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Frauendelegation aus DAANES setzt Gespräche in Zürich fort

Im Rahmen ihrer Reise durch die Schweiz hat eine Frauendelegation aus der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) am Montag in Zürich Vertreterinnen von Frauenorganisationen und zivilgesellschaftlichen Gruppen getroffen. Die Teilnehmerinnen warben für ein nicht-zentralistisches Modell für die neue Ordnung Syriens und betonten die zentrale Rolle von Frauen in der gesellschaftlichen Selbstverwaltung.

Die Veranstaltung fand im „Feministischen Streikhaus“ statt und wurde von der Rojava-Kommission, dem Frauenrat Berivan sowie der Initiative „Brückenschlag Zürich-Amed“ organisiert. Im Mittelpunkt standen aktuelle Entwicklungen in Syrien, die politische Situation in den selbstverwalteten Gebieten sowie die Perspektiven einer gerechten Friedensordnung.

Demokratie, Föderalismus und Frauenrechte

Der Delegation gehören die Ko-Vorsitzende des nordostsyrischen Frauenrats, Amina Omar, die Sprecherin des Syrischen Frauenrats, Mona Al-Yousef, Shahrazad Al-Jassim vom arabischen Frauendachverband Zenobiya, die Kongra-Star-Koordinatorin Jiyan Hisên sowie Georgette Barsum von der Union der Suryoye-Frauen an. Bereits am Mittag hatte die Gruppe in einem Interview beim Zürcher Radiosender Radio Lora über Ziele und Inhalte ihrer Reise informiert.

In ihren Redebeiträgen betonten die Delegierten, dass eine Lösung des Syrien-Konflikts nur auf basisdemokratischer und föderaler Grundlage möglich sei. Zentralistische Staatsmodelle hätten in der Vergangenheit ethnische Spannungen verstärkt und die gesellschaftliche Teilhabe von Frauen verhindert. „Nur wenn alle Regionen sich selbst verwalten können, lassen sich die Rechte aller Bevölkerungsgruppen sichern – insbesondere die der Frauen“, so die Delegation.

Die Vertreterinnen bezeichneten den gesellschaftlichen Aufbauprozess in Nord- und Ostsyrien als Frauenrevolution und verwiesen auf Bildungs- und Qualifizierungsprogramme für Frauen als entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit. Das Engagement sei dabei ausdrücklich nicht gegen Männer gerichtet, sondern verstehe sich als gesamtgesellschaftliches Projekt für Freiheit und Gleichheit.

Kritik an Übergangsregierung, Appell an Europa

Die Delegation äußerte zudem Kritik an der syrischen Übergangsregierung, die auf fünf Jahre befristet ist. Diese verfüge weder über eine demokratische Legitimation noch über breite internationale Anerkennung. Eine neue Verfassung könne nur von einer dauerhaft legitimierten Regierung ausgearbeitet und umgesetzt werden, so die Einschätzung der Delegierten. Die eigenmächtige Ernennung eines Drittels der Abgeordneten für das neue syrische Parlament durch den selbsternannten Präsidenten Ahmed al-Scharaa wurde ebenfalls als rechtsstaatlich problematisch bezeichnet.

Mit Blick auf die internationale Lage forderte die Delegation eine stärkere Einbindung europäischer Staaten in politische Lösungsansätze. Besonders die Schweiz wurde dabei angesprochen. Zwar gebe es „positive Impulse“ im Hinblick auf Menschenrechte und Demokratisierung, doch sei das politische Engagement der Schweiz derzeit unzureichend. „Die Schweiz sollte klarer Position beziehen“, so eine Sprecherin.

Weitere Gespräche geplant

Zugleich machten die Frauen deutlich, dass die kurdische Frage auch auf europäischer Ebene nicht ignoriert werden könne. Die Entwicklungen in der Türkei wirkten direkt in die Region hinein und müssten im internationalen Diskurs entsprechend berücksichtigt werden.

Die Delegation setzt ihre Gespräche mit zivilgesellschaftlichen und politischen Akteur:innen in weiteren Städten fort. Ziel sei es, für eine inklusive, föderale und demokratische Zukunft Syriens zu werben – mit gleichberechtigter Beteiligung aller ethnischen Gruppen und Geschlechter.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauen-aus-daanes-auf-diplomatiereise-in-der-schweiz-48158 https://deutsch.anf-news.com/frauen/syrische-frauendelegation-in-deutschland-48095 https://deutsch.anf-news.com/frauen/frauenbewegungen-in-syrien-einigen-sich-auf-gemeinsame-agenda-48042

 

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Hişyar Özsoy: Friedensprozesse brauchen Öffentlichkeit und politische Reformen

Die Suche nach einer Lösung für die seit Jahrzehnten andauernde kurdische Frage in der Türkei ist wieder in Bewegung geraten. In einer vergleichenden Analyse beleuchtet der Politikwissenschaftler und Soziologe Dr. Hişyar Özsoy die Unterschiede zwischen dem „Lösungsprozess“ der Jahre 2013 bis 2015 und dem derzeitigen Prozess unter dem Leitbegriff „Frieden und demokratische Gesellschaft“. Dabei hebt er hervor, welche strukturellen und politischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine nachhaltige und inklusive Friedensordnung zu ermöglichen.

