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Schwerbehinderung: 4.000 € pro Person – diese Umbauten fördert die Pflegekasse

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Für Menschen mit Behinderung ist es oft notwendig, die Wohnung oder das Eigenheim barrierefrei umzubauen oder zumindest so zu gestalten, dass sie es mit ihrer Einschränkung nutzen können. Verschiedene Träger kommen infrage, um einen solchen Umbau zu tragen oder mindestens teilweise zu finanzieren.

Wann zahlt die Pflegeversicherung?

Die Pflegeversicherung übernimmt ab Pflegegrad 1 Zuschüsse von bis zu 4.000 Euro je Maßnahme und je pflegebedürftiger Person für bauliche Veränderungen (Wohnraumanpassung). Leben mehrere Pflegebedürftige in einem Haushalt, sind addiert bis zu 16.000 Euro möglich.

Voraussetzung: Die Umbauten erleichtern die häusliche Pflege bzw. ermöglichen eine selbstständige Lebensführung.
Wichtig: Antrag vor Baubeginn stellen und Kostenvoranschläge beifügen. Es gilt eine Vorversicherungszeit von mindestens zwei Jahren in den letzten zehn Jahren; Familienversicherung wird hierbei berücksichtigt.

Erneute Zuschüsse sind möglich, wenn sich die Pflegesituation wesentlich ändert (z. B. nach Sturz, Rollstuhlnutzung, höherer Pflegegrad).

Was müssen Sie beachten?

Stellen Sie den Antrag rechtzeitig und schildern Sie Ihre Wohnsituation konkret: Welche Barrieren bestehen? Welche Maßnahmen sind geplant? Warum sind sie notwendig? Fotos, Grundrisse, ärztliche Bescheinigungen und Empfehlungen aus dem Hilfsmittel-/Pflegealltag erhöhen die Nachvollziehbarkeit.

Die Pflegekasse kann den Medizinischen Dienst einschalten. Bewahren Sie keine Rechnungen „auf Verdacht“ auf: Ohne vorherige Genehmigung riskieren Sie, auf Kosten sitzenzubleiben.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV)

Die DRV kann im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) Wohnungshilfe bewilligen, wenn dies für die berufliche Teilhabe erforderlich ist – etwa Türverbreiterungen, Badumbau, Treppenlift oder Automatik-Türöffner, damit Arbeitsaufnahme oder -erhalt überhaupt möglich wird.

Es geht nicht um „privaten Komfort“, sondern um Barriereabbau mit Arbeitsbezug.
Zugang häufig über die 15-Jahres-Wartezeit (allgemeine Wartezeit), alternativ aber auch, wenn eine Erwerbsminderungsrente droht oder unmittelbar im Anschluss an eine medizinische Reha („Reha vor Rente“).

Maßgeblich ist, dass sich Betroffene im Erwerbsleben befinden oder dorthin (wieder) eingegliedert werden können.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA)

Auch die BA kann – wenn kein anderer Reha-Träger vorrangig zuständig ist – LTA gewähren. Dazu zählt ausdrücklich Wohnungshilfe nach § 49 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX: Beschaffung, Ausstattung und Erhalt einer behinderungsgerechten Wohnung, sofern dies erforderlich ist, um Arbeit aufnehmen, sichern oder ausüben zu können.

Maßgeblich ist also der Arbeitsbezug, nicht allein die „Erreichbarkeit“ des Arbeitsplatzes.

Inklusionsämter

Die Inklusionsämter leisten begleitende Hilfe im Arbeitsleben für schwerbehinderte Menschen (GdB ≥ 50; Gleichgestellte eingeschlossen) – unabhängig davon, ob jemand angestellt, selbstständig oder Beamter ist.

Möglich sind Zuschüsse u. a. für Wohnungsanpassungen oder Umzüge, wenn Reha-Träger wie DRV oder BA nicht zuständig sind. Die Leistungen sind nachrangig, schließen aber wichtige Lücken in der Praxis.

Die Gesetzliche Unfallversicherung

Ist Ihre Beeinträchtigung Folge eines Arbeits- oder Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit, ist die Berufsgenossenschaft der erste Ansprechpartner. Sie übernimmt Wohnungshilfe oft umfassend – einschließlich Umzugskosten, Makler, Planung und Umbau –, wenn dies zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit oder Teilhabesicherung erforderlich ist.

Eingliederungshilfe (SGB IX, Teil 2)

Außerhalb des Arbeitsbezugs kommt für Menschen mit (dauerhaften) Behinderungen die Eingliederungshilfe in Betracht. Sie fördert Leistungen zur sozialen Teilhabe, wozu auch barrierefreie Wohnsituationen und individuelle Wohnanpassungen gehören können.

Maßgeblich sind Behinderungsart, Bedarf und – je nach Leistung – Einkommens-/Vermögensregeln. Wer beruflich nicht (mehr) angebunden ist, sollte diese Option unbedingt prüfen.

KfW-Programme

Der frühere Zuschuss 455-B („Altersgerecht Umbauen – Barrierereduzierung“) ist derzeit nicht beantragbar. Es lohnt sich jedoch, Landes- und Kommunalprogramme sowie ggf. zinsgünstige Kredite zu prüfen.

Lassen Sie sich hierzu neutral beraten – beispielsweise über EUTB-Stellen oder Verbraucherzentralen.

Zuständigkeit klären: Ihr Antrag landet nie im Nirwana

Wenn Sie in der Vielfalt der möglichen Träger einen Fehler machen und Ihren Antrag an eine Behörde schicken, die nicht zuständig ist, gefährdet das nicht Ihr Anliegen. Nach § 14 SGB IX muss der unzuständige Träger binnen kurzer Fristen den Antrag an den richtigen Träger weiterleiten und Sie informieren.

Praktisch heißt das: Ein Antrag genügt, das „Reha-Träger-Karussell“ ist Sache der Behörden.

Was wird gefördert?

Die Förderung hängt von Ihrer speziellen Situation ab. Sie reicht von rollstuhlgerechten Wegen auf dem Grundstück über elektrische Türöffner bis zu barrierefreien Bädern, bodengleichen Duschen, rutschhemmenden Bodenbelägen, Höhenanpassungen von Arbeitsflächen, Treppenliften, Hebehilfen, Kontrast- und Orientierungssystemen oder intelligenten Tür-/Fenster- und Lichtsystemen.

Grundsätzlich steigen Ihre Chancen, je besser Sie den Bedarf belegen und die Alltagsrelevanz herausarbeiten.

Wer hilft Ihnen?

Bei allen möglichen Kostenträgern müssen Sie einen Antrag stellen, um eine Förderung zu erhalten. Unterstützung bieten Pflegestützpunkte, Reha-Servicestellen, EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung), Inklusionsämter sowie ambulante Pflegedienste.

Auch Selbsthilfegruppen, Peer-Beratung und ehrenamtliche Anlaufstellen sind wertvolle Lotsen.

Schnellüberblick: Wer ist wofür zuständig? Träger Wofür zuständig / Wichtige Punkte Pflegekasse Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen ab PG 1; bis 4.000 € je Maßnahme & Person, zusammen bis 16.000 €; Antrag vor Baubeginn; bei wesentlicher Veränderung erneut möglich. DRV LTA-Wohnungshilfe für berufliche Teilhabe; auch innerhalb der Wohnung; Zugang über 15 Jahre, drohende EM-Rente oder direkt nach Reha. BA LTA, wenn kein anderer Reha-Träger vorrangig; § 49 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX(Beschaffung/Ausstattung/Erhalt) bei Arbeitsbezug. Inklusionsamt Begleitende Hilfe im Arbeitsleben für (gleichgestellte) Schwerbehinderte; nachrangig, schließt Lücken; auch für Selbstständige/Beamte. Unfallversicherung Nach Arbeits-/Wegeunfall: umfassende Wohnungshilfe inkl. Umzug. Eingliederungshilfe Soziale Teilhabe außerhalb Arbeitsbezugs; barrierefreie Wohnlösungen nach Bedarf, teils unter Einkommens-/Vermögensheranziehung. KfW/Land KfW-Zuschuss 455-B derzeit ausgesetzt; ggf. Landes-/Kommunalprogramme prüfen.

 

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Parken für Rentner mit einer Schwerbehinderung: Diese Rechte kennen viele Betroffene noch nicht

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Viele Rentnerinnen und Rentner mit Schwerbehinderung verzichten täglich auf Möglichkeiten, die ihnen gesetzlich zustehen. Ein spezieller Parkausweis bietet erhebliche Entlastung im Alltag – etwa durch das Parken im Halteverbot oder auf gekennzeichneten Flächen in unmittelbarer Nähe zu Arztpraxen und Behörden.

Die Voraussetzungen für diese Erleichterungen sind jedoch nicht jedem bekannt – und auch nicht ganz einfach.

Was viele nicht wissen: Es reicht nicht aus, einfach einen Schwerbehindertenausweis zu besitzen. Entscheidend sind bestimmte Merkzeichen und eine konkret nachgewiesene Einschränkung der Mobilität. Zwei Ausweisformen eröffnen Betroffenen unterschiedliche Möglichkeiten – aber auch unterschiedliche Hürden bei der Beantragung.

Zwei Wege zur Parkerleichterung – und viele Stolperfallen

Der sogenannte orangefarbene Parkausweis ist innerhalb Deutschlands gültig. Er erlaubt es unter anderem, im eingeschränkten Halteverbot zu parken oder Stellflächen zu nutzen, die eigentlich für Anwohner reserviert sind.

Voraussetzung ist jedoch, dass der Betroffene sowohl das Merkzeichen „G“ (für erhebliche Gehbehinderung) als auch „B“ (für die Notwendigkeit einer Begleitperson) nachweisen kann. Zusätzlich muss eine schwere Funktionsstörung vorliegen – etwa an den Beinen, der Wirbelsäule oder inneren Organen, die das Gehen deutlich einschränkt.

Wer diese Kriterien erfüllt, kann sich mit dem orangefarbenen Ausweis viele Wege verkürzen. Doch gerade ältere Menschen wissen häufig nicht, dass sie dafür selbst aktiv werden müssen – und nicht automatisch berücksichtigt werden.

Der zweite, weitreichendere Weg ist der blaue EU-Parkausweis. Dieser erlaubt das Parken auf speziell ausgewiesenen Behindertenparkplätzen mit Rollstuhlsymbol – etwa vor Supermärkten oder Arztpraxen. Er wird Personen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung (Merkzeichen „aG“) oder mit Blindheit ausgestellt.

