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Bürgergeld: Jobcenter muss Hotel zahlen – und darf nicht einfach auf Obdachlosenunterkunft verweisen

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Das Sozialgericht Leipzig verurteile das Jobcenter Leipzig mit Beschluss (Az: S 9 AS 1774/23 ER) dazu, einem wohnungslosen Pärchen die Kosten für eine Unterbringung in einem Hotel zu erstatten.

Das Gericht entschied damit, dass nicht von vorneherein auf eine Obdachlosen- oder Gemeinschaftsunterkunft verwiesen werden müsse. Auch höhere Unterkunften als die Mietobergrenze seien in einem solche Fall zu übernehmen.

Der konkrete Fall

Ein Pärchen hatte seit Mai 2023 Leistungen des Bürgergeldes für den Lebensunterhalt bezogen, vorerst aber keine Hilfe für die Wohnkosten beantragt, da die Betroffenen wohnungslos waren.

Am 2.11.2023 stellten Sie aber einen Antrag auf die Übernahme der Kosten für ein Doppelzimmer in einem Leipziger Homestead Hostel von 70 Euro pro Nacht.

Das Jobcenter lehnte diese Kostenübernahme ab, da die Kosten für das Hostel (1680 Euro im März, 2100 Euro im April und 2170 Euro im Mai) weit über den vom Jobcenter als angemessen angesehenen 475 Euro Wohnkosten für zwei Leistungsberechtigte liegen.

Das Jobcenter verwies darauf, dass die Betroffenen in Gemeinschaftsunterkünfte für Obdachlose gehen könnten.

Wohnungssuche erfolglos, andere Unterbringung nicht möglich

Das betroffene Pärchen klagte und begründete dies damit, dass vergeblich und intensiv eine Wohnung gesucht hätte. Sie gehörten aber als Suchtkranke einer stark stigmatisierten Personengruppe an und seien nahezu überall unerwünscht.

Die Unterbringung in einer Norunterkunft sei nicht möglich. Diese seien nach Geschlechtern getrennt und nähmen keine Pärchen auf. Sie bräuchten einander jedoch und könnten ohne den anderen nicht sein.

Sozialgericht stützt Begründung der Leistungsberechtigten

Das Sozialgericht Leipzig entschied für die Betroffenen und gegen das Jobcenter. Die Begründung der Betroffenen sei glaubhaft. Sie hätten sich, besonders durch Sozialarbeiter, intensiv um eine Unterkunft bemüht und keine andere gefunden.

Ein Hotel entspräche den Kriterien einer Unterkunft im Sinne der Norm nach Paragraf 22 Abs 1 S 1 im SGB II.

Ohrfeige für das Jobcenter

Das Sozialgericht machte klar, dass die Idee des Jobcenters, grundsätzlich und als erstes eine Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft zu verlangen, rechtwidrig sei. Es gebe beim Bürgergeld sowohl eine abstrakte wie eine konkrete Angemessenheit der Wohknkosten.

Mit einem allgemeinen Verweis, in Gemeinschaftsunterkünften für Wohnungslose zu übernachten, würden die ausdifferenzierten Regeln zur abstrakten Angemessenheit hinfällig. Denn dann könne das Jobcenter einfach allen Leistungsberechtigten eine Gemeinschaftsunterkunft als billigste Möglichkeit aufdrängen.

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Der Einzelfall zählt

Ausdrücklich seien jedoch dem Gesetz zufolge die Besonderheiten des Einzelfalles zu beachten. Und diese rechtfertigten ausnahmsweise die Übernahme unangemessener Kosten, vorausgesetzt, dass die Leistungsberechtigten alles ihnen mögliche täten, um eine angemessene Unterkunft zu finden.

Letzteres hätten die Betroffenen glaubwürdig getan, und eine andere Unterkunft zu finden sei ihnen nicht möglich gewesen.

Auch der Verweis, für eine günstigere Wohnung aus der Stadt zu ziehen, sei verfehlt. Die Suchtkranken müssten täglich zu einem Klinikum in Leipzig im Rahmen ihrer Therapie.

Jobcenter darf erfolgreiche Suchttherapie nicht gefährden

Die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft würde – ebenso wie Obdachlosigkeit- den bisherigen Erfolg ihrer Drogentherapie gefährden, da sich auf diese Art der Suchtdruck erhöhe. Auch hier bestünde eine gesetzliche Pflicht, eine solche Gefährung einer erfolgreichen Therapie zu vermeiden.

Das Jobcenter muss also die Kosten des Hotels anteilig mittragen. (Hinweis: Tacheles e.V.)

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Blog der Republik legt 50 Jahre alte Lügen neu auf

Vor 50 Jahren hat der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) mit der Behauptung, es zirkuliere eine ganze Liste mit Frauengeschichten Willy Brandts, dazu gebracht, zurückzutreten. Dieser Rücktritt war nicht nötig. Aber Willy Brandt hat wohl zu Recht befürchtet, dass er der Kampagne, die mit diesen Lügengeschichten arbeitet, nicht standhalten kann. 50 Jahre später kommt nun der Journalist Norbert Bicher beim Blog der Republik mit derselben Geschichte neu auf den Markt. Sie ist genauso gelogen wie 1974. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Zunächst noch zur Information die einschlägige Passage in dem Artikel vom Blog der Republik, gefettet von mir:

Einige Tage zuvor war der DDR-Spion Günter Guillaume aufgeflogen und verhaftet worden. Brisant, dass ein DDR-Spion bis in die nächste Umgebung des Kanzlers aufgestiegen war. Noch brisanter, dass durch ihn eine Liste mit Brandts Frauengeschichten bekannt wurde. Verfassungsschutzpräsident Günter Nollau befürchtete, der Regierungschef sei erpressbar. Dringend soll er Wehner einen Tag vor dem Treffen in der Eifel geraten haben: Brandt muss zum Rücktritt aufgefordert werden.

So etwas wird hierzulande am 4. Mai 2024, also 50 Jahre nach dem Geschehen, veröffentlicht. Lügen wie vor 50 Jahren.

Ich war damals Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt und ich kannte Personen, die nach dem damaligen und jetzt neu aufgelegten Getuschel auf dieser Liste angeblich stehen sollten, persönlich und konnte deshalb mit ihnen über diese Vorwürfe sprechen. Deshalb weiß ich, dass die damalige wie auch die neu aufgelegte Behauptung eine Lüge ist.

In diesem neueren Text von 2013 zum Thema wird die Lügengeschichte von der angeblichen Liste mit mehreren Namen sogar aufgedeckt. Dennoch greifen miese Journalisten wie Norbert Bicher die alte falsche Geschichte wieder auf. Hosen runter, Herr Bicher, Namen nennen!

P. S.: Wegen der Neuauflage der alten Lügengeschichte habe ich vorgestern, also am 4. Mai, an den Blog der Republik geschrieben und eine ausgesprochen unbefriedigende Antwort erhalten. Hier der Schriftwechsel:

An: redaktion@blog-der-republik.de
Betreff: https://www.blog-der-republik.de/die-nacht-von-muenstereifel-willy-brandts-ruecktritt-vor-50-jahren/

Guten Tag, sehr geehrter Herr Bicher,

in Ihrem Beitrag über Willy Brandts Rücktritt steht zu lesen:

Noch brisanter, dass durch ihn eine Liste mit Brandts Frauengeschichten bekannt wurde.

Damit erwecken Sie den Eindruck, als würde es eine solche Liste geben. Wenn Sie diese Behauptung schon übernehmen, dann sollten Sie auch fähig sein, mir die Liste zur Einsicht zu überlassen.

Der Hintergrund meiner Frage ist, dass es unerträglich ist, dass 50 Jahre nach dem angeblichen Geschehen immer noch solche Behauptungen verkündet werden und diese nicht belegt werden. Das war vor 50 Jahren schon so und war damals genauso Ausdruck eines üblen Schlüssellochjournalismus wie heute.

Ich gehe davon aus, dass Sie mir bis kommenden Montag die Liste zuschicken können. Andernfalls werde ich mit diesem Vorgang als Beleg in den Nachdenkseiten einen Beitrag über diesen üblen Umgang mit einer Person der Zeitgeschichte schreiben.

Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Müller

5.5.2024 13:37 Uhr

Sehr geehrter Herr Müller,

der Autor Norbert Bicher empfiehlt die Lektüre des Buchs “ Willy Brandt, Visionär und Realist” von Peter Merseburger und darin insbesondere das Kapitel “Wehner, Guillaume und der Rücktritt”, Seite 657 bis 738.

Freundliche Grüße
Uwe Pöhls

5.5.2024 14:15 Uhr

Sehr geehrter Herr Pöhls,

Das ist ja lustig. Statt eines präzisen Belegs bieten Sie 81 Seiten ohne Beleg. Große Klasse

Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Müller

Nachtrag: ich habe die Seiten 657-738 im Buch von Peter Merseburger quer gelesen und nichts gefunden, was als Beleg der Behauptung des Autors Bicher vom Blog der Republik gelten könnte. – Ja so soans!

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Gute Schulnoten sprechen gegen Schwerbehinderung – Urteil

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Gute Schulnoten und ein Freundeskreis sind bei an Diabetes Typ I erkrankten Kindern ein Hinweis darauf, dass keine „gravierende Beeinträchtigung“ der Lebensführung vorliegt.

Dies gilt auch dann, wenn betroffene Kinder und Jugendliche eine intensivierte Insulintherapie mit mehrfachen Blutzuckermessungen benötigen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in zwei veröffentlichten Urteilen (Az.: L 13 SB 60/23 und Az.: L 13 SB 90/23).

Ohne „gravierende Beeinträchtigungen“ der Lebensführung könne ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 und damit eine Schwerbehinderung aber nicht anerkannt werden, so die Celler Richter.

Klage auf GdB 50

Im ersten Verfahren hatte ein zehnjähriges, an Diabetes Typ I erkranktes Mädchen geklagt. Ihr wurde ein GdB von 40 zuerkannt. Mit ihrer Klage wollte sie einen GdB von 50 erreichen.

Ihre Eltern verwiesen auf ihren Pflegegrad 2. Um einen stabilen Blutzuckerwert in der Grundschule zu gewährleisten, sei sie auf einen Integrationshelfer angewiesen. Seit dieser für die weiterführende Schule nicht mehr genehmigt worden sei, seien Konzentrationsschwierigkeiten und auffälliges Verhalten aufgetreten.

Besuche bei Freunden seien nur in Begleitung eines Elternteils möglich, damit die Insulindosis sicher angepasst werden könne. Für die Therapie müsse ihre Tochter deutlich mehr begleitet, beobachtet und betreut werden, als dies bei Gleichaltrigen üblich sei. Die erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität begründe einen GdB von 50.

Gute Schulnoten sprechen gegen Schwerbehinderung bei Diabetikern

Ähnlich argumentierte im zweiten Fall der ebenfalls an Diabetes Typ I erkrankte 14-jährige Kläger.