Zentraler Kritikpunkt Özsoys ist die derzeitige Praxis, politische Verhandlungen und Schritte im Rahmen eines intransparenten, nicht öffentlichen Formats zu führen – im Rahmen der im türkischen Parlament eingerichteten „Kommission für Nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie“. Die fehlende Einbindung der Gesellschaft in den Prozess berge erhebliche Risiken, betont er: „Ein Prozess, der hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, ist jederzeit gefährdet zu scheitern. Die mangelnde Transparenz erschüttert nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit, sondern öffnet auch Tür und Tor für gezielte Provokationen.“

Fehlende gesellschaftliche Verankerung

Während im Prozess von 2013–2015 zivilgesellschaftliche Akteure wie der „Rat der Weisen“ eine aktive Rolle in der Vermittlung zwischen Politik und Gesellschaft spielten, fehle dem gegenwärtigen Prozess diese Dimension nahezu vollständig. Damals habe man bewusst versucht, die Thematik in der Bevölkerung zu verankern und eine breite gesellschaftliche Debatte zu initiieren. Heute hingegen dominiere eine sicherheitspolitische Perspektive, die die komplexe Natur der kurdischen Frage weitgehend ausblende.

„Der Friedensprozess wird primär als Frage der Entwaffnung verstanden“, so Özsoy. „Dabei geht es um weit mehr: Die kulturellen, politischen und demokratischen Dimensionen sind elementar. Ohne sie wird eine dauerhafte Lösung nicht möglich sein.“

Symbolische Schritte allein reichen nicht

Besonderes Augenmerk legt Özsoy auf die Entscheidung der PKK, den bewaffneten Kampf einzustellen. Er bezeichnet diesen Schritt als historischen Ausdruck politischen Willens, der geeignet sei, den Zyklus aus Leugnung, Zerstörung und Aufstand zu durchbrechen. Gleichzeitig warnt er vor einer sicherheitsfixierten Interpretation auf Seiten des Staates:

„Die Entwaffnung darf nicht als ein rein militärischer Erfolg gewertet werden. Vielmehr eröffnet sie die Möglichkeit, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für eine echte Transformation zu schaffen. Dieser Schritt ist eine Chance – nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch gesellschaftlich.“

In der ersten Phase müssten juristische und institutionelle Strukturen etabliert werden, die den Friedensprozess absichern. In der Folge seien konkrete Maßnahmen in den Bereichen kulturelle Rechte, demokratische Partizipation und regionale Selbstverwaltung erforderlich.

Staatliche Verantwortung und politische Blockaden

Laut Özsoy kann ein dauerhafter Frieden nur gelingen, wenn dem Gewaltverzicht auch politische Reformen folgen. Dazu zählt er unter anderem die Freilassung politischer Gefangener, die Rückkehr von Exilpolitiker:innen und gesetzliche Regelungen zur demokratischen Integration.

Derzeit fokussierte sich die parlamentarische Kommission ausschließlich auf sicherheitsbezogene Aspekte des Entwaffnungsprozesses, während strukturelle Reformen weitgehend ausgeklammert blieben. Dabei bestehe laut Özsoy dringender Handlungsbedarf – insbesondere bei der Umsetzung bestehender Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), etwa im Fall Selahattin Demirtaş oder anderer inhaftierter kurdischer Politiker:innen.

„Die Regierung könnte zahlreiche Maßnahmen sofort umsetzen, ohne rechtliche Hürden. Dennoch bleiben diese Schritte bislang aus.“ Selbst symbolische Akte wie die bedingte Freilassung des ehemaligen Oberbürgermeisters von Amed (tr. Diyarbakır), Selçuk Mızraklı würden verschleppt.

Ein breiter, inklusiver politischer Raum ist notwendig

Özsoy fordert die Regierung auf, sich von nationalistischen Reflexen zu lösen und Verantwortung zu übernehmen. Es gelte, einen politischen Raum zu schaffen, der die gesellschaftliche Beteiligung ermöglicht und die Diskussion aus der sicherheitspolitischen Enge befreit. „Barrieren für eine breite gesellschaftliche Diskussion müssen abgebaut werden. Ohne Öffentlichkeit und Teilhabe kann kein Vertrauen entstehen – und ohne Vertrauen ist Frieden nicht möglich.“

Zugleich hebt Özsoy hervor, dass der gegenwärtige Prozess in eine gefährliche Stagnation geraten sei. Trotz symbolischer Schritte wie der öffentlichen Waffenverbrennung durch die PKK blieben substanzielle politische und rechtliche Reformen aus. Dies schaffe ein Vakuum, das anfällig sei für politische Störungen und gezielte Destabilisierung.

Ein besonders kritischer Punkt sei die fortgesetzte Haft von Abdullah Öcalan. Ohne die freie politische Mitwirkung des kurdischen Repräsentanten sei ein stabiler Prozess kaum denkbar, so Özsoy. Er verweist auf frühere Äußerungen nationalistischer Politiker wie Devlet Bahçeli, die selbst auf das Recht auf Hoffnung Bezug genommen hätten, und unterstreicht: „Öcalan muss unter Bedingungen agieren können, die eine verantwortungsvolle Steuerung des Prozesses ermöglichen.“

Zivilgesellschaftliche Beteiligung als Schlüssel

Abschließend warnt Özsoy vor den Konsequenzen weiterer Verzögerungen. Sollte es im Parlament in den kommenden zwei Monaten zu keiner konkreten Gesetzesinitiative kommen, drohe der Prozess erneut ins Stocken zu geraten. „Der Frieden darf nicht auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben werden. Zeitverluste begünstigen Provokationen. Um Vertrauen zu schaffen, müssen die Schritte wohlüberlegt, kontinuierlich und nachvollziehbar erfolgen.“

