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Jobcenter: Bürgergeld-Härtefallmehrbedarf für Reparaturkosten eines PKW Ja oder Nein?

Lesedauer 5 Minuten

Ein schwerbehinderter Leistungsbezieher beantragte für sein Auto die Übernahme der Kosten für einen Autoreperatur vom Jobcenter. Des weiteren pflegt er seine mit im Haushalt wohnende Mutter. Das Auto benötige er, um seine Mutter weiterhin in menschenwürdiger Weise pflegen zu können.

Sein Antrag wurde vom Jobcenter abgelehnt mit der Begründung: Bei der beantragten Leistung handele es sich nicht um eine Leistung nach dem SGB II. Gegen den Ablehnungsbescheid wurde Widerspruch eingelegt. Er vertrat die Auffassung, dass der Staat die Pflege von Angehörigen begrüße. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten wurde betont, dass der Kläger die Reparaturkosten als Zuschuss und nur hilfsweise als Darlehen begehre.

Reparaturkosten als Zuschuss und nur hilfsweise als Darlehen vom Antragsteller begehrt

Dem Widerspruch wurde vom Jobcenter nicht statt gegeben.

Keine Rechtsgrundlage vorhanden für Übernahme der Kosten

Eine einschlägige Rechtsgrundlage für eine Übernahme der Reparaturkosten für das Fahrzeug als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen, sei nicht ersichtlich. Der Kläger benötige das Fahrzeug nicht zur Eingliederung in Arbeit. Zudem seien Reparaturkosten nicht von der Regelleistung umfasst.

Der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, hat erstmals Hauptsacheklage beim Sozialgericht Landshut erhoben.

Kläger ist auf sein Auto angewiesen wegen der Pflege seiner Mutter

Aufgrund der Infrastruktur des Wohnortes des Klägers sei dieser auf das Auto angewiesen. Der Kläger leide unter erheblichen Wirbelsäulenbeschwerden und benötige das Auto für seine Mutter.

Er könne nur kurze Strecken zu Fuß gehen. Die Mutter habe bereits Herzinfarkte und Schlaganfälle erlitten. Das Auto sei somit lebensrettend. Im Ort gebe es nur einen Rufbus. Die Busfahrt dauere zu lange, da der Kläger seine Mutter pflegen müsse.

Der Fahrer sei sein Cousin. Dieser habe den Kläger jede Woche gefahren und der Kläger habe ihm jede Woche die 20 EUR in bar bezahlt.

Der Kläger hat sein Auto schließlich reparieren lassen. Laut der vorgelegten Rechnung, die der Kläger ab dem 02.11.2022 in Raten beglich, beliefen sich die Kosten auf über 2000 €.

Das Gericht lehnte schließlich den Antrag des Klägers ab.

Begründung

Ein Härtefallmehrbedarf für ein Auto ist möglich – Reparaturkosten nach § 21 Abs. 6 SGB II.

1. Als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen kommt hier der Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht.

2. In diesem Zusammenhang kommen sowohl die Reparaturkosten als auch die Zahlungen für die einzelnen Fahrten in Höhe von jeweils 20 EUR in Betracht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des Härtefallmehrbedarfs – Nichtvorliegen eines unabweisbaren Bedarfes

Nach § 21 Abs. 6 SGB II gilt:

Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist.

Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Der aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in das SGB II eingeführte zusätzliche Anspruch auf einen Härtefallmehrbedarf soll jedoch Sondersituationen Rechnung tragen, in denen ein seiner Art oder Höhe nach auftretender Bedarf vom Regelbedarf nicht ausreichend erfasst wird und sich dieser als unzureichend erweist. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei zumutbar

Soweit zur Begründung auf die Pflege der Mutter abgestellt wird, hält es die Kammer nicht für ausgeschlossen, dass der Pkw hierfür von großem Nutzen sein kann. Dies wäre aber ein Bedarf der Mutter und nicht des Klägers.

Ärztliche Atteste nicht aussagekräftig wegen Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel

Der Kläger ist nicht aus gesundheitlichen Gründen auf die Nutzung eines Pkw angewiesen. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen dokumentieren auch bei kritischer Würdigung keine Beeinträchtigungen, die auf eine dauerhafte und erhebliche Einschränkung der Mobilität schließen lassen.

Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Kläger weiterhin zumutbar (ebenso Bayerisches LSG, Beschluss vom 25. Mai 2022,).

Weiterhin kommt hinzu, dass vor Ort ein Lebensmittelgeschäft zur Verfügung steht. Es ist zunächst nachvollziehbar, dass der Kläger einen günstigeren Supermarkt aufsuchen möchte. So entschieden vom SG Landshut, Urteil v. 27.10.2023 – S 11 AS 62/22 –

Fazit

Eine Kostenübernahme nach § 21 Abs. 6 SGB II für eine Autoreparatur ist möglich unter engen Voraussetzungen: Das Gericht ist der Meinung, dass Bürgergeldempfänger für Reparaturkosten ihres PKW einen Härtefallmehrbedarf beim Jobcenter beantragen können.

Vorausgesetzt, sie sind aus gesundheitlichen Gründen auf ihren PKW angewiesen. Dies setzt aussagekräftige ärztliche Unterlagen voraus! Des weiteren muss die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sein.

Gesundheitliche Gründe sind nach zuweisen

Diese gesundheitlichen Gründe müssen nachgewiesen werden (aktuelle Attests, Gutachten). Vorzugsweise liegt vielleicht ein Merkzeichen G vor oder ein Pflegegrad. Hier war der Kläger allerdings nicht gut vorbereitet, seine ärztlichen Unterlagen waren zu pauschal und nicht genug aussagekräftig)

Des weiteren müssen zum Bsp. für Fahrten zu Arztbesuchen oder zum Einkaufen vor Ort selbst keine Möglichkeiten dazu gegeben sein!

Unzumutabrkeit der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln

Es muss medizinisch nachweisbar sein, dass der Leistungsempfänger die öffentlichen Verkehrsmittel nicht zugemutet werden können!

Rechtstipp Redakteur Detlef Brock

Von gegenteiliger Auffassung und zur Zeit der Regelfall: LSG NRW, Beschluss v. 06.09.2022 – L 2 AS 795/22 B – Leitsatz Detlef Brock

1. Keine Kostenübernahme nach § 21 Abs. 6 SGB II für eine Autoreparatur.

2. Die hierfür erforderliche Unabweisbarkeit des Bedarfs ist hier aber schon deshalb nicht ersichtlich, weil die Möglichkeit der Nutzung eines Kfz nicht zum menschenwürdigen Existenzminimum zählt (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 ).

3. Auch die für die Nutzung eines Fahrzeugs erforderlichen Reparaturkosten sind deshalb nicht existenznotwendig und kein unabweisbarer, besonderer Bedarf.

4. Ein Verweis auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht unzumutbar (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 4/14 R – ).

Hinweis zur Sozialhilfe

Seit 01.01.2023: Auch ein angemessenes Kraftfahrzeug bleibt von der Anrechnung verschont (vgl. § 90 Abs. 2 Nr. 10 SGB XII). Zur Angemessenheit: Nach der Gesetzesbegründung sind Kraftfahrzeuge ohne weitere Erläuterung bis zu einem Verkehrswert von 7.500 Euro angemessen.

Neue Anspruchsgrundlage für Einmalige Bedarfe als Zuschuss in der Sozialhilfe

Einmaliger – Härtefallmehrbedarf nach § 30 Abs. 10 SGB XII seit dem 01.01.2023: Im Rahmen der Rechtsvereinheitlichung zum 1. Januar 2023 wurde in Absatz 10 aus der Regelung des § 21 Absatz 6 SGB II der einmalige Härtefallmehrbedarf übernommen.

Nicht übertragen wurde der laufende Härtefallmehrbedarf, da für solche Fälle im Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII die abweichende Regelsatzfestsetzung nach § 27a Absatz 4 greift.

Wann wird die Behörde den Mehrbedarf bewilligen müssen?

Bei Vorliegen der Voraussetzungen – dürfte gegeben sein bei hoher Verschuldung ( z. Bsp. Er tilgt ein Darlehen für Mietschulden, ein weiteres Darlehen zur Ersatzbeschaffung von Möbeln),

Der Leistungsempfänger befindet sich bereits in der Beratung einer Schuldnerberatungsstelle– weil denn ein Darlehen nicht zumutbar ist – kann der Sozialhilfeempfänger seine Reparaturkosten für den PKW als Mehrbedarf geltend machen.

Weiteres Beispiel für den neuen Mehrbedarf – Einmaliger Mehrbedarf für Waschmaschine

Dies Gesagte gilt auch automatisch, wenn der Sozialhilfeempfänger aufgrund seiner hohen Schulden (mindestens Tilgung von 2 Darlehen, Aufsuchen der Schuldnerberatungsstelle, die Verwaltungsanweisungen der Behörden gehen hier von einer Aufrechnung des Regelsatzes v. 30% aus).

Einmaliger Zuschuss für 15 Jahre alte beschädigte Waschmaschine bei hoher Verschuldung ( Aufrechnung der RL v. ca. 30% )

Einen Einmaligen Härtefallmehrbedarf nach § 30 Abs. 10 SGB XII für eine neue Waschmaschine kann geltend gemacht werden, wenn die Alte z. Bsp. nach 15 Jahren beschädigt ist.

Bei zu hoher Verschuldung Darlehen rechtswidrig

Ein Darlehen wäre hier für den Leistungsempfänger aufgrund seiner finanziellen Situation unzumutbar!

Schlussbemerkung

9 von 10 Sozialhilfeempfängern ist gar nicht bekannt, dass es diesen Einmaligen – Härtefallmehrbedarf in der Sozialhilfe gibt! Hier muss eindeutig Aufklärung stattfinden.

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Bozan: In Kurdistan herrscht Kolonialrecht

Seit Wochen toben verheerende Waldbrände und Flächenbrände in Nordkurdistan, teilweise ausgelöst durch das türkische Militär. In Mêrdîn und Amed (tr. Mardin und Diyarbakir) brannten riesige Flächen aufgrund eines defekten Strommastes. 15 Menschen kamen dabei ums Leben, während die staatliche Unterstützung weitgehend ausblieb. Der DEM-Abgeordnete Ali Bozan sieht darin einen Ausdruck von Kolonialrecht. Dieses Unrecht drücke sich nicht nur in mangelnder Hilfe bei Katastrophen aus, sondern auch in der Ernennung von Zwangsverwaltern in kurdischen Gemeinden.

Die Repression hat nach den Wahlen zugenommen“

Der Politiker erklärte: „Nach den Kommunalwahlen vom 31. März nahm die Repression gegen die kurdische Bevölkerung durch das AKP/MHP-Regime zu. Nachdem der versuchte Kommunalputsch in Wan am Widerstand der Bevölkerung gescheitert war, wurde der Ko-Bürgermeister von Colemêrg (Hakkari) inhaftiert und an seiner Stelle ein Zwangsverwalter eingesetzt. Damit wurde klargemacht, dass der Diskurs von einer ‚Normalisierung‘ der politischen Verhältnisse das kurdische Volk nicht einschließt.“

Die Tatsache, dass der Staat praktisch nichts gegen die Waldbrände in Amed und Mêrdîn unternommen habe, zeige, dass sich das Repressionsregime nicht auf die Zwangsverwaltung beschränken werde. Bozan führte aus, dass die Brände durch die mangelnde Instandhaltung durch den Stromversorger verursacht worden seien und sich das Vorgehen des Staates bei den Bränden in Kurdistan von dem Vorgehen bei Bränden in der Westtürkei deutlich unterscheide.

Schweigen und Kolonialrecht

Bozan sagte, dass das Schweigen zu den Waldbränden in Kurdistan Staatspolitik sei. Diese Situation habe sich auch ins Bewusstsein der Menschen im Westen eingeschrieben. Der türkische Staat wende in Kurdistan ein anderes Recht als in der Türkei an. Das sei nichts weiter als Kolonialrecht.

Bozan erklärte, dass davon auch die Einsetzung von Zwangsverwaltern und die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan nicht zu trennen sei. Mit der Verschärfung der Isolation Öcalans habe sich auch das Vorgehen gegen die kurdische Bevölkerung verschärft. Daher hingen auch der Widerstand gegen den Kommunalputsch und der Kampf gegen die Isolation von Öcalan eng zusammen.

Die Reaktionen im Westen sind ungenügend“

Bozan unterstrich, dass die Reaktionen und Proteste der gesellschaftlichen Opposition in der Türkei auf den Kommunalputsch in Colemêrg zwar wichtig, aber unzureichend seien. Die Zwangsverwaltung betreffe nicht die Kurd:innen allein, sondern gehe das ganze Land etwas an. Daher müsse die Opposition gegen das AKP/MHP-Regime stärker werden, es müssten an mehr gemeinsamen Punkten gemeinsame Kämpfe, sowohl im Parlament als auch auf der Straße, geführt werden.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/brandkatastrophe-weil-wir-kurden-sind-42707 https://anfdeutsch.com/Oekologie/grossbrand-in-nordkurdistan-die-tater-sind-bekannt-42685 https://anfdeutsch.com/kurdistan/die-rathauser-gehoren-dem-volk-wir-lassen-sie-nicht-usurpieren-42546 https://anfdeutsch.com/hintergrund/in-kurdistan-herrscht-ein-anderes-gesetz-42579 https://anfdeutsch.com/Oekologie/Okologischer-kampf-gegen-kolonialismus-42505

 

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Talks with Prime Minister of Hungary Viktor Orban

PRESIDENT OF RUSSIA - 5. Juli 2024 - 12:00

Vladimir Putin held talks in the Kremlin with Prime Minister of Hungary Viktor Orban, who has arrived in Russia on a working visit.

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Five Palestinians martyred in Israeli aggression on Jenin

SANA - Syrian Arab News Agency - 5. Juli 2024 - 11:32

Occupied Jerusalem, SANA- Five Palestinians were martyred and others were injured on Friday in Israeli occupation aggression on Jenin city in the West Bank.

