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Aktualisiert: vor 1 Stunde 23 Minuten

Wenn der Tresor droht: Euroclear schließt Klage gegen EU in Sachen Russlandgelder nicht aus

20. November 2025 - 0:03

Die schon seit längerem köchelnde Debatte um das Einfrieren russischer Staatsvermögen bei Euroclear hat eine neue Eskalationsstufe erreicht: Euroclear droht der Europäischen Union offen mit Gerichtsverfahren, falls Brüssel versucht, die eingefrorenen Gelder für einen 140-Milliarden-Kredit an die Ukraine zu verwenden. Damit steht nicht nur Europas Politik, sondern seine gesamte Finanzinfrastruktur auf dem Spiel.

Um was geht es? Euroclear ist keine Bank – sie ist ein internationaler Wertpapierabwickler mit Sitz in Belgien. Viele internationale Banken nutzen diese Institutionen, um den Interbankenverkehr abzuwickeln. Dort lagern auch staatliche Reserven Russlands in Höhe von geschätzten 185 bis 200 Milliarden Euro, die seit den Sanktionen eingefroren sind. Ein großer Teil dieser Vermögenswerte besteht inzwischen aus Bargeld, da die zugrunde liegenden Anleihen fällig wurden.

Die EU hat diese Guthaben seit längerer Zeit nicht nur blockiert, sondern «genutzt», sprich die Erträge der Ukraine zur Verfügung gestellt oder damit Waffen für die Ukraine gekauft. Nun möchte Brüssel diese Reserven einziehen und damit den der Ukraine versprochenen 140-Milliarden-Kredit aufnehmen, der bisher nur zu einem kleinen Bruchteil einbezahlt ist und nicht vom Fleck kommt.

Wenn Brüssel nun versucht, diese Gelder nicht nur zu «nutzen», sondern faktisch zu enteignen, gerät Euroclear in einen dramatischen Zielkonflikt. Das Institut hat klargemacht, dass es seine Treuepflicht gegenüber Russland nicht einfach ignorieren kann: Es sieht sich einer möglichen Rückforderung gegenüber, falls Sanktionen irgendwann aufgehoben werden.

Die Argumentation von Euroclear fußt auf festem juristischem Boden: Enteignung oder Zwangsübertragung von Staatsvermögen ohne rechtliche Grundlage verstoße gegen internationales Recht. Unter anderem das Prinzip der «souveränen Immunität» würde verletzt – Staaten genießen einen besonderen Schutz gegenüber fremden Beschlagnahmungen. Bei einem erzwungenen Transfer könnten Russland und Euroclear gemeinsam klagen, was Brüssel in einen teuren und reputationsschädigenden Rechtsstreit verwickeln würde.

Belgien selbst – immerhin Anteilseigner bei Euroclear – zeigt sich besonders skeptisch. Außenminister Maxime Prévot hat wiederholt davor gewarnt, dass eine aggressive Umverteilung rechtliche Risiken bergen sowie das Vertrauen in die europäischen Finanzmärkte und den Euro erschüttern könnte. Auch Ministerpräsident Bart De Wever warnt, ein solcher Schritt könnte nicht nur die Stabilität von Euroclear gefährden, sondern wichtige Investoren misstrauisch machen und abschrecken.

Brüssel spürt den Druck: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlägt vor, die Vermögenswerte nicht direkt zu konfiszieren, sondern sie «nur» als Sicherheit für einen Ukraine-Kredit zu nutzen, also zu verpfänden. Doch selbst dieses Modell stößt auf Widerstand: Denn wer die Zinsen nutzt, könnte noch immer juristisch verantwortlich gemacht werden, wenn die Hauptsumme zurückgefordert wird. Und: Wer akzeptiert eine Sicherheit, die er im Notfall nicht monetisieren kann?

Der Konflikt hat auch außenpolitische Dimensionen: Russland droht bereits mit Rechtsstreitigkeiten. Und Euroclear warnte davor, dass ein erzwungener Zugriff auf die Reserven nicht ohne Gegenreaktionen bliebe – bis hin zu Kapitalflucht aus dem Euroraum.

