Horst Seehofer als Innenminister: Präventive Ermittlungen „quasi gegen jeden“

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Verbunden: 21.09.2010 - 20:20
Horst Seehofer als Innenminister: Präventive Ermittlungen „quasi gegen jeden“
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Seehofer als Innenminister:

Präventive Ermittlungen „quasi gegen jeden“

von Marie Bröckling

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Unter Seehofer wurde in Bayern ein Gesetz zur Aufrüstung der Polizei auf den Weg gebracht, das ihr nie da gewesene Kompetenzen für präventive Ermittlung gibt. Plant der neue Innenminister bald Menschen in der gesamten Bundesrepublik durch die Polizei überwachen zu lassen?

Über die zu erwartende massive Ausweitung der Kompetenzen der Polizei unter dem neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer berichtet das Politikmagazin „Monitor“ des ARD. Der CSU-Politiker befürwortet die präventive Überwachung der Telekommunikation und Online-Aktivitäten von Personen, ohne Hinweise auf konkrete Straftaten. Entsprechende Gesetzentwürfe zur Aufrüstung der Polizei hatte er in Bayern auf den Weg gebracht.

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Seehofer hat sich noch nicht ausdrücklich dazu geäußert, ob bayerische Verhältnisse auf Bundesebene zu erwarten sind. Der Gesetzentwurf der CSU zur Reform des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in Bayern ermöglicht, dass die Polizei „quasi gegen jeden ermitteln“ kann. Ohne einen Hinweis auf eine konkrete Straftat dürfte die Polizei nach dem Gesetzentwurf auf Daten auf informationstechnische Systeme zugreifen, in bestimmten Fällen dürfte sie auch Daten löschen oder verändern.

Der PAG-Gutachter Hartmut Wächtler sagt gegenüber Monitor, dass damit die „größte und umfassendste Kontrollkompetenz geschaffen worden ist für eine Polizei in Deutschland seit 1945“. Eine Sprecherin des Bundesinnenministerium sagte auf Anfrage von netzpolitik.org dazu nur, dass man Ländergesetze grundsätzlich nicht kommentiere. ( PAG-Neuordnungsgesetz, Drucksache 17/20425, 101 Seiten, PDF)

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Unklar bleibt, wo das hinführen soll. Erst in der vergangenen Legislaturperiode hatte die schwarz-schwarz-rote Koalition unter anderem mit der Vorratsdatenspeicherung, dem Staatstrojaner und dem BND-Gesetz weitreichende Überwachungsgesetze beschlossen, die bereits jetzt mit dem Rechtsstaat auf Kollisionskurs stehen. In unserer „Chronik des Überwachungsstaates“ haben wir sämtliche Vorhaben dokumentiert, mit denen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich Grund- und Freiheitsrechte abgebaut wurden.

Der Innenausschuss des bayerischen Landtags hält am 21. März eine Expertenanhörung ab, die öffentlich ist. Die zweite Lesung im Landtag ist für Mai geplant, das Inkrafttreten des Gesetzes wird für den Sommer erwartet, gab ein Mitarbeiter des Ausschusses auf Anfrage von netzpolitik.org an.

Marie Bröckling

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Marie Bröckling lebt in Berlin, studiert Politikwissenschaft und Chinesisch und interessiert sich für Offenes Wissen.

netzpolitik.org ist eine Plattform für digitale Freiheitsrechte. Die Betreiber und deren Autoren thematisieren die wichtigen Fragestellungen rund um Internet, Gesellschaft und Politik und zeigen Wege auf, wie man sich auch selbst mithilfe des Netzes für digitale Freiheiten und Offenheit engagieren kann. Mit netzpolitik.org beschreiben sie, wie die Politik das Internet durch Regulation verändert. Und wie das Netz Politik, Öffentlichkeiten und alles andere verändert. Sie verstehen sich als journalistisches Angebot, sind jedoch nicht neutral. Ihr Haltung ist: Engagement für digitale Freiheitsrechte und ihre politische Umsetzung.

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► Quelle: Erstveröffentlicht am 16. März 2018 auf NETZPOLITIK.org >> Artikel. Lizenz: Die von NETZPOLITIK verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons (Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0).

Bild- und Grafikquellen:

1. Horst Seehofer. Das Foto von Horst Seehofer entstand am 17.07.2012 im Bayerischen Landtag. Foto: © Michael Lucan, München. (Pixeldost Bildagentur, Inh. Michael Lucan). Quelle: Wikimedia Commons. Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert. (Lizenz: CC-BY-SA 3.0). Achtung: Dieses Werk steht unter einer (oder mehreren) freien Lizenz(en), die mit den Lizenzbedingungen von Facebook nicht vereinbar sind. Eine Verwendung auf Facebook ist daher nicht zulässig, sondern wäre eine Schutzrechtsberühmung und Urheberrechtsverletzung. Bitte vermeiden Sie im eigenen Interesse, Dritten das Teilen/Sharen des Werkes bei Facebook anzubieten.

2. Grafik: Auswahl an Überwachungsgesetzen und -maßnahmen des Jahres 2016. CC-BY-NC 4.0.