Wafa News Agency reported that the occupation forces stormed the city from Haifa and Nazareth streets and besieged a house in Harsh al-Saada, west of the city and bombed it with several “Energa” shells amidst shooting and tear gas bombs in the area and on the outskirts of Jenin camp.

The occupation drones also bombed a group of young men near al-Awda Roundabout in the camp, leaving 5 martyrs.

On Wednesday, a Palestinian was martyred by Israeli occupation fire after they stormed the industrial zone of Jenin city.

Nisreen Othman / Fedaa al-Rahai

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“Wichtiges Signal…” – Die fragwürdige Begründung für EM-Sonderflüge von Außenministerin Baerbock

Weil Außenministerin Annalena Baerbock aus Privatinteresse ein für das Weiterkommen der deutschen Nationalmannschaft irrelevantes Vorrundenspiel anschauen wollte, wurde extra das strenge Nachtflugverbot für Frankfurt aufgehoben und in Kauf genommen, Tausende Menschen aus dem Schlaf zu reißen, zu dem Zeitpunkt wohl vor allem Kinder. Die NachDenkSeiten wollten auf der Bundespressekonferenz wissen, wie das Auswärtige Amt dieses Verhalten rechtfertigt und wieso nicht auf klimafreundlichere und kostengünstigere Verkehrsmittel zurückgegriffen wurde. Die Antworten überzeugen nicht und offenbaren ein hohes Maß an Doppelmoral. Von Florian Warweg.

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 3. Juli 2024

Frage Warweg

Herr Wagner, es gilt ja mittlerweile als bestätigt, dass die Außenministerin nach ihrem Besuch des Vorrundenspiels gegen die Schweiz das Nachtflugverbot über Frankfurt hat aushebeln lassen, um sich von der Flugbereitschaft der Bundeswehr die 200 Kilometer Luftlinie nach Luxemburg fliegen zu lassen. Begründet wurde das Ganze mit öffentlichem Interesse. Da würde mich interessieren: Wo genau liegt denn in den Augen des Auswärtigen Amtes das öffentliche Interesse daran, dass Frau Baerbock mutmaßlich aus Privatinteresse an einem auch nicht mehr entscheidenden Vorrundenspiel teilnimmt und dafür das Nachtflugverbot in Frankfurt aushebelt?

Die gleiche Frage geht natürlich auch an die Kanzlersprecherin. Deren Chef hatte das ja ebenfalls getan.

Vize-Regierungssprecherin Hoffmann

Ich kann gerne anfangen. – Ein solcher Besuch des Bundeskanzlers bei den Spielen der Nationalmannschaft erfolgt ja aus einem dienstlichen Anlass. Das ist ein Zeichen dafür, dass der Bundeskanzler die Spiele der deutschen Nationalmannschaft und die Europameisterschaft insgesamt als ein europäisches Ereignis wertschätzt, und damit verleiht er seiner Wertschätzung Ausdruck. Deshalb besucht er diese Spiele und muss sich dann natürlich auch dorthin bewegen und von dort wieder wegbewegen.

Wagner (AA)

Ja, das kann ich auch aus meiner Sicht nur unterstreichen. Die EM und der Umstand, wie wir uns hier in Deutschland als Gastgeber gerieren, haben ja nicht unwesentliche Auswirkungen darauf, wie die Welt auf Deutschland schaut und wie Europa auf Deutschland schaut. Insofern ist die Teilnahme von Mitgliedern der Bundesregierung natürlich ein wichtiges Signal – nicht nur dafür, aber eben auch für die Unterstützung der deutschen Mannschaft. Insofern ist es ja auch Usus, dass der Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Außenministerin, die Innen- und Sportministerin an Spielen teilnehmen, nicht nur der deutschen Mannschaft, sondern auch von anderen Mannschaften, zumal, wenn vielleicht sogar noch Amtskollegen und -kolleginnen aus dem Ausland an diesen Spielen teilnehmen.

Zu dem von Ihnen angesprochenen ersten Komplex: Ich würde mir Ihre spezifische Wortwahl nicht zu eigen machen. Ich kann vielleicht noch einmal nachskizzieren, wie dieser Sonntag abgelaufen ist. Die Außenministerin ist ja mit dem Bundeskanzler nach Frankfurt geflogen, um eben an diesem Spiel teilzunehmen, und hat ja dann nach dem Spiel eine Reise zum Treffen des Außenrats in Luxemburg angetreten, der ja am nächsten Morgen begann. Dann ging es am Mittag des Montags weiter in den Nahen Osten. Insofern ist das auch kein Aushebeln von Regeln, sondern es hat da eine normale Weiterreise nach Luxemburg im Rahmen des gesetzlich Möglichen und der gesetzlichen Bestimmungen stattgefunden, die die Flugbereitschaft halt umgesetzt hat. Am nächsten Morgen stand, wie gesagt, in Luxemburg das Treffen der Außenministerinnen und Außenminister der EU an, das ja sehr früh begann.

Zusatzfrage Warweg

Es ging konkret um das Nachtflugverbot. Das heißt, die Mitglieder der Bundesregierung haben in Kauf genommen, dass Tausende von Anwohnern – zu der Uhrzeit mutmaßlich Kinder – aus dem Schlaf gerissen wurden. Da würde mich schon interessieren – es gibt ja sicherlich auch alternative Möglichkeiten -, wieso nicht etwa eine Fahrt am nächsten Tag im Auto oder mit einem Sondernachtzug ausgewählt wurde. Das wäre klimafreundlicher gewesen, hätte das Nachtflugverbot nicht ausgehebelt und wäre vermutlich auch entsprechend günstiger gewesen. Eine Flugstunde bei der Flugbereitschaft – korrigieren Sie mich, Herr Collatz – kostet, glaube ich, um die 7000 Euro. Da wären alle anderen Alternativen um Welten günstiger gewesen.

Wagner (AA)

Herr Warweg, es ist grundsätzlich so, dass wir bei Reisen der Außenministerin natürlich immer prüfen, welche die beste Transportmöglichkeit ist. Aber, noch einmal, es war an dem entsprechenden Tag so, dass die Ministerin ja eine Reise angetreten hat, die sie dann nach Luxemburg zum Außenrat und am Mittag des Montags weiter in den Nahen Osten – erst nach Israel und dann in die palästinensischen Gebiete und dann am Dienstag auch in den Libanon – führte. Insofern hätte es diese Flugbewegung ja ohnehin gegeben. Diese Reise war so ausgeplant, wie sie ausgeplant war.

Frage Eckstein (NDR)

Frau Hoffmann, ich habe jetzt im Zuge der Berichterstattung gelernt, dass der Bundeskanzler stets eine zweite Ersatzmaschine dabei haben muss, wenn er irgendwohin fliegt, eine sogenannte „Hot Spare“. Können Sie das einmal ausführen? Gilt das grundsätzlich auch bei Inlandsflügen?

Hoffmann

Da müsste ich Herrn Collatz um das Wort bitten.

Collatz (BMVg)

Tatsächlich ist es so, dass bei besonders hervorgehobenen Terminen von großer Bedeutung und den entsprechenden Persönlichkeiten, die dahinter stehen, die Flugbereitschaft ein zweites Flugzeug bereithält. Das muss nicht unbedingt mitfliegen. Aber damit sichergestellt ist, dass Termine von großer Bedeutung auch wahrgenommen werden können, wird ein sogenannter „Hot Spare“ – das ist richtig – dann auch bereitgehalten. Dazu, ob das jetzt bei der Fußball-Europameisterschaft der Fall ist, liegen mir keine Kenntnisse vor. Das müsste ich recherchieren.

Zusatzfrage Eckstein

Ich hatte gelesen, dass es diese „Hot Spare“-Maschine gewesen sei, die dann Frau Baerbock für den Weiterflug genommen habe. Könnten Sie das nachreichen?

Daran anschließend habe ich vielleicht auch noch die Frage, ob Sie das noch einmal ausführen können. Heißt das, es gilt dann aber auch bei Terminen des Bundeskanzlers im Inland, dass eine solche „Hot Spare“ zur Verfügung gestellt wird?

Collatz (BMVg)

Details würde ich mir jetzt gerne im Paket von der Luftwaffe geben lassen, und dann werde ich das hier im Kreis verteilen.

Frage Warweg

Ich habe es noch nicht ganz verstanden. Sie haben ja jetzt noch einmal sehr detailliert den sehr eng getakteten Terminkalender der Außenministerin skizziert. Da stellt sich natürlich schon die Frage: War es denn wirklich notwendig, dass sie als Außenministerin – sie vertritt ja jetzt im Gegensatz zum Innenministerium auch nicht das Sportressort – nach Frankfurt fährt, um dieses Spiel live zu sehen – das hätte sie ja auch live am Fernseher sehen können -, mit all den Implikationen, die das dann hatte?

Wagner (AA)

Ich glaube schon, dass ich auf Ihre Frage geantwortet habe, aber ich kann es gerne noch einmal wiederholen: Diese Europameisterschaft ist ja ein auch nicht unwesentlicher Faktor dafür, wie die Welt und wie Europa auf Deutschland schauen, und wie wir uns dabei als Gastgeber gerieren, wird aufmerksam registriert. Darüber hinaus ist es natürlich auch ein wichtiges Signal der Unterstützung für die deutsche Mannschaft, dass die Bundesregierung diese Spiele auch wahrnimmt. Dafür gibt es ja auch Ehrenkontingente, die von der UEFA zur Verfügung gestellt werden. Insofern ist das, glaube ich, etwas, das total normal ist, dass der Kanzler und wichtige Mitglieder des Bundeskabinetts an diesen Spielen auch teilnehmen und sie im Stadion verfolgen.

Zusatzfrage Warweg

Vielleicht noch eine grundsätzliche Verständnisfrage: Im Februar 2022 haben Sie, also das AA, verlauten lassen, dass man den CO2-Ausstoß bei Auslandsreisen der Außenministerin möglichst gering halten wollte und verstärkt per Linie fliegen wollte. Könnten Sie ein kleines Zwischenfazit ziehen? Wie oft hat die Außenministerin Linienflüge und wie oft die Sonderflüge der Flugbereitschaft genutzt?

Wagner (AA)

Gerne, Herr Warweg! Ich hatte ja eben schon gesagt, dass wir uns bei jeder Reise immer wieder die Frage stellen, was jetzt das beste Transportmittel ist. Es ist in der Tat so – das geht einfach mit dem Beruf bzw. der Funktion der Außenministerin einher -, dass der Terminkalender und diese Reiseprogramme – einige von Ihnen, die hier sitzen, kennen das ja auch anschaulich von der Mitreise – sehr eng getaktet sind und es oft tatsächlich so ist, dass Inlands- und Auslandstermine in kombinierter Variante nur mit der Flugbereitschaft zu bestreiten sind.

Ich würde erst noch einmal sagen: Von den, glaube ich, bisher etwa 44 stattgefundenen EM-Spielen hat die Außenministerin an dreien im Stadion teilgenommen.

Was Ihre Frage nach anderen Transportmitteln angeht: In ihrer Funktion als Außenministerin ist sie bisher dreimal mit einem Linienflug geflogen und mindestens viermal mit dem Zug gereist. – Ich entnehme Ihrem Lächeln, dass Sie dem entnehmen, dass sie sehr oft die Flugbereitschaft benutzt. Das stimmt. Aber ich möchte noch einmal unterstreichen: Es liegt einfach im Wesen des Jobs der Außenministerin – es gab allein zehn Nahostreise in den letzten Monaten -, dass viele dieser Reisen aufgrund der engen Taktung einfach nur mit der Flugbereitschaft zu bestreiten sind. Aber wir stellen uns die Frage jedes Mal, vor jeder Reise, ob es nicht auch alternative Möglichkeiten für Transportmittel gibt.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 03.07.2024

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Oberstleutnant a.D. Jochen Scholz zerpflückt die Standardlüge vom unprovozierten Angriffskrieg Russlands

In der öffentlichen Debatte um den Krieg in der Ukraine spielt bei der Zuweisung der Schuld für dieses schreckliche Geschehen die Behauptung, die Intervention Russlands sei ohne Begründung gewesen, eine große Rolle. Diese Behauptung taucht auch in der Bukarester Erklärung der OSCE wieder auf. Siehe unten A. Jochen Scholz zerpflückt sie. Siehe B. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den schon des Öfteren zitierten Brief des ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Willy Wimmer, an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Siehe C. Albrecht Müller.

Die Methode, Vorgänge und Aussagen, die zur Beurteilung einer Sache notwendig sind, wegzulassen, ist sehr geläufig. In meinem Buch „Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst. Wie man Manipulationen durchschaut“ wird die Methode „Geschichten verkürzt erzählen“ als Nummer 3 der Methoden der Manipulation beschrieben und mit Beispielen belegt. Die Methode ist beliebt, wie der im Folgenden beschriebene Vorgang wieder einmal belegt.

  1. BUCHAREST DECLARATION AND RESOLUTIONS ADOPTED BY THE OSCE PARLIAMENTARY ASSEMBLY AT THE THIRTY-FIRST ANNUAL SESSION BUCHAREST, 29 JUNE – 3 JULY 2024
  2. Jochen Scholz zur Erklärung der Parlamentarischen Versammlung der OSCE

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    der russische Angriff am 24. Februar 2022 war also „unprovoziert“. Das ist wirklich so lächerlich, dass man diese Aussage nicht weiter beachten müsste, wäre es nicht die Parlamentarische Versammlung der OSZE, die eine derartige Verzerrung der Geschichte formuliert hat. Offensichtlich hat die Mehrheit ihrer Mitglieder die täglichen Berichte der OSZE-Beobachtermission aus dem Februar 2022 ebenso vergessen wie die mehr als 30-jährige Vorgeschichte des aktuellen Krieges. Zu dieser Vorgeschichte gehört die Bratislava-Konferenz im Frühjahr 2000, welche die Denkfabrik der Neocons, das „American Enterprise Institute“, für das US-Außenministerium ausrichtete. Der damalige Vize-Präsident der OSZE, der deutsche CDU-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer, nahm an der Konferenz teil. In einem Brief an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte er sich besorgt über das, was er auf dieser Konferenz vernommen hatte. Wenn also die OSZE-Mitglieder Russland in der Erklärung die Führung eines „imperialen“ Krieges vorwerfen, irren sie sich offensichtlich geographisch. Die Parlamentarische Versammlung sollte sich schämen, weil sie mit dieser einseitigen Erklärung den ursprünglichen Auftrag der OSZE ad absurdum führt. Der Sauerstoffgehalt im US-amerikanischen Rectum ist nicht besonders hoch, quod erat demonstrandum.

