Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch: Tommy Wiedmanns Studie
► von Saral Sarkar, Köln
Neulich erntete ein vom Greenhouse Infopool verteilter Artikel von Jan Willmroth einige lustige, aber auch misslaunige Bemerkungen. Der Artikel ist ein Bericht über eine Studie, der in „Down Under“ entstand, „wo die Menschen mit dem Kopf nach unten stehen“, also in Australien, wo alles in der Weltsprache Englisch geschrieben wird und nicht in der Provinzsprache Deutsch.
Der Artikel trägt den Titel „Verrechnet: Industrieländer schaden der Umwelt viel mehr als gedacht“. Da lesen wir, dass Tommy Wiedmann, ein australischer Ökonom und Nachhaltigkeitsforscher, und seine Kollegen „ein drastisches Urteil über die Folgen des Wirtschaftswachstums in entwickelten Ländern“ gefällt haben; sie hätten mit großem Forschungssaufwand nachgewiesen, dass die Welt viel mehr Ressourcen verbrauche, als Regierungen und Organisationen wie die UN vorrechneten. Daraus müsse man schlussfolgern, dass die in entwickelten Industrieländern gerne behauptete „relative Entkopplung“ von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch in Wirklichkeit nicht stattfinde. Wiedmann und Kollegen führen dieses Verrechnen darauf zurück, dass die Menge an Rohstoffen, die für Förderung und Transport benötigt werden, nicht in die Arbeit der Entdecker der Entkopplung einfließen. Wenn man diese mitberechne, dann komme man auf die richtige Größe, die sie den „materiellen Fußabdruck“ nennen. Der Begriff ähnelt dem des CO2-Fußabdrucks.
All diese Erkenntnisse sind nichts Neues. Nach der Lektüre des Artikels schrieb Roland Schnell: „Schon seltsam. Wenn ein Forscher aus Down-Under so etwas publiziert, dann springen die Medien an. Dabei ist diese Banalität schon seit den 1980er Jahren in Deutschland bekannt.“ Ich möchte hinzufügen, dass sie sogar in Down-Under, in dem gesamten englischsprachigen Raum, bekannt sein müsste. Zum Beispiel schrieben schon die Autoren des berühmten Brundtland-Berichts (1987), dessen Original in Englisch erschien: „Doch auch die industriell am fortgeschrittensten Wirtschaften brauchen nach wie vor eine kontinuierliche Versorgung mit Grundfertigwaren. Ob diese im Inland hergestellt oder importiert werden, ihre Produktion wird weiterhin große Mengen Rohstoffe und Energie erfordern.“ Schnell schreibt resigniert: „Aber da der Prophet im eigenen Land nichts gilt, bleibt nichts anderes übrig, als die Arbeit von Wiedmann als Erkenntnis aus dem englischen Sprachraum zu verbreiten.“