Sollte die EU gegen den Willen von Euroclear die Gelder konfiszieren, steht nicht nur das Institut selbst, sondern das europäische Finanzsystem vor einer Prüfung. Belgien warnt bereits vor einem systemischen Schock: Das Vertrauen in Banken, Depot-Strukturen und die Stabilität des Euro könnte erodieren. Gleichzeitig könnte der Präzedenzfall dazu führen, dass Staaten und Investoren andere Verwahrorte und Wertpapierverwahrstellen bevorzugen, wodurch Europa Reserven verliert.

Zuletzt hat die Europäische Kommission Experten nach Brüssel entsandt, um Belgien zu beruhigen und rechtliche Garantien zu erarbeiten. Doch solange keine gemeinsame, risiko- und rechtssichere Strategie existiert, bleibt die Bedrohung real: Ein Finanzmarktakteur droht seinem politischen Auftraggeber mit der höchsten Waffe – der Klage.

Dieser Konflikt ist nicht nur ein Mittel im Ukrainekrieg, sondern ein Testfall für die Integrität des internationalen Finanzrechts und des EU-Finanzmarktes. Euroclear steht für das Herzstück europäischer Kapitalmärkte. Wenn diese Institution klagt, dann ist das keine Randgeschichte mehr, sondern ein orchestrierter Rechtskonflikt mit globaler Strahlkraft. Die EU muss sich entscheiden: Setzt sie kurzfristig politische Ziele um – oder riskiert sie langfristig ihr Vertrauen als verlässlicher Finanzplatz?

Kategorien: Externe Ticker

«Wahnsinn»: Selenskyj in 100-Millionen-Dollar-Korruptionsskandal verwickelt – dennoch will EU der Ukraine 135 Milliarden geben

19. November 2025 - 11:12

Als wäre nichts gewesen, wird Spanien die Ukraine im Krieg gegen Russland mit neuen Hilfen im Gesamtwert von 817 Millionen Euro unterstützen. Das sicherte jetzt der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Madrid zu, wie etwa Stern.de gestern Abend vermeldete.

Am 13. November hatte die EU bereits 5,9 Milliarden € ausgezahlt. Und damit nicht genug: Die skandinavischen und baltischen Staaten (die «Nordic-Baltic 8», also Dänemark, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Schweden) haben zuletzt mehrere Hilfspakete für die Ukraine angekündigt und bereits ein gemeinsames Paket in Höhe von 500 Millionen Dollar zugesagt für Militär­ausrüstung und Munition.

Das sind allerdings regelrecht Peanuts im Vergleich zu dem, was EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Montag forderte. So drängt sie auf eine rasche Einigung über die Finanzierung des enormen Haushaltslochs der Ukraine in Höhe von 135 Milliarden Euro bis 2027.

Doch da war beziehungsweise ist doch was! So ist die ukrainische Regierung von einem Geldwäsche- und Korruptionsskandal in Höhe von 100 Millionen US-Dollar erschüttert worden, just als die EU über weitere Milliardenhilfen für Kiew nachdachte. Das bewog Stern.de gestern Nachmittag zu fragen:

«Kann man Selenskyj noch trauen? In einer der heikelsten Phasen des Krieges erschüttert ein Korruptionsskandal die Ukraine. Präsident Selenskyj muss sein Volk und seine Partner beschwichtigen. Ist es zu spät?»

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán wirft Brüssel sogar offen vor, eine «Kriegsmafia» in der Ukraine zu finanzieren. Hungary Today zitierte ihn gestern mit folgenden Worten:

«Es ist schockierend, dass, während eine Kriegsmafia in der Ukraine das Geld der europäischen Steuerzahler in die eigene Tasche steckt, Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, vorschlägt, dass wir noch mehr Geld schicken, anstatt eine Prüfung anzuordnen oder möglicherweise weitere Zahlungen auszusetzen.»

Auch The Exposé brachte gestern einen Artikel zum Thema und nimmt darin Bezug auf einen Beitrag von The Spectator mit der Headline «Der Skandal, der Wolodymyr Selenskyj zu Fall bringen könnte». Grund: Einige seiner engsten Verbündeten seien unter den Beschuldigten. The Exposé zu den zentralen Korruptionsvorwürfen:

«Das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) vermutet ein Schmiergeldnetzwerk im Zusammenhang mit Verträgen, die eigentlich dazu dienen sollen, die Energieinfrastruktur des Landes zu stärken – in Wirklichkeit aber möglicherweise Geld in die Schattenwirtschaft fließen lassen. Reuters berichtet, dass sieben Personen angeklagt wurden, von denen fünf bereits in Haft sind.

