Weltkrieg, "Urkatastrophe" und linke Scheidewege

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von Stefan Bollinger


Mit dem Niedergang von Realsozialismus und Ostblock wird Geschichte neu geschrieben. Lückenlos. Verorteten einst Marxisten-Leninisten in der Oktoberrevolution einen Epochenanfang, dem nachhaltigsten und gewaltsamstem Ausbruch aus dem 1. Weltkrieg – was unter je eigenen Vorzeichen als Beginn eines Weltbürgerkriegs bis in die Rechte hinein akzeptiert wurde –, so wird nun die "große Unübersichtlichkeit" der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart weit in die Vergangenheit transferiert. Zugleich wird Eric Hobsbawms Diktum vom "Zeitalter der Extreme"[1] in diesem ideologischen Kampf um Geschichtsdeutung und Sicherung der heutigen kapitalistischen Politik verfälscht: Es sei ja eine von linken wie rechten Totalitarismen geprägte Zeit, die erst mit der assistierten "Selbstbefreiung" des Ostblocks 1989/91 glücklich zu Ende ging.

Das Jubel- und Erinnerungsjahr 2014 wird so zur glücklichen Fügung, in der die Jahrestage von 1914, 1939 und 1989, dazu noch 2004 (EU-Osterweiterung) zusammenfließen. Die "Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur" kann so das Konzept dieser Erinnerungspolitik rechtzeitig festschreiben:


"2014 lässt sich somit aufzeigen, wie die Geschichte von Demokratie und Diktatur im Europa des 20. Jahrhunderts miteinander verflochten sind. Der Blick auf die europäische Zeitgeschichte vermag das Verständnis dafür zu schärfen, dass die ökonomischen Probleme der europäischen Gegenwart vor dem Hintergrund der unseligen gemeinsamen Vergangenheit lösbar sind und gemeinsam gelöst werden müssen [...]. Eine Perspektive auf die europäische Zeitgeschichte, die die Jahre 1914/1939/1989 verbindet, kann dazu beitragen, die europäische Erinnerungskultur zusammen zu führen, in der die Teilung Europas vor 1989 bis heute fortbesteht."[2]


Die Stiftung scheut keine Kosten und Mühen, das Jahr 2014 mit einer Wanderausstellung und reichlichem Druckmaterial zu begleiten. Gemeinsam mit dem Münchener "Institut für Zeitgeschichte" wird versprochen zu "zeigen, wie die 'Urkatastrophe' des 1. Weltkriegs mit ihrer Gewalterfahrung den Aufstieg der totalitären Bewegungen im 20. Jahrhundert begünstigt" habe. Letztlich erzählt die Ausstellung "Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme" "Europas 20. Jahrhundert als dramatische Geschichte zwischen Freiheit und Tyrannei, zwischen Demokratie und Diktatur"[3].

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Drei Mann, eine Demo. Polizei stört Geh-Denk-Marsch nach Dachau!

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von Wolfgang Blaschka, München


Während in vielen Städten Deutschlands zum Antikriegstag am 1. September Veranstaltungen, Kundgebungen, Ausstellungen und Demonstrationen durchgeführt wurden und in Polen ein großer Staatsakt, beschlossen drei Menschen eine kleine, stille Form des Gedenkens an die bislang größte Menschheitskatastrophe zu wählen, ganz für sich selbst und eventuell ein paar weitere, die sich hätten anschließen können: Eine Wanderung ab 5.45 Uhr von München nach Dachau zur KZ-Gedenkstätte, und noch weiter bis zur Erschießungs-Stätte für 5000 sowjetische Kriegsgefangene in Hebertshausen, und zurück. 75 Kilometer an einem Tag, schweigend, ohne Essen, unauffällig, geradezu privat. Das mag nicht jedermanns Sache sein, doch ihre war es: Gehen und Denken, Denken im Gehen, Geh-Denken. Auf den Rucksäcken hatten sie ein kleines Banner angeheftet: „5uhr45 / 1.9.1939 / gedenk / weg“
 
Nicht viele mögen sie bemerkt haben am Straßenrand. Nur die bayerische Polizei, kurz vor dem Ende ihres anstrengenden Erinnerungsweges, bereits in München, vor dem "Haus der Kunst", auf dem Gehweg. Sie gönnten sich gerade noch eine letzte Pause vor dem Eintreffen am Mahnmal auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Sie waren gut in der Zeit. Aber am falschen Ort, knapp neben dem benachbarten US-Generalkonsulat. Dessen Kameras sehen alles. Zwei Polizeifahrzeuge treffen nacheinander ein. Wer weiß, was die in den Rucksäcken haben! Wenn schon außen eine Botschaft dran klebt. Also stoppen.
 
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Was will Russland?

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von Dr. Christian Wipperfürth


Dem Kreml ist spätestens seit dem Machtwechsel in Kiew Ende Februar bewusst, dass die Ukraine dem aus Kasachstan, Russland und Weißrussland gebildeten Zollverbund nicht beitreten wird. Dies war bis zum Machtwechsel in Kiew Ende Februar das russische Ziel, aber meines Erachtens immer eine Illusion, s. meine Blogbeiträge vom Frühjahr 2013 (hier und hier)
 

 

Russland ist bewusst, dass die Ukraine ihre Zukunft mit Sicherheit nicht mehr überwiegend im Osten suchen wird. Seit Ende Februar versucht Moskau zu verhindern, dass sich die Ukraine ausschließlich an den Westen bindet. Es gibt darum die folgenden Ziele, an denen sich seit über fünf Monaten nichts verändert hat:

  • Die Ukraine darf nicht der NATO beitreten, sondern muss vielmehr blockfrei sein.
  • Die Ukraine soll eine föderale Ordnung erhalten. Dadurch soll ein dauerhafter Einfluss des „russlandfreundlichen“ Südens und Ostens der Ukraine auf die Politik des Gesamtstaats gewährleistet werden. Ein Maximalziel wäre eine Ordnung wie in Bosnien, wo der Gesamtstaat nur wenig Macht ausübt und die serbische Minderheit in ihrer „Entität“ ein sehr hohes Ausmaß an Selbstverwaltung ausübt.

Es gibt bislang keinerlei Indizien für eine Absicht Russlands, die Ostukraine einzuverleiben. Falls Moskau dies beabsichtigt hätte, wäre dies längst erfolgt, und zwar vermutlich in einer Überraschungsaktion wie auf der Krim. Warum hätte Russland damit Monate warten sollen?

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Karstadt-Monopoly: Spielt ver.di mit?

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Peter Lenz, Neue Internationale 192

Das Bundeskartellamt gab am 21. August grünes Licht für die Übernahme von 88 Karstadt-Warenhäusern durch die Signa-Holding des Österreichers René Benko. Die Freigabe erfolgte ohne Auflagen und Bedingungen. Kartellamtspräsident Andreas Mundt betonte: "Letzten Endes wird hier ein Investor durch einen anderen ausgetauscht. An der Marktstellung der einzelnen Karstadt-Warenhäuser ändert sich dadurch aus wettbewerblicher Sicht nichts."

Die Signa-Holding hat Anfang August die Karstadt-Warenhäuser für einen Euro von Vorbesitzer Berggrün übernommen. Die Signa-Gruppe verfügt über Immobilien im Wert von ca. 6,5 Milliarden Euro, davon 1,5 Mrd. in Wien. René Benko hat ein privates Vermögen von ca. 700 Millionen Euro. Er ist in Österreich wegen Korruption vorbestraft.

Mit dem Berliner Ex-Oberbürgermeister Diepgen und seiner Firma Zentrum hat Benko 2011 das Münchner Traditionskaufhaus Oberpollinger erworben. Das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe und 16 weitere Karstadt-Warenhäuser hat das Immobilienunternehmen Signa schon 2012 von Berggrün gekauft. Nach eigenen Angaben wurden insgesamt mehr als 1,1 Milliarden Euro gezahlt, davon 500 Millionen allein für das KaDeWe.

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Berlin: Wowereit geht - und das ist gut so

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von Tobias Hansen, Neue Internationale 192


Nach 13 Jahren als regierender Bürgermeister gab Wowereit nun seinen Abschied für den 11. Dezember bekannt. Zum 2. Advent bekommt Berlin also einen neuen Bürgermeister. „Natürlich“ wird der nicht von allen BerlinerInnen neu gewählt, sondern allenfalls von den SPD-Mitgliedern in einer Urabstimmung. Schon lange scharren die potentiellen Nachfolger Wowereits mit den Hufen: SPD-Landeschef Stöß, Fraktionschef Saleh und Bau-Senator und Ex-Fraktionschef Müller.

Neben anderen Fragen sorgte v.a. das Fiasko mit dem BER-Flughafen dafür, dass Wowereits Stern zu sinken begann. Nun tritt er also zurück, bevor der BER eröffnet wird. Zur nächsten Abgeordnetenhauswahl 2016 wäre es wahrscheinlich auch knapp geworden, auch wenn Wowereits Wunschmanager Mehdorn sich bemüht, möglichst jeden zu entlassen, der etwas mit der Planung zu tun hatte - geholfen hat es bis jetzt nicht.
 

 

Als Wowereit antrat, hatte die CDU gemeinsam mit der SPD die Berliner Landesbank runter gewirtschaftet, der damalige CDU-Fraktionschef Landowsky wurde der Bestechlichkeit überführt und das Land Berlin blieb auf den Schulden sitzen. War die SPD zuvor aus der Großen Koalition ausgetreten, durfte sie dann in Koalition mit der Linkspartei (damals noch PDS) die entstandenen Schulden des Bankenskandals übernehmen.


Schwache Bilanz von Rot-Rot

Wowereit führte die Koalition mit der Linkspartei über 10 Jahre. Dieser Senat übernahm 21,7 Mrd. Euro an Risiken und Schulden von der Landesbank. Wowereits Job dabei war es,  diese Misere als neues „Selbstbild“ von Berlin zu verkaufen: „Arm, aber sexy“ war die neue Parole der öffentlichen Finanzen und daran hat sich auch nichts verändert.

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BLÖD erklärt V-Fall: Die Botschaft zum Antikriegstag

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Wolfgang Blaschka

Jetzt ist es heraus: "Putin greift nach Europa". Ein schauerlicher Verdacht bestätigt sich. Denn "erste EU-Politiker sprechen es aus: Russland führt Krieg gegen Europa", weiß das Blatt mit den großen Buchstaben passend zum Antikriegstag zu berichten. "Zurückgeschossen" wird anscheinend noch nicht, jedenfalls war um 5.45 Uhr noch alles ruhig, denn Europa will wohl seinen Friedensnobelpreis nicht aufs Spiel setzen.

Obwohl ziemlich klar sein dürfte: In 48 Stunden steht "der Russe" an der Oder, in weiteren 48 Stunden dann am Rhein. Das weiß man seit dem Kalten Krieg. Wenn nichts dazwischen kommt, schlürft Putin nach weiteren 48 Stunden an den Champs-Élysées seinen Café au lait. Dann war's das mit dem freien Westen.
 
Aber sonst sind alle gesund, bis auf den Kolumnisten, der sich in seinem launigen Brief an ein "liebes Paradies Deutschland" darüber auslässt, wie schön es ist Geburtstage zu feiern, während anderswo Krieg herrscht. Und welche Werte über den Jordan gehen würden oder über die Oder oder über den Rhein: "Unsere Werte sind, sich zu umarmen, menschlich zu sein und sich miteinander zu betrinken". Klar, da würden die Russen gern und locker mithalten. Aber doch bitte nicht die Prorussen aus dem Donbass! Hätte er nüchtern auf der Titelseite derselben Ausgabe nachgelesen, wie es um das "Paradies" steht, wäre ihm nicht entgangen, dass die Arbeitslosen von dem Jobwunder, das er bejubelt, nicht viel mitbekommen, denn "freie Stellen werden vor allem von Zuwanderern und aus der sogenannten stillen Reserve besetzt: Menschen, die zuvor nicht arbeitslos gemeldet waren". Nicht gerade paradiesisch für Betroffene. Aushaltbar nur für Journalisten, deren "Werte" in Trinken liegen.

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Russland verstehen?

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von Kai Ehlers

 

„Mit dem Verstand ist Russland nicht zu fassen,

mit allgemeinen Leisten nicht zu messen,

ihm eignet ein besonderer Charakter,

an Russland kann man einzig glauben„[1]


Mit diesem Credo des russischen Dichters Fjodor Tjutschew aus dem achtzehnten Jahrhundert, von Liebhabern Russlands ebenso gern zitiert wie von Skeptikern und  bissigen Russlandhassern, sieht sich mit Sicherheit irgendwann jeder konfrontiert, der Russland zu erforschen versucht.

Die einen wollen damit die besondere Attraktivität Russlands herausstreichen, die anderen damit ihre Sicht von Russland als einem irrationalen schwarzen Loch belegen. Zur Begründung folgen in der Regel Hinweise auf die unermessliche Weite des Landes, auf die vermeintlich rätselhafte russische Seele, auf die unberechenbare russische Politik und schließlich aktuell – die Häme unserer Russland scheltenden Medien über die „Welt eines Putin“, der wohl den Bezug zur Realität verloren habe.

Dem ist heute dasselbe entgegenzusetzen, wie schon zu Zeiten Tjutjews, wie auch zum Beginn der 90er des zurückliegenden Jahrhunderts, als Russland erneut aus dem Verband der Sowjetunion heraustrat: Man kann Russland sehr wohl verstehen, wenn man bereit ist, seine historisch gewachsene Lage zwischen Asien und Europa als Basis des Landes wahrzunehmen – und dies nicht nur geographisch, sondern auch ethnisch, kulturell, politisch und ökonomisch bis in die Topografie des Landes und der Persönlichkeitsbildung der darin lebenden Menschen hinein.

Die wichtigsten Charakteristika, die sich aus dieser Lage ergeben, und die auch für die heutige Situation Russlands von erheblicher Bedeutung sind, sollen hier kurz beleuchtet werden:

Das ist zum einen Russlands tief gestaffelte Autarkie, die sich aus zwei Elementen ergibt, zunächst selbstverständlich und für jeden erkennbar, den gewaltigen Ressourcen an Naturreichtümern, die sich aus dem riesigen Territorium ergeben, heute vor allem Öl und Gas, aber auch Wald und schier unbegrenzte Flächen landwirtschaftlich nutzbaren Landes.

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Transition-Town-Bewegung („Stadt im Wandel“)

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Gedanken über Belastbarkeit einer Gesellschaft und Systemübergang

von Saral Sarkar, Köln


Die Transition-Town-Bewegung (etwa „Stadt im Wandel“) gestalten seit 2006 Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen in vielen Städten und Gemeinden der Welt den geplanten Übergang in eine postfossile, relokalisierte Wirtschaft. Initiiert wurde die Bewegung u. a. von dem irischen Permakulturalisten Rob Hopkins und Studenten des Kinsale Further Education College in Irland.


Ausgehend von der Beobachtung, dass die nationale und internationale Politik nicht entsprechend auf die Herausforderungen des Klimawandels und des bevorstehenden globalen Ölfördermaximums (Peak Oil) reagiert und daher die Kommunen von sich aus mit ersten vorbereitenden Maßnahmen auf eine Zukunft knapper werdender Roh- und Treibstoffe reagieren müssen, initiieren Transition Towns Gemeinschaftsprojekte. Hierzu gehören u. a. Maßnahmen zur Verbrauchsreduktion von fossilen Energieträgern sowie zur Stärkung der Regional- und Lokalwirtschaft. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die Gestaltungsprinzipien der Permakultur. Permakultur ist ein Konzept, das auf die Schaffung von dauerhaft funktionierenden, nachhaltigen und naturnahen Kreisläufen zielt. Ursprünglich für die Landwirtschaft entwickelt, ist sie inzwischen ein Denkprinzip, das auch Bereiche wie Energieversorgung, Landschaftsplanung und die Gestaltung sozialer Infrastrukturen umfasst. Grundprinzip ist ein ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften mit allen Ressourcen.


Initiativen

Zu den „offiziellen“ Transition Towns gehörten im August 2011 nach eigenen Angaben über 450 Gemeinden und Städte, vor allem in der industrialisierten westlichen Welt. Die größte Anzahl von Initiativen findet sich im Vereinigten Königreich von Großbritannien, da hier die Bewegung ihren Anfang nahm. Mit Ausnahme Afrikas, wo in vielen ländlichen Gebieten die Menschen fossilarm und weitestgehend autark wirtschaften, gibt es jedoch auf jedem Kontinent mindestens eine lokale Initiative. Besondere Resonanz hat Transition Town in den USA, Kanada und Australien gefunden.
 

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Ferguson: Rassistischer Polizeimord entfacht Widerstand

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von Jeff Albertson, Workers Power USA, Neue Internationale 192


Die Exekution des unbewaffneten schwarzen Teenagers Michael Brown durch den weißen Polizisten Darren Wilson am 9. August führt seit fast zwei Wochen zu massiven Protesten auf den Straßen von Ferguson, einem verarmten Vorort von St. Louis, Missouri.

Solidaritätsdemonstrationen erschüttern das ganze Land und richten sich nicht nur gegen die bisher unterbliebene Strafverfolgung des Täters aus den Reihen der Polizei, sondern auch gegen die tief verwurzelte gesellschaftliche Unterdrückung schwarzer Jugendlicher, die aus schwarzen AmerikanerInnen Bürger zweiter Klasse macht.

Michael wurde von sechs Kugeln getroffen, davon zwei in den Kopf - obwohl er seine Hände erhoben und dem Polizisten, der ihn tötete, eindeutig seine kooperative Haltung und gewaltfreie Absicht angezeigt hatte.

Auf die Trauer und die Wut der EinwohnerInnen von Ferguson antwortete Polizeichef Thomas Jackson mit der Freigabe eines Videos, das angeblich Michael Braun bei einem Überfall auf einen Supermarkt direkt vor den tödlichen Schüsse zeigen soll. Der Zweck war klar: Braun sollte als Krimineller dargestellt werden, während der Polizist, der Micheal Brown erschoss, ein unbescholtener Bürger ohne Vorstrafen ist.


Dreister Rufmord

Tatsächlich ist dies ein dreister Rufmord. Polizeichef Jackson gab später zu Protokoll, dass der schießwütige Polizist keine Ahnung davon hatte, dass Brown ein Verdächtiger des Ladenraubs war. Es gab keinen Grund für den Polizisten anzunehmen, Brown wäre gewalttätig oder würde eine Bedrohung darstellen. Nachdem er von dem Beamten schikaniert worden war, war Brown friedlich auf dem Rückzug. Wie der Obduktionsbericht im Auftrag von Browns Familie zeigt, waren die Kugeln  aus einiger Distanz abgegeben worden, was zeigt, dass der Polizist nicht unmittelbar bedroht worden sein konnte.