Er führte an, dass die Teilnahme an üblichen Freizeitaktivitäten einen erheblichen planerischen Aufwand erfordere. Er müsse sich viermal täglich Insulin spritzen und sei durch regelmäßig erhöhte Blutzuckerwerte an Nachmittagen in seiner Freizeitgestaltung und in der Lebensmittelwahl stark eingeschränkt.

Wegen seiner gravierenden Beeinträchtigung in der Lebensführung müsse ihm ein GdB von 50 zuerkannt werden.

In beiden Verfahren lehnte das Niedersächsiche Landessozialamt die Anerkennung der Schwerbehinderung ab. Die Behörde verwies auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Dezember 2014 (Az.: B 9 SB 2/13 R).

Es müssen gravierende Einschränkungen in mehreren Lebensbereichen vorliegen

Das Gericht hatte im Fall eines erwachsenen Diabetikers geurteilt, dass es bei der Zuordnung eines GdB auf eine Gesamtbetrachtung aller Lebensbereiche ankomme. Es müssten „gravierende“ Einschränkungen in mehreren Lebensbereichen vorliegen. Dabei seien „strenge Anforderungen“ anzulegen.

Diese lägen in den beiden aktuellen Fällen nicht vor, urteilte das LSG. Nach der Versorgungsmedizin-Verordnung könne bei Diabetikern ein GdB von 50 zuerkannt werden, die bei variierendem Blutzuckerspiegel mindestens vier Insulininjektionen täglich benötigen und die durch die „Auswirkungen des Diabetes insgesamt gesehen erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt“ sind.

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LSG Celle sieht keine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung

Zu den mit der Insulintherapie verbundenen Einschnitten müssten zusätzliche Faktoren hinzukommen, etwa wenn der Betroffene durch die schlechte Blutzuckereinstellung „in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gemeinschaft erheblich beeinträchtigt ist“.

Einzelne Einschränkungen, etwa bei der Nahrungsaufnahme, stellten noch keine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung dar.

Zwar könnten bei Kindern und Jugendlichen besondere Risiken bestehen. Allein das Risiko starker psychischer Probleme etwa infolge sozialer Ausgrenzung oder Mobbing in der Schule könnten einen GdB aber nicht begründen. Hierfür müssten die Probleme tatsächlich auftreten.

In den Streitfällen seien die Kläger in der Schule beliebt, hätten Freunde, gute Noten und zeigten ein übliches, altersgerechtes Verhalten. Eine erforderliche elterliche Überwachung und Begleitung stelle dabei noch keine „gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung“ dar, so das LSG, welches allerdings die Revision zum BSG zuließ. fle

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Reinhard Mey ist tot – zumindest musikalisch: Neues Album “Nach Haus”

Reinhard Mey hat sein neunundzwanzigstes Studioalbum veröffentlicht. Das sollte eigentlich eine gute Nachricht sein. Doch leider ist der Lieblingsliedermacher der Deutschen musikalisch am Ende. Was mit 81 Jahren nichts Ehrenrühriges ist. Dennoch: Die Erkenntnis schmerzt, dass auch die Besten ihrer Zunft ein Verfallsdatum haben. Vielleicht auch, weil einen diese Erkenntnis mit der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert. […]

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Patriarch John X calls for lifting unjust Western siege imposed on the Syrian people

SANA - Syrian Arab News Agency - 6. Mai 2024 - 14:16

Damascus, SANA- A holy mass was held on Easter Monday at the Mariamite Cathedral of Damascus, presided upon by Patriarch John X, Patriarch of Antioch and all the East for Greek Orthodox.

In his speech, Patriarch John X called on the governments of the world and peoples to lift the unjust Western siege imposed on the Syrian people.

We pray for Syria and its territorial integrity, and for Palestine, Patriarch John X added.

Patriarch also called for stopping the ongoing Israeli aggression on Gaza and ending the genocide against the people of Palestine., imploring God to prevail peace in the whole world.

Shaza Qreima

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Meeting with Government members

PRESIDENT OF RUSSIA - 6. Mai 2024 - 14:15

Vladimir Putin held a meeting with Government members.

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Tödliche Sniper-Aktionen an Westfront des Zap

In der Zap-Region in Südkurdistan sind drei türkische Soldaten von Scharfschützinnen der Verbände freier Frauen (YJA Star) erschossen worden. Das teilte die Pressestelle der Volksverteidigungskräfte (HPG) in einem am Montag herausgegebenen Bericht zum derzeitigen Kriegsgeschehen mit. Die drei Aktionen mit jeweils einem toten Besatzer fanden demnach am letzten Freitag im Widerstandsgebiet Girê Amêdî statt. Das Massiv befindet sich an der Westfront des Zap.

Darüber hinaus berichteten die HPG von zwölf Luftangriffen der türkischen Armee, die im Zeitraum zwischen dem 1. bis 5. Mai in verschiedenen Teilen Südkurdistans erfasst wurden. Sechs der mit Kampfflugzeugen verübten Bombardierungen richteten sich gegen Gebiete in Gare, Metîna wurde viermal angegriffen. Weitere zwei Luftschläge zielten auf Orte in Xakurke.

Seit Freitag verzeichnen die HPG eigenen Angaben nach auch massiven Hubschrauberbeschuss und zeitgleiches Artilleriefeuer vom Boden auf einschlägige Widerstandsgebiete in Zap und Metîna. Betroffen davon sind die Gebiete Şehîd Îbrahîm, Golka, Dergelê, Girê Amêdî, Girê Cûdî, Girê Şehîd Pîrdoğan, Bêşîlî und Şêlazê. Nähere Angaben zum Ausmaß der Bombardemens machte die Organisation nicht.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/15-tote-grossangriff-auf-besatzer-in-metina-42061 https://anfdeutsch.com/kurdistan/hpg-die-guerilla-ist-taktisch-versiert-und-psychologisch-uberlegen-42056 https://anfdeutsch.com/kurdistan/guerilla-schlagt-in-metina-und-zap-zu-42046

 

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„Kämpfe verbinden!“ – Demonstration und Konferenz in Gedenken an Halim Dener

Der 30. Todestag von Halim Dener, dem damals 16-jährigen kurdischen Jugendlichen, der 1994 in Hannover von einem deutschen Polizisten erschossen wurde, markiert nicht nur ein trauriges Ereignis, sondern auch den Beginn einer langen Auseinandersetzung um die Umstände seines Todes. Stellvertretend steht Halims Leben, seine Geschichte und sein Kampf für all diejenigen, die einen ähnlichen Staatsterror gegenüber standen und stehen. Die Kampagne Halim Dener hat sich in den letzten zehn Jahren zum Ziel gesetzt, nicht nur sein Andenken zu bewahren, sondern auch gesellschaftliche Fragen anzugehen, die zu seinem Tod geführt haben. Unter dem Motto „Kämpfe verbinden!“ hat die Kampagne mit einem Bündnis aus unterschiedlichen gesellschaftlichen und linken Gruppen einen Aufruf gestartet, um gemeinsam gegen rassistische Polizeigewalt und die Unterstützung deutscher Rüstungsunternehmen für Konflikte in Kurdistan und an vielen andere Orten dieser Welt vorzugehen. In den zehn Jahren wurde durch vielfältige Aktionen und das Erstellen von Materialien das Gedenken an Halim Dener öffentlich gemacht und die politische Sensibilisierung junger Linker gefördert. Die Kampagne hat auch über den lokalen Rahmen hinausgewirkt und Teilerfolge in der Kommunalpolitik erzielt.

Konferenz und Demonstration

Erste Veranstaltungen an einigen Orten im ganzen Land sind bereits geplant, um mit Gruppen in Austausch zu gehen und um für die beiden Großereignisse, Konferenz und Demonstration, zu mobilisieren. So schreibt ein Aktivist der Kampagne: „Wer Interesse an einem Austausch hat oder an einer gemeinsamen Veranstaltung, kann gerne die Kampagne anschreiben.“ Auch wird betont, dass mit den beiden Großereignissen der begonnene Prozess für einen neuen Internationalismus ein weiterer Meilenstein gelegt wird und die Weichen für eine bessere Zukunft gelegt werden. „Ziel wird es sein, voneinander und miteinander zu lernen, ein gemeinsames Bewusstsein für unterschiedliche Kämpfe zu entwickeln und die eigenen Kämpfe mit bestehende zu verbinden“, schreibt der Aktivist. Weiter sagt er: „Zu ihrem zehnjährigen bestehen lädt die Kampagne zu einer Konferenz am Samstag, 29. Juni, ein, um über ihre Errungenschaften und die Verbindung von Kämpfen zu diskutieren. Vor allem geht es darum, gemeinsame Perspektiven zu diskutieren und über Gemeinsamkeiten näher zusammenzurücken. Dazu soll noch eine Einladung folgen, um Organisationen, Gruppen und Initiativen zu ermutigen in einen inhaltlichen Austausch mit unterschiedlichen Kämpfen zu gehen. Die Ergebnisse der Konferenz werden sicherlich auch relevant für die Demonstration sein. Denn es ist auch zum 30. Todestag eine Großdemonstration für den Samstag, 6. Juli, geplant, um ‚Kämpfe verbinden!‘ auf die Straße zu tragen. Wer die Großdemonstration mit unterstützen möchte und zur Demo mobilisiert, kann gerne die Kampagne anschreiben. Obwohl die Kampagne in den letzten zehn Jahren viel erreicht hat, bleibt noch viel zu tun, um das Gedenken an Halim Dener würdevoll zu gestalten und gesellschaftliche Kämpfe weiter voranzubringen.“

Aufruf mitunterzeichnen

„Wir würden uns freuen, wenn ihr den Aufruf mit unterzeichnet und zur Großdemonstration mobilisiert. Aktuell haben zahlreiche Organisationen und Gruppen den Aufruf unterzeichnet. Teilt den Aufruf gerne auch in euren Netzwerken und in euren Städten. Zum Unterzeichnen einfach an diese Mailadresse mailen: halim.dener@riseup.net. Auch für gemeinsame Veranstaltungen zum Austausch unter dem Motto ‚Kämpfe verbinden!‘ kann an die genannte Mailadresse bei Interesse geschrieben werden“, so der Aktivist.

Die Kampagne Halim Dener hat auch wieder eine Webpräsenz:
Homepage: https://halimdener.blackblogs.org/
Instagram: https://www.instagram.com/kampagne_halim_dener

Halim Dener: Gefoltert, geflüchtet, verboten, erschossen

In ihrem Aufruf schreibt die Kampagne:

Wir schreiben das Jahr 2024. In vielen Regionen der Welt herrscht Krieg – Gaza, Ukraine, Jemen, Kurdistan – die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Regionale und globale Mächte heizen diese Kriege an, ihre Interessen werden genau dort verhandelt, sie liefern die Waffen. Verbrechen und Gewalt gegen Zivilist:innen sind dabei blutiger Alltag, sie kennen viele Gesichter: Folter, Vergewaltigung, Vertreibungen ...1000 Gründe zur Flucht.

