Über die Notwendigkeit, die Freiheit zu verteidigen
► von Egon W. Kreutzer
► Freiheit
Das Gefährliche am Begriff der Freiheit ist seine Subjektivität.
Freiheit kann man nicht messen, Freiheit kann man nicht besitzen, man kann sie daher auch weder rauben, noch gewähren, denn Freiheit ist eine Empfindung, ein Gefühl, kein Ding, sondern nur ein Name für einen höchst molluskenhaften Cluster emotionaler Wallungen.
Der rigide Verkünder religiöser Vorschriften wird den Adressaten seiner Phantasmagorien erklären, frei sei doch jeder, der ein gottwohlgefälliges Leben führe und daher gar nicht den Wunsch verspüre, zu sündigen und die Gebote zu übertreten.
Der verbohrte Bußprediger unterscheidet sich damit allerdings in keiner Weise vom weltlichen Tyrannen, vom Diktator, vom demokratisch legitimierten Machthaber oder von gesetzgebender Parlamentsmehrheit. Auch diese erklären jeden für frei, ja sogar für vollkommen frei, der reinen Herzens und ohne jemals im Gesetzesgewebe anzuecken, seine Erfüllung findet, ohne dass ihm der ihm gesetzte Rahmen, in seinem Bestreben, sich selbst zu verwirklichen, als zu eng erschiene.
Die Forderung nach Freiheiten, die im geschriebenen und ungeschriebenen Recht einer Gesellschaft nicht vorgesehen sind, trägt also grundsätzlich und immer den Charakter eines Angriffs auf die bestehende Ordnung und wird in aller Regel – und Beispiele dafür finden sich wahrlich zu Hauf – von den Hütern der bestehenden Ordnung als unzulässig abgewiesen werden.