Dabei reiche es nicht, den Prozess auf die bilaterale Ebene zwischen Staat und PKK zu beschränken. Vielmehr müsse die gesamte Gesellschaft einbezogen und mobilisiert werden: „Einseitige Initiativen reichen nicht aus. Nur wenn beide Seiten – Staat und kurdische Bewegung – aktiv aufeinander zugehen und konkrete Schritte unternehmen, kann dieser Prozess in eine dauerhafte Friedensordnung münden. Die Kosten von Krieg und Konflikt trägt die gesamte Gesellschaft – der Nutzen von Frieden kommt ebenfalls allen zugute.“

https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ozturk-abdullah-Ocalan-fordert-politische-reformen-und-Ubergangsgesetze-48062 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/dem-abgeordneter-Cicek-ohne-imrali-ist-keine-losung-denkbar-48116 https://deutsch.anf-news.com/kurdistan/bakirhan-parlament-muss-friedensgesetze-auf-den-weg-bringen-48148 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/kurtulmus-gesprach-mit-Ocalan-bislang-kein-thema-der-kommission-48117

 

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Studie: Jede zehnte Frau in Mêrdîn wird im Kindesalter Mutter

In der nordkurdischen Provinz Mêrdîn (tr. Mardin) wird rund jede vierte Frau bereits im Kindesalter verheiratet. Etwa jede zehnte wird noch als Minderjährige zur Geburt eines Kindes gedrängt. Das sind zentrale Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung des Zentrums für soziopolitische Feldforschung (SAMER), die am Montag in Mêrdîn vorgestellt wurde.

Die Erhebung ist Teil eines größeren Projekts zur Dokumentation von Gewalt gegen Frauen in der Region und wurde gemeinsam mit den von der DEM-Partei geführten Stadtverwaltungen von Ertuqî (Artuklu) und Nisêbîn (Nusaybin) sowie unter Beteiligung der Union der Kommunalverwaltungen in Südostanatolien (GABB) durchgeführt. Die Vorstellung der Ergebnisse fand im Rahmen einer Konferenz statt, die mit einer Schweigeminute für von Männergewalt getötete Frauen begann.

Frühverheiratung weit verbreitet

Für die Studie wurden 2.967 Frauen in 46 Stadtvierteln der Bezirke Ertuqî, Nisêbîn und Qoser (Kızıltepe) befragt. Der Fokus der Untersuchung lag auf dem Ausmaß geschlechtsspezifischer Gewalt und struktureller Benachteiligung.

Demnach wurden in Ertuqî 4,5 Prozent der Ehen mit Mädchen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren geschlossen. In Nisêbîn lag dieser Anteil bei sieben Prozent – bei Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren. In Qoser wurden 2,7 Prozent der Ehen mit Mädchen unter 15 Jahren registriert.

Besonders besorgniserregend: In allen drei Bezirken wurde ein erheblicher Anteil dieser früh verheirateten Mädchen bereits im Teenageralter Mütter. In Ertuqî bekamen 26,9 Prozent von ihnen ihr erstes Kind zwischen 14 und 18 Jahren, in Nisêbîn 27,3 Prozent, in Qoser 9,2 Prozent.

Patriarchale Strukturen tief verwurzelt

Die Autor:innen der Studie, darunter die SAMER-Koordinatorin Yüksel Genç, sprechen von einem „ausgeprägten patriarchalen Geschlechterverständnis“, das in vielen Familien und Gemeinschaften der Region fortwirkt. Traditionelle Rollenbilder und soziale Kontrolle durch männlich dominierte Strukturen erschweren Mädchen und Frauen ein selbstbestimmtes Leben.

Zugleich zeigen die Daten auch gravierende Defizite bei Bildung und wirtschaftlicher Teilhabe: Rund ein Viertel der befragten Frauen hatte keinen Schulabschluss. Die durchschnittliche Erwerbsquote lag in den drei Bezirken bei lediglich 16,3 Prozent – ein Wert, der weit unter dem landesweiten Schnitt liegt.

Gewalt, Ungleichheit und mangelnde Unterstützung

Neben den Zahlen zu Frühverheiratung und früher Mutterschaft wurden die Befragten auch zu Problemen im Alltag und zur Rolle kommunaler Institutionen befragt. Demnach nannten 37,6 Prozent der Frauen finanzielle Sorgen als häufigsten Auslöser für Streitigkeiten im häuslichen Umfeld. An zweiter Stelle folgten Konflikte rund um Kinder und deren Erziehung.

Auf die offene Frage nach den größten Hürden im gesellschaftlichen Leben antwortete die Mehrheit mit Begriffen wie „Ungleichheit“ und „Gewalt“. Der Zugang zu Unterstützungsangeboten sei in vielen Fällen stark eingeschränkt – oder gar nicht vorhanden.

Auch die Arbeit der Kommunen in Bezug auf Frauenbelange wurde kritisch bewertet. Eine Mehrheit der Teilnehmerinnen äußerte sich unzufrieden mit der Qualität und Reichweite von Maßnahmen für Frauen. Auf Fragen wie „Werden in der Stadtplanung die Bedürfnisse von Frauen berücksichtigt?“ oder „Gibt es ausreichende Angebote für Frauen?“ fiel die Zustimmung gering aus. Kritikpunkte waren unter anderem unzureichende Beteiligungsmöglichkeiten, mangelnde finanzielle Mittel und fehlende Standards bei sozialen Dienstleistungen.

„Zwangsverwaltung hat frauenpolitische Arbeit blockiert“

Im Rahmen der Veranstaltung äußerten sich auch Vertreterinnen der DEM-Partei zu den politischen Hintergründen. Die Ko-Bürgermeisterin von Nisêbîn, Gülbin Şahin Dağhan, betonte, dass unter der Zwangsverwaltung durch staatlich eingesetzte Treuhänder viele frauenpolitische Projekte zum Erliegen gekommen seien. „Mit dieser Studie wollten wir nicht nur ein Schlaglicht auf die Realität werfen, sondern auch neue Ansätze für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen entwickeln“, sagte sie.