Der Vorteil: Der Ausweis gilt europaweit und ermöglicht ein barrierefreieres Leben über Landesgrenzen hinweg. Die Hürden für die Ausstellung sind allerdings höher, was ihn nur für eine engere Personengruppe zugänglich macht.

Der Grad der Behinderung entscheidet nicht allein

Ein häufiges Missverständnis besteht darin, dass allein der Grad der Behinderung (GdB) über die Parkerleichterung entscheidet. Doch das ist nicht der Fall. Vielmehr kommt es auf das konkrete Ausmaß der Bewegungseinschränkung und die zugewiesenen Merkzeichen an.

Ein hoher GdB, etwa 80 oder 90, reicht nicht aus, wenn keine außergewöhnliche Gehbehinderung oder Blindheit vorliegt. Das führt in der Praxis dazu, dass viele potenziell Anspruchsberechtigte durchs Raster fallen – nicht aus Mangel an Bedürftigkeit, sondern aufgrund fehlender Informationen oder formaler Kriterien.

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Wenn der Ausweis nicht reicht: Sonderregelungen möglich

Es gibt jedoch eine dritte Möglichkeit – für alle, die keine der beiden Ausweisformen erhalten, aber dennoch stark eingeschränkt sind. In solchen Fällen kann bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde eine individuelle Ausnahmegenehmigung beantragt werden. Voraussetzung ist eine erhebliche Einschränkung der Mobilität, etwa infolge chronischer Erkrankungen, schwerer Herz-Kreislauf-Leiden oder anderer belastungsabhängiger Beschwerden.

Die Entscheidung liegt im Ermessen der Behörde. Häufig werden ärztliche Atteste oder Berichte des Versorgungsamts verlangt. Wer sich unsicher ist, sollte vorab Beratung einholen – etwa bei Sozialverbänden, Behindertenbeauftragten der Kommunen oder spezialisierten Fachanwälten.

So funktioniert die Beantragung

Der erste Schritt zur Parkerleichterung beginnt beim eigenen Schwerbehindertenausweis. Dort sollten Betroffene prüfen, ob relevante Merkzeichen eingetragen sind. Ist dies der Fall, kann bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde ein Antrag gestellt werden. Je nach Ausweisart sind weitere Unterlagen wie ein Passbild oder medizinische Nachweise erforderlich.

Wichtig ist, sich nicht von bürokratischen Hürden abschrecken zu lassen – denn viele Anträge scheitern nicht an der Berechtigung, sondern am Aufwand.

Oft fehlt es an klaren Informationen. Dabei können schon kleine Hinweise – etwa vom Hausarzt, vom Sozialdienst oder aus einer Selbsthilfegruppe – den Anstoß geben, das Verfahren anzustoßen.

Konkrete Vorteile für den Alltag

Für viele Rentner ist der Weg vom Auto bis zur Arztpraxis oder zum Supermarkt eine Herausforderung. Wer etwa auf einen Rollator angewiesen ist oder Atemprobleme hat, profitiert enorm davon, näher am Ziel parken zu können. Parkerleichterungen ermöglichen das Abstellen des Fahrzeugs in Zonen, die anderen Autofahrern verwehrt bleiben – und sparen dadurch wertvolle Kraft und Zeit.

Besonders in Städten, wo Parkplätze knapp und Wege lang sind, kann ein Parkausweis darüber entscheiden, ob Betroffene selbstständig mobil bleiben oder auf Hilfe angewiesen sind. Das ist nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit, sondern der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

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Defense Ministry: SDF Violates Ceasefire Agreement, Targets Army eastern Aleppo

SANA - Syrian Arab News Agency - 9. Oktober 2025 - 12:19

The Syrian Democratic Forces (SDF) targeted Syrian Army positions east of Aleppo on Thursday claiming the live of one soldier and injuring several others, in a violation of the newly announced ceasefire agreement, the Media and Communications Directorate at the Ministry of Defense said.

“The (SDF) targeted Syrian Army positions near Tishrin Dam, east of Aleppo. One soldier was martyred and several others injured,” the Directorate told SANA in a statement.

The Directorate added that SDF have “violated the ceasefire agreement (announced Tuesday) more than 10 times by attacking Army positions along deployment lines in eastern Aleppo”.

Defense Minister General Murhaf Abu Qasra announced Tuesday that he had reached a ceasefire agreement during a meeting with Mazloum Abdi, the commander of the SDF, in Damascus.

“I have recently met with Mr. Mazloum Abdi in the capital, Damascus, where we agreed on a comprehensive ceasefire across all fronts and military positions in northern and northeastern Syria. The implementation of this agreement will begin immediately,” Abu Qasra wrote on X.

The ceasefire was reached following clashes erupted between SDF and Syrian Army in Aleppo’s Sheikh Maqsoud neighborhood Monday night, after SDF shelled nearby residential areas.

“The SDF continues fortification and entrenchment operations along all axes,” the statement added, noting that Syrian forces had intercepted communications related to planned attacks targeting the Army and security forces in Aleppo city.

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Sozialhilfe: Das Sozialamt muss Bestattungskosten übernehmen

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Sozialhilfe: Einer Bürgergeld Empfängerin, welche von ihrem verstorbenen Ehemann getrennt lebte, ist die Übernahme der Bestattungskosten nicht zuzumuten
Einer Bestattungspflichtigen ist die Übernahme der Kosten der Bestattung ihres verstorbenen Ehegatten nicht zuzumuten, wenn sie von diesem getrennt gelebt hat und das einzusetzende Einkommen die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII nur geringfügig übersteigt (Anschluss an BSG, Urt v 12. Dezember 2023 – B 8 SO 20/22 R – ).

Mit wegweisendem Urteil vom 26.08.2025 – L 8 SO 31/23 – gibt das LSG Sachsen bekannt, dass zu den ortsüblichen angemessenen Kosten einer Bestattung iSV § 74 SGB XII auch die Aufwendungen zählen, die auf die ordnungsbehördlich verfügte Bestattung des Verstorbenen in einem Urnenwahlgrab entstehen. Erforderlich können Kosten im Sinne des § 74 SGB XII auch sein, wenn sie über den Aufwendungen einer von der Ordnungsbehörde im Wege der Ersatzvornahme veranlassten Bestattung liegen.

Es obliegt den Trägern der Sozialhilfe, gegenüber den Ordnungsbehörden darauf hinzuwirken, dass diese keine Bestattungen zu sozialhilferechtlich unangemessenen Kosten vornehmen.

Besonders hervorheben tut das Gericht, das Sozialämter nicht lediglich fiktive Kosten für die kostengünstigere Beisetzung der Urne in einem Reihengrab ansetzen dürfen

Dem Bestattungspflichtigen dürfen mangels Rechtsgrundlage keine fiktive Kosten lediglich in Höhe eines kostengünstigeren Urnenreihengrabes zugebilligt werden. Denn die mangelnde Motivation der Klägerin, die Bestattung ihres verstorbenen Ehemannes zu veranlassen und der Umstand, dass sie gleichwohl Hinterbliebenenleistungen aus seiner Versicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland beantragt hat, darf jedenfalls nicht dazu verleiten, der Klägerin fiktive Kosten in Höhe der Differenz der Gebühren eines Urnengemeinschaftsgrabes und eines Urnenreihengrabes anzurechnen – dafür besteht keine Rechtsgrundlage.

Der Sterbevierteljahr-Bonus einer Witwenrente ist keine zweckbestimmte Leistung iSv §§ 11a SGB II, 83 SGB XII

Insbesondere die im Sterbevierteljahr gezahlten höheren Beträge dienen gerade auch zur Begleichung von Aufwendungen, die durch den Tod des Versicherten entstehen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 8 SO 20/22 R -).

Die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und der Sterbevierteljahrbonus dienten vielmehr demselben Zweck, nämlich der Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum bis zum Ende des dritten Monats nach dem Tod des Partners.

Der „Sterbevierteljahrbonus“ diene der Deckung der besonderen Aufwendungen in dieser Übergangsphase, die dem hinterbliebenen Ehegatten bei typisierender Betrachtung infolge des Todesfalls entstehen, z.B. in Form von Bestattungskosten oder den Kosten des Umzugs in eine kleinere Wohnung.

Die Übernahme der Bestattungskosten war hier der Klägerin nicht zuzumuten

Es entspricht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG ), dass zerrüttete Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Bestattungspflichtigen und dem Verstorbenen, die – wie hier – in der langjährigen Trennung der Eheleute liegen können, höhere Anforderungen an die Zumutbarkeit im Hinblick auf den Einsatz von die Einkommensgrenze nur geringfügig übersteigenden Einkommens begründen (Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 8 SO 20/22 R –; Urteil vom 4. April 2019 – B 8 SO 10/18 R – ).

Mit dem Getrenntleben sowie der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags sind daher weitgehende eherechtliche Folgen eingetreten, die sozialhilferechtlich die Einschätzung erlauben, dass zwischen der Klägerin und ihrem Ehegatten kein Wille mehr dafür bestanden hat, wechselseitig füreinander einzustehen.

Daran knüpft das Sozialrecht an

Zur Bedarfsgemeinschaft eines Leistungsempfängers zählt nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a SGB II nur ein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte. Die Auslegung des Begriffs des Getrenntlebens richtet sich auch im Rahmen des SGB II nach familienrechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16. April 2013 – B 14 AS 71/12 R – ).

Der Senat teilt daher die Ansicht der Vorinstanz, dass es der Klägerin nicht zuzumuten ist, die Kosten der Bestattung ihres verstorbenen Ehemannes zu tragen; zumal sie – im März 2018 über keinerlei Vermögenswerte verfügt hat.

Anmerkung vom Verfasser

Bei wirksamer Ausschlagung der verschuldeten Erbschaft ihres verstorbenen Mannes durch die Betreuerin ist es für eine im Pflegeheim wohnende Sozialhilfeempfängerin nicht zumutbar, die Bestattungskosten ihres Mannes zu bezahlen.

Der Leistungsträger muss die angemessenen Kosten der Bestattung für die mittellose Hilfeempfängerin übernehmen ( LSG BW L 2 SO 2100/23).