    Jochen Scholz, Oberstleutnant a.D., diente u.a. sechs Jahre lang in NATO-Stäben und 12 Jahre lang in NATO-Gremien

  3. Anlage Brief Willy Wimmer an Gerhard Schröder

    Herrn
    Gerhard Schröder, MdB

    Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland
    Bundeskanzleramt
    Schloßplatz 1
    10178 Berlin

    – vorab per Fax –

    Berlin, den 02.05.00

    Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

    am vergangenen Wochenende hatte ich in der slowakischen Hauptstadt Bratislava Gelegenheit, an einer gemeinsam vom US-Außenministerium und American Enterprise Institut (außenpolitisches Institut der republikanischen Partei) veranstalteten Konferenz mit den Schwerpunktthemen Balkan und NATO-Erweiterung teilzunehmen.

    Die Veranstaltung war sehr hochrangig besetzt, was sich schon aus der Anwesenheit zahlreicher Ministerpräsidenten sowie Außen- und Verteidigungsminister aus der Region ergab. Von den zahlreichen wichtigen Punkten, die im Rahmen der vorgenannten Themenstellung behandelt werden konnten, verdienen es einige, besonders wiedergegeben zu werden:

    Von Seiten der Veranstalter wurde verlangt, im Kreise der Alliierten eine möglichst baldige völkerrechtliche Anerkennung eines unabhängigen Staates Kosovo vorzunehmen.

    Vom Veranstalter wurde erklärt, daß die Bundesrepublik Jugoslawien außerhalb jeder Rechtsordnung, vor allem der Schlußakte von Helsinki, stehe.

    Die europäische Rechtsordnung sei für die Umsetzung von NATO-Überlegungen hinderlich.

    Dafür sei die amerikanische Rechtsordnung auch bei der Anwendung in Europa geeigneter.

    Der Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien sei geführt worden, um eine Fehlentscheidung von General Eisenhower aus dem 2. Weltkrieg zu revidieren. Eine Stationierung von US Soldaten habe aus strategischen Gründen dort nachgeholt werden müssen.

    Die europäischen Verbündeten hätten beim Krieg gegen Jugoslawien deshalb mitgemacht, um de facto das Dilemma überwinden zu können, das sich aus dem im April 1999 verabschiedeten „Neuen Strategischen Konzept“ der Allianz und der Neigung der Europäer zu einem vorherigen Mandat der UN oder OSZE ergeben habe.

    Unbeschadet der anschließenden legalistischen Interpretation der Europäer, nach der es sich bei dem erweiterten Aufgabenfeld der NATO über das Vertragsgebiet hinaus bei dem Krieg gegen Jugoslawien um einen Ausnahmefall gehandelt habe, sei es selbstverständlich ein Präzedenzfall, auf den sich jeder jederzeit berufen könne und auch werde.

    Es gelte, bei der jetzt anstehenden NATO-Erweiterung die räumliche Situation zwischen der Ostsee und Anatolien so wiederherzustellen, wie es in der Hochzeit der römischen Ausdehnung gewesen sei.

    Dazu müsse Polen nach Norden und Süden mit demokratischen Staaten als Nachbarn umgeben werden, Rumänien und Bulgarien die Landesverbindung zur Türkei sicherstellen, Serbien (wohl zwecks Sicherstellung einer US-Militärpräsenz) auf Dauer aus der europäischen Entwicklung ausgeklammert werden.

    Nördlich von Polen gelte es, die vollständige Kontrolle über den Zugang aus St. Petersburg zur Ostsee zu erhalten.

    In jedem Prozeß sei dem Selbstbestimmungsrecht der Vorrang vor allen anderen Bestimmungen oder Regeln des Völkerrechts zu geben.

    Die Feststellung stieß nicht auf Widerspruch, nach der die NATO bei dem Angriff gegen die Bundesrepublik Jugoslawien gegen jede internationale Regel und vor allem einschlägige Bestimmungen des Völkerrechts verstoßen habe.

    Nach dieser sehr freimütig verlaufenen Veranstaltung kommt man in Anbetracht der Teilnehmer und der Veranstalter nicht umhin, eine Bewertung der Aussagen auf dieser Konferenz vorzunehmen.

    Die amerikanische Seite scheint im globalen Kontext und zur Durchsetzung ihrer Ziele bewußt und gewollt die als Ergebnis von 2 Kriegen im letzten Jahrhundert entwickelte internationale Rechtsordnung aushebeln zu wollen. Macht soll Recht vorgehen. Wo internationales Recht im Wege steht, wird es beseitigt.

    Als eine ähnliche Entwicklung den Völkerbund traf, war der Zweite Weltkrieg nicht mehr fern.

    Ein Denken, das die eigenen Interessen so absolut sieht, kann nur totalitär genannt werden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willy Wimmer
    Mitglied des Bundestages

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Großbritannien-Wahl: Biblischer Machtverlust der Tories

Bei den Wahlen in Großbritannien ist die erwartete historische Katastrophe für die seit 14 Jahren regierenden konservativen Tories eingetreten: Die linke Labour-Partei errang 410 der 650 Sitze im Unterhaus. Für die absolute Mehrheit hätten bereits 326 gereicht. Die Tories verloren dagegen unglaubliche 241 Sitze und müssen sich nun mit 131 begnügen. Damit haben sie es in […]

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Temperature to drop,misty weather over some regions

SANA - Syrian Arab News Agency - 5. Juli 2024 - 10:19

Damascus, SANA- Temperature tend to drop to become around or slightly below its average in most areas and above average in eastern areas and Al Jazeera as the country is being affected by Indian seasonal surface pressure accompanied by southern and western air currents in the layers of the atmosphere.

Meteorology department expected in its Friday bulletin that the weather will be normal summer between clear and partly cloudy in general, and misty in the eastern regions, al-Jazeera and al-Badia.

Temperatures in some Syrian major cities are in Damascus20/25, Quneitra18/31, Daraa20/25, Aleppo22/36, Latakia26/13.

Noura/Fedaa

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Die fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz

Im Westen weitgehend unbekannt, sind die „Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz“ ein zentraler Bestandteil der asiatisch-afrikanischen Identität. Ende letzter Woche fand in Peking eine internationale Jubiläumskonferenz statt, um das 70-jährige Bestehen dieser Prinzipien zu feiern. Ähnlich wie die Charta der Vereinten Nationen betonen sie Souveränität, territoriale Integrität, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Aggressionsverzicht und Gleichberechtigung in den internationalen Beziehungen als Grundlage jeder friedlichen Koexistenz. Hervorgegangen aus den antikolonialistischen Bewegungen, wurden sie zunächst von China und Indien und später von der gesamten Blockfreienbewegung und darüber hinaus festgeschrieben. Sie sind heute aktueller denn je und finden Widerhall bei den BRICS, der Shanghai Cooperation Organisation und im gesamten globalen Süden. Von Stephan Ossenkopp.

In den westlichen Medien findet sich keine Zeile über die Feierlichkeiten in Peking, obwohl sie in Anwesenheit zahlreicher internationaler Delegationen in der Großen Halle des Volkes abgehalten wurden. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping verwies in seiner Rede darauf, dass sich nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit nationale Unabhängigkeits- und Befreiungsbewegungen ausbreiteten und in dessen Folge das Kolonialsystem zusammenbrach. Er erinnerte daran, dass 1955 im indonesischen Bandung 29 asiatische und afrikanische Staaten zu einer historischen Konferenz zusammenkamen, bei der die Fünf Prinzipien die Grundlage für die Abschlusserklärung bildeten. Auch in der Bewegung der blockfreien Staaten, die sich Anfang der 60er Jahre formierte, seien die Prinzipien zur Leitlinie erklärt worden. Ebenso habe die Generalversammlung der Vereinten Nationen 1970 eine Erklärung über die Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung verabschiedet, die ebenfalls die Fünf Prinzipien in den Mittelpunkt stellte.

Zum Verständnis ist sicherlich eine Rückblende notwendig. Knapp zwei Jahre nach der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg fand Anfang April 1947 in der indischen Hauptstadt Delhi die Asian Relation Conference statt. Dort wurden vorrangig Entwicklungs- und Gleichberechtigungsfragen diskutiert, die den asiatischen Staaten besonders dringend auf der Seele brannten. Mehr als 190 Delegierte und 50 Beobachter aus verschiedenen Ländern Süd- und Zentralasiens, aber auch aus England, Australien, den USA und den Vereinten Nationen nahmen vor Tausenden von Zuschauern daran teil. Indische Journalisten sprachen von einem Meilenstein in der Geschichte Asiens. Westliche Beobachter kritisierten die Konferenz allerdings als zu anti-westlich. Was die meisten Teilnehmer beflügelte, war die Tatsache, dass Indien seit kurzem eine eigene provisorische Regierung hatte, die das riesige Land nach langem Kampf gegen die britische Kolonialherrschaft in die Unabhängigkeit führen sollte. Neben Mahatma Gandhi war Jawaharlal Nehru die wichtigste Führungspersönlichkeit in diesem Prozess.

Nehru, eine Schlüsselfigur der indischen Unabhängigkeitsbewegung und enger Vertrauter Gandhis, war von 1947 bis 1964 der erste Premierminister des unabhängigen Indien. Während seiner Amtszeit besuchte 1954 der chinesische Außenminister Zhou Enlai Indien. Zhou und Nehru veröffentlichten am 28. Juni eine gemeinsame Erklärung, die die Fünf Prinzipien (auf Hindi Panchsheel) enthielt. Zhou soll sie bereits während der Verhandlungen über Grenzstreitigkeiten zwischen den beiden neuen unabhängigen asiatischen Mächten formuliert haben. In ihrer Erklärung hieß es, dass diese Prinzipien nicht nur für ihre beiden Länder, sondern auch für die Beziehungen zwischen allen anderen Nationen von entscheidender Bedeutung seien, da sie eine solide Grundlage für Frieden und Sicherheit in der Welt darstellten. Angesprochen fühlten sich insbesondere alle neu entstandenen Nationen, die ihre hart erkämpfte Unabhängigkeit sichern und ihre Entwicklung vorantreiben wollten. Die Prinzipien lauteten wörtlich: Gegenseitige Achtung der territorialen Integrität und Souveränität des anderen, gegenseitiger Nichtangriff, gegenseitige Nichteinmischung, Gleichberechtigung und gegenseitiger Nutzen sowie friedliche Koexistenz – daher der Name.

Quelle: Talia Whyte

Wenige Jahre später fand im September 1961 im damals jugoslawischen Belgrad auf Initiative von Nehru, Gamal Abdel Nasser, dem Präsidenten der Vereinigten Arabischen Republik (einem Zusammenschluss von Ägypten und Syrien), und Josip Broz Tito, dem Präsidenten Jugoslawiens, das erste Gipfeltreffen der Nichtpaktgebundenen statt. Anfangs nahmen 25 Staaten teil. Beim sechsten Gipfel 1979 im kubanischen Havanna waren es bereits 92, und heute sind es 120 Staaten, die zuletzt in der ugandischen Hauptstadt Kampala zu einem Spitzentreffen zusammenkamen. Mit den Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz war von Anfang an auch der Grundsatz der Nichtpaktgebundenheit verbunden. Für die Einladung zu den Gipfeltreffen wurden Kriterien formuliert: Erstens muss die Politik des Landes unabhängig sein und auf friedlicher Koexistenz beruhen; zweitens muss das Land nationale Befreiungsbewegungen unterstützen; drittens darf es keinem Militärbündnis angehören, das es in die Streitigkeiten der Großmächte hineinziehen könnte; viertens darf das Land kein bilaterales Bündnis mit einer Großmacht haben; fünftens dürfen sich keine ausländischen Stützpunkte auf dem Territorium des Landes befinden.

Konflikte gab es natürlich immer wieder. Im Jahr 1962 kam es an der Grenze zwischen China und Indien zu schweren Kämpfen, die aber nach einem Monat wieder beendet wurden. In der Folge waren die Beziehungen zwischen China und Indien 26 Jahre lang eher frostig. Die indische Premierministerin Indira Gandhi versuchte 1984 mit einer Geheimmission die indisch-chinesischen Beziehungen aufzutauen. Die Verhandlungen wurden jedoch Ende Oktober 1984 abgebrochen, als Frau Gandhi einem Attentat zum Opfer fiel. Erst als ihr Sohn und Nachfolger im Amt des Premierministers, Rajiv Gandhi, Anfang 1989 nach Peking flog und vom damals 84-jährigen chinesischen Präsidenten Deng Xiao Ping empfangen wurde, brach das Eis. Der Besuch wird seither als historischer Akt und Neubeginn gewertet.

Quelle: Mint

Chinesische Kommentatoren schreiben bis heute in regelmäßigen Abständen, dass Indien eines der wenigen Länder sei, das Missverständnisse und Konflikte abmildern könne. Der Grundtenor: China und Indien haben viele gemeinsame Interessen, die ihre Meinungsverschiedenheiten überwiegen. Grenzstreitigkeiten, die im Grunde ein Problem und Erbe der Kolonialzeit sind, sollten kein Hindernis sein, ihre Partnerschaft voranzubringen. In vielen Kommentaren wird davon gesprochen, dass China und Indien gemeinsam ein Asiatisches Jahrhundert einläuten könnten – eine Vision, die schon die Pioniere der blockfreien Bewegung hatten. Wenn Indiens strategische Unabhängigkeit jeglichem Druck von außen standhält, wird sich kein Keil zwischen die beiden asiatischen Giganten treiben lassen. Ein friedlich koexistierendes Tandem China-Indien würde so Stabilität in ganz Asien garantieren.