Auch die abgesetzte Ko-Bürgermeisterin der Provinzhauptstadt Mêrdîn, Devrim Demir, sprach bei der Veranstaltung. Es sei entscheidend gewesen, „die Ursachen des Problems zu verstehen, um tragfähige Lösungen zu entwickeln“.

Ausblick: Verbesserung der Lebensrealität von Frauen

Die Organisator:innen kündigten an, die Ergebnisse der Studie als Grundlage für kommunale Maßnahmen, Aufklärungskampagnen und bildungspolitische Programme nutzen zu wollen. Ein zentrales Ziel sei es, den Kreislauf aus Armut, Bildungslosigkeit und geschlechtsspezifischer Gewalt zu durchbrechen – insbesondere in ländlich geprägten und sozioökonomisch benachteiligten Regionen.

https://deutsch.anf-news.com/frauen/zwangsverwaltung-fordert-raumung-von-frauenzentrum-in-wan-45898 https://deutsch.anf-news.com/frauen/dbp-frauenrat-warnt-vor-eskalierender-gewalt-gegen-frauen-47672 https://deutsch.anf-news.com/frauen/tja-zahl-verdachtiger-todesfalle-von-frauen-in-wan-steigt-47818 https://deutsch.anf-news.com/frauen/mus-wird-teil-des-un-projekts-frauenfreundliche-stadte-47954 https://deutsch.anf-news.com/frauen/Elih-mobbing-und-machtmissbrauch-im-zwangsverwalteten-rathaus-46588

 

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Eine Patientenakte für alle: Das gebrochene Versprechen

netzpolitik.org - 30. September 2025 - 7:45

Die „ePA für alle“ wird nun für Praxen und Co. verpflichtend, trotz fortbestehender Sicherheitsbedenken und anhaltender technischer Probleme. Die Misere ist hausgemacht und geht zulasten der Versicherten. Ein Kommentar.

Einst galt das Versprechen, die ePA werde eine patientengeführte Akte sein. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Maran Bashir

Als „größtes Digitalisierungsprojekt“ der bundesdeutschen Geschichte hatte Karl Lauterbach (SPD) sein Herzensprojekt beworben. Die elektronische Patientenakte (ePA) werde den Versicherten viele Vorteile bringen, versprach der ehemalige Bundesgesundheitsminister.

Inzwischen ist klar: Die ePA ist ein weiterer großer Fehlstart in der deutschen Digitalisierungsgeschichte. Es krankt bei der Sicherheit, die technische Implementierung in den Praxen und Krankenhäusern verläuft schleppend und nur ein Bruchteil der Versicherten nutzt die Patientenakte aktiv.

Die Misere kommt wenig überraschend – und sie ist hausgemacht. Von Anfang an stand bei der ePA Schnelligkeit statt Gründlichkeit im Mittelpunkt. Die Sicherheit geriet zur Nebensache, Datenschutz und Datensicherheit sollten beim Heben des „Datenschatzes“ nicht im Wege stehen. Das Nachsehen haben die Versicherten: Sie verlieren zunehmend die Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten.

Politische Verantwortung? Fehlanzeige.

Das überstürzte Tempo gab der ehemalige Bundesgesundheitsminister Lauterbach vor. Offenkundig wollte er die ePA um jeden Preis in seiner Amtszeit einführen.

Obwohl Gesundheitsdaten zu den besonders sensiblen Daten zählen, wurden begründete Sicherheitsbedenken offenkundig mehrfach nicht ernst genug genommen. Bereits vor der Pilotphase zeigten Sicherheitsforschende des Chaos Computer Clubs, dass die ePA löchrig war wie ein Schweizer Käse. Lauterbach versprach daraufhin einen bundesweiten Start „ohne Restrisiko“. Doch pünktlich zum Rollout im Mai wiederholte sich das Spiel.

Statt Verantwortung für dieses Desaster zu übernehmen, tauchte der Minister ab. Und die Gematik, die für die technische Umsetzung der ePA zuständig ist, verharmlost die Risiken bis heute: Die Angriffsszenarien seien theoretischer Natur und hundertprozentige Sicherheit gebe es ohnehin nicht. Mit dieser Strategie kann es kein Vertrauen geben.

Vielerorts herrscht Chaos

Der immense Zeitdruck stellt auch die Praxen vor hohe Hürden. Wie schon bei der Einführung des E-Rezepts häuften sich in den vergangenen Monaten die Stör- und Ausfälle. Selbst die amtierende Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) räumt ein, dass es mehr Stabilität brauche, „keine Frage“.

Weil unter anderem Software-Updates fehlen, kann ein Fünftel der Arztpraxen noch nicht mit der ePA arbeiten. Bei den Krankenhäusern ist es noch dramatischer: Nur ein Fünftel von ihnen wird die ePA wohl bis zum Jahresende einsetzen können. Sie fordern mehr Zeit für die anstehende „Herkulesaufgabe“.

Ein längerer Vorlauf und eine bessere Kommunikation der Verantwortlichen untereinander hätten dieses Chaos verhindern können. Nina Warken lässt sich indes nicht beirren, sie setzt den Kurs ihres Amtsvorgängers fort.

Widerspruchsmöglichkeiten wurden ausgehebelt

Und die Versicherten? 70 Millionen Menschen haben nun eine ePA. Doch gerade einmal drei Prozent von ihnen nutzen sie aktiv. Für die übergroße Mehrheit ist sie kein Thema. Damit ist die ePA meilenweit davon entfernt, eine versichertengeführte Akte zu sein.

