan macht. Denn der möchte nicht, dass über die völkerrechtswidrigen Angriffe auf Kurdistan berichtet wird.“

Defend Kurdistan Hamburg betont, dass kurdische Vereine, Verbände und Initiativen, die sich für Frieden in Kurdistan und die Belange kurdischer Menschen einsetzen, seitens der deutschen Behörden seit Jahren kriminalisiert werden. Das Urteil des VG Köln gibt Hoffnung auf eine längst notwendige Entkriminalisierung von Kurd:innen in der BRD und des Engagements für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/ausreiseverbote-gegen-friedensdelegation-nach-kurdistan-rechtswidrig-43411 https://anfdeutsch.com/aktuelles/verwaltungsgericht-koln-verhandelt-uber-ausreiseverbot-nach-kurdistan-43373 https://anfdeutsch.com/aktuelles/cansu-Ozdemir-diese-massnahme-war-ganz-klar-rechtswidrig-26726 https://anfdeutsch.com/aktuelles/klage-gegen-bundespolizei-in-hamburg-vorgestellt-32465

 

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Rojava: Hochschule für Kunst und Kultur eröffnet

29. August 2024 - 8:00

Trotz der massiven Angriffe auf die selbstverwalteten Gebiete in Nord- und Ostsyrien geht der Aufbauprozess in den Regionen weiter. Seit Beginn der Rojava-Revolution im Jahr 2012 wurden wichtige Schritte zum Schutz und zur Entwicklung kultureller und künstlerischer Aktivitäten in der Region unternommen. Ein weiterer dieser Schritte wird nun die bevorstehende Eröffnung der Hochschule für Kunst- und Kultur sein. Die Anmeldefristen für den ersten Studiengang enden am 31. August. Nach Aufnahmeprüfungen wird der Lehrbetrieb am 5. Oktober starten.

Fachbereiche Film, Theater und Musik

 


Sîham Dawûd, Ko-Vorsitzende der Kunsthochschule, wies darauf hin, dass zum ersten Mal in Nord- und Ostsyrien eine Kunsthochschule eröffnet werde und sagte: „Die Kunsthochschule wird unter der Leitung der Demokratischen Kultur- und Kunstbewegung Mesopotamiens (TEV-ÇAND) mit Unterstützung der Universität Rojava und des Kulturrats von Nord- und Ostsyrien eröffnet. Die Kunsthochschule wird eine Ausbildung in drei Kunstsparten anbieten: Musik, Film und Theater.

Die Bewerbungsphase begann am 24. August und läuft bis zum 31. August. Die Ausbildung dauert drei Jahre, davon zwei Jahre Theorie und das letzte Jahr praktische Ausbildung. Bewerbungen für die Kunsthochschule können über die TEV-ÇAND-Zentren in jeder Stadt in Nord- und Ostsyrien, die Rojava-Universität in Qamişlo, die Kobanê-Universität in Kobanê und das Bildungskomitee der Demokratischen Gesellschaft (KPC-D) in Şehba eingereicht werden.“

Das Entscheidende ist die Begeisterung für die Kunst“

Sîham Dawud erklärte, dass sich junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren an der Kunsthochschule bewerben können: „Jeder Schüler und jede Schülerin, die das Gymnasium abgeschlossen hat, hat das Recht, sich an der Kunsthochschule zu bewerben. Aber auch Personen, die keine Möglichkeit hatten, ihre Schulausbildung abzuschließen, und die eine Vorliebe für Kunst haben, können sich an der Kunsthochschule bewerben. Zunächst gibt es schriftliche Prüfungen. Die Kurse werden von auf Musik, Theater und Film spezialisierten Lehrern aus Nord- und Ostsyrien abgehalten. Darüber hinaus werden einige Lehrkräfte an der Kunsthochschule auch im Rahmen von Online-Kursen unterrichten.