Hochkarätige Fälle von Brutalität und Gewalt - überwiegend von weißen Polizisten - gegen Schwarze, besonders gegen Jugendliche, sind „normale“ Vorkommnisse im amerikanischen Alltag. Die Menschen sind nur allzu vertraut mit den Namen der letzten berüchtigten Fälle: Trayvon Martin, Jordan Davis, Oscar Grant, Eric Gardner und jetzt Michael Brown. Doch vielen Menschen ist immer noch nicht bewusst, dass es für Farbige Alltag ist, von der Polizei, von Sicherheitskräften oder von Bürgerwehren drangsaliert oder sogar erschossen zu werden. Nach einem kaltblütigen Mord an dem Schwarzen Trayvon Martin ging z.B. der Weiße Zimmermann, Chef einer „Bürgerwehr“ straffrei aus.
 

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Ende August 2014: Kiew in der Defensive

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von Dr. Christian Wipperfürth


Am 2. Juli begannen die Truppen Kiews eine Offensive in der Ostukraine. In den folgenden Wochen drängten sie die Separatisten weit zurück. Die folgende Karte zeigt die Situation (aus Kiewer Sicht) am 2. August.

Mitte August schien der militärische Sieg Kiews möglicherweise nur noch eine Frage von Tagen zu sein. Das Vorrücken der Einheiten Kiews kam jedoch ins Stocken, und am 26. August gaben die Separatisten sogar bekannt, tausende ukrainische Soldaten sowie Milizionäre, die auf Seiten Kiews kämpfen, eingekesselt zu haben. Die Gegner der ukrainischen Regierung erzielten darüber hinaus in den folgenden Tagen weitere Geländegewinne. Warum wendet sich das Blatt?
 

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Für die Darstellung der Karte im Großformat diese bitte anklicken und danach Karte noch einmal anklicken !

 

 

Vor einigen Tagen wurden zehn russische Fallschirmjäger von ukrainischen Soldaten festgenommen, 20 Kilometer innerhalb der Ukraine. War dies der erste handfeste Beweis dafür, dass nicht nur russische Freiwillige auf Seiten der Separatisten kämpften, sondern sogar reguläre Armeeangehörige? Das ist denkbar, aber nicht wahrscheinlich, denn die russischen Soldaten hatten ihre Personaldokumente bei sich und wurden mit ungeladenen Waffen aufgegriffen. Sie gaben an, sich verlaufen zu haben. Sonderlich glaubwürdig ist diese russische Version nicht. Aber können zehn Soldaten mit nicht geladenen Waffen, die sich ausweisen, als Beleg für eine „Invasion“ gelten?

Am 29. August wurden von Seiten der NATO Satellitenfotos veröffentlicht, die ein massives russisches Eingreifen belegen sollen. Sie datieren vom 21. August. Warum ließ sich die NATO über eine Woche Zeit, uns über eine „russische Invasion“ zu informieren? Die Fotos lassen zahlreiche weitere Fragen offen, sie kommen beispielsweise nicht von militärischen Aufklärungssatelliten, sondern einem privaten Unternehmen und weisen eine niedrige Auflösung auf. Sie wurden zudem nicht von Generalsekretär Rasmussen vorgestellt, auch nicht vom Oberkommandierenden Breedlove, sondern von einem NATO-Vertreter, der anonym blieb. Warum? Und falls es tatsächlich eine „Invasion“ gibt, warum wurden in den vergangenen zwei Tagen nicht weitere – am besten stichhaltige – Belege dafür zur Verfügung gestellt?
 

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Erinnerungskultur

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von Susanna Böhme-Kuby


Dieser unscharfe Begriff flankiert die deutsche Geschichtsschreibung nach der »sogenannten Wiedervereinigung« (Heinrich Senfft) und bezeichnet vielfältige individuelle und auch kollektive Aneignungsversuche des Vergangenen.

Die »Erinnerung« war bisher überwiegend auf den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg zentriert, die durch die verantwortlichen Generationen keine adäquate »Aufarbeitung« erfahren hatten. Daher ließ und läßt sich – ungeachtet aller Weißmacher – nicht verhindern, daß ein immenser Blutfleck immer wieder durchscheint.
 

 

Die in der alten BRD diagnostizierte »Unfähigkeit zu trauern« (Alexander und Margarete Mitscherlich) war – laut Klaus Theweleit – begleitet von erstaunlichen Fähigkeiten, beispielsweise »die Feste zu feiern, wie sie fallen, […] und den Aufbau der Fünfziger derart fröhlich anzupacken und unbeirrt ins befreite Gebiet des hemmungslosen Spießerglücks zu steuern«. Diese Fähigkeiten sind auch den nachgeborenen Generationen nicht abhanden gekommen, und die Formen heutiger Erinnerung – auch in der biographischen Literatur – dienen weniger einer verspäteten Trauerarbeit als individueller Selbstfindung und, im weiteren Sinne, kollektiver Neupositionierung der Deutschen.
 

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Poroschenko´s famoser Friedensplan – aktuell wie nie zuvor?

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von Kai Ehlers


Der Ukrainische Präsident Poroschenko hat nach dem Treffen in Minsk den Plan, den er einen Friedensplan nennt, aktualisiert. In fünfzehn Punkten trägt er vor, wie er sich einen Weg zum Frieden und den Frieden selbst vorstellt. [1]

Ein genaues Hinsehen lässt die fünfzehn Punkte allerdings auf einen einzigen zusammenschrumpfen: Frieden wird es nach Poroschenkos Vorstellungen nur geben, wenn die Aufständischen im Osten des Landes die Waffen strecken.

Aber bleiben wir fair, gehen wir das Angebot einzeln durch.

1. Sicherheitsgarantien für alle Teilnehmer an Verhandlungen

Hier stellt sich als Erstes die Frage: Wer gibt wem Sicherheitsgarantien? Offenbar ist hier nicht an gegenseitige Garantien gedacht, sondern an ein Angebot Kiews gegenüber den Aufständischen. Aber ist Poroschenko angesichts der Zersplitterung der kämpfenden Einheiten des Heeres, der Nationalgarde, des „Rechten Sektors“ und der privaten Söldnermilizen der Oligarchen überhaupt in der Lage eine solche Garantie halten zu können? Nein, ist er nicht.

Nicht nur steht das Heer vor einer Auflösung in marodierende Deserteure, nicht nur ist die Nationalgarde eine Ansammlung bewaffneter Abenteurer, nicht nur führen die Banden des „Rechten Sektors“ und die Privatmilizen eines Kolomoiski und anderer Oligarchen ihren eigenen Krieg, der sich einem Oberkommandierenden Poroschenko keineswegs beugt – es ist auch darüber hinaus einfach klar, dass eine „Sicherheitsgarantie“ nur zweiseitig sein kann.
 

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Antikriegstags-Demonstration in München - Montag, 1. Sept. 2014

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Am 1. September 1939 begann die deutsche Wehrmacht ihren Ausrottungs- und Vernichtungsfeldzug gegen ganz Europa, mitsamt der industriell betriebenen Judenvernichtung, durch den Überfall auf Polen. Bereits ein Vierteljahrhundert zuvor hatte das deutsche Kaiserreich den ersten blutigen Versuch unternommen die Weltkarte gewaltsam zu verändern – und verlustreich verloren. Den Weltmachtambitionen des deutschen Imperialismus und seiner Verbündeten fielen weltweit insgesamt 70 Millionen Menschen zum Opfer.



100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs und 75 Jahre nach dem Beginn des Zweiten wird wieder gezündelt – in der Ukraine. Deren Etablierung als Staatsgebilde war ein Konstrukt des deutschen Generalstabs, um Russland „zu zwingen“. Ebenso wie es im Zweiten Weltkrieg als Reichskommissariat Ukraine von der deutschen Wehrmachtsführung wiederbelebt wurde, um die Sowjetunion zu zerschlagen. Heute soll die Ukraine mit aller Macht in die NATO geholt und mit der EU assoziiert werden, gegen Russland gerichtet.

Es riecht brenzlich, nicht ganz unähnlich der Juli-Krise 1914. Daher fordern wir: Stoppt den Griff nach der Ukraine! Keine Komplizenschaft mit einer Regierung, die sich Faschisten als „Terrorbekämpfer“ hält! Keine militärische Einmischung der NATO, keinerlei westliche Rüstungsexporte! – Sanktionsdrohungen wirken wie Öl ins Feuer.

Montag, 1. Sept., 18:30 Uhr, im DGB-Haus

Ludwig-Koch-Saal, Schwanthalerstr. 64, 80336 München, U4/5 Theresienwiese

 

Washington häuft Lüge auf Lüge

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von Paul Craig Roberts


Die letzte Lüge Washingtons, diese kommt von der NATO, ist daß Rußland mit 1000 Soldaten und Panzern in die Ukraine eingedrungen ist.

Woher wissen wir, daß dies eine Lüge ist? Weil wir von der NATO nichts als Lügen gehört haben, von der US-Gesandten bei der UN, Samantha Power, von der stellvertretenden Außenministerin Victoria Nuland, von Obama und seinem gesamten Regime pathologischer Lügner und von den britischen, deutschen und französischen Regierungen gemeinsam mit BBC und der Gesamtheit der westlichen Medien?

Dies ist natürlich ein guter Grund anzunehmen, daß die neueste westliche Propaganda eine Lüge ist. Die pathologischen Lügner fangen nicht plötzlich an, die Wahrheit zu erzählen.

Aber es gibt sogar noch bessere Gründe, um zu zu verstehen, daß Rußland nicht mit 1000 Soldaten in die Ukraine eingedrungen ist.

  • Ein Grund ist, daß Putin durch sein nicht-provokatives Verhalten stark auf Diplomatie gesetzt hat. Er würde nicht riskieren, sein Setzen auf Diplomatie aufs Spiel zu setzen, indem er eine zu kleine Anzahl Soldaten, die keine entscheidende Wirkung auf das Ergebnis haben kann, in die Ukraine schickt.
  • Ein anderer Grund ist, daß falls Putin entscheidet, keine andere Alternative zu haben als russisches Militär zu schicken, um die russische Bevölkerung in der östlichen und südlichen Ukraine zu schützen, Putin ausreichend Soldaten schicken wird, um die Sache schnell zu erledigen, wie er es in Georgien gemacht hat, als die von Amerikanern und Israelis ausgebildete georgische Armee in Südossetien einfiel und in wenigen Stunden durch die russische Antwort zerstört war. Wenn Sie hören, daß 100.000 russische Soldaten unter Schutz der Luftwaffe in die Ukraine einmarschiert sind, wäre das eine glaubhaftere Behauptung.
  • Ein dritter Grund ist, daß das russische Militär keine Truppen in die Ukraine zu schicken braucht, um die Bombardierung und den Artilleriebeschuß der russischen Bevölkerungsgruppen durch Washingtons Marionetten-Regierung in Kiew zu stoppen. Die russische Luftwaffe kann leicht und schnell die ukrainische Luftwaffe und Artillerie zerstören und so den ukrainischen Angriff auf die sezessionistischen Provinzen beenden.

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Die Sanktionen prallen zurück und treffen die Europäer

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von Brian Cloughley


Am 10. August kommentierte die Financial Times in einer Reaktion auf das Chaos in der Ukraine: „Die Politik des Westens ist zu einer reflexartigen Eskalation von Sanktionen geworden,“ und dieses Mal hat es die Financial Times in Bezug auf Außenpolitik einmal richtig erwischt. Die USA und ihre Jünger in Europa und Australien haben gegen Russland Sanktionen wegen dessen angeblicher Einmischung in der Ukraine verhängt, welche rein gar nichts mit den Vereinigten Staaten von Amerika oder sonst jemand zu tun hat. Und Russland gibt verständlicherweise die Antwort.

Obwohl keinerlei Beweis von den Abhörspionen und anderen Spürhunden des Westens dafür vorgelegt wurde, besteht doch kein Zweifel, dass Russland in der Ukraine aktiv war, um deren Politik zu erkunden und sogar zu versuchen, diese zu beeinflussen – nicht anders als die USA, die die interne Politik in nahezu jedem Land dieses verschandelten Erdballs ausspionieren und zu beeinflussen versuchen, und die vor kurzem ihre spezielle Aufmerksamkeit auf die Ukraine gerichtet haben.
 

 

Der Unterschied zwischen den Aktivitäten der Vereinigten Staaten von Amerika und Russlands ist, dass die Ukraine direkt neben Russland liegt, und dass viele der Bewohner ihres östlichen Teils russischer Abstammung sind und russisch sprechen und russisch trinken und fühlen, dass ihre kulturellen Wurzeln russisch sind, und die zu Russland gehören wollen, so wie ihr ganzes Land bis vor 23 Jahren zu Russland gehört hat.

Andererseits denkt Washington, dass es das gottgegebene Recht hat, jedermanns private Besprechungen abzuhören und jedem Land auf der Welt zu sagen, wie es seine Angelegenheiten betreiben soll, und falls nötig, das mittels militärischer Intervention zu erzwingen. Die Tatsache, dass eine solche militärische Einmischung sich in Vietnam, Kuba, Irak, Jemen, Afghanistan und Libyen als äußerst katastrophal erwiesen hat, tut nichts zur Sache. Die nächste Front ist die Ukraine.
 

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Deutschland auf dem Weg in die Rezession?

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von Conrad Schuhler / Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.


Ihr völliges Verkennen der wirtschaftlichen Lage in Deutschland und der Eurozone hat die Bundesregierung eklatant unter Beweis gestellt, als sie im Sommer im Bundestag erklärte: „Die wirtschaftliche Lage hat sich zuletzt deutlich verbessert; die Eurozone hat die seit Ende 2011 andauernde Rezession überwunden, die Wirtschaftsleistung wächst wieder.“

Sozusagen im Gegenzug strafte Eurostat, die Statistische Behörde der EU [⇒ zur Webseite], diese Aussagen der deutschen Regierung Lügen. Nach ihren Angaben hat die Eurozone, die im ersten Quartal ein Mini-Wachstum von 0,2 % erzielt hatte, im zweiten Quartal einen Rückgang auf 0,0 % zu verzeichnen. Und Deutschland machte dabei den negativen Vorreiter. War im ersten Quartal hier noch ein Wachstum von 0,7 % erreicht worden, so schrumpfte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,2 %. Nur Zypern und Rumänien waren noch schlechter, Italien landete ebenfalls bei minus 0,2 %. Frankreich verharrte wie schon im ersten Quartal auf dem Stagnationswert von 0,0 %.

Die Wirtschaftswelt des „Westens“ wird insgesamt von Stagnation und Rezession geprägt. Die USA kam nach minus 0,5 % im ersten auf 1,5 % im zweiten Quartal. Japan fiel von plus 1,5 % auf minus 1,7 %.

Im Weltmaßstab fällt das Wachstum der westlichen Industriestaaten immer weiter ab gegen die Schwellenländer, v.a. gegen die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). Der Internationale Währungsfonds prognostiziert für China ein dreimal höheres Wachstum als für die „fortgeschrittenen Volkswirtschaften“. Und er hat deren voraussichtliches Wachstum noch viel zu hoch eingestuft. So hat er für die USA für 2014 ein Wachstum von 1,7 % vorhergesagt und für Japan eines von 1,6 %. Beide Länder werden froh sein, wenn sie überhaupt oberhalb der Null-Linie liegen.
 

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Ein Hadern und Hauen: Der bayerische Modellautomatismus

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von Wolfgang Blaschka, München


Am höchsten Punkt Deutschlands, auf der Zugspitze, sieht man weit ins Land, bis nach München an Föhntagen. Drunten im Tal wuseln die blinkenden Blechkolonnen auf der Autobahn, die weiland für die Winterspiele 1936 als Olympiastraße gebaut wurde - wie aufgereihte Modellautos. Das hat schon etwas reizvolles, die Welt so klein und den Himmel so nahe zu sehen, sich selbst den Schäfchenwolken deutlich näher als dem Stau in der Ebene. Dachte sich auch die Familie Haderthauer. Man wollte oben sein und nicht unten. Von ganz unten an der Donau ist der soziale Aufstieg nach ganz oben durchaus möglich. Auch Horst Seehofer stammt aus Ingolstadt. Zur Arbeit musste man also "hinauf", sie nach München, er rauf nach Franken.

Dort im Maßregelvollzug des Bezirkskrankenhauses Ansbach mit üblich übler Sicherungsverwahrung wie im Knast wurden die schönsten Modellautos gebaut, die man sich nur denken kann. Dr. Hubert Haderthauer, der Ehemann der heutigen Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (CSU), hatte das Talent bei einem Langzeit-Gefangenen entdeckt in seiner Eigenschaft als Landgerichtsarzt, der diesen zu betreuen hatte. Nun, betreuen wäre zuwenig, er hat ihn vielmehr betraut: Mit einer schönen Aufgabe, die dessen Fähigkeiten und Fertigkeiten genau entsprach.

Der Dreifachmörder Roland S. hatte ein besonders feines Händchen, das dummerweise auch Penisse abgeschnitten hatte, weswegen er in Sicherheitsverwahrung mit der höchsten Risikostufe sitzt. Man richtete einen eigenen Werkraum ein für gestrauchelte Feinmotoriker: Tüfteln und Basteln als Therapie-Chance. Das war zugegeben allemal gesellschaftsfähiger als Morden und Totschlagen, Urkunden oder Kunstwerke Fälschen und andere grobe Gesetzesverstöße, und brachte auch noch etwas ein: Den Patienten 264 Euro im Monat, dem Landgerichtsarzt ein Vielfaches, im Einzelfall bis zu 135.000 Dollar für ein Auto. Das Geschäft mit psychisch kranken Straftätern war für Christine Haderthauer lediglich "ein von Idealismus getragenes Engagement finanzieller Art".

Aus 5400 Einzelteilen, allein 96 Speichen pro Rad, inklusive des Ersatzrades also 480 Speichen, wurde beispielsweise ein 1930-er Mercedes-Benz SSK, von dem es real nur 40 Exemplare gab, in weltweit höchster Qualität und Perfektion gebaut, verkauft für 32.500 US-Dollar. Sogar mit Ledersitzen und funktionierender Kupplung. Die kleine Welt der Oldtimer im großen Maßstab, eins zu acht. Meisterwerke des Mehrfachmörders. 138 solcher Modellautos habe er seit 1989 gebaut, sagt er.
 

