Die Brille des Argwohns und wo kommt sie her?
Gefühlte Abhängigkeiten
► von Egon W. Kreutzer, Elsendorf (N.-Bay.)
Die Symbiose, also die Kooperation unterschiedlicher Wesen, ob Tiere, Pflanzen oder Menschen geht oft so weit, dass der eine Teil ohne den Nutzen, den ihm der andere gewährt, nicht existieren kann. Kämen die mit Algen oder Moosen zu Flechten verbundenen Pilze, die Clownfische in ihrer Symbiose mit den Seeanemonen, die Ameisen in ihrem symbiotischen Zusammenleben mit den Blattläusen auf den sonderbaren Gedanken, sich mit der Symbiose in eine gefährliche Abhängigkeit begeben zu haben: Die Populationen aller beteiligten Lebewesen gingen rapide zurück.
Auch unter Menschen gibt es enge Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen, die niemand ernsthaft in Frage stellt. Es genügt da nicht, sich das Muster der ehemals wertgeschätzten Ehe zwischen Mann und Frau mit ihrem klassischen Rollenverständnis vor Augen zu führen. Das Beziehungsgeflecht, in dem wir alle leben, ist sehr viel komplexer.
Nehmen wir den Angestellten eines Maschinenbau-Unternehmens, der sich veranwortlich um die Fertigungsplanung kümmert, also festlegt, welches Teil welcher Maschine an welchem Tag an welcher Fertigungseinrichtung bearbeitet und hergestellt wird, und zwar so, dass alle Fertigungseinrichtungen möglichst gleichmäßig ausgelastet sind und die den Kunden zugesagten Liefertermine eingehalten werden. Dieser Job kann nicht ohne jahrelange Erfahrung in eben diesem Betrieb zufriedenstellend ausgeübt werden. Das Unternehmen kann sich glücklich preisen, diesen Mitarbeiter zu beschäftigen. Der Mitarbeiter kann sich glücklich preisen, in diesem Betrieb arbeiten zu dürfen und dafür ein Gehalt zu erhalten, das ihm seinen Lebensunterhalt sichert.