Die Kunsthochschule ist eine Errungenschaft der Revolution“

Sîham Dawud hob die Bedeutung der Kunsthochschule hervor: „In Nord- und Ostsyrien hat eine auf allen Ebenen bedeutende Revolution stattgefunden. Die Revolution hat wichtige Werte geschaffen. Einer dieser Werte ist die Kunsthochschule. Die Ausbildung an der Kunsthochschule wird in kurdischer Sprache erfolgen. Seit Jahrhunderten wird versucht, das kurdische Volk einem kulturellen Genozid zu unterwerfen, aber das widerständige kurdische Volk besteht darauf, seine Kultur und Kunst zu erhalten. Mit seiner Kultur und Kunst vermittelt es seinen Schmerz, seine Trauer, seine Errungenschaften und seine Erfahrungen an neue Generationen und bewahrt mit seiner Kultur und Kunst seine Geschichte. In der Kunsthochschule wird die Vertiefung und Spezialisierung in Kunst und Kultur als Grundlage genommen, um unsere Kultur und Kunst weiterzuentwickeln und zu verbreiten.“

 


Hêlin Silêman aus Tirbêspiyê, die sich an der Kunsthochschule beworben hat, sagte: „Die jungen Menschen gestalten die Zukunft der Revolution. Ich habe mich an der Kunsthochschule beworben, weil ich mich für Musik interessiere. Ich denke, es ist wichtig, sich an der Kunsthochschule zu bewerben, um unsere Kultur und Kunst zu schützen, weiterzuentwickeln und an die kommenden Generationen weiterzugeben. Wir, die Jugend, werden die Zukunft unseres Landes bestimmen. Alle jungen Menschen, die eine Begeisterung für Kunst empfinden, sollten ihr Engagement für ihr Land der Welt durch die Kunst mitteilen.“

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Ausreiseverbote gegen Friedensdelegation nach Kurdistan rechtswidrig

28. August 2024 - 20:00

Heute hat das Verwaltungsgericht Köln über die Klagen zweier Hamburgerinnen entschieden, die sich gegen die Untersagung ihrer Ausreise in den Irak durch die Bundespolizei im Juni 2021 gewehrt haben. Die beiden Klägerinnen waren Teil einer internationalen Friedensdelegation, die nach Südkurdistan/Nordirak reisen wollte, um einen Beitrag zur Beendigung der völkerrechtswidrigen Angriffe des türkischen Staates zu leisten. Wie der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mitteilt, urteilte das Gericht, dass die Untersagung der Ausreisen sowie einmonatige Reiseverbote in den Irak rechtswidrig waren.

Internationale Friedensdelegation der Kampagne Defend Kurdistan

Am 12. Juni 2021 wollten Teilnehmer:innen einer Friedensdelegation der Kampagne Defend Kurdistan über den Flughafen Düsseldorf nach Hewlêr (Erbil) in Südkurdistan/Nordirak ausreisen. An der Friedensdelegation beteiligten sich etwa 160 Menschen aus 14 Ländern, um Aufmerksamkeit in den europäischen Gesellschaften für den Krieg in Kurdistan und die völkerrechtswidrigen Angriffe des türkischen Militärs zu schaffen sowie zu einer friedlichen Lösung des Kurdistan-Konflikts beizutragen.

Erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“

Am Flughafen Düsseldorf verweigerte die Bundespolizei 17 Teilnehmer:innen die Ausreise, unter ihnen auch die Hamburger Linksfraktionsvorsitzende Cansu Özdemir, und sprach einmonatige Ausreiseuntersagungen aus. Die Behörde begründete ihr Vorgehen u.a. mit den Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur Türkei, die eine Reise „weiter negativ belasten“ würde. Dadurch seien „erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland“ gefährdet.

Angriff auf die internationale Solidarität

Nachdem die Widersprüche gegen die Verbote abgelehnt worden waren, erhoben zwei Teilnehmerinnen aus Hamburg im Juni 2022 Klagen gegen die Bundespolizei. Sie sahen im Vorgehen der Bundespolizei einen Angriff auf die internationale Solidarität mit der kurdischen Gesellschaft und eine unzulässige Kriminalisierung ihres Einsatzes für Frieden in Kurdistan, die sie in ihren Grundrechten verletzt habe. Über diese Klagen urteilte heute das Verwaltungsgericht Köln.

