«Der Staat ist eine Institution, die von Banden geführt wird, die aus Mördern, Plünderern und Dieben besteht, umgeben von willfährigen Handlangern, Propagandisten, Speichelleckern, Gaunern, Lügnern, Clowns, Scharlatanen, Blendern und nützlichen Idioten - eine Institution, die alles verdreckt und verdunkelt, was sie berührt.» (– Prof. Hans-Hermann Hoppe).
Sammlung von Newsfeeds
Apollo News: Täter von Aschaffenburg verletzte schon 2024 eine Frau mit einem Messer – die Polizei leitete den Vorfall nicht an die Staatsanwaltschaft weiter
Israel penetrates a village in the southern Quneitra countryside
Quneitra, SANA – Israeli occupation forces penetrated last night, with a large number of vehicles loaded with soldiers, west of the village of Ain Ziwan in the southern Quneitra countryside, and conducted a search in a number of homes in the area.
SANA’s reporter in Quneitra said that an Israeli occupation army patrol withdrew after penetrating for an hour into the village of Al-Samdaniya Al-Sharqiya, while the occupation army set up a checkpoint on the Ofanya – Jabata Al-Khashab road in the Quneitra countryside.
The reporter indicated that an Israeli patrol consisting of four vehicles entered Saida el-Hanout village in the southern Quneitra countryside, stating that Quneitra province witnessed intense flights of Israeli reconnaissance aircraft throughout the night hours.
Last Tuesday, a young man was martyred when the Israeli occupation forces stormed Taranja village in the northern Quneitra countryside and bombed a house.
Additionally, the occupation forces, with more than 30 military vehicles, infiltrated towards the town of Suwaysa in the Quneitra countryside, raided several homes, and detained a young man for several hours before releasing him.
Tuhama al-Saidi/ Fedaa
Bund finanziert Schweizer Unternehmen beim Wiederaufbau der Ukraine
«War Is a Racket», so der Titel des 1935 veröffentlichten Buches des pensionierten Generalmajor des US Marine Corps Smedley D. Butler. Sinngemäß: «Krieg ist ein schmutziges Geschäft.» Butler kritisierte, dass Kriege von einer kleinen Elite, darunter Rüstungsunternehmen, Banken und andere Industrien, als profitables Geschäft genutzt werden. Neben der Waffenproduktion würden diese Gruppen von der Erschließung neuer Märkte und dem Wiederaufbau zerstörter Kriegsgebiete profitieren.
Zwölf größtenteils vom Bund finanzierte Projekte für den Wiederaufbau der Ukraine wurden nun anlässlich eines Besuchs der ukrainischen Premierministerin Julija Swyrydenko in der Schweiz vorgestellt. Bemerkenswerterweise erfolgte die Kommunikation darüber auf der Website des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG). Die Projekte betreffen die Infrastruktur (Energie, Wohnen), den öffentlichen Transport, die Gesundheit und die humanitäre Minenräumung.
«Der Schweizer Privatsektor kann so mit seiner Expertise sowie innovativen und hochwertigen Produkten die Wiederaufbaubemühungen in der Ukraine unterstützen», teilt das EBG mit. «Berappt vom Steuerzahler», müsste man hinzufügen.
Die Entscheidung des Bundesrats, «den Schweizer Privatsektor zu unterstützen, damit dieser sich stärker für den Wiederaufbau der Ukraine einbringen kann», wurde bereits am 26. Juni 2024 getroffen. Unternehmen konnten laut EBG bis Ende März Vorschläge einreichen. Die Grundbedingungen seien gewesen, dass die Projekte einem «Bedürfnis der Ukraine» entsprechen müssen und die Unternehmen über eine Niederlassung in der Ukraine verfügen.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und das ukrainische Ministerium für Wirtschaft, Umwelt und Landwirtschaft hätten die eingereichten Projekte gemäß Kriterien wie Relevanz, Mehrwert, Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung, Nachhaltigkeit oder den Umsetzungskapazitäten des Unternehmens geprüft, so das EBG. Ausgewählt worden seien zwölf Projekte mit einem Gesamtbudget von über 112 Millionen Franken. Davon finanziere «die Schweiz» 93 Millionen Franken, die restlichen Mittel würden von den Unternehmen und von ukrainischen Partnern beigesteuert. Der Beginn der Projekte sei für Herbst 2025 vorgesehen. Diese seien:
- Arthur Flury AG (SECO-Beitrag: CHF 12,9 Mio.): Produktion von Fahrleitungen für die ukrainische Eisenbahn nach Schweizer Standards inklusive Ausbildung der Angestellten der Eisenbahn.
- Divario AG (SECO-Beitrag: CHF 15 Mio.): Bau von Modularhäusern (Fertighäusern) für Binnenvertriebene. Lokale, nachhaltige Produktion sowie Schaffung von über 50 Arbeitsplätzen.
- DM Bau AG (SECO-Beitrag: CHF 8,9 Mio.): Bau von Modularhäusern (Fertighäusern) für Binnenvertriebene. 95% der Komponenten stammen aus lokaler Produktion.
- Elektrobedarf Troller AG (SECO-Beitrag: CHF 1.7 Mio.): Produktion und Installation von 11 Solaranlagen sowie Wasserpumpstationen in der Ostukraine.
- Fondation Suisse de Deminage (SECO-Beitrag: CHF 6,4 Mio.): Bau einer Werkstatt zur Wartung und Reparatur von Maschinen zur humanitären Minenräumung sowie Beschaffung moderner Hilfsmittel.
- Geberit International AG (SECO-Beitrag: CHF 3,7 Mio.): Installation von sanitären Einrichtungen in Berufsbildungsinstitutionen und für Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie Aus- und Weiterbildungen für Studierende im Bereich Sanitäranlagen.
- Glas Trösch Holding AG (SECO-Beitrag: CHF 9,9 Mio.): Ersatz von über 32.000 durch den Krieg beschädigten Fenstern in der Ostukraine.
- Hitachi Energy Ltd (SECO-Beitrag: CHF 3,7 Mio.): Wiederaufbau und Modernisierung des Stromübertragungsnetzes. Ausbildung von Angestellten in der Installation der Systeme.
- Innovatec Med Switzerland AG (SECO-Beitrag: CHF 3 Mio.): Schaffung eines Zentrums für Radiotherapie zur Krebsbehandlung. Ausbildungsangebote des Universitätsspitals Zürich.
- REHAU Verwaltungszentrale AG (SECO-Beitrag: CHF 4,8 Mio.): Einbau von lokal produzierten neuen Türen und Fenstern in Berufsschulen nach Schweizer Standards in der Ostukraine sowie entsprechende Berufsbildungsangebote.
- Roche Diagnostics International Ltd (SECO-Beitrag: CHF 8,8 Mio.): Bau eines medizinischen Labors in einem öffentlichen Spital sowie Ausbildung des Personals.
- Schwihag AG (SECO-Beitrag: CHF 14,4 Mio.): Aufbau einer Produktion und Lieferung von Schienenbefestigungssystemen in der Ukraine. Schaffung von bis zu 20 Arbeitsplätzen und Ausbildung der Angestellten vor Ort.
Als erstes Bundesland: Hessen setzt Live-Gesichtserkennung ein
50 Kameras filmen das Geschehen im Frankfurter Bahnhofsviertel. Die Gesichter aller Passant*innen werden mit Hilfe von KI analysiert und mit Fotos gesuchter Personen abgeglichen. Das zugrundeliegende Gesetz erlaubt noch viel mehr.
Das Bahnhofsviertel ist ein Brennpunkt der Polizeiarbeit. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / brennweiteffmGestern hat Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) einen Dammbruch verkündet. In Deutschland kommt nun erstmals automatisierte Echtzeit-Gesichtserkennung zum Einsatz. Nicht als Test, wie einst am Berliner Südkreuz, sondern als Anbruch einer neuen Ära. Die Gesichter von Menschen, die sich im Bahnhofsviertel von Frankfurt am Main aufhalten, darunter viele marginalisierte Gruppen, werden von sogenannter Künstlicher Intelligenz vermessen und mit Bildern gesuchter Personen abgeglichen. Gibt es einen Treffer, greift die Polizei zu. Die Technologie gilt als diskriminierend, weil sie bei Frauen oder People of Color mehr Fehler macht.
Die Gesichtserkennung läuft in Frankfurt, wie gestern ebenfalls bekannt wurde, bereits seit dem 10. Juli dieses Jahres. Die rechtliche Grundlage dazu schufen die hessischen Regierungsfraktionen von CDU und SPD mit einem kurzfristigen Änderungsantrag zum „Gesetz zur Stärkung der inneren Sicherheit“, das Ende vergangenen Jahres im Hessischen Landtag verabschiedetet wurde.
„Nur in einer sicheren Gesellschaft können die Menschen frei leben“, sagte Poseck gestern. Die Überwachungsinstrumente bezeichnete er als „Videoschutzanlagen“. Laut einem Bericht der hessenschau überwachen im Frankfurter Bahnhofsviertel 50 Kameras den öffentlichen Raum. Diese würden fortan auch zur Gesichtserkennung genutzt.
Alle Passant*innen werden gescanntGescannt werden alle, die das überwachte Areal passieren. Mit Hilfe der Gesichtserkennung wird unter ihnen nach bestimmten Personen gesucht. Um die gesuchten Personen zu erkennen, werden Vergleichsbilder in das System eingespeist. Erlaubt ist das aber nur, wenn ein Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vorliegt.
In Frage kommt ein solcher Beschluss beispielsweise für „Gefahrenverursacher einer terroristischen Straftat“. Also nicht nur für tatsächliche Terrorist*innen oder Tatverdächtige eines Anschlages, sondern auch für Menschen, bei denen die Polizei davon ausgeht, dass sie einen Anschlag begehen könnten. „Wer unsere Sicherheit bedroht, darf sich nicht im Schutz der Anonymität im öffentlichen Raum bewegen“, so Poseck.