Den Ausdruck „Asiatisches Jahrhundert“ soll schon der bereits erwähnte chinesische Staatspräsident Deng Xiaoping 1988 bei seinem Treffen mit seinem indischen Amtskollegen Rajiv Gandhi verwendet haben. Heute spricht beispielsweise der indische Außenminister Subramanian Jaishankar wieder von einem asiatischen Jahrhundert. Denn Indien und China sind beide Mitglieder der BRICS und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Als der chinesische Präsident Xi Jinping 2014 Indien besuchte und der indische Premierminister Narendra Modi diesen Besuch im Jahr darauf erwiderte, zeichnete sich ein weiterer Schritt der Annäherung hin zu einem harmonischen Miteinander ab. Aufbauend auf diesem Erbe hat der chinesische Staatspräsident Xi Jinping auf der eingangs erwähnten Konferenz zum 70. Jahrestag der Vereinbarung über die Fünf Prinzipien gesagt, dass Länder, die sich in ihren Gesellschaftssystemen, ihrer Ideologie, ihrer Geschichte, ihrer Kultur, ihrem Glauben, ihrer Entwicklung und ihrer Größe voneinander unterscheiden, wenn sie sich an die Fünf Prinzipien halten, eine Beziehung des gegenseitigen Vertrauens, der Freundschaft und der Zusammenarbeit führen können.

Quelle: X / Hussein Askary

Die Fünf Prinzipien seien ein Weg zur friedlichen Beilegung historischer Streitigkeiten und zur Überwindung überkommener, engstirniger, antagonistischer und konfrontativer Haltungen, wie sie in der Blockpolitik und der Politik der Einflusssphären zu finden seien. China biete heute eine zeitgemäße Version der Fünf Prinzipien an, nämlich die Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit, die, wie Xi sagte, die Kerninteressen und zentralen Anliegen aller Länder respektiere, was eine gleichberechtigte und geordnete Welt ermögliche, in der jedes Land seinen Platz in einem multipolaren System finden und seine Rolle im Einklang mit dem Völkerrecht spielen könne.

Der chinesische Staatspräsident bot sogar konkrete Hilfe bei der Zusammenarbeit mit den Ländern des Globalen Südens an. Unter anderem die Gründung eines Forschungszentrums des Globalen Südens, 1.000 Stipendien und 100.000 Ausbildungsplätze für Vertreter der Länder des Globalen Südens. Alle Probleme – von der Ukraine-Krise über den Palästina-Israel-Konflikt bis hin zu den Spannungen auf der koreanischen Halbinsel, in Myanmar und Afghanistan – könnten konstruktiv gelöst werden, erklärte Xi. Die Rede war eine der wenigen optimistischen Zukunftsvisionen in einer Zeit, in der einige noch auf Eskalation und Großmachtpoker setzen.

Der Artikel erschien zuerst auf der Plattform „Die Multipolare Welt“.

Titelbild: Xinhua

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Pfändungsschutzkonto: Banken dürfen nicht höhere P-Konto Gebühren verlangen

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Banken dürfen keine höheren Kontogebühren verlangen und bisher vereibarte Leistungen nicht automatisch stoppen, wenn sie ein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto verändern. Manche Institute tun dies trotzdem. Lassen Sie sich das nicht gefallen!

Die Rechtslage ist eindeutig

Die Bedingungen eines P-Kontos sind klar geregelt. Bei der Umwandlung ihres Girokontos in ein P-Konto bleibt der Vertrag zwischen Ihnen und der Bank ansonsten unberührt. Der Pfändungsschutz ist lediglich eine Zusatzfunktion.

Überhöhte Entgelte, zum Beispiel höhere Kontoführungsgebühren für das P-Konto, sind illegal. Auch das Einschränken von Leistungen, zum Beispiel das Beenden von Lastschriftverfahren oder ein Kappen des Online-Banking durch die Bank, ist rechtswidrig. Sie sollten solchen Praktiken sofort widersprechen.

Pfändungsschutz ist eine Zusatzfunktion

Im Paragraf 850k Absatz 2 Satz 2 ZPO steht klar, dass die Umwandlung eines Kontos in ein P-Konto am sonstigen Vertragsverhältnis nichts ändert. Pfändungsschutz ist eine Zusatzfunktion beim bestehenden Konto mit den bestehenden Vereinbarungen.

Bereits zuvor hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass es durch ein P-Konto keine Nachteile oder Einschränkungen für den Kunden geben darf (Az. XI ZR 260/12). Falls Ihre Bank nach dem Umwandeln des P-Kontos vertraglichen Vereinbarungen einschränkt, dann verweisen Sie auf diese Rechtsgrundlage.

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Was ist unzulässig?

Das Geldinstitut darf wegen eines P-Kontos keine höheren Kontoentgelte verlangen, keine Leistungen einschränken oder das bisherige Kontomodell umstellen.

Was können Sie bei Rechtsbrüchen der Bank tun?

Wenn Ihre Bank von Ihnen überhöhte Kontoentgelte seit dem Einrichten des P-Kontos einzieht, dann fordern Sie diese zurück und weisen dabei auf den Gesetzestext hin. Werden Ihnen Leistungen gestrichen wie zum Beispiel beim Online-Banking oder Lastschriftverfahren? Dann widersprechen Sie.

Die Bank darf keine Kosten berechnen?

Kredinstitute haben die Pflicht, P-Konten auf Wunsch einzurichten, und zwar unbürokratisch mit einem Schutzbetrag von 1.500 Euro. Die Banken dürfen für die Umwandlung eines Kontos in ein P-Konto kein Geld verlangen.

Was sagen die Gerichte?

Die Kontoführung eines P-Kontos soll sich an einem regulären Gehaltskonto orientieren. Als gesetzliche Pflicht (und nicht etwa als freiwillige Dienstleistung) haben Banken kein Recht, extra Entgelte zu fordern. Da die Zusatzfunktion außerdem keinen Aufwand für die Bank erfordert, ist ein zusätzliches Entgelt aus einem weiteren Grund nicht gerechtfertigt.

Dazu gibt es drei einschlägige Urteile des Bundesgerichtshofes, vom 16. Juli 2013, Az.: XI ZR 260/12, ebenso wie vom 13. November 2012 (XI ZR 145/12 und XI ZR 500/11). Festgehalten ist es im Paragraf 850k Absatz 2 Satz 2 ZPO.

Banken verstießen gegen das Gesetz

Manche Kreditinstitute hatten bei P-Kontos Mehrkosten für Überweisungen, Lastschriften oder Kontoführung von bis zu 15 Euro im Monat gefordert. Andere wiederum führten das P-Konto als eigenes Kontomodell und änderten die zuvor vereinbarten Bedingungen. Das ist rechtswidrig.

Was dürfen Banken verweigern?

Kreditinstitute dürfen jedoch bei einem P-Konto Leistungen verweigern, für die eine Bonität erforderlich ist. Sie haben das Recht, Ihnen eine Kreditkarte zu verwehren und ein Überziehen des P-Kontos verbieten, auch wenn dies vorher möglich war. Dies entspricht dem P-Konto, da es sich bei diesem um ein reines Guthabenkonto handelt.

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HPG: Guerilla führt vier weitere Luftangriffe durch

Die Guerilla zeigt mit ihren Aktionen, dass ihre Angriffe mit bewaffneten Drohnen keine Ausnahme waren, sondern von nun an zum festen Repertoire der Freiheitsbewegung gehören. Wie die Volksverteidigungskräfte (HPG) bekannt gaben, wurden vier Drohnenangriffe von der „Şehîd Axîn Mûş“-Einheit durchgeführt. In der Erklärung der HPG heißt es: „Unsere ‚Şehîd Axîn Mûş‘-Einheit hat am 4. Juli 2024 die Invasionstruppen beim Versuch, sich im Gebiet Sergelê niederzulassen, ins Visier genommen und die dort versammelten feindlichen Einheiten aus der Luft angegriffen. Bei den vier Luftangriffen der ‚Şehîd Axîn Mûş‘-Einheit wurden insgesamt fünf Mitglieder der Invasionstruppen getötet, ein Kirpi-Fahrzeug und ein Munitionsdepot zerstört.“

Die „Şehîd Axîn Mûş“-Einheit ist nach dem Mitglied der Kommandoräte der HPG und Verbände freier Frauen (YJA Star) und Kommandantin der Region Amed benannt. Die mit bürgerlichem Namen Hülya Demirer genannte Kommandantin fiel am 17. September 2023 bei einem türkischen Luftangriff in der nordkurdischen Provinz Amed.

https://anfdeutsch.com/kurdistan/hpg-berichten-uber-turkische-besatzungsangriffe-42785 https://anfdeutsch.com/kurdistan/turkische-besatzer-im-visier-von-scharfschutzinnen-42776 https://anfdeutsch.com/kurdistan/junibilanz-der-hpg-guerilla-schlagt-aus-der-luft-und-am-boden-zu-42759

 

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Straßburg: Aktion junger Frauen für Freiheit von Abdullah Öcalan

Unter dem Slogan „Reise zur Freiheit“ führt die kurdische Jugendbewegung eine Aktionsserie im Rahmen der Kampagne „Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage“ durch. In diesem Rahmen fand in Straßburg eine Demonstration statt und bis zum 7. Juli führt TekoJIN (Tevgera Jinên Ciwanên Têkoşer, Bewegung junger kämpferischer Frauen) eine Standaktion durch. Gemeinsam mit anderen jungen internationalistischen Frauen informieren sie über die Situation von Abdullah Öcalan und sein radikaldemokratisches, frauenbefreiendes Paradigma.

 


Die Aktivistinnen verurteilten die seit mehr als drei Jahren andauernde Incommunicado-Haft, das heißt kein Lebenszeichen von Öcalan dringt nach außen, und wiesen auf seine Rolle als Träger des Paradigmas der demokratischen Moderne als Alternative zur zerstörerischen kapitalistischen Moderne hin.

Die Frauen kündigten weitere Aktionen an: „Mit der Aktion, die wir heute begonnen haben, erklären wir, dass wir mit noch größerer Entschlossenheit an der Offensive ‚Freiheit für Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage‘ teilnehmen werden.“ Die Aktivistinnen verteilten Broschüren, in denen die Ideologie des demokratischen Konföderalismus und das Denken von Abdullah Öcalan vorgestellt wurden.

Immer wieder wurden die Parolen „Bijî Serok Apo“, „Jin Jiyan Azadî“ und „Zap, Avaşîn, Metîna – Bijî Berxwedana Gerîla“ skandiert.

Entsprechende Broschüren lassen sich hier konfed_DE.indd (freeocalan.org) kostenfrei als PDF herunterladen.

https://anfdeutsch.com/frauen/tekojin-konferenz-in-kassel-die-freiheit-gewinnen-42734 https://anfdeutsch.com/kultur/bologna-konzert-fur-die-freiheit-von-abdullah-Ocalan-42780 https://anfdeutsch.com/aktuelles/gruppe-aus-frankfurt-ubernimmt-Ocalan-wache-in-strassburg-42773

 

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Bildung ist die Grundlage der Selbstverteidigung

Rohilat Muslim ist 24 Jahre alt. Die Hälfte ihres Lebens hat sie unter dem Baath-Regime verbracht, die andere Hälfte in der Revolution von Rojava. Aufgrund der Angriffe des türkischen Staates auf Kobanê musste sie im Alter von 14 Jahren aus Kobanê, wo sie geboren und aufgewachsen war, fliehen. Rohilat Muslim blieb eine Zeit lang in Nordkurdistan und ließ sich schließlich in Serêkaniyê nieder. Hier wurde sie erneut vertrieben und musste nach Girkê Legê fliehen. Im ANF-Gespräch sprach sie über den Kampf ums Überleben und die Bedeutung der Selbstverteidigung.