Die Verbote waren rechtswidrig

Nachdem die Verfahren der zwei Klägerinnen kurzfristig getrennt verhandelt wurden, kam das Gericht in beiden Fällen zu dem Urteil, dass die Verbote rechtswidrig waren. Das Gericht stützte sich in seiner Urteilsbegründung vor allem darauf, dass die Behörden keine hinreichenden individuellen Erkenntnisse vorbringen konnten, dass die Klägerinnen sich im Nordirak wie behauptet an Propagandatätigkeiten der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) beteiligen wollten.

Kundgebung vor dem Verwaltungsgericht

Vor dem Gerichtsgebäude fand eine Kundgebung statt, bei der Vertreter:innen der deutschen Linken und der kurdischen Bewegung ihre Solidarität mit den Klägerinnen zum Ausdruck brachten und in Redebeiträgen die Repression durch die Bundespolizei verurteilten.

Gehäufte Ausreiseverbote gegen politisch Aktive

Obwohl die der Entscheidung zugrundeliegenden Verbote bereits mehr als drei Jahre zurückliegen, hat das heutige Urteil eine gewisse Relevanz. Nach Beobachtung von AZADÎ häufen sich nämlich in den letzten Jahren Ausreiseverbote gegen politisch Aktive, um sie in ihrem Engagement zu behindern. Erst Ende Juli wurde eine fünfköpfige Reisegruppe auf dem Weg nach Şengal im Nordirak am Flughafen München aufgehalten. Gegen alle Reisenden wurden einmonatige Ausreiseverbote ausgesprochen. Die Gruppe wollte an Gedenkveranstaltungen zum zehnten Jahrestag des Genozids an den Êzîd:innen in Şengal teilnehmen.

AZADÎ begrüßt das Kölner Urteil

„Nicht nur Kurd:innen und Kurdistan-solidarische Personen sind von diesen Verboten betroffen, sondern bspw. auch Antifaschist:innen wie der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschist:innen (VVN-BdA), dem im März 2023 die Ausreise nach Bulgarien untersagt wurde. Daher begrüßt AZADÎ das heutige Urteil und fordert die Bundespolizei auf, künftig vom Mittel der Ausreiseverbote abzulassen“, teilte der Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland mit.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/verwaltungsgericht-koln-verhandelt-uber-ausreiseverbot-nach-kurdistan-43373 https://anfdeutsch.com/aktuelles/cansu-Ozdemir-diese-massnahme-war-ganz-klar-rechtswidrig-26726 https://anfdeutsch.com/aktuelles/Sengal-delegation-am-flughafen-munchen-aufgehalten-43089

 

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Kongra Star: Niemand wird den Willen freier Frauen brechen können

28. August 2024 - 20:00

Der Frauenverband Kongra Star hat eine Erklärung zu dem jüngsten Drohnenangriff der Türkei in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien abgegeben. Bei dem Luftschlag am Mittwochvormittag im Enteriye-Viertel in Qamişlo wurde ein Auto bombardiert. Wie Rihan Loqo als Sprecherin von Kongra Star nach dem Anschlag mitteilte, wurden die Aktivistin Xalide Mihemed Şerîf (45) und ihr Sohn Hejar Ednan Silêman (24) getötet.

 


„Der türkische Staat begeht Massaker, um die Errungenschaften von Frauen zu zerstören. Deshalb greift er gezielt Frauen an, die eine führende Rolle in der Revolution einnehmen und die Philosophie Jin-Jiyan-Azadî vertreten“, sagte die Sprecherin bei einer Pressekonferenz vor dem Kulturzentrum Mihemed Şêxo in Qamişlo. Xalide Mihemed Şerîf sei eine führende Persönlichkeit in der Gesellschaft gewesen.

Rihan Loqo erklärte, dass der tödliche Angriff mit Zustimmung internationaler Mächte durchgeführt wurde. Sie verurteilte das allgemeine Schweigen zu den Verbrechen des türkischen Staates und sagte: „Niemand wird den Willen freier Frauen brechen können.“

Zum Abschluss der Erklärung riefen die Frauen „Şehîd namirin” (Die Gefallenen sind unsterblich) und „Jin Jiyan Azadî” (Frau Leben Freiheit).