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Das Sozialamt muss Sozialhilfe für Deutschen im Ausland zahlen – Urteil

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Im Einzelfall muss das Sozialamt Minderjährigen Deutschen Sozialhilfe im Ausland gewähren

Minderjährigen Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann im Einzelfall Sozialhilfe zur Sicherstellung einer nach den dortigen Verhältnissen angemessenen Schulbildung gewährt werden, so die Entscheidung des Bundessozialgerichts zum Az. B 8 SO 11/16 R.

Nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII stünden Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland zwar im Ermessen des Sozialhilfeträgers, doch seien bei Vorliegen der sehr restriktiven Tatbestandsvoraussetzungen keine Erwägungen denkbar, die gleichwohl einen Leistungsausschluss rechtfertigen könnten. Insofern bestünde ein Ermessen lediglich hinsichtlich des „Wie“ der Leistungserbringung, nicht aber hinsichtlich des „Ob“.

Die Voraussetzungen des Hinderungsgrundes nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII lägen vor

Dieser Tatbestand sei dahin auszulegen, dass einem im Ausland mit den Eltern oder dem sorgeberechtigten Elternteil lebenden deutschen Kind bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Notlage Sozialhilfe zu gewähren sei, wenn es wegen des gewöhnlichen Aufenthalts seiner sorgeberechtigten Eltern und damit wegen seiner eigenen Pflege und Erziehung im Ausland (rechtlich) an einer Rückkehr gehindert sei.

Denn es komme nicht darauf an, ob den Eltern die Möglichkeit bestehe, nach Deutschland zurückzukehren. Das Verhalten bzw. der fehlende Rückkehrwille der Eltern könne den Kindern nicht zugerechnet werden ( so auch BSG, Urteil vom 21.9.2017 – B 8 SO 5/16 R – ).

Der unbestimmte Rechtsbegriff der außergewöhnlichen Notlage setzt in der Person desjenigen, der für sich Leistungen der Sozialhilfe beansprucht, besondere Lebensumstände voraus, welche die konkrete und unmittelbare Gefahr einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter begründen

Dazu zählen das Leben (Art 2 Abs 2 Satz 1 Alt 1 GG), die körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 Satz 1 Alt 2 GG), das menschenwürdige Existenzminimum (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) oder ein anderes grundrechtlich geschütztes Rechtsgut mit vergleichbar existentieller Bedeutung.

Eine außergewöhnliche Notlage liegt danach auch vor, wenn einem im Aufenthaltsland schulpflichtigen Deutschen die Mittel fehlen, die zur Sicherstellung seiner Teilhabe an einer nach den dortigen Verhältnissen angemessenen Schulbildung unbedingt erforderlich sind

Weil der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung der physischen Existenz und eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Bei schulpflichtigen Kindern wird dieses Mindestmaß vor allem durch Teilhabe an einer angemessenen Schulbildung gewährleistet, sodass notwendige Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten zum existentiellen Bedarf gehören.

Welche Schulbildung angemessen ist, richtet sich gemäß § 24 Abs 3 SGB XII nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.

Wann sind Leistungen der Sozialhilfe im Ausland unabweisbar

Das Kriterium der Unabweisbarkeit stellt als eigenständige Tatbestandsvoraussetzung eine unauflösbare Beziehung zwischen einer außergewöhnlichen Notlage und der begehrten Leistung her. Die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe im Ausland ist unabweisbar, wenn die Leistung nach Art und Umfang das einzige geeignete Mittel ist, um die unmittelbare und konkrete Gefahr für ein grundrechtlich geschütztes Rechtsgut mit existentieller Bedeutung abzuwenden.

Der Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen steht nicht entgegen, dass die Mutter des Klägers angefallenen Kosten zur Deckung existenzieller Bedarfe gegebenenfalls erst durch die Aufnahme von Darlehen begleichen konnte.

Nach der Rechtsprechung des Senats setzen Sozialhilfeleistungen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) nicht bei einer Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss.

Anmerkung vom Experten für Bürgergeld/ Sozialrecht Detlef Brock

Voraussetzungen des Anspruchs eines Deutschen auf Sozialhilfe im Ausland

Nach § 24 Abs 1 S 1 SGB 12 erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, grundsätzlich keine Leistungen. Hiervon kann bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Notlage abgewichen werden, wenn nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus einem der in S. 2 benannten Gründe nicht möglich ist.

Eine außergewöhnliche Notlage setzt die konkrete und unmittelbare Gefahr einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung existenzieller Rechtsgüter voraus.

Die Notlage muss so außergewöhnlich sein, dass sie nur durch die Gewährung von Sozialhilfeleistungen zu beseitigen ist.

Eine außergewöhnliche Notlage ist – nicht – anzunehmen, wenn der Betroffene lediglich bedürftig ist, also überhaupt eine Notlage besteht. Vielmehr muss das physische Existenzminimum nach den örtlichen Verhältnissen konkret und unmittelbar gefährdet sein ( LSG Niedersachsen Az. L 8 SO 77/20 ).

Praxistipp vom Experten

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt Folgendes:

Das Merkmal der Unmöglichkeit der Rückkehr kann auch dann erfüllt sein, wenn eine Rückkehr einen Schaden hervorruft, der bei wertender Abwägung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 24 SGB XII ein Rückkehrverlangen der Behörde schlechthin ausschließt, etwa wenn im Falle einer Rückkehr schwere gesundheitliche Schäden zu erwarten sind (vgl. BSG Urteil vom 21.09.2017 – B 8 SO 5/16 R).

Sozialhilfe für Deutsche die im Ausland leben, wenn das Kind eine schwere Pflegebedürftigkeit hat
1. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit der Kindes kann einen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XII Grund darstellen, warum die Antragsteller daran gehindert waren, nach Deutschland zurück zu kehren.
2. Das Gleiche gilt für die Mutter und den Vater die aufgrund von Art. 6 GG ebenfalls an der Rückkehr gehindert würden ( LSG NRW Az. L 9 SO 108/22 ).

Sozialhilfe-Anspruch für Deutsche im Ausland wenn das Kind pflegebedürftig ist

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Bürgergeld: Bei Partnerschaft auf Probe muss dann doch der Partner zahlen

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Von einer Bedarfsgemeinschaft im Rahmen des Bürgergelds kann auch bei einem Zusammenleben unter einem Jahr ausgegangen werden, wenn besonders gewichtige Umstände die Annahme einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft rechtfertigen, zum Beispiel bei längerer Vorbeziehung, Aufnahme des Partners in die eigenen Versicherungen, Abgabe der gemeinsamen Erklärung: Ja, wir sind ein Paar.

So zu mindestens die Ansicht des Sozialgericht Lüneburg, Urt. v. 15.03.2024 – S 19 AS 38/21 – .

Begründung: Beide bilden eine Bedarfsgemeinschaft

Bei dem Kläger und der Zeugin handelt es sich zum Zeitpunkt der Antragstellung um eine Bedarfsgemeinschaft, davon war das Gericht überzeugt.

Der Kläger und die Zeugin sind erst kurz vor Antragstellung auf das Bürgergeld zusammen gezogen, sie kannten sich jedoch bereits seit Beginn der Ausbildung ( somit seit mehreren Jahren ) und waren auch vor dem Zusammenzug ein Paar.

Partnerschaftliche Verteilung der Hausarbeiten

Während des Zusammenlebens kümmerte sich hauptsächlich die Zeugin um die Wäsche. Die Aufgaben wurden auch partnerschaftlich verteilt.

Beide gaben in der Verhandlung an: Ja, wir sind ein Paar

Der Kaufvertrag für die Küche und auch der Mietvertrag wurde von beiden unterschrieben, was ein gemeinsames Wirtschaften erkennen lässt.

Leistungsbezieher wurde in die Versicherungen der Partnerin aufgenommen

Die Zeugin nahm den Kläger zur Absicherung in ihre bestehende Versicherungsverhältnisse auf, wie etwa Haftpflicht, Unfallversicherung, worin das Gericht gemeinsame Sorge und Verantwortung füreinander sah. In der Gesamtschau dieser Umstände ist das Bestehen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zu sehen.

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Bürgergeld: Widerspruch gegen Bedarfsgemeinschaft stellen

Denn:
Auch wenn die Partnerschaft erst seit kurzer Zeit bestand und auch das Lebensalter beider sehr jung war, ist es kennzeichnend für eine Bedarfsgemeinschaft, dass diese einen Anfang hat, während dessen man das Zusammenleben ausprobiert.

Ohne diese Phase handelte es sich gerade nicht um eine Partnerschaft, sondern um eine bloße Wirtschaftsgemeinschaft, so das Gericht.

Partnerschaft auf Probe

So haben sich aber weder der Kläger noch die Zeugin verstanden. Vielmehr stand im Vordergrund, ein gemeinsames Zusammenleben und die Partnerschaft auszuprobieren. Die Leistungen waren aufgrund des Gesagten unter Zugrundelegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der gesamten Bedarfsgemeinschaft zu berechnen.

Anmerkung

Für das Paar ist es hier ganz dumm gelaufen, bei diesen Voraussetzungen ist natürlich klar, dass man sie als Bedarfsgemeinschaft sieht, weil

1. Schon vor der Antragstellung auf ALG II waren sie ein Paar – Partnerschaft auf Probe
2. Aufnahme des Partners in bestehende Versicherungsverhältnisse
3. Gemeinsames Unterzeichnen des Mietvertrages, gemeinsamer Kauf von Einrichtungsgegenständen, gemeinsame Unterschrift unter Kaufvertrag
4. Gemeinsame Erklärung vor Gericht: Jawohl wir sind ein Paar

Fazit:
Eigentlich ohne Worte, denn sie waren wohl ein Paar, zu mindestens nach diesen belastenden Aussagen. Was können Betroffene bei Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft schon im 1. Jahr tun?

Eigentlich kurze und knackige Antwort, Sofort Widerspruch und Eilverfahren, denn sehr, sehr oft haben die Jobcenter eins vergessen:
Nämlich genau zu ermitteln und nicht nur zu vermuten, ohne aber Beweise zu haben!

Was Anderes gilt, wenn:
Die Vermutung der eheähnlichen Gemeinschaft erst bei einem über einjährigen Zusammenwohnen findet selbst in Eilverfahren keine Anwendung, wenn zB durch polizeiliche Ermittlungsergebnisse die besondere Nähe und Intensität einer eheähnlichen Beziehung belegt ist ( Rechtsprechung LSG Bayern ).