Unter den von den Ermittlern genannten Personen befinden sich ein ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident, Ministerialberater, der Sicherheitschef von Energoatom und Timur Mindich, ein enger Vertrauter von Selenskyj. Mindich ist ein prominenter Geschäftsmann und ehemaliger Miteigentümer von Selenskyjs Fernsehgesellschaft Kvartal 95. Das NABU behauptet, dass Zahlungen von Auftragnehmern an Insider flossen, die die Verträge aushandelten.»

The Exposé geht auch näher auf Timur Mindich ein und zitiert dazu aus dem Spectator-Beitrag. Demnach ist der 46-Jährige «am bekanntesten als langjähriger Miteigentümer von Wolodymyr Selenskyjs Kvartal 95». Kvartal 95 ist der Name eines ukrainischen Produktionsunternehmens, das 2003 von Wolodymyr Selenskyj mitgegründet wurde und eng mit seiner Karriere als Komiker und Schauspieler verbunden ist. Das Studio ist bekannt für die Produktion von Filmen und Fernsehsendungen wie der politischen Comedy-Serie «Diener des Volkes», in der Selenskyj die Hauptrolle spielte: Einen Lehrer, der ausgerechnet zum Präsidenten gewählt wird und gegen Korruption vorgeht.

Durch die Verbindung Mindichs mit Selenkyj würde ein Korruptionsfall in eine politische Krise für den Präsidenten verwandelt. Laut The Spectator «gehören eine Toilette aus massivem Gold und Schränke voller Säcke mit 200-Euro-Scheinen zu den Schätzen, die mit dem prominenten ukrainischen Geschäftsmann Timur Mindich in Verbindung gebracht werden». Mindich sei «groß im Immobilien-, Düngemittel-, Bank- und Diamantenhandel» tätig, und die 15-monatigen Ermittlungen des NABU dürften «weitreichende Konsequenzen» für Selenskyjs politische Zukunft haben.

Mindich sei derweil zusammen mit mehreren anderen Hauptverdächtigen nur wenige Stunden vor den Razzien aus der Ukraine geflohen. So soll er die Grenze nach Polen in der Nacht zum 10. November 2025 mit einem Luxus-Taxi (Mercedes-Benz S 350) um 2:09 Uhr überquert haben, nur Stunden vor den Razzien des NABU.

Mehrere Quellen deuten jedoch darauf hin, dass Polen lediglich ein Transitpunkt war und Mindich sich mittlerweile in Israel aufhält – wo er bereits im September seinen Geburtstag gefeiert habe.

Aktuelle Meldungen bestätigen, dass er dort «versteckt» ist und dass die Ukraine ihm die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen hat, was eine Auslieferung erschweren könnte. Denn Israel weigert sich typischerweise, eigene Staatsbürger auszuliefern, was Mindichs Schutz dort verstärkt, denn er ist jüdischer Herkunft und besitzt die israelische Staatsbürgerschaft.

Orbán legte hier den Finger in die Wunde und trug vor, dass die aufkommenden Korruptionsberichte ein «Kriegsmafia-Netzwerk mit unzähligen Verbindungen zu Präsident Wolodymyr Selenskyj aufgedeckt» hätten, wie etwa Newsweek berichtete. «Es ist höchste Zeit, dass Brüssel endlich versteht, wohin ihr Geld wirklich fließt», so der 62-Jährige. Und weiter:

«Die goldene Illusion der Ukraine zerbricht. Ein Netzwerk der Kriegsmafia mit unzähligen Verbindungen zu Präsident Selenskyj wurde entlarvt. Der Energieminister ist bereits zurückgetreten, und der Hauptverdächtige ist aus dem Land geflohen.

In dieses Chaos will die Brüsseler Elite das Geld der europäischen Steuerzahler pumpen, wo alles, was nicht an der Front verschossen wird, in den Taschen der Kriegsmafia landet. Wahnsinn.»

Kategorien: Externe Ticker

Studie: Tanzen und andere kreative Tätigkeiten lassen Gehirne langsamer altern

19. November 2025 - 0:40

Kürzlich erschien in Nature Medicine eine Arbeit, die aufzeigt, dass Menschen, auch wenn sie bereits frühe Anzeichen einer Alzheimer-Krankheit im Gehirn aufweisen, bereits von mäßiger körperlicher Aktivität profitieren können (siehe TN-Artikel).