Wer flieht, trifft auf Zäune, Gräben, Mauern, Gewehrläufe. Wer flieht, ertrinkt, erfriert, verdurstet. Durchgesetzt von den Vereinigten Staaten Amerikas und Europas, die sich mit ihren militärisch hochgerüsteten Grenzregimen zu Festungen gegen den Rest der Welt machen. Den auf Kosten des Rests der Welt erbeutete Reichtum will man nicht teilen ‒ egal ob lokal oder global: Man tritt runter auf die Schwächsten, Armen, Ausgebeuteten.

Wer es dennoch schafft, und die politischen Verhältnisse in Deutschland und weltweit nicht widerstandslos hinnehmen will, macht sich viele Feinde. Man will in diesem Land keine 'mitgebrachten Konflikte', man soll nicht 'auch noch Ansprüche stellen' und für eine andere Welt kämpfen schon gar nicht. Das sei Terrorismus, und so wird es auch verfolgt.

Und wenn es schlecht läuft, fällt das Todesurteil direkt auf der Straße. Ohne Gericht, ohne Verhandlung. Todesursache: Deutsche Polizist:innen. Deren Schießwut ist nicht unglücklichen Umständen oder Überforderung geschuldet, sondern wird seit Jahren trainiert, und die gesetzlichen Hürden dafür immer weiter abgebaut. Dazu kommen die Taten der berüchtigten 'verwirrten Einzeltäter', über die deutsche Behörden lieber nicht zu viel wissen wollen. Die Liste der Namen derjenigen, die in Deutschland durch rassistische Polizeigewalt und rechte Anschläge getötet wurden, füllt Seiten.

Einer von ihnen starb vor 30 Jahren in Hannover. Sein Name ist unvergessen. Er steht für all jene Zumutungen, von denen hier die Rede ist. Denn sie sind seine Geschichte: Halim Dener

gefoltert

Anfang der 1990er Jahre kam es zum Aufstand der kurdischen Bevölkerung. Ein Aufstand, der vom türkischen Staat mit Krieg gegen die Zivilbevölkerung beantwortet wurde. 3500 zerstörte und niedergebrannte Dörfer, zerstörte zivile Infrastruktur, mehr als 3 Millionen Zivilist:innen auf der Flucht. Die Waffen für diesen Krieg lieferte Deutschland. Eine Praxis, die erst unterbrochen wurde, als Bilder von deutschen Panzern, mit denen kurdische Aktivist:innen durch die Straßen geschliffen wurden, an die Weltöffentlichkeit gelangten.

Einer von den vielen, deren Heimatdorf niedergebrannt, die in diesem Krieg festgenommen und gefoltert wurden, war der kurdische Jugendliche Halim Dener.

geflüchtet

Und so gehörte Halim Dener zu den mehr als 300.000 Menschen, die seit Ende der 1980er aus Kurdistan nach Deutschland fliehen mussten.

Doch das Land, in das er 1994 floh, war dasselbe Land, das schon Anfang der 1980er Jahre – nach dem Militärputsch – türkische Linke an die Türkei auslieferte. Es war dasselbe Land, in dem es 1992 zu den Pogromen und Anschlägen in Hoyerswerda, Rostock Lichtenhagen und Mölln kam, und dessen Antwort auf diese Eskalation der Gewalt die Einschränkung des Rechtes auf Asyl war.

verboten

Halim Dener floh in ein Land, in dem die Proteste der kurdischen Bevölkerung gegen die Unterdrückung in ihrer Heimat mit einer beispiellosen Hetzkampagne und dem Verbot der PKK und all ihr nahestehenden Organisationen beantwortet wurden. Kurd:innen = PKK = Terrorist:innen war die Gleichung für eine innerstaatliche Feindeserklärung, die damals wie heute gegenüber den Kurd:innen, ihren Vereinen, Strukturen und Aktivist:innen gilt, und die ein Klima von Hass und Angst geschaffen hat.

erschossen

Diesen Anfeindungen und Repressionen zum Trotz setzte sich Halim auch in der BRD für die kurdische Bewegung ein. Er plakatierte schon wenige Wochen nach seiner Flucht in Hannover Poster mit dem Emblem der ERNK, des (damaligen) politischen Arms der PKK.

Dabei wurde Halim am 30. Juni 1994 von SEK-Polizisten in Zivil überrascht und bei der Festnahme in den Rücken geschossen. An eben dieser Schussverletzung starb Halim nur wenig später. Sinnbildlich für die Situation der in Deutschland lebenden Kurd:innen wurde der Schütze nach einem drei Jahre andauernden Prozess freigesprochen.

Berthold Brecht hat einmal geschrieben:

„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“

Der Tod Halim Deners zeigt: Auch das Erschießen durch einen deutschen Polizisten gehört dazu.

Wir demonstrieren und protestieren angesichts und gegen die Kriege dieser Welt. Wir beobachten, wie fortschrittliche Bewegungen weltweit unterdrückt und bekämpft werden, und wir stellen uns in internationaler Solidarität an ihre Seite. Wir sind nicht bereit, die Abschottungspolitik der Regierenden an den Außengrenzen hinzunehmen. Wir lehnen uns auf gegen die Repression und die Aushöhlung der Grundrechte. Wir sind traurig, zornig, wütend angesichts von rassistischer Polizeigewalt und rechtem Terror. Wir nehmen die Verbotspolitik nicht mehr hin.

Lasst uns überall dort, wo wir dies tun, Halim Dener und seine Geschichte lebendig werden lassen:

In unseren Aufrufen, Flugblättern und Reden. In unseren Liedern und Transparenten. In unseren Kämpfen und politischen Arbeiten.

Lasst uns zusammenkommen am 6. Juli in Hannover ‒ zur großen Demonstration zum 30.  Todestag von Halim Dener. Lasst uns unsere KÄMPFE VERBINDEN und zeigen, dass die antirassistischen und internationalistischen Antworten auf die Krisen dieser Welt lebendig sind.

Zur Demonstration am 6. Juli rufen unter anderem kurdische, linke, feministische und ökologische Organisationen auf. Den Aufruf mit aktuellen Unterzeichner:innen kann hier eingesehen werden:

https://halimdener.blackblogs.org/2024/03/08/kampagne-halim-dener/

https://anfdeutsch.com/aktuelles/gedenkkundgebung-fur-halim-dener-in-hannover-38093

 

https://anfdeutsch.com/aktuelles/strasse-in-hannover-nach-halim-dener-benannt-38011 https://anfdeutsch.com/aktuelles/gedenkkundgebung-fur-halim-dener-in-hannover-32890 https://anfdeutsch.com/hintergrund/halim-dener-gedenken-in-historischem-und-gesellschaftlichem-kontext-32403

 

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Greetings to participants, organisers and guests of the Victory Songs gala concert

PRESIDENT OF RUSSIA - 6. Mai 2024 - 14:00

Vladimir Putin sent a message of greetings to the participants, organisers and guests of the Victory Songs gala concert.

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I am exhausted from Watching the West Self-destruct

I am exhausted from Watching the West Self-destruct

Paul Craig Roberts

As a former postgraduate member of Merton College, Oxford University, I receive every year from Merton College a thick, well prepared report replete with color photos titled Postmaster and the Merton Record. The report provides a thorough report on everything associated with the college and present and past members as reported during the year. For example, undergraduate performance and prizes, publications and awards of faculty, concerts, the performance of the various sports teams, social events, reports of marriages, deaths, births, remembrances from past graduates, photographs of the college, gardens, and members, and books on the library’s shelves as if to say that here at Merton we still have the timeless products of Western Civilization in print form on library shelves instead of online somewhere in the cloud. In the current issue, those still alive who attended JRR Tolkien’s lectures provide their memories of this remarkable scholar of ancient languages and storyteller (The Hobbit, and The Lord of the Rings). It all reminds us that at Merton some semblance, some remnant of Britain’s ancient lineage lingers still among the tower of babel England has become.

No doubt the expense and effort to which the college goes to remain in touch with past members–all of whom compose The Merton Society–has in mind bequests. Little doubt Merton graduates attribute part of their success in life to the preparation that Merton gave them. So the large expense of the preparation and distribution of this report is justified. But for my generation and perhaps the one following I wonder about the impact of the report. Clearly, for my generation the collage is no more. It is simply there only in the buildings and memories. The college is no longer a men’s college. Gowns no longer exist. Merton even has female Wardens (presidents). As far as I can tell, and I am unsure, Oxford colleges are now organized like American colleges where students take courses and are graded on the course and graduate when they complete the designated course requirements.

In my day there were no courses and no course requirements. Unlike the US, a bachelor’s degree was a three, not a four-year, process. A student selected a field–mathematics, science, history, literature, languages, classics, PPE (philosophy, politics, and economics–imagine an American student learning all three in three years!) and was assigned a tutor by the college. The student was handed a reading list and encouraged to attend lectures on his chosen field of study. Lectures were provided by lecturers, senior lecturers, (`I am unsure if Oxford had the next rank, readers, or whether these were only at the “red brick universities”) and professors. If memory serves, in the entirety of Oxford colleges there were only two professors of economics. One was a theorist John R. Hicks, and the other, John Jewkes, was an empirical economist who was a member of Merton.

As there were no classes, the purpose of the Oxford gown was to admit you to lectures. As a student at an Oxford college it was your responsibility to prepare for the exam at the end of three years which would determine whether you got a first, a second, a pass, or a fail. A first was a pass into the City (England’s Wall St) or the civil service and a successful career. The colleges didn’t want any results below a second and so tutors did their best to motivate any students who might come up short on motivation.

When you stood for exams, you knew they would be sent to other universities for grading. In those days, integrity was important, and universities did not want to raise integrity questions by being accused of grading their own students easily in order to give them a push ahead. Standards and honor had to be preserved. In those days a first from Oxford or Cambridge was almost as good as being born into an aristocratic family that somehow still managed to have some money despite the dispossession of the aristocracy by the government.

Today all of this is gone, and it is very sad. My impression, I would be happy to be wrong, is that Oxford and Cambridge have been partly, not totally, placed in the role of selling entry into the First World to sons and daughters of well-to-do Indian, African, Asian, and Middle Eastern families. At times over the years I have noticed that white males have almost disappeared from the photographs in Postmaster, although not in the current issue. The aristocratic class seems to have faded away, and with an Indian prime minister of Great Britain and a Muslim Mayor of London, it is unclear in whose hands the British economy rests. Jaguar, for example, once the dominate power at Le Mans and the creator of what Enzo Ferrari himself declared to be the most beautiful car ever made–the E-Type, a specimen of which resides in permanent display in the New York Museum of Modern Art–has passed through a variety of foreign owners and I am unsure where its ownership resides today.