Noch ein Hinweis zu einem Urteil, weil es auch für die Antragsteller gar nicht gut lief: Auch dann, wenn Partner kürzer als ein Jahr zusammenleben, kann eine Bedarfsgemeinschaft angenommen werden, wenn besonders gewichtige Umstände die Annahme einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft rechtfertigen, hier längere Vorbeziehung und Schwangerschaft ( SG Potsdam, Urteil vom 29. September 2023 – S 44 AS 675/21 – ).

Kritischer Beitrag von Rechtsanwalt Matthias Göbe, Berlin

Kürzung Bürgergeld unmittelbar nach dem Zusammenziehen mit dem Partner?! Zitat:

„In meiner Kanzlei erlebe ich häufig, dass die Jobcenter bereits beim erstmaligen Zusammenziehen von zwei Partnern in eine Wohnung von einer Bedarfsgemeinschaft der beiden Personen ausgehen, so dass jeder von ihnen nur noch 90 % der Regelleistung erhält und auch Einkommen und Vermögen wechselseitig angerechnet werden.

Diese Vorgehensweise ist jedoch in den meisten Fällen unzulässig, denn der Gesetzgeber billigt den Partnern quasi ein Jahr Probezeit zu, um herauszufinden, ob man bereit ist, wirklich für den Anderen auch finanziell Verantwortung zu übernehmen.

Erst nach einem Jahr des Zusammenwohnens müssen die Partner nachweisen, dass sich diese Verantwortung nicht entwickelt hat, etwa weil innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt gewohnt wird und auch getrennt gewirtschaftet wird.

Innerhalb des ersten Jahres des Zusammenwohnens kann das Jobcenter somit nicht automatisch von einer Partnerschaft, die zu einer Bedarfsgemeinschaft führt, ausgehen, sondern nur in besonderen Fällen, wie etwa der Existenz eines gemeinsamen Kindes. „Quelle: www.anwalt.de”

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Bürgergeld: Jobcenter muss für Mietschulden zahlen

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Ein Jobcenter muss einer Mutter und ihrem Sohn vorläufig ein Darlehen gewähren, um Mietschulden in Höhe von 2047 Euro zu tilgen. So entschied das Sozialgericht Magdeburg (S 18 AS 193/17).

Übergangsgeld, dann Grundsicherung

Die Betroffene stellte für sich und ihren minderjährigen Sohn am 29.12.2016 einen Antrag auf Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II beim zuständigen Jobcenter. Von August bis Dezember diesen Jahres führte sie eine medizinische Rehabilitation durch.

Der Grund für diese Maßnahme war ihre Drogenerkrankung. Sie bezog in dieser Zeit Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland.

Zum Zeitpunkt der Klage vor dem Sozialgericht erhielt sie außerdem Kindergeld in Höhe von 192,00 Euro sowie einen Unterhaltsvorschuss vom Landkreis Harz in Höhe von 201,00 Euro.

Sie hatte einen Antrag auf Krankengeld gestellt, der noch nicht bescheiden war. Da sie aufgrund einer Fraktur des Arms arbeitsunfähig war, ruhte zur Zeit der Klage ihr Restanspruch auf Arbeitslosengeld.

Gemeinsame Wohnung von Mutter und Kind

Seit September 2015 lebte sie mit ihrem Sohn in einer Dreiraum-Wohnung mit einer Gesamtmiete von 439,00 Euro. Das Jobcenter bewilligte von Dezember 2016 bis Mai 2017 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (heute Bürgergeld).

Antrag auf Darlehen wegen Mietschulden

Am 02.01.2017 stellte die Betroffene beim Jobcenter einen Antrag auf die Gewährung eines Darlehens, um Mietschulden in Höhe von 2047 Euro.

Sie begründete dies damit, dass ihr die Kündigung drohe, falls sie die Schulden nicht ausgleiche und sie dann mit ihrem Kind auf der Straße sitze. Sie fügte ein „Übergabeprotokoll/Auszug nach fristloser Kündigung am 2.1.2017“ ihres Vermieters bei.

Mietschulden von über 2000 Euro

In diesem stand: „Heute übergibt die Mieterin …, die Wohnung mit sämtlichen Schlüsseln, an den Vermieter … Die Mieterin erhält einen Schlüssel zurück, um bis zum 22.1.2017 Ihre restlichen Sachen aus der Wohnung zu räumen. Alles was sich am 23.1.2017 noch in der Wohnung befindet, darf der Vermieter auf Kosten der Mieter entsorgen. Die Miete ist bis zum 23.1.2017 weiterzuzahlen.“

Die Betroffene fügte dem Antrag außerdem eine vorhergehende Mahnung des Vermieters bei. Diese zeigte Mietrückstände und Mahngebühren seit September 2015 in Höhe von insgesamt 2047 Euro.

Mutter und Tochter können Wohnung behalten, wenn sie die Schulden bezahlen

Am 23.01.2017 teilte der Vermieter der Mutter jedoch schriftlich mit, dass sie und ihr Kind in der Wohnung bleiben könnten, wenn sie die Mietschulden so schnell wie möglich begleichen würden.

Zum Zeitpunkt der Klage der Betroffenen vor dem Sozialgericht hatte weder eine Räumung stattgefunden noch gab es eine Räumungsklage.

Jobcenter weigert sich, Darlehen zu gewähren

Das Jobcenter weigerte sich, ein Darlehen für die Mietschulden zu gewähren. Es begründete die Ablehnung damit, dass die Kosten der Unterkunft die Grenze der Angemessenheit übersteigen würden. Es sei auch nicht gesichert, dass die Unterkunft durch die Bezahlung der Schulden längerfristig gesichert sein könnte.

Mutter legt Widerspruch ein

Die Mutter legte Widerspruch beim Jobcenter ein. Hier argumentierte sie, dass ihrem minderjährigen Sohn ohne das Darlehen Obdachlosigkeit drohe. Zudem könne sie aufgrund ihrer Mietschulden keine andere Wohnung mieten.

Sie räumte ein, die Rückstände seinen in Zusammenhang mit ihrer Drogenerkrankung entstanden. Der Vermieter akzeptiere keine Ratenzahlung.

Der Widerspruch war zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung noch nicht entschieden.

Antrag auf einstweilige Anordnung

Die Betroffene stellte am 24.01.2017 einen Antrag beim Sozialgericht Magdeburg auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, in dem er auch im die Übernahme der Mietschulden per Darlehen ging. Die Betroffene erklärte darin, dass die Wohnungsbaugesellschaft mbH ihr mitgeteilt habe, dass sie eine Vermieterbescheinigung ohne Mietschulden benötige.

Das Gericht entscheidet zugunsten der Mutter

Die Richter erklärten den Antrag für begründet und verpflichtete die Behörde, die Schulden per Darlehen zu übernehmen. Das Jobcenter müsse auch Mietschulden unternehmen, wenn dies die Unterkunft sichern oder eine vergleichbare Notlage beheben könne. Solch ein Fall liege hier vor, denn ohne die Schulden zu bezahlen, drohe Wohnungslosigkeit.

Miete ist angemessen

Das Gericht erklärte auch das angebliche Überschreiten einer Angemessenheitsgrenze nicht für schlüssig. So dürfe das Jobcenter nicht den gesamten Harz als Maßstab nehmen, sondern es ginge um die Bedingungen vor Ort, in Halberstadt. Hier würde die Miete der Wohnung der Mutter und ihres Sohnes die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht überschreiten.

Der Schutz des Kindes ist besonders wichtig

Die Richter maßen besonderes Gewicht dem Schutz des minderjährigen Sohnes bei. Für diesen können sich ein Wechsel der Unterkunft negativ auf den Schulweg auswirken, oder er müsse sogar die Schule wechseln.

Richter sehen Prognose für die Mutter positiv

Das Gericht erstellte zudem eine positive Prognose für die Mutter. Die Mitschulden seien aufgrund ihrer Drogenprobleme entstanden.

Wegen dieses Missbrauchs habe sie freiwillig und erfolgreich eine Rehabilitation durchgeführt. Sie verspreche nicht nur, keine weiteren Mietschulden anzuhäufen, sondern sie sei auch damit einverstanden, dass das Jobcenter die Miete direkt an den Vermieter auszahle.

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Pflegegeld: Hat man bei einem Pflegegrad 1 Anspruch auf eine Haushaltshilfe?

Lesedauer 3 Minuten

Ja: Mit Pflegegrad 1 haben Sie grundsätzlich Anspruch darauf, haushaltsnahe Unterstützung – landläufig „Haushaltshilfe“ genannt – über den Entlastungsbetrag zu finanzieren. Seit 1. Januar 2025 beträgt dieser Anspruch bis zu 131 Euro pro Monat und kann für Hilfen im Haushalt sowie weitere anerkannte Entlastungsangebote eingesetzt werden.

Voraussetzung ist, dass die Hilfe von einem anerkannten Dienst oder einer nach Landesrecht zugelassenen Nachbarschaftshilfe erbracht wird und die Pflege zu Hause stattfindet. Ein reguläres Pflegegeld oder ambulante Pflegesachleistungen gibt es in Pflegegrad 1 hingegen nicht.

Was „Haushaltshilfe“ im Kontext der Pflegeversicherung bedeutet

Im Sprachgebrauch meint Haushaltshilfe Tätigkeiten wie Putzen, Wäsche, Einkaufen oder Begleitung zum Arzt. In der Pflegeversicherung werden diese Leistungen als Hilfen bei der Haushaltsführung bzw. Angebote zur Unterstützung im Alltag geführt.

Für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 ist der zentrale Zugang hierzu der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI, den die Pflegekasse nach Rechnungserhalt erstattet.

Das Geld ist zweckgebunden und darf nur für qualitätsgesicherte, anerkannte Leistungen eingesetzt werden. Unabhängig vom allgemeinen Gesetzestext, der lange 125 Euro als Richtwert nannte, stellt das Bundesgesundheitsministerium klar: Seit 2025 liegt der Betrag bei 131 Euro monatlich.

Diese Besonderheit gilt ausgerechnet für Pflegegrad 1

Die Pflegeversicherung sieht bei Pflegegrad 1 kein Pflegegeld und keine regulären ambulanten Pflegesachleistungen vor.