Zumal die Kontrollmöglichkeiten der Versicherten zunehmend eingeschränkt wurden – ungeachtet der massiven Kritik von Patient:innenverbänden, Verbraucher- und Datenschützer:innen. Sämtliche Informationen, die in der ePA hinterlegt sind, können alle Behandelnden nun standardmäßig einsehen: von der Psychotherapeutin und dem Physiotherapeuten, vom Hausarzt über die Zahnärztin bis zum Kleinstadtapotheker.

Wer den Zugriff für bestimmte Behandelnde einschränken möchte, braucht sehr viel Geduld und darf keine Einstellung übersehen. Denn auch die Medikationsliste und die Abrechnungsdaten fließen automatisiert in die ePA und geben Sensibles preis.

Für die Wirtschaft, nicht für die Patient:innen

Damit zeigt sich immer deutlicher, wozu die ePA künftig vor allem dienen soll: als Datensilo für die Pharma-Forschung und -Industrie.

Erst vor wenigen Wochen pries Gematik-Geschäftsführerin Brenya Adjei die ePA als „state of the art“ und „KI-ready“. Karl Lauterbach spornte an, dass die ePA für „einen der größten Datensätze weltweit“ sorgen werde. Mit den Daten und viel KI könne Deutschland zum Vorreiter in der Digitalmedizin werden. Die großen Tech-Unternehmen seien ebenfalls an den Gesundheitsdaten der Deutschen interessiert, frohlockte der damalige Gesundheitsminister vor knapp einem Jahr.

In der EU laufen derweil die Vorbereitungen für den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS). Hier sollen in den kommenden Jahren die Gesundheitsdaten von rund 450 Millionen EU-Bürger:innen gesammelt und grenzüberschreitend ausgetauscht werden. Auch die Daten aus der ePA sollen dort hinein fließen.

Den Bürger:innen verspricht die EU-Kommission strengen Datenschutz, Datensicherheit und Kontrolle über die eigenen Gesundheitsdaten. Die zugrundeliegende Verordnung sieht jedoch etliche Ausnahmen bei deren Widerspruchsmöglichkeiten vor. Kritiker:innen warnen schon jetzt, dass der EHDS vor allem ein Datenraum für die Wirtschaft sein werde, nicht aber für die Patient:innen.

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Gesundheitsdigitalisierung am Limit: Warum es bei der elektronischen Patientenakte noch immer hakt

netzpolitik.org - 30. September 2025 - 7:45

Die elektronische Patientenakte soll das Herzstück der Gesundheitsdigitalisierung sein – ein zentraler Speicher für Diagnosen, Rezepte und Befunde, leicht zugänglich für Versicherte. Ab dem 1. Oktober müssen alle Praxen, Apotheken und Krankenhäuser die digitale Akte nutzen. Doch der ePA-Start stockt gewaltig.

Die elektronische Patientenakte gilt als Herzstück der digitalen Gesundheitsversorgung. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Olivier Collet

Die elektronische Patientenakte (ePA) erreicht einen neuen Meilenstein: Ab dem 1. Oktober sind alle Praxen, Krankenhäuser und Apotheken gesetzlich dazu verpflichtet, die ePA zu nutzen und dort Diagnosen, Behandlungen und Medikationen zu hinterlegen. Wer das nicht tut, muss schon bald mit Sanktionen wie Honorarkürzungen rechnen.

Während der Einführungsphase seit Jahresbeginn war die Nutzung der ePA für alle Leistungserbringer noch freiwillig. Seit Januar haben die Krankenkassen für alle gesetzlich Versicherten, die nicht widersprachen, eine digitale Akte angelegt. Zeitgleich startete in Hamburg, Franken und Teilen Nordrhein-Westfalens die Pilotphase, um die Anwendung zu testen. Ab Ende April wurde die ePA dann schrittweise bundesweit ausgerollt.

Trotz des mehrmonatigen Vorlaufs ist die digitale Patientenakte noch längst nicht im Alltag der medizinischen Versorgung angekommen. Unklar ist nicht nur, wie gut die ePA gegen Cyberangriffe geschützt ist, sondern auch die technische Umsetzung in vielen Praxen und Kliniken stockt. Zudem nutzt bislang nur ein Bruchteil der Versicherten die ePA aktiv, obwohl sie als patientenzentrierte Akte konzipiert ist.

Alles sicher?

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hält dennoch am Fahrplan fest. Mit Blick auf die Sicherheit verweist das Ministerium auf Anfrage von netzpolitik.org auf das Maßnahmenpaket, das bereits zum Rollout im Mai umgesetzt worden sei. So seien unter anderem Sicherheitslücken geschlossen sowie „Monitoring und Anomalie-Erkennung“ ausgeweitet worden. Gezielte Angriffe auf einzelne Akten seien zwar nie ausgeschlossen, so das Ministerium weiter. „Ein solcher Angriff ist jedoch mehrschichtig und hat eine Vielzahl an Hürden.“ Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) schätzt das „verbleibende Restrisiko“ auf Nachfrage „nach wie vor als technisch beherrschbar ein“.

Die Sicherheitsforscherin Bianca Kastl zeigt sich hier allerdings deutlich skeptischer. Ihr reichen die bisherigen Maßnahmen nicht aus, um Vertrauen in die Sicherheit der ePA zu haben. Gegenüber netzpolitik.org kritisiert Kastl „intransparente Anpassungen im Hintergrund, keine Aufklärung über Restrisiken, nicht einmal ausreichende Kommunikation innerhalb der Gematik, speziell im Kontext der elektronischen Ersatzbescheinigung“. Diese Ersatzbescheinigung ist dann relevant, wenn Patient:innen ihre elektronische Gesundheitskarte nicht dabei haben oder diese nicht eingelesen werden kann.