As readers of the few accurate histories of World War II know, US President Roosevelt used the war to destroy England’s leadership of the world economy and to turn the British into a satrapy of the American Empire. The greatest and most accurate of all WW II historians, David Irving, makes it clear that while Churchill was at war with Germany, Roosevelt was at war with England. It was Roosevelt who won. But don’t expect any Oxford historians to say this.

Reading what I have written, it is clear that these matters have been on my mind for some time as I have been diverted from my intention, which was to remark that the important fact of which the Merton College Record has made me aware is that as women, women have disappeared. Today women occupy male roles. With men’s roles colonized by women, there are no longer any male roles.

The Merton hockey team has more female than male members. When I was at Oxford, rugby was more violent than US football. The 11 member Merton rugby team has 4 female members.

What is my point? Nowhere in the 222 page report is that any woman in a woman’s role except on the childbirth page where female Merton graduates have done the dirty on feminism and become married mothers. But there are very few of them, an insufficient number to keep Briton British.

It is astonishing to me how rapidly the Western World has collapsed compared to the long drawn-out time required for Rome to disappear. One would think that, unlike Rome under pressure from external armies, the West with no one attacking it should be able to prolong its continuing existence despite the West’s lost of belief in itself.

But apparently, this is not to be.

The question of the survival of Western civilization is not raised at Oxford, Cambridge, Harvard, Yale, Princeton, Stanford. Indeed, they all seem to want Western civilization not to continue as they have branded it racist. Nowhere is there university faculty with interest to defend truth and the continuation of Western civilization’s existence.

The foundation of the Western world is the pursuit and defense of truth. When that no longer exists, neither does Western civilization.

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Der Kampf gegen die AfD ist wichtiger als der Kampf gegen Islamismus

Die Aussage der Überschrift bringt knapp auf den Punkt, wie zumindest die etablierten Parteien und ihre Hofschranzen der Mainstreammedien ticken. Sie kapieren nicht, dass der wachsende Erfolg der AfD eine Reaktion auf die Massenzuwanderung aus islamischen Ländern ist und des fehlenden Willens aller anderen Parteien, etwas gegen diese gezielte Migration vielfach kinderreicher, kulturfremder und oft […]

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Eren Keskin: „Heute ist jede Kritik verboten“

Die Repression gegen die freie Presse dauert an. Erst diesen Morgen wurden in Amed (tr. Diyarbakir) wieder zwei kurdische Journalistinnen festgenommen. Zuvor waren am 23. April bei Razzien neun Journalist:innen ebenfalls festgenommen worden. Die Korrespondent:innen der Nachrichtenagentur Mezopotamya, Mehmet Aslan, Esra Solin Dal sowie der Journalist Erdoğan Alayumat wurden unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ am 26. April inhaftiert. Bei der Anklage geht es um Artikel, welche die Journalist:innen verantwortlich zeichnen. Esra Solin Dal wurde im Gefängnis besonders repressiv behandelt und zu einer Nacktdurchsuchung gezwungen. Der Vollzugsausschuss versucht, sie durch Repressalien zu einem Mitgliedschaftsbekenntnis in einer illegalen Organisation zu nötigen.

Die Presse war hier noch nie frei“

Die Ko-Vorsitzende des Menschenrechtsvereins IHD, Eren Keskin, konnte Dal besuchen. Sie sprach über die Repressalien gegen Mitarbeiter:innen der freien Presse. Mit Blick auf die Verhaftung von Journalist:innen am Vorabend des 3. Mai, dem Welttag der Pressefreiheit, erklärte Keskin, dass dieser Tag in der Türkei noch nie Geltung gehabt habe. Keskin führte gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya aus: „Die oppositionelle Presse war seit der Gründung der Republik noch nie frei. Wenn man eine zur offiziellen Staatsideologie gegenteilige Meinung äußerte oder die roten Linien des Staates überschritt, war es immer aus mit der Freiheit. Aus diesem Grund war die oppositionelle Presse, die wir als freie Presse bezeichnen, in diesem Land noch nie frei.“

Nach 2015 hat die Repression zugenommen“

Keskin betonte, dass sich die Situation insbesondere nach 2015 weiter verschlechtert habe: „In den 1990er Jahren bediente sich der Staat anderer Methoden. Er zerstörte, tötete und ließ Menschen in Haft verschwinden. Aber was die Meinungsfreiheit anbelangte, gab es gewisse Spielräume. Aber jetzt haben sich die Methoden geändert. Jetzt wird die freie Meinungsäußerung vollkommen behindert, und Haftbefehle werden willkürlich ausgestellt. Früher wurde man zum Beispiel verurteilt, und wenn das Urteil rechtskräftig war, kam man ins Gefängnis. Aber jetzt werden Menschen, vor allem Pressevertreter:innen, bereits wenn sie wegen ihrer Gedanken zum Verhör vorgeladen werden, festgenommen und verhaftet.“

Heute ist jede Kritik verboten“

Keskin warf der Türkei vor, dass sie gegen die internationalen Konventionen verstoße, die sie selbst unterschrieben habe: „Ich bin keine Journalistin, aber bei Özgür Gündem, der Zeitung von Musa Anter, dem ich mich immer verbunden gefühlt habe, war mein Name drei Jahre lang als Chefredakteurin aufgeführt. Aus diesem Grund wurden ich und meine Freund:innen wegen ‚Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation‘ verurteilt. Man wird als ‚Mitglied einer bewaffneten Organisation‘ betrachtet, weil man Chefredakteurin einer Zeitung ist oder einen Artikel schreibt. Es gibt auch Anschuldigungen wie ‚Propaganda für eine illegale Organisation‘ und ‚Beleidigung des Präsidenten‘. Kurzum, wir erleben eine Zeit, in der jede Art von Kritik verboten ist. Wir könnten alle Probleme lösen, indem wir reden. Aber wir dürfen nicht reden. Das Problem liegt genau hier.“

Doppelmoral der Opposition gibt dem Staat Kraft für weitere Rechtsverletzungen“

Keskin kritisierte, dass die Inhaftierung der Journalist:innen Mehmet Aslan, Esra Solin Dal und Erdoğan Alayumat in vielen, auch oppositionellen Medien, keine Rolle gespielt habe und warf Teilen der Opposition Doppelstandards vor. Sie erklärte: „Die wichtigste Oppositionspartei ist nur an der Meinungsfreiheit derjenigen interessiert, die ihr nahestehen. Ich habe kein einziges Fernseh- oder Presseorgan gesehen, das sich als Teil dieser Opposition bezeichnet, das über die Verhaftung von drei unserer Journalist:innen berichtet hätte. Nur diejenigen, die in der Tradition der freien Presse stehen, haben darüber berichtet. Wir müssen über diese Selektivität in Bezug auf die Opfer der Repression reden. Vor kurzem wurde der Journalist Barış Terkoğlu zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Natürlich sind wir auch gegen dieses Urteil. Aber während die gesamte Presse über ihn berichtete, berichteten die gleichen Presseorgane nicht über die Verhaftung der drei Jounalist:innen. Diese Doppelmoral gibt diesem Staat Kraft zu noch gravierenden Rechtsverletzungen.“

Journalistin soll zu Organisationsbekenntnis gezwungen werden

Keskin berichtete, dass die Journalistin Dal nach ihrer Festnahme Übergriffe von der Polizei und nach ihrer Verhaftung Übergriffe durch die Justiz erfahren habe. Keskin hatte Dal am 30. April besuchen können. Keskin berichtete: „Das einzige, was man ihr zur Last legt, sind die Artikel, die sie geschrieben hat. Wir sprechen hier von einer Journalistin, die wegen ihrer Berichterstattung verhaftet wurde. Dal wird in einer Zelle festgehalten, die mit 4,5 Schritten durchgangen werden kann. Sie erhielt keine Nahrung, nur Wasser und Brot am Abend. All das sind Rechtsverletzungen. Sie will so bald wie möglich in eine Zellentrakt verlegt werden. In den Gefängnissen gibt es einen Vollzugsausschuss (IGK). Das ist eine Struktur jenseits des Rechts. Diese Ausschüsse haben Vollmachten, die sogar über die Möglichkeiten des Vollzugstaatsanwalts hinausgehen. Solin will in einen Trakt verlegt werden. Der IGK hat von ihr verlangt, dass sie sich zu einer Organisation bekennt muss, um in diese Abteilung verlegt zu werden. Solin machte klar, dass sie in den Trakt wolle, für den sie angeklagt sei, dass sie aber kein Mitglied einer Organisation sei und dies nicht unterschreiben werde. Man versucht also, sie im Gefängnis dazu zu zwingen, sich als Mitglied einer Organisation zu bekennen. Das ist völlig illegal. Dies sind Kontramethoden, die in einem demokratischen Rechtssystem niemals vorkommen würden.“

https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/amed-journalistinnen-festgenommen-42082 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/organisationen-fordern-ende-der-repression-gegen-kurdische-presse-42048 https://anfdeutsch.com/pressefreiheit/esra-solin-dal-seit-verhaftung-in-einzelzelle-42009 https://anfdeutsch.com/hintergrund/kurdische-freie-medien-wir-machen-weiter-42013

 

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Berlin: Gedenken an YPJ-Kommandantin Zozan Hesekê

Im Berliner Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentrum versammelten sich am Sonntag viele Menschen, um der langjährigen Revolutionärin und YPJ-Kommandantin Zozan Hesekê (Munever Fatimê) zu gedenken. Sie erinnerten an die großen Errungenschaften in ihrem 34-jährigen Kampf in der Freiheitsbewegung. Die Veranstaltung war vom Frauenrat Dest-Dan und von Nav Berlin organisiert worden. Nach einer Schweigeminute ergriff Raman Fatimê im Namen der Angehörigen das Wort: „Meine Tante hat 34 Jahre lang für die Freiheit gekämpft. Sie kämpfte in den freien Bergen, in Şengal, in Kobanê und ist für die Freiheit gefallen, Zozan Hesekê ist für uns alle gefallen.“

 


Anschließend sprach die Europavertreterin der PYD, Mizgîn Ehmed, und teilte ihre Erinnerungen an Zozan Hesekê: „Während der Krieg in Rojava weiterging, fand gleichzeitig der Aufbau statt. Es gab nicht nur Krieg und militärischen Kampf in Rojava, sondern auch eine Sprachrevolution, eine Kulturrevolution, die Schaffung der Freiheit der Frauen, mit anderen Worten, eine tiefgreifende Revolution, die auf dem demokratischen Konföderalismus aufbaut. Der türkische Staat, der den kurdischen Errungenschaften von Rojava feindlich gegenübersteht, macht heute mit seinen Massakern am kurdischen Volk weiter. Er greift überall dort an, wo es Kurd:innen gibt. Aus diesem Grund müssen wir unseren Kampf verstärken, wir müssen für unsere Errungenschaften überall wo wir uns befinden eintreten.“

Die Gedenkveranstaltung endete unter der Parole „Die Gefallenen sind unsterblich“.

https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/abschied-von-zozan-heseke-41988 https://anfdeutsch.com/frauen/ypj-kommandantin-zozan-heseke-ist-gefallen-41969

 

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Angriff auf SPD-Politiker: Spalter beklagen die Spaltung

Die Attacke auf den Politiker Matthias Ecke ist scharf zu verurteilen. Sie ist Ausdruck einer bedenklichen gesellschaftlichen Verrohung, der entgegengetreten werden muss. Doch wo kommt sie her, die Verrohung? Und sind die, die jetzt die gesellschaftlichen Spaltungen beklagen, moralisch dazu berufen? Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke, über den Medien berichten, ist scharf zu verurteilen: Die Vorstellung, dass Parteileute (egal aus welcher politischen Richtung) Angst haben müssen, wegen ihres Engagements auch körperlich verletzt zu werden, ist einfach nur gruselig. Ich denke, über diesen Punkt herrscht weitgehend Einigkeit.