 


Rohilat Muslim beschreibt ihre Prägung durch Krieg und Unterdrückung: „Ich bin eine junge Frau und habe schon in den kurzen 24 Jahren meines Lebens in mehreren verschiedenen Gesellschaften gelebt. Das hat meine Persönlichkeit in vielerlei Hinsicht geprägt. Unser Leben in Kobanê, in Bakurê-Kurdistan, in Serêkaniyê und schließlich in Girkê-Legê war unterschiedlich. Das Land, die Stadt, die Gemeinde, das Dorf in dem man lebt haben einen Einfluss auf die Persönlichkeit. Natürlich habe ich aus jedem Ort, in dem ich gelebt habe, Eigenschaften mitgenommen. Das betrifft sogar die Sprache, die wir sprechen, und die Kleidung, die wir tragen. Das Leben in einer Familie, die durch Besatzung und Vertreibung einem Nomadenleben ausgesetzt ist, führt unweigerlich zur Herausbildung einer instabilen Persönlichkeit und zu Anpassungsproblemen. Ich habe keinen Ort, an dem ich lange gelebt habe. Meine Erinnerungen und auch mein Leben wurden stets von neuem abgerissen. Durch die Teilnahme an der Mesopotamien-Akademie im Jahr 2017 konnte ich die Widersprüche und das Chaos in meiner Persönlichkeit überwinden, weil ich die Realität des Feindes und der Besatzung sowie meine Persönlichkeit analysiert und die Philosophie von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] genauer kennengelernt habe.“

Das Baath-Regime hat auch unsere Gedanken erfasst“

Als sie zwölf Jahre alt war, begann die Rojava-Revolution. Rohilat Muslim beschrieb das Leben davor wie folgt: „Wir haben in den Schulen des Regimes gelernt. Die ersten12 Jahre meines Lebens waren ganz anders als die folgenden. Das Baath-Regime benutzte jedes Fach für seine Interessen. Es versuchte, seine eigene Gesellschaft zu schaffen. Selbst wenn wir aufgefordert wurden, ein Bild zu malen, war das Erste, was uns in den Sinn kam, die Flagge des Baath-Regimes zu zeichnen. Es war eine Situation, die sich in unserer Mentalität festgesetzt hatte, unsere Gedanken waren gefangen. Wir wuchsen mit der Mentalität des Staates auf. Wir sind nie hin und her gereist. Die einzigen, die das Haus verließen, waren die Männer, und das nur, um ihre wirtschaftliche Existenz zu sichern. Ich konnte nicht begreifen, wie Frauen zu Hause eingesperrt wurden. Ich war jung, aber es gab auch Frauen, die älter waren. Auch sie konnten das Haus nicht verlassen. Es war ein Leben, das in Formen gepresst war. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich eines Tages mein Leben frei leben würde.“

Bewegt von revolutionären Liedern

Muslim erinnert sich, dass das Erste, was sie von der Revolution wahrnahm, die Lieder waren: „Ich habe viel darüber nachgedacht, warum diese Lieder gesungen werden, worum es in diesen Liedern geht. Nach einer Weile wurde mir klar, dass sie von uns handeln. Diese Lieder ließen mich den Geist der Revolution bis auf die Knochen spüren. Natürlich erregte auch der Beginn des Unterrichts in der Muttersprache und die Eröffnung von Instituten und Akademien meine Aufmerksamkeit.“

Diejenigen, die die Geschichte nicht kennen, können keine Zukunft aufbauen“

Rohilat Muslim, von der Fakultät für Geschichte der Universität Rojava, sagte: „Ein Mensch, der seine Geschichte nicht kennt, kann sich selbst nicht kennen und seine Zukunft nicht aufbauen. Mein Ziel ist es, mich in die historische Wahrheit zu vertiefen. Die Entwicklungen in der Geschichte haben direkte Auswirkungen auf die Gegenwart. Ich habe den Fachbereich Geschichte gewählt, um eine Zukunft auf einer stabilen Basis aufzubauen.“

Bewusstwerdung ist Vorbedingung für Selbstverteidigung“

Rohilat Muslim arbeitet seit 2018 im Bildungskomitee der Frauenbewegung Kongra Star. Sie erinnerte sich: „Ich nehme seit etwa sieben Jahren an Bildungsaktivitäten teil, zwei Jahre in Serêkaniyê, ein Jahr in Girkê Legê und vier Jahre in Qamişlo. Ich interessiere mich sehr für Bildungsaktivitäten, ich liebe es, an dieser Arbeit teilzunehmen. Die Bildung von Frauen und der Gesellschaft erfordert freiwillige Arbeit. Bildung, die auch als Liebe, Selbstverteidigung und Wachstum betrachtet werden kann, ist eine absolute Notwendigkeit für ein nachhaltiges Leben. Durch Bildung können wir unsere Selbstverteidigung verbessern und uns selbst erziehen. Die Grundlage der Selbstverteidigung ist die Gewährleistung der geistigen Freiheit. Eine Frau und eine Gesellschaft, die nicht frei im Denken sind, kann ihre Selbstverteidigung nicht verwirklichen. Der Feind versucht mit seiner permanenten Spezialkriegspolitik, die Frauen in Prostitution, Agententum und Drogenkonsum zu verwickeln. In dieser perfiden Kriegspolitik werden viele Methoden eingesetzt, um Frauen zu erniedrigen. Die gegen Frauen gerichtete Politik richtet sich gegen die Gesellschaft. Bildung und Sensibilisierung sind ein Muss, damit Frauen nicht in diese Fallen tappen.“

https://anfdeutsch.com/frauen/bildung-und-empowerment-fur-frauen-in-aleppo-42479 https://anfdeutsch.com/frauen/syrischer-frauenrat-ohne-frauen-keine-losung-42365 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/aleppo-lesekreis-zu-verteidigungsschriften-Ocalans-42028 https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/leyla-murad-kampferin-im-revolutionaren-volkskrieg-42043

 

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Russian air defenses shoot down 50 Ukrainian drones southwest of the country

SANA - Syrian Arab News Agency - 5. Juli 2024 - 9:48

Moscow,SANA- Russian Defense Ministry announced Friday downing fifty Ukrainian drones over the Zaporozhye, Rostov-on-Don, and Krasnodar provinces in southwestern Russia.

“During the past night, Ukrainian forces tried to carry out terrorist attacks on Russian territory using drones and were countered by Russian air defense systems on duty, destroying 14 aircraft over Krasnodar, another 26 over Zaporozhye province, and also destroyed ten drones over the territory of Rostov province,”Sputnik quoted the ministry as saying in a statement.

Kiev is carry out terrorist methods, foremost of which is the use of offensive drones, artillery shelling against residents and civilian facilities in Russia in an attempt to divert attention from its losses on the front line.

Fedaa al-Rahai

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Second round of Iranian presidential election kicks off in Iran and abroad

SANA - Syrian Arab News Agency - 5. Juli 2024 - 9:35

Tehran, SANA- The voting process of the second round of the 14th Iranian presidential elections began on Friday across Iran and abroad.

Iranian Interior Minister Ahmad Vahidi noted in a press conference on Friday that the second round of elections will begin at 8:00 a.m. Tehran time, with two candidates Saeed Jalili and Masoud Pezeshkian.

From the early morning, Iranian voters began to go to the polls to cast their votes in this second and decisive round of the presidential elections.

According to Article 36 of the Presidential Election Law, all persons who possess Iranian nationality and are at least 18 years of age can participate in the elections by presenting their identity card or national card.

The first round of elections was held last Friday between four candidates Saeed Jalili, Masoud Pezeshkian, Mohammad Bagher Qalibaf, and Mostafa Pourmohammadi, while the two candidates who qualified for the second round are Pezeshkian and Jalili who obtained the highest votes.

Nisreen Othman / Fedaa al-Rahai

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Latest updates of Operation “al-Aqsa Flood”

SANA - Syrian Arab News Agency - 5. Juli 2024 - 9:20

Occupied Jerusalem, SANA- Following are the latest developments of Operation “al-Aqsa Flood” launched by the Palestinian resistance on October 7:

-Palestinian resistance targets with mortar shells the positioning of Israeli soldiers and vehicles in the “Netzarim” axis, southern Gaza .

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Reden vom Krieg

Wird es Krieg gegen den Libanon geben? Israel will das Land „in die Steinzeit“ zurückbomben. Die Hisbollah will keinen Krieg, sondern Waffenstillstand in Gaza. Die USA und die NATO-Länder senden widersprüchliche Signale aus. Von Karin Leukefeld (Beirut).

Die Libanesen rätseln, ob Israel den Angriff auf ihre Heimat wagen wird und ob man den USA vertrauen kann, wenn deren Abgesandte sagen, man wolle Israel von dem Krieg abhalten. In Washington lautete vor wenigen Tagen die Botschaft des Pentagons an den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant, dass ein erneuter Krieg zwischen Israel und der Hisbollah „leicht ein regionaler Krieg werden“ könne, „mit schrecklichen Auswirkungen für den Mittleren Osten.“

Gleichzeitig sendet die US-Marine drei Amphibienboote vor die Küste des Libanon ins östliche Mittelmeer. Die Schiffe, die an Land fahren können, sind Teil des 24. Expeditionskorps der Marine, dem rund 2.200 US-Marines und Matrosen angehören. Die meisten von ihnen sind an Bord der USS „Wasp“, einem amphibischen Kriegsschiff, untergebracht, das u.a. große Mengen an Waffen, Munition und Hubschrauber mit sich führt.

Was offiziell „Teil einer geplanten Rotation“ sein soll, kann auch einer möglichen Evakuierung von rund 86.000 Personen mit US- oder US-/libanesischer Staatsangehörigkeit dienen, die nach Schätzung der US-Botschaft im Libanon leben und die im Fall eines israelischen Angriffs auf den Libanon in Sicherheit gebracht werden sollen. Pläne dafür liegen Medienberichten zufolge nicht nur im Pentagon, sondern auch bei anderen NATO-Ländern bereit. Kanada bereitet Berichten zufolge die Evakuierung von 20.000 Personen mit kanadischer bzw. kanadisch-libanesischer Staatsangehörigkeit vor. Großbritannien, Frankreich, Deutschland und andere EU-Staaten haben deutsche Staatsangehörige wiederholt aufgefordert, nicht in den Libanon zu reisen oder das Land umgehend zu verlassen.

Westliche Medien zitieren aktuell US-amerikanische Geheimdienstkreise, die einen Krieg Israels gegen den Libanon in wenigen Tagen bis wenigen Wochen für möglich halten. Der israelische Kriegsminister Yoav Gallant, der sich kürzlich in Washington aufhielt, warb bei der USA-Führung um Unterstützung für diesen Krieg. Offiziell winkten die Militärs und auch Pentagon-Chef Lloyd Austin ab und erklärten, es müsse eine Verhandlungslösung im Gazakrieg geben, um einen Krieg gegen den Libanon zu vermeiden.

Das Spiel mit dem Feuer wird vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu aktuell weiter eskaliert. Täglich werden Wohnhäuser, Fahrzeuge, landwirtschaftliche Gebiete im Südlibanon attackiert, jeden Tag sterben Angehörige der Hisbollah und anderer Kampfverbände, jeden Tag sterben Zivilisten. Die libanesische Hisbollah hat angekündigt, man wolle keinen Krieg, werde aber im Fall eines israelischen Angriffs auf den Libanon „ohne Regeln und ohne Obergrenze“ den Krieg nach Israel tragen. Es werde dann keinen sicheren Ort in Israel geben.

Der Druck auf die Hisbollah und den Libanon, die militärischen Angriffe auf Israel einzustellen und sich hinter den Litani-Fluss zurückzuziehen, erhöht sich täglich. Ein genauer Blick macht allerdings deutlich, dass die Angriffe Israels gegen den Libanon deutlich mehr sind als die der Hisbollah auf Israel.

In der Zeit vom 7. Oktober 2023 bis 21. Juni 2024 haben sich entlang der „Blauen Linie“ zwischen dem Südlibanon und Israel – aus libanesischer und palästinensischer Sicht der „besetzte Norden Palästinas“ – nach einer Dokumentation des Armed Conflict Location and Event Data Project (ACLED) mindestens 7.400 Angriffe ereignet. 83 Prozent dieser Angriffe wurden von Israel verübt, insgesamt 6.142. Dabei wurden mindestens 543 Personen im Libanon getötet. Hisbollah und andere bewaffnete Gruppen seien demnach für 1.258 Angriffe verantwortlich, bei denen mindestens 21 Israelis getötet worden seien.

Scheich Naim Qassem, stellvertretender Generalsekretär der Hisbollah, betonte in einem AP-Interview vom 2. Juli 2024, von Seiten der Hisbollah werde der Kampf an der libanesischen Grenze beendet sein, sobald ein vollständiger Waffenstillstand in Gaza erreicht sei. Der Kampf an der Grenze diene der Unterstützung des palästinensischen Volkes gegen die zionistische Aggression gegen den Gazastreifen. „Wenn es einen Waffenstillstand in Gaza gibt, werden wir ohne eine Diskussion aufhören“ (zu feuern, KL), so Qassem. Sollte Israel allerdings in einer angekündigten „3. Phase“ den Angriff auf den Gazastreifen in anderer Form fortsetzen und den Gazastreifen nicht verlassen, sei unklar, wie sich die Situation im Südlibanon entwickeln werde. Man wisse nicht, was geschehe, aber bis diese „Übergangsphase beginnt, kann ich mir nicht vorstellen, dass es Bedingungen für einen Krieg gibt“, sagte Qassem. „Wir wollen keinen Krieg. Und es sieht aus, dass die andere Seite, die israelische Entität, weder die Fähigkeit hat (zum Krieg, KL) noch die Entscheidung dafür getroffen hat.“ (Quellen: youtube , stripes.com)

Bundesnachrichtendienst redet mit Hisbollah

Scheich Naim Qassem äußerte sich, nachdem Anfang der Woche bekannt geworden war, dass eine Delegation des deutschen Bundesnachrichtendienstes BND mit der Hisbollah in Beirut das Gespräch gesucht hatte. Die libanesische Tageszeitung Al Akhbar hatte am Montag berichtet, der Vizepräsident des BND Ole Diehl sei nach einem ersten Gespräch mit Scheich Naim Qassem im Januar 2024 Ende letzter Woche zu einem erneuten Treffen mit der Nummer 2 der Hisbollah nach Beirut zurückgekehrt. Die Delegation sei nach Berlin zurückgekehrt, offizielle libanesische Politiker habe Diehl nicht getroffen. Der Aufenthalt der BND-Delegation in Beirut habe „einige Stunden“ gedauert.

Al Akhbar berichtete, „Quellen, die über das Treffen zwischen Diehl und Qassem“ informiert worden seien, hätten von einer „positiven Atmosphäre“ gesprochen. Auch der Leiter der BND-Residentur in Beirut habe an der Besprechung teilgenommen. Eine offizielle geheimdienstliche Niederlassung in einem anderen Land, eine Residentur, ist in die jeweilige Botschaft integriert. Man habe sich über die jeweiligen Einschätzungen der aktuellen Ereignisse in Gaza und im Südlibanon ausgetauscht, so Al Akhbar. Anders als westliche Botschafter gegenüber libanesischen Offiziellen habe Diehl „keine Drohungen“ vorgebracht. Er habe vielmehr direkt klären wollen, was Außenministerin Baerbock bei ihrem Kurzbesuch in Beirut (26. Juni 2024) begonnen habe, um den Ausbruch eines großen Krieges im Südlibanon zu verhindern. Diehl habe „Al Wasta“ benutzt, „direkte persönliche Beziehungen“.