Eine in Nature Communications publizierte Studie weist in eine ähnliche Richtung, beschränkt sich aber nicht nur auf Bewegung. Demnach verzögern diejenigen, die viel tanzen, Kunstmalerei betreiben und musizieren, das biologische Altern ihres Gehirns um etliche Jahre. So sollen beispielsweise die Gehirne von professionellen Tangotänzerinnen und -tänzern im Durchschnitt sieben Jahre jünger als diejenigen von Personen sein, die vergleichbar alt und aktiv, aber nicht kreativ sind.

Kunstmalen und Zeichnen verjüngen das neuronale Zentralorgan laut der Studie fast genauso gut. Ähnlich hilfreich sei es auch, zu musizieren. Sogar mit kreativem Gaming lasse sich die biologische Uhr des Gehirns zurückstellen.

Diese Ergebnisse wurden von Teams aus 13 Ländern zutage gefördert. Die Federführung hatte dabei der argentinische Neurowissenschaftler Agustín Ibáñez von der Universität Universidad Adolfo Ibáñez in Santiago de Chile inne und es bestand eine Zusammenarbeit mit dem Global Brain Health Institute (GBHI). Die Autoren führen aus:

«In dieser Studie untersuchten wir die potenziell schützenden Effekte kreativer Erfahrungen auf die innere Uhr in einer großen Stichprobe von 1.472 Teilnehmenden. Wir entwickelten kreativitätssensitive Messverfahren zur Erfassung beschleunigter und verzögerter Hirnalterung mithilfe von Hirnuhren, Graphentheorie und biophysikalischer Modellierung. Zunächst schätzten wir robuste Hirnuhrmodelle mithilfe von maschinellem Lernen und EEG-Daten von 1.240 Teilnehmenden. Anschließend berechneten wir die Unterschiede im Hirnalter ... bei Personen mit unterschiedlichen Ausprägungen kreativer Erfahrungen.

Diese umfassten nach Alter , Geschlecht, Bildung und geografischer Lage vergleichbare Gruppen von erfahrenen und unerfahrenen Tangotänzern, Musikern, bildenden Künstlern und Videospielern. In einer separaten Gruppe untersuchten wir die Vorher-nachher-Effekte von Kurzzeitlernen im Rahmen eines Videospieltrainings. Dieses Studiendesign ermöglichte es uns, die Effekte gefestigter beruflicher Expertise mit denen von Kurzzeitlernen zu vergleichen.»

Als Folge davon habe man zeigen können, dass domänenübergreifende kreative Erfahrungen mit einer verzögerten Hirnalterung, gemessen anhand von BAGs (Brain Aging Aggregation), einhergehen. Der Effekt ist domänenübergreifend (= domänenfrei), weil das Gehirn offenbar nicht danach fragt, «ist das jetzt Kunst, Musik oder Gaming?». Es reagiert auf etwas Gemeinsames, das allen diesen Tätigkeiten innewohnt, zum Beispiel:

  • Hohe kognitive Flexibilität
  • Ständiges Lernen und Anpassen
  • Kreatives Problemlösen unter Unsicherheit
  • Flow-Zustände (Zustand völliger Vertiefung und höchster Konzentration) und intensive Konzentration
  • Belohnung durch selbstgeschaffene Ergebnisse

Dabei stellten die Forscher fest, dass niedrigere negative BAGs bei Personen mit mehr kreativen Erfahrungen hauptsächlich in frontoparietalen Hirnregionen zu beobachten sind, da diese Regionen anfällig für Alterungsprozesse sind. Ein Zusammenhang zwischen verzögerter Hirnalterung und dem Grad kreativer Expertise wurde sowohl bei Experten als auch bei Lernenden beobachtet. Diese Effekte waren in der Expertenstudie mit Langzeittraining stärker ausgeprägt als die Vorher-Nachher-Effekte bei Nicht-Experten mit Kurzzeittraining.

Kategorien: Externe Ticker

Venezuela im Visier: Das Narrativ, das die USA freispricht

19. November 2025 - 0:05

Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von l'AntiDiplomatico übersetzt und übernommen.