Fragen stellen sich zu den offiziellen Reaktionen auf die Attacke und zu den Ursachen der gesellschaftlichen Spaltungen und der Verrohung in der politischen Auseinandersetzung. Und: Viele der Stimmen, die nun die gesellschaftliche Spaltung beklagen, haben selber erheblich dazu beigetragen.

Verurteilungen der Tat kommen aus allen Parteien, viele Politiker haben laut Medien die sogenannte „Striesener Erklärung“ unterschrieben, darunter die Parteichefs von SPD, Grünen und Linken sowie Abgeordnete der Union. Außerdem gab es Demonstrationen, etwa in Dresden, wie Medien berichten. Der Partei- und Fraktionschef der AfD, Tino Chrupalla, schrieb: „Physische Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteilen wir zutiefst. Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden. Ich wünsche Herrn @MattEcke viel Kraft und rasche Genesung.“

Hasssprache von Oben

Viele Stimmen stellen die Situation nun so dar, als sei die politische Gewalt eine alleinige Sache von Rechtsextremen, deren „Saat nun aufgehe“. Henning Homann und Kathrin Michel, die Vorsitzenden der SPD Sachsen, sagten laut Medien: „Die Saat, die AfD und andere Rechtsextreme gesät haben, geht auf.“ Ihre Anhänger seien mittlerweile „völlig enthemmt“ und betrachteten Demokraten beim Ausüben ihrer Grundrechte als „Freiwild“.

Rechte Hetze und darauf folgende rechte Gewalt sind scharf zu verurteilen. Es muss aber auch wahrgenommen werden, dass AfD-Politiker und -Helfer selber am häufigsten Opfer körperlicher Angriffe werden. Das ist das Ergebnis einer Anfrage der AfD im Bundestag. Zwar sind die Grünen häufiger Opfer von verbalen Angriffen, aber die AfD wird laut der Antwort der Bundesregierung öfter von Gewalt getroffen. In einigen Medienberichten der letzten Tage wurde das teils irreführend so dargestellt, als seien die Grünen momentan die größten Opfer politischer Gewalt. Das Ergebnis der Anfrage bezüglich der Gewaltdelikte im Jahr 2023 ist aber eindeutig:

Dass die AfD mit diesem Hinweis nicht politisch in Schutz genommen wird, ist selbstverständlich, Die AfD ist für mich keine politische Alternative, das haben die NachDenkSeiten in zahlreichen Artikeln beschrieben. Das hat aber nichts mit prinzipiellen Beurteilungen von politischer Gewalt zu tun. Und auch nicht mit der Frage, wer die gesellschaftliche Spaltung vor allem auf dem Gewissen hat.

Rechte Hetze ist, wie auch viele radikale Bürgerkommentare im Internet, real und sehr bedenklich. Ein Verweis auf rechte Hetze gibt aber keinen Freifahrtschein für „eigene Hetze“, es entlastet nicht davon, dass etwa Politiker der Bundesregierung oder Journalisten großer Medien Vorbild sein müssen, weil sie mit ihrer enthemmten Sprache von großen Bühnen herab viel mehr gesellschaftlichen Schaden anrichten als extremistische Bürgerkommentare in Internetforen.

Mit der moralischen Selbstüberhöhung etwa der Politiker der Bundesregierung wächst außerdem die Verpflichtung, sich für eine sachliche Debatte ohne Emotionen und Hetze einzusetzen. Schließlich zählen sich die Politiker der Bundesregierung und die sie abschirmenden Journalisten ja zu „den Guten“ und daraus erwachsen Verpflichtungen, die politische Debatte nicht zuzuspitzen. Diese Verpflichtung wurde bei zahlreichen Themen verletzt – vor allem aber im Zusammenhang mit der Verteidigung der unangemessenen Corona-Politik und der Verteidigung der Verlängerung des Ukrainekriegs durch Waffenlieferungen und der Verweigerung von Diplomatie.

Tabus wieder herstellen

Die Debatten waren auch vor Corona teils giftig und von Verzerrungen und Meinungsmache geprägt. Dazu hatte auch die AfD einen großen Anteil beigesteuert, etwa in der Flüchtlingsdebatte. Die Härte im Umgang mit im Meinungskampf unterlegenen Andersdenkenden wurde aber in der Corona-Zeit von Journalisten, Politikern und Kulturschaffenden auf eine ganz neue, gefährliche Ebene gehoben: Wir spüren heute massiv die Folgen der zur Verteidigung der unangemessenen Corona-Maßnahmen begangenen Tabubrüche vonseiten der offiziellen Politik und vieler großer Medien.

Zu betonen ist aber auch immer wieder, dass all diese Verfehlungen etwa in der Corona- oder Ukrainepolitik meiner Meinung nach keine gewalttätigen Angriffe auf Politiker oder Journalisten rechtfertigen. Eine Provokation ist andererseits, wenn ausgerechnet Karl Lauterbach in diesem aktuellen Video der AfD die gesamte Schuld an der Verrohung der aktuellen gesellschaftlichen Debatte gibt und damit seine eigene destruktive Rolle in der Corona-Debatte indirekt weißwaschen will.

Neue Gesetze und Fantasiebegriffe wie „Verachtung der Demokratie“ braucht es wegen des aktuellen Vorfalls um den angegriffenen SPD-Politiker jetzt nicht. Bei körperlicher Gewalt ist die Sache juristisch eindeutig, die betreffenden Paragraphen existieren. Ebenso sollte klar sein, was jetzt zu tun ist: Zum einen müssen Sparkurse bei Polizei und Justiz beendet werden, um die Täter von Gewaltdelikten wirksam verfolgen zu können. Zum anderen: Gewalt folgt oft der Sprache. Darum muss die sprachliche Verrohung – und dabei auch die „Hasssprache von oben“ – umgehend von allen Seiten zurückgefahren werden und es müssen gebrochene Tabus im Umgang mit Andersdenkenden wieder errichtet werden.

Titelbild: Visual3Dfocus / Shutterstock

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People’s Assembly: anniversary of May 6th part of series of bright pages in Syria’s history.

SANA - Syrian Arab News Agency - 6. Mai 2024 - 11:40

Damascus, SANA-The People’s Assembly affirmed that the anniversary of May 6th is a part of a series of bright pages in the contemporary history of Syria.

“The convoys of martyrs continued from the Ottoman occupation till now”, People’s Assembly said in a statement on Monday on occasion of Martyrs’ Day, noting that the battle today is the same as yesterday’s battle, for more than 13 years, Syria has been exposed to the worst types of wars, sieges, and aggression from global terrorism.

Assembly hailed the great sacrifices, stressing adherence to the covenant in continuing to defend Syria, until final victory is achieved and process of building a new Syria is completed.

Rafah al-Allouni/ Mazen Eyon

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Neues aus dem Fernsehrat (105): ARD und ZDF präsentieren StreamingOS auf Open-Source-Basis

netzpolitik.org - 6. Mai 2024 - 11:26

Die Zusammenführung der Entwicklung ihrer Mediathek-Software unter dem Titel „Streaming OS“ nutzen ARD und ZDF auch dazu, diese Open Source zu machen. Neben den üblichen Vorteilen von Freier und Open-Source-Software sind damit auch spezifische Vorteile für öffentlich-rechtliche Medien verbunden.

ARD und ZDF rücken im Internet näher zusammen, auf Basis von offen lizenzierter Software – Alle Rechte vorbehalten ZDF

Hier bei netzpolitik.org gibt es eine eigene Kolumne zum Thema „Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!“. Wechselnde Autor:innen gehen dabei der Frage nach, wo mit öffentlichen Mitteln finanzierte, digitale Güter mithilfe von freien Lizenzen zu digitalen Gemeingütern gemacht werden. Ganz besonders einleuchtend ist das bei öffentlich finanzierter Software-Entwicklung: Hier sollten freie Open-Source-Lizenzen längst der Normalfall sein, auch weil es Herstellerabhängigkeiten und Parallelentwicklungen reduziert sowie regionale Software-Wirtschaft fördert.

In der Realität passiert der Umstieg auf Freie und Open-Source-Software selten im großen Stil, auch wenn immer mehr Open-Source-Komponenten zur Anwendung kommen. Das gilt auch für den Bereich öffentlich-rechtlicher Medien, wo im Zuge der Digitalisierung immer größere Beträge in Softwareentwicklung und -beschaffung fließen. Auch dort kommt natürlich längst an verschiedenen Stellen Open-Source-Software zum Einsatz. Allein die BBC listet auf einer eigenen Seite über 40 Open-Source-Projekte.

„OS“ steht für „Operating System“, aber auch für „Open Source“

Trotzdem ist die heutige gemeinsame Ankündigung von ARD und ZDF, ihre Mediathekentwicklung auf Open-Source-Basis zusammenzuführen, ein bemerkens- und begrüßenswerter Schritt. In der Pressemeldung zum Projekt mit dem Namen „Streaming OS“ ist von einer „der größten Open Source-Initiativen in Deutschland“ die Rede. Die Abkürzung OS steht dabei zwar für „Operating System“, die Doppeldeutigkeit der Abkürzung wird aber sicher gern in Kauf genommen.

Interessant an der Ankündigung ist auch die organisatorische Umsetzung. So soll das Projekt „von einem gemeinsamen, schlank besetzten ‚OS-Office'“ gesteuert werden, zusätzlich aber für den Mediathek-Betrieb eine gemeinsamen Tochterfirma gegründet werden. Dieser Schritt entspricht ziemlich genau einer Empfehlung des von den Ländern eingerichteten „Zukunftsrats“. In dessen Gutachten hieß es:

ARD, ZDF und Deutschlandradio gründen eine gemeinsame, rechtlich verselbstständigte Gesellschaft für die Entwicklung und den Betrieb einer technologischen Plattform, die alle Technologien für digitale Plattformen und Streaming vereinheitlicht und betreibt.