Gleichzeitig räumt sie hier eine Besonderheit ein: Der Entlastungsbetrag darf – anders als in den höheren Pflegegraden – auch für bestimmte körperbezogene Pflegeleistungen eines zugelassenen Pflegedienstes (etwa Unterstützung beim Duschen) verwendet werden. Das ist wichtig, weil so in der Praxis mit demselben Budget sowohl haushaltsnahe Hilfen als auch punktuelle pflegerische Unterstützung finanziert werden können.

So kommen Sie in der Praxis zur erstatteten Haushaltshilfe

Ein gesonderter Antrag auf den Entlastungsbetrag ist in der Regel nicht nötig; der Anspruch besteht automatisch, sobald ein Pflegegrad vorliegt und die Pflege häuslich erfolgt.

Sie beauftragen einen anerkannten Dienst oder eine nach Landesrecht zugelassene Nachbarschaftshilfe, lassen sich die Leistung in Rechnung stellen und reichen die Belege bei der Pflegekasse ein – manche Anbieter rechnen direkt mit der Kasse ab.

Achten Sie unbedingt darauf, dass der Anbieter anerkannt ist; sonst kann die Kasse die Erstattung ablehnen. Nicht verbrauchte Beträge werden monatlich weitergeschoben und können bis zum Ende des folgenden Halbjahres genutzt werden.

Wofür sich der Entlastungsbetrag konkret einsetzen lässt

Mit Pflegegrad 1 können Sie die 131 Euro unter anderem für haushaltsnahe Dienstleistungen einsetzen, also für Reinigung, Wäsche, Einkaufen, Essen zubereiten, Begleitung oder stundenweise Betreuung.

Zusätzlich ist der Einsatz für Leistungen eines zugelassenen Pflegedienstes möglich, einschließlich bestimmter körperbezogener Hilfe. Auch Tages- und Nachtpflege oder Kurzzeitpflege dürfen über den Entlastungsbetrag mitfinanziert werden, etwa für Zuzahlungen oder ergänzende Stunden.

Wichtiger Abgrenzungspunkt: Haushaltshilfe der Krankenkasse (§ 38 SGB V)

Neben der Pflegeversicherung existiert eine zweite, oft verwechselte Leistung: die Haushaltshilfe der gesetzlichen Krankenkasse bei Krankheit, Schwangerschaft/Entbindung oder nach einer Operation. Sie ist nicht an einen Pflegegrad gekoppelt.

Typischerweise greift sie, wenn wegen Krankheit der Haushalt vorübergehend nicht weitergeführt werden kann und ein Kind unter 12 Jahren oder ein Kind mit Behinderung im Haushalt lebt; dann kann die Kasse bis zu 26 Wochen eine Haushaltshilfe finanzieren.

Diese SGB-V-Leistung folgt eigenen Regeln, umfasst üblicherweise eine Zuzahlung und setzt eine medizinische Begründung sowie das Fehlen anderer im Haushalt lebender Hilfspersonen voraus. Für rein pflegebedingte Alltagshilfen ist hingegen der Entlastungsbetrag zuständig.

Häufige Stolperfallen in der Praxis

In der Erstattungspraxis kommt es immer wieder zu Problemen, wenn private, nicht anerkannte Reinigungskräfte beauftragt werden. Deren Rechnungen dürfen die Pflegekassen regelmäßig nicht über den Entlastungsbetrag erstatten.

Abhilfe schafft die Beauftragung anerkannter Dienste oder – je nach Landesrecht – registrierter Nachbarschaftshelferinnen und -helfer. Klären Sie außerdem mit dem Anbieter, ob Direktabrechnung mit der Pflegekasse möglich ist; das erspart Vorfinanzierung.

Ergänzende Leistungen, die Sie kennen sollten

Pflegegrad 1 eröffnet neben dem Entlastungsbetrag weitere, zweckgebundene Unterstützungen, die indirekt den Haushalt entlasten können. Dazu zählen Pflegeberatung, Pflegehilfsmittel sowie Zuschüsse zur Wohnraumanpassung oder für digitale Pflegeanwendungen.

Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel – etwa Handschuhe oder Desinfektion – werden seit 2025 bis zu 42 Euro monatlich erstattet. Diese Leistungen ersetzen keine Haushaltshilfe, erleichtern aber den Alltag.

Fazit: Bei Pflegegrad 1 Anspruch auf Haushaltshilfe

Wer Pflegegrad 1 hat, hat keinen Anspruch auf Pflegegeld oder reguläre Pflegesachleistungen, sehr wohl aber auf haushaltsnahe Unterstützung über den Entlastungsbetrag von 131 Euro im Monat.

Wichtig ist die Wahl eines anerkannten Angebots; dann erstatten die Pflegekassen die Kosten gegen Nachweis. Parallel existiert die Haushaltshilfe der Krankenkasse für krankheitsbedingte Ausfälle – eine andere, vom Pflegegrad unabhängige Leistung. Wer beide Systeme sauber trennt und die formalen Anforderungen beachtet, bekommt die notwendige Hilfe rechtssicher finanziert.

Quellenhinweise: Maßgeblich für Höhe, Voraussetzungen und Verwendungszwecke des Entlastungsbetrags sowie die Sonderregelung in Pflegegrad 1 sind die Informationsseiten des Bundesgesundheitsministeriums mit Stand Februar 2025.

Die Regeln zur Anerkennung von Anbietern in Niedersachsen sowie zu Nachbarschaftshilfe stammen aus den Veröffentlichungen des Landes. Die SGB-V-Haushaltshilfe beruht auf § 38 SGB V sowie begleitenden Informationen der Krankenkassen und der Verbraucherzentralen.

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Der Donut des Wohlstands und Genosse Guterres‘ Krieg gegen den Kapitalismus – Klimawirksame Ablenkung von der Wirtschaftsleistung

Gastbeitrag von David Middleton: „Beenden wir die Armut, indem wir Wohlstand neu definieren?“

Alles, was von UN-Generalsekretär Guterres vorgeschlagen und von der Redaktion von Nature unterstützt wird, sollte mit äußerster Voreingenommenheit ignoriert werden!

Schluss mit der BIP-Manie: Wie die Welt Wohlstand wirklich messen sollte
  • REDAKTION, 01. Oktober 2025

Die Fixierung auf die Wirtschaftsleistung als Maßstab für menschliche Entwicklung rückt die Nachhaltigkeit in den Hintergrund. Forscher können nun dazu beitragen, bessere Indikatoren zu entwickeln.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York sorgte letzte Woche für zahlreiche Schlagzeilen. Eine wichtige politische Initiative des Weltorgans wurde jedoch nicht von den Staats- und Regierungschefs diskutiert, obwohl dies eigentlich hätte geschehen sollen. UN-Generalsekretär António Guterres hat eine hochrangige Expertengruppe zusammengestellt, die neue Indikatoren für den menschlichen und globalen Wohlstand vorschlagen soll, die über das BIP hinausgehen.

[…]

Guterres‘ Projekt heißt „Beyond GDP“, weil es notwendig ist, über den weltweit wichtigsten Indikator für wirtschaftlichen Fortschritt hinauszugehen: das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
[im englischen GDP  gross domestic product].

[…]

Das 14-köpfige Gremium unter dem gemeinsamen Vorsitz der Ökonomen Kaushik Basu von der Cornell University in Ithaca, New York, und Nora Lustig von der Tulane University in New Orleans, Louisiana, berät über eine breite Palette von Indikatoren, die jeweils das gleiche Gewicht wie das BIP haben sollen. Es ist ein äußerst ehrgeiziges Unterfangen – und außerordentlich komplex.

Wie komplex dies genau ist, wird in einem Artikel in Nature dieser Woche dargelegt. Die Ökonomen Andrew Fanning und Kate Raworth vom Doughnut Economics Action Lab in Oxford, Großbritannien, beschreiben einen Satz von 35 sozialen und ökologischen Indikatoren, der einige Antworten auf die vom Gremium untersuchten Fragen zu liefern versucht. Sie berichten von 13 ökologischen Indikatoren, die auf dem von Umweltwissenschaftlern entwickelten Rahmen der planetaren Belastungsgrenzen basieren.

[…]

Dieses Werk erweitert Raworths ursprüngliche Idee eines „sicheren und gerechten Raums für die Menschheit“ …

[…]

Die jüngste Studie und die UN-Initiative bieten Forschern aus allen Wirtschaftsbereichen die Möglichkeit, zusammenzuarbeiten, um das bestmögliche Ergebnis für Mensch und Umwelt zu erzielen. Wie Raworth in Doughnut Economics schrieb: „Wir haben Volkswirtschaften, die wachsen müssen, unabhängig davon, ob sie uns Wohlstand bringen oder nicht. Was wir brauchen, sind Volkswirtschaften, die uns Wohlstand bringen, unabhängig davon, ob sie wachsen oder nicht.“

Wenn man das BIP durch „35 soziale und ökologische Indikatoren“ ersetzt, werden die Kosten des aussichtslosen Kampfes gegen den Klimawandel offensichtlich irrelevant.

Hier ist ein Teil der sehr abstrakten Zusammenfassung ihres Artikels:

Nature 646 , 7 (2025) doi: https://doi.org/10.1038/d41586-025-03144-y

[vorstehender Link führt hier hin: https://stephenheins.substack.com/p/headline-the-doughnut-of-prosperity]

Natur https://www.nature.com/articles/d41586-025-03144-y

    • Veröffentlicht: 01. Oktober 2025
Ein Donut aus sozialen und planetarischen Grenzen überwacht eine Welt aus dem Gleichgewicht

Abstrakt

Das ringförmige Rahmenwerk der sozialen und planetaren Belastungsgrenzen (der „Doughnut“) bietet eine prägnante visuelle Bewertung des Fortschritts auf dem Weg zum Ziel, die Bedürfnisse aller Menschen im Rahmen der Möglichkeiten des lebenden Planeten zu erfüllen 1 , 2 , 3 . Hier präsentieren wir ein erneuertes Ringwerk mit einem überarbeiteten Satz von 35 Indikatoren, die Trends bei sozialer Benachteiligung und ökologischer Überschreitung für den Zeitraum 2000–2022 überwachen. Obwohl sich das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) mehr als verdoppelt hat, zeigen unsere Medianwerte einen bescheidenen Erfolg bei der Verringerung der menschlichen Benachteiligung, der sich verfünffachen müsste, um die Bedürfnisse aller Menschen bis 2030 zu erfüllen. Unterdessen müsste der Anstieg der ökologischen Überschreitung sofort gestoppt und in Richtung der planetaren Belastungsgrenzen fast doppelt so schnell voranschreiten, um die Stabilität des Erdsystems bis 2050 zu gewährleisten.