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Vor dem Liefern das Gehirn einschalten

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Deutsche Waffen und das friedliche Zusammenleben der Völker

von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Erst liefern, danach darüber reden: Ein interessanter Grundsatz, der schon im normalen Versandhandel zu schweren Irritationen führen könnte. Noch absurder ist er in der Politik. Sagen wir, die Bundesregierung wäre der Handelsvertreter, der Bundestag wiederum sei der Volksvertreter und dem Volk gehöre der ganze Betrieb. Dann wäre die Reihenfolge bei Lieferungen etwa so: Ein Kunde - in unserem Fall kurdische Milizen - bestellt Waffen. Den Wunsch schreibt die Regierung säuberlich auf. Mit dem Zettel - 300 Milan Panzerabwehr-Raketen, 4.000 Sturmgewehre, 100 Ausbilder, als Berater getarnt, und jede Menge Munition - sollte der Regierungsvertreter eigentlich jetzt zum Parlament gehen, dem Eigentümer-Vertreter der international bekannten und beliebten Bundesrepublik-Waffen-AG. Das macht die Regierung aber nicht.



Schon am Sonntag, sagt die oberste Handelsvertreterin Angela Merkel, wird das Kabinett "eine abschließende Entscheidung fällen", also die Auslieferung in Bewegung setzten. Und außerdem, so die Kanzlerin: "Die Entscheidung über Lieferungen von militärischen Gütern aus den Beständen der Bundeswehr liegt in der Kompetenz der Bundesregierung". Deshalb dürfen die Volksvertreter dann am Montag nach der Kompetenzentscheidung noch mal eine Placebo-Runde drehen: `Also wir,´ werden die von den Regierungsparteien sagen, `wir werden der Verantwortung gegenüber dem Volk im Irak gerecht, wir waren, sind und werden für Lieferungen sein.´ Die GRÜNEN reden mit einer Zunge dafür und einer dagegen, nachher ist es dann keiner gewesen. Und die LINKEN sind sicher strikt dagegen, auch wenn ihr Fraktionsvorsitzender mal kurz dafür war. Und das Volk, die Aktionäre? Die wurden schon längst gefragt. Vom Forsa-Institut. Und siehe: 63 Prozent waren gegen die Waffenlieferung, nur 30 dafür. Na und? [⇒ Quelle: Artikel im Stern]
 

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Legitime Ziele!

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von Evelyn Hecht-Galinski / Kommentar vom "Hochblauen"


Die Definition des Mordens hat eine rote Linie längst überschritten. Wenn der Ministerpräsident des “Jüdischen Staates”, Benjamin Netanjahu, dieses Staates, der sich selbstgefällig als “einzige Demokratie im Nahen Osten” bezeichnet, die gezielte Ermordung von drei Kommandeuren des militärischen Arms der Hamas als “großen Erfolg” rechtfertigt, indem er von ihnen als “legitime Ziele” spricht, dann hat sich dieser “Jüdische Staat” endgültig von allen demokratischen Werten verabschiedet. Allerdings ist dieser Abschied wohl sehr leicht gefallen, da es diese demokratischen Werte niemals wirklich gab.


Benjamin Netanjahu

Schließlich gründete, sich dieser Staat und sein Existenzrecht von Beginn an auf Vertreibung und Terror gegen die palästinensische Urbevölkerung. Der “Jüdische Staat” hatte nie ein Interesse daran, mit seinen Nachbarn in Frieden zu leben, sondern wollte immer nur den zionistischen Grundgedanken des Landraubs für die eigene Besiedlung durch seine jüdische Bevölkerung verfolgen. Vergessen wir nie die Nakba, die Katastrophe von 1948, die bis heute zu einer Tragödie ungeahnten Ausmaßes angewachsen ist. Ungehindert konnte die zionistische Bewegung – damals mit Hilfe von jüdischen Terrororganisationen – sich ausbreiten und kontinuierlich wie eine Krake mit immer mehr nachwachsenden Armen über das ehemals palästinensische Land ausdehnen. Aber nie war es dieser “einzigen jüdischen Demokratie im Nahen Osten” genug.

Immer mehr Landraub für immer mehr Siedlungen, immer mehr Besatzung und Blockade, um diesen Landraub für eigene “Sicherheitsinteressen” zu beanspruchen. Natürlich ist man nicht sicher auf geraubtem Gut und natürlich kann man als “Einbrecher und Dieb” ohne Verfolgung und Gegenwehr leben. So wäre es im Normalfall! Allerdings nicht im “Jüdischen Staat”, der darf besonders mit Hilfe der USA und Deutschlands ungehemmt Kriegsverbrechen, Völkermord, Kollektivbestrafung, gezielte Morde, Besatzung, Besiedlung und Blockade ausüben, alles im Namen der “Selbstverteidigung” für “Jüdische Bürger im Jüdischen Staat”!

Noch während, des Gaza-Krieges lieferten die deutschen schwarz/roten GRO/KOTZE Rüstungsgüter, Waffenzünder und U-Boote, im Wert von 600 Millionen Euro, an den “Jüdischen Staat”! (1) Sogar der ehemalige deutsche Botschafter in Israel, Rudolf Dreßler (SPD), den man sicher zu den Freunden Israels zählen kann, forderte in einem DLF-Interview den sofortigen Stopp von Waffenlieferungen an Israel. Begründung, solche Exporte würden “unseren Gesetzen zuwiderlaufen”!

 

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Minsk – fast weniger als Nichts

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von Kai Ehlers


Alle Welt wartete auf die Ergebnisse des Treffens in Minsk. Dem russischen TV war zu entnehmen, wie Wladimir Putin und Petro Poroschenko sich artig die Hand reichten. Zugleich hörte man aus der Ukrainischen Rada den Parlamentsvorsitzenden Turtschinow, der mit finsterem Blick verkündete, dass er keine andere als eine militärische Lösung des Problems im Donbass sehe. Er sehe keine Möglichkeiten für eine friedliche Lösung durch einen Dialog.

Auch Poroschenkos Positionen sind nicht gerade Friedensangebote, mag er sie auch noch so oft so nennen und beteuern, im Zentrum stünde für ihn die Beendigung des Krieges. Zu offensichtlich ist, dass im selben Atemzug die „antiterroristische Offensive“ verstärkt wird, von ihm klar ausgesprochen wird, dass er mit der soeben von ihm verfügten Auflösung des Parlamentes die Kräfte schwächen will, die gegen eine militärische Lösung sind.
 

 

Unübersehbar ist auch, dass die westlichen Alliierten Poroschenkos, allen voran die Amerikaner, ihn in diesem Vorhaben bestärken. Der Propagandafeldzug schwoll vor dem Treffen in Minsk an wie eine Bugwelle vor einem Fahrt aufnehmenden Schlachtschiff.

Die Ablehnung der vorgezogenen Wahlen durch die Rebellen, ihre Drohung gegebenenfalls „Maßnahmen“ zu ergreifen, wenn Kiew  versuchen sollte in Donezk oder Lugansk die Durchführung von Wahlen vorbereiten zu wollen, tragen ebenfalls nicht gerade zur Entspannung bei.
 

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Das Pentagon versucht, aus Verlierern Sieger zu machen

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von David Swanson


Am 200. Jahrestag der Esel von 1812, denen die Briten 1814 die Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika niederbrannten, sah ich mir den neuen Film von Rory Kennedy „Last Days in Vietnam“ an. In diesem Film geht es um den Moment des Verlierens, der Niederlage, als das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika zu guter Letzt den finalen Arschtritt bekam von den Vietnamesen, für die das nicht die letzten Tage Vietnams, sondern die letzten Tage des amerikanischen Krieges und der militärischen Okkupation durch den Westen waren.
 

 

So wie der Mittlere Osten heutzutage, wo die Vereinigten Staaten von Amerika damit beschäftigt waren, Kriege in Afghanistan und Irak zu verlieren und Libyen und Pakistan und Jemen und Palästina zu verwüsten, war Vietnam ein Desaster in der Zeit, in der der Film beginnt. Wie die US-Medien ISIS die Schuld an dem Zustand im Irak geben, so schiebt "Last Days in Vietnam" die Schuld den Nordvietnamesen zu. Das ist die Geschichte der Niederlage in Vietnam, aber sie wird vor allem von den Verlierern erzählt.

Eine vom Pentagon finanzierte Online-Feier des Kriegs der Vereinigten Staaten von Amerika gegen Vietnam beschreibt die in diesem Film gezeigten Vorfälle folgendermaßen: „Die amerikanische Evakuierung geht zu Ende. Saigon fällt an die nordvietnamesischen Soldaten, und der organisierte südvietnamesische Widerstand gegen die kommunistischen Kräfte endet. Präsident Duong Van Minh gibt die bedingungslose Kapitulation der Republik Vietnam bekannt.“

 

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Die unbewältigte Sprache von Joachim Gauck

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von Daniela Dahn


Reflektiertes Erinnern geht nicht ohne Sprache. Dabei ist es nicht ohne Belang, ob der Sprechende sich zu den Besiegten oder zu den Siegern rechnet.

Im Sport gibt es da, anders als in der Politik, klare Kriterien: 7:1, Deutschland gegen Brasilien. Was für ein demütigendes Ergebnis vor der ganzen Weltöffentlichkeit für die Gastgeber, die oft ein sorgenvolles Dasein fristen. Und sich mit dieser Fußballweltmeisterschaft 2014 so viel Hoffnung auf etwas Freude und Stolz gemacht haben. Brasilien war bereit, aus der Staatskasse viel Geld für die Fußballfans aller Welt zu zahlen. Geld, das im Lande, in dem der Hunger nicht besiegt ist, anderweitig gebraucht worden wäre, wie zahlreiche Proteste bewußt machten. [Texte dazu hier und hier]

Wer hierzulande auch nur ein wenig Mitgefühl und Empathie für die Situation in Lateinamerika aufbringt, wird sich gesagt haben, daß ein knapperer Sieg im Halbfinale den an Selbstbewußtsein nicht mangelnden Deutschen auch gereicht hätte. In einem Wettstreit, bei dem es durchaus darauf ankommt, wer sich in der ganzen Welt teuerste Spieler, Trainer, Trainingslager, Ausrüstungen, Lobbyisten, Sportmediziner, Ernährungswissenschaftler und wer weiß was alles, leisten kann. Und bei dem die Brasilianer durch ein gefoultes K.o. ihres besten Spielers schon Pech genug hatten.

Welche Worte fand der deutsche Bundespräsident angesichts dieser Situation? Als es im Endspiel gegen Argentinien knapp wird, gibt er zu: »Ich war so emotional bewegt.« Daß dies auch die andere Seite gewesen sein könnte, scheint ihm nicht in den Sinn gekommen zu sein: »Das war ein Nervenspiel, ich habe so gezittert und gebebt und mich gefragt: Wo ist die Mannschaft, die Brasilien mit 7:1 niedergemacht hat?« Niedergemacht? Aus welchem Vokabelheft hat er denn das? Dagegen wurde kein Wort des Respekts oder der Achtung vor der Leistung der Brasilianer oder Argentinier bekannt. Nur ein Dank an Gott, daß es doch noch »geklappt« hat. Wie sehr die lateinamerikanischen Katholiken mit ihrem Gott hadern mußten, war ihm offenbar egal. Ein Christ ohne Erbarmen?
 

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Klage gegen Israels Regierungschef Netanjahu in Chile eingereicht

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Von Vilma Guzmán / amerika21.de


Santiago de Chile. Der Abgeordnete der Kommunistischen Partei Chiles, Hugo Gutiérrez, hat Klage gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Streifen bei der chilenischen Justiz eingereicht.

Die Menschheit sei betroffen von den Verbrechen, die in Gaza begangen werden und "wir können nicht gleichgültig bleiben angesichts dessen, was dort geschieht", sagte Gutiérrez zur Begründung.

Der Parlamentarier, der von Angehörigen der palästinensischen Föderation Chiles zum Justizpalast begleitet wurde, verurteilte "energisch" die israelischen Angriffe im Gaza-Streifen, bei denen bereits mehr als 2.000 Menschen getötet wurden, meist unbewaffnete Zivilisten. Gutiérrez führte aus, dass verschiedene internationale Institutionen, einschließlich der Vereinten Nationen, festgestellt hätten, dass die Bombardierungen gegen die Zivilbevölkerung in Gaza Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien.

"Die Zeiten haben sich geändert, niemand kann Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen und denken, dass er dafür nicht zur Verantwortung gezogen wird." Dies habe ihn dazu gebracht, das Prinzip der "universellen Gerichtsbarkeit" für diese Straftaten einzufordern. Er habe bei Gericht die Eröffnung einer strafrechtlichen Verfolgung der Verbrechen des Staates Israel beantragt, "die auf die Vernichtung der Palästinenser abzielen", fügte der KP-Abgeordnete hinzu.
 

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Deutsche Kanzlerin Merkel in Kiew. Signale der Zweideutigkeit

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Kai Ehlers / russland.RU


Angela-Merkel-Petro-Poroschenko-Poroshenko-Ukraine-Kritisches-Netzwerk-Rechtsradikalismus-Putschpraesident-Neofaschist-Neofaschismus-Kiew-Kiev-Donbass-OstukraineIn Kiew angereist war die deutsche Kanzlerin, um „ein Zeichen der Solidarität“ zu setzen. Um keine Zweifel über den Charakter dieser Solidarität aufkommen zu lassen, inszenierte Berlin vor dem Einstieg der Kanzlerin ins Flugzeug ein Gespräch mit US-Präsident Barak Obama. Darin kamen die Kanzlerin und der Präsident überein, Russland weiter unter Druck halten zu wollen.


Russlands Entscheidung, den seit Tagen an der Grenze zwischen Russland und der Ukraine von ukrainischer Seite aufgehaltenen Konvoi mit Hilfsgütern nun ohne Erlaubnis Kiews und auf eigenes Risiko die Grenze überschreiten zu lassen, sei als neueste völkerrechtswidrige Provokation Russlands unter keinen Umständen hinnehmbar, ließen Merkel und Obama gemeinsam verlauten.

Doch zeigten sich leichte Risse in den Erklärungen. Obama  und seine Administration forderten, dass der Konvoi umzukehren habe, noch bevor er Lugansk erreiche, Kanzlerin Merkel begnügte sich mit der milden Variante, der Konvoi müsse umkehren, nachdem er entladen worden sei. Ihr Koalitionspartner Gabriel erklärte vor ihrem Start nach Kiew, er sehe eine Föderalisierung als einzige mögliche Lösung des ukrainischen Konfliktes. Vorbedingung dafür sei ein Waffenstillstand.
 

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Die Irren sind unter uns: Ganz Deutschland eine Rüstungs-Anstalt

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Ein düsterer Wahn umweht Regierungs- und Medienzentralen in Berlin. Ein Wahn von Waffen, von Wichtigkeit und von Weltgeltung. Kaum jemand hat diesen Wahn bisher besser zusammengefasst als Frank Wahlig vom ARD-Hauptstadtstudio: "Die Front wird Wirklichkeit", ruft der Mann dem Zuschauer zu, "Deutschland liefert Waffen. Nur die Üblichen rufen weiter nach Gebetskreisen, Aspirin und Bäckereien und nach einem Abwarten, dass das Morden weiter ermöglicht. Das ist ein Politikwechsel. Deutsche Waffen in Kriegsgebiete: Das wird von jetzt an kein Tabu mehr sein. Dieser Bruch ist notwendig." Waffen in den Irak, das ist der nächste Schritt triumphierender "deutscher Verantwortung", der nächste Schritt deutscher Großmannssucht in die Abgründe internationaler Kriege.

Doch nicht nur am Rand der politischen Macht, nicht nur in den Medien schreit es nach bewaffneter Bedeutung. Auch aus dem CDU-Strippenzieher Volker Kauder spricht die Besoffenheit der Geltungssucht: "Die Interessen unseres Landes" sagt er mit Blick auf den Kriegseinsatz im Irak, "und unsere Werte sind nicht immer deckungsgleich. Man kann sie nicht gegeneinander ausspielen." Was die deutschen Werte sind, das steht im Grundgesetz und seinem Gebot der Landes-Verteidigung (Art. 26 GG und Art. 115a, 115b bis 115l GG). Was die deutschen Interessen sein sollten, sagt die deutsche Bevölkerung beharrlich in den Umfragen: Kein Soldat, keine Waffen ins Ausland. Doch der wirre Kauder - flankiert vom geschwollenen Gauck bis zum kranken Ehrgeiz der von der Leyen, die eine "Bereitschaft zum Tabubruch" fordert - ist an den Deutschen nicht interessiert. Er trifft sich mit dem schrillen Ton des ARD-Hauptstadtstudios: "Das deutsche Volk ist überwiegend gegen Einmischung und Verantwortung. Lichterketten wären sicherlich die leichtere Alternative". Sie scheissen auf das Volk. Und pflegen ihren Wahn.
 

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Empörung mit Vorbehalt

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von Eric Margolis


Die angebliche Enthauptung des freiberuflichen Journalisten James Foley durch den schattenhaften IS (Islamischer Staat) hat Empörung und Schrecken rund um die Welt ausgelöst. Ich sage „angebliche,” weil wir nicht sicher wissen, ob die Enthauptung tatsächlich stattgefunden hat oder gefälscht war. Nach drei Jahrzehnten Kriegsberichterstattung im Mittleren Osten, Afrika, Lateinamerika und Afghanistan war meine Reaktion als Journalist auch Empörung – aber Empörung mit Vorbehalt.

Wir im Westen huldigen dem charmanten und kuriosen Glauben, dass Menschen aus der Luft mit Bomben, Raketen, Geschoßen, Napalm und Streumunition – oder gar Atomwaffen - zu töten irgendwie nicht wirklich so schlimm ist wie ein Bajonett in einen Gegner zu stoßen, ihn mit Artillerie in Fetzen zu reißen oder seine Kehle so zu durchschneiden, wie Schafe getötet werden.

Krieg aus der Luft ist sauber. Krieg aus der Luft ist die amerikanische Art des Krieges.
 

 

Außerdem, am selben Tag, an dem Foley angeblich enthauptet wurde, wurden 19 Menschen in Saudiarabien, einem engen Alliierten der Vereinigten Staaten von Amerika, wegen verschiedener Verbrechen öffentlich geköpft. Einer der Männer wurde wegen Hexerei hingerichtet. Es gab keinen Aufschrei über diesen mittelalterlichen Horror. Saudiarabien steht unter Verdacht, politische Gegner der Monarchie wegen Drogenvergehen anzuklagen, die mit der Enthauptung durch einen schwertschwingenden Henker bestraft werden. Kein Pieps davon in den US-Medien, die die Foley-Geschichte hinausposaunen.

Ich bin lange denselben Weg gegangen wie dieser mutige junge Mann und zahlreiche andere freiberufliche Journalisten, habe aus extrem gefährlichen Gebieten ganz auf mich selbst gestellt berichtet, ohne Unterstützung oder Hilfssystem. Es ist eine sehr einsame und oft demoralisierende Arbeit.
 