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Es gibt ein Wort, das plötzlich aus dem Wortschatz der westlichen Medien verschwunden ist: Aggression. Von 2022 bis 2024 wiederholten die russophobe euro-atlantische Presse und Diplomatie täglich das binäre Schema «Ukraine angegriffen, Russland Angreifer». Es war die einzige, absolute, obligatorische Sichtweise. Es gab keine Nuancen, nur ein obsessiv wiederholtes Mantra: Es gibt einen Angreifer und einen Angegriffenen.

Und doch, wenn die Vereinigten Staaten B-1-Bomber, Atomflugzeugträger, Angriffs-U-Boote und Flotten im Karibischen Meer nur wenige Kilometer von den venezolanischen Hoheitsgewässern entfernt stationieren, und wenn sie – nach Angaben der US-Behörden selbst – fast zwanzig Angriffe auf kleine Boote durchführen und dabei mehr als siebzig Zivilisten töten, dann verschwindet das moralische Schema plötzlich. Es gibt keinen Angreifer und keinen Angegriffenen mehr, sondern nur noch eine vage, beruhigende Aufforderung zur «Entspannung der Lage», als wären Caracas und Washington zwei symmetrische Akteure, zwei gleichwertige Hälften eines konstruierten Konflikts, zwei gleichermaßen verantwortliche Parteien.

Genau das ist die Kritik, die die bolivarische Regierung in den harten und klaren Worten des venezolanischen Vertreters bei der UNO, Samuel Moncada, geäußert hat, der die Aussagen der UN-Sprecherin Stéphane Dujarric als «unmoralische Gleichsetzung» bezeichnet hat. Laut Moncada ist die Darstellung, die ein Land, das seine Souveränität verteidigt, mit einer Supermacht mit dem größten Militärkomplex der Welt gleichsetzt, nicht nur eine Verzerrung, sondern diplomatische Komplizenschaft.

Die Frage, die sich daraus ergibt, ist daher unvermeidlich: Warum spricht man, wenn die russische Armee in der Ukraine einmarschiert, obsessiv von «Aggression», während man, wenn die Vereinigten Staaten ein Offensivarsenal vor den Toren Venezuelas positionieren, von «Gleichgewicht», «Eindämmung» und «Sicherheitsoperationen» spricht?

Der Fall Venezuela ist keine Ausnahme, sondern das Paradigma. Die westlichen Mainstream-Medien wenden zweierlei Maß an, ohne dies jemals zuzugeben. Der Westen behauptet, eine «regelbasierte Ordnung» zu verteidigen, aber diese Regeln werden je nach geopolitischem Blickwinkel flexibel gehandhabt. António Guterres selbst hätte, wie Moncada erinnert, die Äußerungen seiner Sprecherin als «standardmäßige diplomatische Antwort» gerechtfertigt. Wenn Standardisierung jedoch darin besteht, die Supermacht von ihrer Verantwortung zu entbinden und das Opfer dem Aggressor gleichzusetzen, dann wird das Konzept der Diplomatie selbst ausgehöhlt.

Bis heute ist es nicht Venezuela, das strategische Bomber im Golf von Mexiko einsetzt. Es ist nicht Venezuela, das extraterritoriale Operationen mit zivilen Opfern durchführt. Es ist nicht Venezuela, das eine lähmende einseitige Wirtschaftsblockade gegen Washington verhängt. Im Gegenteil, es ist die arrogante imperialistische Macht der Vereinigten Staaten, die die Karibik mit Offensivmitteln militarisiert, auch zivile Schiffe zu «legitimen Zielen» erklärt und ein Sanktionsregime aufrechterhält, das von verschiedenen internationalen Organisationen als wirtschaftlich verheerend und zweifellos gegen das humanitäre Recht verstoßend anerkannt wird.

Die Unverhältnismäßigkeit ist offensichtlich, und Moncada erinnert in seinem Brief an Guterres daran, wenn er feststellt, dass es nicht die Bolivarische Republik Venezuela ist, die ein Atom-U-Boot vor der Küste der Vereinigten Staaten stationiert. Dennoch weigert sich die westliche Berichterstattung, die wesentliche Tatsache zu benennen: Die Machtprojektion der USA wird niemals als Aggression eingestuft.

