Leistbares Wohnen: Barcelona erzwingt Vermietung von leerstehenden Wohnungen

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Leistbares Wohnen: Barcelona erzwingt Vermietung von leerstehenden Wohnungen
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Leistbares Wohnen:

Barcelona erzwingt Vermietung von leerstehenden Wohnungen

von Tina Goebel / Redaktion MOMENTUM INSTITUT, Wien

In vielen Städten wird es immer schwieriger, leistbare Wohnungen zu finden. Dabei stehen viele Immobilien leer - sie werden als Spekulationsobjekte von Firmen gekauft. Barcelona geht nun einen radikalen Weg und setzt diesen Unternehmen eine Deadline: Entweder sie vermieten im nächsten Monat, oder die Stadt wird die Wohnungen übernehmen.

Es ist eine drastische Maßnahme: Die Stadtverwaltung von Barcelona hat diese Woche 14 Unternehmen einen Brief geschickt, die insgesamt 194 leerstehende Wohnungen besitzen. Darin werden diese Firmen aufgefordert, die leer stehenden Wohnungen im kommenden Monat zu vermieten - oder die Stadt wird Schritte einleiten, und sich diese Immobilien aneignen. Die Unternehmen erhalten dann nur die Hälfte des Marktwertes. Die Wohnungen will Barcelona dann an Menschen mit niedrigem Einkommen vermieten.

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► Kampf gegen Leerstände seit Finanzkrise

Seit der Wirtschaftskrise 2008 setzen Firmen auf den Erwerb von Immobilien - sie sind einfach eine sichere Wertanlage. Doch die Leerstände treiben dann die Mietpreise in den Städten in die Höhe. Paris erhebt bereits seit 20 Jahren eine Steuer auf Leerstände - und hatte mit dieser Maßnahme Erfolg. In Barcelona ist es seit 2016 legal, dass sich die Stadt Immobilien, die länger als zwei Jahre leer stehen, aneignen kann. Das Gesetz sieht vor, dass sie dann zwischen vier und zehn Jahren vermietet werden können, bevor sie an den Besitzer zurückgegeben werden müssen.

Doch seit Dezember 2019 wurde die Maßnahme verschärft: Die Stadt kann nun die Immobilien sogar kaufen - für 50 Prozent des Marktwertes. Weiters könnten den Firmen Strafzahlungen zwischen 90.000 und 900.000 Euro drohen.

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► Mieten stiegen stark

So radikal das Vorgehen Barcelonas erscheint - es ist eine wichtige Maßnahme. Die Mieten sind zwischen 2014 und 2017 um fast 30 Prozent gestiegen. Und seit der Wirtschaftskrise kämpft Spanien mit einer hohen Arbeitslosigkeit, vor allem Jugendliche und junge Menschen haben es schwer, einen Job zu finden. Nach der damaligen Krise brauchte das Land fünf Jahre, bis die Wirtschaft wieder wuchs. Und nun befürchten viele, dass sich aufgrund der Corona-Krise dieses Schreckensszenario wiederholen wird.

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Leerstände: So sieht es in Österreich aus

Österreich und vor allem Wien gelten als Vorbild, was den sozialen Wohnbau betrifft. Trotzdem steigen auch bei uns die Mieten schneller als der Lohn. Heute sind die Mieten um 53 Prozent teurer als 2007. Von leistbarem Wohnen sprechen Experten, wenn rund 25 Prozent des Einkommens für das Wohnen ausgegeben werden muss. Heute müssen durchschnittlich 30 bis 40 Prozent berappt werden.

Tina Goebel, https://www.moment.at/ .
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Tina Goebel, aufgewachsen in Niederösterreich, liebt es Geschichten so zu erzählen, dass sie gern gelesen werden: Egal ob als Wissenschaftsredakteurin bei profil oder als TV-Reporterin bei PULS4. Ihr Talent für Tempo, Struktur und Timing zeigt sie auch auf der Theater- und Konzert-Bühne. > tina.goebel[AT]moment.at


► Quelle: Der Artikel erschien zuerst am 29. Juli 2020 auf der Webseite des Momentum Instituts - Verein für sozialen Fortschritt, Märzstraße 42/1, 1150 Wien, Österreich. >> Artikel.

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»Leistbares Wohnen: Barcelona erzwingt Vermietung von leerstehenden Wohnungen.« von Tina Goebel / Redaktion MOMENTUM INSTITUT, 29. Juli 2020 >> weiter.