Außerdem soll die Technologie dabei helfen, „Vermisste und Opfer von Entführungen, Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung“ zu finden. Poseck sagt: „Gerade in der Umgebung des Frankfurter Verkehrsknotenpunkts ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass vermisste Kinder und Jugendliche dort auftauchen und dann durch die KI-Videoanalyse erkannt werden.“
Ob sie erkannt werden wollen?Mit Technologie lässt sich das Problem aber nicht lösen. In Vermisstenfällen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich die vermisste Person bewusst aus ihrem sozialen Umfeld entfernt hat. Im Fall von Kindern und Jugendlichen liegen oft Erfahrungen von familiärer Gewalt oder Verwahrlosung zugrunde. Manchmal ist der Grund auch einfach Freiheitsdrang.
Vermisste Erwachsene werden von der Polizei nur dann gesucht, wenn eine Gefahr für Leib und Leben vorliegt. Es ist allerdings möglich, dass Täter*innen häuslicher Gewalt ihren Opfern suizidale Tendenzen zuschreiben, um sie polizeilich – und in Frankfurt mittels Gesichtserkennung – suchen zu lassen.
Der Einsatz der Technologie wird vermutlich nicht lange auf das Frankfurter Bahnhofsviertel beschränkt bleiben. Forscher*innen, die sich mit dem testweisen Einsatz von Videoanalyse-KI in Hamburg beschäftigen, haben bereits konstatiert, dass die Technologie auf ihre eigene Ausweitung drängt. Denn je mehr Trainingsdaten in das Modell fließen, desto effektiver wird es. Das könnte auch erklären, warum etwa in Mannheim eine Videoanalyse-KI bereits seit sieben Jahren testweise läuft.
Hessen will KI-Systeme auch nach Waffen suchen lassenDie Systeme in Hamburg und Mannheim unterscheiden sich allerdings deutlich von dem in Hessen. Die Technologie, die in den beiden Städten zum Einsatz kommt, erkennt keine Gesichter, sondern nur bestimmte Bewegungsmuster. Entsprechend des Änderungsantrages zum Gesetz zur Stärkung der inneren Sicherheit dürfen in Hessen ebenfalls Systeme eingesetzt werden, die „Bewegungsmuster, die auf die Begehung einer Straftat hindeuten“ automatisch erkennen. Mit der Umsetzung der Bewegungsmusteranalyse lässt sich Hessen anscheinend noch Zeit.
Voraussichtlich ab Ende dieses Jahres sollen aber automatisch Waffen und gefährliche Gegenstände auf den Videobildern aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel erkannt werden. Laut dem Koalitionsvertrag von 2023 plant die Landesregierung zudem, Pass- und Personalausweisfotos für die biometrische Identifikation heranzuziehen. Die Videoüberwachung ist in Hessen, anders als beispielsweise in Hamburg, nicht auf tatsächlich kriminalitätsbelastete Orte beschränkt, sondern darf laut dem Gesetz zur Stärkung der inneren Sicherheit auch in polizeilich definierten „Angsträumen“ eingesetzt werden.
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„Sine Jin Rojava“: Junge Frauen bauen ihre eigene Filmkultur auf
Junge Frauen in Nord- und Ostsyrien erhalten durch die Initiative „Sine Jin Rojava“ erstmals eine systematische Ausbildung in Filmkunst. Das Projekt wurde im Januar 2023 als Teil der Frauenkulturbewegung Hîlala Zêrîn gegründet und versteht sich als Frauenfilmkollektiv, das Kino aus weiblicher Perspektive entwickelt.
Die ersten Kurse begannen Anfang 2023 im Kulturzentrum von Qamişlo. 25 Teilnehmerinnen erhielten einen Monat lang Grundkenntnisse in Kameraarbeit, Schnitt und Computertechnik. „Es war wichtig, zunächst das Handwerkszeug kennenzulernen und ein Verständnis für Film als Ausdrucksform zu entwickeln“, sagt Projektleiterin Dîrok Artos.
Aktuell läuft der dritte Lehrgang
Nach diesem Auftakt fanden die Frauen im Stadtteil Kornîş eigene Räumlichkeiten, wo sie seither regelmäßig Ausbildungsprogramme durchführen. Der zweite Kurs im Mai 2024 dauerte vier Monate und umfasste neben technischer Ausbildung auch inhaltliche Schwerpunkte wie Film- und Kunstgeschichte, Drehbuchschreiben, Regie, Szenografie und Schauspiel.
Bereits 14 Kurzfilme produziert
Im August 2025 startete der dritte, bislang umfangreichste Lehrgang. 20 junge Frauen nehmen daran teil, acht davon sind feste Mitglieder. Bis zum Abschluss lernen sie in mehr als 20 Disziplinen – von Ästhetik und Mythologie über Tonaufnahme und Schnitt bis hin zu Projektentwicklung und Dokumentation.
Die Ausbildung sei praxisorientiert aufgebaut, betont Artos. „Alle Teilnehmerinnen durchlaufen zunächst alle Fachrichtungen. Danach können sie sich spezialisieren – zum Beispiel auf Regie, Kamera oder Produktion.“ Während der Kurse entstehen eigene Projekte, Kurzfilme und Dokumentationen. So seien seit dem Start von Sine Jin Rojava bereits 14 Kurzfilme produziert worden, darunter auch der Musikclip „Tol“ von Hîlala Zêrîn, der im Studio Mizgîn entstand.
Dîrok Artos
Teilnehmerin Şerda Osman schildert ihre Erfahrungen: „Ich möchte mich auf Kameraführung spezialisieren. Wir lernen Theorie und Praxis, drehen gemeinsam Projekte und arbeiten in Teams. Das gibt uns Selbstbewusstsein und die Möglichkeit, unsere eigenen Geschichten zu erzählen.“
Politische und kulturelle Dimension
Sine Jin Rojava versteht sich nicht nur als Filmschule, sondern auch als Ausdruck einer neuen Kultur in einer Region, die seit 2012 im Zuge der Revolution von Rojava basisdemokratisch organisiert wird. „Die Frauen Nord- und Ostsyriens haben gesellschaftlich eine Vorreiterrolle übernommen. Sie sollen nun auch in der Kunst vorangehen“, erklärt Artos.
Das Kollektiv knüpft damit an eine Tradition von „revolutionärem Kino“ an, das nicht nur Unterhaltung, sondern gesellschaftliche Veränderung zum Ziel hat. „Wir wollen unseren Mitgliedern nicht nur Technik, sondern auch eine Ethik des Films vermitteln – eine Kultur, die Verantwortung übernimmt“, sagt Artos.
Das Logo von Sine Jin Rojava
Dokumentation von Krieg und Widerstand
Mitglieder von Sine Jin Rojava haben in den vergangenen Jahren auch historische Ereignisse dokumentiert: den Sturz des Baath-Regimes, den Exodus der Efrîn-Vertriebenen aus Şehba, den Widerstand am Tişrîn-Staudamm. Diese Aufnahmen sind Teil eines filmischen Gedächtnisses der Region, das die Stimmen von Frauen in den Vordergrund stellt.
Kino als Werkzeug der Selbstbestimmung
„Frauen in Rojava haben die gesellschaftliche Revolution maßgeblich geprägt. Sie haben das Bild der Frauen im Nahen Osten in den Augen der Welt verändert. Mit Sine Jin wollen wir, dass sie nun auch die Kunst prägen und mitgestalten“, fasst Artos zusammen. Das langfristige Ziel sei eine selbstständige Frauenfilmbewegung, die Geschichten aus der Region erzählt – von Frauen, für Frauen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt.
https://deutsch.anf-news.com/kultur/hunergeha-welat-widmet-neues-musikvideo-dem-epos-derwes-u-edule-47354 https://deutsch.anf-news.com/kultur/song-fur-den-tisrin-widerstand-bendava-me-ye-45253 https://deutsch.anf-news.com/kultur/rojava-hochschule-fur-kunst-und-kultur-eroffnet-43412 https://deutsch.anf-news.com/kultur/hommage-an-die-guerilla-li-heri-jore-von-hunergeha-welat-37193 https://deutsch.anf-news.com/kultur/sieben-jahre-filmkommune-von-rojava-31456
Rassismus: Kurdische Saisonarbeiter in Niğde von Großgruppe attackiert
In der zentralanatolischen Provinz Niğde sind kurdische Saisonarbeiter aus Sêwreg (tr. Siverek) Ziel eines gewalttätigen Angriffs geworden. Nach Angaben der Betroffenen attackierten der Besitzer eines Tomatenfeldes und seine Angehörigen eine Gruppe von 24 Erntehelfern mit Schusswaffen und Knüppeln.
Der Übergriff ereignete sich am Donnerstag in der Gemeinde Çukurkuyu im Landkreis Bor. Auslöser war laut den Arbeitern ein festgefahrener Lastwagen, der Tomaten geladen hatte. Nachdem der Landbesitzer Cemal Özer hinzugezogen worden war, soll er die Arbeiter beschimpft haben. Diese wollten daraufhin das Feld verlassen, wurden jedoch von einer rund 150 Personen umfassenden Gruppe aufgehalten. In der eskalierenden Auseinandersetzung sei auf die Arbeiter geschossen und eingeschlagen worden.
Ein Arbeiter schwer verletzt
Ein Arbeiter, Orhan Idilkurt, erlitt schwere Verletzungen durch Schüsse und befindet sich auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Niğde. Die Arbeiter werfen den Behörden vor, zunächst weder Polizei noch Rettungsdienste an den Tatort geschickt zu haben. Erst nachdem sie die Verletzten selbst abtransportiert hatten, sei ein Krankenwagen eingetroffen.
Vorwurf gegen MHP-Bürgermeister
Nach Beginn der Ermittlungen soll der Bürgermeister von Çukurkuyu, Ahmet Halisdemir (MHP), versucht haben, den Vorfall zu verharmlosen. Er habe auf die Sicherheitskräfte Druck ausgeübt, den Angriff in den Protokollen mit einer „Schreckschusspistole“ statt mit einer scharfen Waffe zu vermerken. Erst nach Protesten der Betroffenen sei der tatsächliche Hergang festgehalten worden. Feldbesitzer Özer wurde festgenommen.