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Die Ukraine, der Westen und Rußland - Rückblick, Analyse und mögliche Auswege

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von Dr. Christian Wipperfürth

 

Im ersten Teil dieses Beitrages werde ich Grundzüge der Entwicklung der vergangenen Monate skizzieren. Im zweiten Teil untersuche ich, welche Auswirkungen eine anhaltende Konfrontationspolitik auf die Ukraine und die westlich-russischen Beziehungen besäße. Im dritten Teil habe ich Vorschläge unterbreitet, die einen Ausweg aus der Spirale von Gewalt und Konfrontation weisen könnten.


I. Die Ukraine, der Westen und Russland:

Frühjahr und Sommer 2014


Weit über 2.000 Menschen sind in der Ostukraine bislang gewaltsam ums Leben gekommen, hunderttausende sind geflüchtet, überwiegend nach Russland. Darüber hinaus befinden wir uns in der schwersten internationalen Krise seit Jahrzehnten. Sie wird weiter eskalieren, wenn wir nicht gegensteuern.


Skizzieren wir zunächst, warum diese Situation entstanden ist, um danach die Entscheidung abzuwägen, vor der wir stehen:

Die Ukraine ist ein sprachlich, kulturell, ethnisch und religiös tief gespaltenes Land. Abgesehen von der Krim gab es aber mehr als 20 Jahre keine ernsthaften Anzeichen, dass die territoriale Einheit zerbrechen könnte. Im November 2013 setzten Massenproteste gegen den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch ein. Seine Amtsführung wurde zwar in allen Landesteilen abgelehnt, die Demonstranten forderten jedoch eine deutliche Ausrichtung ihres Landes Richtung Westen. Sie erhofften dadurch eine Verbesserung der bedrückenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation. Eine Minderheit der Protestierenden wurde durch antirussische Ressentiments getrieben.

Nach einer Umfrage zweier renommierter ukrainischer Meinungsforschungsinstitute wurden die Proteste Ende Dezember 2013 von 80 Prozent der in der Westukraine Befragten unterstützt, im Osten waren es 30 Prozent und im Süden des Landes nur 20 Prozent. Westliche Politiker ermunterten meist zu einer einseitigen Westausrichtung der Ukraine. Diese wurde in den überwiegend russischsprachigen südlichen und östlichen Landesteilen jedoch abgelehnt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte bereits zu dieser Zeit, dass die Ukraine in der Gefahr stehe, „zerrissen“ zu werden. Der Westen zerrte von der einen, Russland von der anderen Seite.

Unmittelbar nach dem Machtwechsel von Ende Februar 2014 versuchte die neue Führung, den Status der russischen Sprache zu vermindern und ernannte einen Vertreter der extremen Rechten zum Generalstaatsanwalt. Diese und andere Maßnahmen wurden von vielen Millionen Menschen als ernsthafte Bedrohung ihrer kulturellen Identität, ja ihrer Sicherheit verstanden. Die völkerrechtswidrigen Vorgänge auf der Krim verstärkten die Spannungen und Spaltungstendenzen innerhalb der Ukraine. Im Osten und Süden vertrat im März fast die Hälfte der Befragten die Ansicht, die Differenzen zwischen den verschiedenen Landesteilen seien so groß, dass es zerbrechen könnte.
 

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Vormarsch des „Islamischen Staat”: Solidarität mit dem kurdischen Widerstand!

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Martin Suchanek, Infomail 768, 21. August 2014


Die mörderische Großoffensive des „Islamischen Staates“ gegen die KurdInnen, YezidInnen und andere religiöse und nationale Minderheiten im Irak und in Syrien hat innerhalb kurzer Zeit einen enormen Blutzoll gefordert. Tausende wurden von den „Gotteskriegern“ massakriert, die BewohnerInnen ganzer Dörfer und Städte ermordet und vertrieben, Frauen systematisch vergewaltigt, ... Ganze religiöse Gruppen wie die Yeziden werden vertrieben. Hunderttausende sind auf der Flucht, in Flüchtlingslagern, im kurdischen Rojava in Syrien wie auch im Nordirak.

Damit erleben wir einen neuen, blutigen Höhepunkt der Barbarisierung im Irak und in Syrien.

Die Region ist offenkundig nicht arm an erzreaktionären und konterrevolutionären Kräften. So z.B. die irakische Regierung, die den Staatsapparat und die Pfründe des Landes auf religiöser Grundlage den schiitischen Oberschichten, Kapitalisten und Großgrundbesitzern zugeschanzt hat und deren Privilegien mit allen Mitteln zu verteidigen sucht. So z.B. das syrische Assad-Regime, das eine Volksrevolution brutal unterdrückt hat und maßgeblich für den Tod von weit über 100.000 Menschen verantwortlich ist.

Der „Islamische Staat“ (vormals ISIS) ist eine der neuesten Ausgeburten der Hölle reaktionärer Barbarei, die Irak und Syrien erfasst hat. Ihre Methoden und Ziele, ihre Worte und Taten zeichnen sich dadurch aus, dass sie scheinbar alles andere bisher Dagewesene an unzweideutig barbarischer Reaktion noch in den Schatten stellen.
 

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Mord an Michael Brown: Tiefgehende Gerechtigkeit in Ferguson

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von Robert C. Koehler


Schwarze. Weiße Polizisten. „Schert euch auf den Gehsteig!“

Und so fängt es an, fängt es an, und fängt es an. Ein afroamerikanischer Junge stirbt, weil er auf der Straße gegangen ist – wegen einer unsäglich geringen Gesetzesübertretung. Demonstranten rufen nach Gerechtigkeit. Die Bürokratie der Gesetzeshüter igelt sich ein, verteidigt sich, tut was sie kann, um den umgebrachten 18-jährigen Michael Brown als schlechten Kerl hinzustellen. Die Fronten in den Medien verhärten sich. Wieder einmal heißt es wir gegen sie. Niemand spricht davon, wie man die Angelegenheit bereinigen könnte, niemand spricht über einen Heilungsprozess.

Aber wir können nicht über Heilung reden – noch nicht. Wir können nicht über Ferguson in Missouri reden, über die verfahrene Situation zwischen wütenden Einwohnern und der schwer militarisierten Polizei, die schon seit zwei Wochen andauert, ohne über institutionellen Rassismus zu reden. In einer gesunden freien Gesellschaft wäre eine „Pattsituation“ wie diese absurd, weil die Polizei keine getrennte Einheit ist, die diese Gesellschaft auf Befehl von außen wie eine Besatzungsarmee kontrolliert. In einer gesunden Gesellschaft dient die Polizei der Gemeinschaft und ist ein Teil von dieser.
 

 

Was in Ferguson geschehen ist und geschieht, ist so grotesk und grausam, dass sogar die Berichterstattung in den Massenmedien nicht ihre Sympathie völlig der Polizei zu Füssen gelegt hat und alle Demonstranten als Aufständische hinstellt. Ein junger Mann, der mit einem Freund auf der Straße ging, wurde von einem Polizisten sechsmal angeschossen - zweimal in den Kopf. Sogar wenn die Polizeiversion der Ereignisse (er war aufsässig, es gab einen Kampf) stimmt, war die Schießerei ein Akt atemberaubender Aggression und hätte nie geschehen dürfen. Und wieviele Zeugen diese Geschichte auch anzweifeln, die Realität sieht dennoch viel mehr aus wie kaltblütiger Mord, so dass die Einwohner von Ferguson ein Recht darauf haben, Antworten zu verlangen, und Gerechtigkeit.
 

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Die Plünderung der Welt. Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen

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Buchvorstellung / Lesetipp


Autor: Michael Maier

Verlag: FinanzBuch Verlag, München 2014

ISBN: 978-3-89879-853-2

288 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag 19,99 € (D), 20,60 € (A)

Unbemerkt von der Öffentlichkeit treibt eine internationale Clique aus Politikern, Lobbyisten, Bankern und Managern die Plünderung der Welt voran. Eine globale Feudalherrschaft entsteht: Die Reichtümer der Erde wandern zu einer winzig kleinen Gruppe im Innersten des Finanzsystems. Die Regierungen wollen zu den Profiteuren zählen und zwingen ihre Bürger zu immer neuen Opfern.

Unterstützt von mächtigen und verschwiegenen Organisationen wie der Weltbank, dem IWF, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und den Zentralbanken plündern die Regierungen die privaten Vermögen und kündigen den wirklich Bedürftigen die Solidarität auf. Ozeane von Falschgeld überfluten die ganze Welt, während sich globale Finanzströme der demokratischen Kontrolle entziehen. Recht wird nach Belieben gebrochen. Willkür ist die neue Ideologie. Anstand ist ein Fremdwort geworden.

Um ihre eigene Haut zu retten, sind Regierungen und Finanzindustrie entschlossen, die Welt ohne Rücksicht auf Verluste zu plündern.

Was bedeutet das für den Einzelnen? Ist Widerstand möglich? Gibt es gar eine Revolution? …

 

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Das große US-Gefängnis: Niederschiessen, Niederknüppeln, Wegsperren, Umbringen

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


"Ein Problem?" fragt die US-Administration und fackelt nicht lange. Ist das Problem im Ausland, dann wird es weggebombt. Ist es im Inland, dann kommt die Nationalgarde. Und wer sich die Polizisten anschaut, der kann sie häufig nicht mehr von der Armee unterscheiden: Scharfschützen im Tarnanzug, die Augen unter dem Stahlhelm zu verbergen sind längst üblich. Auch Panzer sind bei der Polizei zu entdecken seit das "Heimatschutz-Ministerium" Rüstungsgüter im Wert von 35 Milliarden Dollar großzügig an Bundes- und Ortspolizei verteilt hat. Ausgemusterte schwer gepanzerte Fahrzeuge, die in Afghanistan oder Irak eingesetzt wurden, fanden ihren Weg von der Armee zu Polizei im eigenen Land. Kein Wunder, dass in diesen Tagen der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon die amerikanischen Behörden mahnt, das Demonstrationsrecht zu achten: Der Kampf gegen die eigene Bevölkerung wird immer militanter. Zum Beispiel in Ferguson.

Mal wieder wurde in den USA, in Ferguson / Missouri, ein Farbiger erschossen, nur weil er farbig war. Und wer gedacht hatte, mit dem tendenziell farbigen US-Präsidenten hätte sich der Rassismus in Nordamerika erledigt, der irrt. Auch die Annahme, die USA sei ein Staat der Freiheit, in deutschen Medien und auf Regierungsbänken heftig beteuert, kann mit einem halbwegs gründlichen Blick auf das amerikanische Gefängnis-System schnell ins Reich der Legende verwiesen werden: In keinem Land der Welt gibt es so viele Gefangene wie in den USA. Und in keinem Land der Welt werden sie so gründlich nach der Hautfarbe ausgesucht wie im Land der Freunde von Frau Merkel.
 

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Verkehrspsychologie – Russlands eigenwillige Interpretation von Regeln

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Kann man „die Russen“ begreifen?

von Dr. Christian Wipperfürth


Es folgt ein ernst gemeinter und zugleich augenzwinkernder, unterhaltsamer Versuch. Ich habe den Text vor etwa zwölf Jahren geschrieben, er trifft nach wie vor den Kern - habe ihn nur leicht abgeändert.


► Verkehrspsychologie

In diesem Land – ich befinde mich in St. Petersburg – gilt Russland und das Verhalten seiner Bewohner als unergründlich, unverständlich, rätselhaft. Russland sei mit dem Verstand einfach nicht zu begreifen. Dies ist hierzulande sprichwörtlich geworden. Aber stehen die Vertreter anderer Völker nicht vor ähnlichen Schwierigkeiten? -  Können Sie mir sagen, was „die Deutschen“ und „Deutschland“ ausmacht? Oder beispielsweise Frankreich und dessen Einwohner? Fühlt man sich, wenn man dieses Wagnis unternimmt, wegen unvermeidlicher Verallgemeinerungen nicht ein wenig unwohl?
 

 

Ich möchte Sie (trotzdem) im Folgenden mit meinem Bild von Russland und dessen Bewohnern bekannt machen – von einem Gefühl leichten Unwohlseins begleitet. Ich bin der Ansicht, dass man dieses Land durchaus „begreifen“ kann – jedenfalls innerhalb der Grenzen, in denen sich auch sehr komplexe Phänomene wie etwa „Deutschland“ oder „Frankreich“ zu verstehen sind. Das Verhalten der Russen im Straßenverkehr bietet sich für eine kurzweilige und wie ich hoffe aufschlussreiche Untersuchung besonders an. Ich werde mich nicht allein darauf beschränken, sondern hierauf aufbauend noch weitere Schlussfolgerungen versuchen.

Ich befinde mich nunmehr seit immerhin 10 Monaten im Lande, aber die Gepflogenheiten hiesiger Verkehrsteilnehmer erregen immer noch mein Erstaunen, teils eher belustigt, teils von Sorge bestimmt. Wenn man es positiv ausdrücken will – und warum nicht? – wirken Russen total obercool: Es scheint ein weit verbreiteter Sport zu sein, Grenzen auszutesten.
 

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Worum es letztlich geht: Menschlichkeit

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Gedanken über das eigentlich Selbstverständliche

von Rudolf Kuhr


Menschlichkeit wird leider meist erst dann zum Thema, wenn sie entbehrt wird. Jeder braucht sie, aber den wenigsten ist sie überhaupt bewußt. Da die Probleme auf unserem Planeten fast ausschließlich von Menschen verursacht werden und trotz des ungeheuren Wissens und des vorhandenen, wenn auch sehr ungleich verteilten Reichtums ein zunehmender Mangel an Menschlichkeit besteht, erscheint es sinnvoll und not-wendig zu sein, sich mit diesem Thema mehr als bisher direkt zu befassen.


Um in Wörterbüchern eine Definition des Begriffs Menschlichkeit zu finden, wird, wenn das Wort überhaupt enthalten ist, auf das Fremdwort Humanität verwiesen. Hier heißt es dann beispielsweise: Menschlichkeit im Sinne eines idealisch gedachten Menschentums: harmonische Ausbildung der dem Menschen eigentümlichen wertvollen Anlagen des Gemütes und der Vernunft (so schon von Cicero bestimmt); höchste Entfaltung menschlicher Kultur und Gesittung und dementsprechendes Verhalten gegenüber den Mitmenschen, ja aller Kreatur. Seine eigentliche Begründung und Ausgestaltung erfuhr der Humanismusgedanke im 18. Jahrhundert, im Zeitalter des deutschen Klassizismus, besonders durch Lessing, Herder, Schiller, Goethe, W. von Humboldt. Für Kant ist Humanität 'der Sinn für das Gute in Gemeinschaft mit anderen überhaupt; einerseits das allgemeine Teilnehmungsgefühl, andererseits das Vermögen, sich innigst und allgemein mitteilen zu können, welche Eigenschaften zusammen verbunden die der Menschheit angemessene Geselligkeit ausmachen, wodurch sie sich von der tierischen Eingeschränktheit unterscheidet'. ...

In einem anderen Wörterbuch heißt es: Humanität, im weiteren Sinn die Summe alles rein Menschlichen im Gegensatz zum Tierischen, im engeren Sinn das voll entfaltete edle Menschentum, das in der harmonischen Ausbildung der menschlichen Kräfte und in der Herrschaft des Geistes über die eigenen Leidenschaften gründet und sich besonders in Teilnahme und Hilfsbereitschaft für den Mitmenschen, in Verständnis und Duldsamkeit für seine Lebensart äußert. In diesem Sinn ist Humanität besonders seit Lessing, Herder, Goethe, Schiller, W. von Humboldt zum Inhalt einer der höchsten sittlichen Ideen des Abendlandes geworden (Humanitäts-Idee).
 

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„Wer Kiew hat, kann Russland zwingen!“

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Die Ukraine und die deutschen Kriegsziele im Ersten Weltkrieg

von Dr. Reiner Zilkenat, Historiker und Autor


Als das Deutsche Kaiserreich im August 1914 daran ging, seinen „Platz an der Sonne“ mit Waffengewalt einzufordern, so wie es der damalige Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Bernhard von Bülow am 6. Dezember 1897 im Reichstag eingefordert hatte spielte die Frage nach den Kriegszielen naturgemäß eine herausragende Rolle. Am 9. September 1914 brachte Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg in einer geheimen Denkschrift zu Papier, für welche Ziele die Millionen deutscher Soldaten an den Fronten zu leiden und zu sterben hatten. Wir lesen hier u.a.: „Sicherung des Deutschen Reiches nach West und Ost auf erdenkliche Zeit. Zu diesem Zweck muss Frankreich geschwächt werden, dass es als Großmacht nicht neu erstehen kann, Russland von der deutschen Grenze nach Möglichkeit abgedrängt und seine Herrschaft über die nichtrussischen Vasallenvölker gebrochen werden.“

Bereits einen Monat zuvor hatte der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Gottlieb von Jagow folgende bemerkenswerte Sätze in einem Erlass für den deutschen Botschafter in Wien formuliert: „Insurgierung nicht nur Polens, sondern auch der Ukraine erscheint uns sehr wichtig; 1. als Kampfmittel gegen Russland; 2. weil im Falle glücklichen Kriegsausganges die Bildung mehrerer Pufferstaaten zwischen Russland und Deutschland bzw. Österreich-Ungarn zweckmäßig würde, um den Druck des russischen Kolosses auf Westeuropa zu erleichtern und Russland möglichst nach Osten abzudrängen.“

 



Annexionen oder „indirekte Herrschaft“?

Zum Teil noch radikaler formuliert waren die Kriegszieldenkschriften des Alldeutschen Verbandes  und von Organisationen und Repräsentanten der deutschen Industrie, darunter von August Thyssen, Walther Rathenau, Alfred Hugenberg und Gustav Stresemann.  Im Laufe der Jahre gerieten die Zielsetzungen für den Osten Europas immer maßloser und bildeten eines der bevorzugten Themen in den Debatten über die anzustrebenden Kriegsziele. Die Kernfrage lautete:

  • Was bedeutete es konkret, Russlands Herrschaft „über die Vasallenvölker“ zu brechen?
  • Die territoriale Einverleibung eines Teils des Zarenreiches, z. B. des Baltikums und der Ukraine, in das Deutsche Kaiserreich bzw. die mit ihm verbündete Habsburgermonarchie?
  • Die Schaffung eines selbständigen, aber von den Mittelmächten politisch und wirtschaftlich abhängigen Polen?
  • Wie sollten sich derartige direkte Annexionen bzw. die Schaffung von „Einflusszonen“ (informal empire) in das Konzept zur Herstellung eines von Deutschland dominierten „Mitteleuropa“ einordnen?

Im Zentrum derartiger Überlegungen stand bald die Ukraine, sowohl aus ökonomischen als auch aus politisch-militärstrategischen Gründen.
 

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Im Westen gibt es keinen Respekt mehr vor der Wahrheit

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von Paul Craig Roberts


Für alle sichtbar haben die Medien des Westens bewiesen, dass sie entweder ein Haufen von ignoranten und inkompetenten Narren sind oder ein Hurenhaus, das den Verkauf von Krieg für Geld betreibt.