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/turkischer-drohnenangriff-in-qamislo-43406 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/daanes-verurteilt-angriff-auf-kurdische-presse-43365 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/double-tap-vier-verletzte-bei-drohnenangriffen-in-efrin-43300

 

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Aufruf für Jugenddemonstration in der Schweiz

28. August 2024 - 18:00

Aktivist:innen der Bewegung kämpferischer junger Frauen (TekoJIN) und der kurdischen Jugendbewegung TCŞ haben zur Teilnahme an einem Meşa Dirêj (Langer Marsch) in der Schweiz aufgerufen. Die Aktion beginnt am Samstag, 31. August, in Lausanne und soll am selben Tag mit einem Appell für die Freiheit von Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage vor dem UN-Sitz in Genf enden.

 


In einem von Nûçe Ciwan veröffentlichten Video rufen Aktivist:innen die kurdische und internationalistische Jugend zur Teilnahme an der Demonstration auf und machen auf die Isolation von Abdullah Öcalan aufmerksam. In Deutschland findet im September ein fünftägiger Marsch mit derselben Forderung statt. Auftakt ist am 15. September in Bielefeld.

Hintergrund: Seit 2021 kein Lebenszeichen

Abdullah Öcalan, der 1978 die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) begründete, gilt als wirkmächtigster politische Gefangene der Gegenwart. Seit er vor mehr als 25 Jahren im Rahmen eines internationalen Komplotts, an dem unter anderem die USA und Israel beteiligt waren, in Kenia entführt und völkerrechtswidrig an die Türkei übergeben wurde, befindet er sich unter Abschottung von seiner Außenwelt im Inselgefängnis Imrali. Den letzten Anwaltsbesuch erhielt der heute 75-Jährige 2019, letztmaliger Familienbesuch kam 2020 zustande. Im März 2021 wurde bedingt durch eine internationale Protestwelle ein Telefongespräch zwischen Öcalan und seinem Bruder ermöglicht, das jedoch nach wenigen Minuten aus unbekannten Gründen unterbrochen worden ist.

Seitdem gibt es kein Lebenszeichen mehr von Öcalan und seinen drei Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş. Besuchsanträge der Istanbuler Kanzlei Asrin, die die vier Imrali-Gefangenen anwaltlich vertritt, werden von der türkischen Justiz abgelehnt, Auskunftsersuchen bleiben unbeantwortet. Zur juristischen Ummantelung werden alle sechs Monate verlängerte Disziplinarstrafen im Strafvollzug verhängt. Auch internationale Initiativen zur Aufhebung der Isolation auf Imrali werden in Ankara ignoriert.

Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) hat nach einem Besuch im Inselgefängnis Imrali im Jahr 2019 festgestellt, dass die Incommunicado-Haft im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsstandards steht. Das Verbot von Anwaltsbesuchen verstößt gegen die 2015 aktualisierten Standard-Mindestregeln der Vereinten Nationen (UN) für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln), gegen die Empfehlungen des Antifolterkomitees des Europarats (CPT) und gegen das türkische Vollzugsgesetz.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/mobivideo-fur-langen-marsch-der-kurdischen-jugend-43392 https://anfdeutsch.com/aktuelles/langer-marsch-fur-die-freiheit-von-abdullah-Ocalan-43343 https://anfdeutsch.com/aktuelles/betreff-der-fall-abdullah-Ocalan-43044

 

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Bericht über türkische Geheimdienstaktivitäten in Deutschland

28. August 2024 - 18:00

Sind 40 ausgebildete Spione des türkischen Geheimdienstes MIT nach Deutschland entsandt worden, um hier gegen kurdische Aktivist:innen vorzugehen? Das berichtet die kurdische Rechercheplattform Lekolîn auf Grundlage von Informationen, die ihr zugespielt sein sollen. Demnach haben sich Mitarbeiter der MIT-Abteilung für „spezielle Tätigkeiten“ kürzlich im Touristen-Hotspot Antalya-Lara heimlich mit Personen getroffen, die anschließend von verschiedenen Reiseveranstaltern nach Deutschland geschickt wurden.