[…]

Fanning & Raworth, 2025

Übersetzung: „Obwohl sich das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) mehr als verdoppelt hat“, fühlen wir uns nicht gut dabei und möchten das BIP durch etwas ersetzen, das uns ein besseres Gefühl gibt.

Hier ist der „Donut des Wohlstands“ …

Abb. 1: Aktueller globaler Stand der Unter- und Überschreitung der sozialen und planetaren Grenzen. Fanning & Raworth, 2025

Der innere Ring des Donuts stellt ihre willkürliche Schätzung einer „sozialen Grundlage“ dar. Die Keile innerhalb des inneren Rings stellen ihre willkürlichen Defizite unterhalb dieser Grundlage dar. Der äußere Ring des Donuts stellt ihre willkürliche Schätzung einer planetarischen „ökologischen Obergrenze“ dar … einer „ vorindustriellen Holozän-Basislinie “. Die Keile stellen ihre willkürlichen Schätzungen dar, inwieweit der Kapitalismus zu Überschreitungen dieser „vorindustriellen Holozän-Basislinie“ geführt hat.

Offensichtlich werden die Kosten für die Bekämpfung des Klimawandels, den Verlust der Artenvielfalt, die Umwandlung von Land, die Störung der Süßwasserversorgung, die Nährstoffverschmutzung (WTF?), die chemische Verschmutzung und die Stärkung der „sozialen Grundlage“ irrelevant, wenn wir Wohlstand einfach mit dem „Donut des Wohlstands“ statt mit dem guten alten US-Dollar messen … Das gibt der Redewendung „Dollar in Donuts“ eine ganz neue Bedeutung. Oder vielleicht auch keine neue Bedeutung. Donuts gelten in diesem rhetorischen Stil als wertlos … und das, obwohl ein Donut oft mehr als 1 Dollar pro Stück kostet .

Wie dem auch sei, ich würde wetten, dass George Orwell Folgendes über den „Donut des Wohlstands“ zu sagen hätte.

[Da ich nicht weiß, ob die Bildrechte schon frei verfügbar sind, hier der Text:]
Manche Ideen sind so blöd, dass nur Intellektuelle an sie glauben.

Quelle: https://www.azquotes.com/quote/445662

Referenz

Fanning, AL, Raworth, K. Der Donut sozialer und planetarischer Grenzen überwacht eine Welt aus dem Gleichgewicht. Nature 646 , 47–56 (2025). https://doi.org/10.1038/s41586-025-09385-1

https://wattsupwiththat.com/2025/10/03/the-doughnut-of-prosperity-and-comrade-guterres-war-on-capitalism/

 

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Vortrag und Demonstration in Jena: Hoffnung und Widerstand

An der Universität in Jena finden derzeit die „Alternativen Orientierungstage für Studierende“ statt. In diesem Rahmen hat das lokale Komitee der Kampagne „Women Defend Rojava“ (WDR) eine Veranstaltung organisiert, bei der über die kommunalen Basistrukturen und die politischen Arbeiten der Frauen in der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) informiert worden ist. Rund 50 Interessierte folgten dem Vortrag, in dessen Anschluss gemeinsam an einer Demonstration gegen die aktuellen Angriffe auf die kurdischen Stadtviertel in Aleppo teilgenommen wurde.

Die Kommune als Kern der Selbstverwaltung

Zwei WDR-Aktivistinnen haben im Rahmen der Kampagne vergangenes Jahr an einer Delegation in die DAANES teilgenommen. Nach einer allgemeinen Vorstellung der Kampagne und der Region, teilten sie ihre Eindrücke und Erfahrungen der Reise und berichteten von verschiedenen Orten, die sie besucht hatten.

So hatten sie die Möglichkeit eine Kommune in Qamişlo kennenzulernen und deren verschiedenen Kommissionen, wie beispielsweise die Jugend, Gerechtigkeitskommission, Frauen und Finanzen, zu treffen. Die Aktivistinnen erklärten die Rolle der Kommune und deren Bedeutung innerhalb der Selbstverwaltung.

Die Frauenstrukturen

Eine weitere Struktur der Basisarbeit, so die Referentinnen, sei das Mala Jin (dt. Frauenhaus), ein Frauenzentrum, in dem Frauen durch Mediation Probleme lösen. Die Aktivistinnen führten im Folgenden dessen Entstehungsgeschichte aus und gingen näher auf die konkreten Arbeiten dieser Institution ein.

Außerdem berichteten sie von Sara, einer Organisation, die sich vor Gericht für die Rechte der Frauen einsetzt. Abschließend stellten sie mit dem Frauenfernsehsender JinTV ein Beispiel der Frauenpresse vor, durch welche die Werte der Frauen und der Revolution in die Öffentlichkeit getragen würden.

Hoffnung und Widerstand

Die Aktivistinnen vermittelten sowohl, was ihnen die Menschen vor Ort erzählt hatten, als auch ihre eigenen Eindrücke und Erfahrungen. Zum Abschluss der Veranstaltung wurden die aktuelle Situation und die Entwicklungen in der Region thematisiert.

Im anschließenden Gespräch wurde zur Sprache gebracht, dass die Revolution in Rojava viel Hoffnung auf ein anderes, solidarisches Zusammenleben gebe. Zugleich wurde diskutiert, dass es in Deutschland eine andere Geschichte und Ausgangslage gebe, an die angeknüpft werden müsse. Viele Teilnehmende äußerten großen Respekt gegenüber der Revolution, ihrem alltäglichen Widerstand und ihren Kämpfen und sahen darin auch ein Vorbild für Deutschland.

Kraftvoller Protest

Nach der Veranstaltung fand auf dem Holzmarkt in Jena eine Demonstration statt. Zahlreiche Menschen versammelten sich, um auf die aktuelle Lage in Syrien, insbesondere in Aleppo, aufmerksam zu machen und die Bedeutung eines demokratischen Syriens zu betonen.

Es gab verschiedene Redebeiträge und es wurden Flyer verteilt, um über die Situation zu informieren. Zum Abschluss wurde gemeinsam getanzt. Durch die unterschiedlichen Komponenten wurden auf der Demonstration sowohl Trauer als auch Wut zum Ausdruck gebracht.

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https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/hannover-vortrag-zur-frage-der-demokratie-in-syrien-48299 https://deutsch.anf-news.com/frauen/hannover-ausstellung-zu-den-errungenschaften-der-frauenrevolution-gestartet-47786 https://deutsch.anf-news.com/frauen/wdr-workshop-in-koln-wenn-die-welt-brennt-hoffnung-als-widerstand-47733

 

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Broad Welcome of Gaza- Ceasefire Agreement Between Hamas and Israel

SANA - Syrian Arab News Agency - 9. Oktober 2025 - 11:29

Leaders of several countries welcomed US President Donald Trump’s announcement that Israel and Hamas had signed the first phase of a peace plan for Gaza.

Qatar, a mediator in the agreement, welcomed the accord as an initial step to end the war on Gaza and ensure hostage- prisoners swap.

“An agreement was reached on all the provisions and implementation mechanisms of the first phase of the Gaza ceasefire agreement, which will lead to ending the war, the release of Israeli hostages and Palestinian prisoners, and the entry of aid,” Majed Al-Ansari, Advisor to the Prime Minister and Official Spokesperson for the Ministry, wrote on his social media account (X). The details will be announced later, he added.

In Canberra, Australian government welcomed the agreement as prime minister Anthony Albanese commended the accord as a “a ray of light” to bring peace in the middle east.

Albanese told the House of Representatives that “There is growing international momentum to bring peace and security to the Middle East and we must all continue to work together to build on this.

In a joint statement with Foreign Minister Penny Wong, Albanese urged “all parties to respect the terms of the plan”, stating there is a “long road to recovery in Gaza”.

Turkish Foreign Ministry also welcomed the agreement of a ceasefire in Gaza, hoping that it “will bring an end to the genocide that has continued for the past two years.”

Palestinian President Mahmoud Abbas welcomes announcement of ceasefire agreement in Gaza.

The announcement followed three days of indirect talks between Hamas and Israel in Egypt’s Red Sea resort city of Sharm el-Sheikh. Senior officials from Qatar, Turkey, Egypt and the United States had joined the delegations from Israel and Hamas on Wednesday for those talks.


Nisreen / Abdull

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Key Terms of First Phase of Gaza Ceasefire Plan between Hamas and Israel

SANA - Syrian Arab News Agency - 9. Oktober 2025 - 11:06

Indirect talks between Hamas and Israel, mediated by the United States, Qatar, Turkey and Egypt, yielded late Wednesday an agreement on the first phase of a U.S.-backed ceasefire plan for Gaza.

A senior Hamas official told Agence France-Presse the group will release 20 hostages in exchange for more than 2,000 Palestinian prisoners to be released by Israel, including 250 serving life sentences and about 1,700 others, detained since the war began two years ago.

A Palestinian source familiar with the talks said the prisoner exchange is to be completed within 72 hours after the agreement takes effect.

The deal, expected to be signed later Thursday in Egypt, also calls for at least 400 trucks of humanitarian aid to enter Gaza daily during the first five days following the cease-fire, with the amount set to increase in the days ahead.

It also allows displaced residents from southern Gaza to return to Gaza City and to central and northern parts of the territory.

President Donald Trump said early Thursday that Israel and Hamas had agreed to the first phase of his Gaza peace plan. Qatar confirmed both sides had agreed “on all terms and implementation mechanisms of the first phase,” which would halt fighting, free Israeli hostages and Palestinian prisoners, and allow aid to enter the Gaza Strip.

Hamas called on Trump and the guarantor countries to ensure Israel fulfills the agreement and does not delay or withdraw from its commitments.

Palestinian President Mahmoud Abbas welcomed the deal, urging its immediate implementation, the release of all hostages and prisoners, and the swift delivery of humanitarian aid through U.N. agencies. He also called for guarantees against displacement or annexation and for the start of reconstruction efforts.