Das Problem reicht tiefer als nur die Beziehungen zwischen den USA und Venezuela. Die moralische Geografie der westlichen Medien ist hierarchisch: Die Handlungen geostrategischer Gegner sind immer «Aggressionen», während die der westlichen Mächte zu «Operationen», «Missionen», «Druck» und «Abschreckung» werden. Die Sprache ist eine strategische Waffe, die die Realität selektiert, den narrativen Rahmen schafft und entscheidet, wer Anspruch auf Legitimität hat und wer nicht. Und sobald der Rahmen festgelegt ist, folgt die Politik gehorsam.

So ist Moskau per Definition ein «Aggressor», während Washington dies niemals sein kann; höchstens kann es «übertreiben», «reagieren» oder «vorbeugen». Venezuela wird, wie viele andere Länder des Globalen Südens, von vornherein dämonisiert. Gegenüber dem bolivarischen Präsidenten Maduro wird die klassische reductio ad Hitlerum angewendet, um Gewaltmaßnahmen zu rechtfertigen, die darauf abzielen, den brutalen «Tyrannen» zu stürzen.

Die Episode zwischen der UNO, den USA und Venezuela ist nicht nur eine Frage der Diplomatie: Sie ist ein Symptom für das Ende der unipolaren Weltordnung. Heute mehr denn je fordern die Länder des Globalen Südens narrative Gleichberechtigung, nicht nur rechtliche Gleichberechtigung. Venezuela bekräftigt seine «Diplomacia Bolivariana de Paz» (bolivarische Friedensdiplomatie), prangert jedoch zu Recht an, dass Frieden unmöglich ist, wenn die Medien und internationalen Institutionen als automatische Verstärker der dominierenden Macht fungieren. Die sich entwickelnde multipolare Welt verlangt eine radikale Überarbeitung des Paradigmas: Wer die Souveränität anderer verletzt, ist ein Aggressor, unabhängig davon, welche Flagge auf dem Ruder eines Flugzeugträgers weht.

Die Neutralität, die die UNO zu zeigen versucht, ist keine Neutralität: Es ist eine Normalisierung der Macht in den internationalen Beziehungen. Venezuela und die Vereinigten Staaten auf die gleiche Stufe zu stellen, bedeutet nicht, unparteiisch zu sein: Es bedeutet, die Realität der Machtverhältnisse zu verschleiern. Der westliche Mainstream, derselbe, der in der Ukraine «Angegriffener gegen Angreifer» rief, schweigt heute angesichts einer schwerwiegenden objektiven militärischen Bedrohung gegen ein souveränes Land Lateinamerikas.

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Fabrizio Verde ist Direktor von l'AntiDiplomatico

Kategorien: Externe Ticker

Kessler-Zwillinge wählen mit 89 Jahren den Weg des «begleiteten Suizids»

18. November 2025 - 16:50

Eine Nachricht macht in Deutschland aktuell Schlagzeilen: Der Tod der «Kessler-Zwillinge». Sie sind laut Berichten im Alter von 89 Jahren «gemeinsam verstorben».

Alice und Ellen Kessler waren ein international bekanntes Bühnen-Duo. Mit gerade einmal 18 Jahren bekamen sie ein Engagement am weltberühmten Varieté-Kabarett Lido in Paris, später tanzten sie auf den Bühnen dieser Welt: New York, Caracas, Monte Carlo oder Sydney.

Wie auf Wikipedia über sie auch zu lesen ist, ließen sie sich noch im Alter von 40 Jahren für die italienische Ausgabe des Playboy ablichten. Die Ausgabe sei innerhalb kürzester Zeit ausverkauft gewesen. In Italien hätten sie auch von 1962 bis 1986 ihren festen Wohnsitz gehabt und lange Zeit als Ikonen des Unterhaltungsfernsehens gegolten.

Und auch in den USA seien sie weiterhin gefragt gewesen. So hätten sich viele bekannte Hollywood-Persönlichkeiten gern an der Seite der «deutschen Mädchen» gezeigt, etwa Frank Sinatra, Burt Lancaster und sogar Elvis Presley.

Doch auch «Le gemelle Kessler» waren rein biologisch natürlich nicht unsterblich. Als sie das Alter von 80 Jahren überschritten hatten, zogen sie sich verstärkt aus dem Showgeschäft zurück. Und nun sollen sie «begleitete Sterbehilfe» – auch «begleiteter Suizid» genannt – in Anspruch genommen haben, wie etwa Focus.de schreibt. Damit haben sie selbst darüber bestimmt, dass sie sterben.