Schlagender Beweis ist die Mediengeschichte von dem gepanzerten russischen Konvoi, der in die Ukraine gefahren und von den zusammengewürfelten Kräften zerstört worden ist, mit denen ISIS in ein paar Minuten fertig wäre. Britische Reporter erfanden diese Geschichte oder bekamen sie von einem CIA-Agenten, um eine Kriegsgeschichte daraus zu machen. Die nicht länger seriöse BBC bauschte die Geschichte auf, ohne sie überprüft zu haben. Die deutschen Medien, darunter die Welt, plärrten die Geschichte durch Deutschland, ohne Bedenken, dass es keinerlei Beweise dafür gab. Die Nachrichtenagentur Reuters verbreitete die Geschichte, auch ohne Überprüfung. Leser sagen mir, dass CNN die falsche Geschichte rund um die Uhr gesendet hat. Obwohl ich die nicht ansehen will, vermute ich, dass Fox „Nachrichten“ diesen lahmen Gaul ebenfalls hart geritten haben. Leser sagen mir, dass meine ehemalige Zeitung, The Wall Street Journal, die so weit gesunken ist, dass sie unlesbar ist, die falsche Geschichte ebenfalls verbreitet hat. Ich hoffe, dass sie nicht recht haben. Man hasst es zu sehen, wie sein ehemaliges Habitat so total vor die Hunde geht.  

Aus einer Reihe von Gründen, die für einen normalen Menschen offenkundig sein sollten, ist diese Mediengeschichte grotesk.
 

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Obama zurück im Irak: ‚Sie zogen mich wieder hinein …’

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von Eric S. Margolis

 

Bewaffnete Humanität 2.0. Das ist unsere neue westliche Version des alten Imperialismus des 19. Jahrhunderts, neuerdings feminisiert durch Präsident Barack Obamas Beratungsdamen, rosa eingefärbt und mit der sanften Piano-Begleitmusik, die man in den Werbespots für Frauenprodukte hört.

Letzte Woche klinkte die Obama-Administration sich ein in die Misere der irakischen Jesiden, die von diesen schrecklichen ISIS-Leuten verfolgt wurden – gerade zu einem sehr günstigen Zeitpunkt, um die Aufmerksamkeit von dem Massaker in Gaza abzulenken.

Wie praktisch. Alle drei Netzwerke der Vereinigten Staaten von Amerika und die zunehmend geknebelte BBC wurden angewiesen, die Berichterstattung aus Gaza abzusetzen und ihre Kamerateams auf die leidenden Jesiden und, ganz überraschend, auf Iraks fliehende Christen zu konzentrieren.
 

 

Das war ein brillanter Medientrick. Die Welt, die wütend war über die Vereinigten Staaten von Amerika, weil diese die Verwüstung von Gaza und die Tötung von fast 2.000 Palästinensern ermöglichten, wandte nun ihre Aufmerksamkeit auf die bis dato unbekannten Jesiden und die irakischen Christen. Kein Mensch in den Vereinigten Staaten von Amerika hatte je von den Jesiden gehört, aber das war ok. Onkel Sam wird sie retten.

Es wurde in keiner Weise erwähnt, dass die Christen im Irak unter Präsident Saddam Hussein sicher und wohlbehalten – sogar privilegiert – waren, bis Präsident George Bush einmarschierte und den Irak verwüstete. Wir können dasselbe Schicksal für Syriens Christen erwarten, wenn der Schutz des Assad-Regimes durch die von den USA betriebene Aufständischenbewegung weggerissen wird. Dann werden wir Krokodilstränen für die syrischen Christen weinen.
 

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Uruguay für Gaza-Debatte auf UNASUR-Gipfel

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Von Gerhard Mertschenk, Eva Haule / amerika21.de


Regionalbündnis soll zur "Krise im Gaza-Streifen" Stellung nehmen. Außenminister Palästinas in Venezuela. Kritik Israels UNO-Vertreter

Montevideo.
Der uruguayische Außenminister Luis Almagro hat angekündigt, dass sein Land auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) am 23. August für eine Debatte über die Krise im Gaza-Streifen plädieren wird. Israelische Militäroperationen seit Anfang Juli haben in dem dicht besiedelten Gebiet mehr als 1.000 [Anm. Admin: aktuell über 1900!] Menschenleben gefordert und Zehntausende aus ihren Häusern vertrieben.


Er werde sich in den nächsten Tagen mit Vertretern Palästinas treffen. Die UNASUR sei niemals der Verpflichtung ausgewichen, zu wichtigen Themen der internationalen Politik Stellung zu beziehen. "Es wäre gut, wenn es in dieser Frage, in der alle Länder schon tätig waren und die uns alle so schmerzt, einen regionalen Konsens gäbe", so Almagro.

Die zwölf UNASUR-Außenminister kommen am 21. August in Montevideo zusammen, um das Gipfeltreffen der Staatschefs am 23. August vorzubereiten, auf dem der neue Generalsekretär ernannt werden soll. Der turnusmäßige UNASUR-Vorsitz wird von Surinam an Uruguay übergehen.

Almagro verurteilte erneut die israelischen Kriegshandlungen. "Das israelische Heer rühmt sich, das modernste der Welt zu sein, also sind solche Situationen leicht zu kontrollieren, und wenn der Abzug betätigt wird, weiß man sehr genau, auf wen man schießt und man weiß, ob es dort Kinder gibt oder nicht", urteilte er.

Am vergangenen Mittwoch traf Venezuelas Präsident Nicolás Maduro mit dem palästinensischen Außenminister Riad Al-Maliki in Caracas zusammen. Wie Maduro anschließend im staatlichen TV-Kanal VTV erläuterte, habe der Außenminister über die aktuellen Ereignisse im Gaza-Streifen informiert und es seien weitere Schritte besprochen worden, um "die palästinensische Sache zu unterstützen." Venezuela werde weiterhin die "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" anprangern und auf die Beseitigung der Blockade des Gazastreifens sowie auf erneute Friedensgespräche und die Einhaltung der UN-Resolutionen drängen, sagte Maduro.
 

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Washington vermanscht die Wahrheit mit Lügen

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von Dr. Paul Craig Roberts


Halten die Propagandisten des Westens jemand anderen zum Narren außer sich selbst?

Die jüngste Absurdität, die aus der Ukraine, der Europäischen Union und Washington kommt, ist dass die humanitäre Hilfe, die Russland und das Rote Kreuz in die ehemaligen russischen Territorien liefern, die die Ostukraine ausmachen, ein Trick ist, eine Täuschung, ein Vorwand für Russlands Invasionsstreitmacht. Eine dermaßen lächerliche Lüge sagt uns, dass die Propagandisten des Westens keinerlei Respekt vor der Intelligenz der Völker des Westens haben.

Sogar ein Dummkopf sollte verstehen, dass Russland, falls es militärische Kräfte in die Ukraine entsenden will, keinen Vorwand braucht, und schon gar keine humanitäre Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz. Die Ostukraine hat nach dem Beispiel der Krim sowohl für die Unabhängigkeit von Kiew als auch für eine Wiedereingliederung nach Russland gestimmt. Wenn Russland eine Rechtfertigung braucht, dann genügen die Entscheidungen, die die Bewohner der Ostukraine vor Monaten getroffen haben. Aber Russland braucht keine Rechtfertigung, um Russen davor zu retten, dass sie von Washingtons Handlangern massakriert werden wie die Palästinenser in Gaza.

Durch ihre Untätigkeit gibt die russische Regierung Washingtons Hampelstaaten in Europa Zeit, um zu begreifen, dass Washington, und nicht Russland das Problem ist, und dass Washington darauf aus ist, die Kosten seines Konflikts mit Russland auf die Europäer abzuschieben.

Dass Washington, seine EU-Vasallen und Handlanger in Kiew so sehr gegen die Lieferung von humanitärer Hilfe sind, liegt am verzweifelten Versuch des Westens, die massive Zerstörung ziviler Leben, Wohnungen und Infrastruktur in den ehemaligen russischen Territorien, die direkt durch die von Washington in Kiew an die Macht gebrachten antirussischen Extremisten bedroht sind, vor der Welt zu verbergen.

Die Medienhuren des Westens haben ihrer langen unrühmlichen Geschichte eine weitere Unterlassung hinzugefügt, indem sie nicht über die Gräueltaten berichtet haben, die einem Volk zugefügt werden, das keine Zukunft für sich in einem Land sieht, das von mörderischen russophoben Verbrechern regiert wird, die von Washington an die Macht gebracht worden sind.
 

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Brot und Bomben: Kalifat oder Gaza-Ghetto

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von Wolfgang Blaschka, München


"Mission accomplished", Mission erfüllt, prahlte George W. Bush auf einem der US-Flugzeugträger, von wo nun wieder die Kampfjets starten, um erneut zu bomben, diesmal gegen die ISIS-Leute, die ein Kalifat errichten wollen vom Mittelmeer bis ins Zweistromland, mit Hackebeil und Handgranaten, Säbeln und Schnellfeuerwaffen. Woher sie die nun alle haben?! Aus Syrien, das die CIA vollpumpte mit Kriegsgerät, damit die sunnitischen Rebellen Alewiten jagen, Kurden massakrieren und Christen verjagen? Aus Libyen, das die NATO kurz zerschlug und in den endlosen Bürgerkrieg entließ? Aus Saudi-Arabien, dem engsten Bündnispartner der USA im Nahen Osten, gleich hinter Israel? Der alkoholische Kriegsherr hat es tatsächlich geschafft: Der Irak zerbricht, das Chaos ist perfekt, wieder ein Staat mehr ist kurz davor komplett zu scheitern; jedenfalls ist er nicht mehr in der Lage, sein Territorium zu sichern und die ihn bewohnenden Bevölkerungsgruppen zusammenzuhalten.
 

 

Genau nach dem Geschmack der USA. Die sunnitischen Gottesstaats-Kämpfer rücken fast kampflos im Irak vor. Unterstützt und begrüßt von jenen entmachteten Soldaten und Funktionsträgern Saddam Husseins, die bis vor 11 Jahren noch einem säkularen Staat gedient hatten. Nun sind sie sich einig gegen die schiitisch dominierte Regierung in Bagdad. Jetzt trifft es die Jesiden. Und die Kurden, die im Nordirak jedenfalls mit den USA verbündet sind, während die im Westen von der Türkei drangsaliert werden, im südöstlichen Eckpfeiler der NATO. Und überhaupt die Christen im Irak: Ein Empörungsaufschrei, zurecht! Christen wie so manche Palästinenser in Gaza: Dort aber kein Empörungsaufschrei zum Unrecht. Denn das Unrecht ist ein israelisches. Gegen israelisches Unrecht wird allenfalls besorgt gemahnt, denn es ist auch jüdisches, zionistisches. Da lauert bereits die Antisemitismus-Falle.

Im Irak lauert die Kriegsfalle, in die Obama eigentlich nicht noch mal stolpern wollte. Also lieber in die Völkermord-Falle, und dann ab in die Völkerrechts-Falle eines weiteren Irakkrieges, nur mal so eben aus der Luft. Irgendwie konsequent, denn die USA haben es schließlich angerichtet und angeheizt, das Desaster. Sie sind natürlich nicht an allem schuld, so wie sie das von Putin immer behaupten. Dennoch half ihre Politik den blutigen Boden zu bereiten.
 

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Veränderung der globalen Kräfteverhältnisse – ökonomisch, politisch, militärisch

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von Conrad Schuhler / Vorsitzender "Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V."


Wir erleben derzeit mehrere Prozesse weitreichender Umgestaltung in der weltpolitischen Kräfteverteilung. Zum einen entwickelt sich ein neuer „Block“ von Entwicklungs- und Schwellenländern, angeführt von den sog. BRICS-Staaten (B = Brasilien, R = Russland, I = Indien, C = China, S = Südafrika), gegen die alten Metropolen USA, Europa und Japan. Zum anderen streben diese alten Metropolen der G7-Staaten zu neuen Formierungen ihrer wirtschaftlichen Kraft, wie sie sich in TTIP (Transatlantische Handels- und Investitions-Partnerschaft)  [Anm. Admin: siehe hier und hier] und TPP (Transpazifische Partnerschaft) ausdrücken.

Dieser Anspruch auf anhaltende und auszubauende Dominanz wird koordiniert und befeuert durch die USA, die wie in den Zeiten der früheren System-Konfrontation den Anspruch auf die führende Rolle in der Weltwirtschaft und Weltpolitik erheben. Präsident Obama in seiner jüngsten außenpolitischen Grundsatzrede in Westpoint: „There is something in the American character that will always triumph… I believe in American exceptionalism with every fiber of my being.” (Da gibt es etwas im amerikanischen Charakter, das immer triumphieren wird … Ich glaube an das Amerikanische Auserwähltsein mit jeder Faser meines Wesens.) Seine Schlussfolgerung: „America must always lead on the world stage.” (Amerika muss auf der Weltbühne stets führen.)

Schauen wir uns zunächst die Entwicklung des globalen Kräfteverhältnisses während der letzten Jahrzehnte an. Nach dem 2. Weltkrieg stand der von den USA dominierte Block des Westens dem „sozialistischen Weltsystem“ gegenüber. Der Westen entschied diese Systemkonkurrenz zu seinen Gunsten, sowohl ökonomisch-politisch als auch ideologisch. Francis Fukuyama schrieb 1992 sein Buch „Ende der Geschichte“, wo konstatiert wurde, dass die Frage Kapitalismus oder Sozialismus ein für alle Mal entschieden sei – zum Kapitalismus gäbe es keine sinnvolle Alternative mehr, daher das „Ende der Geschichte“.

Diesen Sieg trug damals ein Kapitalismus davon, der sich entscheidend vom Nachkriegskapitalismus 1945 bis rund 1975 unterschied. Es handelte sich um den neoliberalen Kapitalismus, der als Devise die Globalisierung ausgerufen hatte. In der „sozialen Marktwirtschaft“ oder dem „Fordismus“, der bis Mitte der Siebziger Jahre die Imperative für die kapitalistischen Regimes geliefert hatte, stand die Ausweitung der inländischen Massennachfrage als Voraussetzung des Wachstums von Produktion und Profiten im Vordergrund. Mit dem Neoliberalismus gab es eine neue zentrale Größe, nach der man sich zu richten hatte: den Weltmarkt. Für ihn, den angeblich unbegrenzten, wurde nun produziert. Man brauchte national die weltweit besten Standards in Sachen Arbeitsleistung, Arbeitslohn, Besteuerung von Gewinnen, Einkommen und Vermögen, um im weltweiten Wettbewerb zu obsiegen.
 

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Süd-Donauland und der Ostfriesenstreifen

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Wenn das Westjordanland und Gaza weiter nördlich lägen

 

von Wolfgang Blaschka, München


Schon seltsam, wie wir hier in Deutschland den Nahen Osten sehen: Weit weg und meist in der Tagesschau. Eine unruhige Gegend mit hin und wieder Krieg. Nicht sehr schön, aber leider eine traurige Tatsache. Klar hat unsere Geschichte damit irgendwie was zu tun, aber dass "die da unten" sich nicht einigen können, dafür können wir doch nichts, oder?

Das ist der Blick sozusagen von oben herab. Auf der Landkarte liegt das Gebiet, um das so erbittert gestritten wird, allemal unten. Die einen nennen es Palästina, die anderen Israel, jeder mit dem Anspruch es zu bewohnen. Die Israelis nennen die paar übrig gebliebenen Reste, wo die Palästinenser wohnen, einfach nur "die Gebiete", und meinen damit die besetzten und blockierten Reservate, die sie der ursprünglichen Bevölkerung mit Mauern und Grenzsicherungsanlagen noch zusätzlich dezimieren.
 

 

Was wäre denn, wenn in Deutschland eine Mandatsmacht verfügte, dass alle Einheimischen nach Bayern südlich der Donau und in einen schmalen Küstenstreifen an den Nordseegestaden zu vertreiben wären, um Platz zu schaffen für eine neue Bewohnerschaft, die weltweit verfolgt eine sichere Heimstatt suchte? Begründet mit einer dubiosen Verheißungsgarantie einer über- oder außerirdischen Gottheit. Untermauert mit dem Hinweis, man habe vor zweitausend Jahren hier schon mal das Land erobert, und es sei nun einmal ausweislich der Schrift versprochen. Die Deutschen würden den Vogel zeigen. Sie würden sich anfangs wehren, aber angesichts der brutalen Gewalt und beeindruckt vom Terror der Besatzer obrigkeitshörig grollend fügen. Nicht auszumalen, wie eng es südlich der Donau und am Nordseestrand würde. Die daraus resultierende nationalistische Aufwallung wollte wohl niemand wirklich erleben. Auch die nicht, die sie heute den Palästinensern ankreiden.
 

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Neuer Wettlauf um Afrika

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von Felix Wiesel / arbeitermacht.de


Am 4. August, lud US-Präsident Obama 50 afrikanische Regierungschefs nach Washington zu einem dreitägigen US-Afrika-Gipfel, um das nachzuholen, was das chinesische Kapital seit schon seit geraumer Zeit tut: Investitionen, Einfluss und Zugriff auf Ressourcen in Afrika zu sichern.

Die Konkurrenz zwischen den USA und China äußert sich auch in einem neuen "Scramble for Africa", einer Neuauflage des Wettrennens um den Zugang zu Märkten und den Zugriff auf natürliche Ressourcen. "Damit Amerika langfristig mit China und anderen konkurrieren kann, braucht es Partnerschaften", hieß es ohne Umschweife auf dem Forum.
 

 

Im 19. Jahrhundert hatten die europäischen Kolonialmächte Afrika untereinander aufgeteilt und in der Schlussakte der Berliner Konferenz von 1885 ihre territorialen Ansprüche kodifiziert. Die Kolonien und deren Ausplünderung sicherten den Zugriff auf billige Arbeitskraft und auf natürliche Ressourcen, die das europäische Kapital dringend und zu möglichst niedrigen Preisen benötigte. Zugleich waren sie ein Absatzmarkt für europäische Produkte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gros afrikanischen Länder unabhängig, viele davon im Jahr 1960, dem "Afrikanischen Jahr".

Nach Jahrzehnten vergeblicher "Entwicklungshilfe" scheint die Obama-Administration nun dem Ruf von Republikanern und Neokonservativen zu folgen, für die Entwicklungshilfe seit jeher nur ein unliebsamer Fremdkörper im "freien Markt" ist. Einige Autoren sehen im Zugang zum internationalen Markt und den Finanzmärkten einen emanzipatorischen Schritt Afrikas aus der Bevormundung durch die Entwicklungshilfe.