Spezifische Open-Source-Vorteile für öffentlich-rechtliche Medien

Auch ich habe mich seit Jahren dafür ausgesprochen, die Mediathekentwicklung auf ein solides Open-Source-Fundament zu stellen (beispielsweise auf der re:publica 2019, gemeinsam mit Jan-Hendrik-Passoth im Tagesspiegel oder in meiner Rede zum Otto-Brenner-Preis 2023). Neben den bereits angesprochenen, allgemeinen Vorteilen von Open-Source-Software und der besonderen Sinnhaftigkeit bei öffentlicher Finanzierung gibt es aber auch noch weitere Gründe, warum es gerade für öffentlich-rechtliche Medien so sinnvoll ist, Open Source zu forcieren:

  • Open Source als Public Value jenseits des Programms: Zentrale Aufgabe öffentlich-rechtlicher Medien ist es, „Public Value“, also gesellschaftlichen Nutzen zu stiften. Die Open-Source-Initiative von ARD und ZDF belegt, dass das nicht nur in Form von Public-Value-Programmen möglich ist, sondern auch durch Investitionen in digitale Gemeingüter wie eben Open-Source-Software.
  • Open Source als Unterstützungs- und Kooperationsangebot an private Medien: Verbunden damit sind auch Potenziale zur Stärkung des Medienstandorts Deutschland. Viele Komponenten digitaler Medienangebote sind über verschiedene Anbieter hinweg gleich, werden aber trotzdem parallel entwickelt. Für private Medienhäuser bietet der Einsatz von (Teilen von) Streaming OS die Möglichkeit für Kosteneinsparungen in Bereichen, die nicht wettbewerbsdifferenzierend sind.
  • Open Source als unilaterale Europäisierung: Vor allem aber ist Streaming OS auch eine Einladung an andere öffentlich-rechtliche Medien in Europa, mit einzusteigen. Allerdings ohne, dass vorab in langen Meetings ein (ohnehin unrealistisches) gemeinsames Softwareprojekt definiert wird. Stattdessen ist Streaming OS ein Angebot zur Kooperation, ohne sich völlig in wechselseitige Abhängigkeiten zu begeben. Im Zweifel erlauben es Open-Source-Lizenzen immer, auf Basis des bislang gemeinsam entwickelten Codes getrennte Wege zu gehen.

Zusammengefasst ist es also überaus erfreulich, dass es ARD und ZDF nicht dabei belassen, die Entwicklung ihrer Mediathek-Software unter einem Dach zusammenzulegen, sondern diesen Schritt dazu nutzen, auf Open Source zu setzen. Die ohnehin notwendigen Änderungen und Neuentwicklungen bieten dafür das perfekte Gelegenheitsfenster. Bleibt zu hoffen, dass viele andere öffentlich-rechtliche Medien in Europa, allen voran die Schweizer SRG und der Österreichische ORF, auf den Open-Source-Zug aufspringen.

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Bürgergeld: Jobcenter lehnt Hilfe ab – der Grund ist nur Bürokratie

Lesedauer 2 Minuten

Das Bürgergeld ist sehr bürokratisch. Wer sich nicht an alle Vorschriften und Gesetze bis ins letzte Detail erfüllt, bekommt nur Ablehnung und keine Hilfe vom Jobcenter. Dabei reicht es schon, einen Antrag nicht oder nicht rechtzeitig zu stellen.

Von einem solchen Fall berichtet der Sozialverein “Sanktionsfrei e.V.” aus Berlin.

Vermieter machte Eigennutzung geltend – Es musste schnelle eine neue Wohnung gefunden werden

Einer jungen alleinerziehenden Mutter von 2 Kindern wurde von ihrem Vermieter die Wohnung gekündigt. Der Vermieter berief sich auf “Eigenbedarf der Wohnung”.

Die junge Mutter, die auf Leistungen des Jobcenters angewiesen ist, musste nun schnell eine Wohnung finden, die den engen Vorgaben des Jobcenters entsprach.

Wer schon einmal die Erfahrung gemacht hat, eine neue Wohnung nach den Vorgaben der “Angemessenheit” zu suchen, wird feststellen, dass es in diesem Preissegment nicht genügend Wohnungen gibt. Entsprechend groß ist die Zahl der Bewerber bei Wohnungsbesichtigungen.

Zum anderen ist es oft schwierig, eine Wohnung zu finden, wenn man Kinder hat und zusätzlich Bürgergeld bezieht. Viele Vermieter lehnen Leistungsbeziehende aus unterschiedlichen Gründen offen oder verdeckt ab.

Gerade die anhaltenden Diskussionen um das Bürgergeld, die oft von Fehlinformationen und Vorurteilen geprägt sind, erschweren die Wohnungssuche zusätzlich.

Junge Mutter vergisst rechtzeitig Antrag zu stellen

In diesem Stress, eine neue Wohnung zu finden, vergaß C. vor lauter Freude, endlich eine Wohnung gefunden zu haben, die Zustimmung für den Umzug einzuholen. Denn wenn der Umzug nicht beim Jobcenter beantragt wurde, übernimmt das Jobcenter nach § 22 Abs. 3 SGB II weder die Umzugskosten noch die Mietkaution.

Wohlgemerkt, es handelt sich nicht um einen Zuschuss, sondern nur um ein Darlehen des Jobcenters, das auch wieder zurückgezahlt werden muss.

Obwohl dem Jobcenter also bekannt war, dass der Vermieter gekündigt hatte und somit ein wichtiger Grund für den Umzug vorlag, verweigerte die Behörde die Zahlung der Mietkaution, ohne die der Bezug einer neuen Wohnung nicht möglich ist. Auch der Widerspruch der Alleinerziehenden wurde zurückgewiesen.

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Bürgergeld: Wegweisendes Urteil des Bundessozialgerichts zur Angemessenheitsfiktion

Es wurde nur der Antrag vergessen: Alle anderen Vorgaben waren erfüllt

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Im Grunde sprach aus sozialrechtlicher Sicht nichts gegen den Umzug.

Denn: Die Mietkosten waren kein Problem, die Mietkaution war kein Problem, der Umzug war kein Problem und der Umzugsgrund war auch kein Problem! Es wurde VORHER keine Zustimmung eingeholt. Das war das einzige Problem!

Obdachlosigkeit als Alternative?

Was ist also die Alternative? Wer keine Verwandten oder Freunde hat, die aushelfen, dem bleibt nur die Obdachlosenunterkunft. Oder wie stellt sich das Jobcenter dann das weitere Vorgehen vor?

Sozialverein springt ein und hilft

Am Ende hat der Umzug doch geklappt, weil sich der Sozialverein “Sanktionsfrei” eingeschaltet hat. “Sanktionsfrei
hat die Kaution übernommen, da sie sonst die Wohnung verloren hätte und ohne alles dastünde”, schreibt die Gründerin und Vorsitzende des Vereins.

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Islamversteherin Kristin Helberg: Wer das Kalifat ablehnt, hat “antimuslimische Reflexe”

Bei den Worten “Kalifat« und “Scharia” wird es Bürgern bang ums Herz. Wie das? Dabei fand Bundesinnenministerin Nancy Faeser doch so beruhigende Worte; wer das Kalifat fordere, ziele nicht unbedingt darauf ab, unsere Gesellschaftsordnung zu stürzen, erklärte sie. Das wollen bekanntlich nur “Rechte”, welche die bestehenden Parteienstrukturen kritisieren. Warum nur wirken Faesers Aussagen so wenig […]

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Guérot-Prozess – „Die politische Dimension ist fast überall und zunehmend erdrückend zu spüren“

Der Anwalt von Ulrike Guérot äußert sich im NachDenkSeiten-Interview zu dem Ausgang des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht zwischen der Professorin und ihrem Arbeitgeber, der Universität Bonn. Tobias Gall, der rund 30 Jahre als Arbeitsrechtler tätig ist, erhebt schwere Vorwürfe gegenüber dem Gericht und der Universität Bonn. Die Universität habe, so Gall, „derart maßlos Vorwürfe zusammengetragen und bewertet, dass sie nicht mehr zum Boden der Tatsachen zurückkehren konnte“. Und das Gericht? Die Rechtslage sei dort ins Gegenteil verkehrt worden. Das Gericht hatte die Kündigung gegen Guérot als rechtmäßig eingestuft. Gall hat Berufung angekündigt. Der Anwalt sagt im Interview, er sei von einer „hohen interessengeleiteten Aufladung“ des Falls ausgegangen. Die Entscheidung des Gerichts habe ihn dennoch erstaunt. Von Marcus Klöckner.

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Herr Gall, Sie vertreten Ulrike Guérot im Hinblick auf die Kündigung der Uni Bonn. Das Gericht hat entschieden, die Kündigung sei rechtens. Haben Sie mit diesem Ausgang gerechnet?

Nein, das war ausnahmsweise mal wirklich überraschend für mich, wenn ich auch während der letzten vier Jahre in der Rechtsstaatskrise unglaubliche Erfahrungen gemacht und mir eine hohe Frustrationstoleranz angeeignet habe. Als Rechtsanwalt ist man ohnehin immer gut beraten, sich weder eine allzu eindeutige Prognose der gerichtlichen Entscheidung zu eigen zu machen noch den Mandanten in Siegesgewissheit oder Pessimismus zu wiegen. Das folgt allein schon aus dem Umstand, dass man ja selbst eine rechtliche Position formuliert hat und dementsprechend auch anstrebt. Man muss darum wiederholt gegen den Strich denken und auch alle möglichen Gegenpositionen immer wieder auf ihr Potential abklopfen. Dennoch bleibt stets eine Restgefahr, dass man gegenläufige Betrachtungswinkel unterbewertet.

Hier war es aber anders: Vor mir haben schon zwei sehr fähige Rechtsanwälte die Rechtsauffassungen mitformuliert und auch auf hohem Niveau durchdacht. Und die waren alle zur Überzeugung gelangt, dass die Rechtslage völlig eindeutig ist. Auf gleich mehreren Argumentationsebenen sprach alles für eine unwirksame Kündigung. Auch wenn ich von einer hohen interessengeleiteten Aufladung des Falles ausging, kam ich zu dem Schluss, es könne hier nicht gelingen die Rechtslage in ihr Gegenteil zu verkehren. Vom Urteil war ich daher erstaunt und komme immer noch nicht aus dem Kopfschütteln heraus.

Bitte erläutern Sie doch einmal näher, was bei dieser Gerichtsentscheidung aus Ihrer Sicht nicht stimmt?

Die Universität Bonn hat das Arbeitsverhältnis von Prof. Guérot gekündigt. Ab zehn Beschäftigten ist eine Kündigung nur wirksam, wenn Kündigungsgründe vorliegen, die es dem Arbeitgeber unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis in Zukunft fortzusetzen. Zu diesen Gründen gehört eine sogenannte verhaltensbedingte Kündigung, auf die sich die Universität auch nur berufen hat. Dabei muss es im Arbeitsverhältnis zu Pflichtverletzungen gekommen sein, die die Prognose weiterer Pflichtverletzungen in der Zukunft rechtfertigen.