DEM-Abgeordnete fordert Handeln des Innenministers
Die Abgeordnete der DEM-Partei, Zeynep Oduncu Kutevi, veröffentlichte ein Video des Angriffs auf sozialen Medien. Sie sprach von einem „rassistischen Übergriff“ und warf den Behörden vor, die Sicherheit der Erntehelfer nicht zu gewährleisten. „Saisonkräfte sind die verletzlichsten Arbeitskräfte und werden fast jedes Jahr Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt“, sagte Oduncu Kutevi. Sie forderte das Innenministerium und die zuständigen Behörden auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/rassistische-angriffe-auf-kurdische-arbeiter-in-hatay-47506 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/rassistische-attacke-auf-kurdische-familie-in-mersin-47485 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/rassistischer-angriff-auf-kurdische-arbeiter-in-mugla-42736 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/rassistische-gewalt-gegen-kurdische-arbeiter-43449 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/rassistischer-angriff-auf-kurdische-arbeiter-in-ankara-40500
Sivas: Alevitisches Dorf wehrt sich gegen Strontiumsalz-Mine
Im alevitischen Dorf Dipsizgöl bei Zara in der Provinz Sivas (ku. Sêwas) haben Anwohner:innen gegen ein geplantes Bergbauprojekt zum Abbau von Strontiumsalzen demonstriert. Sie warnen vor der Zerstörung ihrer einzigen Wasserquelle, landwirtschaftlicher Flächen und spiritueller Orte.
Mehrere Dutzend Menschen folgten dem Aufruf der „Plattform für Umweltschutz in Dipsizgöl“ und zogen mit Transparenten zum vorgesehenen Abbaugebiet. Ihr Motto: „Wir verteidigen unsere Natur, unser Wasser und unsere Glaubensorte.“
Die türkische Gendarmerie beobachtete den Protest am Donnerstag | Foto: MA
„Natur ist zugleich Glaubensort“
Die Plattform-Sprecherin Handan Alkan betonte, dass die Natur im Dorf zugleich eine religiöse Bedeutung habe. „Unsere Bäume, Berge und Wasserquellen sind Orte des Lebens, der Heilung und des Glaubens. Das Bergbauprojekt bedroht nicht nur die Umwelt, sondern auch unsere kulturellen und spirituellen Werte“, sagte sie.
Gefahr für Trinkwasser und Ökosystem
Besonders kritisch sehen die Dorfbewohner:innen die Gefährdung der einzigen Trinkwasserquelle. „Wenn das Projekt umgesetzt wird, versiegt unsere Lebensader. Auch das lokale Ökosystem wäre massiv bedroht, endemische Pflanzen- und seltene Tierarten könnten verschwinden“, warnte Alkan.
In den Projektunterlagen seien weder die zwölf Dorfbrunnen noch die Hauptquelle berücksichtigt worden. Dies zeige, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung wissenschaftlich und rechtlich unzureichend sei, kritisierte sie.
https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/dorfer-am-gabar-massiv-seit-jahren-ohne-sauberes-wasser-47649 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/Okologische-vernichtung-als-strategie-47638 https://deutsch.anf-news.com/Oekologie/umweltverband-warnt-vor-massiver-naturzerstorung-in-dersim-47622
TJA veranstaltet in Amed Friedensforum zum Antikriegstag
Zum diesjährigen Antikriegstag am 1. September will die kurdische Frauenbewegung TJA (Tevgera Jinen Azad) in Amed (tr. Diyarbakır) ein sichtbares Zeichen für Dialog und Gleichberechtigung setzen. Am Freitagabend soll im Altstadtbezirk Sûr ein Friedensforum entstehen, begleitet von einer Menschenkette und Kinderaktionen.
Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr am Tekkapi-Platz. Frauen werden mit weißen Kopftüchern eine symbolische „Friedenskette“ bilden, für Kinder ist eine Malaktion geplant. „Wir wollen die Stimmen der Frauen hörbar machen und ihre Forderungen dokumentieren“, sagte TJA-Aktivistin Nur Aytemur.
Forderungen für das Parlament
Die gesammelten Beiträge sollen laut Aytemur in einem Bericht zusammengefasst und im türkischen Parlament zur Lösung der kurdischen Frage eingerichteten „Kommission für nationale Solidarität, Geschwisterlichkeit und Demokratie“ übergeben werden. Ziel sei es, Angriffe auf Frauen öffentlich zu machen und politische Lösungen einzufordern.
„Frieden heißt Freiheit und Gleichberechtigung“
„Frieden bedeutet, dass Frauen nicht Gewalt ausgesetzt oder ermordet werden, dass Kinder geschützt sind, dass unsere Sprache frei gesprochen werden kann“, betonte Aytemur. Auch die Freilassung politischer Gefangener gehöre dazu. „Wir wollen einen würdevollen, gerechten und gleichberechtigten Frieden.“
„Frieden beginnt auf der Straße“
Nach Überzeugung der TJA muss Frieden im Alltag verankert werden: „Demokratische Gesellschaft entsteht in den Nachbarschaften, auf den Straßen. Deshalb laden wir alle Frauen ein, sich in Sûr unserem Friedensforum anzuschließen“, so Aytemur.
https://deutsch.anf-news.com/frauen/kurdische-rechtsanwaltin-frieden-braucht-die-stimme-der-frauen-47675 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/friedensinitiative-fordert-zivilgesellschaftliches-handeln-47695 https://deutsch.anf-news.com/frauen/merdin-frauen-fordern-zum-weltfriedenstag-gesellschaftlichen-wandel-47660
Temelli: Gesetzliche Grundlagen für „demokratische Integration“ erforderlich
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der DEM-Partei, Sezai Temelli, hat gesetzliche Schritte für eine „demokratische Integration“ in der Türkei gefordert. Ohne entsprechende Regelungen blieben andere politische Reformen unvollständig, sagte der Politiker im Gespräch mit ANF.
„Wenn wir in der Frage von Frieden und Demokratisierung Fortschritte machen wollen, brauchen wir ein klares rechtliches Fundament“, erklärte Temelli. Wichtige Adressaten seien demnach insbesondere ehemalige Guerillakämpfer:innen der PKK, die ihre Waffen niedergelegt haben, sowie Personen, die im Zusammenhang mit der kurdischen Frage zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden.
Keine Amnestie, sondern Reform der Strafvollstreckung
Zu Spekulationen über eine mögliche Generalamnestie stellte Temelli klar, es gebe keine Pläne für einen umfassenden Straferlass. Vielmehr werde in politischen Kreisen über eine Reform der Strafvollstreckung nach dem Prinzip der „Gleichbehandlung im Vollzug“ diskutiert. Betroffen sein könnten über 150.000 Menschen. „Das ist technisch gesehen kein Amnestiegesetz, sondern eine Anpassung im Strafvollzug“, sagte der Abgeordnete.
Kommission soll Vorschläge erarbeiten
Temelli verwies auf die jüngst eingerichtete Parlamentskommission, die sich nach dem von der PKK verkündeten Waffenverzicht und der symbolischen Verbrennung von Waffen am 11. Juli mit den politischen Folgen des Schrittes befassen soll. Die Kommission habe bislang sieben Sitzungen abgehalten, müsse ihre Arbeit aber „konzentrierter und zielgerichteter“ gestalten. Spätestens zum Beginn der neuen Legislaturperiode im Oktober solle sie konkrete Gesetzesentwürfe zu Rechten, Garantien und Integrationsmaßnahmen vorlegen.
Bezug auf Öcalan-Erklärung
In diesem Zusammenhang verwies Temelli auch auf den Friedensaufruf von PKK-Begründer Abdullah Öcalan vom 27. Februar, den er als „historisch“ bezeichnete. „Wir nehmen diese Verantwortung ernst und arbeiten daran, die notwendigen politischen und rechtlichen Konsequenzen daraus zu ziehen“, sagte Temelli.
Kritik an Außenpolitik
Neben innenpolitischen Reformen sieht Temelli auch in der Außenpolitik Nachholbedarf. Die türkische Regierung halte weiterhin an „gescheiterten Methoden der Vergangenheit“ fest. Eine demokratische Lösung der Syrien-Frage sei jedoch eng mit einer Lösung der kurdischen Frage in der Türkei verbunden. Positive Entwicklungen auf der einen Seite hätten unmittelbar Auswirkungen auf die andere, betonte er.
„Solange die kurdische Frage nicht umfassend demokratisch gelöst wird, sind nachhaltige Fortschritte kaum möglich“, sagte Temelli. Die Fortsetzung alter Politikmuster führe lediglich zu Zeitverlust und neuen Spannungen in der Region.
https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/Ocalan-demokratische-gesellschaft-frieden-und-integration-zentrale-begriffe-des-prozesses-47717 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/temelli-ohne-gesprache-mit-Ocalan-bleibt-die-kommission-wirkungslos-47671 https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/parlamentarische-kommission-diskutiert-rechtlichen-rahmen-47709
Meeting with permanent members of the Security Council
Vladimir Putin held a briefing session with permanent members of the Security Council, via videoconference.
Steigt mit der gesetzlichen Rente auch die Betriebsrente?
Jedes Jahr im Juli werden die gesetzlichen Renten angepasst, und das bedeutet in aller Regel eine Rentenerhöhung. Millionen Arbeitnehmer beziehen indessen ihre Altersvorsorge sowohl aus der gesetzlichen Rente wie auch aus einer vom Arbeitgeber gezahlten Betriebsrente. Ist die Erhöhung der Betriebsrente an die Anpassung der gesetzlichen Rente gebunden?
Unterschiedliche SystemBetriebsrenten und gesetzliche Renten sind zwei unterschiedliche Systeme, die nicht voneinander abhängen. Die gesetzliche Rente zahlt die Deutsche Rentenversicherung.
Die Betriebsrente als zusätzliche Altersvorsorge, leisten dagegen der Arbeitgeber oder eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Wenn die gesetzliche Rente erhöht wird, ist das also unabhängig von einer möglichen Steigerung einer Betriebsrente.