Unter den Spionen sollen sich dem Bericht zufolge auch mehrere Personen befinden, die nach der türkischen Besetzung der nordsyrischen Stadt Efrîn mit dem türkischen Staat kooperiert und kurdische Aktivist:innen an die türkische Armee ausgeliefert haben. Der Bericht nennt vier Personen namentlich: Azad Birîm, Mezlûm Qulê, Yasir Eli und Ciwan Izet Mihemed. Alle vier sollen seit 2018 im Auftrag des türkischen Staates Kurd:innen aus Efrîn, die zuvor mit der Selbstverwaltung kooperiert hatten, entführt und an die türkische Besatzungsmacht ausgeliefert haben. Azad Birîm wird auch für zahlreiche Morde und Folter an Kurd:innen verantwortlich gemacht. Nun sollen sie ihre Tätigkeit für den türkischen Staat offenbar in Deutschland fortsetzen.

Geheimabteilung des MIT koordiniert Aktivitäten im Ausland

Für die Organisation des Treffens in Antalya-Lara und die Entsendung der Spione nach Deutschland soll nach Informationen von Lekolîn eine Abteilung innerhalb des MIT verantwortlich sein, deren offizielle Existenz vom türkischen Staat bis heute geleugnet wird. Die Abteilung für „spezielle Tätigkeiten“ untersteht demnach direkt dem Geheimdienstchef İbrahim Kalın. Die Geheimhaltung dieser Abteilung hänge damit zusammen, dass sich die Aktivitäten der dort angesiedelten Agenten selten auf rechtsstaatlichem Boden bewegten und für die politische Reputation der Türkei äußerst heikel sein könnten. So soll diese Abteilung an der Finanzierung und Unterstützung verschiedener islamistischer Gruppen in Syrien beteiligt gewesen sein und selbst paramilitärische Organisationen wie die Turkmenische Front, Hashd al-Watani und Roj Peschmerga im Irak durch direkte Befehlsgewalt kontrolliert haben. Auch der Einsatz islamistischer oder protürkischer Milizen im Auftrag der Regierung Erdogans in Konflikten wie Bergkarabach/Arzach oder Libyen hat in den letzten Jahren weltweit für Schlagzeilen gesorgt.

Türkischer Geheimdienst gefährdet Sicherheit in Deutschland

Dass es dem türkischen Geheimdienst nicht nur darum geht, Informationen über kurdische Aktivist:innen in Europa zu sammeln, dürfte spätestens seit dem Mord an den drei kurdischen Aktivistinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 in Paris hinreichend bekannt sein. Der Täter Ömer Güney war vom MIT rekrutiert und in die kurdischen Strukturen eingeschleust worden. Nach seiner Verhaftung starb er am 17. Dezember 2016 unter mysteriösen Umständen in seiner Zelle. Güney, der zeitweise auch in Süddeutschland lebte, ist wohl der bekannteste, aber leider nicht der einzige Fall. Auch der türkische Geheimdienstmitarbeiter Mehmet Fatih Sayan plante 2016 Attentate auf kurdische Aktivist:innen. Getarnt als Journalist soll er Teil eines dreiköpfigen Mordkommandos im Auftrag des Erdogan-Regimes gewesen sein. Nachdem er den Sicherheitsbehörden aufgefallen war, wurde er verhaftet. Vor Gericht wurde er jedoch nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Hier war die Rücksichtnahme auf die deutsch-türkischen Beziehungen wohl wichtiger als der Schutz des Lebens kurdischer Menschen.

Die Erfahrungen der Vergangenheit werfen natürlich auch die Frage auf, wie ernsthaft die deutschen Sicherheitsbehörden und die politisch Verantwortlichen mit den jüngsten Informationen über die Entsendung von 40 Geheimdienstmitarbeitern nach Deutschland umgehen werden. In dieser Gruppe dürften sich Personen befinden, die sich in Syrien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht haben und das im Auftrag des türkischen Staates. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich darunter Personen mit islamistischem Hintergrund befinden, die in Syrien mit der Türkei kooperiert haben. Gerade nach dem Anschlag von Solingen gilt es daher, die Aktivitäten des türkischen Staates und seiner geheimdienstlichen Strukturen in Deutschland besonders genau im Auge zu behalten.

Der Artikel ist von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.

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