Als Pflichtverletzungen hat die Universität Zitationsfehler in drei Büchern von Prof. Guérot angesehen, die so schwerwiegend seien, dass sie ein vorsätzliches (oder zumindest grob fahrlässiges) Sich-zu-eigen-Machen fremder wissenschaftlicher Leistung darstellten, was nach den Regeln der Universität arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte, wenn in diesem Sinne „wissenschaftliches Fehlverhalten“ nachgewiesen wurde.

Waren denn die von der Universität beanstandeten Stellen so schwerwiegend?

Alle Zitationsfehler in den drei Büchern zusammengenommen würden selbst in einer Dissertation keinen Plagiatsverdacht begründen. Zudem handelt es sich bei allen drei Büchern nicht um wissenschaftliche Werke, sondern sicher um essayistische Texte, die nach den Regeln der Universität gerade keinen Verdacht eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens begründen.

Zu alldem kommt aber noch hinzu, dass nur eines der drei Bücher während des Vertrages mit der Universität entstanden ist (‚Wer schweigt, stimmt zu – Über den Zustand unserer Zeit. Und darüber, wie wir leben wollen‘).

Der Titel klingt nicht nach einem wissenschaftlichen Buch.

Im Gegenteil. Der Titel macht unmissverständlich deutlich, dass es sich nicht um eine wissenschaftliche Untersuchung handelt, sondern um ein sozialphilosophisches Essay. Dieses Buch war einerseits eine private Publikation und andererseits enthielt es nur ganz wenige kleinere Fehler, die sicher keine Plagiate darstellten. Das hat auch das Arbeitsgericht so gesehen und entsprechend früh im Kammertermin ausgeschlossen, dass dieses Buch zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden könne.

Was blieb dann noch übrig?

Das einzige Buch, in dem zweimal der Autor einer zitierten Textpassage versehentlich unerwähnt blieb, war aber nun ein Buch, das 2016, also lange vor der Berufung von Prof. Guérot, geschrieben und veröffentlicht wurde – eines ihrer wirkmächtigsten und erfolgreichsten Werke: ‚Warum Europa eine Republik werden muss. Eine politische Utopie‘ (wiederum mit einem nicht gerade wissenschaftlich anmutenden Titel). Wie konnte also ein Jahre zuvor veröffentlichtes Buch eine Verletzung der Vertragspflichten zur Universität Bonn darstellen, die erst ab September 2021 bestanden? Weshalb glaubt sich die Universität Bonn Anfang 2023 als Richter über Zitationsfehler eines sieben Jahre alten Buches aufschwingen zu dürfen und dabei auch noch ihre internen wissenschaftlichen Regeln zugrunde zu legen? Der Gipfel des Befremdlichen kommt aber noch.

Nämlich?

Der Richter am Arbeitsgericht Dr. Krämer sieht offenbar die zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung in einer Täuschung begründet – so jedenfalls seine bisher nur kurz mündlich vorgetragene Urteilsbegründung, die inhaltlich für mich schlicht nicht nachvollziehbar war. Prof. Guérot habe nämlich mit der Auflistung auch dieses Werkes vorgetäuscht, dass es nach wissenschaftlichen Regeln formuliert und eine „habilitationsgleiche Leistung“ darstelle sowie keinerlei Plagiate enthalte. Da darf man gespannt sein, wie der Richter das genau begründet.

Nachvollziehen kann ich das aber definitiv nicht: Prof. Guérot hatte nämlich nur in einer E-Mail berichtet, ihr „in populärwissenschaftlicher Sprache“ formuliertes Buch sei von der Donau-Universität Krems als habilitationsgleich anerkannt worden. Vor allem aber hat die Universität Bonn das Buch anschließend selbst genauestens durch ihre Berufungskommission und drei externe Fachgutachter auf die sogenannte Habilitationsäquivalenz geprüft und entsprechend bewertet. Sie hat sich also offenbar zumindest nicht täuschen lassen. Weder eine Vertragspflichtverletzung ist insofern erkennbar noch gar eine Täuschung durch die kurz darauf mittels eines sorgfältigen Berufungsverfahrens berufene Prof. Guérot.

Sehen Sie weitere Schwachstellen?

Ehrlich gesagt, sehe ich noch viele weitere Fehler der Universität vor der Kündigung, die jeder für sich allein zur Unwirksamkeit der Kündigung geführt haben dürften. Ein Fehler überragt die anderen aber deutlich: Ich hatte ja schon erläutert, dass zur Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung eine negative Prognose für weitere Pflichtverletzungen erforderlich ist. Keine Pflichtverletzung kann eine Kündigung als Strafe rechtfertigen, sondern allenfalls einen Anhaltspunkt dafür bilden, dass mit zukünftigen vergleichbaren Pflichtverletzungen zu rechnen ist.

Selbst wenn wir eine Pflichtverletzung einmal unterstellen, warum sollte mit einer Wiederholung zu rechnen sein? Während der Vertragslaufzeit war ja keine Pflichtverletzung vorgekommen. Eine negative Prognose könnte nur begründet werden, wenn die Arbeitnehmerin schon einmal abgemahnt worden war und anschließend wieder eine Pflichtverletzung vorgekommen ist. Dann könnte der Arbeitgeber argumentieren, seht her, liebes Arbeitsgericht, wir haben mit einer Kündigungsandrohung versucht, auf die Klägerin einzuwirken, sie möge ihr Verhalten ändern. Aber das hat nichts bewirkt, sie hat es wieder getan. Ohne Abmahnung sind nach der Rechtsprechung nur schwerste Pflichtverletzungen geeignet, das Vertrauen in eine vertragsgerechte Fortsetzung derart zu beseitigen, dass eine sofortige Kündigung wirksam sein kann. Prof. Guérot ist aber weder abgemahnt noch auch nur ermahnt worden. Allein deswegen muss die Kündigung unwirksam sein.

Wie war denn die Situation im Gerichtssaal? Wie hat sich das Gericht verhalten?

Am kleinen Arbeitsgericht Bonn herrschte große Aufregung wegen des „prominenten“ Kündigungsschutzprozesses, der Saal war voll mit am Ausgang des skandalösen Prozesses interessierten Zuschauern und Pressevertretern/Fotografen, und auch dem Richter Dr. Krämer war eine gewisse Nervosität anzusehen. Dennoch war er erfahren genug, um gefasst durch die Verhandlung zu führen. Zumindest mir fiel jedoch auf, dass er einen klaren argumentativen Fahrplan für den Fall, dass sich die Parteien nicht einigen würden, vor Augen hatte. Er hat zur Einführung in den Sach- und Streitstand vor allem auch der ehrenamtlichen Richter relativ strukturiert einige der von mir schon genannten Kernprobleme angesprochen – verhaltensbedingte Kündigung, Pflichtenmaßstab, vorvertragliche Bücher, behauptete Täuschung und fehlende Abmahnung – wobei es zur „Kunst“ der Verhandlungsführung im Kammertermin eines Kündigungsschutzprozesses gehört, beide Prozessparteien im Unsicheren darüber zu lassen, wie ein mögliches Urteil ausfällt. Den Parteien soll eine Einigung, ein Kompromiss weiter attraktiv erscheinen, weil sie ja beide auch noch verlieren könnten.

Entsprechend hat sich der Richter bis zuletzt bemüht, neutral und noch unentschieden zu wirken, was er vor einer abschließenden Beratung mit den ehrenamtlichen Richtern auch zu tun verpflichtet ist. Nachdem sich die Parteien mit ihren Anwälten zweimal zu Beratungen zurückgezogen hatten und dennoch keine Einigung erzielt werden konnte, ging es aber dann ganz schnell. Die mündliche Begründung des klageabweisenden Urteils fiel dann aber so entschieden und auch einseitig aus, dass schon sehr der Eindruck entstehen musste, das Gericht bzw. vor allem natürlich der Berufsrichter Dr. Krämer war nur auf diesen Prozessausgang nach über einjähriger Verfahrensdauer vorbereitet.

Können Sie sich erklären, wie das Gericht zu seiner Entscheidung gekommen ist? Was sind die juristischen Grundlagen?

Für die ehrenamtlichen Richter kann man sich durchaus vorstellen, weshalb sie gegen Prof. Guérot eingenommen waren: Meine Mandantin ist eine prominente Professorin und erfolgreiche Buchautorin. Sie ist aus vielen Fernsehauftritten bekannt.

Mit einem Mal gilt diese Frau als „umstritten“. Plötzlich listet die örtliche Universität auf hunderten von Seiten Prozessvortrag schwerste Vorwürfe wegen Plagiaten auf. Von Politikern wissen wir: Wenn solche Vorwürfe im Raum stehen, gilt das direkt als schwer verwerflich. Konnten die ehrenamtlichen Richter von einer derart aufgeladenen Situation unbefangen mit dem Fall umgehen? Die Gerichtshöfe der Moral kennen jedenfalls keine Prozessordnung.

Aber Vorverurteilungen dürfen beim Arbeitsgericht keine Rolle spielen. Und sie spielen es in der Regel schon deshalb nicht, weil dort ganz normale Leute über Vorgänge miteinander streiten, die einem nicht fremd sind und bezüglich derer man die immer erforderlichen Wertungen aus eigener Anschauung vornehmen kann.

Es gibt aber doch auch den Berufsrichter. Der verfügt doch über das notwendige juristische Wissen.

Und der Berufsrichter muss in der Beratung nicht nur informieren, sondern auch die juristischen Grundlagen letztlich auch allein daraufhin beurteilen, ob sie das Ergebnis tragen können.

Und wie war das hier?

Das ist hier nach meiner Auffassung in besonders hohem Maße nicht der Fall gewesen. Meine knapp dreißigjährige Erfahrung als Arbeitsrechtler sagt mir ganz eindeutig, die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung von Prof. Guérot lagen sicher nicht vor. Ihr wurden wissenschaftliche Pflichtverletzungen von hohem Ausmaß mit einer Begründung vorgeworfen, die die dadurch veranlasste Rufschädigung nicht im Entferntesten tragen konnten. Die Universität hat derart maßlos Vorwürfe zusammengetragen und bewertet, dass sie nicht mehr zum Boden der Tatsachen zurückkehren konnte.

Die Rufschädigung von Prof. Guérot ist gewissermaßen Geschichte, aber durch ein Urteil zu Lasten der Universität wäre vor allem auch der wissenschaftliche Ruf der Universität schwer beschädigt worden. Dass der Richter am Arbeitsgericht Dr. Krämer nicht die Kraft, Souveränität und Unabhängigkeit gefunden hat, die offenkundige Rechtslage zu Lasten der örtlichen Universität festzustellen, ist alles andere als ein Ruhmesblatt. Aber es verrät viel über die Lage an den Universitäten und den Gerichten.

Wie hätte Ihrer Ansicht nach das Verfahren ausgehen müssen?

Zur Wiederherstellung der Reputation meiner Mandantin wäre eigentlich nur eine gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und damit ihre Rückkehr an die Universität angemessen gewesen. Das hätte übrigens nicht einmal durch ein Urteil erfolgen müssen.