»Wohnen: Wie Frankreich es geschafft hat, den Leerstand zu verringern« von Lisa Wölfl / Redaktion MOMENTUM INSTITUT, 29. Juni 2020 >> weiter.

»Wohnen am (freien) Markt: wer kann sich das leisten?« von Manfred Krenn / A&W blog, 3. April 2020 >> weiter.

»Berliner Mietendeckel ist ein Täuschungsmanöver. Feigenblatt für eine unsoziale Wohnungspolitik« von Tino Jacobson/Markus Salzmann, 12. Nov. 2019 >> weiter.

»Wieso zahlst du eigentlich die Maklerprovision?« von Lisa Wölfl / Redaktion MOMENTUM INSTITUT, 16. Oktober 2019 >> weiter.

»Die Wiener Gemeindebauten: Leistbares Wohnen für alle oder Brennpunkt?« von Lisa Wölfl / Redaktion MOMENTUM INSTITUT, 14. Oktober 2019 >> weiter.

»Können Grüne Wohnungspolitik? Was für eine Frage!« von Egon W. Kreutzer, 05. Okt. 2019 >> weiter.

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»Mieterschutz und Bodenrevolution: Wien und Wohnen passte einst gut zusammen« von Franz Schandl / Streifzüge, 24. Dezember 2018 >> weiter.

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»Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen. Was ist die Wurzel des Übels?« von Claus Schreer, 25. September 2018 >> weiter.

»Ausrichtung der Wohnungspolitik: Was tun gegen Mietenwahnsinn?« von Leo Mayer, 22. September 2018 >> weiter.

»Wohnverhältnisse in Deutschland: Mietbelastung, soziale Ungleichheit und Armut« von Sozialverband Deutschl. (SoVD), August 2018 >> weiter. (PDF)

»Wie viele und welche Wohnungen fehlen in deutschen Großstädten? Die soziale Versorgungslücke nach Einkommen und Wohnungsgröße« von Hans-Böckler-Stiftung, April 2018 >> weiter. (PDF)

»In Deutschlands Großstädten fehlen fast 2 Mio. bezahlbare Wohnungen.« von Hans-Böckler-Stiftung, 15. April 2018 >> weiter.

»Wohnen ist Menschenrecht für alle!« von Bündnis „AufRecht bestehen“, 12. März 2018 >> weiter.

»Feuchte Wände, kalte Wohnung, kein Auto. Wie sich Einkommensarmut im Alltag auswirken kann« von Laurenz Nurk, 2. Dezember 2017 >> weiter.

»Wohnen als Anlageobjekt, Zwangsräumung als Marktregulierung. Staatliches Hilfesystem funktioniert nicht mehr« von Laurenz Nurk, 29. Mai 2017 >> weiter.

»Wohnungsnot und Mieten: Pfusch am Bau« von Charles Pauli, 31. Oktober 2016 >> weiter.


► Bild- und Grafikquellen:

1. Barcelona - Panoramablick. Barcelona ist die Hauptstadt Kataloniens und nach Madrid die zweitgrößte Stadt Spaniens. Innerhalb des Stadtgebietes leben etwa 1,62 Millionen Menschen. Foto: AdinaVoicu / Adina Voicu, Oltenita/Romania. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.

2. La Rambla, auch bekannt als Les Rambles oder Las Ramblas ist eine rund 1,2 Kilometer lange Promenade im Zentrum von Barcelona, die den Plaça de Catalunya mit dem Alten Hafen verbindet. Foto: hoelli. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.

3. Metropole Barcelona: Zusammen mit den in der Àrea Metropolitana de Barcelona zusammengeschlossenen Gemeinden der Agglomeration beträgt die Einwohnerzahl 3,16 Millionen. Im weiteren Einzugsbereich der Metropolregion (Àmbit Metropolità de Barcelona) leben insgesamt 4,86 Millionen Menschen. Mit jährlich mehr als sieben Millionen Touristen aus dem Ausland zählt Barcelona überdies zu den drei meistbesuchten Städten Europas. Foto: godamned / Mateusz Dietrich. Quelle: Pixabay. Alle Pixabay-Inhalte dürfen kostenlos für kommerzielle und nicht-kommerzielle Anwendungen, genutzt werden - gedruckt und digital. Eine Genehmigung muß weder vom Bildautor noch von Pixabay eingeholt werden. Auch eine Quellenangabe ist nicht erforderlich. Pixabay-Inhalte dürfen verändert werden. Pixabay Lizenz. >> Foto.