Die Sicherheit der betrieblichen Rentenleistungen ist – im Unterschied zur gesetzlichen Rente- direkt an die wirtschaftliche Stärke des Unternehmens geknüpft. Ökonomische Risiken können die Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers gefährden. Zudem sind Betriebsrenten grundsätzlich freiwillig.
Auch bei der Betriebsrente gelten RegelnDie Erhöhung der Betriebsrente ist also nicht unmittelbar an eine Anpassung der gesetzlichen Renten geknüpft.
Doch Arbeitgeber sind allerdings aufgrund des Paragrafen 16 des Betriebsrentengesetzes verpflichtet, alle drei Jahre zu prüfen, ob eine Erhöhung der Betriebsrente notwendig ist. Kriterium dabei ist die Entwicklung der Kaufkraft beziehungsweise der Kaufkraftverlust.
Wann gilt die Drei-Jahres-Regelung nicht?Von dieser Drei-Jahres-Regelung gibt es drei Ausnahmen. Erstens fällt diese Prüfung aus, wenn der Arbeitgeber die laufenden Leistungen pro Jahr um mindestens ein Prozent erhöht.
Zweitens gilt die Drei-Jahres-Regelung nicht, wenn die betriebliche Altersvorsorge über eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung läuft, und drittes wenn eine Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurde.
Welchen Vorteil bietet die Ein-Prozent-Regelung?Bei der Ein-Prozent-Regelung wird die Betriebsrente automatisch jedes Jahr zum 1. Juli erhöht, also am gleichen Datum, an dem auch die Anpassung der gesetzlichen Rente läuft.
Für den Arbeitgeber hat das den Vorteil, dass nicht immer wieder neu geprüft werden muss, und für die Arbeitnehmer bringt diese Regelung ein höheres Ausmaß an Planungssicherheit.
Die Drei-Jahres-RegelungDie Drei-Jahres-Regelung ist ein wenig komplizierter. Hier muss der Arbeitgeber alle drei Jahre die Höhe der Betriebsrente mit der Entwicklung der Kaufkraft abgleichen. Das Betriebsrentengesetz regelt dabei nicht eindeutig, welche Erhöhung bei welchem Verlust der Kaufkraft zu erfolgen hat.
Die Formulierung dass „insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers“ in die Prüfung einfließen, bleibt schwammig und soll vermutlich dem Arbeitgeber ein gewisses Ausmaß an Entscheidungsfreiheit ermöglichen. Umgekehrt gilt allerdings, dass der Arbeitgeber gute Gründe vorbringen muss, um eine Erhöhung zu verweigern.
Wie sind die Standards?Die Anpassung der Betriebsrente sollte mindestens den eingetreten Verlust an Kaufkraft ausgleichen – bis zu einem gewissen Grad. Wenn vergleichbare Löhne und Gehälter trotz Lohnsteigerung mit der Inflation nicht Schritt halten können, muss der Arbeitgeber die Rente nicht bis zur Inflationsrate anheben.
Der Beitrag Steigt mit der gesetzlichen Rente auch die Betriebsrente? erschien zuerst auf Gegen Hartz IV - Bürgergeld Ratgeber und Hartz 4 Tipps.
Einkommensanrechnung der Witwenrente soll abgeschafft werden – sagen die Rentenexperten
Die Einkommensanrechnung bei der Witwenrente sorgt seit Jahren für Diskussionen und Unmut bei den Betroffenen. Peter Knöppel, Rechtsanwalt und Rentenexperte, berichtet von Beschwerden, die an ihn herangetragen wurden.
So habe ihm ein Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung Einblick in die alltäglichen Probleme gegeben, die immer wieder mit der Einkommensanrechnung einhergehen.
Insbesondere Witwen beklagen, dass ihr eigenes Einkommen auf die Witwenrente angerechnet wird, was zu einer erheblichen finanziellen Belastung führt und sich negativ auf ihre Erwerbstätigkeit auswirkt.
Viele Witwenrentnerinnen und Witwenrentner fragen sich daher, warum sie überhaupt arbeiten gehen sollen, wenn ihr Einkommen ohnehin angerechnet wird und die Hinterbliebenenrente dadurch sinkt.
Wie wird die Witwenrente aktuell angerechnet?Bei der Einkommensanrechnung der Witwenrente wird ein Freibetrag berücksichtigt. Vom darüber hinausgehenden Einkommen werden 40 Prozent auf die Rente angerechnet.
Zur Berechnung des anrechenbaren Einkommens wird zunächst das Bruttoeinkommen in ein pauschalisiertes Nettoeinkommen umgerechnet. Hierbei zieht die Rentenversicherung pauschal bestimmte Prozentsätze vom Bruttoeinkommen ab.
Beispielberechnung für eine Anrechnung des Einkommens bei der WitwenrenteBetrachten wir das konkrete Beispiel von Petra T., die in den alten Bundesländern ab dem 1. Juli 2023 eine Witwenrente erhält:
- Petra T. bekommt eine monatliche Witwenrente von 400 Euro.
- Zusätzlich verdient sie monatlich brutto 1.700 Euro.
Zur Berechnung des anrechenbaren Einkommens wird das Bruttoeinkommen von 1.700 Euro zunächst pauschal um 40 Prozent reduziert. Dies ergibt einen Abzug von 680 Euro, wodurch ein pauschalisiertes Nettoeinkommen von 1.020 Euro resultiert.
Von diesem Nettoverdienst wird der Freibetrag abgezogen, der für die alten Bundesländer 992,64 Euro beträgt. Es verbleibt ein Restbetrag von 27,36 Euro. Von diesem Betrag werden nun 40 Prozent, also 10,94 Euro, auf die Witwenrente angerechnet.
Hinweis: Ab dem 1. Juli 2024 sollen sich jedoch die Freibeträge bei der Witwenrente erhöhen.
Die Auswirkungen auf die RenteNach der Einkommensanrechnung reduziert sich die monatliche Witwenrente von Petra T. um 10,94 Euro. Somit erhält sie statt der ursprünglichen 400 Euro nur noch 389,06 Euro monatlich.
Was sind die Hauptkritikpunkte an der Einkommensanrechnung?- Erwerbsfeindlichkeit: Viele Witwen und Witwer sehen sich gezwungen, ihre Erwerbstätigkeit einzuschränken oder ganz aufzugeben, da zusätzliche Einkünfte zur Kürzung der Witwenrente führen. Dies führt zu einer paradoxen Situation, in der die Betroffenen durch ihre Arbeit wirtschaftlich nicht profitieren, sondern bestraft werden.
- Bürokratische Hürden: Die Anrechnung ist mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Von der Beantragung der Witwenrente bis hin zur jährlichen Überprüfung des Einkommens durch Arbeitgeber, Finanzamt und andere Behörden – der Prozess ist komplex und zeitaufwendig.
- Unnötige Belastung: Die Anrechnung stellt eine unnötige finanzielle und emotionale Belastung für die Betroffenen dar, insbesondere in einer ohnehin schwierigen Lebensphase nach dem Verlust des Partners.
Peter Knöppel fordert eine umfassende Reform der Einkommensanrechnung. Hierbei stellt er mehrere mögliche Ansätze vor:
- Abschaffung der Einkommensanrechnung: Die komplette Streichung der Einkommensanrechnung bei der Witwenrente wäre eine radikale, aber effektive Lösung. Dies würde Witwen und Witwern ermöglichen, uneingeschränkt zu arbeiten und sich aktiv am Arbeitsmarkt zu beteiligen, ohne finanzielle Einbußen befürchten zu müssen.
- Einführung eines generellen Freibetrags: Ein pauschaler Freibetrag von beispielsweise 2.000 Euro netto, der nicht auf die Witwenrente angerechnet wird, könnte eine sinnvolle Zwischenlösung darstellen. Dieser Freibetrag sollte zudem dynamisiert werden, um inflationsbedingte Anpassungen automatisch zu berücksichtigen.
- Anrechnungsmoratorium: Ein zeitlich begrenztes Moratorium von drei bis fünf Jahren, in dem keine Einkommensanrechnung erfolgt, könnte den Betroffenen eine Übergangszeit ermöglichen, um sich finanziell zu stabilisieren und ihre Erwerbssituation zu organisieren. Danach könnte ein höherer Freibetrag gelten, bevor Einkünfte teilweise angerechnet werden.
Eine Reform der Einkommensanrechnung hätte mehrere positive Effekte:
- Erhöhung der Erwerbsbeteiligung: Durch die Abschaffung oder Reduzierung der Einkommensanrechnung würden Witwen und Witwer motiviert, weiterhin oder verstärkt berufstätig zu sein. Dies könnte zur Linderung des Fachkräftemangels beitragen und die Arbeitsmarktintegration verbessern.
- Bürokratische Entlastung: Eine Vereinfachung der Regelungen würde den bürokratischen Aufwand für Betroffene und Behörden erheblich reduzieren. Dies spart Zeit und Ressourcen und erhöht die Effizienz der Verwaltung.
- Finanzielle Sicherheit: Witwen und Witwer könnten eine bessere finanzielle Absicherung und Planungssicherheit erhalten, was ihre Lebensqualität und psychische Gesundheit positiv beeinflussen würde.
Ob jedoch die Witwenrente einmal dahingehend reformiert wird, steht wortwörtlich in den Sternen.
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Welcher Journalismus hat Zukunft?
Welcher Grad der Behinderung gilt bei welcher Krankheit? – Neue Tabelle 2025
Viele Betroffene suchen eine einfache „GdB-Tabelle“, um abzulesen, welcher Grad der Behinderung bei welcher Krankheit gilt. Tatsächlich existiert eine offizielle Grundlage – aber sie ist differenzierter, als es eine starre Liste vermuten lässt.
Maßgeblich ist die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) mit den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“.
Dort wird nicht die Diagnose an sich bewertet, sondern die konkrete funktionelle Beeinträchtigung und deren Auswirkungen auf die Teilhabe. GdB (Grad der Behinderung) und GdS (Grad der Schädigungsfolgen) werden dabei nach denselben Kriterien in Zehnerschritten angegeben.