Sondern?

Die Parteien hätten sich auch darauf einigen können, die Einschätzungen und Bewertungen von damals nach einer ausführlichen prozessualen Erörterung so nicht mehr teilen zu wollen. Dann hätten die beiden Parteien zum Ausdruck bringen können, dass im Interesse aller Beteiligten und vor allem auch im Sinne der gesellschaftlichen Bedeutung von Wissenschaft in unserer Zeit eine Fortsetzung des Wirkens von Prof. Guérot an der Universität Bonn einvernehmlich gewünscht wird.

Wir haben jedoch auch andere, in gewissem Maße nachvollziehbare Interessen der Universitätsleitung an einer Gesichtswahrung eindringlich in Erwägung gezogen. Hätte dies auch für die Gegenseite in dem Sinne gegolten, dass man alles Notwendige zur Beseitigung der Rufschädigung meiner Mandantin tun wolle, so wäre auch beim Kammertermin im April 2024 eine Einigung von uns ermöglicht worden, weil wir in den wirtschaftlichen Fragen nicht so weit voneinander entfernt waren. Jedenfalls wäre eine einvernehmliche Regelung gerade in diesem Fall für alle Beteiligten interessengerechter gewesen, als den Entscheidungsprozess durch dieses – ich nenne es ganz bewusst so – Fehlurteil ebenso in die Länge zu ziehen, wie das Ausmaß der beiderseitigen Rufschädigung noch auszuweiten.

Was bedeutet der Ausgang? Sie geben sich mit dem Ausgang nicht zufrieden, oder?

Wie gesagt, der Ausgang durch dieses Urteil verstärkt vor allem die Rufschädigung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Anstatt mit einer vielleicht auch schmerzhaften Einigung den Blick nach vorn zu richten und im Übrigen auch zu erkennen, dass ihr zur Berufung von Prof. Guérot geführt habender guter Ruf einer wirkmächtigen und europaweit wahrgenommenen überaus klugen Stimme sicher als Schmuck der wissenschaftlichen Reputation der Fakultät wirken würde, will man sich lieber noch ein paar Jahre streiten und es riskieren, dass ein höheres Gericht die Kündigung für rechtswidrig und unwirksam erklärt. Für mich ist das nicht nachvollziehbar.

Zu unserem Vorgehen: Wir haben schon mit der Klageerhebung bekundet, dass diese Kündigung aus vielerlei Gründen inakzeptabel und die damit einhergehende (und auch beabsichtigte) Rufschädigung nicht hinnehmbar ist. Wenn die Gegenseite auf einem streitigen Urteil besteht und das Gericht mit nicht überzeugenden Gründen die Rufschädigung meiner Mandantin noch zu vertiefen in Kauf nimmt, so können wir nur dagegen in Berufung gehen. Wir bleiben jedoch weiter offen für Gespräche, die auf eine beiderseitige bessere Lösung gerichtet sind.

Für wie realistisch halten Sie in der höheren Instanz eine Entscheidung zu Gunsten von Frau Guérot?

Da komme ich wieder auf mein Ausgangsstatement zurück: Betrachtet man den sogenannten Streitstoff aus allen denkbaren Perspektiven und berücksichtigt man sowohl die unendlich sorgfältig ausdifferenzierten Strukturprinzipien des Kündigungsschutzes als auch die jahrzehntelange Fortentwicklung der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, so vermag ich mir nicht vorzustellen, dass das Landesarbeitsgericht Köln zu einer anderen Beurteilung kommt als die Arbeitsrechtsexperten, die die Rechtslage für die Klägerin eingeschätzt haben – und das waren wirklich einige! Zumal dabei eben ein hoher Sorgfaltsmaßstab zur Anwendung kam, weil alle Beteiligten Prof. Guérot vor einer weiteren Beeinträchtigung ihres eigentlich glänzenden Rufs bewahren wollten.

Ich will es im Übrigen mal so sagen: Mein Vertrauen in eine unabhängige Rechtsprechung, die gerade auch im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit von einer hohen fachlichen Qualität geprägt war, hat durch die teilweise befremdliche Corona-Rechtsprechung noch nicht in so hohem Ausmaße gelitten, dass ich mir ein weiteres Fehlurteil im Berufungsverfahren vorzustellen vermag. Ich halte deshalb eine Entscheidung zu Gunsten meiner Mandantin für ausgesprochen realistisch. Jedenfalls vor Gericht sind wir eben immer noch nicht nur in Gottes Hand, sondern können uns hoffentlich noch immer vertrauensvoll in die dortigen Hände der kritischen Rationalität begeben.

Wie bewerten Sie das Verhalten der Uni Bonn als Arbeitgeber von Frau Guérot?

Das Vertragsgefüge eines Arbeitsverhältnisses geht von wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten aus, die beim Arbeitgeber auch Fürsorgepflichten genannt werden, was allerdings bei einer Universität etwas paternalistisch klingt. Diese Pflichten wurden ganz sicher nicht in ausreichendem Maße von der Universität Bonn beachtet. Selbst wenn man den Auftakt des Streits ausblendet, wo sich die Universität veranlasst sah, eine von Friedensbemühen gezeichnete politische Äußerung meiner Mandantin zum Ukraine-Krieg scharf zu verurteilen: Ich vermisse auf die von außen an die Universität herangetragenen sogenannten Plagiatsvorwürfe eine von Rücksichtnahme und Fürsorge geprägte Reaktion.

Wie hat die Uni stattdessen gehandelt?

Die Universität ist den scharfen öffentlichen Vorverurteilungen in keiner Weise entgegengetreten, sie hat sich ihnen in nicht sachgerechter Weise angeschlossen und sich dann zu einer völlig unangemessenen Kündigung entschlossen. Wer auch immer dort die wesentlichen Entscheidungen letztlich getroffen hat, sie waren zumindest kündigungsschutzrechtlich wenig informiert. Es blieb vor allem ein ganz wesentlicher Aspekt nach meinem Dafürhalten völlig unterbelichtet.

Welcher?

Es sind nicht etwa in erster Linie die Universitäten die Grundrechtsträger der Wissenschaftsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG. Es sind vielmehr die Personen, die wissenschaftlich tätig werden oder werden wollen.

Was meinen Sie damit?

Die Universitäten sind demnach Horte der Wissenschaftsfreiheit und nicht staatliche Einrichtungen zur Sanktionierung einer formalen wissenschaftlichen Methodenlehre. Die Wissenschaftsfreiheit ist schrankenlos gewährleistet, d.h. nur gleichwertig grundrechtlich geschützte Interessen können mit ihr in Ausgleich gebracht werden. Derartige Rechtsverletzungen stehen hier aber nicht im Streit. Vielmehr verstärkt sich der Eindruck, dass vor allem Missverständnisse vom Schutz der Grundrechte von Prof. Guérot und von der verfassungsrechtlichen Bedeutung der staatlichen Neutralitätspflicht Leitlinie für die (mangelnde) Erfüllung von Rücksichtnahmepflichten geworden sind, die weit über diesen Fall hinausgehend den Ruf der Universitäten zunehmend beschädigen.

Sehen Sie im Hinblick auf das Verfahren auch eine politische Dimension, die da reinspielt? Sprich: Halten Sie einen politischen Einfluss für möglich?

Eine ähnlich komplexe Frage stellte Gretchen einst dem Faust, hätte ich fast gesagt, wenn ich Sie, lieber Herr Klöckner, nicht für so ziemlich das Gegenteil vom Gretchen in Sachen weltanschaulicher Naivität halten würde.

Einen politischen Einfluss erkenne ich immer weniger in dieser Zeit, eine politische Dimension ist jedoch fast überall und zunehmend erdrückend zu spüren. Es muss aber kein Einfluss mehr ausgeübt werden, sondern die politische Dimension wirkt zunehmend und in einem unterschiedlichen Ausmaß des Bewussten in allen öffentlich wirksam handelnden Beteiligten. Und erdrückend oder häufig schon fast erstickend wirkt das Politische deshalb, weil es meist nicht mehr sachliche oder fachliche Interessen von Beteiligten an den öffentlichen Angelegenheiten zum Gegenstand der Erörterungen hat, sondern nur noch in pseudomoralischen wechselseitigen Bestätigungen gefangen ist.

Zuerst erfolgt eine Einsortierung der Person in ein Gut-Böse-Raster, um das eigentliche Thema erörtern zu können. Dieser Diskurs fällt dann aber meist aus, weil die inhaltlichen Positionen der schon aussortierten Personen nicht mehr moralkonform gehört werden können. Der Diskurs braucht deshalb nur noch eine logische Sekunde meist in irgendeiner Redaktionsstube, in der das Urteil über die Gesinnung der Diskursteilnehmer festgelegt wird. Statt über das Thema wird dann nur noch von dem moralischen Urteil berichtet. Die älteste Vokabel, die die Verurteilung signalisiert, lautet „umstritten“, und wer sich der Verurteilung nicht sogleich anschließt, den ereilt die gleiche Beurteilung zumindest dann, wenn er nicht selbst zu den Gesalbten gehört, die selbst moralische Urteile fällen können. Wer sich aber anschließt, dem bleibt vorerst eine Gesinnungsprüfung erspart und: er gehört weiter dazu.

Von manchen werden diese Diskursregeln als erdrückend empfunden. Viele oder vielleicht sogar die meisten haben Instinkte entwickelt, wie sie die richtige Haltung intuitiv erkennen und sogleich als ihre eigene Auffassung entdecken. Es werden zwar immer mehr, die diese dem postmodernen Denken entstammenden geistigen Mechanismen als Tribalismus empfinden, aber diese Dimension des Politischen wird uns wohl noch eine Zeit lang lähmen.

Warum haben Sie den Fall angenommen?

Wie könnte ich ihn nicht angenommen haben? Als ich Professorin Guérot fachlich empfohlen und bei mir vorgefühlt wurde, ob ich das übernehmen könne, habe ich keine Sekunde gezögert. Sie ist für mich eine Art Säulenheilige der offenen Gesellschaft und einer erfrischenden Streitkultur, die – so habe ich das zumindest bisher empfunden – niemals paradigmatische Werturteile ad hominem treffen würde.

Ich habe gelegentlich das Gefühl, dass ich aus metapolitisch anderen Richtungen komme, aber sie unbedingt daran interessiert ist, sich auch mit diesen Ansichten auseinanderzusetzen. Man spürt stets ihr Bedürfnis an der Fortentwicklung ihrer eigenen Position, gleich ob im Sinne einer Schärfung oder Veränderung. Wenn der öffentliche Diskurs von solchen Denkern etwas mehr geprägt wäre, dann könnten die Gesalbten des politischen Moralismus einpacken. Und wir kämen wieder voran. Wie also könnte ich die Möglichkeit, zur Entfesselung dieser Entwicklung eine Kleinigkeit beizutragen, nicht annehmen?

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