Siemens-Hauptversammlung: Beschäftigte fordern „Mensch vor Marge!“
► von Fred Schmid / isw München e.V.
Die diesjährige Hauptversammlung des Siemens-Konzerns in der Münchner Olympiahalle machte schon von weitem auf sich aufmerksam: Trommelschläge auf Öl-Fässer, Trillerpfeifen, Rasseln. Einige Hundert Siemensianer aus den Standorten Görlitz, Erfurt, Würzburg, Offenbach und anderen hatten ein langes Spalier aus Transparenten gebildet mit Losungen: „Wir sind Siemens“, „Wir halten zusammen“- aufgeführt die von Schließung u. Stellenabbau betroffenen Standorte: Görlitz, Erfurt, Leipzig, Berlin, Essen, Mülheim, Duisburg, Offenbach, Erlangen, Nürnberg, „Wir kämpfen wie die Bären“, „Wir kämpfen für unseren Standort“, „Sicherung der Arbeitsplätze statt Shareholder Value“ und immer wieder auf Plakaten und gelben Warnwesten der Teilnehmer: „Mensch vor Marge!“
Dazu eine Pappmache´-Plastik: Vorstandschef Joe Kaeser (Foto re.), der mit einer überdimensionierten Schraub-Presse immer mehr auf die Belegschaft drückt – rechts türmen sich die 500-Euro-Geldbündel, links landen Menschen in einem Müll-Container. Ein gutes Dutzend KollegInnen schaffte es mit ihren gelben Warnwesten „Mensch vor Marge“ und rückseitig „Stopp! Keine maximale Marge auf Kosten der Menschen“, bis in die Arena der Hauptversammlung mit einigen Tausend Aktionären vorzudringen, fast bis zum offiziellen Bühnentransparent „Siemens – Ingenuity for Life“. In der Tat: Einfallsreichtum (ingenuity) der Konzernherren zum Erhalt der Arbeitsplätze wäre gefragt.
Vorstandsboss Kaeser reagierte jovial auf das Go-in: Es sei „hochanständig“, dass sie da seien, sie sollten doch aufstehen, damit alle die Slogans lesen könnten – Zoom der Saalkameras und Großprojektion auf die Beam-Leinwand – Beifall. Er sei auch für das Motto, allerdings in leichter Modifikation: „Mensch und Marge“. Zuvor hatte er höchstpersönlich die 35 Siemens-Mitarbeiter begrüßt, die mit dem Fahrrad die 600 Kilometer-Strecke von Görlitz nach München gefahren waren und unterwegs die Losung auf ihren Trikots verbreiteten: „Keep Görlitz alive“.