Wo die offiziellen Werte stehen – und wie man sie liestDie eigentlichen Richtwerte finden sich im Teil B der „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“. Er ist eine GdS-Tabelle, die für das Schwerbehindertenrecht herangezogen wird und damit faktisch die GdB-Bewertung steuert.
Für jedes Organsystem sind Bandbreiten angegeben, die je nach Schwere der Funktionsstörung gelten. Die Werte sind Durchschnittswerte; im Einzelfall darf und muss abgewichen werden, wenn die Lebensrealität dies erfordert. Gerade deshalb ersetzt die Tabelle keine individuelle Prüfung, sondern strukturiert sie.
Tabelle mit allen großen Krankheitsgruppen nach den offiziellen Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Gesundheitsgruppe (Teil B – VersMedV) Möglicher GdB (GdS) – Bandbreite als Orientierung Kopf und Gesicht Von 0 (z. B. unauffällige Narben) bis über 10 bei komplexeren Schädeldefekten oder funktionellen Einschränkungen. Nervensystem und Psyche Sehr weit gespannt: z. B. leichte Hirnschäden: 30–40, mittel: 50–60, schwer: 70–100. Bei psychischen Störungen ergeben sich 0–20 (leicht), 30–40 (mittlere Anpassungsschwierigkeiten), 50–70 (mittelschwer), 80–100 (schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten) Sehorgan Feine Abstufungen – von geringfügigen Einschränkungen bis zu vollständiger Blindheit (GdB meist 100). Konkrete Summen variieren je nach Sehleistung, Gesichtsfeldausfall etc. Hör- und Gleichgewichtsorgan Reicht von geringem Hörverlust (niedrige GdB-Werte) bis hin zur Taubheit bzw. Hörlosigkeit mit hohen Werten – teilweise bis 100. Nase Beispiele: vollständiger Verlust der Nase oder des Riechvermögens führen zu einem messbaren GdB (typisch: mittlere Spannen im unteren Bereich). Mundhöhle, Rachenraum, obere Luftwege Wertspanne je nach Ausmaß (z. B. Artikulationsstörungen, Schluckstörungen, offensichtliche Defekte) – meist mittlere GdB-Spannen. Brustkorb, Atemwege und Lungen Von geringen Einschränkungen (0–20) bei leichter Bronchitis bis zu deutlich höheren Werten bei dauerhafter Funktionsminderung oder schwerem Verlauf (z. B. Asthma, COPD). Herz und Kreislauf Sehr gestuft: z. B. keine Leistungsbeeinträchtigung: 0–10, mittlere Belastungsintoleranz: 20–40, deutliche Belastungseinschränkung: 50+, komplexe Verläufe noch höher. Verdauungsorgane Von einfachen Magen-Darm-Beschwerden (niedrige Werte) bis zu schweren Leber- oder Pankreaserkrankungen mit Heilungsbewährung – teils deutlich höhere GdB-Spannen. Brüche (Hernien) Formen wie Leisten- oder Nabelbruch haben typische Werte (oft eher im unteren bis mittleren Bereich). Harnorgane Reicht von einfacher Harnwegsentzündung bis zu Nierentransplantation oder Inkontinenz – die Werte steigen je nach Schwere. Männliche Geschlechtsorgane Von Verlust eines Hodens (mittlerer Bereich) bis zu vollständigem Verlust oder Tumornachsorge mit Heilungsbewährung (möglicherweise höher). Weibliche Geschlechtsorgane Analog: z. B. Mastektomie, Entfernung der Gebärmutter, hormonelle Beeinträchtigungen – entsprechend gestaffelte GdB-Werte. Stoffwechsel, innere Sekretion Diabetes mellitus, Gicht, Schilddrüsenerkrankungen, Mukoviszidose etc. Diabetes: Spanne je nach Einschränkung etwa 0–50. Blut, blutbildende Organe, Immunsystem Von Anämie bis Lymphom oder Leukämie – Werte je nach Schwere zwischen niedrig und sehr hoch (bis 100 bei malignen Erkrankungen). Haut Von leichten Hauterkrankungen bis zu großflächigen oder therapieresistenten Erkrankungen – Werte steigen entsprechend. Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatische Krankheiten Beispiele: leichte Bewegungseinschränkungen: niedrige Werte; stärkere Rheumabeschwerden oder Wirbelsäulenschäden: mittlere bis hohe GdB-Spannen. Hinweise zur Nutzung dieser TabelleDiese Übersicht zeigt die Organ‑ und Funktionsgruppen, wie sie verbindlich in Teil B der GdS‑Tabelle aufgeführt sind. Innerhalb jeder Gruppe sind viele Einzeldiagnosen mit jeweils unterschiedlichen GdB‑Spannen enthalten, die hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden können.
Für die exakte GdB‑Bestimmung ist immer der konkrete Krankheitsverlauf, die funktionelle Auswirkung im Alltag und ggf. der Verlauf einschließlich Heilungsphasen entscheidend – eine rein diagnostische Tabelle wäre unzulänglich. Das System ist bewusst flexibel als Bandbreite gestaltet und erlaubt eine individuelle Bewertung im Einzelfall, wie von der VersMedV vorgesehen.
Grundprinzipien der BewertungBewertet wird, wie stark und wie dauerhaft (mindestens sechs Monate) die Teilhabe eingeschränkt ist – nicht, ob eine bestimmte Diagnose vorliegt. Die VersMedV betont ausdrücklich, dass altersübliche Veränderungen unberücksichtigt bleiben, dass Zehnerwerte üblich sind und dass es auf die Gesamtauswirkungen im Alltag ankommt. Mehrere Beeinträchtigungen werden zu einem Gesamt-GdB zusammengefasst; einfache Addition einzelner Werte ist unzulässig. Diese Systematik erklärt, warum vermeintlich identische Diagnosen bei verschiedenen Menschen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.
Beispiele: Was die Tabelle für häufige Krankheitsbilder vorsieht
Bei Diabetes mellitus unterscheidet die Tabelle danach, wie aufwendig und risikobehaftet die Therapie ist und wie sehr sie den Alltag einschränkt. Ohne Hypoglykämierisiko ergibt sich kein Wert.
Bei Therapieformen mit Hypoglykämierisiko und spürbaren Einschnitten ist ein GdS von 20 vorgesehen; mit täglicher, dokumentierter Selbstkontrolle und weiteren Einschränkungen kommen 30 bis 40 in Betracht.
Wer eine intensivierte Insulintherapie mit mindestens vier Injektionen täglich benötigt, die Dosis eigenständig variieren muss und dadurch deutlich im Alltag beeinträchtigt ist, erreicht in der Regel einen GdS von 50; außergewöhnlich schwer regulierbare Lagen können darüber liegen.
Tabelle: Beispiele für die Erteilung eines Grad der Behinderung Krankheit / Gesundheitsstörung Möglicher Grad der Behinderung (GdB) laut VersMedV Diabetes mellitus Ohne Hypoglykämierisiko: 0. Mit Hypoglykämierisiko und leichten Einschränkungen: 20. Bei dokumentierter Selbstkontrolle und deutlichen Einschnitten: 30–40. Intensivierte Insulintherapie mit Alltagseinschränkungen: ab 50. Depression / Psychische Störungen Leichte Störungen: 0–20. Deutlich einschränkende Störungen (z. B. mittelgradige Depression): 30–40. Schwere Störungen mit Anpassungsschwierigkeiten: 50–70. Sehr schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten: bis 100. Asthma bronchiale Ohne dauerhafte Einschränkung, seltene leichte Anfälle: 0–20. Häufige/schwere Anfälle: 30–40. Serien schwerer Anfälle: ca. 50. Mit dauerhafter Lungenfunktionsminderung ggf. höher. Herzkrankheiten (z. B. Herzinsuffizienz) Leichte Einschränkungen, keine Belastungsdyspnoe: 20–30. Mittelschwere Einschränkungen (Belastungsdyspnoe bei Alltagstätigkeiten): 40–50. Schwere Einschränkungen (Ruhedyspnoe, starke Belastungseinschränkung): 60–100. Krebserkrankungen Während und kurz nach Therapie (Heilungsbewährung): meist 50 oder höher. Nach Ablauf der Heilungsbewährung: abhängig von verbleibenden Einschränkungen, ggf. deutlich niedriger. Rückenleiden / Wirbelsäulenschäden Leichte funktionelle Einschränkungen: 0–20. Deutlich schmerzhafte oder wiederkehrende Bewegungseinschränkungen: 30–40. Schwere Einschränkungen mit Nervenschäden oder Lähmungen: 50–70. Sehbehinderung Sehleistung ≤ 30 %: GdB 20–30. Sehleistung ≤ 10 %: GdB 50. Blindheit (beidseitig oder nahezu blind): GdB 100. Hörbehinderung / Schwerhörigkeit Geringgradige Schwerhörigkeit: 20–30. Hochgradige Schwerhörigkeit: 50–70. Gehörlosigkeit: 100. Epilepsie Seltene, leichte Anfälle: 20–30. Häufige Anfälle trotz Therapie: 40–60. Sehr häufige oder schwere Anfälle: bis 80. Grad der Behinderung bei psychischen ErkrankungenBei psychischen Störungen, zu denen auch depressive Erkrankungen zählen, spannt die Tabelle einen weiten Bogen. Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen bewegen sich zwischen 0 und 20.
Wird die Erlebnis- und Gestaltungstätigkeit wesentlich eingeschränkt – etwa bei ausgeprägteren depressiven, phobischen oder somatoformen Störungen – nennt die Tabelle 30 bis 40.
Schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit 50 bis 70 bewertet; bei schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten reicht der Rahmen bis 80 bis 100. Entscheidend ist die reale Einschränkung der sozialen Teilhabe, nicht der Diagnosebegriff allein.
Bei Atemwegserkrankungen zeigt das Beispiel Bronchialasthma die Logik der Staffelung. Ohne dauerhafte Lungenfunktionsminderung und mit seltenen leichten Anfällen reicht die Spanne von 0 bis 20. Häufige oder schwere Anfälle rechtfertigen 30 bis 40; bei Serien schwerer Anfälle sind 50 möglich.