Die deutsche Delegation, so Al Akhbar, habe die Interessen Israels dargestellt, seine Inlandsvertriebenen aus dem Norden „des besetzten Palästinas“, die „Siedler“ (Al Akhbar) zurückzubringen. Qassem habe wiederholt, was er bereits im ersten Gespräch mit Diehl gesagt habe. Danach sei ein Waffenstillstand im Südlibanon verknüpft mit einem Waffenstilland in Gaza, der vom palästinensischen Widerstand akzeptiert werde. Westliche Länder, die den Ausbruch eines großen Krieges befürchteten, sollten Druck auf Israel ausüben, um den Krieg in Gaza zu stoppen. Das Bestreben der Deutschen, direkt zu kommunizieren, um einen totalen Krieg zu vermeiden, zeige, „dass sich die westlichen Länder der Fähigkeiten des Widerstandes (Hisbollah, KL) in der Konfrontation bewusst“ seien, so Al Akhbar.

BND: Kein Kommentar

Die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtete, auf Nachfrage habe der BND erklärt, „man nehme zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung. Darunter fielen auch angebliche Dienstreisen der Leitung.“ Damit werde „keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht“.

Die Bundesregierung hat offenbar frühere Kontakte des deutschen Bundesnachrichtendienstes reaktiviert, um mit der Hisbollah zu kommunizieren. Anfang der 2000er-Jahre hatte der BND – u.a. in Person des langjährigen BND-Mitarbeiters Gerhard Conrad – zwischen Israel und der Hisbollah und zwischen Israel und der Hamas Geisel- und Gefangenenaustausch vermittelt.

„Wird es Krieg geben?“

Bei Gesprächen in Beirut wird der Autorin immer wieder diese Frage gestellt. Ob im Pressezentrum, in Cafés oder in Mar Elias, einem der ältesten palästinensischen Flüchtlingslager im Zentrum der Stadt, steht die israelische Drohung, den Libanon „in die Steinzeit zu bomben“, bei politischen Gesprächen im Vordergrund.

Ein Presseteam des US-amerikanischen Senders CNN verhandelt eine Verlängerung seiner Akkreditierung. Der Krieg in der Region hat noch immer Journalisten aus aller Welt angezogen. „Sie kommen wegen des Krieges“, sagt Herr M., der im libanesischen Pressezentrum verantwortlich für ausländische Journalisten ist. Er zuckt mit den Schultern und fragt: „Was meinen Sie, wird Israel uns angreifen?“

Selbst meint er auf die Gegenfrage, die Lage stehe „50 zu 50“. Mal denke er, die USA würden Israel davon abhalten, andererseits lieferten die USA weiter Waffen an Israel und unterstützten dessen Krieg in Gaza. „Die Lage hier bei uns ist ohnehin schon schwierig“, fügt er hinzu. „Wirtschaftskrise, Flüchtlingskrise und jetzt diese Kriegsdrohungen. Wir kommen einfach nicht zur Ruhe.“

„Wir bestehen auf unsere Rechte“

Marie Nassif-Debs, langjähriges Mitglied im Parteivorstand der Kommunistischen Partei des Libanon und zuständig für internationale Beziehungen, äußert sich im Gespräch deutlich. Die Vermittlungsversuche von USA, Frankreich und Deutschland sieht sie skeptisch. Alle diese „Vermittler“ seien engste Partner Israels und verfolgten in jedem Fall eigene Interessen. „Sie nutzen die Situation, um uns aus Angst vor einem neuen Krieg unter Druck zu setzen und ihren und den Interessen Israels nachzugeben“, sagt Marie Debs.

Die Militäraktionen im Süden des Libanon und mehr noch in Gaza hätten viele Opfer gefordert, sagt sie. Die Kosten von Zerstörung und Vertreibung seien enorm. Dennoch werde sich „das libanesische Volk nicht dem Willen der Invasoren unterwerfen“ und „deren Diktate akzeptieren“. Die „Vermittler“ drängten, dass die Resolution 1701 des UNO-Sicherheitsrates „nur vom Libanon allein“ umgesetzt werden solle. „Die Markierung der Landesgrenze soll der imperialistisch-zionistischen Karte“ folgen, die Amos Hochstein, der Beauftragte der USA in Beirut, der Übergangsregierung vorgelegt habe.

Zudem trete die „neue“ Grenzziehung im Mittelmeer „einen Teil unserer Gasvorkommen an den Feind ab“, so Debs. Der „Feind“ ist eindeutig Israel, mit dem der Libanon sich im Kriegszustand befindet. Die Libanesen würden das nicht akzeptieren, betont Marie Debs. „Wir bestehen auf unsere Rechte, die heute verletzt werden. Wir bestehen auf die Shebaa-Farmen und das Gebiet von Kfar Shouba. Wir bestehen darauf, das Wasser nutzen zu können, das heute auf die Felder des Feindes fließt, und wir bestehen auf die 1.420 Quadratkilometer im Mittelmeer, die an unsere Feinde abgetreten wurden.“

Mit allen Kräften werde man weiterhin für die eigenen Rechte eintreten und für die Rechte der Palästinenser, damit diese in ihre Heimat zurückkehren und den palästinensischen Nationalstaat aufbauen könnten, und zwar „auf dem gesamten Boden Palästinas, mit Jerusalem als Hauptstadt“.

Ansichten über die Rechte der Palästinenser, die in mehreren Ländern der EU sogar strafrechtlich verfolgt werden, teilt die Mehrheit der Libanesen, auch wenn nicht alle sich so deutlich äußern wie Marie Debs.

„Alle Palästinenser sind meine Familie“

Im palästinensischen Flüchtlingslager Mar Elias gehen die Menschen ihrem Alltag nach. Die kleinen Geschäfte in den engen Gassen verkaufen Obst und Gemüse, im Ghassan Kanafani-Kindergarten besprechen die Kindergärtnerinnen mit der Leiterin Maha Y. das Sommerprogramm für die Kinder.

Der Kindergarten ist nach dem bekannten palästinensischen Autor und politischen Führer Ghassan Kanafani benannt, der am 8. Juli 1972 durch eine Sprengladung unter seinem Auto gemordet wurde. Der israelische Mossad erklärte sich verantwortlich. Mit Kanafani starb Lamis, seine Nichte, für die er an jedem Geburtstag ein Bilderbuch verfasst hatte. 1974 gründete die Witwe von Ghassan Kanafani, Anni Kanafani, die nach ihrem Mann benannte Kulturstiftung, in deren Rahmen zunächst seine Bücher veröffentlicht wurden. Dann folgten Kindergärten und Behinderteneinrichtungen in allen palästinensischen Flüchtlingslagern des Libanon, die bis heute Tausenden von Kindern einen guten Start in ihre Zukunft ermöglichen wollen. Anni Kanafani, die 1960 als 25-jährige Studentin aus Dänemark in den Mittleren Osten gereist war, um die Lage der Palästinenser zu verstehen, heirate Ghassan Kanafani 1961. Bis heute ist sie aktiv in der Stiftung.

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen sind Nachfahren von Palästinensern und haben Familie im besetzten Westjordanland, in Bethlehem oder Gaza. Mit ihrem libanesischen Flüchtlingspass sei eine Reise zur Familie in Bethlehem nicht möglich, sagt Frau Maha Y., die als junges Mädchen vor 40 Jahren die Arbeit in der Stiftung aufnahm. Alle ihre Kinder leben und arbeiten im Ausland. „Niemand hier will Krieg“, sagt sie.

Daoun K., die ebenfalls seit vielen Jahren im Kanafani-Kindergarten arbeitet, rückt ihr rosafarbenes Kopftuch zurecht, bevor sie auf die Frage antwortet, wie es ihr angesichts des Krieges in Gaza gehe. Ihre Eltern seien 1948 aus Akko vertrieben worden, die Familie sei in alle Himmelsrichtungen zerstreut. „Alle Palästinenser sind meine Familie“, sagt sie, und auch sie betont: „Niemand will Krieg.“

„Ein israelischer Sieg ist nicht in Sicht“

Souheil Al-Natour, Politikwissenschaftler und seit Jahrzehnten Beobachter der Entwicklungen in der palästinensischen Flüchtlingsgesellschaft, sagt im Gespräch mit der Autorin, die USA müssten klären, was sie wirklich wollten. Eine Ausweitung des Gazakrieges in den Libanon bedeute, die ganze Region werde vom Krieg erfasst. Der Krieg könne dazu führen, dass bewaffnete Kräfte in den Norden Israels eindringen und den Krieg auf israelisches Territorium zurückbrächten.

Die USA hätten Stützpunkte und Militärbasen, Militärflughäfen und Häfen in der Region, die zur Zielscheibe würden, so El-Natour. Was bedeute es für Jordanien und Ägypten oder die Golfstaaten, wenn USA-Militärbasen in deren Ländern angegriffen würden? Wären die USA in der Lage, alle diese Stützpunkte und die dort stationierten Soldaten zu verteidigen? „Die USA müssen sich klarmachen, dass eine Ausweitung des Krieges hier sich auf die Präsidentschaftswahlen im eigenen Land auswirken wird“, fährt Souheil El-Natour fort. Die USA müssten die Frage beantworten, warum sie den Krieg nicht stoppten, obwohl „ein Sieg nicht in Sicht“ sei.

Im USA-Kongress gebe es starke Stimmen für die weitere Bewaffnung Israels, weil man nicht wolle, „dass Israel den Krieg verliert“. Doch genau das geschehe. „Wichtig ist der Protest der US-amerikanischen Friedensbewegung, die an vielen Orten von Juden innerhalb der USA angeführt wird. Wenn dieser Protest gegen den Kriegskurs von Netanjahu stärker wird, kann Israel von außen weiter geschwächt werden.“

Auf die Frage, welchen Rat er der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock gebe, die sich kürzlich im Libanon aufgehalten habe, antwortet Souheil El-Natour: „Kommen Sie hierher und bleiben Sie eine Woche in einem palästinensischen Flüchtlingslager. Sie werden viel lernen, und vielleicht werden Sie dann auch den Konflikt hier verstehen.“ Die Libanesen wollten nur ihr Land erhalten und die Palästinenser wollen ihr Land zurück, das noch immer von Israel besetzt ist: „Das ist alles.“

Titelbild: OnePixelStudio/shutterstock.com

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  1. Grabstein hübsch hergerichtet
  2. SPD im selbstverschuldeten Fall
  3. Liberaler “Meltdown”: Sunak fällt als erster
  4. Ende der Allmacht: Der Westen und der SOZ-Gipfel.
  5. »Israels Ruf ist für immer ruiniert«
  6. Nato mobilisiert gegen China
  7. Westwährungen unter Druck
  8. Atom-Ausstieg: Hat Robert Habeck die Öffentlichkeit getäuscht?
  9. Das „grüne Jobwunder“ bleibt aus
  10. Deutscher Autobauer vollzieht Kurswechsel – und nimmt hochgelobtes Elektromodell vom Markt
  11. Alltagsbarbarei in Gerichtssälen
  12. Rente reicht nicht zum Leben
  13. Berufsbildungsbericht 2024: Keine Probleme mit Ausbildungsstellen?
  14. Moderna entwickelt mRNA-Impfstoff gegen Vogelgrippe mit US-Millionen

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  1. Grabstein hübsch hergerichtet
    Die Einzeletats sind weitgehend ausgehandelt, heißt es. Nicht abgehakt ist aber offenbar noch der Sozialetat. Die SPD hat nach außen hin immer wieder deutlich gemacht, dass sie keine Kürzungen in diesem Bereich will. Zur Debatte stehen auch mögliche Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds. Aus dem finanziert die Bundesregierung Projekte für mehr Klimaschutz. Einen inzwischen kultivierten Dissens gibt es im Hinblick auf die einst einträchtig beschlossene neoliberale Schuldenbremse: SPD und Grüne wollen diese erneut aussetzen, um mehr Spielraum für Investitionen zu haben. Die FDP und Lindner werfen sich dagegen zu Hütern der Schuldenbremse auf. Diese müsse eingehalten werden, »denn sie ist verfassungsrechtlich geboten und eine Frage der Generationengerechtigkeit«, erklärte Djir-Sarai gegenüber dpa. In einem Protestbrief fordern derweil die Jugendverbände von SPD und Grünen die Abschaffung der Schuldenbremse.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Koalition einigt sich wohl auf Haushalt und will Schuldenbremse einhalten
    Wieder einmal gab es Marathonverhandlungen bis in die frühen Morgenstunden. Nun jedoch ist wohl eine Einigung erreicht. Die FDP konnte sich in einem entscheidenden Punkt durchsetzen. […]
    Die Einigung zum Bundeshaushalt 2025 und zum Finanzplan bis 2028 sieht vor, dass die Schuldenbremse eingehalten wird, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Eine Notlage wurde demnach nicht festgestellt.
    Quelle: FAZ

    dazu auch: Ampel einigt sich auf Haushalt und Wachstumspaket
    In Regierungskreisen hieß es, man habe die bisherige Lücke in der Finanzplanung für 2025 durch Umschichtungen schließen können. Es sei deshalb nicht erforderlich, eine Notlage zu erklären, die zur Aussetzung der Schuldenbremse berechtigt hätte. Scholz, Lindner und Habeck wollen die Ergebnisse um 11 Uhr der Öffentlichkeit vorstellen.
    Quelle: Süddeutsche