Kastl, die bei netzpolitik.org regelmäßig eine Kolumne schreibt, verweist bei den Anpassungen auf ein Angriffsszenario, das sie gemeinsam mit Martin Tschirsich im Dezember vergangenen Jahres demonstriert hatte – nur zwei Wochen vor der Pilotphase. Zum bundesweiten Rollout der ePA wenige Monate darauf hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zwar versichert, dass die Patientenakte sicher sei. Doch prompt gelang es Kastl und Tschirsich erneut, den erweiterten Schutz der ePA auszuhebeln.

Kastl fordert, dass es „eine unabhängige und belastbare Bewertung der demonstrierten Sicherheitsrisiken, eine transparente Kommunikation von Risiken gegenüber Betroffenen sowie einen offenen Entwicklungsprozess über gesamten Lebenszyklus der ePA“ geben müsse.

Stockender Start in den Praxen

Darüber hinaus kämpfen viele Arztpraxen mit erheblichen technischen Problemen bei der ePA-Implementierung. Die Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, sieht hier vor allem die Anbieter der Praxisverwaltungssysteme (PVS) in der Verantwortung. „Während manche von ihnen ihre Hausaufgaben gemacht haben, funktioniert bei anderen wenig bis nichts“, sagt Buhlinger-Göpfarth gegenüber netzpolitik.org. Ihr Verband vertritt die Interessen von bundesweit mehr als 32.000 Mitgliedern, die in der hausärztlichen Versorgung tätig sind.

Derzeit fehlen in einem Fünftel der Praxen bundesweit die erforderlichen Softwaremodule, sagt auch Sibylle Steiner. Sie gehört dem Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an. Von einigen Anbietern für Praxisverwaltungssysteme wisse man, dass das ePA-Modul im vierten Quartal nachgeliefert werden solle, so Steiner, „von anderen Herstellern haben wir gar keine Rückmeldung“.

In einer Online-Umfrage der KBV gaben drei Viertel der Praxen, welche die digitale Patientenakte bereits nutzen, an, im August technische Probleme gehabt zu haben. Oft sei der Zugriff auf die ePA nicht möglich gewesen oder es konnten keine Dokumente hochgeladen werden. Auf der Vertreterversammlung der KBV Mitte September kritisierte Sibylle Steiner die „vollkommen inakzeptable Performance“ der TI-Betriebsstabilität.

Das BSI widerspricht dieser Darstellung und verweist auf die Zahlen der Gematik. Demnach habe die ePA im August einen Verfügbarkeitswert von 99,95 Prozent erreicht und damit eine Rate „im angestrebten Bereich“ erzielt. Das BSI verlangt für kritische Infrastrukturen Werte zwischen 99 bis 99,9 Prozent. Und auf Anfrage von netzpolitik.org schreibt die Gematik, dass eine ePA-Störung in der Regel nicht alle Versicherten und Einrichtungen gleichermaßen treffe. Vielmehr seien meist einzelne Komponenten gestört, die im Zusammenspiel mit der ePA wirken.

Krankenhäuser noch weiter abgeschlagen

Noch verfahrener ist die Lage offenbar in den Krankenhäusern. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) geht auf Anfrage von netzpolitik.org davon aus, dass „ein Großteil der Krankenhäuser zum 1. Oktober technisch noch nicht in der Lage sein wird, die ePA vollumfänglich zu nutzen“.

Nur gut ein Fünftel aller Kliniken hat laut einer Umfrage von Mitte August die ePA-Inbetriebnahme abgeschlossen oder plant dies bis zum Jahresende zu tun. Die Mehrheit von ihnen erwartet frühestens im ersten Quartal 2026 einen flächendeckenden Einsatz.

Als Gründe nennt die DKG die „hohe Komplexität der Inbetriebnahme“ sowie unausgereifte ePA-Module der IT-Hersteller. Krankenhausinformationssysteme (KIS) seien komplexer als etwa Systeme, die in kleineren Praxen eingesetzt werden, die Bereitstellung der Dokumente sei arbeitsaufwändig.

KIS führen unterschiedliche Funktionalitäten zusammen. Mit ihnen lassen sich Patient:innendaten verwalten, medizinische und pflegerische Prozesse dokumentieren und steuern sowie die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachabteilungen koordinieren.

Welche Sanktionen drohen?

Es ist unklar, wann Praxen und Krankenhäuser genau mit Sanktionen rechnen müssen, wenn sie nicht rechtzeitig über das ePA-Modul verfügen.

Grundsätzlich müssen Praxen ab dem vierten Quartal schrittweise Sanktionen befürchten, Krankenhäuser ab dem 1. März 2026. Dazu zählen Kürzungen beim gesetzlichen Krankenkassen-Honorar von einem Prozent und Einschnitte bei der TI-Pauschale. Allerdings können die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) bei der Reduzierung der TI-Pauschale eine dreimonatige Übergangsphase gewähren.

Die TI-Pauschale ist ein monatlicher Zuschuss, mit dem die Kosten für Anschluss, Ausstattung und Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI) gedeckt werden sollen. Die Höhe der Pauschale richtet sich nach der Praxisgröße.

Ab kommendem Jahr droht dann sogar ein kompletter Abrechnungsausschluss, wenn Arztpraxen und andere Leistungserbringer eine Praxissoftware ohne zertifiziertes ePA-Modul nutzen. Sie könnten dann keine Abrechnungen mit den gesetzlichen Krankenkassen mehr einreichen oder bewilligt bekommen.