Besteht zusätzlich eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion, wird diese gesondert berücksichtigt, was den Gesamtwert anheben kann. Bei Kindern gelten eigene, altersbezogene Anhaltswerte mit höheren Bandbreiten bei schweren Verläufen.
Heilungsbewährung, Verlauf und KombinationenDie Tabelle arbeitet teils mit Heilungsbewährungen, etwa nach der Entfernung bösartiger Tumoren. In solchen Phasen werden befristet höhere Werte angesetzt, weil Therapie und Nachsorge die Teilhabe spürbar belasten.
Zugleich betont die Verordnung den Blick auf typische Schwankungen chronischer Erkrankungen: Bewertet wird das durchschnittliche Ausmaß der Beeinträchtigung über die Zeit, nicht nur ein „guter“ oder „schlechter“ Tag. Bei mehreren Gesundheitsstörungen wird ein Gesamt-GdB festgelegt, der die Wechselwirkungen berücksichtigt; der höchsten Einzelbewertung folgt nicht automatisch die Summe weiterer Werte.
Ab wann gilt man als schwerbehindert – und was bedeutet das?Rechtlich gilt eine Schwerbehinderung ab einem festgestellten GdB von wenigstens 50; dann kann ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt werden. Wer einen GdB zwischen 30 und 40 hat, kann unter bestimmten Bedingungen bei der Agentur für Arbeit Menschen mit Schwerbehinderung gleichgestellt werden – mit arbeitsrechtlichen Schutzwirkungen, aber ohne Ausweis.
Beide Schwellen sind in offiziellen Informationen der Bundesregierung verankert.
Antrag, Begutachtung und BescheidDie Feststellung erfolgt auf Antrag bei der zuständigen Behörde des Wohnsitzes. Grundlage der Entscheidung sind ärztliche Unterlagen und – soweit erforderlich – Gutachten anhand der VersMedV-Kriterien.
Der Bescheid nennt den GdB, gegebenenfalls Merkzeichen sowie die Befristung oder den Hinweis auf eine Heilungsbewährung. Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsbehelf möglich. Die VersMedV-Broschüre des BMAS stellt hierfür die verbindlichen medizinischen Maßstäbe bereit, auf die sich die Gutachten beziehen.
Warum starre „Krankheit-=-GdB“-Listen in die Irre führenDie Praxis zeigt: Nicht „welche Krankheit“ entscheidet, sondern „welche Folgen“ – wie stark, wie häufig, wie lange und mit welchen Auswirkungen auf Alltag, Mobilität, Kommunikation, Arbeit und soziale Beziehungen. Die offizielle Tabelle ist deshalb eine Bandbreite mit Begründungspflicht, keine starre Liste.
Für Betroffene lohnt es, im Antrag den funktionellen Alltag – Therapieaufwand, Anfalls- oder Krisenhäufigkeit, Unterstützungsbedarf, Überwachungspflichten, Einschränkungen in Schule, Beruf und Freizeit – nachvollziehbar zu dokumentieren.
Die Gutachterinnen und Gutachter müssen diese Lebenswirklichkeit an den in der VersMedV festgelegten Maßstäben spiegeln.
FazitDie Frage „Welcher GdB bei welcher Krankheit?“ lässt sich nur im Kontext der individuellen Teilhabeeinschränkung beantworten. Die verbindliche Grundlage ist die GdS-Tabelle in der VersMedV, deren Werte nach Schweregrad und Auswirkungen gestaffelt sind.
Wer die Logik der Tabelle – und ihre Beispiele etwa zu Diabetes, psychischen Störungen oder Asthma – kennt, kann die eigene Situation besser einordnen und Unterlagen zielgerichtet zusammenstellen. Für die rechtliche Schwelle zur Schwerbehinderung bleibt der festgestellte GdB von 50 der maßgebliche Punkt.
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Üble Nachrede gegen Bürgergeld-Bezieher wird bestraft
Wer Bürgergeld-Bezieher grundlos als „Sozialschmarotzer“ denunziert, hat kein Recht auf Anonymität. Das Jobcenter muss vielmehr den Namen des Denunzianten preisgeben. Das Sozialgericht erklärte, dass bei einer Diffamierung, die „wider besseres Wissen und absichtlich rufschädigend“ ist, das Interesse der Betroffenen überwiegt, juristisch gegen die Anschuldigungen einzuschreiten. (Az: AS 4461/20).
Dr. Utz Anhalt erläutert den Fall in diesem Video Beschuldigungen und BeleidigungenDer Denunziant beschuldigte eine Frau, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bezog, gegenüber einem Berliner Jobcenter. Er schickte ein Schreiben mit der Überschrift „Sozialbetrug“ und behauptete darin, der Vater der Betroffenen sei gestorben, habe ihr Vermögen hinterlassen, und sie habe sich davon ein neues Auto gekauft. Dieses nutze sie, um als Putzfrau schwarz zu arbeiten.
Falsche UnterstellungenDie „Sozialschmarotzerin“ (wörtlich im Schreiben) habe von ihrem Vater zudem ein Haus geerbt. Dem solle das Jobcenter nachgehen. Der Brief war unterschrieben, die Unterschrift allerdings nicht lesbar.
Das Jobcenter prüfte die Vorwürfe und kam zu dem Ergebnis, dass lediglich der Tod des Vaters stimmte. Dieser hatte der Tochter kein Erbe hinterlassen,und es gab weder das Haus noch das Auto.
Jobcenter schwärzt die UnterschriftDie Beschuldigte verlangte nun, das Schreiben zu sehen, um den Denunzianten wegen Rufschädigung zu belangen. Das Jobcenter gewährte ihr zwar Einsicht in eine Kopie, schwärzte in dieser jedoch die Unterschrift, um den Sender geheim zu halten.
Dagegen klagte die Denunzierte vor dem Sozialgericht Berlin. Dieses wog ab zwischen dem Datenschutz des Informanten und der Rufschädigung. So sei zwar grundsätzlich die Identität eines Behördeninformanten schützenswert.
Wenn dieser jedoch „wider besseres Wissen und absichtlich rufschädigend handle“ oder auch nur „leichtfertig falsche Informationen“ übermittle, dann überwiege das Interesse der Beschuldigten an der Preisgabe dieser Informationen.
Das Ziel ist VerächtlichmachungDas Gericht erklärte, die Bezeichnung als „Sozialschmarotzerin“ sei beleidigend. Der Betroffenen zu unterstellen, sie arbeite schwarz, schädige ihren Ruf. Ziel des Hinweisgebers sei es ausschließlich gewesen, die Frau bei der Behörde verächtlich zu machen.
Diese Aussage des Gerichts legt eine Anzeige wegen übler Nachrede nahe, denn zu dieser steht im Paragrafen 186 des Strafrechts: „Eine Tatsache ist zur Verächtlichmachung eines anderen geeignet, wenn sie diesen als eine Person darstellt, die ihren ethischen, moralischen oder sozialen Pflichten nicht nachkommt.“
Keine konkreten AngabenDer Informant habe weder einen konkreten Arbeitgeber der Betroffenen genannt noch ihre Einsatzorte und Arbeitszeiten und auch keine Kontaktdaten für Nachfragen hinterlassen. In einem solchen Fall überwiege das Informationsinteresse der Frau. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass sie den Sender anhand der Unterschrift identifiziere.
Auch hier gilt vermutlich der Paragraf 186, also eine strafbare üble Nachrede: „Behauptet also der Täter eine Tatsache, bei welcher sich im Nachhinein nicht beweisen lässt, ob sie wahr oder unwahr ist, so hat sich der Täter, sofern er diese Tatsache gegenüber einem Dritten geäußert hat, nach § 186 strafbar gemacht.“
Es kommt auf die Situation anDieses Urteil bezieht sich auf die konkrete Situation. So hatte ebenfalls das Sozialgericht Berlin in einem anderen Fall entschieden, dass die Rentenversicherung die Identität eines Hinweisgebers über möglichen Leistungsmissbrauch nicht nennen musste (S 9 R 1113/12).
Dieser informierte die Rentenkasse darüber, dass ein Rentner nach seiner Scheidung zu einer jüngeren Frau an die Costa Brava gezogen sei und dies möglicherweise seine Rentenansprüche beeinflusse.
Widersprechen sich die Urteile?Die beiden Urteile müssen sich nicht widersprechen. So setzte das Sozialgericht auch im Fall des Rentners das Interesse an Geheimhaltung nicht absolut, sondern erklärte, Betroffene könnten nur in Ausnahmen verlangen, den Name des Informanten zu erfahren.
Die Prüfung ergab, dass der Rentner tatsächlich an die Costa Brava gezogen war, dies aber keine Auswirkungen auf seine Rente hatte. Der Betroffene zog vor Gericht, weil er vermutete, der „ominöse Brief“ käme von einem Familienmitglied, und dessen Identität offenzulegen könne den Familienfrieden wiederherstellen.
Das Sozialgericht erklärte also bei der denunzierten Leistungsbezieherin, eine offensichtliche Rufschädigung überwiege gegenüber der Geheimhaltung. Den Familienfrieden wiederherzustellen rechtfertigte es hingegen nicht, ausnahmsweise die Identität einer Informantin preiszugeben. In beiden Fällen wog das Sozialgericht ab.
Schutz der Opfer statt Anonymität der TäterEmpfängern von Sozialleistungen zeigt dieses Urteil, dass sie Denunziationen beim Jobcenter nicht hilflos ausgeliefert sind. In einer Zeit, in der bestimmte Politiker und Medien nonstop Betroffene als „Arbeitsverweigerer“ darstellen, ist es für die Denunzierten wichtig, dass sie gegen Rufschädigungen einschreiten können.
Täter, die Leistungsberechtigte bei Behörden anschwärzen, um den Betroffenen zu schaden, vertrauen oft darauf, dass die Opfer keine Macht und keine Mittel haben, sich gegen falsche Beschuldigungen zur Wehr zu setzen. Diese Kriminellen aus ihrer Anonymität zu holen ist ein wichtiger Schritt, um die Opfer zu schützen.