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Schwerbehinderung: Kein Kündigungsschutz bei Leugnung der Behinderung

Lesedauer 2 Minuten

Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen besonderen Kündigungsschutz. Dieser gilt grundsätzlich auch, wenn der Arbeitgeber bei der Einstellung nichts von der Behinderung wusste. Antwortet der Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung allerdings auf die Frage nach der Schwerbehinderung wahrheitswidrig mit Nein, dann kann der Sonderkündigungsschutz entfallen.

Dies gilt besonders dann, wenn das Wissen nötig gewesen wäre, um beim Vorbereiten der Kündigung die Behinderung zu berücksichtigen. So urteilte das Bundesarbeitsgericht. (6 AZR 553/10)

Insolvenzverwalter darf Kündigungen aussprechen

Der Betroffene hat einen Grad der Behinderung von 60 und arbeitete bei einer Arbeitgeberin. Das Amtsgericht Arnsberg ordnete für diese ein Insolvenzverfahren an. Der Insolvenzverwalter erhielt Arbeitgeberbefugnisse mit dem Recht, Kündigungen auszusprechen.

Arbeitnehmer beantwortet Frage wahrheitswidrig

Der Insolvenzverwalter gab Fragebögen an alle Arbeitnehmer des Betriebs aus. Darin befand sich auch die Frage danach, ob eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung vorliegt. Der Betroffene kreuzte in den Feldern Schwerbehinderung“ und „Gleichstellung“ wahrheitswidrig „Nein“ an.

Kündigung und Klage

Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis des Betroffenen ordentlich. Der Arbeitnehmer berief sich auf den besonderen Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch und reichte Klage vor dem Arbeitsgericht ein.

Keine Beteiligung des Integrationsamtes

Er argumentierte, ohne Beteiligung des Integrationsamtes sei die Kündigung unwirksam. Er hätte das Recht gehabt, seine Schwerbehinderteneigenschaft zu leugnen. Nach dieser zu fragen stelle eine verbotene Benachteiligung dar und verstoße gegen den Datenschutz. Für den Sonderkündigungsschutz reiche es aus, die Schwerbehinderung bis zu drei Wochen nach der Kündigung zu offenbaren.

Recht auf Falschaussage

Er habe während seiner gesamten Arbeitszeit das Recht, seine Schwerbehinderteneigenschaft zu leugnen und müsse diese erst in den drei Wochen nach der Kündigung offenbaren, um den Kündigungsschutz in Anspruch zu nehmen.

Es geht bis vor das Bundesarbeitsgericht

Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam, doch das Landesarbeitsgericht hob das Urteil in der Berufung auf. So kam der Fall vor das Bundesarbeitsgericht. Dieses gab dem Insolvenzverwalter Recht und erklärte die Kündigung für wirksam.

In dieser Situation entfällt der Sonderkündigungsschutz

Der Betroffene hätte zwar grundsätzlich Recht, dass eine Beteiligung des Integrationsamtes nötig sei und er sich fristgerecht auf seinen Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch berufen habe. Trotzdem gelte dieser in seinem Fall nicht.

Im Unterschied zu den Ausführungen des Betroffenen sei er dazu verpflichtet, sechs Monate nach Beginn eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft wahrheitsgemäß zu beantworten. Im Unterschied zu der Meinung des Arbeitnehmers verstoße das gerade nicht gegen den Datenschutz, sondern ermögliche es dem Arbeitgeber, sich rechtstreu zu verhalten.

Es diene besonders dazu, eine mögliche Kündigung vorzubereiten und dabei das Behindertengesetz zu berücksichtigen. Der Insolvenzverhalter hätte ein berechtigtes, billigenswertes und schutzzwürdiges Interesse gehabt, die Frage nach der Schwerbehinderung zu stellen.

Dabei sei es gerade darum gegangen, den Sonderkündigungsschutz zu beachten, also einen besonderen Schutz des Schwerbehinderten zu ermöglichen.

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Bundestag: Grüne und Linke wollen klares Bekenntnis gegen Chatkontrolle

netzpolitik.org - 9. Oktober 2025 - 10:31

Nach langem Bangen hat sich die Bundesregierung gegen eine „anlasslose Chatkontrolle“ positioniert. Doch die Diskussion ist damit nicht beendet. Grüne und Linke im Bundestag wollen eine klare Positionierung für Verschlüsselung und gegen fragwürdige Überwachungsmaßnahmen.

Klare Kante gegen jedes Untergraben von Verschlüsselung. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Zan Lazarevic, Bearbeitung: netzpolitik.org

Grüne und Linke im Bundestag wollen ein klares Bekenntnis der Bundesregierung gegen Chatkontrolle. Dazu haben beide Oppositionsfraktionen jeweils Anträge ins Parlament eingebracht. Denn gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes kann der Bundestag sich zu Gesetzgebungsprozessen in EU äußern, die Bundesregierung muss solche Stellungnahmen dann entsprechend bei Verhandlungen berücksichtigen.

Wie sich Deutschland im EU-Rat in Brüssel positioniert, handelt in der Regel die Bundesregierung aus. Am gestrigen Mittwoch wurde dann klar: Einer „anlasslosen“ Chatkontrolle will sie nicht zustimmen. In der Sache geht es um einen Verordnungsvorschlag der EU-Kommission, die CSA-Verordnung. Die soll vor allem Missbrauchsdarstellungen von Kindern im Netz bekämpfen. Der Vorschlag hängt seit Jahren im Rat, da sich die Mitgliedstaaten nicht einigen können. Der große Streitpunkt: Sollen Anbieter wie Messengerdienste auf Anordnung sämtliche Kommunikation ihrer Nutzenden scannen müssen, ohne dass es einen Verdacht gegen sie gibt? Sollen sie dabei auch Verschlüsselung umgehen? Damit wären unzählige Menschen von tiefen Grundrechtseingriffen betroffen und es gäbe keine sichere Kommunikation mehr.

Eine Enthaltung oder Ablehnung der Chatkontrolle aus Deutschland hat ein hohes Gewicht, denn Deutschland ist ein bevölkerungsreicher EU-Mitgliedstaat und ist derzeit Teil einer sogenannten Sperrminorität im Rat: Dafür braucht es mindestens vier Staaten, die mindestens 35 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen.

Unklar ist aber jetzt: Was heißt die Ablehnung einer „anlasslosen“ Chatkontrolle? Was ist ein Anlass? Und wo wären Kompromisse, denen die Bundesregierung doch zustimmen würde? Und lassen sich mit der Formulierung nicht doch standardmäßig Hintertüren oder Client-Side-Scanning auf den Handys und Computern aufbringen, die dann nur „mit Anlass“ genutzt würden – aber genau so gefährlich für IT-Sicherheit und Grundrechte wären?

Dezidiert Client-Side-Scanning ausschließen

Auch wenn die geplante Abstimmung im EU-Rat zur Chatkontrolle am 14. Oktober nun erneut wegen mangelnder Zustimmung verschoben wurde: Es wird nicht der letzte Versuch im Rat gewesen sein, sich auf eine Position zu dem Gesetzesvorschlag zu einigen. Daher ist auch weiterhin relevant, wie die Bundesregierung sich zur Chatkontrolle verhält.

Den Anträgen von Grünen und Linken ist gemeinsam, dass sie von der Bundesregierung fordern, sie solle sich klar gegen eine Schwächung von Verschlüsselung und das sogenannte Client-Side-Scanning aussprechen. Dabei geht es darum, Inhalte bereits auf Endgeräten zu scannen – bevor sie für den Versand verschlüsselt werden. Unterschiede bei Grünen und Linken gibt es jedoch in der Frage, ob der von der EU-Kommission vorgelegte Verordnungsentwurf überhaupt noch zu retten ist.

Ist die Verordnung noch zu retten?

Die Grünen wollen „eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der Verordnung“. Die Bundesregierung solle sich daher „für tatsächlich zielführende Alternativvorschläge“ einsetzen, „die die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern effektiv unterbinden können“. Dabei soll sie auch mehr auf Präventionsmaßnahmen drängen. Auf keinen Fall sollten Identifizierungspflichten die „anonyme und pseudonyme Nutzung des Internet“ gefährden.

Jeanne Dillschneider, Obfrau für die Grünen im Digitalausschuss, sagt dazu gegenüber netzpolitik.org: „In einer Demokratie brauchen wir Räume für freie Meinungsäußerung ohne Angst vor Überwachung. Statt alle privaten Chats mit fehleranfälliger KI zu durchleuchten und Millionen Falschmeldungen zu produzieren, brauchen wir endlich wirksamen Kinderschutz. Sämtliches Scannen privater Chats macht uns als Gesellschaft nicht sicherer, sondern schafft nur neue IT-Sicherheitslücken.“

Ist die Kinderschutzrichtlinie der bessere Ort?

Die Fraktion der Linken macht inhaltlich ähnliche Punkte. Sie glaubt jedoch nicht, dass die umstrittene CSA-Verordnung der richtige Ort dafür wäre. Sie verweist stattdessen auf die EU-Kinderschutzrichtlinie, die ebenfalls derzeit verhandelt wird. Dort solle man sich einsetzen. Als Maßnahmen schlagen die Bundestagsabgeordneten etwa „konsequentes Löschen“ von Missbrauchsdarstellungen vor oder auch „bessere Opferhilfe durch Opferschutz und Meldesysteme“ und „Ausbau der Angebote kindergerechter digitaler Teilhabe“.