Sybille Steiner vom KBV findet es „vollkommen inakzeptabel“, wenn die Praxen etwa für die Versäumnisse der Hersteller büßen. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein teilte uns auf Anfrage mit sie prüfe, Kürzungen auszusetzen, wenn „technische Probleme der Praxisverwaltungssysteme einen Einsatz des ePa-Moduls verhindern“. Die Details dazu würden derzeit noch erarbeitet. Die KV Nordrhein vertritt die Interessen von rund 24.000 niedergelassenen Vertragsärzten und -psychotherapeuten im Landesteil Nordrhein von Nordrhein-Westfalen.

Verwaiste Akten

Während viele Praxen noch darauf warten, die ePA einsetzen zu können, nutzt die überwiegende Mehrheit der Versicherten ihre Akte nicht aktiv.

Rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten haben inzwischen eine ePA von ihrer Krankenkasse angelegt bekommen. Doch um auf die Patientenakte und die darin enthaltenen Dokumente zugreifen zu können, benötigen sie eine App, die in der Regel von den Krankenkassen bereitgestellt wird. Eine solche Applikation verwenden aktiv derzeit aber gerade einmal drei Prozent der Versicherten.

Dabei soll die ePA laut Sozialgesetzbuch „eine versichertengeführte elektronische Akte“ sein. Sie ist also so konzipiert, dass die Versicherten sie aktiv verwalten. Dass man derzeit meilenweit von diesem Ziel entfernt ist, weiß auch das Bundesgesundheitsministerium.

Ein Ministeriumssprecher äußert auf Anfrage von netzpolitik.org die Hoffnung, dass mit der Nutzungspflicht und Weiterentwicklung der ePA auch die Zahl aktiver Nutzer:innen zunehme. So soll etwa im Jahr 2027 die Funktion „Push-Benachrichtigung für Versicherte“ umgesetzt werden. „Aber auch ohne eine aktive Nutzung der App wird die ePA zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung beitragen“, so der Sprecher.

ePA ohne Patient:innenkontrolle

Lutz Auer, Referent für Digitalisierung im Gesundheitswesen beim Verbraucherschutz Bundesverband, kritisiert, dass die ePA den Versicherten bislang nur wenig Mehrwert biete und auch deshalb das Interesse an ihr gering sei.

„Dafür braucht es jenseits der reinen Befüllung mit Daten seitens der Leistungserbringer Funktionen wie einen digitalen Impfpass, Zahnbonusheft oder Mutterpass“, sagt Auer. „Solche verbraucherorientierten Funktionen sollten im Zentrum des Weiterentwicklungsprozesses stehen, doch derzeit gibt es noch nicht mal einen verbindlichen Zeitplan dafür.“

Nicola Buhlinger-Göpfarth vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband macht auch die Krankenkassen für das Desinteresse der Versicherten verantwortlich. „Die allermeisten Patientinnen und Patienten sind bis heute überhaupt nicht über die ePA informiert worden“, so Buhlinger-Göpfarth. Das sei eigentlich Aufgabe der Kassen, die hätten „aber weitestgehend die Hände in den Schoß gelegt“.

Auf die Folgen dieser Versäumnisse weist Manuel Hofmann, Referent für Digitalisierung bei der Deutschen Aidshilfe, hin. „Viele Menschen wissen überhaupt noch nicht, dass es da jetzt eine ePA im Hintergrund gibt, aus der sich viele sensible Informationen lesen lassen.“ Standardmäßig sind in der Patientenakte alle medizinischen Informationen für behandelnde Einrichtungen sichtbar.

Wer den Zugriff auf die eigenen Gesundheitsdaten einschränken möchte, hat es schwer: „Sensible Diagnosen gehen nicht nur aus eingestellten Dokumenten hervor, sondern auch aus der Medikationsliste und den Abrechnungsdaten, die beide automatisiert in die ePA fließen“, sagt Hofmann. Versicherte müssten daher immer auf mehrere Teilbereiche achten, wenn sie einzelne Diagnosen verbergen möchten.

Zurück auf Los?

Eine feingranulare Zugriffssteuerung sah die frühere ePA-Version 2.0 noch vor. Das Digital-Gesetz, das im März vergangenen Jahres in Kraft trat, schränkte die Optionen beim Berechtigungsmanagement jedoch deutlich ein.

Die Folgen sind nicht zuletzt für marginalisierte Patient:innengruppen spürbar, die auch im Gesundheitswesen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Sie sollten ins Zentrum der Weiterentwicklung der ePA gestellt werden, fordert Manuel Hofmann. „Diskriminierung darf nicht weiterhin als verschmerzbare Nebenwirkung für eine vermeintlich ‚kleine Gruppe‘ in Kauf genommen werden.“

Bianca Kastl, die auch Vorsitzende vom Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit e. V. ist, geht noch einen Schritt weiter. „Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist sehr stark getrieben von der Selbstverwaltung und Interessen von Krankenkassen und Industrie, weniger von den Interessen der Patient:innen“, sagt Kastl. Eine ePA, die die Souveränität der Versicherten stärkt, „müsste in einem Rahmen entstehen, der nicht von diesen Stakeholdern geprägt wird“.

Das klingt so, als müsste man zurück auf Los und ganz von vorne beginnen, um den selbst gesetzten Anspruch einer „versichertengeführten elektronischen Akte“ gerecht zu werden. Andernfalls bliebe die ePA vor allem eines: ein nicht eingelöstes Versprechen.