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Witwenrente wird gestrichen: 538.000 Witwen und Witwer gehen jetzt leer aus
2025 bekommen mehr Hinterbliebene, die Anspruch auf eine Rente haben, kein Geld von der Rentenversicherung. Das betrifft jetzt 538.000 Witwer und Witwen, so die Deutsche Rentenversicherung. Der Grund dafür ist die sogenannte Nullrente.
Wie kommt es dazu, dass Sie als Betroffene trotz Rentenanspruchs keinen Cent Rente erhalten? Das erklären wir Ihnen in diesem Beitrag. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen, und was Sie unternehmen können, um Ihre Ansprüche zu sichern.
Wie kommt es zur sogenannten Nullrente?Besonders betroffen sind Hinterbliebene mit eigenem, zu hohem Einkommen oder eigener Rente. Deshalb wird die Witwenrente wegen der Einkommensanrechnung auf null gekürzt. Die Gefahr auf eine Nullrente kann steigen, da sich trotz steigender Freibeträge Einkommen wie Rentenerhöhungen, die Witwenrente schmälern oder auf Nullzahlung absinken.
Über einen Freibetrag wird Einkommen angerechnetBei der Hinterbliebenenrente gilt ein Freibetrag beim Einkommen. Bis zu dieser Summe wird das Einkommen nicht auf die Witwenrente angerechnet, die Rente wird dann also nicht wegen des Einkommens gekürzt.
Wie hoch ist der Freibetrag?Ab dem 1. Juli 2025 gilt ein neuer Freibetrag für ein Gesamteinkommen pro Monat bereinigt auf netto von 1.076,86 Euro. Das bedeutet, dass ein Brutto-Gesamteinkommen von monatlich 1.794,76 Euro nicht an die Witwen- oder Witwerrente angerechnet wird. Pro waisenberechtigtes Kind kann es noch einen zusätzlichen Einkommensfreibetrag in Höhe von 228,42 Euro geben.
Wie wird das Einkommen angerechnet?Wenn Ihr auf netto bereinigtes Gesamteinkommen über diesem Freibetrag liegt, wird die Witwenrente entsprechend gekürzt. Dies kann bedeuten, dass die Zahlung komplett entfällt. Das Einkommen, das über dem Freibetrag liegt, wird zu 40 Prozent angerechnet.
Einkommen umfasst nicht nur Erwerbseinkommen, sondern auch eigene gesetzliche Altersrenten oder Betriebsrenten.
Wer ist davon betroffen?Die Nullrenten treffen besonders Witwer, da Männer im Schnitt höhere Einkommen beziehen. Doch auch bei Frauen steigen die Gehälter. Zusammen mit erhöhten Altersrenten führt das zu immer mehr Betroffenen, die trotz eines Anspruchs überhaupt keine Witwen- oder Witwerrente ausgezahlt bekommen.
Entfällt der RentenanspruchWichtig dabei ist Folgendes: Wenn Sie als Witwer oder Witwe einen Rentenanspruch haben, dann verfällt dieser nicht, weil Sie wegen zu hohen Einkommens diese Rente nicht ausgezahlt bekommen. Wenn Sie später also weniger Einkommen erzielen, dann zahlt die Rentenkasse Ihnen Rente aus.
Was können Sie konkret tun?Auf drei Punkte sollten Sie achten. Prüfen Sie regelmäßig Ihr Einkommen, denn wenn Sie eine Hinterbliebenenrente beziehen, dann kann jede Erhöhung Ihres Einkommens diese gefährden. Das gilt für Lohnerhöhungen ebenso wie für Rentenanpassungen und Sonderzahlungen.
Besonders genau hinschauen sollten Sie jedes Jahr am 1. Juli. Denn dann erfolgt die Rentenanpassung. Auch Ihre Einkommensbescheide sollten Sie unter die Lupe nehmen und nachrechnen.
Sie verhindern auf diese Art zwar keine Rentenkürzung, sind aber vorbereitet und vermeiden deshalb eine böse Überraschung.
Melden Sie einen EinkommensrückgangWenn Ihr Einkommen um mindestens zehn Prozent sinkt, können Sie bei der Rentenkasse eine Neuberechnung beantragen, und dies fällt dann entsprechend günstiger für Sie aus. Das läuft also nicht automatisch – von allein macht die Rentenkasse das nicht.
Sie können den Antrag auf Neuberechnung bereits ab dem Monat stellen, in dem das Einkommen zurückgeht, und genau das sollten Sie auch tun.
Die rückwirkende NachzahlungWenn Ihr Einkommen bereits vor einiger Zeit gesunken ist, können Sie auch für eine rückwirkende Nachzahlung sorgen. Dafür müssen Sie bei der Rentenversicherung einen Überprüfungsantrag zur Neuberechnung der Rente stellen.
Eine solche Nachzahlung ist bis zu vier Jahre rückwirkend möglich, bis Ende 2025, also noch bis Januar 2021. Hier können schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen!
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Droht die Rente mit 68? Wer davor geschützt ist
Sie lesen es oft: Die Rente könnte auf 68 steigen. Was heißt das für Sie? Zuerst zählt die Rechtslage. Aktuell läuft die stufenweise Anhebung auf 67. Für Jahrgänge ab 1964 gilt 67 fest. Rentennahe Jahrgänge erreichen ihre Grenze vorher in Stufen. Das ist verbindlich und veröffentlicht.
Rechtslage: Die 67 steht – Staffel bis 2031Die Regelaltersgrenze steigt seit Jahren schrittweise. Für den Jahrgang 1960 liegt sie bei 66 Jahren und 4 Monaten. Ab Jahrgang 1964 gilt die Regelaltersgrenze 67. Eine gesetzliche Erhöhung darüber hinaus existiert nicht. Prüfen Sie Ihre persönliche Grenze in der Rentenauskunft. So vermeiden Sie Fehlentscheidungen bei Vertragsende, Abfindung oder Altersteilzeit.
Vertrauensschutz: Warum harte Schnitte ausgebremst werdenDer Gesetzgeber darf Regeln ändern. Er muss aber Vertrauen schützen. Das bedeutet: Übergangsregeln, Stichtage und lange Fristen sind Pflicht, wenn tief in Lebensplanungen eingegriffen wird. Die Rechtsprechung verlangt genau diese Abwägung. Folge: Hauruck-Reformen ohne Übergang sind in der Praxis kaum durchsetzbar. Rentennahe Jahrgänge fallen deshalb üblicherweise unter Bestandsschutz.
So lief die letzte Altersgrenzenreform tatsächlichDie Anhebung von 65 auf 67 wurde 2007 beschlossen und zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt. Die erste spürbare Stufe griff aber erst ab 2012. Betroffen war zunächst der Jahrgang 1947 mit plus einem Monat. Danach folgten weitere Jahrgänge in kleinen Schritten. Das zeigt: Große Reformen wirken zeitversetzt und gestaffelt, nicht über Nacht.
Fakten-Update 2025: Was das Rentenpaket wirklich ändertDie Bundesregierung hat 2025 ein Rentenpaket vorgelegt. Es sichert das Rentenniveau von mindestens 48 Prozent bis 2031 ab. Geplant ist außerdem die vollständige Gleichstellung der Kindererziehungszeiten („Mütterrente III“). Neu sind erleichterte Übergänge für Weiterarbeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze:
Das bisherige Anschlussverbot bei sachgrundloser Befristung soll für Menschen nach der Regelaltersgrenze entfallen. Damit wird eine befristete Rückkehr zum früheren Arbeitgeber möglich. Eine Anhebung auf 68 enthält das Paket nicht.
Arbeiten und Hinzuverdienst: Spielräume seit 2023Wer eine vorgezogene Altersrente bezieht, kann seit 1. Januar 2023 unbegrenzt hinzuverdienen. Das erleichtert flexible Übergänge in den Ruhestand. Wer nach der Regelaltersgrenze weiterarbeiten möchte, erhält mit dem Rentenpaket zusätzliche Vertragsfreiheit. Das schafft Gestaltungsspielraum für Betriebe und Beschäftigte, ohne den Rentenanspruch zu gefährden.
Debatte statt Gesetz: Vorschläge sind keine RechtslageÖkonomische Institutionen schlagen teils vor, das Rentenalter nach 2031 an die Lebenserwartung zu koppeln, die abschlagsfreie 45-Jahre-Rente zu begrenzen und Zu-/Abschläge strenger zu berechnen. Das sind Positionen, keine verbindlichen Regeln. Für Sie zählt allein, was im Gesetz steht. Alles Weitere wäre erst nach Beschluss mit Übergangsfristen zu erwarten.
45-Jahre-Rente: Früh, abschlagsfrei – aber mit AltersgrenzeDie „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ bleibt ein Schlüssel. Sie verlangt 45 Versicherungsjahre. Die Altersgrenze lag für ältere Jahrgänge bei 63 und steigt in Zwei-Monats-Schritten an. Ab Jahrgang 1964 liegt sie wieder bei 65. Anerkannt werden Pflichtbeiträge, Kindererziehung und Pflege.
Zeiten der Arbeitslosigkeit kurz vor Rentenstart werden nur begrenzt angerechnet. Wer knapp an den 45 Jahren vorbeischrammt, sollte Lücken gezielt schließen.
Historische Lehre: Abschaffung der „Frauenrente“ dauerte langeDie Sonderrente für Frauen wurde für nach 1951 Geborene abgeschafft. Das passierte mit langen Übergängen. Ansprüche älterer Jahrgänge liefen über Jahre aus. Das Muster ist klar: Der Gesetzgeber koppelt harte Einschnitte an Stichtage und Staffeln. Genau das reduziert Brüche in laufenden Lebens- und Erwerbsbiografien.
Wer ist faktisch geschützt – und wer nicht?Geschützt sind alle, die unter die laufende Staffel zur 67 fallen. Ihre Altersgrenze ergibt sich verbindlich aus Gesetz und individueller Auskunft. Rentennahe Jahrgänge sind zusätzlich durch Vertrauensschutz und Übergangsregeln abgesichert.
