Trotz Lohnanhebung erhalten viele Leiharbeiter nur Niedriglöhne
► von Markus Krüsemann / miese-jobs.de
Wie in den Entgeltvereinbarungen für die Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) vorgesehen, steigen heute die Löhne in allen Entgeltgruppen um 2,8 bzw. vier Prozent. Ein Großteil der Leiharbeitsbeschäftigten bleibt trotzdem im Niedriglohnsektor stecken. Dabei hätte es auch ganz anders kommen können, wenn die Gewerkschaften mit ihrer Forderung nach „Equal Pay“ ernst gemacht hätten.
Seit Januar 2012 gibt es in der Leiharbeitsbranche für Ost- und Westdeutschland tarifvertraglich festgelegte Lohnuntergrenzen (siehe 20.12.2011). Seitdem handeln die Arbeitgeberverbände iGZ und BAP mit der DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit in schöner Regelmäßigkeit Lohnanhebungen aus, die dank Mindestlohnverordnung auch zu für die gesamte Branche verbindlichen Mindestlöhnen erhoben werden. Das klingt gut, hat aber leider einen entscheidenden Makel: In den untersten Entgeltgruppen bewegen sich die Lohnanhebungen bis heute weit unterhalb der Niedriglohnschwelle.
Auch mit der heute in Kraft tretenden nächsten Stufe der Ende 2016 ausgehandelten Abfolge von Entgeltsteigerungen ändert sich daran nichts. Für Beschäftigte in den westdeutschen Bundesländern steigt das Mindestentgelt (Entgeltgruppe 1) um 2,8 Prozent von 9,23 auf 9,49 Euro. In den ostdeutschen Bundesländern werden mit 9,27 Euro ab heute 4 Prozent mehr Lohn fällig. In der nächsthöheren Entgeltgruppe werden im Westen 10,13 Euro, im Osten 9,37 Euro erreicht.
Was zunächst auffällt: Die Lohnangleichung zwischen Ost und West ist erneut ausgeblieben. Die unterschiedlichen Steigerungsraten lassen zwar einen Annäherungsprozess erkennen, der aber wird sich noch einige Jahre hinziehen.
Nach den derzeit gültigen Vereinbarungen wird die Entgeltgleichheit in allen neun Entgeltgruppen frühestens zum 1. April 2021 erreicht sein. Nicht auszuschließen ist, dass zukünftige Tarifvereinbarungen dieses Ziel noch einmal aufweichen.
► Weiterhin Billiglöhne nach Tarif
Ausgeblieben ist auch wieder mal der Sprung über die Niedriglohnschwelle. Laut der letzten Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes lag sie schon im Jahr 2014 bei 10,00 Euro pro Stunde (brutto). Schon damals hatten nach Angaben der Bundesregierung 39,5 Prozent aller Leiharbeitsbeschäftigten zu Niedriglöhnen gearbeitet, was angesichts der in der Entgeltgruppe 1 miserablen Bezahlung (2014: 8,50 € West; 7,86 € Ost) kaum verwundern dürfte. Das "Institut Arbeit und Qualifikation" (IAQ) weist auf Basis einer anderen Berechnungsgrundlage für 2015 eine Niedriglohnschwelle von 10,22 Euro aus. Von solchen Verdiensten sind Leiharbeitsbeschäftigte nicht nur in der den Branchenmindestlohn setzenden untersten, sondern auch in der nächsthöheren Entgeltstufe immer noch weit entfernt.