Der Warenaustausch zwischen China und Afrika belief sich 2013 auf 170 Mrd. US-Dollar, während der US-Handel mit dem Kontinent ein Volumen von 60 Milliarden hatte, jener der EU umfasst 200 Milliarden. Auch der Handel Brasiliens, Russlands, Indiens und der Türkei mit Afrika nimmt zu. In der vergangenen Periode hat der US-Imperialismus in Afrika deutlich an Boden - v.a. gegenüber China - verloren.
 

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Sanktionen gegen Russland könnten den Dollar versenken

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von Ron Paul


Die Entscheidung der US-Regierung, mehr Sanktionen gegen Russland zu verhängen, ist ein schwerer Fehler, und wird eine bereits angespannte Situation nur weiter eskalieren und letztendlich die Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika selbst schädigen. Während die Auswirkungen von Sanktionen auf den Dollar kurzfristig vielleicht nicht abgeschätzt werden können, so sind diese Sanktionen langfristig nur ein weiterer Schritt in Richtung Untergang des Dollars als Reservewährung der Welt.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sanktionieren nicht nur russische Banken und Firmen, sie versuchen auch, europäische Banken zur Einführung harter Sanktionen gegen Russland zu zwingen. Geht man vom Umfang des Geschäfts aus, das die europäischen Banken mit Russland machen, dann könnten europäische Sanktionen Europa mindestens so schwer schädigen wie Russland. Zur gleichen Zeit, wo die USA Zusammenarbeit von europäischen Banken erwarten, verfolgen sie diese Banken und verhängen milliardenschwere Geldstrafen über sie für Verstöße gegen bestehende Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika. Man kann sich leicht vorstellen, dass europäische Banken es zunehmend satt haben werden, als unbezahlte Polizisten der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika handeln zu müssen, während sie jedesmal Milliarden von Dollars als Geldstrafe bezahlen müssen, wenn sie Geschäfte betreiben, die Washington nicht passen.
 

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Manifest zur Verteidigung Palästinas

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Aufruf des "Netzwerk zur Verteidigung der Menschheit"

lateinamerikanischer Intellektueller, Künstler und Aktivisten


Von Red En Defensa de la Humanida

Übersetzung: Klaus E. Lehmann / amerika21.de

 

Das Netzwerk zur Verteidigung der Menschheit (Red En Defensa de la Humanidad − REDH), erfüllt angesichts der tragischen Ereignisse, die das palästinensische Brudervolk in Gaza zurzeit erlebt, seine Verpflichtung folgendes zu bekunden:

Wir erklären unsere Unterstützung der Worte des Compañero Evo Morales, Mitbegründer des Netzwerkes zur Verteidigung der Menschheit und Präsident des Plurinationalen Staates Bolivien, mit denen er Israel zu einem terroristischen Staat erklärt hat.

Wir erklären weiterhin unsere absolute Ablehnung des Völkermordes, den das palästinensische Volk von Seiten eines Staates erleidet, der sich auf der Enteignung und der kolonialen Besetzung der palästinensischen Gebiete begründet.

Wir bekunden unsere Anerkennung und Solidarität mit dem heldenhaften Kampf des palästinensischen Volkes und seiner Widerstandsorganisationen, insbesondere in Gaza, gegen den Versuch Israels, es auszurotten und ihm die Reste dessen zu entreißen, was einmal seine Heimat war.
 

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Assoziierungs-Abkommen mit der Ukraine – Instrument imperialer Machtpolitik

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Rede bei der Kundgebung "100 Jahre Beginn des 1. Weltkriegs – Stoppt den Griff nach der Ukraine"

am 1. August 2014 in München


von Claus Schreer / Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus


Schon im Ersten Weltkrieg spielte die Ukraine in den Plänen zur Schaffung eines von Deutschland beherrschten „Mitteleuropa“ eine wesentliche Rolle. Heute 100 Jahre später betreiben Deutschland und die EU in der Ukraine eine brandgefährliche Politik. Erneut wird versucht, in dem von ihnen geschürten nationalistischen Konflikt eigene wirtschaftliche und geostrategische Interessen auf Kosten der ukrainischen Bevölkerung durchzusetzen.

Am Beginn der Maidan-Proteste in der Ukraine stand der Unmut über die sozialen Missstände und gegen die Korruption zugunsten einer kleinen Clique von Oligarchen. „Gangster weg“ hatten die Demonstranten gefordert, als der Maidan noch nicht in der Hand der Nationalisten und Faschisten war.
 

 

Diese Proteste waren legitim. Dass sich daraus ein internationaler Konflikt entwickelte, hängt vor allem mit dem  Assoziierungs-Abkommen zusammen, mit dem die Ukraine ökonomisch und militärisch in die EU integriert werden sollte. Das Assoziierungs-Abkommen war der Sprengsatz für den Konflikt.

Mit seiner Entscheidung im November 2013, das über viele Jahre verhandelte Assoziierungs-Abkommen mit der Europäischen Union auf Eis zu legen, hatte sich der damalige ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch mächtige Feinde in Brüssel und Berlin, aber auch in Washington gemacht.

Umgehend setzte eine Eskalationsspirale ein, die zum Sturz des Präsidenten und zur schwersten Krise zwischen dem Westen und Russland seit Ende des Kalten Krieges geführt hat. Dass sich der Konflikt an der Ablehnung dieses Assoziierungs-Abkommens entzündete, ist beileibe kein Zufall, denn bei diesen Abkommen handelt es sich um ein Kernelement der aktuellen Großmachtpolitik Deutschlands und der Expansionsstrategie der Europäischen Union.
 

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Demokratie macht auch nur Staat

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von Lorenz Glatz


Demokratie – Das Volk herrscht. Im Staat. Was wir heute unter den Namen Staat und Volk kennen, ist aber so alt gar nicht. Dieses Amalgam wurde in die Welt gesetzt und wuchs heran als Kampfmaschine der Fürsten in der Zeit der frühen Feuerwaffen. Kanonenrüstung und Festungsbau sowie Geldwirtschaft, Manufaktur und Markt zu deren Finanzierung und Bürokratie und Militär als Mittel, um sich durchzusetzen – so formierten sich die modernen Staaten, und diese ihr Volk, es musste sich so ziemlich alles ändern, damit es beim Alten bleibt, der alten Macht in neuen Formen. Auch in demokratischen eben.

Dieser moderne Staat ist einer und entwickelt sich, weil es mehr gibt als einen. In Japan und auch in China führte das von der neuen Kanonentechnik angeheizte Gemetzel zum Sieg einer zentralen Übermacht. Dann wurden (in gewissem Maß) „Schwerter zu Pflugscharen“.

Auf Befehl der Macht, und nicht auf immer. In Europa nämlich blühte und gedieh die neue Form, Menschen zu beherrschen, in unermüdlichen, unentschiedenen Kriegen. Dort wuchsen in einem jahrhundertelangen Wettlauf militärischer und ökonomischer Modernisierung die Sorte Herren, Soldaten, Bauern, Arbeiter und Bürger heran, die diesen Machtkampf schließlich auf die Eroberung und Kolonisierung fast der ganzen Welt ausgeweitet haben.

Auch als Knecht, der seine Haut zu Markte tragen muss, lernt das Volk, worum es geht in solchen Zuständen – bei den Siegern zu sein, seinen kleinen Teil zu haben von der Beute. Der Lernprozess dauert in immer wieder aktualisierter Form schon seit mehr als einem Dutzend Generationen. Er hat dabei noch jeden Gedanken an Befreiung infiziert mit Wünschen nach und dem Gewöhntsein an Kommando, und jedes Aufstehen für ein gutes Leben krankte zuletzt an der Vorstellung, das sei das Leben derer, denen man es nehmen müsse. Vor allem aber kam von dort eine ungeheuerliche Dosis von Rassismus und Sexismus, die den „weißen Mann“, ob oben oder unten, als den legitimen Herrn der Welt fabulierte und wissenschaftlich begründete.

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Die Kriegsverbrechen mit Atomwaffen

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von John LaForge


Kurt Vonnegut über Nagasaki: „Die rassistischste, niederträchtigste Tat, die dieses Land nach der Sklaverei begangen hat.“

„Über das Pro und Contra von Hiroshima lässt sich streiten,“ sagte einmal Telford Taylor, der Chefankläger von Nürnberg, „aber ich habe nie eine plausible Rechtfertigung für Nagasaki gehört“ – das er als ein Kriegsverbrechen einstufte.

In seinem 2011 erschienenen Buch "Atomic Cover-Up" (Atomare Vertuschung) sagt Greg Mitchell: „Wenn Hiroshima darauf hinweist, wie billig Leben im atomaren Zeitalter geworden ist, dann zeigt Nagasaki, dass es als absolut wertlos beurteilt werden könnte.“ Mitchell erwähnt, dass der amerikanische Autor Dwight MacDonald 1945 als Beispiel für Amerikas „Abstieg in die Barbarei“ den Abwurf von „kaum bekannten Giften“ auf eine zivile Bevölkerung anführte. The "New York Herald Tribune" schrieb in einem Leitartikel, dass „keine Genugtuung in dem Gedanken liegt, dass eine amerikanische Flugzeugbesatzung das zustandegebracht hat, was ohne Zweifel das größte simultane Gemetzel in der gesamten Geschichte der Menschheit ist.“

Mitchell berichtet, dass der Romanautor Kurt Vonnegut – der den Feuersturm von Dresden selbst erlebt und in "Slaughterhouse Five" ("Schlachthof 5 oder der Kinderkreuzzug") beschrieben hat – sagte: „Die rassistischste, niederträchtigste Tat nach der Versklavung von Menschen, die dieses Land begangen hat, war die Bombardierung von Nagasaki.“

Am 17. August 1945 formulierte es David Lawrence, der konservative Kolumnist und Herausgeber von "US News" folgendermaßen: „Vergangene Woche vernichteten wir hunderttausende Zivilisten in japanischen Städten mit der neuen Atombombe ... wir werden uns nicht so bald von dem Gefühl der Schuld befreien können ... wir ... haben nicht gezögert, die destruktivste Waffe aller Zeiten rücksichtslos gegen Männer, Frauen und Kinder einzusetzen ... sicher können wir nicht stolz sein auf das, was wir getan haben. Wenn wir unsere inneren Gedanken ehrlich zum Ausdruck bringen, dann schämen wir uns dafür.“
 

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U-Boote der Staatsräson: Wie Deutschland das Gaza-Problem löst

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Manchmal könnte man an der deutschen Staatsräson irre werden: Hatte doch die größte deutsche Kanzlerin aller Zeiten erklärt, die "Sicherheit Israels" sei Teil der deutschen Staatsräson und so einen echte Nibelungen-Eid geleistet. Aber nun, in höchster Not - in einer Zeit, in der die Hamas die Palästinenser aus Gaza in eine Art permanenten Selbstmordanschlag gegen Israel führt, sogar 430 Kinder musste die israelische Armee zur puren Selbstverteidigung umbringen - wird der Räson-Eid scheinbar aufgeweicht: "Der Status quo", schreibt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in der WELT, „das zeigen die immer wiederkehrenden militärischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre, ist nicht haltbar." Ja was will er denn, der Steinmeier? Die notwendige israelische Härte gegen den Hamas-Terror, in deren Ergebnis inzwischen fast 2000 tote Palästinenser nötig waren, aufweichen? Den guten alte Status quo - nach der die israelische Regierung in Gaza ein echtes Gefangenen-Lager unterhält, mit Todesstreifen, pädagogischen Bombardements und alledem - etwa abschaffen?

Doch flugs meldete sich der israelische Außenminister Avigdor Lieberman zu Wort und rief die Bundesregierung zu mehr Engagement im Krisenherd Nahost auf: „Die Deutschen als politische Führungsnation in Europa müssen eine ganz entscheidende Rolle im Gaza-Konflikt einnehmen“. Der Mann hat die Gauck-Formel von der deutschen VERANTWORTUNG gut begriffen: "Führungsnation" nennt uns der ehemalige Saalordner. Da wissen wir doch genau, wohin uns das führt. Da schlägt die Räson die Hacken zusammen, meldet sich zur Stelle und liefert umgehend das nächste U-Boot von Kiel nach Haifa. So jedenfalls kündigte es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an und wird mit dieser Verschiffung hoffentlich den Status quo weiter vertiefen, wenn nicht gar verbreitern. Denn nicht "Ab-Tauchen" ist die Devise deutscher Räson, sondern unsere U-Boote werden auftauchen und der Hamas mal zeigen, was ein deutscher Torpedo ist.
 

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Was, wenn es einen richtigen Krieg in der Ukraine gibt?

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von Eric S. Margolis


Russland und der Westen befinden sich im Krieg – über Obst, Gemüse, Schweinefleisch und Bankkredite. Der Grund dafür ist die Ukraine, eine riesige Leere, der westlichen Welt ehemals unbekannt, aber jetzt als lebenswichtig im Interesse der nationalen Sicherheit erachtet, für die es wert ist, einen sehr beängstigenden Krieg zu riskieren.

Wirtschaftssanktionen wie die von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Russland verhängten mögen relativ harmlos erscheinen. Das sind sie nicht. Handelssanktionen sind eine Form von strategischer Kriegsführung, die manchmal mit Kugeln und Granaten weiterbetrieben wird.

Denken Sie zum Beispiel an das Embargo der Vereinigten Staaten von Amerika 1940 gegen Japan, das zu Tokios schicksalsträchtiger Entscheidung führte, lieber in den Krieg zu ziehen als mit langsamer wirtschaftlicher Strangulierung konfrontiert zu sein. Wieviele Amerikaner wissen, dass Präsident Roosevelt den Panamakanal für japanische Schiffe sperrte, um Forderungen Nachdruck zu verleihen, Tokio müsse aus der Mandschurei und China abziehen?

Es ist erschreckend, dass es heutzutage in Washington und Moskau hochrangige Leute gibt, die tatsächlich einen Zusammenstoß in der Ukraine zwischen russischen Kräften und der NATO in Erwägung ziehen – einem verlängerter Arm der Militärmacht der Vereinigten Staaten von Amerika.

Intensiver werdende Angriffe der ukrainischen Regierungskräfte (die stillschweigend von den Vereinigten Staaten von Amerika bewaffnet und finanziert werden) gegen pro-russische Separatisten und zivile Ziele in der Ostukraine erhöhen die Gefahr, dass Moskau militärisch intervenieren könnte, um die ethnisch russische Minderheit der Ukraine zu beschützen.
 

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Abenteuer Menschsein: Worum es mir wirklich geht im Leben

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von Rudolf Kuhr


Zur Einstimmung in das Thema ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe: "Hierbei bekenn' ich, daß mir von jeher die große und so bedeutend klingende Aufgabe:"erkenne dich selbst!" immer verdächtig vorkam, als eine List geheim verbündeter Priester, die den Menschen durch unerreichbare Forderungen verwirren... wollten. Der Mensch kennt nur sich selbst, insofern er die Welt kennt, die er nur in sich und sich nur in ihr gewahr wird. Jeder neue Gegenstand, wohl beschaut, schließt ein neues Organ in uns auf. Am allerfördersamsten sind aber unsere Nebenmenschen, welche den Vorteil haben, uns mit der Welt aus ihrem Standpunkt zu vergleichen und daher nähere Kenntnis von uns erlangen, als wir selbst gewinnen mögen. Ich habe daher in reiferen Jahren große Aufmerksamkeit gehegt, inwiefern andere mich wohl erkennen möchten, damit ich in und an ihnen, wie an so viel Spiegeln, über mich selbst und über mein Inneres deutlicher werden könnte... Von Freunden... lasse ich mich ebenso gern bedingen als ins Unendliche hinweisen, stets merke ich auf sie mit reinem Zutrauen zu wahrhafter Erbauung".
 

Foto: Jan Gropp, Jena / www.Bildreflex.de - Quelle: Pixelio.de

 

Angeregt durch wiederholte Enttäuschungen in einem Gesprächskreis, der sich zu dem überaus bedeutsamen Thema "Worauf es wirklich ankommt" zusammenfand, und der anfangs ziemlich unstrukturiert über Gott und die Welt diskutierte, entstand in mir die Frage nach den hintergründigen Bedürfnissen der Teilnehmer. Ich hatte den Eindruck, daß diese den meisten gar nicht bewußt waren, so daß es mir oft so erschien, als ginge es eigentlich mehr um die Lust am Reden, am Streiten, um Unterhaltung und Geselligkeit als um das Thema selbst.
 

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Russland, der Westen und Afghanistan – und die Ukrainekrise

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von Dr. Christian Wipperfürth


Russland war 2001/2002 womöglich der wichtigste Verbündete der USA im Afghanistankrieg. Es unterstützte die USA, Basen in Zentralasien einzurichten, stellte Washington umfangreiche Geheimdiensterkenntnisse zur Verfügung und nutzte seine engen Verbindungen zu den Gegnern der Taliban innerhalb Afghanistans (der sogenannten Nordallianz), sodass die USA und ihre Verbündeten innerhalb kurzer Zeit die Taliban in den Untergrund bzw. ins Exil zwingen konnten.

Russland hat ein geradezu existenzielles Interesse an einem stabilen Afghanistan: Die russisch-kasachische Grenze ist mit etwa 7.000 km die mit weitem Abstand längste Landgrenze der Welt und letztlich nur unvollkommen zu kontrollieren. Ein islamistisch beherrschtes Afghanistan droht erhebliche Rückwirkungen auf Zentralasien zu haben. Und somit auf vielfältige Weise auch auf Russland.



 

Nach 2003 gerieten Washington und Moskau immer wieder aneinander, wofür sich beide die jeweils andere Seite verantwortlich machten. 2005 kommentierte Russland die anhaltenden und zunehmenden Probleme des Westens in Afghanistan mit einer gewissen Schadenfreude. Diese legte sich schnell. Dem Kreml ist bewusst, dass ein Scheitern des Westens in Afghanistan für Russland größere Sicherheitsprobleme heraufbeschwört als etwa für die USA oder auch Deutschland. (S. hierzu: Afghanistan - was Russland für die Zukunft erwartet)

Darum machte Moskau seit 2006 sehr deutlich, an der Stabilisierung Afghanistans auf indirekte aber substanzielle Weise mitwirken zu wollen. Deutschland war dies seit langem bewusst, denn seit 2003 arbeiteten Berlin und Moskau eng zusammen, um den deutschen Nachschub für die Truppen in Afghanistan sicherzustellen. In Brüssel, London und Washington wurden die zunehmend lauteren Signale aus Moskau, die Kooperation auszubauen, aber überhört.
 