  2. SPD im selbstverschuldeten Fall
    Der Ukraine-Krieg ist der gefährlichste Kriegsherd seit 1945, und wieder hat die illusionäre Sozialdemokratie, wie bereits 1914 und 1933, versagt, sich diesem wiederholten Völkergemetzel als potenziell führende, solidarisierenden Kraft im linken Spektrum präventiv entgegenzustellen. Im Gegenteil: Entsprechend der Zeitenwende-Rede von Scholz und seiner angeblichen »Friedenspolitik«, versucht man die Deutschen erneut auf einen aberwitzigen Kriegspfad gegen Russland in Stellung zu bringen und arbeitet daran, neben einem Schulden finanzierten Aufrüstungsprogramm, die Deutschen erneut »kriegstüchtig« zu machen. Zugleich trägt die bisherige Nato-Politik dazu bei, dass die Wirtschaftsboykotte gegen Russland zu galoppierenden Energiekosten und einer Inflation geführt haben, die tiefe Löcher in die Taschen der »Normalverbraucher« reißt. Des Weiteren kommen zigtausende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland, auf Kosten der völlig überforderten Kommunen und der Sozialsysteme der Bevölkerung. Diese Migration wird ergänzt durch Flüchtlinge, aus dem gescheiterten Afghanistankrieg, aus Kriegen in Syrien, Libanon, Libyen, dem Irak, deren leidvolle Fluchtschicksale gleichfalls mit dem desaströsen Vormachtstreben des US-geführten Westens zusammenhängen. Dabei werden Steuerbillionen verschwendet, die beim Ausbau der Sozialstaaten, dem weltweiten Abbau sozialer Spaltungen und der existenziell notwendigen ökologischen Transformation fehlen.
    Quelle: Ossietzky

    dazu auch: Rechtzeitig nein sagen!
    Wollen wir nicht selbst Teil der Kriegsmaschinerie sein, müssen wir der Regierung mitteilen, dass wir nicht dazu bereit sind, ihre Pläne auszuführen!
    Fast 80 Jahre lang haben wir in Deutschland in Frieden gelebt. Diese Zeit soll nun vorbei sein. Unsere Regierung will uns „kriegstüchtig“ machen und auf einen Krieg mit Russland vorbereiten (1). Die entsprechenden Pläne und Strategien liegen bereits vor. Mit dem „Operationsplan Deutschland“ beispielsweise wird die Zivilbevölkerung ganz konkret auch im Landesinneren auf Krieg vorbereitet. Wir — die Bürgerinnen und Bürger — sollen aktiv einbezogen werden, wenn sich etwa eine US-Division durch Deutschland in Richtung Osten bewegt. „Dann“, so Generalleutnant André Bodemann in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, brauchen wir „maximale zivile Leistungserbringung“ (2). Wer da nicht mitmachen will, kann das dem Verteidigungsminister Boris Pistorius in Form eines offenen Briefes (siehe unten) mitteilen.
    Quelle: Manova

  3. Liberaler “Meltdown”: Sunak fällt als erster
    Bei der Wahl in Großbritannien hat Premier Sunak wie erwartet eine historische Klatsche erhalten. Nun richten sich alle Augen auf Frankreich. Laut Nachwahl-Befragungen am Donnerstag kann die Labour-Partei mit 410 der 650 Sitze im Unterhaus rechnen. Parteichef Keir Starmer wird damit nächster Premierminister. […]
    Die Folge ist ein politischer “Erdrutsch”, wie die Agenturen schreiben. “Politico” spricht sogar von einem “Blutbad”. Doch dies war wohl nur der erste Akt des liberalen “Meltdown”. Nun richten sich alle Augen auf Frankreich, wo am Sonntag die entscheidende Stichwahl stattfindet. Dort hat sich die Lage etwas entspannt. Nachdem sich in wackligen Wahlkreisen viele Kandidaten zurückgezogen haben, um die Stimmen zu bündeln und die Nationalisten zu stoppen, dürften diese wohl keine absolute Mehrheit in der neuen Nationalversammlung erringen.
    Allerdings könnte Frankreich unregierbar werden. Die liberale Bewegung von Präsident Macron hat schon im ersten Wahlgang verloren, eine neue stabile Mehrheit zeichnet sich nicht ab.
    Quelle: Lost in Europe
  4. Ende der Allmacht: Der Westen und der SOZ-Gipfel.
    Russland ist bereit, Friedensverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen: Das hat Präsident Wladimir Putin am Donnerstag auf dem Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) in Astana offiziell bekräftigt. Und er hat daran erinnert, dass er Mitte Juni seine Bedingungen für einen Waffenstillstand genannt hat: die künftige Neutralität der Ukraine; die Abtretung der vier Regionen, die Russland okkupiert hat. Ende März 2022 war Moskau, wie man längst weiß, noch bereit, auf die Annexion von Territorien jenseits der Krim zu verzichten und sich mit einer garantierten Bündnisfreiheit Kiews zu begnügen. Seit aber die Ukraine dies abgewiesen hat, bestärkt durch einen der – inzwischen recht zahlreichen – gescheiterten Premierminister Britanniens, beharrt Putin zusätzlich zur Neutralität der Ukraine auf Gebietsgewinnen. Zu Verhandlungen aber, das hat er in Astana bestätigt, ist er bereit.
    Quelle: junge Welt

    dazu auch: Viktor Orbán sorgt mit Reise zu Putin für Aufruhr
    Der ungarische Ministerpräsident will einen Frieden vermitteln. Sein Vorschlag für einen Waffenstillstand wurde von Putin und in Kiew jedoch prompt abgelehnt.
    Quelle: Berliner Zeitung

    und: Schwarze Tage für Europa
    Gibt es in der zweiten Hälfte Juni 2024 irgendwo eine Botschaft oder einen Entscheid, der Anlass zu Freude sein könnte? Der sogenannte Friedensgipfel in der Schweiz blieb wie erwartet ein Leerlauf, der neue Generalsekretär des Europarates mit – nach eigener Aussage – Schweizer DNA wird nichts Positives bewirken und die neue Führungsspitze der EU wird für noch mehr Krieg besorgt sein. Ein Jammer.
    Quelle: Globalbridge

  5. »Israels Ruf ist für immer ruiniert«
    Über fortgesetzte Verbrechen in Gaza und wie sich dagegen vorgehen lässt. Ein Gespräch mit Francesca Albanese.
    Francesca Albanese ist Rechtswissenschaftlerin mit Spezialisierung auf Völkerrecht und Menschenrechte. Seit 2022 ist sie UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas.
    (…)
    Warum hält dieser Schock immer noch an?
    Der Schock rührt auch daher, dass es von Beginn an viele Lügen und Fehlinformationen gab, wie zum Beispiel die von den enthaupteten Babys. Dabei musste auch die israelische Armee diese Behauptung als Falschinformation bezeichnen. Zudem ist klar, dass es sexuelle Gewalt gegeben hat, aber die Nachricht, es sei bei dem Angriff der Hamas zu Massenvergewaltigungen gekommen, ist bis heute nicht eindeutig erwiesen. Ich will nicht sagen, es ist nicht passiert. Aber es gibt bis heute noch keine Beweise für Massenvergewaltigungen. Und trotzdem reden die Leute weiter darüber. Das hat den Schock noch vergrößert.
    Quelle: Francesca Albanese in junge Welt

    dazu auch: Israel Tightens Control over Area B – Annexation of West Bank Begins
    Israeli authorities are moving forward with their annexation plans in the occupied West Bank, in blatant violation of international law.
    In its latest action towards annexation, the Israeli government has decided to restrict or prevent Palestinian construction in the so-called Area B, a region that is subject, at least in theory, to joint sovereignty between the Palestinian Authority and Israel.
    Quelle: Palestine Chronicle

  6. Nato mobilisiert gegen China
    Auf dem Nato-Gipfel vom 9. Bis 11. Juli in Washington steht die angebliche Bedrohung westlicher Interessen durch China als einer der drei Hauptpunkte auf der Tagesordnung der Nordatlantischen Terrororganisation, die nun ihre Klauen auch in Richtung Asien ausstreckt. Dort will sie mit neuen regionalen Allianzen Washington helfen, Pekings Einfluss einzudämmen. Um den bevorstehenden Nato-Gipfel auf diese neue Zielsetzung einzustimmen, hat Generalsekretär Jens Stoltenberg am 17. Juni anlässlich seines Besuchs in Washington schon mal eine deutliche Warnung an die Volksrepublik China gerichtet, weil diese angeblich Russlands Krieg in der Ukraine durch Lieferung von Technologie unterstütze. Noch vor seinem Besuch bei US-Präsident Biden im Weißen Haus hatte Stoltenberg die Washingtoner Denkfabrik »Wilson Center« besucht und dort eine Rede gehalten. Dabei hat er das ausgewählte Publikum unter anderem über die drei großen Themen eingeweiht, die den kommenden Nato-Gipfel beherrschen werden. Punkt 1 auf der Tagesordnung sei das Kerngeschäft der Nato: »Abschreckung und Verteidigung«. Punkt 2 ist »das dringendste Thema« der Allianz, nämlich die Ukraine. Vor dem Hintergrund der angeblichen chinesischen Bedrohung ist dann Punkt 3 dem Nato-Programm »Globale Partnerschaften, insbesondere im indo-pazifischen Raum« gewidmet. In seiner Rede drohte Stoltenberg, das Land werde bestraft werden, wenn es weiterhin Russland unterstütze.
    Quelle: Ossietzky
  7. Westwährungen unter Druck
    Befeuert von Sanktionen der westlichen Staaten gegen Russland geraten die globale Dominanz des US-Dollar sowie die Position des Euro in den weltweiten Währungsreserven unter Druck. Wie Beobachter konstatieren, führen die jüngsten US-Sanktionen gegen die Moskauer Börse und gegen weitere russische Finanzinstitutionen dazu, dass der chinesische Yuan im Devisenhandel in Russland zur Hauptwährung wird – wohl „ein für allemal“, wie es in einer Analyse der US-Stiftung Carnegie Endowment heißt. Der bedeutende russisch-chinesische Handel wird gleichfalls zunehmend in chinesischer Währung abgewickelt. China verzichtet im Handel auch mit weiteren Ländern in wachsendem Maß auf den US-Dollar und stärkt zudem das chinesische Zahlungssystem CIPS, das noch in gewissem Umfang von SWIFT abhängt, perspektivisch aber voll eigenständig werden kann. Während manche Spezialisten urteilen, die Dominanz des US-Dollar sei auf jeden Fall „kurz- und mittelfristig“ gesichert, ist der Euro schon jetzt dabei, an Bedeutung als globale Reservewährung zu verlieren. Beobachter warnen, das Einfrieren russischer Vermögenswerte in der EU werde Anleger abschrecken sowie den Abstieg des Euro beschleunigen.
    Quelle: German Foreign Policy
  8. Atom-Ausstieg: Hat Robert Habeck die Öffentlichkeit getäuscht?
    Grüne Spitzenbeamte des Wirtschafts- und Umweltministeriums sollen Fachurteile verfälscht haben, um den Atomausstieg durchzusetzen – dieser Verdacht steht seit Mitte Mai im Raum. Kurz zuvor hatte das Cicero-Magazin erstmals die Einsicht in entsprechende Ministeriumsakten vor Gericht erstritten und umfangreich über die darin enthaltene Kommunikation berichtet.
    Das Problem: Ein großer Teil der Dokumente, die auf diese Weise an die Öffentlichkeit kamen, ist lückenhaft oder geschwärzt. Auch die Unterlagen, die die Minister Robert Habeck und Steffi Lemke (beide Grüne) später dem Bundestag vorlegten, sind zu einem großen Teil unvollständig.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung unserer Leserin S.B.: Die Regierungskoalition, die mit dem Versprechen zur Transparenz antrat, nutzt gerne Schwärzungen. Sehr gut ist allerdings, dass es Zeitschriften gibt, die ihrem journalistischen Auftrag als 4. Gewalt nachkommen – wie hier aufgeführt der Cicero – und auf Transparenz klagen. Traurig ist für mich, dass diejenigen, die sich gerne die „Leit- bzw. Qualitätsmedien“ nennen, diesem Auftrag nicht nachkommen.

  9. Das „grüne Jobwunder“ bleibt aus
    Im Elektroautowerk von VW müssen 1000 Leute gehen, Hersteller von Wärmepumpen melden Kurzarbeit an: Die Transformation läuft nicht so wie politisch erwünscht.
    Die Nachricht kam für die Mitarbeiter des Volkswagen -Werks im sächsischen Zwickau nicht überraschend. Ein Stimmungsdämpfer war sie dennoch. Schon in den vergangenen Monaten hatte der Autohersteller zahlreiche befristete Verträge auslaufen lassen. Nun zeichnet sich ab: Auch diejenigen, deren Verträge noch bis 2025 laufen, können nicht mehr auf eine Verlängerung hoffen. Von 1000 bis 1200 Mitarbeitern ist die Rede. Die Entscheidung soll im August fallen. Ein Unternehmenssprecher verweist auf die geringe Nachfrage nach Elektroautos. Statt 360.000 Fahrzeugen seien im vergangenen Jahr nur 240.000 vom Band gelaufen. „Uns ist es wichtig, den betreffenden Mitarbeitern Planungssicherheit zu geben.“
    Auch in anderen Wirtschaftszweigen, die Politiker gerne als Zukunftsbranchen bewerben, ist die Stimmung schlecht.
    Quelle: FAZ

    dazu: Heizungs-Debakel geht weiter: Nächster großer Wärmepumpen-Hersteller meldet Kurzarbeit an
    Die Verunsicherung der Verbraucher und Verbraucherinnen schlägt sich massiv auf die Heizungsbranche nieder. Der große Heizungsbauer Viessmann meldet Kurzarbeit an. […]
    Verbraucher und Verbraucherinnen sind durch die Heizungsdebatten verunsichert. Und verunsicherte Menschen kaufen keine teuren Heizungsanlagen. Vor allem tun sie das nicht, wenn das Fördergeld vom Staat dafür nicht vor September 2024 ausgezahlt wird. Warum jetzt kaufen, wenn man bis in den Herbst hinein das Geld vorstrecken muss? Für viele Menschen ist das zu viel Geld, weshalb sie jetzt warten.
    Das ist für die Branche toxisch.
    Quelle: Merkur