Nicht geschützt sind bloße Erwartungen über die aktuelle Rechtslage hinaus. Für Jahrgänge ab 1964 gilt 67. Alles darüber wäre erst nach neuem Gesetz denkbar – mit Stufen und Vorlauf.
Was Sie jetzt konkret tun könnenFordern Sie eine aktuelle Rentenauskunft an. Prüfen Sie Regelaltersgrenze, anrechenbare Zeiten und eventuelle Lücken. Planen Sie Übergänge mit Blick auf die unbegrenzte Hinzuverdienst-Option. Stimmen Sie Altersteilzeit, Abfindungen und Vertragsenden exakt auf Ihren Stichtag ab.
Wer weiterarbeiten will, kann – nach Umsetzung des Rentenpakets – befristet zum früheren Arbeitgeber zurückkehren. Das sichert Know-how und Einkommen, ohne den Rentenbeginn zu verschieben.
„68“ ist Debatte – Ihr Schutz steht im GesetzEine sofortige Rente mit 68 ist nicht beschlossen. Geltendes Recht bleibt die gestaffelte Anhebung zur 67. Neue Schritte würden mit Vorlauf kommen. Rentennahe Jahrgänge sind in der Regel geschützt. Jüngere können vorausschauend planen, Zeiten bündeln und Lücken schließen. So behalten Sie die Kontrolle – unabhängig vom Lärm der Debatte.
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Schwerbehinderung: Schwerer Fehler kann die Behindertenrente kosten
Es gibt einen entscheidenden Fehler, den schwerbehinderte Menschen unbedingt vermeiden sollten, da er die gesamte Rente kosten kann. Welcher das ist, erklärt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt von der Redaktion “Gegen-Hartz.de”.
Rente mit SchwerbehinderungAber der Reihe nach: Mit dem Status “Schwerbehinderung” hast du die Möglichkeit, zwei Jahre früher in Rente zu gehen. Voraussetzung dafür sind ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und 35 Jahre Wartezeit in der Rentenversicherung.
Dies bedeutet, dass du zwei Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter in den Ruhestand treten kannst.
Welche Arten von Schwerbehindertenausweisen gibt es?Es gibt zwei Arten von Schwerbehindertenausweisen: befristete und unbefristete. Ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis bietet dir Sicherheit, da du, sobald du die erforderlichen Rentenjahre erfüllt hast, in die vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen gehen kannst.
Ein befristeter Ausweis hingegen kann problematisch sein, besonders wenn er kurz vor dem Renteneintritt ausläuft, warnt der Sozialrechtsexperte.
In diesem Fall müsstest du regulär zwei Jahre später in Rente gehen, es sei denn, dein Status als Schwerbehinderter wird erneut bestätigt.
Welcher Fehler kann mich die Rente kosten?Und jetzt der Tipp von Dr. Anhalt: Ein kritischer Fehler, den du unbedingt vermeiden musst, ist das Stellen eines Verschlimmerungsantrags kurz vor deinem Renteneintritt!
Warum? Ein solcher Antrag kann zur Überprüfung deines Gesundheitszustands führen. Sollte das medizinische Gutachten feststellen, dass sich dein Gesundheitszustand verbessert hat und dein GdB unter 50 sinkt, verlierst du deinen Anspruch auf die vorzeitige Rente.
Warum sollte ich keinen Verschlimmerungsantrag vor der Rente stellen?Stellst du kurz vor der Rente einen Antrag auf Verschlimmerung und das Gutachten führt zu einer Herabsetzung deines GdB, könntest du deinen Status als anerkannter Schwerbehinderter verlieren.
Dies würde bedeuten, dass du keinen Anspruch mehr auf die vorzeitige Altersrente hast und zwei Jahre länger arbeiten bzw. warten musst. Es ist daher ratsam, so Dr. Anhalt, solche Anträge erst nach Renteneintritt zu stellen.
Was passiert, wenn ich meinen Schwerbehindertenstatus verliere?Wenn du einmal die Altersrente für schwerbehinderte Menschen erreicht hast, kann dir diese nicht mehr entzogen werden, selbst wenn du nach Eintritt der Rente deinen Schwerbehindertenstatus verlierst.
Dies bedeutet, dass du weiterhin von den Vorteilen der Schwerbehindertenrente profitierst, auch wenn dein GdB später sinkt.
Was kann ich tun, um auf der sicheren Seite zu sein?Um sicherzustellen, dass du deinen Anspruch auf die vorzeitige Altersrente nicht verlierst, solltest du vorsichtig mit Verschlimmerungsanträgen umgehen.
Warte, bis du offiziell in Rente bist, bevor du solche Anträge stellst. Nach Renteneintritt kannst du ohne Risiko überprüfen lassen, ob sich dein Gesundheitszustand verschlechtert hat, und gegebenenfalls zusätzliche Förderungen erhalten, so Anhalt.
Worauf solltest du also achten?Noch einmal zusammengefasst: Es ist entscheidend, dass du deinen Schwerbehindertenstatus behältst, bis du in die vorzeitige Rente eingetreten bist. Vermeide Verschlimmerungsanträge kurz vor der Rente und informiere dich gründlich über deine Rechte und Möglichkeiten.
Mit den richtigen Schritten kannst du sicherstellen, dass du alle dir zustehenden Vorteile erhältst und nicht unnötig länger arbeiten musst.
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Bürgergeld: Jobcenter schickt 7 Minderungsbescheide und benutzt es als Strafvorschrift
Das Jobcenter darf bei wiederholten Meldeversäumnissen die Sanktionen nicht als Strafvorschrift benutzen. Das Geriocht urteilt mit wegweisende Entscheidung
7 Minderungsbescheide des Jobcenters wegen Versäumnis des Erscheinens des Leistungsempfängers zum Meldetermin haben den Leistungsempfänger schwer zugesetzt, denn er lebt unter dem Existenzminimum.
Das Jobcenter vertritt die Auffassung, dass ein wichtiger Grund für die Versäumnisse nicht erkennbar sei. Der Verweis auf die Rechtsprechung ändere hieran nichts, denn auch das Bundessozialgericht habe in dem dort entschiedenen Fall die Sanktionierung von mindestens drei Meldeversäumnissen für rechtmäßig erklärt.
Gericht widerspricht JobcenterDas Sozialgericht Bremen Az. S 41 AS 130/17 ER konnte sich nicht der Auffassung des Jobcenters anschließen, denn das Ziel von Meldeaufforderungen (§ 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II) besteht nicht darin, über eine hohe Anzahl von Meldeversäumnissen den Anspruch der meldepflichtigen Personen auf Arbeitslosengeld II zu mindern oder gar zu beseitigen.
Der Zweck der Meldeaufforderungen muss entsprechend dem Grundgedanken des “Förderns und Forderns” im SGB II sein, die arbeitsuchende, leistungsberechtigte Person bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen.
Ziel der Sanktionen darf keine Bestrafung sein, denn die §§ 31 bis 32 SGB II sind keine – StrafvorschriftEs handelt sich bei den §§ 31 bis 32 SGB II auch – nicht um Strafvorschriften – , nach denen aufgrund eines bestimmten schuldhaften Verhaltens bestimmte Strafen verhängt werden, sondern um die gesetzlichen Folgen von Obliegenheitsverletzungen, weil von den Jobcentern die Durchsetzung einer Meldeaufforderung nicht mit den Mitteln des Verwaltungszwangs vollstreckt werden darf.
Wenn das Jobcenter bereits beim Erlass eines auf § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II gestützten Minderungsbescheids davon auszugehen hatte, das das Ziel, das mit einem solchen Bescheid erreicht werden sollte – nämlich die Bewirkung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit – nicht (mehr) erreicht werden konnte, dann ist von einer Rechtswidrigkeit dieses Minderungsbescheids auszugehen.
Anmerkung vom Bürgergeld Experten zur – Zulässigkeit des gleichzeitigen Erlasses mehrerer Sanktionsbescheide
1. Die Abfolge mehrerer Meldeaufforderungen mit letztlich dem selben Meldezweck verstoße gegen die vor einer Meldeaufforderung notwendige Ermessensausübung wegen einer Ermessensunterschreitung, weil relevante Ermessensgesichtspunkte nicht berücksichtigt worden seien ( BSG Az. B 14 AS 19/14 R) .
Diese Rechtsprechung hat breite Zustimmung gefunden (vgl. SächsLSG, Beschluss v. 22.12.2016 – L 7 AS 1149/16 B ER; LSG Berlin-Bbg., Urt. v. 28.7.2016 – L 25 AS 2819/15 WA ).
2. Nicht immer greift die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts, vor allem nicht bei – verschiedenen Meldezwecken bei 8 Meldeaufforderungen
Die als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Meldeaufforderungen notwendige Ermessensausübung ist bei einer Einladungsdichte von acht Einladungen in neun Monaten nicht zwingend zu beanstanden und zwar insbesondere dann nicht, wenn das Jobcenter verschiedene Meldezwecke und ab einer späteren Meldeaufforderung einzelfallbezogene und nachvollziehbare Ermessenserwägungen formuliert hat ( LSG Berlin-Brandenburg Az. L 25 AS 1638/20 ).
3. Zur Frage, ob erst dann weitere Ermessenserwägungen in die Begründung der Meldeaufforderung einzustellen seien, wenn die “qualitative Schwelle” von mehr als 30%, bei der entsprechend § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II ergänzende Sachleistungen zu erbringen seien, erreicht sei. Diese Auffasssung des Jobcenters ist das LSG Hamburg Az. L 4 AS 282/16 – nicht gefolgt, denn dies sei der Rechtsprechung des BSG – nicht zu entnehmen.
Jobcenter muss Ermessen ausübenDas LSG Hamburg folgt der Auffassung des BSG : Bei rascher Abfolge von Meldeaufforderungen und daraus bei Versäumnissen hergeleitete Sanktionen müssen Jobcenter ein Ermessen ausüben und den Einzelfall und die Umstände wie Erwerbsfähigkeit und Eingliederungsförderlichkeit der neuerlichen Meldeaufforderung überprüfen.
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