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Israel mäht den Rasen

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von Mouin Rabbani


2004, ein Jahr vor Israels einseitigem Abzug aus dem Gazastreifen, erklärte Dov Weissglass, graue Eminenz von Ariel Sharon, den Zweck dieser Initiative einem Interviewer von Ha’aretz:


"Die Bedeutung des Abkoppelungsplans liegt im Einfrieren des Friedensprozesses … Und wenn man diesen Prozess einfriert, verhindert man die Etablierung eines palästinensischen Staats, und man verhindert eine Diskussion über die Flüchtlinge, die Grenzen und Jerusalem. Effektiv wurde dieses ganze Paket namens Palästinenserstaat, mit allem, was es beinhaltet, auf unbestimmte Zeit aus unserer Agenda gestrichen. Und das alles mit dem Segen des Präsidenten (der Vereinigten Staaten von Amerika) und der Ratifizierung durch beide Häuser des Kongresses ... Die Abkoppelung ist in Wirklichkeit Formaldehyd. Es stellt die Menge von Formaldehyd zur Verfügung, die es braucht, damit es zu keinem politischen Prozess mit den Palästinensern kommt".


2006 äußerte sich Weissglass genauso offen über Israels Politik gegenüber den 1,8 Millionen Einwohnern Gazas: „Die Idee ist, die Palästinenser auf eine Diät zu setzen, aber nicht, sie verhungern zu lassen.“ Er sprach nicht metaphorisch: es stellte sich später heraus, dass das israelische Verteidigungsministerium eine eingehende Untersuchung darüber durchgeführt hat, wie diese Vision in die Realität umgesetzt werden könnte, und zu der Anzahl von 2.279 Kalorien pro Person pro Tag kam – rund 8 Prozent weniger als eine frühere Berechnung, weil das Untersuchungsteam ursprünglich die Einrechnung von „Kultur und Erfahrung“ in die Festlegung ernährungstechnischer „roter Linien“ vernachlässigt hatte.

Das war keine akademische Übung. Nachdem sie zwischen 1967 und den späten 1980ern eine Politik der zwangsweisen Integration verfolgt hatte, schwenkte die israelische Politik während des Aufstands 1987-1993 um auf Trennung, und dann in den Oslo-Jahren auf Fragmentierung. Für den Gazastreifen, ein Gebiet ungefähr in der Größe von Greater Glasgow, zogen diese Änderungen eine schrittweise Trennung von der Außenwelt nach sich, und der Verkehr von Personen und Gütern in das und aus dem Territorium wurde zunehmend eingeschränkt.
 

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Russlands Image – eine weltweit Umfrage

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von Dr. Christian Wipperfürth


Das Pew-Forschungszentrum (Pew), engl. Pew Research Center hat eine neue Umfrage veröffentlicht. Sie finden diese unter PG-2014-07-09-Russia-Favorability.

Das Russlandbild hat sich in den westlichen Ländern im vergangenen Jahr weiter eingetrübt und ist – wen wunderts – ausgesprochen negativ. Auch bei dem BRICS-Partner Brasilien ist es kaum positiver als in den führenden OECD-Ländern.



In Indien sind sowohl die negativen als auch die positiven Wertungen für Russland zurückgegangen. Die Aufmerksamkeit der Bewohner Indiens hat sich im vergangenen Jahr noch stärker auf die Innenpolitik gerichtet als dies bereits zuvor der Fall war. In den indischen Medien gab es kaum Kritik an der russischen Krimpolitik und von offizieller Seite wohlwollende Neutralität.

Besonders auffällig sind die Ergebnisse für China und Vietnam. Russland wird in Vietnam nicht nur als alter Verbündeter betrachtet, sondern auch als Land, das die Dominanz des Nachbarn China relativieren kann. Moskau hat in den vergangenen zwei Jahren gezeigt, hierzu bereit zu sein.

Und in China wird mit Befriedigung wahrgenommen, dass der Kreml gegen die Dominanz des Westens aufbegehrt. China selbst ist dazu noch nicht bereit. Peking hielt sich beispielsweise sowohl in der Iranpolitik, als auch in Libyen 2011 oder in Syrien 2012/13 zurück. Auch Peking fordert jedoch eine multipolare Welt, handelt aber vorsichtig, weil es die Zeit auf seiner Seite sieht.
 

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Lateinamerikas Diplomatie aktiv gegen Israels Krieg

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von Marta Andujo / amerika21.de


Santiago de Chile/Lima/Montevideo/Managua/Buenos Aires/Havanna. Chile und Peru haben wegen der Militäroperationen der israelischen Streitkräfte im Gaza-Streifen ihre Botschafter in Israel zu Konsultationen in ihre Heimat zurückgerufen. Dies berichtete die deutsche Tageszeitung Die Welt unter Berufung auf Mitteilungen der Außenministerien der beiden südamerikanischen Länder. Zur Begründung der diplomatischen Maßnahme, die ein klares Anzeichen des zerrütteten Verhältnisses ist, sei die Verletzung des internationalen Menschenrechtes durch Israel bei der laufenden Militäroperation genannt worden.

In jüngster Zeit hatten auch andere Staaten der Region diplomatische Maßnahmen gegen Israel ergriffen, dessen Angriffe nach Angaben humanitärer Organisationen bislang über 1.500 Todesopfer gefordert haben. Generell nimmt die Kritik lateinamerikanischer Länder an Israels Vorgehen im Gaza-Streifen auch in internationalen Organisationen wie der UNO weiter zu. Mehrere dieser Länder haben einen nennenswerten Anteil von Immigranten aus der arabischen Welt und große jüdische Gemeinden.

Bolivien hat zum 30. August für israelische Staatsbürger die Visumspflicht für die Einreise wieder eingeführt. Damit kommt Israel in die Gruppe-III-Länder, was die Einreisebestimmungen angeht und steht auf einer Stufe mit "gescheiterten Staaten" und Ländern mit "rechtswidrig handelnden Führungen".
 

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100 Jahre imperialistische Kriege

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Antikriegs-Aktionstag in München - ein Rückblick

von Wolfgang Blaschka, München


Ein wackeres Häufchen Kriegsgegner und Friedensfreunde trat am 1. August auf dem Stachus in München an, den Lügen und Halbwahrheiten der Mainstream-Presse umfassende Information entgegenzusetzen. Mit kompetenten Redebeiträgen, Musik vom Roten Wecker und gehaltvollem Info-Material gelang ein notwendiges Stück Aufklärung in Zeiten uniformierter Hetze gegen Russland und der Dämonisierung Putins. Es wurde nicht nur von einem ausdauernden "Stammpublikum", sondern auch von zahlreichen interessierten Passanten dankbar angenommen.


Veranstaltet vom "Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus" wurde die Kundgebung unter dem Motto "Stoppt den Griff nach der Ukraine – Keine Komplizenschaft mit Faschisten" von verschiedenen Organisationen, Parteien und gewerkschaftlichen Arbeitskreisen unterstützt. Es herrschte ein "Kaiserwetter" wie zu Beginn des Ersten Weltkrieges, als wollte es das Kulminieren der heißen Juli-Krise von 1914 noch einmal vor Augen führen.
 

 

Geschichte wiederholt sich nicht, es sei denn als Farce, stellte Karl Marx fest. Wir erleben sie gerade als Reminiszenz an die Ukraine-Politik der damaligen Reichswehr-Führung 1914: Die wollte einen Vasallenstaat installieren, um das Zarenreich zu schwächen. Ein Vierteljahrhundert später errichtete die faschistische Wehrmacht ihr "Reichskommissariat Ukraine", um die Sowjetunion zu zerschlagen.

Pünktlich zum 100. "Jubiläum" der Entfesselung des Ersten Weltkriegs, der maßgeblich vom Deutschen Kaiserreich herbeigesehnt worden war, wird wieder gezündelt, gedroht und mit Sanktionen gerasselt, als hätte es die verheerenden Weltbrände nie gegeben, als könne man bedenkenlos einen neuerlichen Kalten Krieg entfachen und ohne Risiko eine erneute Aufrüstungsspirale lostreten, den traditionellen deutschen "Drang nach Osten" unter der Fahne der EU-Erweiterung ungestört weiter betreiben und als globale Ost-West-Konfrontation wiederbeleben.
 

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Ukraine: Abstimmung mit den Füssen

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Berliner Regierung duldet und stützt Terror aus Kiew

von Ulrich Gellerman / RATIONALGALERIE


Seit Monaten erwecken die Bundesregierung und die ihr angeschlossenen Medien den Eindruck, in der Ost-Ukraine wären es wesentlich pro-russische "Terroristen", die eine friedliche Entwicklung in der Ukraine verhinderten. Jetzt stimmt die Bevölkerung im Osten der Ukraine mit den Füssen darüber ab, woher der Terror gegen sie kommt: Aus Kiew. Denn, wie das UN-Flüchtlingskommissariat mitteilt, sind seit Jahresbeginn 730.000 Menschen aus dem umkämpften Gebiet geflohen. Und nicht in Richtung des angeblich so demokratischen Kiew, dem der Westen noch schnell ein EU-Assoziierungsabkommen umgehängt hatte wie einen Orden. Jeden Tag wächst die Zahl der Flüchtlinge um ca. 1.200 an. Und sie fliehen nach Russland.

Nach der Logik von USA und EU fliehen die Ost-Ukrainer natürlich in die falsche Richtung. Denn glaubt man den Unsinn, den die Mainstream-Medien verbreiten, dann sind Putin und die Seinen schuld an der Lage im Donbass. An dieser Auffassung konnte weder die Unterdrückung des Russischen, der Muttersprache der Ostukrainer, noch die Drohung der verrückten, aber in Kiew durchaus koalitionsfähigen Julija Timoschenko etwas ändern, die in einem Telefonat empfahl die "acht Millionen Russen auf dem Territorium der Ukraine" am besten "mit Atomwaffen" zu erschießen. In die "falsche Richtung" flohen jüngst auch mehr als 400 ukrainische Soldaten: Über die Grenze nach Russland, um nicht auf die eigenen Leute schießen zu müssen. "Rätselhaft" fanden das die wenigen deutschen Medien, die diese Desertion überhaupt meldeten. Aber es waren natürlich nicht die ersten Soldaten der regulären Armee, die den Kiewer Befehl auf die Menschen in der Ost-Ukraine zu schießen verweigerten.
 

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Ungleichheit macht dick – nicht Armut!

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Wie aus einer halben Wahrheit gänzliche falsche Politik wird

von Mag. Andreas Exner, Graz/A


Eine neue Studie der OECD zeigt: “Nur zehn Prozent der Akademiker sind adipös, aber 20 Prozent der Österreicher ohne höheren Schulabschluss“, wie der Standard vom 27.Juni 2013 berichtet. Und: “Auch zwischen Rauchen und Bildung gibt es einen direkten Zusammenhang“, wird nachgesetzt.

Leider führt dieser Artikel jedoch vor allem vor Augen, dass auch eine halbe Wahrheit gänzlich falsch sein kann. Aus einer statistischen Korrelation ergibt sich noch lange kein ursächlicher Zusammenhang. Störche bringen keine Babies.

Richtig ist, dass es einen Gradienten von Übergewicht und Fettleibigkeit von den reichsten zu den ärmsten Schichten gibt, nicht nur in Österreich. Falsch ist, dass Fettleibigkeit etwas mit Bildung zu tun hat. Der Bildungsgrad ist lediglich mit dem Einkommensniveau korreliert, und das zeigt die Studie. Sie erfasst damit aber keineswegs einen ursächlichen Zusammenhang. Das Ernährungswissen zum Beispiel ist bei fettleibigen Menschen stärker ausgeprägt als bei Normalgewichtigen.

Entscheidend ist vielmehr, wie eben die Existenz des Gradienten zeigt, der Reichtumsunterschied. Es geht um soziale Ungleichheit. Schon die zweitreichste Gruppe von Menschen in einem Land oder einem Betrieb zeigt daher im Schnitt mehr Fettleibige als die reichste Schichte.
 

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Flüchtlingstote vor Lampedusa. Fragt sich nur – wofür und für wen?

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von Prof. Dr. Arian Schiffer-Nasserie


In "Streifzüge - Magazinierte Transformationslust", einer Publikation des Vereins für gesellschaftliche Transformationskunde in Wien / A, ist der nachfolgende Artikel vom 08. Oktober 2013 zum Thema „Schiffsunglück vor der Mittelmeerinsel Lampedusa“ und den gravierenden Verfehlungen einer vernünftigen Flüchtlingspolitik nachzulesen. Daran hat sich bis heute nichts geändert - im Gegenteil.

Einer der schwersten Unglücksfälle ereignete sich dort 3. Oktober 2013, als beim Untergang eines Schiffes vor der Küste der Insel ein mit etwa 545 Flüchtlingen aus Somalia und Eritrea beladener 20 Meter langer Kutter sank, der aus der libyschen Hafenstadt Misrata kam. Nach einem Motorschaden steckte nach Zeugenaussagen der Kapitän eine Decke als Notsignal wegen Seenot in Brand. Das Feuer geriet außer Kontrolle. Durch die Panik der dicht gedrängt ohne Bewegungsmöglichkeiten stehenden Passagiere kenterte das Schiff. Die italienische Küstenwache und einheimische Fischer konnten vorerst 155 Überlebende retten. Schätzungsweise 390 Menschen ertranken.

Der tunesische Kapitän wurde wegen mehrfachen vorsätzlichen Totschlags und Havarie festgenommen. Die italienische Staatsanwaltschaft hat gegen die Überlebenden ein Ermittlungsverfahren wegen Illegaler Einwanderung eingeleitet. Dieses Standardvorgehen ist in der italienischen Politik jedoch umstritten.
 

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Politik ist Glücksache: Fast jedes Los ein Treffer

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Hereinspaziert, hereinspaziert sollen die Chefs des Deutschen Lottoblocks gesagt haben. Und während für den Millionengewinn, die sechs Richtigen mit Zusatzzahl, die Chance nur bei 1: 140 Millionen liegt, ist der Ex-Polit-Profi beim Lotto-Block immer richtig. Die Zusatzzahl ergibt sich aus der Nummer seines Parteibuches. Der Martin Stadelmaier von der SPD zum Beispiel, lange beim rheinlandpfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck Staatssekretär, kam jüngst zufällig an der Lottobude vorbei und wurde gekidnappt. Da traf er dann auf Ole von Beust, CDU. Den hätten die Lotto-Herren bei eBay günstig erworben, sagen sie. Jedenfalls gehören die beiden zu einer ganzen Reihe von Ausrangierten, die jetzt beim Lotto die Weichen in Richtung Politik stellen. Seinen alten Chef kann Stadelmaier nicht an der Lostrommel treffen, Kurt Beck berät den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Von dem bisschen Pension, soll der Ex-Ministerpräsident gesagt haben, kann ich mir doch keinen Schoppen zum Saumagen leisten!

In der selben Branche wäre beinahe der Ex-MP von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, gelandet: Der sollte zum Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck. Da hätten die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten konkurrieren können, beinahe wie damals, als der eine in der SPD und der andere bei der CDU noch Demokratie spielten. Wahrscheinlicher wäre eine gemütliche Große Koalition zustande gekommen: Absprachen über dies und das, gemeinsame Strategien zu diesem oder jenem, alles wie früher. Von diesen Elder Statesmen kann der Ronald Pofalla, einst Darling bei Angela Merkel, sicher lernen: Geld einstreichen, schlau gucken und die richtigen Leute anrufen, das kann doch einen Profi nicht erschüttern. Nach dem was Frau Merkel eine Schamfrist nennt, geht Pofalla im kommenden Jahr schamlos zum Taschenfüllen und Strippenziehen zur Deutschen Bahn. Endlich, endlich soll der arme Mann geseufzt haben, endlich kann ich mir die dritte Scheidung leisten und den ersten Bentley.
 

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‘Wir haben ein paar Leute gefoltert’

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von Jonathan Turley


Obama gibt zu, dass die Vereinigten Staaten von AmerikaTaten begangen haben, die gegen Bundesrecht und Internationales Recht verstoßen

Nachdem er eingestanden hatte, dass die CIA-Computer des Senats gehacked und den Kongress angelogen hat, bestätigte Präsident Obama heute, dass sie tatsächlich Menschen gefoltert hat. Dieses (wenn auch verspätete) Eingeständnis ist eine wichtige Anerkennung dessen, was von einem rechtlichen Standpunkt aus offensichtlich ist, durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Allerdings bedeutet das auch, dass CIA-Beamte sowohl gegen Bundes- als auch gegen Internationales Recht verstoßen haben. Es erhebt sich die Frage, warum Obama zu Beginn seiner ersten Amtszeit CIA-Bediensteten versprochen hat, sie würden nicht für das vor Gericht gestellt, was er jetzt als „ein paar Leute foltern“ beschreibt.

Obwohl dieser davor den Kongress angelogen hatte, betonte Obama, dass er „volles Vertrauen in John Brennan“ hat. Wie bereits erwähnt, ist die Obama-Administration eindeutig wieder nicht bereit, CIA-Beamte zu disziplinieren, von Anklage gar nicht zu reden, weil sie Computer des Kongresses gehacked haben.

Der Präsident wendete sich dann dem Senatsbericht über unser Folterprogramm zu und bestätigte seine 2009 abgegebene Erklärung, dass das Folter war – schlicht und einfach:
 

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Repariert nicht, was euch kaputt macht!

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Gegen das bürgerliche Dasein – für das gute Leben!




von Streifzüge-Redaktion

 

Durch die Politik können keine Alternativen geschaffen werden. Sie dient nicht der Entfaltung unserer Möglichkeiten und Fähigkeiten, sondern in ihr nehmen wir bloß die Interessen unserer Rollen in der bestehenden Ordnung wahr. Politik ist ein bürgerliches Programm. Sie ist stets eine auf Staat und Markt bezogene Haltung und Handlung. Sie moderiert die Gesellschaft, ihr Medium ist das Geld. Sie folgt ähnlichen Regeln wie der Markt. Hier wie dort steht Werbung im Mittelpunkt, hier wie dort geht es um Verwertung und ihre Bedingungen.

Das moderne bürgerliche Exemplar hat die Zwänge von Wert und Geld völlig aufgesogen, kann sich selbst ohne diese gar nicht mehr vorstellen. Es beherrscht sich wahrlich selbst, Herr und Knecht treffen sich im selben Körper. Demokratie meint nicht mehr als die Selbstbeherrschung der sozialen Rollenträger. Da wir sowohl gegen die Herrschaft als auch gegen das Volk sind, warum sollen wir ausgerechnet für die Volksherrschaft sein?
 

 

Für die Demokratie zu sein, das ist der totalitäre Konsens, das kollektive Bekenntnis unserer Zeit. Sie ist Berufungsinstanz und Lösungsmittel in einem. Demokratie wird als ultimatives Resultat der Geschichte verstanden, das nur noch verbessert werden kann, hinter dem aber nichts mehr kommen soll. Die Demokratie ist Teil des Regimes von Geld und Wert, Staat und Nation, Kapital und Arbeit. Das Wort ist leer, alles kann in diesen Fetisch hineingegeistert werden.