  10. Deutscher Autobauer vollzieht Kurswechsel – und nimmt hochgelobtes Elektromodell vom Markt
    Deutsche Premiumfahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind in China ein Kassenschlager, bei Elektroautos ist die Lage etwas anders. Das musste nun auch Audi einsehen und nimmt den luxuriösen Sportwagen E-tron GT vom Markt.
    Laut Automobilwoche wird entgegen der ursprünglichen Planung das kürzlich vorgestellte Facelift 2024 des Oberklasse-Modells (bessere Ladegeschwindigkeit, höhere Reichweite und mehr PS) nicht mehr auf dem chinesischen Markt verfügbar sein.
    Der viersitze Audi E-tron GT ist von der VW-Tochter eigentlich als „Speerspitze der Elektromobilität“ angepriesen, im Reich der Mitte findet das bis zu 250 km/h schnelle Geschoss jedoch nicht den erhofften Anklang.
    Quelle: Merkur
  11. Alltagsbarbarei in Gerichtssälen
    Fernab der Öffentlichkeit wird in Berlin-Tempelhof gegen arme Menschen prozessiert – Eindrücke aus einer Langzeitbeobachtung
    In den Gerichtssaal dringt kein Tageslicht. Die lange, milchglasartige Fensterfront an der rechten Raumseite ist von einem weißen Vorhang bedeckt. An den hellblauen Wänden sind Deckenfluter angebracht, die mit den Leuchten in der abgehängten Zwischendecke den Raum künstlich erhellen.
    Wir befinden uns im Verhandlungssaal der Außenstelle des Amtsgerichts Tiergarten, der »Berliner Sonderabteilung für Armutsbestrafung«, wie sie vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) genannt wird. Hier am Tempelhofer Damm 12 verhandeln zwei Richter*innen die sogenannten beschleunigten Gerichtsverfahren, meist wegen Diebstahls geringwertiger Sachen oder Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs ohne Fahrschein.
    Angeklagt sind in der Regel arme, sozial benachteiligte, kranke oder – wie sie es selbst formulieren – »vom Schicksal gebeutelte« Menschen, die kein einfaches Leben führen. Und denen dieses Leben immer wieder zusätzlich schwer gemacht wird.
    Quelle: akweb.de
  12. Rente reicht nicht zum Leben
    Neuer »Höchststand«: Immer mehr Rentner beziehen Grundsicherung.
    Die Altersarmut grassiert. Eine steigende Zahl von Rentner in der BRD ist zusätzlich zu ihrer Rente auf Sozialhilfe angewiesen, wie aus auf Anfrage der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) herausgegebene Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Zum Jahresbeginn waren insgesamt 719.330 Senioren für ihren Lebensunterhalt auf Grundsicherung angewiesen, berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung (NOS) mit Verweis auf die BSW-Anfrage am Donnerstag. Demnach ein neuer »Höchststand« mit einem Anstieg um knapp 35.000 Menschen gegenüber 2023. Im März 2023 seien noch 684.360 Rentner auf die Sozialhilfe angewiesen gewesen. (…)
    Die Zahlen bedeuteten das »nächste Armutszeugnis für die Ampel«, zitierte die NOZ BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht. Die wachsende Anzahl auf Grundsicherung angewiesener Rentner zeige, »dass das deutsche Rentensystem viele alte Menschen zu entwürdigender Armut verdammt«. Der Dachverband der Tafeln hatte erst im April berichtet, mittlerweile seien 25 Prozent der Menschen in ihren Lebensmittelausgaben im Rentenalter. Die Zahl von Rentnern im Grundsicherungsbezug könne sogar noch höher liegen, warnte Wagenknecht: Viele hätten einen Anspruch, wollten sich aber »die Demütigung ersparen, zum Sozialamt zu gehen«.
    Quelle: junge Welt
  13. Berufsbildungsbericht 2024: Keine Probleme mit Ausbildungsstellen?
    Hohe Ausbildungslosigkeit, immer wieder beschworener „Fachkräftemangel“: Hat die Bundesregierung den Ernst der Lage erkannt? Mitnichten – der Berufsbildungsbericht 2024 verbreitet beste Stimmung.
    Mitte Mai gab die Bundesregierung ihren Berufsbildungsbericht 2024 heraus. Auf über 600 Seiten samt Daten- und Tabellenteilen schildert sie die Ausbildungssituation im Jahr 2023. […]
    Neu und interessant an dem Berufsbildungsbericht 2024 ist, wie die Bundesregierung die Lage auf dem Ausbildungsmarkt einschätzt und wie sie darauf zu reagieren gedenkt.
    Quelle: Makroskop
  14. Moderna entwickelt mRNA-Impfstoff gegen Vogelgrippe mit US-Millionen
    176 Millionen Dollar stellt die US-Regierung bereit, um auf eine Pandemie vorbereitet zu sein. Auch die EU deckt sich mit Impfdosen gegen H5N1 ein. Was steckt dahinter?
    Seit einiger Zeit arbeiten Pharmakonzerne weltweit an einem Impfstoff gegen die Vogelgrippe. Das Unternehmen Moderna erhält jetzt finanzielle Unterstützung durch die Regierung der USA. Mit 176 Millionen Dollar soll die Arbeit an einem Vakzin gefördert werden. Grund sind Fälle in den Vereinigten Staaten; Menschen haben sich bei Milchkühen mit dem Erreger infiziert. Auch aus Indien wurde H5N1 bei Menschen bereits diagnostiziert, zuletzt bei einem Kind.
    Neben Moderna wollen weitere Konzerne die Vogelgrippe als Geschäftsfeld für sich erschließen.
    Quelle: Berliner Zeitung
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Neues Grundsatzpapier der iL: Strategien interventionistischer Politik

Die Interventionistische Linke (iL) ist als eine der größten Organisationen des linksradikalen Spektrums im deutschsprachigen Raum mittlerweile fest etabliert. Angetreten vor 20 Jahren mit dem Anspruch „Raus aus der Szene, rein ins Handgemenge der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen“ ist ihr Name heute vor allem verbunden mit bundesweiten Kampagnen wie Blockupy, NoG20, Seebrücke, Ende Gelände, Deutsche Wohnen & Co. enteignen, Rheinmetall Entwaffnen und anderen. Immer wieder zeigt sich die iL auch solidarisch mit der kurdischen Freiheitsbewegung, etwa durch Die Zeichen der Zeit erkennen: Rojava verteidigen – PKK-Verbot aufheben oder auch jüngst bei der Kampagne Halim Dener. Mit kreativen Formen des massenhaften zivilen Ungehorsams gelang es der iL, große Bündnisse zu schmieden, die sich dann oft verselbständigt haben. Man wollte eine radikale Linke sein, „die organisiert ist und im Alltag präsent, die Gelegenheiten erkennt und entschlossen ergreift. Die kleinen Brüche zu großen ausweitet und die Wette auf eine Revolution eingeht.“

Vor vier Jahren dann begann innerhalb der iL ein Prozess der Neubesinnung. Auch weil sich die Welt(-unordnung) verändert hat, wurde das eigene Wirken hinterfragt. Welche Antworten auf die multiplen Krisen sind angemessen? Große Kampagnen oder Stadtteilarbeit an der Basis? Am Ende eines langen Ringens legte die iL Ende Juni nun ein neues Grundsatzpapier mit der Überschrift „Gegenmacht aufbauen, Gelegenheiten ergreifen“ vor und widmete sich darin den Fragen „Welche Chancen und Aufgaben für die Veränderung der Welt sehen wir? Was sind die Strategien interventionistischer Politik in der aktuellen Lage?“

Marginalisierung der Linken überwinden

Es folgt eine umfassende Analyse gegenwärtiger Krisen und wie diese das ökonomische, soziale und politische Geschehen beeinflussen. Die bittere Erkenntnis: Bestehende Herrschaftsverhältnisse werden durch das krisenbedingte Gefühl von Unsicherheit und Desorientierung eher stabilisiert. Die Linke findet kein Gegenmodell, verstrickt sich im Kleinklein, kämpft gegen „neoliberale Subjektivierung“, Selbstoptimierung, Individualismus, den Rückzug ins Private.

Für Möglichkeiten einer Intervention benennt die iL dann eher altbekannte Konfliktfelder, wie die falschen Versprechungen des Neoliberalismus, soziale Reproduktion, Klimakrise, Migration, Grenzregime und (Anti-)Rassismus – Ausgangspunkte, sich einzumischen, um Diskursverschiebungen zu erreichen und Alternativen aufzuzeigen zum „bürgerlich-liberalen Hoffnungsprojekt einer ‚grünen‘ Modernisierung“ und dem „offen autoritären, manchmal faschistischen Projekt der fossilen Rückwärtsgewandtheit“. Damit könne, so die Hoffnung, die Marginalisierung der Linken überwunden werden.

Weil das Verlangen nach Revolution alleine nicht reicht

Weil „das Verlangen nach Revolution alleine nicht reicht“ stellt die iL im folgenden Abschnitt die Frage nach den richtigen Strategien: „Wie identifizieren wir nicht nur Konfliktfelder, sondern werden in ihnen handlungsfähig? Was sind kollektive Organisationsformen für das 21. Jahrhundert? Wie bauen wir gesellschaftliche Gegenmacht auf?“ Man setzt auf eine allmähliche Verschiebung der Kräfteverhältnisse und parallel dazu auf Intervention, wenn sich spontan die Gelegenheit ergibt, ein emanzipatorisches Projekt zu verfolgen: „Chancen erkennen und das zu tun, was unmöglich erscheint“.

Vergesellschaftung und Selbstverwaltung

Zentrale Forderung der iL ist der Kampf um Vergesellschaftung. Als Beispiel dafür wird die Kampagne ‚Deutsche Wohnen und Co. Enteignen‘ genannt. „Vergesellschaftung meint die umfassende Demokratisierung von Produktion und Reproduktion, indem sie aus der Kontrolle von Staat und Kapital befreit werden. […] Wenn Beschäftigte, Nutzer*innen und Mieter*innen sich demokratisch selbst verwalten und globale und gesamtgesellschaftliche Interessen berücksichtigen, verwirklicht sich das revolutionäre Potenzial von Vergesellschaftung.“ Es gehe darum, „Staat und Kapital zugunsten demokratischer Selbstverwaltung zurückdrängen“. Ohne explizit darauf hinzuweisen, erinnert dies ein wenig an das Konzept des demokratischen Konföderalismus von Abdullah Öcalan, auf das sich die iL mit Solidaritätskampagnen für die Revolution in Rojava immer wieder positiv bezogen hat.

Organisierung und Aktionsformen

Zentral bleibt die Frage der Organisierung. Diese „überwindet individuelle Ohnmacht und schafft Selbstermächtigung, […] fragt nicht nach der Legalität, sondern nach der Legitimität ihres Handelns und bestreitet damit das staatliche Gewaltmonopol.“ Vorgesehen sind weiterhin Aktionen massenhaften Ungehorsams mit dem Credo „offen sagen, was wir tun – und tun, was wir sagen“. Gleichwohl bewertet die iL dabei selbstkritisch die Ritualisierung von Aktionsformen der vergangenen Jahre, die oftmals schöne Bilder lieferten, aber zu keinen greifbaren Veränderungen führten.

Transnationale Perspektive und Praxis

Unter dem Punkt ‚solidarisch und organisiert kämpfen‘ kommt dann auch die transnationale Perspektive ins Spiel. Es gelte, „die nationale Beschränktheit unseres politischen Handelns hinterfragen und überschreiten. […] Insbesondere wollen wir uns zu Aufständen und revolutionären Projekten wie den Selbstverwaltungsstrukturen in Nord- und Ostsyrien/Rojava und den zapatistischen Gebieten in ein eigenes Verhältnis setzen.“ Generell will man den eurozentristischen Blickwinkel überwinden. Beim Vorhaben der Entwicklung einer transnationalen Praxis nimmt sich die iL dann auch vor, „engere Verbindungen mit denjenigen knüpfen, die sich die gleichen Fragen wie wir stellen und ein ähnliches Politikverständnis haben“. Explizit will man „die Lern- und Austauschprozesse mit unseren Genoss*innen der kurdischen Befreiungsbewegung, die bereits transnational agiert, verstetigen und intensivieren“.

Kooperation mit der kurdischen Bewegung

Tatsächlich war in der Geschichte der iL der Austausch und die Kooperation mit der kurdischen Bewegung schon einmal intensiver. Da gab es zum Beispiel als weithin sichtbaren Ausdruck die riesige PKK-Flagge getragen vom iL-Block anlässlich der G20-Demonstration in Hamburg oder den Geburtstagsgruß zum 40-jährigen Bestehen der PKK.

Eine Annäherung beider Bewegungen (iL und PKK) in dieser dunkler werdenden Zeit wäre ganz sicher zum gegenseitigen Vorteil. Am Ende ihres Grundsatzpapiers unter dem Punkt „Genoss*innenschaft leben“ werden Stichworte genannt, die auch in der kurdischen Freiheitsbewegung eine zentrale Rolle spielen: Kritik und Selbstkritik, Kultur der Ernsthaftigkeit, (Selbst-)Disziplin, Kritik der (toxischen) Männlichkeit … Die iL nimmt sich vor, eine linke Infrastruktur aufzubauen und „Orte der Solidarität“ zu schaffen. Ein erster Schritt könnte sein, die Orte der kurdischen Bewegung aufzusuchen, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen und die gegenseitigen Vorurteile und Momente der kulturellen Fremdheit zu überwinden.

Einladung zu Kritik und Debatte

In ihrer Pressemitteilung lädt die iL dazu ein, Zweifel, Lob, Weiterdenken und Kritik zum neuen Grundsatzpapier an ihre Mailadresse kontakt@interventionistische-linke.org zu schicken. Außerdem empfohlen wird der Debattenblog, auf dem Beiträge und durchaus kontroverse Debatten zu verschiedenen Themen veröffentlicht werden.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/il-herzlichen-glueckwunsch-pkk-7957 https://anfdeutsch.com/aktuelles/il-25-jahre-willkuer-und-keine-ende-7589 https://anfdeutsch.com/aktuelles/grusswort-der-il-zum-15-august-13238 https://anfdeutsch.com/hintergrund/gemeinsam-kaempfen-aber-wie-13139

 

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