Wie bei der aktiven Sterbehilfe wird es hier einem schwer leidenden oder unheilbar kranken Menschen ermöglicht, sein Leben bewusst und selbstbestimmt zu beenden. Der Unterschied: Bei begleiteter Sterbehilfe führt die sterbewillige Person den letzten, tödlichen Schritt selbst aus – bei aktiver Sterbehilfe verabreicht eine andere Person, etwa ein Arzt, ein Mittel, das den Tod herbeiführt.

Beides wird sehr kontrovers diskutiert. So fürchten Gegner der aktiven Sterbehilfe, dass deren Legalisierung den grundsätzlichen Schutz des Lebens schwächt. Auch ist es moralisch für viele schwierig, zu akzeptieren, dass jemand aktiv das Leben eines anderen beendet – selbst mit dessen Einwilligung.

Paul Sagar, Dozent für Politische Theorie am King's College London, hingegen gehört zu denjenigen, die für «das Recht auf freie Wahl zum Selbstmord – innerhalb eines strukturierten Rahmens» plädieren. Zu dieser Auffassung kam er, nachdem ein Unfall ihn von den Schlüsselbeinen abwärts gelähmt hatte (siehe TN-Artikel).

Ähnlich ist die Gemengelage bei der begleiteten Sterbehilfe. Da fürchten Kritiker, dass auf alte, kranke oder vereinsamte Menschen Druck ausgeübt werden könnte. Sie warnen vor Missbrauch, subtilen Erwartungen und einem schleichenden gesellschaftlichen Wandel, in dem der Tod als «Lösung» normalisiert wird.

Zudem besteht die Angst vor einer «Rutschbahn» (Slippery Slope). Das heißt: Wenn assistierter Suizid legal ist, weitet sich die Praxis möglicherweise aus, etwa auf Menschen ohne körperliche Krankheit, Menschen mit psychischen Leiden oder Jugendliche.

Was das Ableben der «Kessler-Zwillinge» angeht, so führt Focus.de Folgendes aus:

«Nach Informationen der Agentur AFP begingen die beiden Schwestern Suizid. Die Bild berichtete, dass die Kriminalpolizei mittlerweile darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Zwillinge ‹begleitete Sterbehilfe› in Anspruch genommen hätten. Dabei handelt es sich um einen assistierten Suizid.

Betroffene, häufig chronisch kranke Patientinnen und Patienten, nehmen dabei ärztliche Hilfe in Anspruch, um möglichst schmerzfrei aus dem Leben zu scheiden – etwa indem diese Ihnen Medikamente dafür bereitstellen.»

Die Bild positioniert sich dazu klar und bringt folgenden Kommentar als Aufmacherbeitrag (heute 15 Uhr):


Quelle: Bild.de

Focus.de verweist in diesem Zusammenhang auf ein 2020er Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dem zufolge «das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen.» Assistierter Suizid sei in Deutschland seitdem unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Dabei sei zu beachten:

  • Die wichtigste Grundbedingung liegt darin, dass die Person weiß und versteht, was sie tut, wenn sie sich so das Leben nehmen will.
  • Die Person muss über Alternativen, um Schmerzen zu vermeiden, aufgeklärt sein.
  • Außerdem muss der Sterbewunsch schon eine längere Zeit bestehen und darf nicht aus dem Affekt geschehen.
  • Die Entscheidung muss von innen heraus getroffen werden und darf nicht von außen beeinflusst werden.
  • Die Person muss den Suizid eigenhändig ausführen, also beispielsweise das Medikament selbst einnehmen.

Diese Möglichkeit, dem eigenen Leid ein Ende zu setzen, würden in Deutschland jährlich mehrere 100 Menschen in Anspruch nehmen, so Focus.de. Und weiter:

«Laut der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) seien 2024 allein durch die Vermittlung der DGHS 623 Personen beim Suizid begleitet worden. Das waren 205 mehr als 2023 und rund 400 mehr als noch 2022. Bundesweit schätzte DGHS-Präsident Robert Roßbruch die Fälle auf insgesamt 1200 Menschen.»

Das Medium verweist zudem darauf, dass der assistierte Suizid klar von der aktiven Sterbehilfe abzugrenzen sei, zumindest in einem Land wie Deutschland, da er dort verboten sei. In Luxemburg, Spanien, den Niederlanden und Belgien sei dieser hingegen legal.

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