Das politische System gerät selbst mehr und mehr aus den Fugen. Dabei handelt es sich nicht bloß um eine Krise von Parteien und Politikern, sondern um eine Erosion des Politischen in all seinen Aspekten. Muss Politik sein? Aber woher denn und vor allem wohin denn? Keine Politik ist möglich! Antipolitik heißt, dass Menschen sich gegen ihre sozialen Zwangsrollen aktivieren.
 

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Aluminiummüll: Schöne neue Kaffeewelt – verkapselt

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von Valentin J. Hemberger


Die moderne Werbung verkauft konsumorientierte Traumwelten. Sie vermarktet Lebensentwürfe und propagiert käuflichen Lifestyle. An der unterhaltsamen Vermarktung eines »verflüssigten Lifestyle« beteiligt sich seit einigen Jahren der schmucke Hollywoodstar George Clooney, der sich zur Werbe-Ikone von Kaffeekapseln gemausert hat.

Kaffee ist ein Alltagsprodukt, oftmals profan zubereitet und serviert. Die Kaffeekapselmanie der letzten Jahre stemmt sich dieser Tendenz mit aller Kraft entgegen. Sie umfaßt dabei den Versuch einer profitorientierten Neuerfindung der Kulturtechnik des Kaffeekonsums: Kaffeekochen als exklusiver Lebensstil, verbunden mit dem Versprechen gesellschaftlich honorierter Individualität.
 

 

Geschichtlich betrachtet zeichnete sich der Kaffeekonsum in Europa und Nordamerika durch eine intensive Verquickung wirtschaftlicher Interessen mit der Funktion gesellschaftlicher Repräsentanz, Teilhabe und Ausgrenzung, Kommunikation, sozialer (Selbst-)Disziplinierung und Mobilisierung aus. Von der arabischen Halbinsel aus traten die gerösteten Bohnen ihren Siegeszug im aristokratisch-frühkapitalistischen Europa an. Ab dem 17 Jahrhundert überzogen europäische Kolonialmächte, allen voran die Niederlande, gefolgt von Frankreich, Großbritannien, Spanien und Portugal, ihren globalen Besitz mit profitversprechenden Kaffeeplantagen. Aus dem Blut und dem Schweiß der Sklaven wurde Kaffee destilliert.
 

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Beschleunigung in der Ukraine und die Frage der Kritischen Solidarität

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von Kai Ehlers / russland.RU


Die Eskalation des Bürgerkrieges in der Ukraine steigert sich von Tag zu Tag. Der soeben erfolgte Zerfall der Koalitionsregierung wird das Tempo eher noch beschleunigen als abbremsen, steht zu befürchten. Solidarität wird mehr und mehr zum Gebot der Stunde.

Aber mit wem solidarisch sein? Die Ansichten dazu gehen so diametral auseinander wie die Speichen eines Fahrrades. Mit den Mitgliedern der Regierung, die durch das Auseinanderfallen der Koalition noch härter unter den Druck der Rechten und des internationalen Kapitals geraten? Mit den Soldaten, die laut Poroschenko „heldenhaft unser Land verteidigen“, die aber ab August keinen Sold mehr bekommen werden, wenn nicht sofort das neue Steuergesetz verabschiedet werden kann, das heißt im Kern, wenn nicht endlich die Oligarchen zu ausreichenden Steuerabgaben verpflichtet werden können? Mit den Wehrpflichtigen und ihren Müttern, die gegen Poroschenkos neue Mobilmachung demonstrieren? Mit den Opfern der Kiewer Offensive gegen „Terrorismus“? Für welche Ziele stehen welche Gruppierungen? Ist der Westen des Landes „faschistisch“? Sind der Osten und Süd-Osten, namentlich der Donbas „terroristisch“?
 

 

Das Informationschaos über das Geschehen im Lande ist inzwischen perfekt – ganz zu schweigen von dem Sturm der gegenläufigen Übertreibungen, Verdrehungen und gezielten Falschmeldungen, die zu den Ereignissen im Lande verbreitet werden, einschließlich der nach wie vor bloßen Schuldzuweisungen und wilden Spekulationen  zu den Ursachen des Boeing-Absturzes vor einer Woche.

Die Situation scheint ohne Ausweg zu sein. Westliche Appelle zur  Niederlegung der Waffen und zur Aufnahme von Gesprächen prallen an der Entschlossenheit des Präsidenten Poroschenko ab, den Widerstand des Donbas koste es, was es wolle zu brechen.
 

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Colin Powell ist wieder da. Jeder Schuss ein Russ´

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Das waren noch Zeiten als der US-Außenminister Colin Powell im Februar 2003 vor der UN-Versammlung seine Rede zur Begründung des Irak-Krieges hielt: Eine Weltbühne, ein eloquenter Minister, eine farbige Power-Point-Präsentation, das Giftgas waberte geradezu von den Wänden und die Willigen meldeten gehorsamst an Bush jr., den obersten Kriegsherren der USA: Jawoll, mein Feldzugs-Führer, wir folgen Dir. Auch die deutschen Medien ließen sich damals nicht lumpen und stimmten, mit ganz, ganz wenige Ausnahmen in das Kriegsgeschrei der amerikanischen Lumpen ein. A War was born, eine halbe Million Iraker starben.

Fast verstohlen schiebt die aktuelle US-Regierung diesmal vier Fotos über die Theke des internationalen Nachrichtenhandels: Schwarz-weiß sollen die angeblichen Satelliten-Aufnahmen beweisen, dass die Russen Stellungen der ukrainischen Armee beschossen haben. Ein paar Raketenwerfer im Irgendwo, ein paar Einschläge im Nirgendwo. Einschlägige Fachleute sagen, das hätte man im Computer-Programm "Photoshop" auch besser hinkriegen können. Dass man eigentlich erwartet hatte, das US-Propaganda-Ministerium würde Bilder vom Abschuss des malaysischen Fluges MH 17 veröffentlichen, den es seit Tagen in unterschiedlichen Varianten den Russen anhängen will. Das konnte die deutschen Medien nicht irritieren: Freunde lügen nicht. So wurden die diffusen Fotos fast überall veröffentlicht.

Feinde lügen immer, grundsätzlich. Und da der unerschrockene deutsche Redakteur seit geraumer Zeit den Russen oder den Pro-Russen als Feind ins Visier genommen hat, ist dem nur Schlechtes zuzutrauen: Der Feind spielt mit den Leichen aus MH 17 Fangen, ist eine der Varianten. Kühn setzt sich der Redakteur sogar über TV-Bilder hinweg, die sein Konsument eigenäugig gesehen hat: Wie der Pro-Russe brav die unversehrten Flugschreiber abgeliefert hat. Wie der Pro-Russe Leichen in Säcken zu den Kühlwaggons bringt. [..]
 

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Sozialismus oder Barbarei: 100 Jahre Erster Weltkrieg

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Hannes Hohn, Neue Internationale 191, Juli/August 2014


Als Rosa Luxemburg gegen den Revisionismus Bernstein polemisierte, wies sie auch auf die Tendenz zur Militarisierung hin und warnte davor, dass die Krisen und Konflikte im Kapitalismus sich vertiefen und zum Krieg führen würden. Nur wenige Jahre später begann dann der Erste Weltkrieg, der viele Länder in den Strudel der Vernichtung zog. Ein bis dahin nicht gekanntes Massensterben begann.

Doch selbst das sollte noch vom Zweiten Weltkrieg übertroffen werden, als der durch die Niederlage geschwächte deutsche Imperialismus erneut versuchte, diesmal mittels des Faschismus, die Weltherrschaft zu erobern. Zwar unterlag er 1945, doch auf seinen Trümmern entstand eine reaktionäre Nachkriegsordnung aus dem kapitalistischen Westen und dem nichtkapitalistischen Osten. Über Jahrzehnte gelang es dem Reformismus - im Westen die Sozialdemokratie, im Osten der Stalinismus - den Kampf der Arbeiterbewegung zu kontrollieren und alle revolutionären Chancen zu vereiteln.

Als dann 1990 der Stalinismus kollabierte, wurde die Welt wieder kapitalisiert. Das Ende der Block-Konfrontation und die Globalisierung deuteten viele Ideologen als Beginn einer friedlichen und prosperierenden Welt. Doch die allgemeine Krise seit 2007/8 und die vielen „kleinen“ Konflikte und Kriegsherde entlarven diese Ansichten als Illusionen. Im Gegenteil: der Kampf um die Ukraine oder der Aufstieg Chinas zur Großmacht zeigen, dass die Welt zwischen den imperialistischen Ländern und Blöcken umkämpfter denn je ist und eine Neuaufteilung immer zwingender wird. Auch wenn ein Dritter Weltkrieg momentan nicht zu drohen scheint, so stauen sich immer mehr Konflikte an, die künftig sogar wieder zu einem solchen Großkonflikt führen könnten.

 

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Luftalarm per SMS: Israel tötet nach Ansage

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von Wolfgang Blaschka, München


Israel verschickt vor schweren Luftangriffen ernstzunehmende Warnungen per SMS oder Telefonanrufe an die Bewohner betroffener Stadtviertel mit der Aufforderung das Haus zu verlassen und anderswo zu warten, bis es in Trümmern liegt. Das ist die neueste Variante israelischer „Sorge“ um die palästinensische Zivilbevölkerung, jener Sorte "Fürsorglichkeit" des Verbrechers, der vor dem Abdrücken oder Zustechen noch brüllt: „Hau ab, sonst bring' ich Dich um“. Selber schuld, wer nicht rechtzeitig das Weite sucht, um sich in Sicherheit zu bringen! Strafmildernd wirkt das nicht, und im Falle des Massakers in Gaza wird aus dem Bombardement von Wohnhäusern, UN-Schulen und Krankenhäusern deshalb nicht weniger als ein einziges großes Kriegsverbrechen, bestehend aus vielen einzelnen. Doch Netanjahu wird nicht vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erscheinen.

BBC zeigte eine Szene, die erschaudern ließ: Ein junger Mann liegt im Schutt eines Trümmerfelds, getroffen an der Hand. Er erhebt sie hilfesuchend, will sich aufrappeln, und wird durch einen zweiten gezielten Schuss niedergestreckt, offenbar von einem Scharfschützen der stolzen israelischen Armee IDF. Ein glatter Mord, ruchloses Kriegsverbrechen an einem verletzten Zivilisten! „Aber den Schützen hat man doch nicht gesehen. Es könnte doch auch ein Palästinenser gewesen sein; die Hamas macht sowas, die bringen auch ihre eigenen Leute um“, versuchte ein blinder Israel-Verteidiger die schmerzlichen Bilder zu entkräften, ganz vernagelt im missionarischen Ernst seiner Rechtfertigungs-Offensive. Soweit ist es gekommen: Die Opfer sind selber schuld und haben sich selbst umgebracht.
 

Israeli sniper killing wounded civilian in Gaza:

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Illegaler Waffenverkauf nach Kolumbien ohne Folgen.

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Bundesregierung lehnt Exportstopp für Waffen in die USA ab.


Armee lieferte deutsche Pistolen nach Kolumbien. Staatsanwaltschaft ermittelt



von Harald Neuber


Berlin. Trotz der Verwicklung der USA in einen Skandal um illegale Waffenlieferungen des norddeutschen Rüstungsunternehmens SIG Sauer nach Kolumbien lehnt die Bundesregierung bislang Konsequenzen aus dem rechtswidrigen Waffendeal ab. Das geht aus den Antworten auf eine sogenannte Kleine Anfrage aus dem Bundestag hervor, die amerika21 vorliegt. Die Reaktion ist heikel, weil die Bundesregierung mit dieser Haltung ihre eigenen "Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" [siehe auch PdF im Anhang] bricht. Darin heißt es, dass ein Empfängerland, das einen ungenehmigten Weiterverkauf deutscher Rüstungsgüter nicht stoppt, grundsätzlich von weiteren Waffenlieferungen aus Deutschland ausgeschlossen wird.

Ende Mai war bekannt geworden, dass Pistolen des deutschen Herstellers SIG Sauer zwischen 2009 und 2012 aus den USA illegal nach Kolumbien geliefert worden sind. Benutzt würden die Waffen des Typs SP 2022 dort von der Nationalpolizei. "Sie untersteht direkt dem kolumbianischen Verteidigungsministerium und wird für Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich gemacht", heißt es in dem Bericht. Offenbar exportierte die US-Armee über 100.000 Pistolen des besagten Typs in das südamerikanische Land – ohne eine dafür notwendige Genehmigung der deutschen Behörden eingeholt zu haben.
 

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EWASH warnt vor unmittelbar bevorstehender Wasserkrise in Gaza

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von "Emergency Water Sanitation and Hygiene" (EWASH)


Seit Beginn des verbrecherischen Überfalls Israels auf Gaza am 8. Juli 2014 wurden die Trinkwasser- und Abwasser-Infrastruktur in Gaza schwer durch israelische Luftangriffe beeinträchtigt. Die Hauptwasserversorgung und das Abwassersystem wurden getroffen und in der Folge waren Wasserversorgung oder Abwasserdienste für 1,2 Millionen Menschen (das sind zwei Drittel der Gesamtbevölkerung von Gaza) abgeschnitten oder ernstlich unterbrochen. Der Angriff auf zivile Einrichtungen im Rahmen von Kampfhandlungen ist nach dem Humanitären Völkerrecht verboten und stellt ein Kriegsverbrechen dar.

Schäden an den Hauptwasserleitungen und an einem Wasserreservoir betreffen die Bevölkerung im gesamten Gazastreifen, Verbindungen zwischen den Häusern sind beschädigt infolge von Luftangriffen auf Wohnhäuser in dem Gebiet. Abwasserkanäle, eine Kläranlage und Abwasser-Pumpstationen wurden getroffen, was zu Abwasser-Überschwemmungen in einigen Gebieten geführt hat. Mangel an elektrischem Strom und Treibstoff verschlimmern die Situation, weil dadurch Entsalzungsanlagen und Kläranlagen, Grundwasserpumpen und Pumpstationen für Abwässer außer Betrieb gesetzt sind, was die Wasserversorgung und die Abwasserbeseitigung unmöglich macht.

Der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwasser, der Mangel an Wasser für Reinigungszwecke wie größere Schäden an Abwassersystemen steigern das Risiko von durch Wasser übertragenen Krankheiten und damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren.
 

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Raphael Gross: Der Hammer des Antisemitismus

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von Ulrich Gellermann / RATIONALGALERIE


Er kommt aus der Schweiz, der Historiker Raphael Gross, aus dem Land der großen Berge und der kleinen Herzen. Bedächtig ist seine Sprache, der leichte Schweizer Akzent weckt Vertrauen, das dunkle Brillengestell akzentuiert Seriosität. Wer anders als er, der Direktor des Jüdischen Museums Frankfurt, sollte die allfällige Frage nach dem aktuellen Stand des deutschen Antisemitismus beantworten, eine Frage die pünktlich und regelmäßig zu den Kämpfen zwischen Israel und den Palästinensern gestellt wird. Denn immer wieder gibt es Deutsche, die sich mit den Palästinensern solidarisch erklären und Israels Politik kritisieren. Da verlangt die deutsche Staatsräson echte Experten, die so überzeugend wie möglich Kritik an Israel als antisemitisch einordnen.

"Aus Friedensdemonstranten werden", so Raphael Gross in einem Interview mit der FAZ, "im deutschen Kontext hassende Antisemiten". Und der Herr Professor belegt das wissenschaftlich damit, dass es auf einer der Demonstrationen die Parole "Kindermörder Israel" gegeben habe. Nun hat die UN-Menschenrechtskommissarin Israel im Gaza-Konflikt scharf kritisiert und von Kriegsverbrechen gesprochen. Und das UN-Kinderhilfswerks Unicef zählt nach zwei Wochen anhaltender Bombardierung von Zielen im Gazastreifen mehr als 120 tote Kinder. Aber da würde der vornehme Schweizer Professor äußerstenfalls die Formulierung `Kinder-Kollateral-Schäden´ zulassen können.

Ein Kapitelchen seiner bedächtigen Antisemitismusforschung widmet der Historiker dem "linken Antisemitismus" und entdeckt dessen Wurzeln zum Beispiel in der verblichenen DDR. Denn die habe "die Verantwortung für den Holocaust" durch "antifaschistische Klischees" ersetzt. Dass die prägenden Politiker der DDR häufig nicht aus dem Klischee sondern aus den realen Konzentrationslagern und den Nazi-Gefängnissen kamen, dass drei ihrer Politbüro-Mitglieder ihre Verwandten an die Judenvernichtungsmaschine der Nazis verloren hatten, das ficht den Wissenschaftler nicht an. Und um die Ausblendung politischer Wirklichkeit zu komplettieren, tropft ihm ein bedeutender Gedanke von der Lippe: Antiamerikanismus und Antisemitismus, da ist er sicher, passen gut zusammen. - Fester kann man ein Brett nicht vor den eigenen Kopf nageln.
 

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Ein neues ‘Saigon’: die Vereinigten Staaten von Amerika verlassen Libyen

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von Daniel McAdams  


Heute vor einem Monat gratulierte Präsident Obama Libyen zu einer „Meilenstein”-Wahl – obwohl die Desintegration des Landes nach der Invasion der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 2011 noch immer andauert. Obama sagte im Juni:


„Ich gratuliere dem libyschen Volk zum Abschluss der Wahlen zu einem neuen Repräsentantenrat, einem Meilenstein ihrer mutigen Anstrengungen, nach vier Jahrzehnten Diktatur den Übergang zu einer vollen Demokratie zu erreichen.“


Heute gaben die Vereinigten Staaten von Amerika bekannt, dass sie ihr gesamtes Personal aus Libyen abgezogen haben. Dieses wurde in Fahrzeuge geladen und flüchtete nach Tunesien. Alles, was zurückblieb, waren die unglaubwürdigen Worte der unglaubwürdigen Sprecherin des Außenministeriums Marie Harf:


„Aufgrund der anhaltenden Gewalt zwischen libyschen Milizen in der unmittelbaren Nachbarschaft der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Tripoli haben wir vorübergehend unser gesamtes Personal aus Libyen abgezogen … Wir betonen noch einmal, dass die Libyer sofort ihre Kampfhandlungen einstellen und mit Verhandlungen beginnen müssen, um ihre Differenzen zu lösen.“


Nichts demonstriert besser die Abgehobenheit der Washingtoner Rhetorik gegenüber der Realität als das - eine Notevakuierung der gesamten diplomatischen und militärischen Präsenz der Vereinigten Staaten von Amerika in Libyen nur Wochen nach einer „Meilenstein“-Wahl, und gerade einmal drei Jahre nach einem Angriff der USA und der NATO, welcher dem Land Demokratie und Prosperität bringen sollte.
 

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