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f you watched today’s spectacle at the Quantico Marine Base, where Donald Trump and Secretary of War delivered awful speeches to more than 800 General Officers, I imagine you are hearing Peggy Lee sing, Is that All There Is? Well, leave it to the brilliant Yves Smith to explain the reason for the meeting. She...
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The Trumpanyahu "Peace" Plan, and Other Notes, by Caitlin Johnstone

The Trumpanyahu administration is pushing a “peace plan” for Gaza which critics are saying would damn Palestinians to permanent subjugation under the thumb of Israel. The proposed plan would see Gaza supervised by Trump and by war criminal Tony Blair, and Netanyahu is already saying that the deal will allow the IDF to remain in...
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How the Media Tears Up Its Own Rulebook to Hide Israel’s Atrocities, by Jonathan Cook

The news cycle has rules every rookie journalist understands. When the media choose to break them, you can be sure it is for entirely non-journalistic reasons You can tell much from how the media choose to cover a news story – and from the facts they decide to emphasise in a headline. And you can...
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Leaked Israeli Transcripts Reveal Trump Lied About Attack on Iran, by Kevin Barrett

Israel’s June 13 attack on Iran, which the US joined on June 22, was framed as a desperate attempt to pre-empt an imminent Iranian nuclear threat. On June 21, Donald Trump insisted that his Director of National Intelligence, Tulsi Gabbard, was mistaken when she testified, in March, that Iran was not building a nuclear weapon....
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Trump’s War on America, by Chris Hedges

Fascists, historically, are surprisingly candid about the world they intend to create. Those they target, despite this transparency, are surprisingly obtuse about what is coming. The most ominous warning to date from our homegrown fascists is the latest Presidential memo, “Countering Domestic Terrorism and Organized Political Violence.” It accuses any critic of law enforcement, Immigration...
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Filling in Gaps on the Forrestal Case, by Greg Garros

Jim Forrestal’s ghost, like Banquo’s, still walks and may yet destroy Macbeth.” -Quote from Frank Kluckhohn (p. 62, Chapter “Who Killed Forrestal?” in The Drew Pearson Story). Special Advisor to James Forrestal, 1948. Previously a columnist for the NY Times and the first American to interview Hirohito following the surrender of Japan in 1945. FILLING...
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Culture of Critique Expanded and Updated, by F. Roger Devlin

The Culture of Critique: An Evolutionary Analysis of Jewish Involvement in Twentieth-Century Intellectual and Political Movements, 3rd edition Kevin MacDonald Antelope Hill Publishing, 2025 (recently banned on Amazon) 666+c pages, $39.89 paperback In the later half of the twentieth century, the United States of America—hitherto the world’s most powerful and prosperous country—opened its borders to...
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The Clock Tells the Truth — Russia Issues Three Responses to the Gaza Plan in Three and a Half Hours, by John Helmer

The clock at the Tass office in Moscow was reading 14:24 on Tuesday afternoon when Dmitry Peskov, spokesman for President Vladimir Putin, was reported as saying the following about the Gaza plan of President Donald Trump, Prime Minister Benjamin Netanyahu, and ex-prime minister Tony Blair: “Russia always supports and welcomes any steps by Trump that...
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China’s Rare Earth Ban Is Widening the Weapons Gap with Its Enemies, by Hua Bin

When I first wrote about China’s rare earth export control in reaction to Trump’s tariff war back in April, the topic was an obscure technical one. Over the past months, mainstream media has given the subject saturation coverage and now everyone realizes the importance of rare earth in high tech production, especially for weapon systems....
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Kuba und Brasilien vereinbaren Schritte für Nahrungssicherheit

Havanna/Brasilia. Am 23. und 24. September hat im Hotel Nacional in der kubanischen Hauptstadt eine erste Gesprächsrunde mit dem Titel Public Policies for Food Sovereignty and Nutritional Security zur Intensivierung der bilateralen Kooperation auf dem Gebiet der... weiter 30.09.2025 Artikel von zu Kuba, Brasilien, Menschenrechte, Umwelt
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USA prüfen Militärangriffe auf angebliche "Drogenziele" in Venezuela

Washingot/Caracas. Mehrere Medien berichten übereinstimmend mit Bezug auf Informationen des US-amerikanischen Nachrichtensenders NBC von Plänen der US-Regierung auch innerhalb Venezuelas mit militärischen Operationen gegen mutmaßliche Drogenbanden vorzugehen. Dies könnte nach... weiter 30.09.2025 Artikel von zu Venezuela, USA, Militär, Politik
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Lateinamerika fordert bei UN-Konferenz Frieden und Reformen

80. Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. Mehrere Regierungen kritisieren den US-Einsatz in der Karibik und sprechen von Völkermord in Gaza. Streit über Umbau des Sicherheitsrats New York. Bei der 80. UN-Vollversammlung in New York vertreten die Regierungen Brasiliens, Kubas, Venezuelas, Boliviens, Kolumbiens, Mexikos, Chiles und anderer lateinamerikanischer Staaten deutliche Positionen zu internationalen Konflikten, Migration und regionaler Zusammenarbeit... weiter 30.09.2025 Artikel von zu Lateinamerika, Menschenrechte
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America’s Ongoing Humiliation Ritual

For the third time this month, the Israeli government deployed drones and bombs against the Global Sumud Flotilla, the convoy of 50 civilian boats carrying humanitarian aid as part of a global humanitarian attempt to break Israel’s US-backed siege of Gaza and draw international attention to the famine it has created. Those Israeli bombings – […]
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Recognition of Palestine Is a Repeat of the West’s Oslo ‘Peace’ Fraud

First published by Middle East Eye. The reluctant recognition of Palestinian statehood by Britain, France, Australia, Canada this week is a con – it is the same switch and bait that has been blocking the creation of a Palestinian state for three decades now. Imagine that these four leading western countries had recognised Palestine not […]
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