Donata Vogtschmidt, Obfrau für die Linken im Digitalausschuss, erinnert daran, dass es bereits in der letzten Legislatur einen Artikel-23-Antrag gab. Doch wegen der unsicheren Situation mit der neuen Bundesregierung habe man sich erneut zu einem Antrag entschieden. „Wir werden ihn nutzen, um im Bundestag weiter Druck zu machen gegen die CSA-Verordnung. Selbst wenn die Bundesregierung jetzt im Rat der EU zunächst nicht zustimmt, scheint sie sich für spätere Verhandlungen weiterhin alle Türen offenhalten zu wollen. Der Druck darf deshalb in den kommenden Wochen und Monaten nicht nachlassen!“

Rechtsradikale AfD beantragt aktuelle Stunde

Eigentlich wollte die Linksfraktion außerdem eine aktuelle Stunde zur Chatkontrolle beantragen. Dabei gäbe es die Möglichkeit, das Thema in Parlament zu besprechen. „Doch leider platzte kurz vor uns die AfD herein und beantragte ebenfalls eine aktuelle Stunde“, so Vogtschmidt. „Das war natürlich superärgerlich. Aber einen Antrag haben die nicht. Und jetzt plötzlich populistisch auf das Thema aufzuspringen ist wenig glaubwürdig.“

Ihr geht es darum, wie man Kinder wirklich besser schützen könnte: „Die parallel verhandelte EU-Kinderschutzrichtlinie und Maßnahmen einer besseren Durchsetzung des Digital Services Act könnten dabei viel helfen, etwa um geschützte digitale Räume für Kinder zu schaffen. Aber natürlich nützt all das nichts ohne endlich mehr Aufmerksamkeit und Geld für Jugendämter, Kinder- und Jugendhilfe und digitale Bildung für alle.“

In einer Sitzung des Digitalausschusses am Mittwoch, die nicht-öffentlich stattfand, hat sich gezeigt, dass Abgeordnete aller Fraktionen gegen eine Chatkontrolle sind. Dass einer der Anträge eine Mehrheit im Bundestag findet, ist dennoch unwahrscheinlich. Aber sie setzen ein Signal dafür, wie sehr das Thema auch im Bundestag angekommen ist. Und sie weisen echte Wege auf, die zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt beitragen können.

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Rente: Rentner müssen den Rundfunkbeitrag (GEZ) eigentlich oft nicht zahlen

Lesedauer 2 Minuten

Wer eine Rente bezieht, muss nicht in jedem Fall den Rundfunkbeitrag (früher: GEZ) für ARD und ZDF überweisen. Wann und wie sich Rentnerinnen und Rentner befreien lassen können, erfahren Sie hier.

Steigende Ausgaben für Rentner

Der Bezug einer Rente garantiert heute nicht mehr zwangsläufig ein sorgenfreies Leben. Die steigende Inflation führt dazu, dass viele Senioren jeden Euro zweimal umdrehen müssen.

Wer kann sich vom Rundfunkbeitrag befreien lassen?

Der Jahresbeitrag für die GEZ-Gebühren beträgt insgesamt 220,32 Euro (18,36 Euro pro Monat). Für Menschen, die ohnehin schon wenig Geld zur Verfügung haben, ist das eine beträchtliche Summe. Um das Existenzminimum nicht zu gefährden, sind folgende Menschen vom Rundfunkbeitrag befreit:

  • Bürgergeld-Bezieher
  • Sozialhilfeempfänger
  • BaföG-Bezieher
  • Pflegebedürftige
  • Asylbewerber
  • Studenten
  • Arbeitnehmer die zu wenig verdienen (Härtefallregel)
Wann können sich Rentner von der GEZ-Gebühr befreien lassen?

Darüber hinaus können schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen “RF” zumindest eine Ermäßigung des Rundfunkbeitrags beantragen. Wie der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio mitteilt, können sich auch Rentnerinnen und Rentner unter bestimmten Voraussetzungen befreien lassen.

Aber in welchen Fällen können sich Rentner/innen befreien lassen? Wenn sie Grundsicherung im Alter beziehen, weil ihre Rente nicht zum Leben reicht.

Auch bei Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz kann eine Befreiung beantragt werden.

Müssen Rentner in einem Heim leben, kann zusätzlich zur Hilfe zur Pflege eine Befreiung von der GEZ beantragt werden.

Dr. Utz Anhalt erklärt, wie Rentner den Rundfunkbeitrag nicht zahlen müssen Antrag auf Befreiung muss immer gestellt werden

Da grundsätzlich jeder, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, den Rundfunkbeitrag zahlen muss, müssen die Betroffenen einen Antrag auf Befreiung stellen.

Den Antrag auf Befreiung finden Sie online beim Beitragsservice von ARD und ZDF.

Beziehen beispielsweise Rentnerinnen und Rentner Grundsicherung im Alter und beantragen eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, müssen sie einen Nachweis des Leistungsträgers beifügen. Dieser Nachweis liegt jedem Bewilligungsbescheid bei.

Die Dauer der Befreiung richtet sich nach dem Bewilligungszeitraum. Endet der Bezug von Grundsicherung, endet auch die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Es muss dann ein neuer Antrag auf Befreiung gestellt werden.

Was ist bei der Befreiung wichtig zu wissen?
  • Einfache (gut lesbare) Kopien reichen aus
  • Eingereichte Belege müssen gültig sein. Abgelaufene Bescheide werden nicht bearbeitet!
  • Die Dokumente, die belegen, dass mindestens eine der aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind, müssen dem Antrag beiliegen.
  • Ein geringes Renteneinkommen ist nicht automatisch ein Garant für eine Befreiung
  • Die GEZ-Kundennummer muss angegeben werden
Härtefallregelung könnte zur Befreiung führen

Wer nur eine geringe Rente bezieht, kann einen Härtefallantrag stellen. Diese Möglichkeit wird oft nicht genutzt. Das Einkommen darf den sozialen Bedarf nicht um weniger als den monatlichen Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro übersteigen.

Rentner/innen haben manchmal Anspruch auf zusätzliche Sozialleistungen. Viele stellen aber aus verschiedenen Gründen keinen Antrag auf Grundsicherung.

Dennoch besteht auch in diesen Fällen die Möglichkeit, sich vom GEZ-Beitrag befreien zu lassen.

Gibt es eine rückwirkende Befreiung?

Nur wer einen Antrag auf Befreiung stellt, wird auch von den Rundfunkgebühren befreit. Es empfiehlt sich daher, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Eine nachträgliche Befreiung ist nur für die letzten zwei Monate möglich.

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Over $3.7 Million Raised in “Rastan Wednesday” Fundraising Campaign

SANA - Syrian Arab News Agency - 9. Oktober 2025 - 10:22

The “Rastan Wednesday” fundraising campaign raised $3.765 million in donations to support charitable and development projects in the city of Rastan, in Homs Governorate, central Syria.

Homs Governor Abdul Rahman Al-Ama, Director of Political Affairs Obaida Arnaout, along with several government officials and community leaders, participated in the campaign’s activities.

The initiative aims to rehabilitate infrastructure and public services in Rastan, including the reconstruction of schools, medical centers, and water and sewage networks. It also includes plans to build a cement factory bridge connecting the eastern and western parts of the city.

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LobbyControl kritisiert einseitigen Autolobby-Gipfel im Kanzleramt

Anlässlich des bevorstehenden Automobildialogs kritisiert LobbyControl die einseitige Besetzung des Gipfels und die Hörigkeit der Bundesregierung gegenüber den Interessen der Verbrennerlobby.

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, kommentiert:

„Der Autogipfel im Kanzleramt ist ein Rückschritt auf ganzer Linie. Er ist sowohl vom Format als auch von den Inhalten einseitig und qualifiziert sich damit erneut zum Lobbygipfel. Die Zukunft der Automobilindustrie betrifft verschiedene gesellschaftliche Gruppen und darf nicht in einseitiger Runde beraten werden. Während Autokonzernen der rote Teppich ausgerollt wird, sind Umwelt- und Verbraucherschutzverbände noch nicht einmal eingeladen. Merz zeigt erneut, dass er vor allem auf die Stimmen von Konzernen hört, wenn er diesen privilegierte Zugänge verschafft.

Eine einflussreiche Koalition aus einigen Autokonzernen, Zulieferern und Mineralölkonzernen drängt schon lange darauf, dass sie weiter am Geschäftsmodell Verbrenner verdienen kann. Dazu macht die Verbrennerlobby sowohl in Berlin als auch in Brüssel mit teils fragwürdigen Mitteln Druck. Es ist höchst irreführend, immer wieder auf den Einsatz von E-Fuels zum Erhalt des Verbrennermotors zu verweisen, wenn dies wissenschaftlichen Erkenntnissen und wirtschaftlichen Prognosen widerspricht. Die Bundesregierung darf sich nicht zum Handlanger einer Verbrennerlobby-Kampagne machen.

Statt einseitiger Konzernlobbygipfel braucht es endlich ausgewogene Beteiligung in der Wirtschafts- und Verkehrspolitik. Es ist gut, dass zumindest die Arbeitnehmerseite dabei ist. Insbesondere Perspektiven zu Klima- und Verbraucherschutzfragen müssen unbedingt einbezogen werden – sowohl aus der Wissenschaft als auch aus der Zivilgesellschaft. Solch ein Konzernlobbygipfel gefährdet nicht nur ausgewogene Ergebnisse, sondern auch das Vertrauen in die Demokratie. Im Dezember soll in Brüssel ein weiterer Dialog mit der Automobilindustrie die bisherigen Beschlüsse zum Verbrenneraus endgültig auf den Prüfstand stellen.“

Hintergrund

  • LobbyControl kritisiert schon seit vielen Jahren das einseitige Format der Autogipfel. Die Ampelregierung hatte 2021 in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, die Gespräche ausgewogener zu besetzen. Dem ist sie aber nur teilweise nachgekommen – doch immerhin waren zu einzelnen Gipfeln Umweltverbände eingeladen.
  • Bereits im Juli hatte Merz zu einem Investitionsgipfel eingeladen, zu dem damals noch nicht einmal die Perspektive der Arbeitnehmerseite dabei war. Mit dem Autogipfel setzt Merz seine einseitige Einladungspolitik fort. Wir hatten bereits mehrfach davor gewarnt, dass Merz’ enges Lobbynetzwerk zu privilegierten Zugängen für Konzerninteressen führen wird. Es ist gut und richtig, dass immerhin Gewerkschaften und Betriebsräte an dem jetzigen Autogipfel teilnehmen werden.
  • Im März haben wir in einer Recherche über die E-Fuels-Lobby gezeigt, wie eine mächtige Allianz aus Mineralöl- und Autokonzernen seit Jahren daran arbeitet, dass auch nach 2035 weiter Verbrennungsmotoren verkauft werden dürfen und damit das für 2035 beschlossene faktische „Verbrenner-Aus“ zu kippen. Ihre Strategie: E-Fuels als klimafreundlichen Kraftstoff anpreisen, um Verbrennerautos einen grünen Anstrich zu verpassen. In Brüssel wurden bereits die CO2-Ziele für 2025 verschoben.
  • Auch in Brüssel verfügt die Verbrennerlobby im Rahmen eines dortigen Autogipfels über privilegierte Zugänge zum EU-Entscheidungsprozess. Anders als in Berlin waren hier aber zumindest je ein Umweltverband und ein Verbraucherschutzverband eingebunden.

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